1) Anlage 2
Sevim Dağdelen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007 9413
(A) )
(B) )
wegs ein „vernichtendes Urteil“, wie das bisweilen zu
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf vor-
gestellt.
Herrn Professor Muñoz ist für seinen Bericht zu dan-
ken. Über das deutsche Bildungssystem fällt er keines-
Müller-Sönksen,
Burkhardt
FDP 30.03.2007
Nitzsche, Henry fraktionslos 30.03.2007
Anlage 1
Liste der entschuldigt
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 30.03.2007
Beck (Bremen),
Marieluise
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
30.03.2007
von Bismarck,
Carl-Eduard
CDU/CSU 30.03.2007
Blumentritt, Volker SPD 30.03.2007
Bulmahn, Edelgard SPD 30.03.2007
Ernst, Klaus DIE LINKE 30.03.2007
Ernstberger, Petra SPD 30.03.2007
Friedhoff, Paul K. FDP 30.03.2007
Glos, Michael CDU/CSU 30.03.2007
Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 30.03.2007
Gröhe, Hermann CDU/CSU 30.03.2007
Heinen, Ursula CDU/CSU 30.03.2007
Hilsberg, Stephan SPD 30.03.2007
Hörster, Joachim CDU/CSU 30.03.2007
Humme, Christel SPD 30.03.2007
Ibrügger, Lothar SPD 30.03.2007
Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 30.03.2007
Lehn, Waltraud SPD 30.03.2007
Dr. Lötzsch, Gesine DIE LINKE 30.03.2007
Lopez, Helga SPD 30.03.2007
Mattheis, Hilde SPD 30.03.2007
Meckel, Markus SPD 30.03.2007
Merten, Ulrike SPD 30.03.2007
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Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
nlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Aktuellen Stunde: Konsequenzen der Bun-
desregierung aus den UN-Berichten des Sonder-
berichterstatters, Vernor Muñoz, zum deutschen
Bildungssystem (Zusatztagesordnungspunkt 6 )
Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
esministerin für Bildung und Forschung: Im Februar
006 hat UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz
eutschland bereist, um sich ein Bild vom deutschen
ildungssystem zu machen. Eine gute Woche war Pro-
essor Muñoz seinerzeit in unserem Land. In der vergan-
enen Woche hat er seinen offiziellen Bericht vor dem
tto (Frankfurt), Hans-
Joachim
FDP 30.03.2007
ieper, Cornelia FDP 30.03.2007
ronold, Florian SPD 30.03.2007
aidel, Hans CDU/CSU 30.03.2007
unde, Ortwin SPD 30.03.2007
chäfer (Bochum),
Axel
SPD 30.03.2007
chily, Otto SPD 30.03.2007
chmidt (Mülheim),
Andreas
CDU/CSU 30.03.2007
teppuhn, Andreas SPD 30.03.2007
hiele, Carl-Ludwig FDP 30.03.2007
hönnes, Franz SPD 30.03.2007
ellenreuther, Ingo CDU/CSU 30.03.2007
olf (Frankfurt),
Margareta
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
30.03.2007
bgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
9414 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007
(A) )
(B) )
lesen war. Er stellt vielmehr fest, dass sich seit Jahrzehn-
ten die Bildungsbeteiligung und das allgemeine Bil-
dungsniveau in Deutschland kontinuierlich verbessern
und die Nachfrage nach höherwertigen Bildungsab-
schlüssen wächst. Er betont den „hohen Entwicklungs-
stand“ unseres Bildungssystems und lobt auch die Maß-
nahmen von Bund und Ländern, um noch besser zu
werden. Besser werden kann und muss man immer.
KMK-Präsident Zöllner hat völlig recht, wenn er sagt:
„Die Diskussion über Schulformen ist sekundär. Es gibt
keinerlei eindeutige Belege, ob das gegliederte oder das
integrierte Schulsystem besser ist. Auch das dreiglie-
drige Schulsystem kann Durchlässigkeit gewährleisten.
Wenn man allein Diskussionen um die Schulformen
führt, kommt man in der Bildungspolitik keinen Schritt
nach vorne.“
Worauf es vielmehr ankommt, ist die stärkere indivi-
duelle Förderung des einzelnen Kindes. Die besonderen
Anforderungen, die an unsere Schulen gestellt werden
– zum Beispiel bei der Integration von Kindern und Ju-
gendlichen aus sozial schwachen Familien oder jenen
mit Migrationshintergrund –, kennen wir. Der im ver-
gangenen Jahr von der Bundesregierung gemeinsam mit
der KMK vorgelegte Nationale Bildungsbericht widmete
sich ausführlich dem Thema „Bildung und Migration“.
Das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderung
setzen wir in Deutschland so gut um wie nirgendwo
sonst. Und die Rolle der Sprachförderung in der früh-
kindlichen Bildung haben wir auch ohne diesen Bericht
erkannt.
Gerade das duale System aus betrieblicher und schuli-
scher Ausbildung trägt seinen Teil dazu bei. Ein Viertel
der höheren Schulabschlüsse werden in der beruflichen
Bildung erworben. So hat zum Beispiel Schweden jetzt
ankündigt, sein international so hoch gelobtes Schulsys-
tem zu reformieren. Vorbild ist das angeblich so
schlechte deutsche Bildungssystem.
Bildung ist die soziale Frage der Gegenwart. Bildung
schafft die Voraussetzung dafür, dass niemand zum Mo-
dernisierungsverlierer wird. Und zwar in zweifacher
Hinsicht: Bildung ist der Schlüssel für kulturelle, sozia-
le, ökonomische und politische Chancen zur Teilhabe,
für individuelle Lebenschancen und für die gesellschaft-
liche Entwicklung. Bildung formt nicht nur die Identität
eines Menschen und gibt ihm einen kulturellen Halt in
der modernen Welt. Bildung legt auch das Fundament,
damit sich jeder einzelne nach seinen Fähigkeiten entfal-
ten kann.
Deshalb passen Bund und Länder gemeinsam unser
Bildungssystem an die Herausforderungen der Zukunft
an. Denn Bund und Länder haben aus den vielfältigen
Studien der letzten Jahre die richtigen Schlüsse gezogen.
Ich möchte hier nur die Bildungsberichterstattung
nennen: Sie ist Teil eines umfassenden Monitoringsys-
tems, zu dem auch Vergleichsuntersuchungen wie zum
Beispiel PISA und Beiträge der Bildungsforschung ge-
hören. Den nächsten Bildungsbericht erwarten wir im
nächsten Jahr zum Themenfeld: „Übergänge Schule-Be-
rufsausbildung-Hochschule-Arbeitsmarkt“.
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Eine Gesellschaft, die in Lernen und Leistung nur ein
elikt aus alten Zeiten sieht, kann Schulen so viel Bil-
ungsreformen verordnen wie sie will. Sie wird den ge-
ünschten Erfolg nicht erzielen. Es kann nicht sein, dass
ast jeder Zehnte die Schule ohne Abschluss verlässt.
uch läuten ein Schulabschluss oder der Gesellenbrief
icht das Ende des Lernens sein.
Wir müssen Leistung würdigen und belohnen. Dafür
rauchen wir einen Mentalitätswandel. Die Stärke eines
ildungssystems hat etwas mit dem Klima in einer Ge-
ellschaft zu tun. Da geht es nicht um Strukturen, da geht
s viel grundlegender um den Stellenwert von Lernen
nd Leistung in der Gesellschaft, da geht es um das An-
ehen all jener, die sich um die Bildung und Erziehung
er Kinder und Jugendlichen kümmern.
Wenn der Bericht von Professor Muñoz dem dient,
ann hat er einen wichtigen Beitrag geleistet.
Patrick Meinhardt (FDP): Es ist schon bemerkens-
ert: Da kommt ein Sonderberichterstatter der Vereinten
ationen nach Deutschland, um sich einen Überblick
ber unser Bildungssystem zu verschaffen. Er trifft Ent-
cheidungsträger aus Politik, Lehrerverbänden, Eltern-
rganisationen, Schüler und Studenten. Ein Riesenwir-
el wird veranstaltet. Der Sonderberichterstatter reist
ieder ab und legt nun, ein Jahr später, seinen Bericht
or.
Zunächst muss man feststellen, dass Muñoz in seinem
ericht – ganz unabhängig von der Frage, ob der Son-
erberichterstatter die deutsche Bildungslandschaft in
er ihm zur Verfügung stehenden Zeit wirklich in ausrei-
hender Ausführlichkeit begutachten konnte – wenig
irklich Neues zu bieten hat. So wird in dem Bericht
eispielsweise hinterfragt, ob es sinnvoll ist, dass in
eutschland die Gliedrigkeit so unterschiedlich ist. Es
ibt Länder mit einem dreigliedrigen Schulsystem, es
ibt Länder mit einem zweigliedrigen Schulsystem und
s gibt leider auch Länder, die den Weg wieder für die
ralte und schon längst überkommene Einheitsschule be-
chreiten wollen.
Das Problem unseres Bildungssystems ist doch nicht
ie Gliedrigkeit, sondern die häufig mangelnde Durch-
ässigkeit. Wir haben die „wundervolle“ Einrichtung der
ultusministerkonferenz. Die ureigenste Aufgabe die-
er Konferenz ist es, für Durchlässigkeit und die gegen-
eitige Anerkennung der Abschlüsse im deutschen Bil-
ungssystem zu sorgen. Wenn Herr Muñoz jetzt zu dem
och sehr überraschenden Schluss kommt, dass eben
iese beiden Punkte bei uns nur unzureichend erfüllt
ind, muss man deutlich sagen, dass die KMK seit bald
0 Jahren grandios gescheitert ist.
Dieser neue Bericht zeigt deutlich: Uns fehlt es nicht
n Erkenntnissen über die Mängel des deutschen Bil-
ungssystems. Die sind uns alle längst bekannt. Wir müs-
en endlich wegkommen von diesen ewigen Strukturde-
atten. Wie häufig wollen wir eigentlich noch föderale
ebatten führen? Wir brauchen Diskussionen darüber,
as die Inhalte der Bildung unserer jungen Menschen
ein sollen! Welches Wissen wollen wir vermitteln? Wel-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007 9415
(A) )
(B) )
che Werte wollen wir vermitteln? Wie können wir den
Schülerinnen und Schülern am besten Lernen beibrin-
gen? Aber auch: Wie können wir Kindergärten und Kin-
dertagesstätten zu wirklichen Bildungseinrichtungen ma-
chen, ohne sie zu verschulen?
Integrativer Unterricht, Unterricht mit stärkerem Mi-
grationshintergrund, Förderung von e-learning und Fern-
unterricht auch im schulischen Bereich, Stärkung einer
privaten Bildungslandschaft: Die Reglementierungen in
diesen Bereichen werden von uns Liberalen seit langem
kritisiert. Diese Reglementierungen werden jetzt auch
im Bericht von Señor Muñoz kritisiert. Wir Liberale füh-
len uns dadurch bestätigt.
Dass in dieser Diskussion ein Wettbewerb um die
beste Bildung hilft, ist doch völlig klar. Wir brauchen
keinen von oben diktierten einheitlichen Bildungsbrei.
Die Chancen, dass wir die beste Bildung bekommen,
sind viel höher, wenn 16 Bundesländer in einen Wettbe-
werb um die beste Bildung treten, als wenn nur eine
Bundesregierung daran arbeitet. Seien wir doch froh,
dass die meisten Länder gerade dabei sind, die besten
Modelle für sich zu finden, und lassen wir ihnen und vor
allem den Schulen die Zeit, Ergebnisse zu setzen. Genau
deswegen soll die Bundesrepublik Deutschland in der
Schulpolitik wettbewerbsföderalistisch sein. PISA 2 hat
gezeigt, dass genau dieser Grundgedanke die beste
Grundlage für eine bessere Bildungspolitik ist. Hören
wir endlich auf, jeden Tag neu in diesem Hohen Haus
das Trauerlied auf die nicht vorhandene Bundeszustän-
digkeit zu singen. Schule ist Ländersache, Schule bleibt
Ländersache – Punkt.
Auch die Forderung nach einer stärker pädagogischen
und nicht nur fachlichen Ausrichtung der Ausbildung
der „Helden des Alltags“ – wie sie unser Bundespräsi-
dent genannt hat –, der Lehrer, und einem guten, wirk-
lich guten Weiterbildungsangebot für Erzieherinnen und
Erzieher ist bekannt. Die „Qualifizierung der Qualifizie-
rer“ muss ein zentrales Thema sein. Dem fühlen wir Li-
berale uns verpflichtet.
Wir Liberale fühlen uns außerdem an einem ganz zen-
tralen Punkt des Muñoz-Berichts bestätigt: Er stellt fest,
dass die deutschen Schulen im OECD-Vergleich wesent-
lich weniger autonom sind als Schulen in anderen Län-
dern. In der Arbeitsübersetzung des Berichts heißt es
wörtlich: „Gemessen am PISA-lndex für Schulautono-
mie verfügen deutsche Schulen über eine geringere Au-
tonomie als die anderen OECD-Schulen im Durch-
schnitt.“ Wir fordern schon seit langem mehr Freiheit
vor Ort und mehr Eigenverantwortlichkeit für die Schu-
len. Die Schulen wissen in enger Kooperation mit Schü-
lern und Lehrern selbst am besten, was gut für sie ist.
Schulen brauchen deutlich mehr Entscheidungsfreihei-
ten bei Personalangelegenheiten, Budgetfragen, sowie
Unterrichtsinhalten und -methoden.
Bundesländer wie Baden-Württemberg und Nord-
rhein-Westfalen, Niedersachsen machen uns vor, wie er-
folgreich Aufgaben von Verwaltungen von Landes- und
Kommunalebene direkt auf Schulen übertragen werden
können und wie so eine Diskussion in Gang gesetzt wer-
den kann. Denn eines ist auch klar: Es ist bei den führen-
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en PISA-Ländern ein klarer Zusammenhang darin zu
ehen, wie gut sie abgeschnitten haben und wie viel
ehr Eigenverantwortlichkeit sie ihren Schulen einge-
äumt haben.
Lassen wir die Strukturdebatten endlich sein. Nicht
ie Menschen müssen sich dem Bildungssystem anpas-
en, sondern das Bildungssystem muss sich den Men-
chen anpassen.
Jörg Tauss (SPD): Man sollte sich bei Herrn Muñoz
ntschuldigen. Viele Reaktionen auf seine sachlichen
nd konstruktiven Anregungen sind unverständlich und
rrogant.
Wenigstens in einem Punkt haben die vielen Kritiker
es Berichts von Professor Vernor Muñoz Villalobos
ber völlig recht: Der Bericht enthält wenig Erkenntnisse
ber den Zustand unseres Bildungssystems, die wirklich
eu sind. Das Schlimme ist nur, dass daraus noch nicht
n allen Ländern die richtigen Konsequenzen gezogen
orden sind. Nicht erst seit PISA, IGLU und auch dem
ationalen Bildungsbericht sind die negativen Wirkun-
en unseres überwiegend dreigliedrigen, früh differen-
ierenden Schulsystems bekannt. Es selektiert die Schü-
erinnen und Schüler viel zu früh in zumeist drei
ildungsgänge, wobei die Durchlässigkeit oft nur in eine
ichtung gegeben ist – nämlich nach unten. Junge Men-
chen aus sozial schwachen Familien oder mit Migra-
ionshintergrund haben bei uns bei gleicher Befähigung
nd Begabung schlechtere Bildungschancen. Insgesamt
rreichen unsere Schülerinnen und Schüler auch in den
esten Bundesländern nur knapp den Durchschnitt der
eistungen der Schülerinnen und Schüler in anderen
taaten. Und weiterhin ist trotz intensiver Beschulung
ie Integrationsquote von Menschen mit Behinderungen
twa in den regulären Arbeitsmarkt viel zu niedrig.
Dies alles ist nicht neu – aber eben nach wie vor Re-
lität in Deutschland. Insofern sollte nicht der Überbrin-
er der abermaligen schlechten Botschaft kritisiert wer-
en, sondern die weiterhin bestehenden Missstände. Wir
öchten Herrn Professor Muñoz Villalobos daher dafür
anken, dass er das deutsche Bildungssystem mit all sei-
en föderalen Untiefen und bildungspolitischen Ver-
chränkungen sowie auch Stärken wie Schwächen fair
nd sachorientiert erfasst hat. Es ist ihm außerordentlich
ut gelungen.
Weiterhin gilt es in Deutschland, die richtigen
chlüsse aus den vorliegenden und zukünftigen Untersu-
hungen zu ziehen. So erwarten wir im Herbst 2007 die
ann dritte PISA-Untersuchung. Diese Aufforderung
ichtet sich natürlich in erster Linie an die Länder, die für
chulfragen zuständig sind. Die Stellungnahme der
MK verweist zu Recht darauf, dass die Länder die Pro-
leme unseres Bildungssystems bereits an vielen Stellen
uch in Angriff genommen haben. Nicht zuletzt der
und hat mit dem erfolgreichen Ganztagsschulpro-
ramm, das in der Großen Koalition verlängert worden
st, einen wichtigen Beitrag dazu leisten können. Er hat
nsgesamt 4 Milliarden Euro für den Ausbau von schuli-
chen Ganztagesangeboten bis 2009 zur Verfügung ge-
tellt. Dennoch dürfen wir in unseren Anstrengungen
9416 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007
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nicht nachlassen, wenn wir es mit der Chancegleichheit
in der Bildung, der Integration sowohl von jungen Mi-
grantinnen und Migranten als auch von Menschen mit
Behinderung ernst meinen.
Dies ist nicht nur eine Frage der Zukunft der Haupt-
schule, wie es gegenwärtig oft diskutiert wird. Die Se-
lektivität unseres Schulsystems ist nach wir vor vielmehr
ein grundlegendes Problem, das soziale Benachteiligun-
gen direkt in schlechtere Bildungschancen hinein verlän-
gert. Dies ist ein bildungspolitischer Skandal und kann
nicht oft genug thematisiert werden. Die SPD-Bundes-
tagsfraktion steht hier klar an der Seite der bildungsbe-
nachteiligten Schülerinnen und Schüler und unterstützt
nachdrücklich die Forderung nach einem möglichst lan-
gen gemeinsamen Lernen in den Schulen.
Die Empfehlungen von Herrn Professor Muñoz
Villalobos sollten Bund und Länder daher ernst nehmen
und auf den jeweiligen politischen Ebenen auf ihre Um-
setzbarkeit prüfen. Das heißt natürlich nicht, dass wir
alle Empfehlungen eins zu eins umsetzen müssen. So
lehnen wir etwa den Vorschlag von Professor Muñoz
Villalobos zum Homeschooling in Übereinstimmung mit
der KMK ab. Kinder und Jungendliche sollten nicht in
Parallelgesellschaften und Nischen aufwachsen, sondern
in ihrem Schulalltag die Werte einer offenen, demokrati-
schen und pluralen Gesellschaft gemeinsam erleben.
Dennoch bleibt die intensive Prüfung der weiteren Emp-
fehlungen unverzichtbar. Dies gebietet bereits sowohl
der Respekt vor dem Auftrag des UN-Sonderbericht-
erstatters als auch die unüberschätzbare Bedeutung der
Chancengleichheit in der Bildung für die Zukunft vieler
junger Menschen.
Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Zunächst einmal stimmt es mich sehr nachdenk-
lich, wie so mancher politische Repräsentant dieses Lan-
des sich im Umgang mit internationalen Gremien
gebärdet. Da hören wir, wie sich der Sprecher des nord-
rhein-westfälischen Kultusministeriums ereifert, Herr
Muñoz habe „offenbar das deutsche Bildungssystem
nicht verstanden“, sein Bericht sei „völlig unbrauchbar
für die bildungspolitische Diskussion“. Oder der Kultus-
minister des Saarlandes empört sich darüber, das deut-
sche Bildungssystem sein doch „kein Fall für Amnesty
International“.
Hier zeigen sich Ignoranz und auch Missachtung ge-
genüber einem Gremium der Vereinten Nationen, die aus
unserer Sicht nicht hinnehmbar sind. Wir erwarten eine
deutliche Positionierung der Bundesregierung und keine
Stellungnahme à la „In unserem Bildungssystem ist
schon alles in Ordnung“ wie von Herrn Steiner vor der
UN. Die Bundesregierung muss klarmachen, dass sie
UN-Gremien und ihre Berichterstatter ernst nimmt und
Berichtsergebnisse nicht mit dem lapidaren Verweis auf
„Verständnisschwierigkeiten aufgrund soziokultureller
Interpretationsunterschiede“ abtut, wie die Kultusminis-
terkonferenz dies in ihrem internen Bericht nach der
Reise von Herrn Muñoz getan hat.
Nun zum Inhalt des Berichts. Ein zentraler Kritik-
punkt von Professor Muñoz ist, dass das deutsche Schul-
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ystem zu „selektiv sei“ und man doch die frühe Auftei-
ung der Schülerinnen und Schüler überdenken solle.
enn sich nun der amtierende Präsident der Kultusmi-
isterkonferenz, Herr Zöllner, hinstellt und im Fernse-
en verbreitet, das dreigliedrige Schulsystem böte „ge-
ügend Durchlässigkeit“, so ignoriert er nicht nur die
rgebnisse zahlreicher nationaler und internationaler
tudien, sondern auch Resultate eines Berichts, den er
elbst mit in Auftrag gegeben hat. Im Nationalen Bil-
ungsbericht 2006 heißt es nämlich auf Seite 53: „Die
urchlässigkeit [im deutschen Bildungssystem] ist in
er Praxis eher gering sowie überwiegend abwärts ge-
ichtet.“ Da hilft auch das schöne Reden von der indivi-
uellen Förderung nichts, das inzwischen ja sogar die
onservativen Lehrerverbände beherrschen. Individu-
lle Förderung ist gut, wichtig und richtig. Aber sie ist
icht umsetzbar, wenn man Kinder mit zehn Jahren auf
nterschiedliche Schulformen verteilt.
Auch die Bundesregierung könnte sich hier öffentlich
eutlicher äußern; in ihren eigenen Berichten tut sie dies
chon. So ist im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bil-
ung/Arbeit für den Integrationsgipfel, die unter der Fe-
erführung von Herrn Müntefering tagte, zu lesen:
Eine frühzeitige Aufteilung auf Schulformen er-
schwert im weiteren Verlauf eine Integration und
die Erfolgschancen von Kindern aus sozial benach-
teiligten und zugewanderten Familien.
Zurzeit gibt es eine Negativauslese. Sozial benachtei-
igte und Migrantenkinder werden nach unten durchge-
eicht. Die Ergebnisse können Sie in vielen Hauptschu-
en besichtigen. Daher ist unser System nicht mehr
ukunftsfähig. Heute ist es übrigens ein Jahr her, dass
er Brief der Lehrerinnen und Lehrer der Rütli-Schule
ekannt wurde, die die Abschaffung ihrer eigenen
chule forderten. Es ist ein Fakt – das belegen alle Stu-
ien über das deutsche Bildungssystem – dass der sozia-
e Hintergrund den Bildungserfolg bestimmt. Hier allein
uf bessere Sprachkompetenz zu setzen, reicht nicht aus.
ir brauchen echte Bildungsgerechtigkeit durch umfas-
ende Bildungsangebote.
Muñoz kritisiert in seinem Bericht auch den Umgang
it behinderten Kindern, die selten eine Regelschule be-
uchen, derzeit nur 12 Prozent. Die Bundesregierung
ässt durch ihren Botschafter Steiner lapidar mitteilen,
as sei doch alles kein Problem. Für behinderte Kinder
elte die Schulpflicht, und überhaupt hätten wir doch
ute Sonderpädagoginnen und -pädagogen. Das ist zy-
isch. Behinderte Kinder werden bei uns systematisch
usgegrenzt, weil sie auf Sonderschulen abgeschoben
erden. Diese mögen im Einzelnen eine sehr gute Arbeit
eisten, aber es ist und bleibt ein Absondern, das echte
eilhabe verhindert.
Professor Muñoz hat unser Bildungssystem sehr wohl
erstanden, auch wenn das im Föderalismus-Klein-Klein
urchaus manchmal schwer fällt. Ihm zu unterstellen, er
abe sich ja keinen richtigen Eindruck verschaffen kön-
en, weil seine Reise nur ein paar Tage dauerte, ist frech.
s ist verständlich, dass manchen die Kritik peinlich ist;
enn sie ist berechtigt. Die Bundesregierung und die
ultusministerkonferenz müssen endlich Konsequenzen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007 9417
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(B) )
ziehen. Eine andere Struktur und eine bessere Qualität –
beides ist wichtig für unser Bildungssystem. Alle Kinder
werden gebraucht und müssen eine gerechte Chance auf
Teilhabe in unserem Land haben.
Marcus Weinberg (CDU/CSU): Lassen Sie mich
einleitend einiges sagen zu der Frage, wie wir meines
Erachtens mit dem Bericht des UN-Sonderberichterstat-
ters umgehen sollten. Ich bin der Meinung, dass dieser
Bericht wichtig ist und sich einreiht in eine Reihe von
Berichten und von Vergleichsuntersuchungen über das
deutsche Bildungssystem. Also sollten wir mit diesem
Bericht respektvoll umgehen, aber auch kritisch. Einige
Teile sind im Bericht meines Erachtens durchaus richtig
dargestellt, sind allerdings schon seit geraumer Zeit, ins-
besondere seit den PISA-Untersuchungen, bekannt. Hier
muss das deutsche Bildungssystem nacharbeiten; das
machen wir. Einige Teile im Bericht sehe ich als durch-
aus problematisch und sachlich in der dargestellten Form
als nicht richtig an.
Deutlich muss gesagt werden, dass es auch positive
Teile im Muñoz-Bericht gibt. So wird zum Beispiel er-
wähnt, dass der hohe Entwicklungsstand des deutschen
Bildungssystems zu begrüßen ist. Die Bildungsbeteili-
gung ist kontinuierlich gestiegen, und mittlerweile haben
90 Prozent der alterstypischen Jahrgänge einen Ab-
schluss der Sekundarstufe II. Auch tauchen im Bericht
die zurzeit durchgeführten Reformen auf. Das deutsche
Schulsystem reformiert sich in der Verantwortung der
Länder, beginnend bei der Schulstruktur über die Frage
von Methodik, Didaktik, Qualitätssicherung, Autonomie
von Schulen, bis hin zur Frage des Ausbaus und der
Qualitätsverbesserung der vorschulischen Bildung. Das
deutsche Bildungssystem ist in Schwung gekommen und
zieht aus den doch schlechten Daten der Vergleichs-
untersuchungen die nötigen Konsequenzen.
Ich teile nicht die Auffassung des UN-Sonderbericht-
erstatters, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung
ausgegrenzt werden. Wir haben in Deutschland ein qua-
litativ hochwertiges System der sonderpädagogischen
Förderung, und Kinder mit Behinderung werden in der
Regel im Normalunterricht beschult. Dies erfolgt zum
Beispiel über sogenannte Integrationsklassen.
Es gilt im Grundsatz immer, dass die individuelle
Förderung der Kinder übergeordnet betrachtet werden
muss, und es gilt das Primat der integrativen Förderung.
Allerdings kann es auch passieren und kommt vor, dass
dies nicht möglich ist, und dann, glaube ich, haben wir in
Deutschland ein sehr ausgeprägtes Angebot an anderen
Bildungseinrichtungen. Richtig ist die Tatsache, dass
Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland be-
nachteiligt sind. Hier allerdings, glaube ich, haben die
Bundesländer wie auch die Bundesregierung in den letz-
ten Monaten wichtige Maßnahmen eingeleitet. Wir wer-
den einen nationalen Integrationsplan entwickeln, der
insgesamt zum Schwerpunkt hat, wie Kinder mit Migra-
tionshintergrund besser gefördert werden können. Hinzu
kommt, dass viele Länder – ich nenne das Beispiel Ham-
burg – mittlerweile Handlungskonzepte im Bereich der
Integration entwickelt haben. Hier werden die verschie-
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enen Angebote verzahnt, und die Förderung wird deut-
icher beschrieben. Aber es wird eine große Aufgabe der
ächsten Jahre und Jahrzehnte sein, die Integration von
indern mit Migrationshintergrund ins deutsche Schul-
ystem weiter zu entwickeln.
Zum Schluss noch zur sogenannten Schulstrukturde-
atte. Ich teile die Auffassung von Herrn Baumerts, dem
ildungsforscher, und von Herrn Zöllner, dem KMK-
räsidenten, dass wir jetzt um Gottes willen nicht eine
iskussion führen sollten über die Frage der Schulstruk-
ur. Es ist nicht wichtig, was draufsteht, sondern was
rinnen stattfindet. Das heißt, die Durchlässigkeit und
ie individuelle Förderung müssen im Vordergrund ste-
en. Gerade bei der Schulstruktur haben sich auch ver-
chiedene Länder in den letzten Jahren massiv bewegt.
n Hamburg wird es demnächst Stadtteilschulen geben,
n Schleswig-Holstein sogenannte Regionalschulen. Ich
ache an einem Beispiel deutlich, dass hier das födera-
ive System durchaus positive Elemente mit sich bringt:
n Bayern haben wir noch weitestgehend funktionie-
ende Hauptschulen – diese werden reformiert mit dem
rogramm Bayern 2020 –, in Hamburg haben die Haupt-
chulen nicht mehr die nötigen Ergebnisse erzielt und
erden deshalb aufgelöst zu sogenannten Stadtteilschu-
en. Wir sehen also, dass man sich von Land zu Land
erschieden dieser Problematik angenommen hat, mit
urchaus auch verschiedenen Ergebnissen. Ich persön-
ich bin Anhänger des Modells der Zweigliedrigkeit,
ber – und das ist das Gute am föderativen System – ich
ill mich nicht festlegen für Bayern oder für Sachsen
der für Thüringen. Diese Länder und die Bildungspoli-
iker sollen selbst entscheiden, welches Modell für sie
m besten ist. Es darf auf jeden Fall nicht wieder zu
inem Kulturkampf kommen zwischen verschiedenen
deologisch bedingten Ansätzen des gegliederten Schul-
ystems und des Gesamtschulsystems. Diese Diskussion
ringt uns nicht weiter.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Der Bericht des Herrn
uñoz ist wichtig, und er wird sich einreihen in die be-
tehenden Berichte und Analysen über das deutsche Bil-
ungssystem. Die kritischen Punkte sollten herausgear-
eitet und dann auch vonseiten der Politik korrigiert
erden. Ich kann für die Fraktion der CDU/CSU deut-
ich sagen, dass wir diesen Bericht sehr ernst nehmen.
ir machen aber dort, wo es angebracht ist, die nötigen
ritischen Anmerkungen.
Swen Schulz (Spandau) (SPD): Dass wir die Aktu-
lle Stunde über den Bericht des UN-Sonderbericht-
rstatters für das Recht auf Bildung, Herrn Muñoz, nicht
u einer angemessenen Zeit diskutieren, stimmt mich
chon etwas traurig. Aber das eigentliche Problem ist
och, dass wir für die meisten in dem Bericht angespro-
hen Fragen hier im Deutschen Bundestag gar keine Zu-
tändigkeit haben.
Vor ein paar Jahren noch haben wir gemeinsam mit
en Ländern einen kräftigen und wichtigen Impuls für
ie Schullandschaft gegeben, indem wir das Ganztags-
chulprogramm aufgelegt haben. Bei der Föderalismus-
eform haben die Ministerpräsidenten aber darauf be-
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standen, dass der Bund nie mehr helfen darf, um Schule
zu verbessern. Das ist grotesk! Und diesen Unfug hat
auch Muñoz angesprochen.
Wo wir Bundespolitiker allerdings sehr wohl noch et-
was machen können, das ist der Bereich vorschulischer
Bildung. Die heftige familienpolitische Debatte der letz-
ten Wochen hat auch einen bedeutenden bildungspoliti-
schen Aspekt. Es ist zum Beispiel in Berlin ganz klar be-
legt: Kinder, die in der Kindertagesstätte sind, gehen viel
besser vorbereitet in die Schule und finden sich dort
schneller und besser zurecht. Insbesondere bei der
Sprachkompetenz ist das deutlich.
Natürlich gibt es viele Kinder, die wunderbar von den
Eltern betreut und vorbereitet werden. Doch das ist häu-
fig nicht möglich, nicht gegeben. Ich finde, dass wir da-
bei auch einen weiteren wichtigen Aspekt nicht verges-
sen sollten: Kinder brauchen Kinder! Und so viele
Nachbarskinder gibt es nicht mehr an allen Orten.
Die Kita ist der Ort, an dem die Grundlagen gelegt
werden. Die Kita ist eine Bildungseinrichtung und muss
auch so behandelt werden: hinsichtlich der Qualifikation
des Personals, hinsichtlich der Ausstattung und auch
hinsichtlich der Gebührenfrage.
Die SPD setzt sich, ganz im Sinne von Herrn Muñoz,
für ein Recht auf Bildung auch vor der Einschulung ein.
Das beinhaltet, dass dieses Bildungsangebot gebühren-
frei gestellt werden muss. Denn erstens dürfen Einkom-
mensschwache nicht abgeschreckt werden, und zweitens
wollen wir gerade eine Mischung haben und nicht durch
hohe Gebühren provozieren, dass Gutverdienende aus-
weichen und ihre Kinder nicht in der Kita anmelden.
Wir sollten also auch und gerade als Bildungspolitiker
im Deutschen Bundestag die Initiativen für Betreuung
und Bildung von Kindern vor dem Schuleintritt unter-
stützen. Wenn die Familienministerin der SPD folgt und
einen ordentlichen Finanzierungsvorschlag macht, kom-
men wir auch gegen die beharrenden Kräfte voran.
Der Muñoz-Bericht spricht zu Recht ein Thema an,
dass in Deutschland kaum einmal sachlich debattiert
wird: die Schulstruktur. Die Frage ist, ob es richtig sein
kann, nach der vierten Klasse, also mit zehn Jahren etwa,
über den weiteren Schulweg zu entscheiden. Ich hatte
nach der Grundschule keine klare Empfehlung für Real-
schule oder Gymnasium. Meine Eltern haben es mit dem
Gymnasium versucht. Ich weiß nicht, ob ich studiert
hätte, wenn ich auf die Realschule gekommen wäre.
Ich weiß, dass das nicht die einzige wichtige Frage
der Schulpolitik ist. Aber sie gehört auf die Tagesord-
nung. Wann können wir in Deutschland endlich diesen
Irrglauben abräumen, dass Lernen nur in homogenen
Gruppen sinnvoll ist? Das ist ständisches Denken aus
vergangenen Jahrhunderten! Wenn das richtig wäre,
müssten unsere Gymnasiasten die besten der Welt sein,
sind sie aber nicht.
Nun kann ich ja viel erzählen und Herr Muñoz viel
schreiben. Aber vielleicht hat der Bundespräsident mehr
Autorität? Der hat nämlich 2006 den ersten „Deutschen
Schulpreis“ verliehen. Das Ergebnis war bemerkens-
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ert. Die Preisträger waren eine Grundschule sowie vier
esamtschulen. Alles Schulen, in denen gemeinsam ge-
ernt wird. Was sagt uns das? Ich zitiere als Antwort den
undespräsidenten. Er hat in seinem Grußwort bei der
reisverleihung gesagt:
Die für den Preis nominierten Schulen zeigen zum
Beispiel vorbildlich, wie behinderte und nichtbe-
hinderte und wie lernschwache und hochbegabte
Schüler erfolgreich gemeinsam unterrichtet werden
können.
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Lassen Sie
ns endlich vernünftig dieses Thema diskutieren anstatt
mmer nur emotionale Debatten zu führen, die die Eltern
erunsichern. Wenn das der Effekt des Muñoz-Berichtes
äre, hätte er unglaublich viel erreicht.
Dorothee Bär (CDU/CSU): Ich freue mich sehr,
ass der Sonderberichterstatter der UN Deutschland be-
ucht hat, um sich einen Eindruck vom deutschen Bil-
ungssystem zu verschaffen. Gleichzeitig frage ich mich
edoch, wie er während seines einwöchigen Besuchs zu
inigen seiner Schlussfolgerungen kommt. Es gibt Bil-
ungsforscher, die über Jahrzehnte ausführliche Studien
u unserem Bildungssystem gemacht haben. Herr
uñoz benötigt für die Erkenntnisse aus solchen Studien
ffensichtlich nur einen flüchtigen Blick auf unser
chulsystem.
Ich möchte dennoch auf einige seiner Kritikpunkte
ingehen. Er schlägt vor, das sogenannte Homeschooling
n Deutschland zu stärken. Gleichzeitig möchte er aber
ie Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem
emindert sehen. Aber gerade das Unterrichten zu Hause
estigt doch die Selektivität und – schlimmer noch –
ührt zu Parallelgesellschaften, die wir doch alle verhin-
ern wollen. Denn wo sonst als in der Schule lernen Kin-
er im Austausch mit anderen unsere Werte einer offe-
en, demokratischen und pluralen Gesellschaft?
Widersprüchlichkeiten finden sich auch in anderen
ereichen des Berichts. So stellt Herr Muñoz selbst fest,
ass weder PISA noch andere internationale Untersu-
hungen einen schlüssigen Zusammenhang zwischen
chulsystem und Schulerfolg nachweisen. Dennoch for-
ert er eine Überprüfung des dreigliedrigen Schulsys-
ems und kritisiert es zudem. Außerdem kritisiert er, dass
inder mit Behinderung nicht ausreichend integriert
ürden. Als Vorsitzende der Lebenshilfe in meinem
eimatlandkreis trifft mich dieser Vorwurf besonders.
chließlich sehe ich dort, welche wertvolle und un-
chätzbare Arbeit die Lebenshilfe für Behinderte leistet.
nd auch die Integration von Behinderten in unser
chulsystem ist seit langem gang und gäbe. Integrative
odelle gibt es vom Kindergarten bis zur Schule.
Völlig außer Acht lässt Herr Muñoz gleichzeitig un-
er duales Ausbildungssystem, um das wir weltweit be-
eidet werden und das als Vorbild gilt. In allgemeinbil-
enden und beruflichen Ausbildungsgängen erwerben
0 Prozent der Jugendlichen einen Abschluss der
ekundarstufe II. Der Blick des Sonderbeauftragten al-
ein auf die Sekundarstufe I verengt sein Bild des deut-
chen Schulsystems derart, dass es falsch wird.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007 9419
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Ich gebe Herrn Muñoz recht, dass die frühkindliche
Förderung weiter verbessert werden kann. Er geht in sei-
nem Bericht darauf aber leider nicht weiter ein. Insbe-
sondere gezielte Sprachförderung ausländischer Kinder
in vorschulischen Einrichtungen gemeinsam mit den El-
tern wäre ein solcher Vorschlag, um den Zusammenhang
von Herkunft und Bildungschancen zu verändern.
Schließlich möchte ich noch als Berichterstatterin für
das BAföG einige Worte zu Kindern mit Migrationshin-
tergrund sagen. Herr Muñoz behauptet, dass sie in
Deutschland besonders schlecht gestellt sein. Dem wirkt
die Bundesregierung mit der Novellierung des BAföG
entgegen, indem sie besonders die Förderung von Mi-
granten in den Vordergrund stellt. Ausländische Auszu-
bildende, die bereits langfristig aufenthaltsberechtigt
sind oder wenigstens bereits lange in Deutschland leben
und eine aufenthaltsrechtliche Dauerperspektive haben,
sollen daher ohne Anknüpfung an eine vorherige Min-
desterwerbsdauer der Eltern gefördert werden.
Das deutsche Bildungssystem bietet sicherlich Ent-
wicklungsmöglichkeiten. Unsere Bundesländer haben
dafür nicht nur die rechtliche, sondern vor allem auch
die sachliche Kompetenz. Deshalb freue ich mich auf
eine angeregte Diskussion dieses Themas auf Länder-
ebene.
Gesine Multhaupt (SPD): Heute ist ein guter Tag
für alle behinderten Menschen in Deutschland. Ungefähr
zeitgleich zu unserer Plenardebatte unterzeichnet die Be-
hindertenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Karin
Evers-Meyer, in New York die Menschenrechtskonven-
tion und das Zusatzprotokoll über die Rechte behinderter
Menschen. Damit kommt Deutschland einer Forderung
aus dem Muñoz-Bericht nach. Ich freue mich sehr, dass
wir also heute nicht nur reden, sondern nun auch aktuell
im Interesse der behinderten Menschen in unserem Land
handeln. Der UN-Sonderberichterstatter analysiert mit
seinem Bericht, inwieweit in Deutschland das Men-
schenrecht auf Bildung umgesetzt wird.
Viele Kollegen haben bereits auf zahlreiche positive
Sachverhalte im dem vorliegenden Bericht verwiesen.
Bezogen auf die Bildung von behinderten Kindern sind
eine Reihe von anerkennenden Punkten enthalten: Sie
haben die gleichen Rechte wie nichtbehinderte Kinder.
Zudem unternehmen alle Bundesländer große Anstren-
gungen, um sie individuell zu fördern. Des Weiteren
haben wir gut ausgebildete Sonderpädagogen, in allen
Teilen unseres Landes, und unumstritten geben wir ins-
gesamt viel Geld für ihre Beschulung aus. Die Anerken-
nung für dieses Bemühen von vielen Menschen, die täg-
lich hier ihre Arbeit tun, kommt in dem Bericht nicht zu
kurz, und darum erwähne ich dies auch an dieser Stelle
ganz ausdrücklich.
Doch nun zu der Kritik: Herr Muñoz kritisiert meines
Erachtens völlig zu recht, dass wir mit diesen Anstren-
gungen insgesamt noch nicht erfolgreich genug sind. Las-
sen Sie mich dazu nur zwei Zahlenbeispiele nennen: Mit
unserem System von Sonder- und Förderschulen – den
Rahmenrichtlinien für Körperbehinderte, für Sprachbe-
hinderte, für Lernbehinderte, für Geistigbehinderte – ge-
lingt es uns bundesweit nur 12 Prozent aller behinderten
Kinder gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern zu un-
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errichten. Allein bei unseren europäischen Nachbarn
ind es im Schnitt mehr als 80 Prozent. Wer heute als
chüler auf eine Sonderschule gehen muss, hat nahezu
eine Chance, auf dem regulären Ausbildungs- oder
rbeitsmarkt einen Platz zu bekommen. Der ganz über-
iegende Anteil landet gleich in den Werkstätten für Be-
inderte, aus denen statistisch gesehen nur ungefähr
Prozent wieder herauskommen.
Angesichts dieser Zahlen – diese sind ungeachtet zahl-
eicher nationaler Absichtserklärungen seit Jahren kon-
tant – ist doch die Frage mehr als berechtigt, auf welcher
prosse der Leiter unser Land bei der Verwirklichung des
enschenrechts auf Bildung für behinderte Kinder. denn
atsächlich steht.
Der Umgang einer Gesellschaft, einer Nation mit be-
inderten Kindern und Jugendlichen erfordert nach mei-
er festen Überzeugung immer wieder neu die Frage
ach dem Menschenbild, das dem jeweiligen Bildungs-
nd Ausbildungssystem zugrunde liegt.
Vor diesem Hintergrund wünsche ich mir sehr, dass
ir diesen Teil der Kritik aus dem Muñoz-Bericht nicht
infach nur zurückweisen, so wie es viele Kollegen in ei-
er ersten Reaktion getan haben.
Bei der Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung
ollten wir uns ernsthaft mit diesem Phänomen auseinan-
ersetzen. Schaffen wir doch gemeinsam die Vorausset-
ungen für ein integratives System. Wichtig dabei ist,
ass wir die immer noch bestehende und praktizierte
rennung – schon in der Ausbildung von Erziehern und
ehrkräften – zwischen allgemeinbildenden Pädagogen,
ädagogen mit interkulturellem Schwerpunkt und Son-
erpädagogen überwinden.
Wenn Kinder mit Migrationshintergrund, behinderte
nd nichtbehinderte Kinder sich von früh auf im Kinder-
arten und in der Schule kennen lernen, schafft dies
kzeptanz und die Fähigkeit, sich mit Würde zu begeg-
en.
Der gemeinsame Weg von klein auf ist zusätzlich
uch unter volkswirtschaftlichen Aspekten interessant,
a unter dem Strich viel weniger öffentliche Mittel benö-
igt werden.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von unserem Alt-
undespräsidenten Johannes Rau schließen: „Men-
chenrecht und Behinderung: Alle Fragen, die damit zu
un haben, münden letztlich in die Frage, in welch einer
esellschaft wir leben wollen. Die Antwort darauf muss
ede und jeder von uns Tag für Tag selber geben.“
Uwe Schummer (CDU/CSU): Das deutsche Bil-
ungssystem ist differenziert. Differenzierung ist ein
orteil, wenn es faire Chancen der Beteiligung für alle
ibt. Menschen sind unterschiedlich. Bildungsstrukturen
üssen sich diesen Unterschieden anpassen. Wir haben
ine hohe Bildungsbeteiligung; das Recht auf Bildung
aben wir durch die allgemeine Schulpflicht verankert.
uch bei den Hauptschülern gelingt es, 85 Prozent nach
er Schule in Lohn und Brot zu bringen. Die Jugendar-
eitslosigkeit ist unterdurchschnittlich. In Deutschland
eträgt sie 9 Prozent, in Finnland 19 Prozent, in Frank-
eich 25 Prozent.
9420 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007
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Eine Woche Deutschland reichen sicher nicht, um die
gesellschaftliche, kulturelle und föderative Vielfalt auf-
zuarbeiten. Ein Blick aus der Distanz kann jedoch hilf-
reich sein, um Entscheidungen zu prüfen. Professor
Muñoz hat mit seinem Bericht die engagierte Bildungs-
debatte in Deutschland weiter angetrieben. Keine ideolo-
gische Systemdebatte. Die Wahrheit ist immer konkret:
Wir müssen Klassengrößen verkleinern, mehr Lehrer
einstellen, weniger Unterrichtsausfall organisieren – egal
in welcher Schulform. Entscheidend ist die gezielte Ein-
zelförderung. Deutschland hat weniger Abiturienten,
weil wir mit der dualen Berufsausbildung eine eigene
Form gleicher Qualifizierung geschaffen haben. Die Me-
chatroniker-Ausbildung ist wie das Abitur, der Meister-
brief ist wie der Bachelor zu bewerten.
43 Prozent der Schüler erreichen das Abitur nicht
über das Gymnasium, sondern über den beruflichen Bil-
dungsweg.
Wir müssen die Eltern stärker einbeziehen; Integra-
tion ist auch Hausaufgabe.
Notwendig ist Breitenbildung, nicht nur Spezialisten.
Das Berufsprinzip der dualen Ausbildung: Neben dem
Staat finanzieren auch die Betriebe mit fast 30 Milliar-
den Euro die Berufsausbildung.
Von 342 Berufsbildern sind aber nur 20 offen für
Hauptschüler. Zugangsbeschränkungen müssen wir be-
seitigen durch eine qualifizierte Stufenausbildung nach
dem Kammervorschlag.
Reformen, die in die richtige Richtung gehen: Ab
dem vierten Lebensjahr Sprachtest in nordrhein-westfä-
lischen Kindergärten. Eine gezielte Förderung, wenn
Mängel auftreten. Ferner: Ganztagsunterricht. Nicht als
Zwangsveranstaltung, sondern bedarfsgerecht, um die
Wahlfreiheit zu verbessern. Ebenso: Mehr Durchlässig-
keit zwischen den Bildungssystemen und Kompetenzen
aufwerten, egal ob sie schulisch, akademisch oder beruf-
lich erworben wurden.
Hierzu gibt es einen gemeinsamen Antrag zum Euro-
päischen Bildungsraum.
Für uns ist der Muñoz-Bericht eine gute Momentauf-
nahme. Er wird in die weitere Bildungsberatung einflie-
ßen.
Renate Schmidt (Nürnberg) (SPD): Zehn kurze
Punkte zu dem Bericht von Herrn Muñoz mit seinen 108
Absätzen. In einer Stunde, die inaktueller nicht sein
könnte, weil dieser Bericht landauf/landab bereits disku-
tiert, kritisiert und kommentiert wurde, nur noch nicht
von uns. Dennoch, ich bin ein optimistischer Mensch,
deshalb:
Erstens. Ich freue mich, dass dem Bericht von Profes-
sor Muños hier, im Ausschuss und durch die Bundesre-
gierung den Respekt erteilt wird, der ihm zukommt. Dies
hebt sich wohltuend von manch anderen Äußerungen ab.
Ich freue mich, dass wir diesen Respekt mit der not-
wendigen Selbstkritik, aber auch mit berechtigtem
Selbstbewusstsein paaren; mit Selbstbewusstsein, weil
wir nicht wie einige den Eindruck erwecken wollen, bil-
dungspolitisches Entwicklungsland zu sein, sondern, wie
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s auch der Muñoz-Bericht sagt, eine der führenden Bil-
ungsnationen; mit Selbstbewusstsein, weil wir in einem
mfangreichen Reformprozess steckern nach dem ein
olgender Bericht zu besseren Ergebnissen kommen
ird.
Zweitens. Auch wenn vieles nach PISA/IGLU und
ielen anderen Untersuchungen nicht mehr neu ist, ist
ie Außensicht eines UN-Sonderbotschafters hilfreich.
Drittens. Sie ist hilfreich, weil wir uns, ohne uns in
trukturdiskussionen zu verlieren, fragen müssen, ob wir
ach dem PISA-Schock für alle Kinder und Jugendli-
hen schon die richtigen Maßnahmen eingeleitet haben.
hne erste Erfolge der Länder zu schmälern, wird die
ntwort lauten: In einigen Ländern ja, in anderen weni-
er.
Viertens: Natürlich ist es gut, wenn es in nahezu allen
ändern Bildungspläne für den frühkindlichen Bereich
ibt. Nur: Werden sie mit ausreichend Personal mit ent-
prechender Qualifikation und genügend Zeit auch um-
esetzt? In einigen Ländern ja, in anderen Ländern sind
iese Pläne noch zu sehr ausschließlich gedrucktes Pa-
ier.
Fünftens. Es gibt den Beginn kostenloser Kitas, wie
um Beispiel in Rheinland-Pfalz, anderswo gibt es nicht
inmal ausreichend kostenpflichtige Plätze, um den seit
996 verankerten Rechtsanspruch für 3- bis 6-Jährige zu
rfüllen, wie zum Beispiel in Niedersachsen.
Sechstens. Es gibt mehr Ganztagsschulen als noch vor
ieben Jahren mit individueller Förderung und rhythmi-
iertem Unterricht – Rheinland-Pfalz – es gibt sie nach
ie vor zu selten, und zu häufig sind sie nur die Fortset-
ung des Frontalunterrichts in den Nachmittag hinein
hne ausreichende Aufenthaltsräume, ohne sportliche
nd Freizeitmöglichkeiten, wie zum Beispiel bei G 8 in
ayern.
Siebtens. Es gibt zunehmend das Ziel individueller
örderung von Kindern. Existieren tut es häufig an pri-
aten Schulen, seltener an öffentlichen. Es gibt mehr pä-
agogische Ausbildung der Lehrer, aber immer noch zu
äufig werden Fächer und nicht junge Menschen unter-
ichtet.
Achtens. Ja, wir strengen uns an, Migrantenkindern
usreichenden Sprachunterricht zu bieten, der – hier teile
ch die Kritik von Professor Muñoz nicht – der Schlüssel
ür jedweden Lernerfolg ist. Aber wir sind noch weit
ntfernt davon, allen Kindern, auch zum Beispiel denen
hne Ausweispapiere, in ausreichendem Umfang den
chulbesuch zu ermöglichen. Es wäre hoch an der Zeit,
ndlich den Vorbehalt der Bundesrepublik Deutschland
ur Kinderrechtskonvention zurückzunehmen. Hier sind
ie Länder am Zug.
Neuntens. Wir leben in Zeiten der Globalisierung,
iese verlangt von jungen Erwachsenen, also den Eltern,
obilität und Flexibilität. Tun wir genug, dass unsere
inder und Jugendlichen dabei nicht unter die Mobili-
ätsbildungsräder kommen? Was tun wir bei allem zu ak-
eptierenden förderalen Bildungswettbewerb, damit der
mzug der Eltern nicht regelmäßige Ehrenrunden oder
ogar Schulartwechsel für ihre Kinder bedeutet? Und:
rauchen wir nicht gerade in föderalen Strukturen einen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2007 9421
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einheitlichen Bildungskern gleichlautend in allen Län-
derverfassungen?
Zehntens und letztens. Der Muñoz-Bericht sollte
mangels Zuständigkeit auf Bundesebene nicht als Instru-
ment zu einer weiteren Schlacht um das dreigliedrige
Schulsystem verwendet werden. Dabei sollte aber den-
noch die deutsche Einmaligkeit der sehr frühen, der zu
frühen Einteilung der Schüler nach Schularten nicht nur
zu denken geben, sondern auch zu Konsequenzen führen.
Wir müssen uns fragen: Warum glauben nur wir im
deutschsprachigen Raum, dass eine Einteilung nach Be-
gabungen und zukünftig nach Elternhäusern am besten
mit zehn Jahren vorgenommen wird? Und warum disku-
tieren wir als Folge davon – wie es Muñoz auch anmahnt –
immer wieder über Institutionen und Strukturen und viel
zu selten über Bildungsinhalte, Bildungsvermittlung,
Bildungslust und Bildungsaufstieg?
Die Konsequenzen davon gehen uns auf Bundesebene
nämlich schon etwas an. Frühe Einteilung der Kinder,
ihre mangelnde individuelle Förderung und zu geringe
pädagogische Lehrerausbildung bedeuten eine hohe
Quote an Schulabbrechern und eine zu niedrige an Abi-
turienten und Studienanfängern. Die Folgen davon trägt
der Bund. Sie schlagen sich in Arbeitslosenquoten und
Eingliederungsmaßnahmen, in Mangel an Akademike-
rinnen und Akademikern nieder. Die Durchlässigkeit un-
seres Schulsystems ist bisher noch im Wesentlichen eine
Rutschbahn nach unten. Wenn ein Kind aus einer bil-
dungsfernen Familie in Bayern bei gleicher Intelligenz
eine sechsmal schlechtere Chance hat, das Abitur zu ma-
chen, als ein Kind aus einer bildungsnahen Familie, dann
ist das keine Durchlässigkeit, sondern vor allem eine der
größten sozialen Ungerechtigkeiten in Deutschland.
Aus diesen zehn Gründen bin ich Herrn Professor
Muñoz für seinen differenzierten Bericht dankbar, er ist
kein Skandalbericht, wie ihn manche darstellen wollen,
er ist in seinen Augen nicht neu, er würdigt die in An-
griff genommenen Reformen und er ist kein bildungspo-
litisches Ruhekissen, sondern ein Auftrag, in Dankbar-
keit gegenüber allen Eltern, Lehrern und Lehrerinnen,
Schülern und Schülerinnen, die sich trotz manchen Wid-
rigkeiten mühen, das Beste aus sich und aus unserem fö-
deralen Bildungssystem zu machen, schnell und effizient
zu handeln.
Anlage 3
Amtliche Mitteilung
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
nachstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Ver-
sammlung der Westeuropäischen Union/Interparlamentari-
sche Europäische Versammlung für Sicherheit und Vertei-
digung (WEU/IEVSV)
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Tagung der Versammlung vom 19. bis. 21. Juni 2006 in
Paris
– Drucksachen 16/2600, 16/4248 Nr. 1.1 –
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Unterrichtung durch die Bundesregierung –
Zweiter Bericht über die Substitution risikoreicher
durch risikoärmere Biozid-Wirkstoffe und Biozid-Pro-
dukte, über den aktuellen Sachstand zur Umsetzung
der Biozid-Richtlinie und des Überprüfungs-Program-
mes der Altwirkstoffe sowie der aktuellen Entwicklun-
gen auf EU-Ebene
– Drucksache 16/2909, 16/3194 Nr. 1.1 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
ung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 16/150 Nr. 1.66
Innenausschuss
Drucksache 16/4105 Nr. 2.2
Drucksache 16/4258 Nr. 2.23
Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie
Drucksache 16/150 Nr. 2.112
Drucksache 16/150 Nr. 2.174
Drucksache 16/2555 Nr. 2.108
Drucksache 16/4105 Nr. 1.6
Drucksache 16/4105 Nr. 2.24
Drucksache 16/4105 Nr. 2.25
Drucksache 16/4105 Nr. 2.28
Drucksache 16/4105 Nr. 2.88
Drucksache 16/4258 Nr. 1.6
Drucksache 16/4258 Nr. 2.11
Drucksache 16/4258 Nr. 2.21
Drucksache 16/4258 Nr. 2.61
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Drucksache 16/4258 Nr. 2.46
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 16/4501 Nr. 2.8
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
Drucksache 16/3196 Nr. 1.43
Drucksache 16/3196 Nr. 1.46
Drucksache 16/4258 Nr. 2.50
Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe
Drucksache 16/2555 Nr. 1.43
Drucksache 16/4105 Nr. 1.4
92. Sitzung
Berlin, Freitag, den 30. März 2007
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3