Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4881
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erleichtert, dass die Waffen an der Grenze zwischen Is- deren Nationen beteiligt ist. Das, was aus guten Gründen
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Ortwin Runde, Lothar
Binding (Heidelberg), Dirk Manzewski, Renate
Gradistanac, Willi Brase und Dr. Wolfgang
Wodarg (alle SPD) zur namentlichen Abstim-
mung über den Antrag: Beteiligung bewaffne-
ter deutscher Streitkräfte an der United Interim
Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der
Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen vom 11. August 2006 (Zu-
satztagesordnungspunkt 2 a)
Nach 34 Tagen Krieg im Nahen Osten und begleitet
von den schrecklichen Bildern über die Folgen der An-
griffe im israelisch-libanesischen Grenzgebiet und in
Beirut war die internationale Völkergemeinschaft sehr
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
20.09.2006
Bär, Dorothee CDU/CSU 20.09.2006
Bellmann, Veronika CDU/CSU 20.09.2006
Bluhm, Heidrun DIE LINKE 20.09.2006
Eichel, Hans SPD 20.09.2006
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
20.09.2006
Dr. Friedrich (Hof),
Hans-Peter
CDU/CSU 20.09.2006
Hilsberg, Stephan SPD 20.09.2006
Höger-Neuling, Inge DIE LINKE 20.09.2006
Nešković, Wolfgang DIE LINKE 20.09.2006
Nitzsche, Henry CDU/CSU 20.09.2006
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 20.09.2006
Rupprecht
(Tuchenbach),
Marlene
SPD 20.09.2006
Schily, Otto SPD 20.09.2006
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Anlagen zum Stenografischen Bericht
ael und dem Libanon wieder schwiegen. Dauerhafter
riede und humanitäre Hilfe für den Nahen Osten sind
nliegen, die jede Bürgerin und jeder Bürger in
eutschland teilt. Die intensiven Vermittlungsbemühun-
en von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
aben in Deutschland wie in der übrigen Welt zu Recht
roße Anerkennung gefunden. Sie standen und stehen
m Kontext der bisherigen deutschen Außenpolitik, die
ich eine hohe Reputation sowohl in Israel als auch den
rabischen Staaten erworben hat. Diese Reputation der
undesrepublik beruht darauf, dass die deutsche Außen-
olitik im Nahen Osten kontinuierlich auf zuverlässige
umanitäre Hilfe und diplomatische Initiativen gesetzt
at.
Die große Erleichterung um den nach langen und
chwierigen Verhandlungen erreichten Waffenstillstand
n der israelisch-libanesischen Grenze mag zunächst er-
lären, warum, auch in Deutschland, sehr schnell der
edanke auftrat, diesen Waffenstillstand zusätzlich mit
ilitärischen Mitteln sichern zu wollen. Dieser Impuls
nterstellt, Deutschland könnte sich „wie jede andere
ation“ im Nahen Osten mit einem deutschen militäri-
chen Beitrag engagieren. Wie wenig Deutschland je-
och in der vermeintlichen „Normalität“ der Völkerge-
einschaft angekommen ist und wir Deutschen dies
elbst angesichts unserer Geschichte zu Recht auch nicht
o empfinden, hat bereits die dazu geführte Diskussion
ber die Ausgestaltung eines deutschen militärischen
ngagements zur Sicherung dieses Waffenstillstandes
ezeigt.
Die Bundesregierung versucht dem historischen Hin-
ergrund Deutschlands dadurch Rechnung zu tragen,
ass man den Einsatz von Bodentruppen ablehnt. Allein
it einem „robusten“ Engagement der Bundesmarine
oll ein gleichwohl wesentlicher Beitrag erbracht wer-
en. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass
eutschland aus guten Gründen im Nahen Osten keinen
ilitärischen Beitrag erbringen kann, „wie es andere Na-
ionen“ vermögen. Aber wird es Deutschland auch gelin-
en können, sich darauf dauerhaft berufen zu können?
Die voraussichtliche Zeitdauer des Mandates ist dabei
in Indikator, warum diese Differenzierung dauerhaft
icht gelingen kann. Bereits die Geschichte der Kon-
likte im Nahen Osten, deren Ursachen weit über das
ahr 1948 hinausgehen, spricht dafür, dass das Mandat
änger dauern wird, als es der Antrag der Bundesregie-
ung derzeit vorsieht. Schon damit gerät die Begrenzung
nseres deutschen Engagements, wie sie jetzt beschlos-
en werden soll, „auf eine schiefe Ebene“. Die bisheri-
en zahlreichen Todesopfer der zurückliegenden
NIFIL-Mission im Libanon sind der zweite Grund für
nsere Skepsis. Wenn, was man nicht ausschließen kann,
ie anderen Nationen im Rahmen der im August be-
chlossenen UNIFIL-Mission Todesopfer bei ihren Bo-
entruppen zu beklagen haben werden, wird Deutsch-
and mit zunehmendem Zeitablauf nicht mehr vermitteln
önnen, warum es nicht mit gleichem Risiko wie die an-
4882 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
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vermieden werden sollte, wird Deutschland dann einho-
len können.
Gegen einen deutschen militärischen Beitrag spre-
chen zudem die sehr unterschiedlichen Erwartungen, die
die Israelis einerseits, die arabischen Länder andererseits
damit verbinden. Das kann schnell dazu führen, dass
Deutschland bei negativen Entwicklungen keinen kon-
struktiven Beitrag zur Friedenssicherung in der Region
mehr leisten kann. Dies gilt umso mehr, wenn man den
Nahen und den Mittleren Osten in der Dimension eines
gemeinsamen „größeren Magnetfeldes“ betrachtet. Eine
deutsche Beteiligung an einem militärischen Einsatz im
Nahen Osten, wie sie die Bundesregierung vorsieht, hal-
ten wir für nicht zielführend und stimmen dem Antrag
der Bundesregierung nicht zu.
Anlage 3
Erklärung nach § 3 GO
der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele,
Winfried Hermann, Sylvia Kotting-Uhl,
Dr. Anton Hofreiter, Dr. Harald Terpe und
Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) zur namentlichen Abstimmung über den
Antrag: Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an der United Interim Force in Le-
banon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution
1701 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen vom 11. August 2006 (Zusatztagesord-
nungspunkt 2 a)
Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab. Es
kann keineswegs sichergestellt werden, dass die einge-
setzten deutschen Soldaten der Bundesmarine nicht in
Konfrontation mit israelischem Militär in den Gewäs-
sern vor der Küste des Libanon und in Kampfhandlun-
gen geraten, die für alle Seiten unerträglich wären.
Auftrag und Umfang des Einsatzes der Bundeswehr
ist allein dem Antrag der Bundesregierung zu entneh-
men. Danach ist der Auftrag keineswegs beschränkt da-
rauf, Waffenlieferungen für die Hisbollah im Libanon
über See zu verhindern und die dafür notwendigen Kon-
trollen und Maßnahmen durchzuführen. Vielmehr ist die
Bundeswehr Teil der UNIFIL-Truppe. Die Aufgabe von
UNIFIL ist nach dem Antrag der Bundesregierung, „si-
cherzustellen, dass die Einsatzgebiete von UNIFIL nicht
für feindliche Aktivitäten genutzt werden.“ Zum Ein-
satzgebiet gehört laut Antrag „zur See ein Seegebiet vor
der Küste … bestehend aus den libanesischen Küstenge-
wässern sowie einem Seeraum bis ca. 50 Seemeilen
westlich der libanesischen Küste.“ Der Bundeswehr
werden „insbesondere folgende Aufgaben“ übertragen:
Führung der maritimen Operation, seewärtige Sicherung
der libanesischen Küste und Küstengewässer, Kontrolle
des Seeverkehrs inklusive Kontrolle der Ladung/Perso-
nen an Bord von Schiffen, maritime Abriegelungsopera-
tionen innerhalb des Einsatzgebietes.
Im Antrag der Bundesregierung ist von Waffenliefe-
rungen an Hisbollah keine Rede. Vielmehr wird aus-
drücklich betont, dass UNIFIL – also auch die Bundes-
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ehr – ermächtigt ist, im Rahmen des Auftrages alle
rforderlichen Maßnahmen zu ergreifen „einschließlich
er Anwendung militärischer Gewalt“, um sicherzustel-
en, dass die Einsatzgebiete nicht für feindselige Aktivi-
äten genutzt werden. Also sind militärische Kampfein-
ätze auch für die Bundeswehr nicht auszuschließen, um
en Auftrag zu erfüllen.
Sollte es erneut zu einer Eskalation des Konfliktes
wischen Hisbollah und Israel kommen, sind israelische
ngriffe auf Ziele im Libanon von der See her nicht un-
ahrscheinlich. Im Krieg zwischen Israel und der
isbollah fanden zahlreiche solcher Angriffe statt. Dann
äre die Bundesmarine mitten drin im Kampfgeschehen
nd müsste nach ihrem Auftrag eigentlich alle „feindse-
igen Aktivitäten“ unterbinden. Kampfhandlungen ge-
en israelisches Militär würden erwartet, wären aber aus
eutscher Sicht nicht durchführbar. Vereinbarungen mit
nderen Staaten, die gerade solche Kampfhandlungen
egen israelisches Militär ausschließen, wären mit dem
uftrag der UN-Resolution 1701 und dem Antrag der
undesregierung, der sich auf diese Resolution beruft,
icht zu vereinbaren. Es ist nicht zu verantworten, die
oldaten einem solchen unauflöslichen Dilemma auszu-
etzen.
Für den Erfolg von UN-Friedensmissionen ist die
trikte Neutralität der beteiligten Soldaten unbedingte
oraussetzung. Deutsche Soldaten können aber vor dem
intergrund der deutschen Geschichte und der besonde-
en Verantwortung für Israel nicht neutral sein. Deshalb
ignen sich Bundeswehrsoldaten nicht für diese Mission.
Im Fall eines Krieges gegen den Iran, der auch zu ei-
er dramatischen Verschärfung der Situation an der
renze zwischen Libanon und Israel und zu einer Wie-
eraufnahme der Kampfhandlungen dort führen könnte,
ürde die Bundeswehr in die Gefahr geraten, Teil eines
rößeren kriegerischen Konflikts in der Region zu wer-
en.
Zudem gibt es auf allen Seiten Kräfte, die einen dau-
rhaften Frieden nicht wollen. Wir sehen die Gefahr,
ass ein weiteres Mal Blauhelmsoldaten geschickt wer-
en, als ersten Schritt zur Schaffung von Frieden auf der
rundlage eines Waffenstillstandes, ohne dass je weitere
chritte für ein friedenspolitisches Gesamtkonzept fol-
en. Gerade die jahrzehntealte UN-Mission im Libanon
elegt, dass Blauhelme allenfalls auf Zeit und räumlich
ehr begrenzt einen Waffenstillstand sichern können.
hne eine umfassende Gesamtkonzeption für Frieden
nd ohne gezielte Förderung der Versöhnungs- und Frie-
ensarbeit in der Region insgesamt wird es aber keinen
auerhaften Frieden geben können. Hierfür könnte, ja
üsste Deutschland einen langfristigen Friedensbeitrag
eisten durch Förderung zur Friedenserziehung in Kin-
ergärten, Schulen und Hochschulen in der gesamten
egion ebenso wie durch langfristige und dauerhafte
örderung von Friedens-, Demokratie- und Versöh-
ungsprojekten.
Wir sind überzeugt, dass die vielen Millionen Euro,
ie dieser historisch-politisch fragwürdige Militäreinsatz
ostet, besser in Frieden, das heißt in die Friedensfähig-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4883
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keit und für friedliches Zusammenleben investiert wer-
den sollte.
Die umfassende Friedensinitiative unter Beteiligung
der Bundesregierung, die begleitend zur Stabilisierung
des vereinbarten Waffenstillstandes geboten ist und zu
einem dauerhaften Frieden in Nahost führen kann, ist
nicht in Sicht.
Die Zustimmung zu diesem Antrag der Bundesregie-
rung können wir daher nicht verantworten.
Anlage 4
Erklärungen nach § 3 GO
zur namentlichen Abstimmung über den An-
trag: Beteiligung bewaffneter deutscher Streit-
kräfte an der United Interim Force in Lebanon
(UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701
(2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio-
nen vom 11. August 2006 (Zusatztagesordungs-
punkt 2 a)
Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Erstens. Ich stimme dem Antrag der Bun-
desregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an der UNIFIL-Mission zu, weil dieser Ein-
satz die Stabilisierung eines Waffenstillstands zwischen
der Hisbollah und dem Staat Israel ermöglicht.
Zweitens. Dieser Einsatz findet statt zu einer Zeit, in
der Israel durch die Vernichtungsdrohungen aus dem
Iran, durch das Streben des Iran nach Atomwaffenfähig-
keit und durch den systematischen Aufbau einer Bedro-
hungskapazität durch die Hisbollah im Südlibanon einer
zunehmenden Gefahr ausgesetzt ist.
Drittens. Ich stimme diesem Einsatz in Ermangelung
einer praktikablen Alternative zu, obwohl die Resolution
1701 durch den Zwang zu allseitiger Kompromissbil-
dung erhebliche Schwächen enthält; denn sie ist in ihren
Zielen und Mitteln nicht eindeutig umrissen. Diese
Schwächen der Resolution 1701 haben Auswirkungen
auf die Rules of Engagement. So bleibt offen, auf wel-
chem Wege und durch wen die Hisbollah, die den Süden
Libanons faktisch zu einem Staat im Staate gemacht
hatte, entwaffnet werden soll.
Viertens. Ich stimme diesem Einsatz zu, obwohl es
keine befriedigende Antwort auf die Frage gibt, wie eine
Wiederbewaffnung der Hisbollah über den Landweg
verhindert werden soll, wenn eben dieser Landweg nicht
durch internationale Truppen abgesichert wird und die
syrische Regierung erklärt hat, dass sie solche Truppen
als einen unfreundlichen Akt begreifen würde.
Fünftens. Ich stimme diesem Einsatz zu, obwohl auch
hier die Gefahr besteht, dass die UN-Mission wegen der
Unklarheit des Mandats oder mangelnder Durchset-
zungsbefugnisse zum bloßen Beobachter von Mandats-
verletzungen oder im schlimmsten Falle gar zum untäti-
gen Zeugen von Verbrechen wird. Dieser Gefahr muss
durch eine klare politische Haltung der truppenentsen-
denden Staaten, insbesondere der EU, entgegengewirkt
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erden: Es muss klar sein, dass der Sinn der UNIFIL-
ission darin besteht, eine Wiederherstellung der Kon-
liktsituation zu verhindern, die zu dem jüngsten Krieg
eführt hat. Nicht nur müssen erneute Angriffe gegen
srael aus dem Libanon verhindert werden; auch eine
iederherstellung des gegen Israel gerichteten Bedro-
ungsszenarios mit Kurz- und Mittelstreckenraketen
uss verhindert werden.
Sechstens. Trotz all dieser Bedenken gibt es zu dem
insatz internationaler Friedenstruppen keine Alterna-
ive; denn dieser durch die internationale Gemeinschaft
bgesicherte Waffenstillstand kann den Weg für politi-
che Verhandlungen endlich wieder öffnen. Nachdem
er Jahrzehnte andauernde Nahostkonflikt weder Juden
och Palästinensern ein Leben in friedlicher Koexistenz
rmöglicht hat, ist es eine Verpflichtung, jede neue
hance auf einen politischen Prozess zu ergreifen, der in
inen historischen Kompromiss zwischen Israel und sei-
en arabischen Nachbarn mündet.
Siebtens. Ich stimme diesem Einsatz auch deswegen
u, weil bei seinem Gelingen das Modell einer interna-
ionalen Truppenpräsenz auch als Garantierahmen für
olitische Lösungen für den Gazastreifen und die West-
ank dienen könnte.
Achtens. Ich stimme diesem Antrag auch zu, weil die
esondere historische Verpflichtung Deutschlands ge-
enüber Israel nicht aus einer Bringschuld in ein Privileg
nämlich das des Beiseitestehens – verkehrt werden
arf. Die israelische und die libanesische Regierung ha-
en Deutschland um eine Teilnahme gebeten. Diese
itte ist Verpflichtung genug, um eine solch schwerwie-
ende Entscheidung zu treffen, deutsche Soldaten in ei-
en risikoreichen Einsatz zu entsenden.
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Das
xistenzrecht des Staates Israel zu sichern, gehört seit
ehr als 50 Jahren zu einer gemeinsamen Grundauffas-
ung der demokratischen Parteien in Deutschland. Diese
usrichtung unserer Politik entspricht unserer histori-
chen Verantwortung. Nicht für den Waffenstillstand zu
timmen, ihn nicht – und sei es auch durch den Einsatz
eutscher Soldaten – dauerhaft zu machen, bedeutet,
ass die Gesamtexistenz Israels existenziell gefährdet
äre. Damit würden wir auch einen Jahrzehnte währen-
en Grundsatz und damit Glaubhaftigkeit und Zuverläs-
igkeit aufgeben. Dazu darf es nicht kommen, weil wir
n eine Dauerkrise direkt in unserer unmittelbaren Nach-
arschaft gerieten.
Trotz meiner sonst ablehnenden Haltung gegenüber
undeswehreinsätzen außerhalb unseres Landes werde
ch in diesem Fall dem Einsatz der Bundesmarine zu-
timmen. Der Einsatz erfolgt nach den Regeln der und in
bereinstimmung mit den Vereinten Nationen sowie ge-
einsam mit anderen demokratischen Staaten. Die
eteiligung der UN-Verbündeten unter Einschluss
eutschlands will eine Zwei-Staaten-Lösung erreichen:
ine Lösung für das palästinensische Volk sowie eine an-
altende Sicherung Israels; damit rückt mehr Frieden in
ieser Region in greifbare Nähe, so wie wir es in
eutschland immer gewollt haben!
4884 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
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Michael Brand (CDU/CSU): Der Auftrag des Deut-
schen Bundestages für einen Einsatz der Bundeswehr im
Libanon hat in der Tat eine historische Dimension. Nie-
mand hätte vor einem halben Jahr mit einer solch weit-
reichenden Entscheidung für dieses Parlament gerechnet –
allerdings leben wir in einer Zeit, in der leider auch vie-
les an Anforderungen nicht mehr ausgeschlossen ist,
wenn wir die Sicherheit unseres Landes und unserer
Bürger in einer zwischenzeitlich weltweit zu betrachten-
den Gefährdungslage schützen wollen.
Die heutige Entscheidung fällt dennoch nicht leicht:
Deutsche Soldaten mit einem robusten UN-Mandat im
Nahen Osten. Zu einfach wäre das rein egoistische Ar-
gumentieren mit der fragwürdigen Leitlinie: „Was geht
uns das an?“. Es gibt gute Gründe für diesen schwierigen
Einsatz. Allerdings darf ein demokratischer Staat seine
Staatsbürger in Uniform nur dann in einen für das Leben
dieser Staatsbürger gefährlichen Einsatz entsenden,
wenn er alles tut, um die Voraussetzungen für die Sicher-
heit der eigenen Truppe in einem solchen Einsatz zu
schaffen. Insoweit stimme ich diesem Einsatz nur unter
der Maßgabe zu, dass dieses Parlament seine Verantwor-
tung für Leib und Leben unserer Soldaten angesichts
dieser weltweit steigenden Gefährdungen auch durch das
Bereitstellen der notwendigen finanziellen Mittel wahr-
nimmt.
Der auch für die Sicherheit der Soldaten verantwortli-
che Bundesminister der Verteidigung fordert völlig zu
Recht, dass diese qualitativ neue Herausforderung für
die Bundeswehr auch eine qualitativ andere Absicherung
benötigt und nicht – wie schon so oft bisher – aus ande-
ren Quellen im selben Etat gespeist werden kann. Die
Mittel für diesen, angesichts der Lage im Nahen Osten
eher als dauerhaft zu vermutenden, Einsatz der deut-
schen Armee vor der Küste des Libanons und Israels
kann in einer Höhe von etwa 200 Millionen Euro jähr-
lich nicht länger auf Kosten anderer Maßnahmen für
diese Armee aufgebracht werden. Das Motto: „Unerwar-
tet mehr gefährliche Einsätze, ohne mehr Ressourcen für
die Bundeswehr“, ist eine verantwortungslose Haltung
gegenüber den Soldaten und gegenüber der Position der
deutschen Außenpolitik. Hier geht es um den Schutz von
Menschenleben, unserer eignen Staatsbürger, und es
geht um die Frage, ob das kleine Karo der Finanzpolitik
diese historische Aufgabe richtig beurteilen kann. Seit
Jahren nimmt die Belastung auf unsere Soldaten im Ein-
satz deutlich zu: mehr Auslandseinsätze, gefährlichere
Mandate, und zugleich angespanntere Mittel für Ausbil-
dung und Ausrüstung.
Dieses robuste Mandat der UN braucht auf deutscher
Seite auch eine robuste Finanzausstattung – das sind wir
als Parlamentarier unseren Soldaten und deren Familien
schuldig. Wir sind es im Übrigen auch unserem Ansehen
und der Glaubwürdigkeit unserer Außenpolitik schuldig.
Es kann den Akteuren im Libanon, auch den kriegs-
bereiten, nicht verborgen bleiben, dass die Deutschen
ihre Verantwortung zwar wahrnehmen, dies jedoch unter
der Budgetkritik des Finanzministers offenbar nur in
Grenzen tun. Auch innerhalb des westlichen Bündnisses
bleibt nicht verborgen, dass der Finanzminister aus der
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artei des Außenministers bei einem solchen Einsatz
em Verteidigungsminister aus der Partei der Kanzlerin
renzen der Möglichkeiten für diesen historischen Ein-
atz aufzeigen will. Dass diese Grenzen gelten, ist klar.
s muss aber beim Primat der Politik bleiben, und es
arf die Sicherheit der Soldaten nicht durch eine allzu
nge buchhalterische Betrachtung unnötigen Gefahren
usgesetzt werden.
Es ist hohe Zeit, dass dieses Parlament solche gewich-
igen Fragen auch mit dem entsprechenden Gewicht aus-
tattet. Und diese Debatte muss auch mit der Öffentlich-
eit geführt werden angesichts der Fragen, die gestellt
erden nach dem Sinn des deutschen Engagements in
iner weltweit unsicherer gewordenen Lage.
Ich wünsche, sicher im Namen der großen Mehrheit
ier im Hause und unserer Landsleute, unseren Soldaten
ottes Segen, eine gute Hand in ihrem verantwortungs-
ollen Auftrag. Mögen sie alle ausreichend geschützt
ein, gesund heimkehren und einen messbaren Beitrag
ür einen Frieden im Nahen Osten erbringen. Es könnten
ie Deutschen vor der Küste Libanons und vor den To-
en Israels dieses Mal mit ihrem Einsatz einen nachhalti-
en Frieden bauen helfen in dieser auch für uns so be-
eutsamen Region der Erde.
Martin Burkert (SPD): Ich stimme dem Libanonein-
atz der Bundesmarine im Rahmen der UNIFIL-Mission
nter Zurückstellung von erheblichen Bedenken zu.
Die Beteiligung bewaffneter deutscher Soldaten stellt
as Fundament des nahöstlichen Friedenseinsatzes dar.
er erste Schritt war der Waffenstillstand auf Grundlage
er Resolution 1701 des Sicherheitsrates der Vereinten
ationen vom 11. August 2006. Der zweite Schritt ist
etzt das Sicherstellen der Waffenruhe.
Trotz dieser internationalen Friedensbemühungen be-
teht die Gefahr, dass der Krieg zwischen Israel und der
isbollah jederzeit neu aufflammen kann. Darüber hi-
aus kann es passieren, dass weitere Staaten in der
egion wie Syrien oder Iran involviert werden. Dann
önnten deutsche Truppen leicht gezwungen sein, als
erbündete einer der Kriegsparteien (Israel, USA) in den
ampf zu ziehen. Dies hat mit unserer Verfassung nichts
ehr zu tun. Nach dem Grundgesetz sind deutsche Sol-
aten ausdrücklich nur dazu verpflichtet, Deutschland,
as heißt, deutschen Boden im Angriffsfall zu verteidi-
en.
Selbst wenn es nicht zum Extremfall kommt, können
ie deutschen Soldaten leicht zwischen die Fronten gera-
en. Die Hisbollah und mit ihr große Teile der arabischen
elt würden die deutschen Marinesoldaten als Partei-
änger Israels betrachten und sie dementsprechend be-
ämpfen. Ein Einsatz von Bodentruppen auf dem Fest-
and wäre für mich nicht mehr tragbar, da Leib und
eben unserer Soldaten einem nicht mehr kalkulierbaren
isiko ausgesetzt wären.
Der überwiegende Teil der Waffen für die Hisbollah
ird nicht über See, sondern über die syrische Grenze
eschmuggelt. Die Wirkung, die mit dem Einsatz erzielt
erden kann, ist also schon durch die Umstände ver-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4885
(A) )
(B) )
gleichsweise gering. Damit ist aber das Risiko für Leib
und Leben der deutschen Soldaten auch hier in keiner
Weise ganz ausgeschaltet.
Sinnvoll wäre es sicherlich, deutsche Waffenexporte
in das Pulverfass Naher Osten, zu unterbinden oder ein-
zudämmen sowie die Mittel, die der Einsatz kosten wird,
schätzungsweise knapp 200 Millionen Euro in diesem
und im kommenden Jahr, für humanitäre Hilfe zur Ver-
fügung zu stellen. Damit alleine kämen wir aber unseren
außenpolitischen Verpflichtungen im Rahmen der Ver-
einten Nationen nicht mehr nach.
Ich stehe dazu, dass Deutschland eine historisch be-
dingte besondere Verantwortung hat, sich für das Exis-
tenzrecht Israels einzusetzen. Gleichzeitig müssen hu-
manitäre Hilfe für die betroffene Zivilbevölkerung und
diplomatische Bemühungen um einen Frieden, der auch
das Existenzrecht der Palästinenser sichert (Zwei-Staa-
ten-Lösung), mit absolutem Vorrang verfolgt werden.
Es ist weiterhin alles zu tun, um eine nachhaltige
langfristige Friedenslösung auf den politischen Weg zu
bekommen, damit die deutschen Soldaten unversehrt in
ihren Heimathafen nach Hause zurückkehren können.
Ralf Göbel (CDU/CSU): Den Antrag der Bundesre-
gierung „Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an der United Nations Interim Force in Lebanon
(UNIFL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August
2006“ – Bundestagsdrucksache 16/2572 – lehne ich ab.
Ich habe die Befürchtung, dass es uns nicht gelingen
wird, in dieser Konfliktsituation als neutrale Partei be-
stehen zu können. In dem Antrag der Bundesregierung
wird ausgeführt, dass die historische Verantwortung
Deutschlands gegenüber Israel in besonderem Maße un-
ser aktives Eintreten dafür, dass Israel auf Dauer in si-
cheren Grenzen existieren kann, erfordert. Das ist für
mich unabdingbar und dies habe ich jüngst auf einer
Konferenz in Kairo deutlich vertreten. Diese Position
Deutschlands wird in der arabischen Welt akzeptiert. Die
arabischen Staaten erkennen aber auch an, dass wir für
einen selbstständigen palästinensischen Staat und einen
Frieden zwischen allen Konfliktparteien im Nahen Osten
eintreten. Diese Vermittlerrolle Deutschlands wird von
den arabischen Staaten auch gewünscht. Mit der Beteili-
gung an diesem Mandat geraten wir in die Gefahr, diese
Rolle, die einen Ausgleich ermöglicht, zu verlieren.
Ich erkenne die Gründe derjenigen an, die sich für die
Erteilung dieses Mandates entscheiden. Bei mir über-
wiegen jedoch die Zweifel daran, dass dieses Mandat für
eine dauerhafte Konfliktlösung geeignet ist, zumal zum
einen die USA – ein Partner, ohne den eine Lösung des
Konfliktes kaum möglich sein wird – sich an diesem
Mandat nicht beteiligen und zum anderen mit diesem
Mandat weitergehende Perspektiven zur Beseitigung der
Ursachen dieses seit Jahrzehnten andauernden Konflik-
tes nicht aufgezeigt werden.
Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Der deutsche
Außenminister, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hat in den
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etzten Wochen auf diplomatischer Ebene eine großar-
ige Leistung vollbracht und tatkräftig daran mitgearbei-
et, den kriegerischen Konflikt zwischen Israel und dem
ibanon zumindest vorläufig zu beenden. Dafür gebührt
hm hohe Anerkennung. Die Resolution 1701 des Si-
herheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August
006, zu deren Verabschiedung Deutschland viel beige-
ragen hat, hat zu dem jetzt gültigen Waffenstillstand ge-
ührt. Ohne diesen Waffenstillstand wäre es nicht zu den
un anlaufenden Friedensbemühungen gekommen.
Über 1 100 Menschen haben während der Kämpfe ihr
eben verloren. In der Region muss endlich Ruhe ein-
ehren, bevor sich der Brandherd zum Flächenbrand
usweitet. Dafür sorgen unter anderem Hilfslieferungen,
ie auch aus Deutschland an die Zivilbevölkerung ge-
lossen sind und fließen werden. Durch diese Humani-
äre Hilfe ist gewährleistet, dass die schlimmste Not der
lüchtlinge gelindert werden kann. Daneben müssen die
iplomatischen Bemühungen fortgesetzt werden, um
ndlich eine Lösung für den Brandherd Naher Osten zu
inden, die einerseits das Existenzrecht Israels sichert
nd andererseits die Regierung des Libanon stärkt, so-
ass diese künftig selbst in der Lage ist, im Libanon für
uhe und Rechtsstaatlichkeit zu sorgen. In diesem Zu-
ammenhang muss auch das Recht der Palästinenser auf
inen eigenen Staat endlich durchgesetzt werden.
Ich habe bisher allen Einsätzen der Bundeswehr bei
riedenssichernden oder friedenserhaltenden Maßnah-
en zugestimmt und halte es auch für richtig und not-
endig, dass internationale Truppen den brüchigen Frie-
en im Nahen Osten überwachen und dafür sorgen, dass
ie Lieferung von Waffen an die Hisbollah, die gegen Is-
ael eingesetzt werden und zur weiteren Destabilisierung
er gesamten Region beitragen, unterbunden wird.
Trotz der prinzipiellen Zustimmung zu einer Mili-
äraktion der internationalen Gemeinschaft in der Region
ur Absicherung des Friedensprozesses stimme ich aber
em Einsatz deutscher Truppen in diesem Fall nicht zu;
enn zu einem solchen Einsatz gehört Neutralität gegen-
ber den Konfliktparteien. Deutschland kann jedoch aus
istorischen Gründen Israel gegenüber nicht neutral
ein.
Sollte diese strukturell mangelnde Neutralität an ei-
em konkreten Konfliktfall, an dem die deutsche Marine
eteiligt ist, sichtbarwerden, wird auch die für diplomati-
che Bemühungen zur Erarbeitung eines dauerhaften
riedens im Nahen Osten wichtige arabisch-deutsche
eziehung gefährdet.
Dazu kommt eine Reihe von weiteren Bedenken, die
urch die Beschlussvorlagen meines Erachtens nicht
usreichend abgeklärt sind. So macht es der geschichtli-
he Hintergrund für mich inakzeptabel, überhaupt eine
ituation zuzulassen, in der ein deutsches Kriegsschiff
in Schiff der israelischen Flotte aufbringen bzw. dage-
en vorgehen müsste. Dies kann aber nicht ausgeschlos-
en werden. Auch ein versehentliches Vorgehen ist mög-
ich. Außerdem kann die wichtige Frage nach der
oraussichtlichen Dauer des Einsatzes nicht beantwortet
erden. Hier zeigen sich Parallelen zum Afghanistan-
insatz, dessen Ende nach euphorischen Anfängen
4886 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
ebenfalls in den Sternen steht. Auch hier gab es in letzter
Zeit zahlreiche Forderungen der militärischen Partner
nach einer weiteren regionalen Ausweitung des deut-
schen Mandates. Es ist also grundsätzlich trotz aller Be-
teuerungen nicht auszuschließen, dass man im Libanon
in eine Situation kommen kann, in der deutsche Boden-
truppen eingesetzt werden, zumal die Konfliktlage so-
wohl Israels als auch der USA mit dem Iran von den
Europäern kaum beeinflusst werden kann.
Der Einsatz erscheint mir vor dem geschichtlichen
Hintergrund nicht vertretbar und gerade für uns Deut-
sche in seinen Folgen unkalkulierbar. Nach langem
Nachdenken habe ich mich deshalb entschlossen, dem
Einsatz deutscher Truppen im Rahmen der UNIFIL nicht
zuzustimmen.
Das ändert nichts an meiner Unterstützung und Wert-
schätzung für die deutschen Soldaten, die an diesem ge-
fährlichen Einsatz teilnehmen werden.
Petra Hinz (Essen) (SPD): Wie alle anderen Mitglie-
der in diesem Hohen Hause wünsche ich mir eine Stabi-
lisierung des Nahen Ostens und vor allem ein friedliches
Miteinander der arabischen Nationen und Israels. Des-
halb unterstütze auch ich die Resolution 1701 (2006) des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und den Frie-
densprozess mit aller Kraft. An der Beteiligung deut-
scher Streitkräfte an dieser Mission habe ich jedoch Be-
denken.
Der Deutsche Bundestag entscheidet heute nicht nur
über einen der gefährlichsten Einsätze von deutschen
Soldatinnen und Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg,
sondern auch über den Umgang mit der historischen Be-
deutung deutscher Streitkräfte. Zum ersten Mal in der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sollen be-
waffnete Kräfte an den Grenzen Israels operieren.
Der Antrag der Bundesregierung sieht vor, 2 400 Sol-
datinnen und Soldaten zum Einsatz in den Libanon zu
entsenden. Bei diesem Einsatz soll die deutsche Marine
die Führung der maritimen Operation übernehmen sowie
die damit verbundenen Lead-Nation-Fähigkeiten zur
Verfügung stellen. Dies bedeutet nicht nur, dass deutsche
Soldaten in der Krisenregion für Sicherheit sorgen,
sondern auch eine Führungsrolle in diesem Einsatz über-
nehmen sollen. Die Bundeswehr kann sich dann aus
Kampfhandlungen nicht heraushalten. Auch besteht die
ständige Gefahr, in Kampfhandlungen zwischen Israel
und der Hisbollah verwickelt zu werden.
Die deutsche Geschichte sollte uns Mahnung genug
sein, das Risiko einer Konfrontation zwischen deutschen
und israelischen Soldaten nicht einzugehen. Bundesprä-
sident Johannes Rau stellte treffend in seiner Rede am
16. Februar 2000 in der Knesset in Jerusalem fest:
Die persönliche Schuld mag der Täter mit ins Grab
nehmen. Die Folgen einer Schuld, die die Grundla-
gen menschlicher Sittlichkeit erschüttert hat, tragen
die nach ihm kommenden Generationen.
Diese Schuld tragen wir alle, auch Bürger in Uniform
bei internationalen Einsätzen. Ich habe den Prozess bis
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ur heutigen Entscheidung sehr genau begleitet, und de-
en, die die Verhandlungen für uns geführt haben, auf-
erksam und aktiv zugehört.
Im Laufe der letzten Wochen haben sich die Angaben
u einer möglichen deutschen Beteiligung ständig verän-
ert. War anfangs die Rede von einer Unterstützung der
eeüberwachung mit zwei oder drei Einheiten der deut-
chen Marine, soll Deutschland nun sogar die Führungs-
olle der maritimen Streitkräfte übernehmen. Auch die
lotte deutscher Einheiten ist auf acht Schiffe und Boote
ngewachsen. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Sol-
aten in der Marine gut ausgebildet sind. Jedoch hat die
arine der Bundesrepublik Deutschland bisher keine
rfahrung mit der Führung solch umfangreicher und ge-
ährlicher Einsätze. Auch werden auf den einzelnen Ein-
eiten mehr freiwillig Wehrdienstleistende, als bei jedem
uslandseinsatz zuvor stationiert sein.
Ein weiterer Punkt ist die Frage der dauerhaften Ein-
atzfähigkeit. In den einzelnen Stellungnahmen unserer
inister und Fraktionsspitzen ist bereits durchgeklun-
en, dass die Beschränkung des Einsatzes auf ein Jahr
aum gehalten werden kann. Wir müssen jedoch beden-
en, dass die Zahl und die dauerhafte Einsatzfähigkeit
er Marinesoldaten beschränkt sind. Bei einem solchen
insatz leisten unsere Soldaten physische und psychi-
che Hochleistungen. Von unseren derzeit 20 236 Mari-
esoldaten leistet nur rund ein Viertel ihren Dienst an
ord. Das sind circa 5 200 Soldaten. Allein durch die
eteiligung an der UNIFIL-Mission und der Bereitstel-
ung von Einheiten für die Mission Enduring Freedom
or dem Horn von Afrika wären dauerhaft rund
800 Soldaten gebunden. Dabei sind weitere Verpflich-
ungen innerhalb der stehenden Geschwader der NATO
Standing NATO Response Force Maritime Group 1,
tanding NATO Response Force Mine Countermeasure
roup 1 und Group 2 – nicht mit eingerechnet. Durch
iese Verpflichtungen wird fast die Hälfte des gesamten
ordpersonals der deutschen Marine dauerhaft gebun-
en sein.
Wir laufen Gefahr, unsere Marinesoldaten in eine
tändige Rotation zwischen gefährlichen sowie körper-
ich und geistig belastenden Einsätzen, kurzen Regene-
ationsphasen im Heimathafen und erneutem Einsatz zu
chicken. Auf Dauer wird diese Belastung deutliche
puren hinterlassen.
Auch stellt sich mir die Frage nach dem Gesamtkon-
ept für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Un-
er Ziel darf es nicht sein, auf Dauer eine labile Waffen-
uhe durch die militärische Präsenz über die Vereinten
ationen zu sichern. Es fehlt mir ein klarer Fahrplan für
erhandlungen mit allen Ländern des arabischen Rau-
es, vor allem auch mit Palästina, Syrien und dem Iran.
ur so können wir das Existenzrecht Israels für die Zu-
unft sichern.
Vor allem fehlt immer noch eine klare Definition,
elche Rolle die Bundeswehr in Zukunft in der Weltge-
einschaft einnehmen soll. Es gibt kein Außen- und Si-
herheitskonzept für die Bundesrepublik. Bei welchen
onflikten soll zukünftig die Bundeswehr zum Einsatz
ommen? Zur Sicherung von freien Wahlen? Zur Stabi-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4887
(A) )
(B) )
lisierung ehemaliger Bürgerkriegs- und Kriegsgebiete?
Wo sind die geografischen Grenzen des Engagements
der Bundeswehr im Ausland? So lange dieses Parlament
sich dieser Frage nicht stellt und sie eindeutig beantwor-
tet, kann ich einem Einsatz, kann ich diesem Einsatz von
Soldatinnen und Soldaten nicht zustimmen.
Ich kann diesen Einsatz unserer Soldatinnen und Sol-
daten vor der Küste des Libanon nicht mit meinem Ge-
wissen vereinbaren und stimme deshalb dem Antrag der
Bundesregierung nicht zu.
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine
Entschärfung des Konflikts zwischen Israel und dem Li-
banon liegt im elementaren Interesse sowohl der Region
als auch Europas. Außerdem sind die Stärkung der Ver-
einten Nationen und eine Förderung multilateraler Kon-
fliktprävention und Konfliktbewältigung auf Grundlage
des internationalen Rechts zentrale Ziele der deutschen
Außenpolitik. Deshalb ist die Stärkung des Mandates der
UNIFIL im Grundsatz zu begrüßen, ebenso wie die zu-
gesagte Unterstützung der UNIFIL durch unsere euro-
päischen Partner. Bei den Bemühungen um eine tragfä-
hige Friedenslösung für die Region muss sich die
Bundesregierung aktiv einbringen. Die Frage, über die
wir heute im Bundestag abzustimmen haben, ist aber, ob
es richtig ist, dass sich deutsche Soldaten an dem militä-
rischen Auftrag der UNIFIL beteiligen. Wenn der Deut-
sche Bundestag mit seiner Mehrheit heute einen Einsatz
der Bundeswehr vor der Küste des Libanons beschließt,
gibt es dafür gute Gründe. Dennoch kann ich dem Ein-
satzmandat in der vorliegenden Form nicht zustimmen,
weil aus meiner Sicht gewichtige Bedenken an dem Ein-
satz nicht ausgeräumt sind.
Eine dauerhafte Lösung des Konflikts zwischen dem
Libanon und Israel ist nur mit politischen und diplomati-
schen Mitteln möglich. Hierzu bedarf es glaubwürdiger
Vermittler, die wie die Bundesrepublik bei allen Kon-
fliktparteien Vertrauen genießen. Auf diesem Gebiet
kann und muss Deutschland einen wichtigen Beitrag
leisten. Eine effektive Vermittlerrolle der Bundesrepu-
blik setzt aber voraus, dass Deutschland von den Betei-
ligten nicht selbst als Konfliktpartei wahrgenommen
wird. Genau dies droht jedoch durch die deutsche Teil-
nahme an dem UNIFIL-Einsatz. Können wir Deutsche
in dieser Situation überhaupt neutral sein? Aus der deut-
schen Geschichte ergibt sich eine besondere Verantwor-
tung der Bundesrepublik für das Existenzrecht und die
Sicherheit des Staates Israel. Aus dieser Tatsache folgt
ein erhöhtes Misstrauen in Teilen der libanesischen Ge-
sellschaft, das zum Beispiel in der scharfen Kritik zum
Ausdruck kam, die der libanesische Außenminister
Sallukh am Sonntag an Äußerungen von Bundeskanzle-
rin Merkel zur besonderen Verantwortung Deutschlands
für die Sicherheit Israels geübt hat.
Eine nachhaltige Befriedung des Verhältnisses zwi-
schen Israel und dem Libanon wird zudem nur bei
gleichzeitiger Verstärkung der diplomatischen Bemü-
hungen um eine Lösung der anderen drängenden Kon-
flikte in der Region möglich sein. Dabei geht es um gesi-
cherte Grenzen für Israel, eine Zwei-Staaten-Lösung
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wischen Israel und Palästina, eine Entspannung der Be-
iehungen zwischen Israel und Syrien und um eine fried-
iche Beilegung des Konflikts um das iranische Atom-
rogramm. In diesen Fragen ist bislang aber weder ein
inreichender politischer Wille noch ein belastbarer
onsens der internationalen Staatengemeinschaft er-
ennbar. Insbesondere schwelt der Streit um das irani-
che Atomprogramm. Deshalb besteht die von Deutsch-
and und der Europäischen Union kaum beeinflussbare
efahr einer militärischen Eskalation des Irankonflikts
it unabsehbaren Folgen für die Region und erheblichen
isiken für die Sicherheit der Soldaten der UNIFIL.
Schließlich mangelt es dem Mandat an einer klaren
Exit-Strategy“. Es ist nicht klar definiert, unter welchen
edingungen der Einsatz als erfolgreich abgeschlossen
der als gescheitert anzusehen ist. Ohne solche Kriterien
esteht aber die Gefahr, dass der Einsatz auf unbe-
timmte Zeit andauert oder dass die UNIFIL bei einer
skalation tiefer in den Konflikt hineingezogen wird als
eute absehbar.
Joachim Hörster (CDU/CSU): Den Antrag der
undesregierung „Beteiligung bewaffneter deutscher
treitkräfte an der United Nations Interim Force in
ebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701
2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom
1. August 2006“ (Bundestagsdrucksache 16/2572)
ehne ich ab.
Eine Erklärung zur Abstimmung ist nicht geeignet,
lle Gründe, die zu meinem Abstimmungsverhalten füh-
en, detailliert darzulegen. Daher werde ich auf Fragen,
ie die Gefährdung unserer Soldaten, die politischen
ahmenbedingungen für Auslandseinsätze der Bundes-
ehr sowie die finanzielle und sachliche Ausstattung der
undeswehr betreffen, nicht eingehen, obwohl auch
iese dringend nahe legen, sich nicht an dem vorgesehe-
en Mandat zu beteiligen.
Ich befürchte vor allem, dass die Beteiligung bewaff-
eter deutscher Streitkräfte am UNIFIL-Mandat letzt-
ndlich dazu führt, dass Deutschland ungewollt zur Kon-
liktpartei wird. Der deutsche Standpunkt, dass das
xistenzrecht Israels in sicheren Grenzen gewährleistet
erden muss und nicht verhandelbar ist, wird auch von
en arabischen Staaten akzeptiert und nicht als Hinde-
ungsgrund für gute Beziehungen zu Deutschland ange-
ehen. Die arabischen Staaten erkennen an, dass wir
uch für einen selbstständigen palästinensischen Staat
nd für einen fairen Frieden – zwischen allen Beteiligten –
m Nahen Osten eintreten. Unsere ausgleichende Ver-
ittlerrolle wird gewünscht und geschätzt.
Mit der Beteiligung am UNIFIL-Mandat geraten wir
n Gefahr, diese ausgleichende Vermittlerrolle zu verlie-
en, da wir jederzeit in bewaffnete Auseinandersetzun-
en hineingezogen werden können, in denen sich die
onfliktparteien wechselseitig die Schuld zuweisen. Ich
rkenne den guten Willen der Befürworter dieses Man-
ats an, aber ich bezweifele, dass dieses Mandat geeig-
et ist, zur Konfliktlösung beizutragen, zumal es an jeder
erspektive für eine Beseitigung der Konfliktursachen
ehlt. Es gibt zwar ein Einstiegsszenario für dieses
4888 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
Mandat, aber kein Szenario, wann das Ziel des Mandats
erreicht ist und damit beendet werden kann. Auch daher
ist das Mandat nicht geeignet, einen substanziellen Bei-
trag zu einer echten Konfliktlösung zu leisten.
Katharina Landgraf (CDU/CSU): Den Antrag der
Bundesregierung „Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an der United Nations Interim Force in
Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701
(2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom
11. August 2006“ (Bundestagsdrucksache 16/2572) lehne
ich ab.
Eine Erklärung zur Abstimmung ist nicht geeignet,
alle Gründe, die zu meinem Abstimmungsverhalten füh-
ren, detailliert darzulegen. Daher werde ich auf Fragen,
die die Gefährdung unserer Soldaten, die politischen
Rahmenbedingungen für Auslandseinsätze der Bundes-
wehr sowie die finanzielle und sachliche Ausstattung der
Bundeswehr betreffen, nicht eingehen, obwohl auch
diese dringend nahe legen, sich nicht an dem vorgesehe-
nen Mandat zu beteiligen.
Ich befürchte vor allem, dass die Beteiligung bewaff-
neter deutscher Streitkräfte am UNIFIL-Mandat letzt-
endlich dazu führt, dass Deutschland ungewollt zur
Konfliktpartei wird. Der deutsche Standpunkt, dass das
Existenzrecht Israels in sicheren Grenzen gewährleistet
werden muss und nicht verhandelbar ist, wird auch von
den arabischen Staaten akzeptiert und nicht als Hinde-
rungsgrund für gute Beziehungen zu Deutschland ange-
sehen. Die arabischen Staaten erkennen an, dass wir
auch für einen selbstständigen palästinensischen Staat
und für einen fairen Frieden – zwischen allen Beteilig-
ten – im Nahen Osten eintreten. Unsere ausgleichende
Vermittlerrolle wird gewünscht und geschätzt.
Mit der Beteiligung am UNIFIL-Mandat geraten wir
in Gefahr, diese ausgleichende Vermittlerrolle zu verlie-
ren, da wir jederzeit in bewaffnete Auseinandersetzun-
gen hineingezogen werden können, in denen sich die
Konfliktparteien wechselseitig die Schuld zuweisen. Ich
erkenne den guten Willen der Befürworter dieses Man-
dats an. Aber ich bezweifle, dass dieses Mandat geeignet
ist, zur Konfliktlösung beizutragen, zumal es an jeder
Perspektive für eine Beseitigung der Konfliktursachen
fehlt. Es gibt zwar ein Einstiegsszenario für dieses Man-
dat, aber kein Szenario, wann das Ziel des Mandats er-
reicht ist und es damit beendet werden kann. Auch daher
ist das Mandat nicht geeignet, einen substanziellen Bei-
trag zu einer echten Konfliktlösung zu leisten.
Lothar Mark (SPD): Nach 34 Tagen Krieg im Nahen
Osten und begleitet von den schrecklichen Bildern der
Folgen der Angriffe im israelisch-libanesischen Grenz-
gebiet und in Beirut war die internationale Völkerge-
meinschaft sehr erleichtert, dass die Waffen an der
Grenze zwischen Israel und dem Libanon wieder
schwiegen. Dauerhafter Friede und humanitäre Hilfe für
den Nahen Osten sind Anliegen, die jede Bürgerin und
jeder Bürger in Deutschland teilt. Die intensiven Ver-
mittlungsbemühungen von Bundesaußenminister Frank-
Walter Steinmeier haben in Deutschland wie in der übri-
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en Welt zu Recht große Anerkennung gefunden. Sie
tanden und stehen im Kontext der bisherigen deutschen
ußenpolitik, die sich eine hohe Reputation sowohl in
srael als auch in den arabischen Staaten erworben hat.
iese Reputation der Bundesrepublik beruht darauf,
ass die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten konti-
uierlich auf zuverlässige humanitäre Hilfe und diplo-
atische Initiativen gesetzt hat.
Die große Erleichterung über den nach langen und
chwierigen Verhandlungen erreichten Waffenstillstand
n der israelisch-libanesischen Grenze mag zunächst er-
lären, warum, auch in Deutschland, sehr schnell der
edanke auftrat, diesen Waffenstillstand zusätzlich mit
ilitärischen Mitteln zu sichern. Dieser Impuls unter-
tellt, Deutschland könnte sich „wie jede andere Nation“
Nahen Osten mit einem militärischen Beitrag enga-
ieren. Wie wenig Deutschland jedoch in der vermeintli-
hen „Normalität“ der Völkergemeinschaft angekommen
st und wir dies selbst angesichts unserer Geschichte zu
echt auch nicht so empfinden, hat bereits die Diskus-
ion über die Ausgestaltung eines deutschen militäri-
chen Engagements zur Sicherung dieses Waffenstill-
tandes gezeigt.
Die Bundesregierung versucht dem historischen Hin-
ergrund Deutschlands dadurch Rechnung zu tragen,
ass man den Einsatz von Bodentruppen ablehnt. Allein
it einem „robusten“ Engagement der Bundesmarine
oll ein – gleichwohl wesentlicher – Beitrag erbracht
erden. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass
eutschland aus guten Gründen im Nahen Osten keinen
ilitärischen Beitrag erbringen kann, „wie es andere Na-
ionen“ vermögen. Aber wird es Deutschland auch gelin-
en können, sich dauerhaft darauf zu berufen?
Die voraussichtliche Dauer des Mandates ist dabei ein
ndikator, warum die darauf gegründete Differenzierung
auerhaft nicht gelingen kann. Denn das Mandat wird
änger dauern müssen, als es der derzeitige Antrag der
undesregierung vorsieht. Dafür spricht bereits die Ge-
chichte der Konflikte im Nahen Osten, deren Ursachen
eit über das Jahr 1948 hinausgehen. Schon damit gerät
er Umfang der Maßnahme, wie sie jetzt beschlossen
erden soll, „auf eine schiefe Ebene“. Die zahlreichen
odesopfer der zurückliegenden UNIFIL-Mission im Li-
anon sind der zweite Grund für meine Skepsis. Wenn,
ie man deswegen leider nicht ausschließen kann, die
nderen Nationen im Rahmen der im August beschlosse-
en UNIFIL-Mission Todesopfer bei ihren Bodentrup-
en zu beklagen haben werden, wird Deutschland zu-
ehmend nicht mehr vermitteln können, warum es nicht
it gleichem Risiko wie die anderen Nationen beteiligt
st. Das, was aus guten Gründen vermieden werden
ollte, wird uns dann einholen können.
Gegen einen deutschen militärischen Beitrag spre-
hen zudem die sehr unterschiedlichen Erwartungen, die
ie Israelis einerseits, die arabischen Länder andererseits
amit verbinden. Das kann schnell dazu führen, dass wir
ei negativen Entwicklungen keinen konstruktiven Bei-
rag mehr zur Friedenssicherung in der Region leisten
önnen. Dies gilt umso mehr, wenn wir den Nahen und
en Mittleren Osten in der Dimension eines gemeinsa-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4889
(A) )
(B) )
men „größeren Magnetfeldes“ betrachten. Eine deutsche
Beteiligung an einem militärischen Einsatz im Nahen
Osten, wie sie die Bundesregierung vorsieht, halte ich
daher für nicht zielführend. Aus diesen sowie aus haus-
hälterischen Gründen kann ich dem Antrag der Bundes-
regierung nicht zustimmen.
Dr. Eva Möllring (CDU/CSU): Den Antrag der Bun-
desregierung „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit-
kräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon
(UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August
2006“ (Bundestagsdrucksache 16/2572) lehne ich ab.
Eine Erklärung zur Abstimmung ist nicht geeignet,
alle Gründe, die zu meinem Abstimmungsverhalten füh-
ren, detailliert darzulegen. So spielen Gefährdung unse-
rer Soldaten, die politischen Rahmenbedingungen für
Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie die finanzielle
und sachliche Ausstattung der Bundeswehr eine wich-
tige Rolle für meine Entscheidung.
Ich befürchte vor allem, dass die Beteiligung bewaff-
neter deutscher Streitkräfte am UNIFIL-Mandat letzt-
endlich dazu führt, dass Deutschland ungewollt zur
Konfliktpartei wird. Unsere ausgleichende Vermittler-
rolle wird gewünscht und geschätzt. Mit der Beteiligung
am UNIFIL-Mandat geraten wir in Gefahr, diese aus-
gleichende Vermittlerrolle zu verlieren, da wir jederzeit
in bewaffnete Auseinandersetzungen hineingezogen
werden können, in denen sich die Konfliktparteien
wechselseitig die Schuld zuweisen.
Ich erkenne den guten Willen der Befürworter dieses
Mandats an. Aber ich bezweifele, dass dieses Mandat
geeignet ist dauerhaft zur Konfliktlösung beizutragen,
zumal es nicht gleichzeitig eine Perspektive für eine Be-
seitigung der Konfliktursachen gibt. Es gibt zwar ein
Einstiegsszenario für dieses Mandat aber keine Aussicht,
wann das Ziel des Mandats erreicht ist und es damit be-
endet werden kann.
Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Ich werde dem
Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung der Bun-
deswehr an der UN-Mission im Libanon zustimmen. Der
Nahe Osten ist der für uns Deutsche und Europäer wich-
tigste Konfliktherd der Welt. Es liegt in unserem überra-
genden Interesse, alles zu tun, was eine nachhaltige poli-
tische Lösung ermöglicht.
Nach meiner Einschätzung ist jetzt ein militärischer
Einsatz notwendig, um ein sofortiges Wiederaufflam-
men des Konfliktes zu verhindern und eine politische
Lösung überhaupt zu ermöglichen. Hier treffe ich eine
andere Abwägung als die Mehrheit meiner Fraktion: Für
mich ist ein militärischer Einsatz eher hilfreich für eine
politische Lösung und nicht hinderlich. Dies ist für mich
das entscheidende Argument, einem Bundeswehreinsatz
zuzustimmen. Auch ich würde mir einige Details des
Einsatzkonzeptes anders wünschen. Insgesamt bin ich
aber davon überzeugt, dass die Bundeswehr hier einen
positiven Beitrag leisten kann.
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Klar ist aber auch: Der Militäreinsatz allein ist nicht
ie Lösung. Er schafft nur eine von mehreren Vorausset-
ungen für die erforderliche politische Lösung. Deshalb
uss als nächster Schritt eine umfassende diplomatische
nitiative in Gang gebracht werden. Die Bundesregie-
ung hat hierdurch die Beteiligung deutscher Soldaten
nd mit der Übernahme der Ratspräsidentschaft in der
uropäischen Union eine besondere Verantwortung. Ich
rwarte von der Bundesregierung, dieser Verantwortung
erecht zu werden. Nur dann kann dieser Einsatz sinn-
oll sein.
Henry Nitzsche (CDU/CSU): Den Antrag der Bun-
esregierung „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit-
räfte an der United Nations Interim Force in Lebanon
UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) des
icherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August
006“ (Bundestagsdrucksache 16/2572) lehne ich ab.
Eine Erklärung zur Abstimmung ist nicht geeignet,
lle Gründe, die zu meinem Abstimmungsverhalten füh-
en, detailliert darzulegen. Daher werde ich auf Fragen,
ie die Gefährdung unserer Soldaten, die politischen
ahmenbedingungen für Auslandseinsätze der Bundes-
ehr sowie die finanzielle und sachliche Ausstattung der
undeswehr betreffen, nicht eingehen, obwohl auch
iese dringend nahe legen, sich nicht an dem vorgesehe-
en Mandat zu beteiligen.
Ich befürchte vor allem, dass die Beteiligung bewaff-
eter deutscher Streitkräfte am UNIFIL-Mandat letzt-
ndlich dazu führt, dass Deutschland ungewollt zur
onfliktpartei wird. Der deutsche Standpunkt, dass das
xistenzrecht Israels in sicheren Grenzen gewährleistet
erden muss und nicht verhandelbar ist, wird auch von
en arabischen Staaten akzeptiert und nicht als Hinde-
ungsgrund für gute Beziehungen zu Deutschland ange-
ehen. Die arabischen Staaten erkennen an, dass wir
uch für einen selbstständigen palästinensischen Staat
nd für einen fairen Frieden – zwischen allen Beteiligten –
m Nahen Osten eintreten. Unsere ausgleichende Ver-
ittlerrolle wird gewünscht und geschätzt.
Mit der Beteiligung am UNIFIL-Mandat geraten wir
n Gefahr, diese ausgleichende Vermittlerrolle zu verlie-
en, da wir jederzeit in bewaffnete Auseinandersetzun-
en hineingezogen werden können, in denen sich die
onfliktparteien wechselseitig die Schuld zuweisen. Ich
rkenne den guten Willen der Befürworter dieses Man-
ats an, aber ich bezweifele, dass dieses Mandat geeig-
et ist, zur Konfliktlösung beizutragen, zumal es an jeder
erspektive für eine Beseitigung der Konfliktursachen
ehlt. Es gibt zwar ein Einstiegsszenario für dieses Man-
at, aber kein Szenario, wann das Ziel des Mandats er-
eicht ist und damit beendet werden kann. Auch daher ist
as Mandat nicht geeignet, einen substantiellen Beitrag
u einer echten Konfliktlösung zu leisten.
Michaela Noll (CDU/CSU): Den Antrag der Bundes-
egierung „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit-
räfte an der United Nations Interim Force in Lebanon
UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) des
4890 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August
2006“ (Bundestagsdrucksache 16/2572) lehne ich ab.
Eine Erklärung zur Abstimmung ist nicht geeignet,
alle Gründe, die zu meinem Abstimmungsverhalten füh-
ren, detailliert darzulegen. Daher werde ich auf Fragen,
die die Gefährdung unserer Soldaten, die politischen
Rahmenbedingungen für Auslandseinsätze der Bundes-
wehr sowie die finanzielle und sachliche Ausstattung der
Bundeswehr betreffen, nicht eingehen, obwohl auch
diese dringend nahe legen, sich nicht an dem vorgesehe-
nen Mandat zu beteiligen.
Ich befürchte vor allem, dass die Beteiligung bewaff-
neter deutscher Streitkräfte am UNIFIL-Mandat letzt-
endlich dazu führt, dass Deutschland ungewollt zur Kon-
fliktpartei wird. Der deutsche Standpunkt, dass das
Existenzrecht Israels in sicheren Grenzen gewährleistet
werden muss und nicht verhandelbar ist, wird auch von
den arabischen Staaten akzeptiert und nicht als Hinde-
rungsgrund für gute Beziehungen zu Deutschland ange-
sehen. Die arabischen Staaten erkennen an, dass wir
auch für einen selbstständigen palästinensischen Staat
und für einen fairen Frieden – zwischen allen Beteilig-
ten – im Nahen Osten eintreten. Unsere ausgleichende
Vermittlerrolle wird gewünscht und geschätzt.
Mit der Beteiligung am UNIFIL-Mandat geraten wir
in Gefahr, diese ausgleichende Vermittlerrolle zu verlie-
ren, da wir jederzeit in bewaffnete Auseinandersetzun-
gen hineingezogen werden können, in denen sich die
Konfliktparteien wechselseitig die Schuld zuweisen. Ich
erkenne den guten Willen der Befürworter dieses Man-
dats an. Aber ich bezweifele, dass dieses Mandat geeig-
net ist, zur Konfliktlösung beizutragen, zumal es an jeder
Perspektive für eine Beseitigung der Konfliktursachen
fehlt. Es gibt zwar ein Einstiegsszenario für dieses Man-
dat, aber kein Szenario, wann das Ziel des Mandats er-
reicht ist und es damit beendet werden kann. Auch daher
ist das Mandat nicht geeignet, einen substanziellen Bei-
trag zu einer echten Konfliktlösung zu leisten.
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Ich werde
dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung der
Bundeswehr an der UN-Mission im Libanon zustimmen.
Der Nahe Osten ist der schwerwiegendste Konfliktherd
der Welt. Es liegt in unserem überragenden Interesse, al-
les zu tun, was eine nachhaltige politische Lösung er-
möglicht. Nach meiner Einschätzung ist jetzt der UNIFIL-
Einsatz notwendig, um ein sofortiges Wideraufflammen
des Konfliktes zu verhindern und eine politische Lösung
überhaupt zu ermöglichen. Hier treffe ich eine andere
Abwägung als die Mehrheit meiner Fraktion: Für mich
ist ein militärischer Einsatz eher förderlich für eine poli-
tische Lösung und nicht hinderlich.
Im Übrigen gebietet es die historische Verantwortung
Deutschlands angesichts des Holocaust, dass wir das uns
Mögliche zur dauerhaften Sicherung des Staates Israel
beitragen, zumal uns Israel um unsere militärische Betei-
ligung am UNIFIL-Einsatz gebeten hat. Dies sind für
mich die entscheidenden Argumente, einem Bundes-
wehreinsatz zuzustimmen. Auch ich würde mir einige
Details des Einsatzkonzeptes anders wünschen. Insge-
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amt bin ich aber davon überzeugt, dass die Bundeswehr
ier einen positiven Beitrag leisten kann.
Klar ist aber auch: Der Militäreinsatz allein ist nicht
ie Lösung. Er eröffnet nur die Chance für die politische
ösung. Deshalb muss als nächster Schritt eine umfas-
ende diplomatische Initiative in Gang gebracht werden.
ie Bundesregierung hat hier durch die Beteiligung
eutscher Soldaten und mit der Übernahme der Ratsprä-
identschaft in der Europäischen Union eine besondere
erantwortung. Ich erwarte von der Bundesregierung,
ieser Verantwortung gerecht zu werden. Nur dann wird
ieser Einsatz erfolgreich sein.
Florian Pronold (SPD): Die Bundesrepublik
eutschland leistet mit ihren diplomatischen Bemühun-
en und auch mit finanziellen Hilfen einen wichtigen
eitrag zum Friedensprozess im Nahen Osten. Auch der
insatz der United Nations Interim Force in Lebanon
UNIFIL) hat zu Recht die volle politische Unterstüt-
ung der Bundesregierung. Grundbedingung für eine mi-
itärische Beteiligung an einem UN-Einsatz ist jedoch
ie absolute Neutralität gegenüber den Konfliktparteien.
m Falle Israels wird die Bundesrepublik Deutschland
ieser Neutralitätsanforderung aus historischen Gründen
icht gerecht. Die besondere Verantwortung Deutsch-
ands für das Existenzrecht Israels wird eine vollständig
eutrale Haltung im Ernstfall nicht zulassen. Auch die
on israelischer Seite formulierte Erwartungshaltung ge-
enüber Deutschland legt diese Interpretation nahe.
Die Bundesregierung hat erfreulicherweise klar ge-
acht, dass deutsche Soldaten lediglich zur Überwa-
hung der Gewässer vor dem Libanon eingesetzt werden
ollen. Diese Beschränkung ist richtig, kann jedoch letzt-
ich nicht zuverlässig ausschließen, dass die Bundeswehr
ls Teil der UNIFIL bei einem erneuten Aufflammen
on Kampfhandlungen tiefer in den Konflikt hineinge-
ogen wird, zumal angesichts der Lage im Libanon eine
erlängerung und Ausweitung des Mandats nicht un-
ahrscheinlich ist. Auch die Extremsituation einer be-
affneten Auseinandersetzung mit der israelischen Seite
äre dann denkbar. Eine solche Situation kann Deutsch-
and weder außen- noch innenpolitisch durchstehen.
elche Schwierigkeiten entstehen können, hat bereits
ie öffentliche Auseinandersetzung um die richtigen
ussagen von Heidemarie Wieczorek-Zeul zum Einsatz
on Streubomben im Rahmen des Konflikts gezeigt.
Aus diesen Gründen stimme ich dem Einsatz deut-
cher Truppen im Rahmen von UNIFIL nicht zu.
Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN): Eine Entschärfung des Konflikts zwischen
srael und dem Libanon liegt im elementaren Interesse
owohl der Region als auch Europas. Außerdem sind die
tärkung der Vereinten Nationen und eine Förderung
ultilateraler Konfliktprävention und Konfliktbewälti-
ung auf Grundlage des internationalen Rechts zentrale
iele der deutschen Außenpolitik. Deshalb ist die
tärkung des Mandates der UNIFIL im Grundsatz zu be-
rüßen, ebenso wie die zugesagte Unterstützung der
NIFIL durch unsere europäischen Partner. Bei den Be-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4891
(A) )
(B) )
mühungen um eine tragfähige Friedenslösung für die
Region muss sich die Bundesregierung aktiv einbringen.
Die Frage, über die wir heute im Bundestag abzustim-
men haben, ist aber, ob es richtig ist, dass sich deutsche
Soldaten an dem militärischen Auftrag der UNIFIL be-
teiligen. Wenn der Deutschen Bundestag mit seiner
Mehrheit heute einen Einsatz der Bundeswehr vor der
Küste des Libanons beschließt, gibt es dafür gute
Gründe. Dennoch kann ich dem Einsatzmandat in der
vorliegenden Form nicht zustimmen, weil aus meiner
Sicht gewichtige Bedenken an dem Einsatz nicht ausge-
räumt sind.
Eine dauerhafte Lösung des Konflikts zwischen dem
Libanon und Israel ist nur mit politischen und diplomati-
schen Mitteln möglich. Hierzu bedarf es glaubwürdiger
Vermittler, die wie die Bundesrepublik bei allen
Konfliktparteien Vertrauen genießen. Auf diesem Gebiet
kann und muss Deutschland einen wichtigen Beitrag
leisten. Eine effektive Vermittlerrolle der Bundesrepu-
blik setzt aber voraus, dass Deutschland von den Betei-
ligten nicht selbst als Konfliktpartei wahrgenommen
wird. Genau dies droht jedoch durch die deutsche Teil-
nahme an dem UNIFIL-Einsatz. Können wir Deutsche
in dieser Situation überhaupt neutral sein? Aus der deut-
schen Geschichte ergibt sich eine besondere Verantwor-
tung der Bundesrepublik für das Existenzrecht und die
Sicherheit des Staates Israel. Aus dieser Tatsache folgt
ein erhöhtes Misstrauen in Teilen der libanesischen Ge-
sellschaft, das zum Beispiel in der scharfen Kritik zum
Ausdruck kam, die der libanesische Außenminister
Salluch am Sonntag an Äußerungen von Bundeskanzle-
rin Merkel zur besonderen Verantwortung Deutschlands
für die Sicherheit Israels geübt hat.
Eine nachhaltige Befriedung des Verhältnisses zwi-
schen Israel und dem Libanon wird zudem nur bei
gleichzeitiger Verstärkung der diplomatischen Bemü-
hungen um eine Lösung der anderen drängenden
Konflikte in der Region möglich sein. Dabei geht es um
gesicherte Grenzen für Israel, eine Zwei-Staaten-Lösung
zwischen Israel und Palästina, eine Entspannung der
Beziehungen zwischen Israel und Syrien und um eine
friedliche Beilegung des Konflikts um das iranische
Atomprogramm. In diesen Fragen ist bislang aber weder
ein hinreichender politischer Wille noch ein belastbarer
Konsens der internationalen Staatengemeinschaft er-
kennbar. Insbesondere schwelt der Streit um das irani-
sche Atomprogramm. Deshalb besteht die von Deutsch-
land und der Europäischen Union kaum beeinflussbare
Gefahr einer militärischen Eskalation des Irankonflikts
mit unabsehbaren Folgen für die Region und erheblichen
Risiken für die Sicherheit der Soldaten der UNIFIL.
Schließlich mangelt es dem Mandat an einer klaren
„Exit strategy“. Es ist nicht klar definiert, unter welchen
Bedingungen der Einsatz als erfolgreich abgeschlossen
noch wann er als gescheitert anzusehen ist. Ohne solche
Kriterien besteht aber die Gefahr, dass der Einsatz auf
unbestimmte Zeit andauert oder dass die UNIFIL bei ei-
ner Eskalation tiefer in den Konflikt hineingezogen wird
als heute absehbar.
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Dr. Rainer Stinner (FDP): Ich werde dem Antrag
er Bundesregierung zur Beteiligung der Bundeswehr an
er UN-Mission im Libanon zustimmen.
Der Nahe Osten ist der für uns Deutsche und Euro-
äer wichtigste Konfliktherd der Welt. Es liegt in unse-
em überragenden Interesse, alles zu tun, was eine nach-
altige politische Lösung ermöglicht. Nach meiner
inschätzung ist jetzt ein militärischer Einsatz notwen-
ig, um ein sofortiges Wiederaufflammen des Konfliktes
u verhindern und eine politische Lösung überhaupt zu
rmöglichen. Hier treffe ich eine andere Abwägung als
ie Mehrheit meiner Fraktion: Für mich ist ein militäri-
cher Einsatz eher hilfreich für eine politische Lösung
nd nicht hinderlich. Dies ist für mich das entscheidende
rgument, einem Bundeswehreinsatz zuzustimmen. Auch
ch würde mir einige Details des Einsatzkonzeptes an-
ers wünschen. Insgesamt bin ich aber davon überzeugt,
ass die Bundeswehr hier einen positiven Beitrag leisten
ann.
Klar ist aber auch: Der Militäreinsatz allein ist nicht
ie Lösung. Er schafft nur die Voraussetzung für die
olitische Lösung. Deshalb muss als nächster Schritt
ine umfassende diplomatische Initiative in Gang ge-
racht werden. Die Bundesregierung hat hier durch die
eteiligung deutscher Soldaten und mit der Übernahme
er Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union eine
esondere Verantwortung. Ich erwarte von der Bundes-
egierung, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Nur
ann kann dieser Einsatz sinnvoll sein.
Florian Toncar (FDP): Die kriegerischen Auseinan-
ersetzungen zwischen der schiitischen Hisbollah-Miliz
nd Israel haben großes Leid über alle Beteiligten, ins-
esondere die in der Region lebende Zivilbevölkerung,
ebracht. Diese jüngste Eskalation der Gewalt muss im
usammenhang mit dem gesamten fortbestehenden
ahost-Konflikt betrachtet werden. Daher ist es wichtig,
ass auf Vermittlung der Vereinten Nationen ein Waffen-
tillstandsabkommen zwischen den Konfliktparteien
usgehandelt wurde, das eine unabdingbare Vorausset-
ung für die Entwicklung hin zu einem dauerhaften Frie-
en in der gesamten Region ist.
Deutschland muss seiner historischen Verantwortung
egenüber den Menschen im Nahen Osten gerecht wer-
en und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
ie Schaffung einer gerechten, allseits akzeptierten Frie-
enslösung unterstützen. Ferner hat Deutschland auch
in unmittelbares sicherheitspolitisches Interesse an ei-
er Befriedung in dieser Nachbarregion Europas und
uss sich daher mit großem Engagement für eine Ent-
pannung einsetzen.
Allerdings gebietet unsere Verantwortung nicht
wangsläufig, diese durch einen militärischen Beitrag
um Friedensprozess auszuüben.
Zum einen ist die Wirksamkeit der dem Bundeswehr-
insatz zugrunde liegenden Resolution 1701 (2006) des
icherheitsrates der Vereinten Nationen ungewiss. So
ind die Voraussetzungen für die Unterbindung des
affenschmuggels, um eine Wiederbewaffnung der
isbollah-Miliz zu verhindern, nicht gegeben, solange
4892 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
keine Pläne für eine effektive Überwachung der land-
seitigen Grenzen des Libanon vorliegen. So ergibt ein
Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste
wenig Sinn. Außerdem ist die grundsätzliche Frage der
Entwaffnung der Hisbollah noch offen. Nicht nur ist un-
klar, in welchem Zeitrahmen und unter welchen Umstän-
den eine solche Entwaffnung stattfinden kann. Es
scheint auch fraglich, ob die libanesischen Streitkräfte in
der Lage sind, auch gegen den Willen der Hisbollah-
Miliz deren Entwaffnung durchzuführen. Die zu ent-
waffnende Hisbollah-Miliz wird in der Resolution 1701
nicht einmal namentlich erwähnt.
Ein aus historischer Perspektive für Deutschland sen-
sibles Problem besteht zudem darin, dass selbst auf See
nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, dass
deutsche Soldaten in bestimmten Situationen möglicher-
weise auf israelische Streitkräfte schießen – und sei es
auch nur infolge eines Versehens.
Das für mich entscheidende Argument, gegen den
vorliegenden Antrag zu stimmen, ist, dass Deutschland
Gefahr läuft, das Vertrauen, das es bei allen Konfliktpar-
teien der Region genießt, zu verlieren. Im Unterschied
zu vielen anderen Staaten, die häufig von einer der
Konfliktparteien als parteiisch wahrgenommen werden,
verfügt Deutschland bisher über eine allseits hohe Ak-
zeptanz und wird als Vermittler mit guten Kontakten zu
allen Beteiligten allgemein anerkannt. Der von der Bun-
desregierung beantragte Einsatz bewaffneter Kräfte in
der Region birgt zumindest die Gefahr, dieses politische
Kapital zu verlieren. Deutschland hat mehr zur Beile-
gung dieses Konflikts beizutragen als Soldaten. Es sollte
vom Einsatz bewaffneter Kräfte in der jetzigen Form ab-
sehen, um seinen politischen Handlungsspielraum zu be-
wahren. Vielmehr sollte Deutschland sich im Verhand-
lungsprozess für eine dauerhafte Friedenslösung als
ehrlicher Vermittler anbieten.
Dieser Verhandlungsprozess sollte – wie von der FDP
bereits seit Jahren vergeblich vorgeschlagen – entspre-
chend den Erfahrungen mit dem KSZE-Prozess als
KSZNO für die Nahostregion institutionalisiert werden.
Dies voranzubringen, ist der wichtigste Beitrag, den die
Bundesrepublik zum Frieden in Nahost leisten kann.
Aus den geschilderten Gründen werde ich den Antrag
ablehnen.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen der
Abgeordneten Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 16/2584, Fragen 1 und 2):
Will der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie,
Michael Glos, gegen den Beschluss von ARD und ZDF, vom
1. Januar 2007 für Computer und Handys mit Internetzugang
eine Monatsgebühr von 5,52 Euro durch die GEZ erheben zu
lassen, etwas unternehmen und gegebenenfalls was?
Hält es der Bundesminister für Wirtschaft und Technolo-
gie, Michael Glos, für gerechtfertigt, dass Selbstständige nach
der neuen Regelung auch für ihren gewerblich genutzten
Computer die neue Gebühr zahlen müssen, und wie gedenkt
er gegebenenfalls auf die Entscheidung der Rundfunkkom-
mission der Länder einzuwirken, um die Gebühr abzuwehren?
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u Frage 1:
Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
ieht ungeachtet der Tatsache, dass die Regelung der
undfunkgebühren Sache der Länder ist, Belastungen
ür die Wirtschaft. Dies gilt in besonderem Maße für
leine Betriebe, wie Handwerker und auch für die freien
erufe. Er hat in dieser Angelegenheit den Vorsitzenden
er Rundfunkkommission der Länder, Herrn Minister-
räsidenten Kurt Beck angeschrieben und im Zusam-
enhang mit den Belastungen für die Wirtschaft um
ine sachgerechte Lösung in dieser Angelegenheit gebe-
en. Im Übrigen unterstützt der Bundesminister für Wirt-
chaft und Technologie das Anliegen des Beauftragten
ür Kultur und Medien, das bis zum 31. Dezember 2006
eltende Moratorium bis 2009 zu verlängern.
u Frage 2:
Der Bundesminister für Wirtschaft hat in dem in
rage l genannten Schreiben an den Vorsitzenden der
undfunkkommission der Länder auch offene Fragen
er Umsetzung der Regelung angesprochen. Es wird im
brigen auf die Frage l verwiesen.
nlage 6
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage
er Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
Drucksache 16/2584, Frage 4):
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass die Ar-
beit gegen Rechtsextremismus kontinuierlich weitergeführt
werden muss und deshalb eine Verlängerung des Programms
CIVITAS sinnvoll ist, und sieht die Bundesregierung die Not-
wendigkeit, den Kampf gegen Rechtsextremismus und Frem-
denhass materiell, finanziell und personell zu stärken?
Die Bundesregierung hat in den Antworten zu den
leinen Anfragen der Partei Die Linke „Bewertung, Um-
etzungsstand und Zukunft der Bundesprogramme zur
ekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlich-
eit, Antisemitismus und Gewalt“, Bundestagsdruck-
ache 16/1113, sowie „Erhalt von Beratungsstellen gegen
echtsextremismus“, Bundestagsdrucksache 16/1632, ihre
uffassungen zur Bewertung der Gefahren durch den
echtsextremismus und der Notwendigkeit der Fortfüh-
ung von Programmen gegen Rechtsextremismus darge-
egt.
Die Koalitionsvereinbarung setzt danach auf die Fort-
etzung und Verstetigung des Einsatzes der Jugendpoli-
ik für Demokratie und Toleranz. Ziel ist, Verständnis für
ie gemeinsamen Grundwerte und kulturelle Vielfalt zu
ntwickeln, Achtung der Menschenwürde zu fördern
nd jede Form von Extremismus, besonders jedoch den
echtsextremismus, zu bekämpfen.
Genau das sieht die neue Programmstruktur „Jugend
ür Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechts-
xtremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitis-
us“ in ihren verschiedenen Elementen vor. Dabei geht
s um den Aufbau lokaler Netzwerke, die Unterstützung
on Modellprojekten und die Umsetzung geeigneter
ommunikationskonzepte.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4893
(A) )
(B) )
Das neue Programm, das auf Dauer angelegt ist,
wurde in enger Abstimmung mit den Ländern, den Bun-
desressorts, dem Parlament und gesellschaftlichen Grup-
pen erarbeitet. Ein Schwerpunkt wird die Förderung
Lokaler Aktionspläne auf der Ebene der Kommunen
sein. Diese sollen Anstöße für die Entwicklung zivilge-
sellschaftlicher Initiativen auf der Ebene der kommuna-
len Gebietskörperschaften geben.
Die Unteraufteilung in CIVITAS, ENTIMON und
XENOS wird es nicht mehr geben. Stattdessen wird es
ein geschlossenes Gesamtkonzept geben.
Anders als von der alten Bundesregierung geplant, ist
nach den Haushaltsanmeldungen des Bundesfamilien-
ministeriums für 2007 keinerlei Kürzung vorgesehen
(geplant war eine „Abschmelzung“ in 2007 auf 17 Mil-
lionen Euro). Beabsichtigt ist, dass wiederum wie in
2006 19 Millionen Euro zur Verfügung stehen und auch
anders als von der alten Bundesregierung geplant jetzt
dauerhaft verstetigt werden.
Zum 1. Januar 2007 wird das neue Programm mit
ausgewählten Projekten starten. Parallel dazu werden für
eine Übergangszeit von einem halben Jahr die so ge-
nannten Strukturprojekte aus dem Programm CIVITAS
weiter finanziert. Mit dieser Nachlaufzeit von sechs Mo-
naten stellen wir sicher, dass die Strukturen vor Ort er-
halten bleiben. Die Kompetenzen vor Ort sind damit ge-
sichert und können damit auch für das neue Programm
genutzt werden.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/2584, Frage 5):
Welche Auswirkungen werden Veränderungen bei den
Haushaltstiteln (CIVITAS, ENTIMON) im Bundesministe-
rium für Familie, Senioren Frauen und Jugend auf die Träger-
landschaft bei zivilgesellschaftlichen Initiativen und Projek-
ten gegen den Rechtsextremismus haben?
Die Bundesregierung hat stets deutlich gemacht, dass
der Bund durch die Programme CIVITAS und
ENTIMON im Rahmen ihrer Anregungsfunktion tätig
wird. Die Programme waren als Teil eines Bundesmo-
dellprogramms zeitlich befristet und laufen daher plan-
mäßig zum 31. Dezember 2006 aus. Die Bundesregie-
rung geht davon aus, dass die Länder und Kommunen
die bisher für die Kofinanzierung bereitgestellten Mittel
weiterhin zur Verfügung stellen oder erweitern. Es liegt
in der Verantwortung vor Ort, die Anregungen des Bun-
des aufzugreifen und konstruktiv fortzuführen.
Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass im Rah-
men einer Follow-up-Untersuchung 80 Prozent aller ge-
förderten Träger im Programm ENTIMON angegeben
haben, ihre Kooperationen und die aufgebauten Vernet-
zungsstrukturen nach Auslaufen der Bundesförderung
weiterhin für unterschiedliche Formen der Zusammen-
arbeit im Sinne des Programms aufrechtzuhalten. Da-
rüber hinaus entstand aus jedem CIVITAS-geförderten
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rojekt mindestens ein Nachfolgeprojekt mit Bezug zu
en Programminhalten des Programms CIVITAS. Damit
st die Grundintention des Aktionsprogramms, nachhal-
ig zivilgesellschaftliche Strukturen im Gemeinwesen in
en neuen Bundesländern aufzubauen, zu stärken, zu
ernetzen und modellhaft weiterzuentwickeln, umge-
etzt worden.
Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist und
leibt jedoch eine Daueraufgabe. Es ist nicht vorgese-
en, die Förderung von Projekten gegen Rechtsextremis-
us einzustellen, wie in den vergangenen Tagen verbrei-
et wurde. Vielmehr arbeiten wir schon seit Monaten an
inem neuen Programm, das noch wirkungsvoller sein
ird und dessen Konzept wir breit in der Öffentlichkeit
iskutiert haben. Das neue, auf Dauer angelegte Pro-
ramm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie –
egen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
ntisemitismus“ startet Anfang 2007. Für das Pro-
ramm sollen pro Jahr 19 Millionen Euro Bundesmittel
ingesetzt werden.
Zum 1. Januar 2007 wird das neue Programm mit
usgewählten Projekten starten. Parallel dazu werden für
ine Übergangszeit von einem halben Jahr die so ge-
annten Strukturprojekte aus dem Programm CIVITAS
eiter finanziert. Mit dieser Nachlaufzeit von sechs Mo-
aten stellen wir sicher, dass die Strukturen vor Ort er-
alten bleiben. Die Kompetenzen vor Ort sind damit ge-
ichert und können damit auch für das neue Programm
enutzt werden.
nlage 8
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Christoph Bergner auf die Frage
er Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN) (Drucksache 16/2584, Frage 9):
Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Entwick-
lung im rechtsextremistischen Spektrum?
Das Spektrum des Rechtsextremismus unterteilt sich
n drei große Bereiche. Bei den rechtsextremistischen
arteien hat sich die „Nationaldemokratische Partei
eutschlands“ (NPD) zu einem Kristallisationspunkt für
ersuche zur Einigung des rechtsextremistischen Lagers
ntwickelt. Sie propagiert die Schaffung einer „deut-
chen Volksfront“. Es ist ihr dadurch vorerst gelungen,
owohl Neonazis als auch parteigebundene und parteiun-
bhängige Kräfte des rechtsextremistischen Lagers in ihr
Volksfront“-Konzept einzubinden. Nach der Landtags-
ahl im Jahre 2004 in Sachsen, bei der die Partei
,2 Prozent der Stimmen erhielt, gelang der NPD bei der
andtagswahl am 17. September 2006 im Mecklenburg-
orpommern erneut der Einzug in ein Landesparlament.
ie Bedeutung der „Deutschen Volksunion“ (DVU) und
er Partei „Die Republikaner“ (REP) ist im Vergleich
ur NPD gesunken.
Die Zahl der Neonazis ist 2005 auf 4 100 (2004:
800) gestiegen. Die Neonazis sind überwiegend in den
und 160 Kameradschaften organisiert. Zur Koordinie-
ung dieser Kameradschaften bildeten sich innerhalb der
4894 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
Neonazi-Szene locker strukturierte Zusammenschlüsse,
die von den Neonazis meist als „Aktionsbüro“ oder „Ak-
tionsbündnis“ bezeichnet werden. Die aktionistische
Strategie der Neonazis, möglichst viele Demonstrationen
zu organisieren, führt zu einer gewissen Präsenz in der
Öffentlichkeit. Die Zahl der Neonazi-Demonstrationen
stieg von 87 im Jahr 2004 auf 130 im Jahr 2005.
Der weitaus größte Teil der rechtsextremistischen
Szene lehnt gewaltbejahende Strategien zur politischen
Zielerreichung derzeit ab. Es existieren aber ausgespro-
chen gewaltbereite Teile innerhalb der rechtsextremisti-
schen Szene. Hierbei handelt es sich überwiegend um
rechtsextremistische Skinheads. Ihre Musik ist unverän-
dert ein wesentlicher identitätsstiftender Faktor dieser
subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene, die
im Jahr 2005 etwa auf 10 400 Personen (2004: 10 000)
angestiegen ist.
Anlage 9
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Karin Roth auf die Fragen des
Abgeordneten Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 16/2584, Fragen 10 und 11):
Wie verbindlich ist die Vereinbarung zwischen der tsche-
chischen und bundesdeutschen Regierung, von der Medien im
August dieses Jahres („die tageszeitung“ vom 28. August
2006) berichteten, dass die deutsche Seite an der Ober- und
Mittelelbe eine bestimmte Mindestfahrrinnentiefe gewährleis-
tet und eine Staustufe in Tschechien unterstützt?
Wie lautet die Vereinbarung im Hinblick auf diese beiden
Inhalte wörtlich, und wie kann die Öffentlichkeit auf sie zu-
greifen?
Zu Frage 10:
Bei der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung sowie vom Ministerium für Verkehr
der Tschechischen Republik unterzeichneten „Gemein-
samen Absichtserklärung über die Zusammenarbeit und
die verkehrlichen Ziele und Maßnahmen für die Elbe-
Wasserstraße bis zur Staustufe Geesthacht bei Hamburg“
vom 31. Juli 2006 handelt es sich nicht um einen völker-
rechtlich verbindlichen Vertrag. In der Absichtserklä-
rung bekunden beide Ministerien den Wunsch, die Be-
dingungen für wirtschaftliche Schiffsverkehre auf der
Elbe zu stabilisieren bzw. zu verbessern. Seitens des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung wurde dabei erklärt, dass für den deutschen Elbeab-
schnitt die innerhalb der Bundesregierung abgestimmten
verkehrspolitischen Ziele – Herstellung des Status quo
der Schifffahrtsverhältnisse vor dem Hochwasser vom
August 2002, das heißt Fahrrinnentiefen von 1,60 Meter
zwischen Geesthacht und Dresden und von 1,50 Meter
zwischen Dresden und der Grenze zur Tschechischen
Republik an durchschnittlich 345 Tagen im Jahr, bei ab-
schnittsweise eingeschränkten Fahrrinnenbreiten – durch
Unterhaltungsmaßnahmen bis 2010 wieder erreicht und
danach erhalten werden sollen.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung hat sich zu der in der Souveränität der
Tschechischen Republik liegenden und erklärten Ab-
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icht, eine Staustufe im Raum Tetschen/Decin zu bauen,
icht unterstützend geäußert, sondern dies zur Kenntnis
enommen.
u Frage 11:
Den Mitgliedern des Ausschusses für Verkehr, Bau
nd Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages
urde die Gemeinsame Absichtserklärung am 11. Sep-
ember 2006 zur Kenntnis zugeleitet. Der Öffentlichkeit
teht es frei, auf der Grundlage des Informationsfrei-
eitsgesetzes Auskunft über den Inhalt der Erklärung
eim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-
icklung zu beantragen.
nlage 10
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Karin Roth auf die Frage der
bgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN) (Drucksache 16/2584, Frage 12):
Stimmt die Bundesregierung der in der Presse („Der Tages-
spiegel“ und „Potsdamer Neueste Nachrichten“ vom 22. Au-
gust 2006) zitierten Einschätzung des zuständigen Bereichs-
leiters der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz,
Hans Moser, zu, dass ein Planungs- oder Baustopp für den
Ausbau der Havel (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17)
für die Einholung zusätzlicher Expertise nicht gerechtfertigt
sei, obwohl Studien über Klimaveränderungen in Branden-
burg, in deren Ergebnis die Wissenschaftler die Politik ein-
dringlich auf den akuten Handlungsbedarf hinweisen, im Pla-
nungsverfahren keine Berücksichtigung fanden?
Das Thema „Klimaveränderungen“ wurde über Ein-
endungen und Stellungnahmen in die laufenden Plan-
eststellungsverfahren zum Ausbau der Unteren-Havel-
asserstraße, welche im Rahmen des Verkehrsprojekts
eutsche Einheit Nr. 17 zu Wasserstraßenklasse Vb aus-
ebaut wird, eingebracht. Es wurde in den Planfeststel-
ungsverfahren zum Gegenstand der Erörterung gemacht
nd ausführlich behandelt. Die abschließende Prüfung
nd Entscheidung dieses Themas erfolgt durch die unab-
ängige Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungs-
eschluss.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
erichts ist wesentlicher Bestandteil des rechtsstaatli-
hen Planfeststellungsverfahrens, dass die Planfeststel-
ungsbehörde unabhängig handelt und sich keiner
influssnahme aussetzen darf. Insofern kann es keine
einungsäußerung der Bundesregierung zu dieser Frage
eben.
nlage 11
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Astrid Klug auf die Fragen des
bgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN) (Drucksache 16/2584, Fragen 16 und 17):
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Erlaubnis zum Wei-
terbetrieb der in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke an
die gleichen Bedingungen zu knüpfen, die die schwedische
Regierung für die Wiederinbetriebnahme der schwedischen
Atomreaktoren Forsmark 1 und 2 geknüpft hat?
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4895
(A) )
(B) )
Kann die Bundesregierung ausschließen, dass in deut-
schen Atomreaktoren wie in Schweden seitens der Vattenfall-
Tochter „Forsmark Kraftgrupp“ geschehen, sicherheitsrele-
vante Umbauten vorgenommen wurden, ohne dass die Auf-
sichtsbehörden darüber informiert wurden?
Zu Frage 16:
Die deutschen Atomkraftwerke benötigen keine Er-
laubnis zum Weiterbetrieb. Aufgabe der Atomaufsicht
ist es zu prüfen, ob ein Zustand besteht, aus dem sich
Gefahren ergeben können und deshalb aufsichtliche Ab-
hilfemaßnahmen wie zum Beispiel Sonderuntersuchun-
gen oder Betriebseinstellungen vorgenommen werden
müssen. Bei den bisherigen, aufgrund des Forsmark-Er-
eignisses, durchgeführten Überprüfungen der deutschen
Atomaufsicht wurden bislang keine Sicherheitsmängel
festgestellt, die eine Einstellung des Betriebs von deut-
schen Anlagen erfordert hätten.
Die schwedische Atomaufsicht hat aufgrund der im
Kernkraftwerk Forsmark 1 vorliegenden technischen
Defizite in der Stromversorgung eine Reihe von Forde-
rungen für die Wiederinbetriebnahme der Reaktoren
Forsmark l und 2 aufgestellt. Da sich die technische
Ausführung deutscher Anlagen von Forsmark 1 unter-
scheidet, sind die Forderungen der schwedischen Auf-
sichtsbehörde nicht 1 : 1 auf deutsche Anlagen anwend-
bar. Anders als in Forsmark erfolgt der Start und Betrieb
der Notstromdiesel nach heutigem Kenntnisstand bei al-
len deutschen Anlagen – bis auf das Atomkraftwerk
Brunsbüttel – unabhängig von den so genannten Wech-
selrichtern, die in Forsmark ausgefallen waren. Auch im
Kernkraftwerk Brunsbüttel unterscheidet sich die techni-
sche Detailausführung wesentlich von der bei Forsmark 1.
Eine direkte Vergleichbarkeit mit dem Ereignis in Fors-
mark 1 ist somit nicht gegeben. Die deutsche Atomauf-
sicht wird die Relevanz der von der schwedischen Atom-
aufsicht für Forsmark geforderten Maßnahmen im
Rahmen einer „Sonderprüfung“ der Notstromversorgung
der deutschen Anlagen prüfen und gegebenenfalls Maß-
nahmen ergreifen. Diese Sonderprüfung wird zurzeit mit
den Ländern abgestimmt.
Zu Frage 17:
Sicherheitsrelevante Veränderungen eines Atomkraft-
werks oder seines Betriebs sind grundsätzlich wesentli-
che und damit genehmigungspflichtige Veränderungen.
Nicht genehmigte Umbauten wären strafbar. Daten,
Grenzwerte und Maßnahmen, die für den sicheren Be-
trieb von Bedeutung, aber nicht als „wesentlich“ einzu-
stufen sind, dürfen nach den Genehmigungen nur mit
Zustimmung der zuständigen Atomaufsichtsbehörde
oder der behördlichen Sachverständigen festgelegt oder
geändert werden.
Inwiefern gewährleistet ist, dass die im Fall Forsmark
relevanten Überspannungsschutzeinstellungen bestimm-
ter elektrischer Einrichtungen nicht allein in Verantwor-
tung der Betreiber eingestellt oder verändert werden,
hängt von der jeweiligen Behandlung dieser Problematik
in den Genehmigungen, dem Betriebsreglement und den
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ehördlichen Festlegungen ab. Die hohe Sicherheitsrele-
anz der Schutzeinstellungen der Wechselrichter ist bei
er Anlage Forsmark 1 erst durch das Ereignis bewusst
eworden. Dieser Sachverhalt bedarf auch für die deut-
chen Anlagen der gründlichen Prüfung. Die von der
undesaufsicht eingeleitete „Sonderprüfung“ der Not-
tromsysteme der deutschen Kernkraftwerke wird auch
ie Einstellwerte behandeln.
nlage 12
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Astrid Klug auf die Fragen der
bgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN) (Drucksache 16/2584, Fragen 19 und 20):
Ist der Bundesregierung bekannt, ob nach der Übernahme
des Dualen Systems Deutschland (DSD) durch den Finanzin-
vestor Kohlberg Kravis Roberts; Co (KKR) die vom DSD für
den Fall einer Einstellung des Systembetriebes gebildeten
Rückstellungen in Höhe von mehreren hundert Millionen
Euro durch den neuen Besitzer entnommen wurden, und teilt
die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Entnahme die-
ser Rückstellungen rechtswidrig wäre?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass diese Gel-
der entweder für die ordnungsgemäße Rücknahme und Ver-
wertung von Verpackungen eingesetzt werden oder an die
Verbraucher zurückgegeben werden müssen, und plant die
Bundesregierung gegebenenfalls Maßnahmen, damit dies jetzt
und in Zukunft sichergestellt ist?
u Frage 19:
Die beim DSD zum 31. Dezember 2004 gebildeten
ückstellungen in Höhe von 883 Millionen Euro (davon
41,2 Millionen Euro für Entsorgungskosten) haben sich
ach Angaben des DSD zum 31. Dezember 2005 auf
69 Millionen Euro (davon 211 Millionen Euro für Ent-
orgungskosten) reduziert. DSD rechtfertigt dies mit ge-
unkenen Marktanteilen von DSD und hat dementspre-
hende Wirtschaftsprüfertestate vorgelegt. Die Frage der
estlegung von Rückstellungen ist Gegenstand des Frei-
tellungsbescheides für ein System nach § 6 Abs. 3 Ver-
ackungsverordnung. Es ist allein Sache der zuständigen
ehörden der Länder, die notwendigen Prüfungen durch-
uführen. Die Bundesregierung verweist auf die noch
usstehende Antwort der Landesregierung Nordrhein-
estfalen auf die zum gleichen Thema gestellte Kleine
nfrage in Nordrhein-Westfalen.
u Frage 20:
Die KKR hat DSD mit allen Rechten und Pflichten
rworben. Lizenzgelder an das DSD wurden nur von den
ach der Verpackungsverordnung (VerpackV) verpflich-
eten Herstellern und Vertreibern von Verkaufsverpa-
kungen entrichtet. Einen Anspruch auf Teilhabe an auf-
elösten Rückstellungen können damit auch nur diese
erpflichteten Hersteller und Vertreiber von Verkaufs-
erpackungen erheben. Diesen sind die aufgelösten
ückstellungen in Höhe von 314 Millionen Euro nach
ngaben von DSD auch zugeflossen. Die Bundesregie-
ung sieht keine Veranlassung für weitere Maßnahmen.
4896 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
(A) )
(B) )
Anlage 13
Antwort
des Staatsministers bei der Bundeskanzlerin Bernd
Neumann auf die Fragen des Abgeordneten Hans-
Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) (Drucksache 16/2584,
Fragen 21 und 22):
Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung bisher
unternommen, um das im Koalitionsvertrag angekündigte
„sichtbare Zeichen“ (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU,
SPD, 11. November 2005, Seite 114) gegen das Unrecht von
Vertreibungen zu setzen, bzw. welche Schritte plant sie bis
wann?
Plant die Bundesregierung neben der Ausstellung „Flucht,
Vertreibung, Integration“ des Deutschen Historischen Mu-
seums auch Inhalte der Ausstellung „Erzwungene Wege“ des
Zentrums gegen Vertreibungen zu einem „Herzstück für künf-
tiges Gedenken an Vertreibung“ (Pressemitteilung des Beauf-
tragten für Kultur und Medien vom 18. Mai 2006) zu ma-
chen?
Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass im Geist
der Versöhnung in Verbindung mit dem Europäischen
Netzwerk Erinnerung und Solidarität auch in Berlin ein
sichtbares Zeichen errichtet werden soll, um an das Un-
recht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für
immer zu ächten.
In den vergangenen Monaten wurden die konzeptio-
nellen Eckpunkte des sichtbaren Zeichens erarbeitet. Da-
bei sind die Aspekte Dokumentation, Vernetzung und
Versöhnung von herausgehobener Bedeutung. Die Aus-
gestaltung des sichtbaren Zeichens erfolgt unter Leitung
und Verantwortung des Staatsministers für Kultur und
Medien. Gesellschaftliche Initiativen, insbesondere aus
der betroffenen Gruppe der Vertriebenen, werden einbe-
zogen. Die Verantwortung und Federführung für das
sichtbare Zeichen verbleibt jedoch allein bei der Bundes-
regierung. Die am Europäischen Netzwerk Erinnerung
und Solidarität beteiligten Länder hat der Staatsminister
für Kultur und Medien zur Mitarbeit eingeladen. Die
vom Bonner Haus der Geschichte verantwortete Ausstel-
lung „Flucht Vertreibung, Integration“ soll ein Aus-
gangspunkt des sichtbaren Zeichens sein. Der europäi-
sche Aspekt, der in der Ausstellung „Erzwungene Wege“
im Mittelpunkt steht, wird darin einbezogen. Wir wollen
für dieses Konzept auch unsere Partner im Europäischen
Netzwerk gewinnen, insbesondere unsere polnischen
Nachbarn. Es wird in Berlin ein Dokumentationsort ent-
stehen, an dem Flucht und Vertreibung aufgearbeitet und
politische Ursachen, besonders die nationalsozialistische
Terrorherrschaft, dargestellt werden sollen. Der Staats-
minister hat das Haus der Geschichte gebeten, unter die-
ser Maßgabe einen Vorschlag für eine Dauerausstellung
zu erarbeiten.
Weitere Komponenten des sichtbaren Zeichens wer-
den die Möglichkeit von thematisch verwandten Wech-
selausstellungen sowie ein Forum der Diskussion und
des Austauschs sein; ein besonderer Akzent wird dabei
auf Verständigung und Versöhnung gelegt werden. Für
die Unterbringung des sichtbaren Zeichens an zentraler
Stelle Berlins bestehen mehrere Optionen, die derzeit
geprüft werden. Eine detaillierte Konzeption wird vorbe-
reitet. Sie soll nach Fertigstellung Eingang finden in die
Beratungen der parlamentarischen Gremien.
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nlage 14
Antwort
es Staatsministers bei der Bundeskanzlerin Bernd
eumann auf die Fragen des Abgeordneten Christoph
aitz (FDP) (Drucksache 16/2584, Fragen 23 und 24):
Wie soll das neue Filmförderungsgesetz zum 1. Januar
2007 eingeführt werden, wenn das Beihilfeverfahren in Brüs-
sel, das zurzeit die Vereinbarkeit der geplanten deutschen
Filmförderung mit Europarecht zum Gegenstand hat, nicht
vor Anfang März 2007 abgeschlossen sein wird, und bedeutet
diese zeitliche Diskrepanz, dass das Filmförderungsgesetz
ohne vorherige Genehmigung aus Brüssel verabschiedet wer-
den soll?
Kommt es zu einer zeitlich verzögerten Einführung der
neuen Filmförderung in Höhe von 60 Millionen Euro pro Jahr,
und, wenn ja, wann kann die Filmwirtschaft tatsächlich damit
rechnen, dass der in Aussicht gestellte Betrag zur Verfügung
steht?
u Frage 23:
Derzeit werden die Kriterien zur Vergabe der Förder-
ittel des neuen Anreizmodells für die Filmwirtschaft
bgestimmt. Die Vergabekriterien werden nicht in einem
esetz sondern in einer Richtlinie des BKM verbindlich
estgelegt.
Das In-Kraft-Treten der deutschen Förderregeln steht
nter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Euro-
äische Kommission. Die Bundesregierung wird hierzu
ie notwendigen Pränotifizierungsgespräche führen. Für
en Fall, dass bis 1. Januar 2007 noch keine Genehmi-
ung durch die Europäische Kommission erfolgt ist,
äre zu erwägen, die Maßnahme eventuell mit aufschie-
ender Wirkung in Kraft zu setzen, sofern die Europäi-
che Kommission diesbezüglich eine Genehmigung er-
eilt.
u Frage 24:
Die Einführung der Maßnahme ist für 2007 vorgese-
en. Für eine Verzögerung liegen derzeit keine An-
altspunkte vor. Der Zeitpunkt der Auszahlung an die
ilmwirtschaft beurteilt sich nach den für die Produk-
ionskostenerstattung geltenden Regelungen.
nlage 15
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des
bgeordneten Dirk Niebel (FDP) (Drucksache 16/2584,
rage 27):
Wie bewertet die Bundesregierung, dass in den Jobcentern
der Bundesagentur für Arbeit die auf zwei Jahre befristeten
Arbeitsverträge, die zur Bewältigung der Arbeitslosengeld-II-
Antragsbearbeitung abgeschlossen wurden, nicht mehr ver-
längert werden können, und welche Personalplanung verfolgt
sie zukünftig?
Der Bundesregierung ist die Problematik der auf zwei
ahre befristet eingestellten Kräfte in den Arbeitsge-
einschaften bekannt. Zusammen mit der Bundesagen-
ur für Arbeit wird nach einer Lösung im Rahmen des
ersonalhaushalts der Bundesagentur für Arbeit für das
ahr 2007 gesucht, um die für eine Dauerübernahme ge-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006 4897
(A) (C)
(B) )
eigneten Kräfte, deren Arbeitsverträge im Jahr 2007 aus-
laufen und nicht mehr verlängert werden können, über-
nehmen zu können.
Anlage 16
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage der
Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 16/2584, Frage 28):
Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch in der Pra-
xis, dass Mehrbedarfe von ALG-II-Empfängern in der Regel
unter Berufung auf die pauschalisierte Leistung abgelehnt wer-
den, aber gleichzeitig bei einem Minderbedarf – zum Beispiel
bei einem Krankenhausaufenthalt – die pauschlisierte Regelleis-
tung wegen der erfolgten Verpflegung um 35 Prozent gekürzt
werden, und betrachtet die Bundesregierung Verpflegung als
Einkommen?
Der Bundesregierung ist kein einziger Fall aus der
Praxis bekannt, in dem die im SGB II vorgesehenen
Mehrbedarfe für Empfänger von Arbeitslosengeld II un-
ter Berufung auf die pauschalierte Höhe der Regelleis-
tung abgelehnt wurden. Eine solche Entscheidung eines
Leistungsträgers wäre absolut rechtswidrig, weil die in
§ 21 SGB II geregelten Mehrbedarfe gerade nicht durch
die Regelleistung abgedeckt werden, sondern zusätzlich
zur Regelleistung zu erbringen sind. Außerdem werden
als weitere Leistungen, die nicht von der Regelleistung
umfasst sind, auch Erstausstattungen für die Wohnung,
Die angesprochene Minderung der Regelleistung bei
Aufenthalt zum Beispiel in einem Krankenhaus steht da-
her in keinem Zusammenhang mit der Frage der Gewäh-
rung von Mehrbedarfen nach dem SGB II. Es geht hier
vielmehr um die Frage der Deckung des Regelbedarfes.
Im Rahmen des SGB II bildet die Regelleistung nach
§ 20 SGB II den Regelbedarf zur Sicherung des Lebens-
unterhaltes ab. Sie umfasst insbesondere den Bedarf an
Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des
täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Be-
ziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturel-
len Leben. Die Regelleistungen entsprechen dem Niveau
der Sozialhilfe, die als Referenzsystem fungiert. Sofern
während des Aufenthaltes in einer stationären Einrich-
tung die Verpflegung und Versorgung in der Einrichtung
erfolgt, ist der Bedarf ja in diesem Fall zumindest inso-
weit gedeckt, weil die mit der Regelleistung abgedeck-
ten Bedarfe für Verpflegung in diesem Fall von dritter
Seite erbracht werden. Es ist daher von einem verminder-
ten Regelbedarf auszugehen. Andernfalls würden Mittel
für die Verpflegung zweifach aufgebracht. Deshalb
wurde im Oktober 2004 zwischen dem damaligen Bun-
desministerium für Wirtschaft und Arbeit, der Bundes-
agentur für Arbeit und dem Deutschen Verein für öffent-
liche und private Fürsorge e. V. im Zusammenhang mit
der Abstimmung der Hinweise zu § 9 SGB II festgelegt,
dass von einem um 35 Prozent geminderten Regelbedarf
bei der Festsetzung der Hilfebedürftigkeit auszugehen
für Bekleidung einschließlich Schwangerschaft und Ge-
burt sowie mehrtägige Klassenfahrten (§ 23 Abs. 3 SGB II)
erbracht. Ein Verweis auf die Pauschalierung der Regel-
leistung ist vor diesem Hintergrund völlig abwegig.
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st. Von einer Berücksichtigung als Einkommen nach der
achbezugsverordnung wurde abgesehen, da dies eine
esentlich höhere Minderung des Regelbedarfs zur
olge gehabt hätte.
50. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 20. September 2006
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13
Anlage 14
Anlage 15
Anlage 16