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    11. Sager.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/44 b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Resozialisierungsziele des Strafvoll- zugs bewahren – Sicherheit nicht ge- fährden – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten ermöglichen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Sylvia Kotting- Uhl, Cornelia Behm, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Für ein effektives, europataugliches und wirtschaftsfreundliches Umwelt- recht – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Zukunftsfähige Rahmenbedingun- gen für ein wirksames Umweltrecht im föderalen Deutschland schaffen Deutscher B Stenografisch 44. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Tagesordnungspunkt 29: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Drucksachen 16/813, 16/2010, 16/2069, 16/2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Föderalismusreform-Begleitgesetzes (Drucksachen 16/814, 16/2010, 16/2069, 16/2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4233 A 4233 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken), weiterer Ab- undestag er Bericht ung 30. Juni 2006 t : geordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Föderalismusreform im Bil- dungsbereich – zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Priska Hinz (Herborn), Kai Boris Gehring, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Koopera- tionsmöglichkeiten von Bund und Ländern in Bildung und Wissen- schaft erhalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Innovations- pakt 2020 für Forschung und Lehre in Deutschland – Kooperationen zwischen Bund und Ländern weiter – zu dem Antrag der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 und der Fraktion der LINKEN: Ein einheitliches Umweltrecht schaffen – Kompetenzwirrwarr vermeiden (Drucksachen 16/653, 16/851, 16/647, 16/648, 16/954, 16/654, 16/674, 16/927, 16/2010, 16/2069) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Schily (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Otto Schily (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D D D D D A N E T U J ( R A E H K W P T a b c 4233 C 4234 B 4235 C 4236 A 4236 D 4237 C 4238 C 4242 A 4243 C 4246 B 4248 D 4251 A 4254 B 4254 C 4255 B 4255 C 4255 D 4257 D 4259 C 4260 C 4261 D 4262 B 4263 C 4266 D 4267 B 4267 B 4268 B 4269 D 4270 D 4271 C 4272 B r. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . r. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ntje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . amentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . rgebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: nterrichtung durch den Wehrbeauftragten: ahresbericht 2005 (47. Bericht) Drucksache 16/850) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . edi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Heß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Glaubwürdigkeit der G 8 bewahren – Kritische Themen beim Weltwirtschaftsgipfel in Sankt Peters- burg nicht aussparen (Drucksache 16/1570) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Heike Hänsel, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Für demokratische internationale Entscheidungsprozesse statt G 8 (Drucksache 16/1879) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Thilo Hoppe, Ute Koczy, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: G-8-Gipfel muss Signal zu nachhaltiger Energieversor- gung geben und Gesundheitssysteme in den Entwicklungsländern stärken (Drucksache 16/1966) . . . . . . . . . . . . . . . 4273 A 4273 C 4273 D 4274 C 4276 C 4278 A 4280 A, 4284 B 4287 A, 4289 B 4292 A, 4296 A 4280 C, 4284 C 4287 A, 4289 B 4292 A, 4295 D 4298 D 4298 D 4300 B 4301 D 4303 A 4303 D 4305 A 4306 A 4307 A 4307 B 4307 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 III Tagesordnungspunkt 32: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien zu der Unter- richtung durch die Deutsche Welle: Auf- gabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010 (Drucksachen 16/1000, 16/1476 Nr. 1.1, 16/2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Umverteilung durch den Emis- sionshandel beenden – Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen (Drucksache 16/1682) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Zuverläs- sigkeitsüberprüfung von Privatpiloten auf ein angemessenes Maß reduzieren (Drucksache 16/859) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Renate Künast, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Moratorium für Gentechnik in der Landwirtschaft (Drucksache 16/1909) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 2005 (47. Bericht) (Tagesord- nungspunkt 30) Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . A Z d – – – ( E D D U J A Z B g 2 C A Z d o s A F M E D A Z d v r C D E 4307 C 4307 D 4308 C 4310 C 4311 C 4311 C 4312 C 4312 D 4313 A 4313 C 4315 A 4315 A nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Glaubwürdigkeit der G 8 bewahren – Kri- tische Themen beim Weltwirtschaftsgipfel in Sankt Petersburg nicht aussparen Für demokratische internationale Ent- scheidungsprozesse statt G 8 G-8-Gipfel muss Signal zu nachhaltiger Energieversorgung geben und Gesund- heitssysteme in den Entwicklungsländern stärken Tagesordnungspunkt 31 a bis c) ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der eschlussempfehlung und des Berichts: Auf- abenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 010 (Tagesordnungspunkt 32) hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Umverteilung durch den Emissi- nshandel beenden – Vorreiterrolle im Klima- chutz übernehmen (Tagesordnungspunkt 33) ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Zuverlässigkeitsüberprüfung on Privatpiloten auf ein angemessenes Maß eduzieren (Tagesordnungspunkt 35) lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 4315 D 4317 C 4318 C 4319 B 4319 D 4320 D 4321 C 4323 A 4324 B 4325 A 4325 D 4326 B 4327 C 4328 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Moratorium für Gentechnik in der Landwirtschaft (Tagesordnungspunkt 11) Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- punkt 29 a) Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Bierwirth (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Ernstberger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . Kristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . D S M A N R F R G H A E I C ü r 7 9 1 A E F F E G 7 1 ( A E C ( ü r 7 9 1 A E L C z w g 7 1 1 4329 A 4329 D 4330 C 4331 B 4332 A 4333 A 4334 A 4335 B 4335 C 4337 A 4337 D 4338 A 4338 D 4339 B 4339 D 4341 A 4341 C 4341 D 4343 A 4344 A 4344 B 4345 A 4345 B 4346 B 4346 D 4348 A 4348 D etlef Müller (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . . . . teffen Reiche (Cottbus) (SPD) . . . . . . . . . . . aik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . orbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . enate Schmidt (Nürnberg) (SPD) . . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Schwanitz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . unter Weißgerber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . nlage 9 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ngrid Fischbach und Michaela Noll (beide DU/CSU) zur namentlichen Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- ung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 2, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 8, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 25 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) . . . nlage 10 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten lorian Toncar und Frank Schäffler (beide DP) zur namentlichen Abstimmung über den ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des rundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 4 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 04 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) Tagesordnungspunkt 29 a). . . . . . . . . . . . . . . nlage 11 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten hristine Lambrecht und Christoph Strässer beide SPD) zur namentlichen Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- ung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 2, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 8, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 25 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) . . . nlage 12 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten othar Binding (Heidelberg), Kerstin Griese, hristel Humme und Caren Marks (alle SPD) ur namentlichen Abstimmung über den Ent- urf eines Gesetzes zur Änderung des Grund- esetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 5, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 04 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 43 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) . . . . . . . . . 4349 C 4350 C 4352 B 4353 B 4353 D 4354 D 4355 D 4356 B 4356 D 4357 C 4358 D 4359 A 4360 A 4360 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 V Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Ulla Burchardt, Jörg Tauss, Gerold Reichenbach, Gesine 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- punkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 4363 B Multhaupt, Swen Schulz (Spandau), Ute Berg und Dr. Carola Reimann (alle SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- zes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Ta- gesordnungspunkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Johannes Singhammer, Markus Grübel, Thomas Dörflinger, Paul Lehrieder, Elisabeth Winkelmeier-Becker, Antje Blumenthal und Katharina Landgraf (alle CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- zes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Ta- gesordnungspunkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ralf Göbel, Beatrix Philipp, Clemens Binninger, Reinhard Grindel, Ingo Wellenreuther, Helmut Brandt, Klaus Riegert und Günter Baumann (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- zes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Ta- gesordnungspunkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Andrea Wicklein, Dr. Margrit Spielmann, Dr. Peter Danckert, Dr. Ditmar Staffelt, Andreas Steppuhn, Christian Kleiminger, Volker Blumentritt, Silvia Schmidt (Eisleben), Iris Gleicke, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Engelbert Wistuba und Andreas Weigel (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, E J K P B D M P K S ( R A z 2 9 1 p A E D E B D O K K M D O S E D Z ( H M B G s z 3 9 1 p A A 4361 A 4362 B 4362 B rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ohannes Pflug, Heinz Paula, Angelika rüger-Leißner, Iris Hoffmann (Wismar), etra Ernstberger, Doris Barnett, Bernhard rinkmann (Hildesheim), Dr. Carl-Christian ressel, Karin Evers-Meyer, Dagmar Freitag, onika Griefahn, Hans-Joachim Hacker, etra Heß, Johannes Kahrs, Dr. h. c. Susanne astner, Dr. Uwe Küster, Bernd Scheelen, ilvia Schmidt (Eisleben), Reinhard Schultz Everswinkel), Simone Violka und Steffen eiche (Cottbus) (alle SPD) zur namentlichen bstimmung über den Entwurf eines Geset- es zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 3, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 1 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 25 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- unkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 18 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Lale Akgün, Lothar Binding (Heidelberg), lvira Drobinski-Weiß, Elke Ferner, Willi rase, Renate Gradistanac, Klaus Hagemann, r. h. c. Wolfgang Thierse, Gabriele Hiller- hm, Frank Hofmann (Volkach), Dr. Bärbel ofler, Karin Kortmann, Rolf Kramer, Anette ramme, Ute Kumpf, Gabriele Lösekrug- öller, Lothar Mark, Hilde Mattheis, r. Sascha Raabe, Dr. Ernst Dieter Rossmann, rtwin Runde, Dr. Frank Schmidt, Heinz chmitt (Landau), Swen Schulz (Spandau), wald Schurer, Dr. Rainer Tabillion, r. Wolfgang Wodarg, Heidi Wright, Manfred öllmer, Christian Kleiminger, Karin Roth Esslingen), Christoph Strässer, Bettina agedorn, Martin Gerster, Reinhold Hemker, echthild Rawert, Dr. Axel Berg, Martin urkert, Helga Kühn-Mengel und Gabriele roneberg (alle SPD) zur namentlichen Ab- timmung über den Entwurf eines Gesetzes ur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 3, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 1 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 25 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- unkt 29 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 19 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4363 D 4365 B 4366 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4233 (A) ) (B) ) 44. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 8.0
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    1) Anlage 7 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4315 (A) ) (B) ) für deren Folgen. Unter dem Aspekt, dass sich An- durch palästinensische Terrorgruppen, Organisationen Anlage 1 Die Liste der entschuldigten Abgeordneten lag bei Redaktionsschluss nicht vor und wird im nächsten Stenografischen Bericht abgedruckt. Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 2005 (47. Be- richt) (Tagesordnungspunkt 30) Gert Winkelmeier (fraktionslos): In nur sechs Monaten haben wir hier über die Berichte des Wehrbe- auftragten für 2003 und für 2004 gesprochen. Heute sprechen wir über den Bericht für das Jahr 2005. In allen drei Berichten geht es leider auch immer um soldatisches Fehlverhalten bezüglich der Verherrlichung von faschistischem Gedankengut. 2005 gab es fast 150 rechtsextremistische Vorfälle in der Truppe, gegen- über 2004 ist das ein Anstieg um 10 Prozent. Diese Vor- kommnisse gab es in allen Dienstgraden. 34 Prozent der Fälle ereigneten sich bei Zeitsoldaten, 1 Prozent bei Be- rufssoldaten. Das sind Vorgesetzte von Wehrpflichtigen. Vorgesetzte haben, laut Soldatengesetz, bei Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben. Aus solchen, im- mer wieder in Wehrberichten geschilderten Vorkomm- nissen, sollte das Ministerium einmal Konsequenzen zie- hen. Das könnte für mich bedeuten, dass anerkannte antifaschistische Organisationen wie zum Beispiel die VVN/Bund der Antifaschisten bis hin zu kirchlich orien- tierten Antifaschisten in politischen Diskussionen vor Mannschafts- und Offizierskreisen über die Ursachen und die Geschichte des Faschismus informieren sollten. Ein weiteres Problem sind die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Mittlerweile befinden sich ständig 6 243 Sol- daten im Auslandseinsatz. Organisatorisch sind somit ei- nige zehntausend Soldaten betroffen. Wenn in diesem Zusammenhang im Wehrbeauftragtenbericht davon ge- sprochen wird, dass die Ausstattung mit einsatzgerechter Bekleidung nicht immer gewährleistet ist, dann ist dies ein Armutszeugnis für das verantwortliche Ministerium. Viel schlimmer ist es aber, wenn wir im Bericht lesen müssen – Seite 21 –, dass eine Ausstattung aller Kräfte mit geschützten Fahrzeugen grundsätzlich vorgesehen sei. Das entsprechende Konzept werde auch mit Nach- druck verfolgt, jedoch erst mittel- und langfristig reali- sierbar sein. Daher müsse zuerst auf ungeschützte Fahr- zeuge zurückgegriffen werden. Ich frage Sie: Kann so etwas überhaupt verantwortet werden? Sie wissen, dass die Fraktion Die Linke und auch ich uns immer gegen Auslandseinsätze der Bundes- wehr ausgesprochen haben. Die meisten Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause stimmen aber für diese Einsätze und tragen daher unmittelbare Verantwortung s u w d K e f s e a t k d A m z e u b M F E s d n r s k s g t V n w A f T A r (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht chläge auf Angehörige der Bundeswehr mehren, ist es nverantwortlich, wenn diejenigen, die dort hinbefehligt erden, nicht in ausreichendem Maße ausgestattet wer- en. Leider hören wir von Soldaten, die jetzt in den ongo befehligt werden, Ähnliches. Ich vermag nicht zu rkennen, dass das Ministerium etwas an den Ursachen ür diese Beschwerden ändert. Wenigstens wird Vor- orge für den Fall des Todes von Soldaten im Auslands- insatz getroffen. Der Haushalt weist im Einzelplan 14 uf Seite 35 aus, dass für die Überführungs- und Bestat- ungskosten verstorbener Soldatinnen und Soldaten zu- ünftig 35 Prozent mehr Mittel als 2004 kalkuliert wer- en. Stärkere Vorsorge muss aber auch für die steigende nzahl von Soldaten getroffen werden, die mit posttrau- atischen Belastungsstörungen vom Auslandseinsatz urückkehren. Ich bin dem Wehrbeauftragten dankbar, dass er sich in inem Teil seines Berichtes mit dem Führungsverhalten nd dem Missbrauch der Befehlsgewalt beschäftigt. Da- ei ist immer deutlich zu machen, dass nur eine absolute inderheit ihre Macht missbraucht. Aber es gibt diese älle. Dieser Tage konnten wir im Spiegel lesen, dass litekämpfer, die in den Kongo verlegt werden sollten, ich nachweislich seit mindestens Mai 2004 gegenseitig rangsaliert haben. Wir müssen nun einmal die Frage ach den Ursachen stellen. Die Fälle wurden in den Be- ichten 2004 und 2005 nicht aufgeführt, weil die Vorge- etzten in Zweibrücken ihrer Meldepflicht nicht nachge- ommen sind. „Da haben wir ja eine schöne Truppe“, agte der Generalinspekteur, als er sich im Verteidi- ungsausschuss die vielen Beschwerden des Wehrbeauf- ragten anhören musste. Ich kann nur hoffen, dass die erantwortlichen im Ministerium handeln, damit wir icht immer mit solchen Vorkommnissen konfrontiert erden. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Glaubwürdigkeit der G 8 bewahren – Kriti- sche Themen beim Weltwirtschaftsgipfel in Sankt Petersburg nicht aussparen – Für demokratische internationale Entschei- dungsprozesse statt G 8 – G-8-Gipfel muss Signal zu nachhaltiger En- ergieversorgung geben und Gesundheitssys- teme in den Entwicklungsländern stärken (Tagesordnungspunkt 31 a bis c) Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Da der G-8-Gip- el traditionell Stellung zu gewichtigen außenpolitischen hemen nimmt, erlauben Sie mir zunächst aus aktuellem nlass ein Wort zur Lage im Nahen Osten. Die Entfüh- ung und Ermordung von israelischen Staatsbürgern 4316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) der regierenden Hamas, zeigen, dass die bisherige Poli- tik der EU und des Nahostquartetts richtig war. Solange die Hamas nicht der Gewalt abschwört, das Existenz- recht Israels und die bisherigen Verträge zwischen Paläs- tinenserbehörde und Israel nicht anerkennt, kann Hamas keine Unterstützung von unserer Seite erhalten. Diese gewalttätigen Übergriffe auf Israelis zeigen aber auch, dass weder Hamas noch Fatah Einfluss auf die Terror- gruppen haben oder haben wollen. Das größte Hindernis für eine aussichtsreiche Zukunft der Palästinenser blei- ben vorrangig die Palästinenser selbst. So halte ich die Verständigung der beiden Parteien auf das „Abkommen zur nationalen Einigung“ keineswegs für einen Fortschritt. Das Papier enthält in wesentlichen Punkten zu viele Formelkompromisse, die unterschiedli- che Interpretationen erlauben. Kurz: Dieses Dokument ist keine Initiative, mit der die Palästinenser auf Israel zugehen. Ein Verhandlungsangebot an Israel steht immer noch aus. Der Deutsche Bundestag hat wiederholt be- kräftigt, dass zum Existenzrecht Israels auch das Recht der israelischen Bürger gehört, in sicheren Grenzen frei von Angst, Terror und Gewalt zu leben. Der entführte Soldat Gilad Schalit muss daher sofort und bedingungs- los freigelassen werden. In diesem Jahr hat Russland als jüngstes Mitglied zum ersten Mal die Präsidentschaft der G 8 inne. Diese Präsidentschaft gibt Anlass, einen Blick auf Russland und unser Verhältnis zu Russland zu werfen; denn diese Präsidentschaft ist nicht unproblematisch. Die G 8 ver- stehen sich als Forum demokratischer Industrienationen. So definiert auch Russland selbst dieses Gremium. Da- mit stellen sich zwei Fragen: Erstens: Ist Russland eine Industrienation? Zweitens: Ist Russland eine Demokra- tie? Zugleich müssen wir berücksichtigen: Welche Bezie- hungen haben wir zu Russland, wie abhängig sind wir von Russland, auf welche Weise wollen wir die Ent- wicklung Russlands beeinflussen? Russland ist eine bedeutende, aber keine große Macht: Die Bevölkerung ist so groß wie die Frankreichs und Deutschlands zusammen. Russland hat enorme de- mografische Probleme. Nach OECD-Standards ist Russ- land keine Industrienation. Seine ökonomische Kraft ist zu vergleichen mit der Belgiens, der der Niederlande, der Brasiliens oder der Mexikos. Der Wohlstand der Be- völkerung liegt hinter dem Polens und Tschechiens. Russland hat keine strategische zivile Industrie. Andererseits verfügt Russland über enorme Energie- vorkommen, insbesondere Erdgas. Wir sind auf diese Lieferungen angewiesen. Umgekehrt ist Russland nicht nur zur Erschließung der Energievorkommen, sondern auch zur gedeihlichen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft auf unsere Unterstützung angewiesen. Es gilt, diese gegenseitige Abhängigkeit zum gegenseitigen Wohle zu entwickeln. Ist Russland eine Demokratie? Die Zeit unter Jelzin galt uns als Zeit des Pluralismus und der Medienfreiheit. Aus russischer Sicht dagegen war diese Zeit überwiegend geprägt von Chaos und Staatszerfall. Sie ist Ausdruck der t i u L I p k g B r K P m s f a R T V d S d a W t d R c a F M r w e z n z s l B g s s d r r m b ü R R z s (C (D iefen Verwundung des russischen Selbstbewusstseins, nsbesondere nach Ende und Auseinanderfall der Sowjet- nion und ihres Herrschaftsanspruchs. Russland ist ein and auf der Suche nach der Wiedergewinnung seiner dentität und nach seiner Rolle in der Regional- und Welt- olitik. Auf diesem Weg betrachtet die russische Bevöl- erung Präsident Putin als Garanten und Integrationsfi- ur. Zugleich nehmen wir auch zur Kenntnis, dass in der ewertung von Freedom House Russland – neben Bela- us – der unfreieste Staat in Europa ist. Der kriegerische onflikt in Tschetschenien, das neue NRO-Gesetz, die rozesse gegen Topmanager des Ölkonzerns Jukos, die it langjährigen Haftstrafen endeten, die zunehmende taatliche Kontrolle der Presse lassen erheblichen Zwei- el an der Entwicklung einer pluralistischen Demokratie ufkommen. Meinungs- und Pressefreiheit sind konstitutive echte in der Demokratie. Dies wird auch Thema des reffens russischer Menschenrechtsorganisationen im orfeld des G-8-Gipfeltreffens sein. Ich begrüße, dass an iesem NRO-Treffen auch unser Kollege Andreas chockenhoff in seiner Funktion als Koordinator für die eutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammen- rbeit teilnehmen wird. Wir haben ein Interesse daran, dass Russland den andel zu einer stabilen Demokratie erfolgreich bewäl- igt. Im Übrigen hat Moskau auch am 19. Mai die Präsi- entschaft im Europarat übernommen. Zehn Jahre ist ussland nun Mitglied dieser ältesten zwischenstaatli- hen Organisation Europas. Mit dem Beitritt hat es sich uch ihren Zielen, Interessen und Werten, nämlich der örderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und enschenrechten, verpflichtet. Wenn Russland, wie der ussische Präsident gestern sagte, angemessene Verant- ortung für die globale Ordnung übernehmen will, muss s auch Vorbild für andere Staaten sein. Wir haben ein Interesse daran, dass Russland Europa ugewandt bleibt und nicht sein Wohl in anderen Bünd- issen wie der Shanghai-Organisation sucht. Es sind zwei weitere Bereiche, die besonderen Anlass ur Sorge geben: Russlands Nachbarschaftspolitik und ein Verhalten in internationalen Organisationen. Russ- ands Nachbarschaftspolitik, zum Beispiel gegenüber elarus, der Ukraine, Polen und den baltischen Staaten, ibt uns immer wieder Anlass zur Sorge. Wir, der Deut- che Bundestag, haben immer wieder – gerade im Zu- ammenhang mit den Wahlen im März dieses Jahres – ie mangelnden oder gar fehlenden demokratischen und echtsstaatlichen Strukturen in Belarus kritisiert und die ussische Regierung gebeten, im Sinne einer gemeinsa- en Verantwortung in Europa ihren Einfluss auf den elarussischen Diktator entsprechend auszuüben. Dabei wollen wir die russischen Interessen nicht bergehen und – soweit möglich – eine ausgleichende olle einnehmen. Zur strategischen Partnerschaft zu ussland gehört aber auch, gegenüber Russland deutlich u machen, dass wir mit Staaten wie Polen und den balti- chen Staaten in einer auf Ewigkeit angelegten Schick- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4317 (A) ) (B) ) salsgemeinschaft stehen. Eine schlechte Behandlung dieser Partner berührt auch uns. Dazu gehört beispiels- weise, die Drohgebärden gegenüber den baltischen Staa- ten einzustellen und bei der geplanten Ostseepipeline auf die Sensibilitäten der Anrainerstaaten wie Polen und die baltischen Staaten einzugehen. Aufgrund der hohen Einnahmen aus den Öl- und Gas- exporten und dem daraus resultierenden Haushaltsüber- schuss kann Moskau es sich erlauben, den ärmsten Län- dern Schulden zu erlassen und den reichsten Ländern Schulden vorzeitig zurückzuzahlen. Der russische Finanz- minister hat angekündigt, dem Pariser Club 11 bis 12 Milliarden Dollar seiner Schulden zurückzuzahlen. Moskau will damit seinen Wunsch untermauern, endlich in alle G-8-Gremien eingebunden und Vollmitglied im Kreis der G-8-Finanzminister zu werden. Gleichzeitig müsste Moskau allerdings klar sein, dass es damit auch Verantwortung zu übernehmen hat. Denn es liegt auf der Hand, dass hohe Energiepreise Risiken für die Weltwirt- schaft bedeuten und gerade Entwicklungsländer ohne ei- gene Energiereserven hart treffen. Die G 8 sind das ge- eignete Forum, sich dieses Problems anzunehmen. Wenn Putin als Ziel vorgibt, „eine zivilisierte Strate- gie zu entwickeln, mit der die Welt verlässlich und si- cher mit Energie zu vernünftigen Preisen und minima- lem Schaden für die Umwelt versorgt wird“ – während des G-8-Finanzminister-Treffens am 12. Februar 2006 – muss er auch das Vertrauen in die russische Politik stär- ken. Ein erster Schritt wäre die Unterzeichnung der Energiecharta mit der EU. Ich hoffe, dass es in dieser Frage in Sankt Petersburg Bewegung gibt. In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch Ge- danken machen, wie die G 8 zu aufstrebenden Staaten mit schnell wachsender Wirtschaft stehen. Ich mache nur darauf aufmerksam: dass China – gemessen am BIP – in- zwischen Italien und Kanada überholt hat und – gemes- sen an den Weltpreisen – immerhin die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist; dass vor Russland eine ganze Reihe von Ländern mit größerem BIP, wie Me- xiko, Indien, Südkorea, Brasilien und Australien, stehen. Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Die Erweiterung der G 8? Wenn wir der Argumentation des russischen Präsidenten folgten und den G-8-Prozess auf außenwirt- schaftliche Themen reduzieren wollten, müssten diese Länder ebenfalls in dieses Forum aufgenommen werden. Unter dieser Prämisse ließe sich auch nicht länger recht- fertigen, sie stets nur als Gäste einzuladen. Über diese Frage müssen sich die G 7 sehr schnell verständigen. Die globalen Fragen und Probleme können die Staa- ten nur gemeinsam lösen. Dies gilt sowohl für den Kampf gegen transnationalen Terrorismus oder gegen Seuchen, für Abrüstung und Energiesicherheit, für den Nahostkonflikt und für die Entwicklung in Afghanistan, für die Auseinandersetzung um das iranische Nuklear- programm oder die so genannten Frozen Conflicts im Kaukasus. Die Gruppe der 8 ist ein Forum, das bei der Lösung dieser Fragen eine wichtige Rolle einnimmt. G i u t u d w f w s d L k n e a e l w a a P i l l t z A z s r M t m A E l d g s t t A d z f d g r i (C (D Dr. Ditmar Staffelt (SPD): Deutsche Haltung zum -8-Gipfel in St. Petersburg. Die Integration Russlands n die G 8 wird mit der Übernahme der Präsidentschaft nd der Ausrichtung des Gipfels in St. Petersburg wei- estgehend vollendet. Für Russland ist der G-8-Gipfel nd die darin zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung er G-8-Partner ein wichtiger Meilenstein. Auch für die eitere politische Annäherung an den Westen ist der Er- olg des Gipfels in der russischen Bevölkerung überaus ichtig. Russland ist seit 1998 offizielles Mitglied und wird eit 1994 inoffiziell zu den Gipfeln geladen. Grund für ie Aufnahme war das wirtschaftliche Potenzial des andes und das Bemühen um die Einführung von Demo- ratie und Rechtsstaatlichkeit. Vor diesem Hintergrund will ich ausdrücklich beto- en, dass Deutschland an dem Erfolg von St. Petersburg in überragendes Interesse hat. Dieses Interesse greift us meiner Sicht über einzelne Auseinandersetzungen, twa im Bereich der Energiepolitik, weit hinaus. Bei al- er Kritik, die an der Entwicklung in Russland geübt erden kann und muss, dürfen wir nicht vergessen, dass uch durch die Zusammenarbeit der G 8 untereinander us einem ehemaligen Feind endgültig ein strategischer artner wird. Darüber hinaus sollten wir die Bedeutung Russlands n wirtschaftspolitischer Hinsicht nicht vergessen. Seit 1999 hat sich der Warenhandel EU-25 mit Russ- and mehr als verdreifacht. Hiervon profitiert Deutsch- and am stärksten. Wir sind in der EU der größte Expor- eur nach Russland. Deutschland liefert alleine 30 Pro- ent der Ausfuhren der EU-25-Staaten nach Russland. uch deshalb kommt uns im Verhältnis zu Russland eine entrale Mittlerposition zu. Natürlich beobachtet die Bundesregierung aufmerk- am Fragen der Menschenrechte und der Demokratisie- ung in Russland und sieht Defizite im Umgang mit den edien und der Zivilgesellschaft. Viele der in dem An- rag der FDP aufgeführten Kritikpunkte bringt sie regel- äßig gegenüber Russland vor. Beispielsweise nutzt das uswärtige Amt seine vielfältigen Kontakte auf allen benen, um Themen wie Demokratie und Rechtsstaat- ichkeit, Pressefreiheit und Menschenrechte gegenüber en russischen Partnern anzusprechen und unsere Sor- en mitzuteilen. Auf EU-Ebene werden ebenfalls Fragen der Men- chenrechte regelmäßig mit Russland erörtert. Dabei hat die Erfahrung gezeigt, dass Sorgen und Kri- ik eher berücksichtigt werden, wenn sie in einem ver- raulichen Rahmen geäußert werden. Die ehemaligen ußenminister der FDP sind den Weg des Dialoges in er Vergangenheit ebenfalls gegangen und werden auch u dieser Erkenntnis gekommen sein. Ich erinnere eben- alls an die neue Ostpolitik Willy Brandts, die auch von er FDP gestützt wurde. Es stellt sich zudem ganz rundsätzlich die Frage, inwiefern der G-8-Gipfel der ichtige Rahmen ist, um Kritik an einem einzelnen Land n den Vordergrund zu stellen. 4318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Was wir vielmehr brauchen, ist eine Balance zwi- schen Kooperation und Kritik. Gerade diese Herange- hensweise ist es, die Deutschland international eine hohe Glaubwürdigkeit in Fragen der Menschenrechte beschei- nigt. Lassen Sie uns diese nicht aufs Spiel setzen. Ich würde mich freuen, wenn die Kollegen der FDP darüber nachdenken würden, ob sie ihren Antrag für das richtige Mittel halten. Gesamtkontext des G-8-Gipfels: energiepolitische Spannungen. Lassen Sie uns ebenfalls nicht vergessen, dass die russische G-8-Präsidentschaft unter dem Zei- chen politischer Spannungen im energiepolitischen Be- reich steht. Zu Beginn des Jahres sorgte die Unterbre- chung der Gaslieferungen Russlands an die Ukraine für internationale Unruhe. Die Spannungen lösten Sorgen hinsichtlich der Versorgungssicherheit der Gaslieferun- gen aus Russland aus. Glücklicherweise konnte der Streit zügig beigelegt werden, hinterlässt aber sicherlich einen schalen Beigeschmack. Energieversorgungssicherheit als wichtigster Gipfel- schwerpunkt. Nicht nur für unser Land ist die Energie- versorgungssicherheit ein zentrales Anliegen. Die Grü- nen weisen zu Recht in ihrem Antrag darauf hin, dass die Energieversorgung auch für die Entwicklungsländer eine zentrale Bedeutung für das wirtschaftliche Vorankom- men hat. Angesichts des weltweit wachsenden Energie- bedarfs liegt eine auf Dauer hohe Nachfrage nach Ener- gie auf der Hand. Russland ist seit über 40 Jahren ein zuverlässiger Energielieferant für Deutschland und liefert rund ein Drittel des deutschen und Gas- und Ölbedarfs. Wir ha- ben keinen Grund, an der Zuverlässigkeit Russlands in dieser Frage zu zweifeln. Dennoch ist es aus meiner Sicht wichtig, über weitere gegenseitige unternehmeri- sche Verpflichtungen und partnerschaftliche Zusammen- arbeit die Energieversorgungssicherheit für Deutschland zu erhöhen. Deutschland hat ein hohes Interesse an einer Deeska- lation der Spannungen mit Russland. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Energiecharta prominent in der G-8-Erklärung erwähnt wird. Russland zeigt sich da- für offen, ist allerdings zurückhaltend, die Energiecharta zu ratifizieren. Auf der anderen Seite hat Russland ein großes Interesse, nicht allein über die Sicherheit des Energieangebots, sondern auch über die der Energie- nachfrage zu sprechen. Die Diskussion zeigte zuneh- mend, dass es Russland um die Reziprozität der Markt- öffnung im Energiebereich geht. Russland strebt den Markteintritt auch im Endkundengeschäft an. Für all diese Fragen bietet der G-8-Gipfel eine gute Gelegen- heit. Handelspolitik im Zentrum der internationalen Inte- resses. Je mehr wir uns St. Petersburg nähern, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Handelspo- litik wichtig für den Gipfel wird. In diesem Zusammen- hang ist es ebenfalls ein gutes Zeichen, dass Russland zentrale WTO-Partner aus den Schwellenländern in den G-8-Outreach einbezogen hat: Brasilien, Indien, China, Mexiko und Südafrika. Neben der Energiepolitik hat sich Russland vorgenommen, mit den G-8-Partnern die T b t h g e i k s E G R z d G u d d H d k d „ h k f l b E l d t k K m g u f m H u n w i z R s s K R S a (C (D hemen Gesundheit und Bildung zu besprechen. Von esonderem Interesse ist die Bekämpfung von Infek- ionskrankheiten. Ein Bezug zu Entwicklungsländern ist erzustellen. Schlussbetrachtung zu St. Petersburg. Die von mir an- esprochenen Themen zeigen, dass der G-8-Prozess zu inem wichtigen Dialog mit Russland über die zentralen nternationalen Fragen führt. Vor diesem Hintergrund lingt die Forderung der Linken nach einer quasi Ab- chaffung der G 8 wie blanker Hohn. Insgesamt zeigt die ntwicklung, wie richtig es gewesen ist, Russland in den -8-Prozess zu integrieren. Der Prozess der Einbindung usslands ist noch nicht abgeschlossen. Dr. Werner Hoyer (FDP): Die FDP hat die Initiative u dieser Debatte ergriffen. Wir machen uns Sorgen um as Signal, das von dem wichtigen Sankt Petersburger -8-Gipfel ausgehen könnte. Wir machen uns Sorgen m den Zustand und die Zukunft des Gastgeberlandes es kommenden Gipfels und als Konsequenz auch um ie Zukunft der G 8 insgesamt. Vor einem Vierteljahrhundert wurden die G 7 von elmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing gegrün- et als Zusammenschluss der „industrialisierten Demo- ratien“. Grundprinzip bei ihrer Gründung war aus- rücklich die gemeinsame Verpflichtung auf eine offene, demokratische Gesellschaft, die sich zur Frei- eit des Einzelnen und zum sozialen Fortschritt be- ennt“. So heißt es wörtlich in der konstituierenden Gip- elerklärung von Rambouillet. Die Präsidentschaft der G 8 hat in diesem Jahr Russ- and, der Gipfel findet in zwei Wochen in Sankt Peters- urg statt, der Heimatstadt des russischen Präsidenten. s ist klar, was Präsident Putin damit nach außen, vor al- em aber nach innen gegenüber seinen eigenen Bürgern okumentieren will: Seht her, die wichtigsten demokra- isch gewählten Staats- und Regierungschefs der Welt ommen zu mir nach Sankt Petersburg! Wir sind im reise der führenden Demokratien der Welt angekom- en. Präsident Putin will in Sankt Petersburg einen Jubel- ipfel veranstalten, um seine Machtstellung nach innen nd außen zu festigen. Das muss angesichts der ganz of- enkundigen Rückschritte bei der Entwicklung von De- okratie und Rechtsstaatlichkeit in Russland in diesem ohen Hause zumindest einmal problematisiert werden, nd zwar ganz besonders deshalb, weil Bundesaußenmi- ister Steinmeier in dieser Frage keinerlei Problembe- usstsein zu haben scheint. Herr Steinmeier hat gestern n der wichtigsten noch unabhängigen russischen Tages- eitung „Kommersant“ den Transformationsprozess in ussland ausdrücklich gelobt. Als dann die russischen Journalisten – offensichtlich elbst verwundert über so viel Blauäugigkeit des deut- chen Außenministers – nachgefragt haben, ob im reise der G 8 nicht Zweifel bestünden an der „Treue usslands zu demokratischen Normen“, hat Herr teinmeier das weit von sich gewiesen. Dieser Bundes- ußenminister möchte ganz offensichtlich in der Russ- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4319 (A) ) (B) ) land-Politik nahtlos da anknüpfen, wo sein ehemaliger Chef Gerhard Schröder aufgehört hat. Minister Steinmeier, Sie müssen sich doch einmal fra- gen, wie diese öffentliche Belobigung des Putin-Re- gimes bei den mutigen Vertretern der russischen Zivilge- sellschaft ankommt. Diese wirklichen Demokraten kämpfen doch unter immer schwieriger werdenden Be- dingungen dafür, dass der leider längst rückläufige Transformationsprozess in Russland überhaupt wieder in Gang kommt bzw. vom Rückwärtsgang wieder in den Vorwärtsgang geschaltet wird. Frau Merkel hat bei ihrem Moskaubesuch Vertreter der Zivilgesellschaft getroffen – das war richtig – und hat sie damit sichtbar gestärkt. Der Bundesaußenminis- ter macht diesen Neuansatz hin zu einer Stärkung der russischen Zivilgesellschaft und zu einer Unterstützung der Demokratie- und Rechtsstaatsbewegung gleich wie- der kaputt! „Freedom House“ hat Russland kürzlich un- ter den „unfreien Staaten“ eingestuft – auf einer Ebene mit Simbabwe. Der deutsche Außenminister hingegen sieht Russland auf dem richtigen Weg. Das passt doch nicht zusammen! Die FDP ist der Auffassung, dass die G 8 ihrem eige- nen, in Rambouillet aufgestellten Anspruch als Zusam- menschluss der führenden Demokratien nur dann genü- gen kann, wenn auch die Sorge über den Zustand der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit im Gastgeber- land offen angesprochen wird. Es ist gut, dass die Bun- desregierung einen Vertreter auch zum NGO-Gipfel nach Sankt Petersburg schicken will. Hier hat Kollege Schockenhoff als Beauftragter der Bundesregierung für die zivilgesellschaftliche Kooperation zwischen Deutschland und Russland Gelegenheit, zu zeigen, wie er die russische Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit unter- stützen will, statt ihr Steine in den Weg zu werfen. Aber unsere Sorge über die Entwicklung in Russland gehört nicht nur in die Hinterzimmer von Sankt Peters- burg. Das muss offen auf den Tisch: beim Gipfel; nicht, um die russische Führung vorzuführen, sondern um die russische Zivilgesellschaft zu stärken. Es geht um die Glaubwürdigkeit der G 8 als Zusam- menschluss der führenden Demokratien. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Herr Hoyer, Sie sorgen sich um die Demokratie in Russland. Hier gibt es Defi- zite. Aber die G-8 zum Hüter von Demokratie zu erklä- ren, damit machen Sie doch den Bock zum Gärtner. Die G-8-Regierungen repräsentieren ein knappes Siebtel der Weltbevölkerung. Aber ob Entschuldung oder wie im Falle globaler Energiepolitik – diese Regie- rungen fällen Entscheidungen, die Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft und auf Entwicklungschancen vieler Länder haben – insbesondere der Länder, die auf den G-8-Tagungen gar nicht mit am Tisch sitzen. Unter die Weichen werden natürlich ganz im Sinne der Interes- sen der G-8-Staaten und ihrer Konzerne gestellt. Sie ver- suchen mehr und mehr mit der G 8 eine Neben-UN zu etablieren, in der Sie die Bedingungen für Weltwirtschaft und Weltpolitik diktieren. g N m A g z k G n g d d z d d S n G H s b z D z v g v a d V R s s z t l l e J F Z d o i E l m W G t w (C (D Woher nehmen die G 8 ihre Legitimation? Sind sie ewählt, von internationalen Organisationen delegiert? ichts davon. Ihre einzige Legitimation ist ihre ökono- ische und militärische Macht: das Recht des Stärkeren. uch Parlamente spielen dabei nur die Rolle eines Zaun- astes der Entscheidungen, statt sie zu kontrollieren oder u gestalten. In ihrem Antrag, Herr Trittin, findet man einerlei Kritik an der demokratischen Legitimation der 8, im Gegenteil. Verabredungen zu global relevanten Themen gehören icht in den Rahmen der G 8, sondern allein in dafür le- itimierte Gremien. Das setzt gleichberechtigte Teilhabe er Entwicklungs- und Schwellenländer und die Einbin- ung der Parlamente voraus. Der Rahmen dafür ist ein- ig und allein eine in ihren Kompetenzen gestärkte und emokratisierte UNO. Wie sehr die Politik der G 8 Kritik hervorruft, zeigen ie regelmäßigen massiven Proteste und die weltweiten ozialforen. Zehntausende machen dort Alternativen zur eoliberalen Wirtschafts- und Entwicklungsdoktrin der 8 deutlich. Das ist gelebte Demokratie, nicht die G 8, err Hoyer. Und die werden Sie nicht nur in Petersburg, ondern auch im nächsten Jahr in Heiligendamm erle- en. Auf der Agenda in Petersburg stehen weitere Schritte ur Liberalisierung der globalen Energiemärkte. Ein rittel der Menschen in der Welt haben keinen Zugang u Energie. Die weltweite Liberalisierung der Energie- ersorgung hat diesen Zustand nicht verbessert, im Ge- enteil. Durch langfristige Lieferverträge sollen die In- estitionen der Unternehmen in der Rohstoffgewinnung bgesichert werden. Dies richtet sich ausdrücklich gegen ie lateinamerikanischen Staaten, die gerade mit der erstaatlichung einen anderen Weg gehen. Völlig zu echt sind sie nicht mehr bereit, die Gewinne aus heimi- chen Rohstoffen transnationalen Konzernen zu überlas- en und für Armutsbekämpfung um Entwicklungshilfe u betteln. In Russland, 20 Jahre nach Tschernobyl, einen Ak- ionsplan verabschieden zu wollen in dem über Entwick- ungskredite der Weltbank Entwicklungs- und Schwel- enländern Atomkraftwerke verkauft werden sollen, ist ine Gefährdung von Mensch, Natur und Sicherheit über ahrhunderte. Das ist nicht zu verantworten. Bei der rühjahrstagung der Weltbank hat sich Frau Wieczorek- eul dagegen ausgesprochen. Das unterstützen wir aus- rücklich. Hände weg von der Atomenergie, ob hier, der anderswo. Die Zukunft der Energieversorgung liegt n Energieeinsparung und der Nutzung erneuerbarer nergien. Zum Petersburger Aktionsplan haben wir diesbezüg- ich von der Regierung noch kein Wort vernommen. Wir öchten dazu hier und heute von Ihnen eine Antwort. ir erwarten, dass Sie den Aktionsplan auf dem G-8- ipfel ablehen. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zen- rales Thema des diesjährigen G-8-Gipfels in Petersburg ird die Energiepolitik und die Energiesicherheit sein. 4320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Ebenso wie in der Vergangenheit wird sich der Gipfel al- lerdings auch mit globalen Entwicklungsfragen befas- sen. So steht die Bekämpfung von Infektionskrankheiten und der Zugang zu Medikamenten genauso auf der Ta- gesordnung wie die Verbesserung des Zugangs zu Bil- dung. Eine nachhaltige, sichere und wirtschaftliche Versor- gung mit Energie ist essenziell für jede Volkswirtschaft. Ohne eine sichere Energieversorgung sind Wohlstand, Gesundheit und Mobilität undenkbar. Der Rückgang der Vorräte und der Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe sowie die steigende weltweite Nachfrage rücken die Frage der Versorgungssicherheit und des Zugangs zu Energie für die internationale Staatengemeinschaft immer mehr in den Fokus. Von Energieaußenpolitik und Energiesicher- heitspolitik ist die Rede. Die prognostizierten Energieszenarien für Schwellen- länder wie Indien und China verschärfen die Dringlich- keit, darüber nachzudenken, wie bei steigender Welt- bevölkerung und steigendem Wohlstand eine Energieversorgung zu gewährleisten ist, die das „Öko- system Erde“ überhaupt verkraften kann. Insofern ist es nur folgerichtig, dass sich der Gipfel mit dem Thema be- fasst. Der erste Präsident Bush ist im Kontext der Klimade- batte vor mehr als einem Jahrzehnt in Europa berühmt geworden mit dem Satz: „Der amerikanische Lebensstil ist nicht verhandelbar“. Die Kraft der Tatsachen oder – anders gesagt – 5 Milliarden Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern stellen jedoch auch scheinbar wie in Stein gemeißelte Feststellungen infrage. Heute sagt der zweite Präsident Bush immerhin in seiner Rede an die Nation: „Wir müssen weg vom Öl“. Dem ist nur zuzustimmen, dies gilt auch für unser Land. Nur durch eine gerechtere Verteilung und Nutzung der Ressourcen und eine weltweite Orientierung auf er- neuerbare Energien werden wir aus meiner Sicht in der Lage sein, ein wachsendes Konfliktpotenzial zu ent- schärfen. Und es geht nicht nur um die Vorbeugung von Konflikten. Heute verfestigen sich die wissenschaftli- chen Hinweise, dass die globalen Folgen des vorherr- schenden Energiesystems dramatischer sind, als noch vor wenigen Jahren angenommen. Der Klimawandel hat sich beschleunigt, die Jahrestemperaturen steigen stetig an. Daher müssen die globalen Anstrengungen, bald- möglichst den Klimawandel zu verlangsamen, gesteigert werden. Die Temperaturen dürfen nicht über 2°Celsius gegenüber vorindustriellen Zeiten steigen, so eine von Klimaforschem geteilte Erkenntnis. Ich bin der Meinung, dass die G-8-Staaten beim Welt- wirtschaftsgipfel im Juli in Sankt Petersburg die Gele- genheit nutzen müssten, Schritte zu vereinbaren, die die Abhängigkeit von Öl und anderen fossilen Energieträ- gern zu vermindern. Sie sollten aufhören, eine Sicherheit der Versorgung zu suggerieren, die zumindest mittelfris- tig nicht aufrecht zu erhalten ist. Technische Ansätze wie die Erhöhung der Markttransparenz im Ölbereich greifen angesichts der Verfasstheit von Energiemärkten zu kurz. Auch gesteigerte Investitionen im Gas- und Ölsektor werden nicht verhindern, dass wir so schnell wie mög- l z E t E S m w p d t m e n l g n k h g d a m a k s A b D D w b T M z D A n w a V S u n m g (C (D ich die Abhängigkeit von fosssilen Energieträgern redu- ieren müssen. Einsparung, Effizienz und erneuerbare nergien sollten im Zentrum einer Strategie der nachhal- igen Energieversorgung der G 8 stehen. Die G 8 müssten sich für den Ausbau emeuerbarer nergien sowohl in ihren eigenen Ländern als auch in chwellen- und Entwicklungsländern einsetzen. Sie üssten sich in der Weltbank und den regionalen Ent- icklungsbanken für den Ausbau von Energieeffizienz- rogrammen, eine Politik der Energieeinsparung und en Ausbau emeuerbarer Energien einsetzen. Sie müss- en in einen systematischen, institutionalisierten Dialog it Schwellenländern über nachhaltige Energiesysteme intreten. Und die G-8-Staaten müssten den Zugang zu achhaltigen Energiesystemen in den ärmsten Entwick- ungsländern durch die Aufstockung relevanter Pro- ramme unterstützen. Die G 8 sollte vor allem von einem Ansatz absehen, ämlich anzunehmen, dass die Renaissance der Atom- raft auch nur in Ansätzen den Weg in eine zukunftsfä- ige Versorgung weist. Atomenergie ist und bleibt teuer, efährlich und nicht kontrollierbar. Mit der Ausbreitung er zivilen Nutzung der Atomenergie erweitern sich uch die Möglichkeiten ihrer militärischen Nutzung, wie an an den Entwicklungen in Indien und Pakistan oder ktuell im Kontext der Urananreicherung im Iran sehen ann. Dieses zu verhindern sollte in unser aller Interesse ein. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010 (Tagesordnungspunkt 32) Christoph Waitz (FDP): Freunde gewinnen und inden, könnte als Titel über dem Aufgabenplan der eutschen Welle stehen, über die wir heute beraten. iese Aufgabe hat die Deutsche Welle in bemerkens- erter Weise immer wieder erfüllt. Wir hören viel Lo- endes über die Arbeit der Deutschen Welle aus vielen eilen der Welt und ich will die Gelegenheit nutzen, den itarbeitern der Deutschen Welle für ihre Arbeit Dank u sagen. Mit der Aufgabenplanung 2007 bis 2010 skizziert die eutsche Welle, wo die Aufgabenschwerpunkte ihrer rbeit in den nächsten Jahren liegen. Es verwundert icht, dass diese Schwerpunkte dort lokalisiert werden, o der kulturelle Dialog zu intensivieren ist, wie in den rabischsprachigen Staaten und dort, wo die deutsche ertretung noch ungenügend ist, wie im asiatischen prachraum. Diese neuen Aufgaben werden von einem Medien- nternehmen angegangen, das in den letzten Jahren ei- en beträchtlichen Umstrukturierungsprozess bewältigen usste, der sicher nicht ohne interne Verwerfungen ab- elaufen ist. Schließlich wurde die Mitarbeiterzahl er- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4321 (A) ) (B) ) heblich abgesenkt und der Zuschuss aus Bundesmitteln in schöner Regelmäßigkeit reduziert. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen haben es die Verantwortlichen geschafft, sich auf die wechseln- den Anforderungen einzustellen und das Angebot im Be- reich Fernsehen, Radio und den neuen Medien immer wieder neu anzupassen. Mit dem Aufgabenplan 2007 bis 2010 hat die Deutsche Welle deutlich gemacht, dass nun- mehr ein Punkt erreicht ist, an dem bei allem guten Wil- len neue Aufgaben nur dann zu schultern sind, wenn ent- weder zusätzliche Gelder bereitgestellt werden oder aber an anderen Stellen im Haushalt gespart wird. In Ihrem Aufgabenplan setzt die Deutsche Welle fol- gende Schwerpunkte: Das arabischsprachige Fenster der Deutschen Welle soll von drei auf mindestens sechs Stunden Sendezeit pro Tag ausgedehnt werden. Das Auslandsfernsehen soll ausgebaut werden und eine wett- bewerbsfähige technische Ausstattung soll erhalten wer- den. All dies kostet zusätzliches Geld. Für die Ausdehnung des arabischsprachigen Fensters benötigt die Deutsche Welle zusätzlich 2 Millionen Euro. Für das Auslandsfernsehen kommen zusätzliche Kosten in Höhe von 5,75 Millionen Euro für Urheber- rechte, Anpassung von Formaten und die Bereitstellung zusätzlicher Studiokapazität auf die Deutsche Welle zu. Allein für die Aufrechterhaltung einer wettbewerbsfähi- gen technischen Ausstattung fehlen der Deutsche Welle 19,1 Millionen Euro bis zum Jahr 2010. Die Beschlussempfehlung des Kultur- und Medien- ausschusses enthält den Appell an die Bundesregierung, die bisherige Programmpräsenz in Afrika, hier insbeson- dere in der Subsahara-Region und in Lateinamerika zu erhalten, den Dialog der Kulturen zu verstärken und in technologische Aufwendungen wie zum Beispiel mobile Technologien zu investieren. Dieser Appell ist richtig und macht Sinn. Gerade in der Subsahara-Region betreibt die Deut- sche Welle ein erfolgreiches Radioprogramm; und das in einem Gebiet, in dem das Radio oft die einzige Informa- tionsquelle darstellt. In Lateinamerika ist die Deutsche Welle inzwischen in den Netzen Hunderter Kabelgesell- schaften vertreten. Das Internet als weltweites Medium muss zukünftig verstärkt genutzt werden, um mehr audiovisuelle Ange- bote anzubieten. Wenn wir sowohl den Focus auf neue Aufgaben len- ken wollen, als auch die bestehenden Programme erhal- ten wollen, dann kommen wir nicht umhin, die Deutsche Welle auch mit den benötigten Mitteln auszustatten. Das Ende der Fahnenstange ist bei der Deutschen Welle er- reicht. Einsparungen bei gleichzeitiger Ausdehnung des Aufgabenbereichs sind nicht mehr möglich, ohne dass die Substanz der Deutschen Welle geschädigt wird. Dass heißt, wir müssen die Einsparungen im Haushalt an anderer Stelle erbringen. Ich kann nur an die Koali- tion appellieren, hier nicht an der falschen Stelle zu spa- ren. Sparen Sie lieber dort, wo es wirklich Not tut! Falls Sie noch nach geeigneten Ausgaben suchen, die Sie ein- s u e A d A s z f k v d m n i C n E m r d h n 2 d d S w r h 5 w f a u a s f k U t t F d (C (D paren können, dann empfehle ich Ihnen als Ideengeber nser liberales Sparbuch als Anregung und Ansporn für ine bessere Haushaltspolitik. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Umverteilung durch den Emissionshandel beenden – Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen (Tagesordnungs- punkt 33) Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Die Bun- esregierung hat in dieser Woche den Nationalen llokationsplan II beschlossen. Damit wird der Emis- ionshandel fortgeschrieben. Worum geht es dabei? Erstens geht es um die Umwelt, es geht um die Redu- ierung des CO2-Ausstoßes und damit um die Bekämp- ung des Klimawandels. Dieser ist längst bei uns ange- ommen und die Erkenntnisse aus jüngster Zeit führen or Augen, dass Auswirkungen und Entwicklungen rastischer sind als bislang angenommen. Das heißt: Es uss gehandelt werden! Und wir handeln. Nun sagen manche: Aber nicht ge- ug. Dazu will ich eines festhalten: Die Zuteilungsmenge m NAP II, also das Gesamtvolumen an möglichem O2-Ausstoß, beträgt 482 Millionen Tonnen und damit och einmal 13 Millionen Tonnen weniger als im ersten ntwurf vorgesehen. Nun kann man sich immer noch ehr, noch größere Emissionsziele, einen noch geringe- en CO2-Ausstoß wünschen. Aber zur Wahrheit gehört doch eines dazu: Wir sind amit ehrgeiziger als Rot-Grün. Die Vorgängerregierung atte im ersten NAP ein Mengengerüst von 503 Millio- en Tonnen CO2 festgeschrieben. Jetzt sparen wir 1 Millionen Tonnen mehr ein. Das mag Sie verwun- ern. Aber auch in anderen Bereichen, wo manche durch as Land gezogen sind und gesagt haben: Wenn die chwarzen dran sind, machen sie den Kahlschlag, leisten ir mehr: Bestes Beispiel ist das CO2-Gebäudesanie- ungsprogramm, das wir ganz erheblich aufgestockt aben und für das wir in dieser Legislaturperiode ,6 Milliarden Euro ausgeben werden. Also: Sie sagen, ir machen nicht genug. Ich sage: Wir machen jeden- alls mehr als Trittin, und den haben manche – ich nicht – ls grünen Umweltengel gefeiert. Also: Wir stehen zu nseren Kioto-Verpflichtungen und Deutschland bleibt uch mit diesem NAP II an der Spitze beim Klima- chutz. Und dann wird gesagt: Dieser NAP II ist zu kohle- reundlich. Jetzt nehmen Sie mir bitte eins ab: Ich bin ein Freund der Kohle, eben weil sie CO2-intensiv ist. nd deshalb wird man im Detail in der Beratung des Zu- eilungsgesetzes sicher noch das ein oder andere disku- ieren müssen. Aber ich will Ihnen eine grundsätzliche rage stellen: Wofür sind Sie eigentlich? Sie sind gegen ie Kohle. Sie sind gegen die Kernkraft und eine 4322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) moderate Verlängerung der Laufzeiten. Aber wofür sind Sie? Sie sind für regenerative Energien. Wir auch. Des- halb führen wir die Förderung durch das EEG weiter, es war ja nicht alles falsch, was in den letzten sieben Jahren gemacht wurde. Hier gilt: Viel mehr hätte man nicht ma- chen können und viel mehr kann man auch jetzt nicht machen. Aber selbst wenn wir optimistisch sind: Mehr als 20 Prozent werden sie im Jahr 2020 nicht zur Ener- gieerzeugung beitragen. Und das sollte niemand kleinre- den, dort haben wir weltweit eine Führungsrolle! Und der Rest? Also der Löwenanteil? Gas, sagen Sie. Ohne zu fragen: Wird nicht auch Gas einmal endlich sein? Welche Auswirkung wird so eine immense Nachfrage auf die Preise haben? In welche neuen Abhängigkeiten würden wir uns begeben. Wir wollen nicht, dass irgend- wer in Russland uns den Saft abdrehen kann: Die Ukraine lässt grüßen. Und deshalb: Wir werden auch in Zukunft einen Energiemix brauchen. Entscheiden ist eines: Wir brau- chen mehr Effizienz, wir brauchen neue Technologien, bessere Wirkungsgrade und damit auch bei der Kohle weniger Emissionen. Dieses Ziel verfolgt der NAP II. Und daneben brauchen wir Gas. So viel wie möglich, aber eben auch so wenig wie vertretbar. Und zweitens geht es dann um Arbeitsplätze. Das ist der Grund, warum die Union darauf gedrungen hat, den Mittelstand außen vor zu lassen und das ist der Grund, warum wir von der Industrie nur eine vergleichsweise geringe Minderung von 1,25 Prozent verlangen. Wir wollen Industrie in Deutschland. Wir wollen etwa auch die chemische Industrie, bei der bestimmte Prozesse not- wendig zu CO2-Ausstoß führen, zu einem Ausstoß, der auch nicht reduziert werden kann. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder findet das in Deutschland statt oder anderswo auf der Welt. Für die Umwelt wäre damit nichts gewonnen. Aber es ginge wieder etwas verloren: Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Land. Das wollen und das werden wir nicht zulassen. Es sind in den letzten Jahren schon viel zu viele Arbeitsplätze vertrie- ben worden und die Auswirkungen spüren Millionen Menschen in Deutschland und wir alle jeden Tag. Um Arbeitsplätze zu halten, brauchen wir auch gerin- gere Strompreise. Und diese brauchen wir auch, um die Privathaushalte zu entlasten. Die Stromrechnung ist zur echten Belastung für viele Bürgerinnen und Bürger ge- worden. Warum ist der Preis in den letzten Jahren so nach oben geschossen? Ich will auch hier betonen: Nicht we- gen der Förderung regenerativer Energien. Sie ist gerade einmal für die Höhe von 2 Prozent des Strompreises ver- antwortlich, für mehr nicht. Den Löwenanteil hat der Umgang der großen Ener- gieversorger mit den CO2-Zertifikaten verursacht. Sie haben Verbrauchsrechte kostenlos bekommen, aber dem Verbraucher die potenziellen Kosten auf den Preis drauf geschlagen. Jetzt geht es uns gar nicht darum, ob das redlich ist oder wie auch immer. Fakt ist: Die Energie- versorger haben sich damit innerhalb der Rahmenbedin- gungen bewegt, die der NAP I gesetzt hat. Aber die Frage muss doch sein: Wie machen wir’s beim NAP II b e w k A g „ g d m i E d w v d t z v d d d d G „ N – e s h B D u c s n Z u d A u A w w N J i W i w w B U (C (D esser? Wie schöpfen wir Mitnahmeeffekte ab und wie rreichen wir geringere Preise? Einen ersten Schritt geht der NAP II: Der Energie- irtschaft wird die CO2-Zuteilung um 15 Prozent ge- ürzt. Das ist richtig und es wird Gewinne abgeschöpft. ber eine Senkung der Preise erwarten wir nicht. Was wir brauchen ist mehr Wettbewerb auf dem Ener- iemarkt, weg von der beherrschenden Stellung der großen Vier“, hin zu einem offenem europäischen Ener- iemarkt. Dann wird die Belastung des Verbrauchers urch immer höhere Energiepreise auch nicht mehr öglich sein. Das zeigt das Beispiel der Industrie, die im nternationalen Wettbewerb steht. Und deshalb trotz missionshandel keine Preise. Doch mehr Wettbewerb, as wissen wir das werden wir nur langfristig schaffen, ir brauchen aber eine kurz- und mittelfristige Lösung. Und da gibt es ein Instrument, dass die CDU/CSU fa- orisiert: die „Ex-Post-Korrekturen“. Durch Koppelung er Zertifikatvergabe an die tatsächliche Stromproduk- ion fällt die Möglichkeit weg, keinen Strom zu produ- ieren und die zugewiesenen Zertifikate stattdessen zu erkaufen. Potenzielle Gewinne hieraus sind somit nicht enkbar und deren Wegfall kann nicht ein-gepreist wer- en. Damit würde der Strompreis sinken. Jetzt wissen wir: Die Kommission stemmt sich gegen ieses Instrument und eine Streitigkeit zwischen ihr und er Bundesrepublik Deutschland ist am Europäischen ericht in erster Instanz anhängig. Deshalb konnte die Ex-Post-Korrektur“ nicht von vorne herein in den AP II aufgenommen werden. Aber: Sobald das Gericht wohl Ende des Jahres – entschieden hat und wenn es ine für uns günstige Entscheidung ist – wofür nach un- erer Einschätzung einiges spricht –, dann muss neu ver- andelt und neu entschieden werden. Das hat auch die undesregierung in einer Protokollnotiz festgehalten. afür sind wir dankbar. Dann muss die Kommission mdenken. Eine Verschleppungstaktik mit einer mögli- hen Revision und einem Hinauszögern bis zu einer Ent- cheidung des EuGH machen wir nicht mit. Es dürfen icht durch eine lange Verfahrensdauer Fakten durch eitablauf geschaffen werden. Wir machen das nicht mit nd Herr Minister Gabriel, wir fordern auch Sie ein- ringlich auf: Lassen Sie das nicht zu! Die anderen vorgeschlagenen Instrumente – von der uktionierung bis zur Zertifikatesteuer – halten wir für ngeeignet. Es mag für alles eine Für und Wieder geben. ber eines ist sicher: Geringere Strompreise erreichen ir damit nicht, sondern eher im Gegenteil. Lassen Sie mich einen letzten Punkt herausheben, eil das ein Verhandlungserfolg der Union ist: Im AP II wird die Möglichkeit zur Nutzung von CDM und l-Projekten ganz erheblich erweitert. Bis zu 12 Prozent hrer Verpflichtungen können die Betreiber in dieser eise erbringen. Was heißt das? Statt durch Maßnahmen n Deutschland können CO2-Einsparungen beispiels- eise durch Umwelt- und Technologieprojekte in Ent- icklungsländern erbracht werden. Zum Nutzen aller eteiligten. In die Entwicklungsländer fließt Kapital für mweltschutz, die Unternehmen können in diesen Län- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4323 (A) ) (B) ) dern für dasselbe Geld erheblich höhere Effizienzge- winne erzielen und schließlich – für den Klimaschutz spielt es keine Rolle, ob CO2 hier oder dort eingespart wird. So sind diese Projekte heute Beispiele für erfolg- reiche Umwelt- und Entwicklungspartnerschaft. Und – wie könnte es anders sein – schon erheben sich auch hier wieder kritische Stimmen, auch in diesem Hause, nicht nur bei den Linken, genauso bei den Grünen etwa: Macht hier nur nicht zu viel, irgendwo muss man Gren- zen ziehen, wo führt das hin, wenn nicht alle Pflichten im Inland abgearbeitet werden usw. Ich behaupte: Genau hier ist die Trennlinie zwischen pragmatischem, effizientem Umweltschutz, der auch Wirtschaft und Arbeitsplätze im Auge hat, und einseiti- ger Ideologie: Liebe Kolleginnen und Kollegen, global denken, lokal handeln – das war gestern. Heute heißt die Devise: Global denken, lokal, national und global han- deln. Dafür stehen wir – in Verantwortung für den Plane- ten Erde und für die Arbeitsplätze in Deutschland. Frank Schwabe (SPD): Drei Vorbemerkungen seien mir gestattet: Erstens. Bei allen Debatten um Mengen- gerüste, Zuteilungsregeln, Ausnahmeregeln usw. dürfen wir nicht vergessen, worum es beim Emissionshandel ei- gentlich geht: um die Bewältigung des Klimawandels. Es geht mit dem Klimawandel um eine der, wenn nicht die größte Menschheitsherausforderung. Es geht darum, dass die Erkenntnisse zur Dramatik des Prozesses immer intensiver werden. Zweitens. Man muss den Emissionshandel nicht lie- ben. Man muss jedoch zur Kenntnis nehmen, dass er das einzige international durchsetzbare Instrument war. Wer, gerade aufseiten der Wirtschaft, den Emissionshandel nicht will, der muss sich im Klaren darüber sein, welche Instrumentarien des Klimaschutzes er dann will. Und dass es möglicherweise gerade von den Gegnern weni- ger geliebte Instrumentarien sein könnten. Drittens will ich betonen, dass der Emissionshandel sicherlich ein zentrales, aber nicht das einzige Mittel zur Senkung der Treibhausgasemissionen ist. Ob EEG, KWK, Biokraftstoffe, CO2-Gebäudesanierung, Effi- zienzprogramme und anderes. Erst im Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Instrumente wird die Klima- schutzpolitik in Deutschland erfolgreich sein. Bei der Betrachtung des vorliegenden Nationalen Al- lokationsplans II für 2008 bis 2012 ist nun für die einen das Glas halb voll, für die anderen leer, für manche an- dere läuft es aber schon über. Für die Opposition in diesem Haus ist das Glas leer. Ganz und gar. Sie lassen kein gutes Haar an diesem NAP II! Das ist Ihr gutes Recht, es ist sogar Ihre Pflicht, sich kritisch mit der Politik der Regierung auseinander zu setzen. Aber das ist eben der Unterschied zwischen Regie- rung und Opposition. Sie können das Blaue vom Him- mel fordern, die Regierung muss vor dem Hintergrund einer klaren Zielrichtung das Mögliche umsetzen. e A s T a D 5 t s N d f d d V v S I n e d a c e v j G t p f S e s e g g d M r f M D 1 z s L d u L s D (C (D Und das mit dem NAP II verbundene Ziel ist klar. Die ntscheidende Frage ist: Ist der vorliegende Nationale llokationsplan geeignet das im Rahmen des europäi- chen so genannten burden sharings eingegangene reibhausgasminderungsziel von 21 Prozent bis 2012 uf der Basis des Jahres 1990 zu erreichen? Ja oder nein? ie Antwort ist: Ja. Schaffen wir es außerdem das Regelungsdickicht von 8 Kombinationsregeln zu entwirren und das System ransparenter zu machen. Die Antwort ist: Ja. Der Umweltminister hat dieses hier in der Frage- tunde am Mittwoch bereits umfassend dargelegt. Der ationale Allokationsplan II ist in vielen Bereichen eutlich besser als der erste. Er ist eine gute Grundlage ür die Beratungen des Parlaments, also von uns, über as Zuteilungsgesetz 2012 am Ende dieses Jahres. Der vorliegende NAP II entspricht der Energiepolitik er Bundesregierung, die gleichzeitig auf Klimaschutz, ersorgungssicherheit und Preisstabilität setzt. Und nun erstehe ich ja den Einwand der Umweltökonomen, die ie sich in der Opposition zu Eigen machen, dass das nstrument durch unterschiedliche politische Vorgaben icht in seiner Idealform umgesetzt wird. Aber das ist ben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis und en muss Politik schon machen und den muss Politik uch aushalten. Deshalb entscheidet sich die Koalition entgegen man- her Wünsche eben für einen Energiemix und gegen eine inseitige Bevorzugung von Gas. Deshalb gibt es den on manchen gewünschten einheitlichen Benchmark etzt nicht. Es darf aber auch keine Benachteiligung von as durch den NAP geben. Deshalb war es so wichtig, dass der Standardauslas- ungsfaktor für GuD-Kraftwerke jetzt bei 7 500 Stunden ro Jahr liegt. Dass das jetzt so im NAP steht, ist ein Er- olg im Sinne des Klimaschutzes. Und das dürfen auch ie so benennen. Mit dem NAP II werden also die Kiotoziele bis 2012 rreicht. Der NAP II ist einfacher und transparenter, mit einen Regelungen werden notwendige Investitionen in ine Erneuerung des Kraftwerkparks gefördert. Mit dem eteilten Erfüllungsfaktor von 15 Prozent für die Ener- iewirtschaft und 1,25 Prozent für die Industrie trägt er er Wettbewerbssituation und den unterschiedlichen öglichkeiten der CO2-Reduktion Rechnung. Das ist ichtig. Und er schafft verlässliche Rahmenbedingungen ür die Förderung von Klimaschutz im Ausland über die echanismen von Joint Implementation und Clean evelopment Mechanism. Ich halte hier die Quote von 2 Prozent für richtig und ausbaufähig, will aber gleich- eitig betonen, dass wir immer Wert darauf legen müs- en einen erheblichen Teil des Klimaschutzes im eigenen and zu verwirklichen. Das schafft erst die Glaubwür- igkeit, international für ambitionierte Ziele einzutreten nd hält den Innovationsdruck, der sicherlich nicht zu asten der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt- chaft war und ist, aufrecht. Nochmal: Der NAP II ist eine gute Grundlage für die iskussion zum ZuG 2012. Aber es ist schon Aufgabe 4324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) des Parlaments, jetzt in intensive Beratungen einzustei- gen. Die SPD-Fraktion hat dabei insbesondere noch Dis- kussionsbedarf zum CAP vor dem Hintergrund der noch zu erhebenden Zahlen für die Jahre 2003 und 2004. Die- ses ist aber ja auch die Position der Bundesregierung. Darüber hinaus werden wir die Frage der Reserve vor dem Hintergrund der angekündigten Kraftwerksprojekte kritisch überprüfen. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Vermeidung der Mitnahmeeffekte sehen wir noch nicht ausreichend umgesetzt. Hier wollen wir prüfen, ob es ein Verfahren gibt, das die windfall profits vermeidet oder abschöpft, ohne gleichzeitig einen Vorwand für weitere Strompreis- erhöhungen zu liefern. Die SPD-Fraktion unterstützt die Ankündigung des Umweltministers, sich für eine umfas- sende Auktionierung in der dritten Handelsperiode ein- zusetzen. Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass der Nationale Allokationsplan II genügend Spielräume für einen ambi- tionierten Klimaschutz nach 2012 bietet. Der Druck auf einen umfassenden Klimaschutz wird mit jeder neuen Studie zunehmen. Deshalb muss heute zweierlei gewähr- leistet sein. Es dürfen erstens im NAP II keine Elemente enthalten sein, die eine zu starke Belastung für die nächste Periode mit sich bringen. Vor dem Hintergrund der steigenden Ansprüche an den Klimaschutzwürde das das System des Emissionshandels in Gefahr bringen. Zweitens müssen bereits heute Signale gesetzt werden, dass es im Bereich des Kraftwerksbaus, zwar zu einer durch einen Energiemix energiesicheren, aber auch gleichzeitig klimaschutzgerechten Entwicklung kommen muss. Die Kohle in all ihren Facetten wollen wir als Säule haben. Wenn aber zu sehr in Kohle investiert würde und damit ambitioniertere Klimapfade in Zukunft nicht mehr zu erreichen wären, müsste im NAP III über einen brennstoffunabhängigen benchmark im Sinne des Klimaschutzes nachjustiert werden. Heute bleibt festzustellen: Erstens. Der NAP II ist besser als der NAP I. Zweitens. Er ist eine gute Grund- lage für die Erreichung der Klimaschutzziele bis 2012. Und abschließend – drittens –: Er ist eine gute Grund- lage für eine umfassende und intensive parlamentarische Diskussion in den nächsten Monaten. Und die werden wir von der SPD-Fraktion, und ich nehme an, die ande- ren Fraktionen auch, umfassend führen. Michael Kauch (FDP): Emissionshandel ist als effi- zientes, kostengünstiges Klimaschutzinstrument sowohl bei den Umweltverbänden als auch in der Wirtschaft an- erkannt. Die Bundesregierung gefährdet mit Ihrer Politik aller- dings seine Akzeptanz, wenn sie ungerechtfertigte Ge- schenke zugunsten der Energieversorger und zulasten der Verbraucher macht, indem sie die Zertifikate zu 100 Prozent verschenkt. Sie, Herr Gabriel, könnten das ändern. Wir Liberale fordern Sie erneut auf, die Emissionsrechte zu verstei- g n d k D w s t o E w b s S i a E d s t A e g M d n F s s g Z g h g E l z k m K d e u P s e s s (C (D ern, anstatt sie kostenlos abzugeben. Hier wird nicht ur Geld verschenkt, sondern die Möglichkeit vergeben, as Geld an die Stromverbraucher zurückzugeben. Sie önnten mit den Einnahmen die Stromsteuer senken. ann würden die Strompreise sinken und nicht steigen, ie Sie es immer wieder behaupten. Der Wert der Emis- ionsrechte ist schließlich bereits jetzt schon eingepreist – rotz kostenloser Ausgabe. Für die Umwelt wäre es egal, b Sie versteigern, für den Verbraucher ist es das nicht. s gibt zudem konkrete Vorschläge, Spekulationsge- inne bei der Versteigerung zu verhindern. Aber offen- ar hören Sie, Herr Gabriel, mehr auf die Energiever- orger als auf Ihr eigenes Beratergremium, den achverständigenrat für Umweltfragen. Dieser schreibt n seiner Stellungnahme: Bei der Wettbewerbsargumentation handelt es sich um vorgeschobene strategische Argumente im Kampf um windfall-profits. Eine Versteigerung ist die einfachste und transparenteste aller Zuteilungs- methoden und vermeidet diese Verteilungskonflikte innerhalb des Emissionshandelssektors. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ein Investitionshemmnis ist die von allen Experten ls zu gering erachtete Ausstattung der Reserve von missionsrechten für Neuanlagen. Sie ist jährlich min- estens um 15 Millionen zu niedrig angesetzt. Die Re- erve muss aufgestockt werden, sonst werden hier Las- en in die Zukunft getragen. Entscheidend ist, dass die ufstockung innerhalb des vorgegebenen CO2-Budgets rfolgt, um die eingegangenen Klimaschutzziele nicht zu efährden. Die entsprechende Kürzung der zugeteilten engen für Altanlagen sollte dann aus unserer Sicht bei er Energiewirtschaft und nicht bei den Industrieunter- ehmen erfolgen. Wir haben also durchaus Übereinstimmungen mit den orderungen im Antrag der Linken und teilen die grund- ätzliche Kritik am Nationalen Allokationsplan. Der ent- cheidende Unterschied liegt aber in unseren Auffassun- en, was der Staat mit dem Versteigerungserlös aus den ertifikaten machen soll. Sie wollen neue Ausgabenpro- ramme beschließen und so die Staatsquote weiter erhö- en. Wir wollen die Stromsteuer senken und so die Bür- er entlasten. Wir wollen umverteilen von vier nergieversorgern auf die privaten Haushalten, Sie wol- en umverteilen von Privatwirtschaft zum Staat. Uns unterscheidet zudem Ihre sehr kritische Haltung u den projektbasierten Mechanismen des Kiotoproto- oll. Die FDP will, dass alle Kiotomechanismen im Rah- en der nationalen, europäischen und internationalen limapolitik genutzt, aber auch weiterentwickelt wer- en. So wird Klimaschutz so kostengünstig wie möglich rreicht. Im Bereich von CDM, des Mechanismus für mweltgerechte Entwicklung, sind derzeit nicht zu viele rojekte, sondern zu wenig. Der von der Bundesregierung am Mittwoch beschlos- ene Nationale Allokationsplan ist ein Paradebeispiel für ine Politik der verpassten Chancen. Anstatt den Emis- ionshandel einfach, kostengünstig und gerecht zu ge- talten, bleibt dieses Instrument in Deutschland geprägt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4325 (A) ) (B) ) von Sonderregeln und Verteilungskämpfen. Experten- meinungen wurden zugunsten von Konzerninteressen in den Wind geschlagen. Anstatt Vorreiter im Emissions- handel zu sein, ist Deutschland zur Bremse geworden. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Heute geht der Nationale Allokationsplan für die zweite Emissionshan- delsperiode nach Brüssel. Es ist schon erstaunlich, dass sich der Bundestag erst auf Antrag der Linken hin mit seinem Inhalt beschäftigt. Schließlich geht es im NAP ja nicht nur um die Architektur des künftigen Emissions- handels, sondern auch um die Emissionsziele aller volkswirtschaftlichen Sektoren der Bundesrepublik bis 2012. Das alles birgt jede Menge Umwelt- und vertei- lungspolitischen Sprengstoff. Welche Bedeutung der Zuteilungsplan hat, kann man auch an einem Artikel von „BBC News“ ablesen. Da- nach hätte Großbritannien mit seinem NAP bewusst auf die Veröffentlichung des deutschen Plans gewartet. Die Regierung dort stehe unter Druck der dortigen Unterneh- men, weil die deutschen Unternehmen seinerzeit im von Rot-Grün verabschiedeten NAP vergleichsweise großzü- gig mit Zertifikaten ausgestattet worden seien. Offen- sichtlich hoffte man in London nun auf ambitionierte Ziele in der Bundesrepublik. – Wie wir nun wissen, ver- geblich. Denn im Vergleich zur Basisperiode 2000 bis 2002 sollen hierzulande im Emissionshandelssektor in der zweiten Handelsperiode gerade einmal 2 Prozent CO2 eingespart werden. Man muss sich das einmal vor- stellen: Insgesamt 2 Prozent in knapp zehn Jahren! Das ist verordneter Stillstand in der Klimapolitik! Der renommierte britische Klimawissenschaftler Pro- fessor Michael Grubb hat sich daher auch tief enttäuscht über Deutschland geäußert. Der schlaffe deutsche NAP werde Auswirkungen auf die anderen EU-Länder und damit auf den europäischen Emissionshandel insgesamt haben, stellt er fest. Herr Gabriel, wo ist denn nun die internationale Vor- reiterrolle der Bundesrepublik im Klimaschutz? Sie soll- ten jeden Morgen ein Dankgebet sprechen, dass die DDR und ihre energiefressende Wirtschaft zusammen- gebrochen ist. Wir müssen hier im Hause im Gesetzgebungsverfah- ren dafür sorgen, dass der Emissionshandel in Deutsch- land wieder zu einem Klimaschutzinstrument wird. In unserem Antrag machen wir Vorschläge dafür. Zualler- erst muss ein anspruchsvolles Emissionsziel her. Der Ausstoß ist deutlich unter 470 Millionen Tonnen zu be- grenzen, um glaubwürdig auf einem Klimaschutzpfad zu bleiben. Zudem sind die Regeln für Neu- und Ersatzan- lagen zu verändern. Momentan sind sie schlicht Schutz- klauseln für die Kohlewirtschaft, auch wenn Herr Gabriel ständig das Gegenteil erklärt. Ferner ist die viel zu geringe Neuanlagen-Reserve von 12 Millionen Tonnen klimapolitisch und haushalts- rechtlich eine Anleihe auf die Zukunft. Schließlich muss der Bund – da es absehbar zu Engpässen kommen wird – auf dem Markt Zertifikate erwerben, um damit die Neu- anlagen ausstatten zu können. Damit wird ein weiterer S 2 b d t E e d w w d 5 u n d S n v w M 5 n K i e d p m e e t d l d E S Z A d D W n z N s m g g g N (C (D chattenhaushalt für die Zukunft von voraussichtlich Milliarden Euro aufgemacht. Die Bundesrepublik hat sich die meisten ihrer Pro- leme im Emissionshandel selbst geschaffen, und zwar adurch, dass vollständig auf die Versteigerung der Zer- ifikate verzichtet wird. So muss bei der kostenlosen rstausstattung mit komplizierten Regeln das Ergebnis ines marktbasierten Verfahrens nachgebildet werden. In en Verhandlungen um die Emissionshandelsrichtlinie ar es nicht zuletzt deutscher Druck, durch den auf eine eitgehend kostenlose Zuteilung als Grundprinzip ge- rängt wurde. Doch schon heute wäre eine Versteigerung von Prozent der Zertifikate EU-rechtlich möglich. Darauf nd damit gleichzeitig auf rund 1,5 Milliarden Euro Ein- ahmen verzichtete die alte Bundesregierung. Die Unternehmen bedanken sich, denn diese Milliar- en wandern direkt als Extraprofit in die Kassen der tromkonzerne. Schließlich preisen die Unternehmen ach eigenem Bekunden den Marktwert der Zertifikate oll in den Strompreis ein. Und so soll es auch in der zweiten Handelsperiode eitergehen. Das Kabinett verzichtet bei heutigen arktpreisen von um die 20 Euro je Tonne auf rund Milliarden Euro, wenn die dann möglichen 10 Prozent icht auktioniert werden. Das Geld fließt erneut in die assen der Stromversorger. Wir sind der Meinung, das st ein Skandal für eine Bundesregierung, die ständig den infachen Leuten in die Tasche greift, weil das angeblich er klamme Etat erfordert. Unser Fazit: So, wie von der Bundesregierung ge- lant, ist der Emissionshandel erstens eine Gelddruck- aschine für die vier großen Energiekonzerne, zweitens in milliardenschweres Haushaltsrisiko, drittens bringt r nichts fürs Klima und viertens sendet er außenpoli- isch verheerende Signale aus. Wir haben die Chance, diese gravierenden Fehler bei en anstehenden Beratungen zum so genannten Zutei- ungsgesetz 2012 rückgängig zu machen. Lassen sie uns iese Chance gemeinsam nutzen: gegen die Lobby der nergiekonzerne und für das Klima. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eit dem l. Januar 2005 steht der Emissionshandel im entrum der europäischen Klimapolitik. Der Nationale llokationsplan für die Jahre 2005 bis 2007, NAP I, hat as System des Emissionshandels erfolgreich in eutschland etabliert. Viele Sonderregeln, die auf unsch unseres damaligen Koalitionspartners aufge- ommen wurden, höhlen aber seine Effektivität aus. Der weite Nationale Allokationsplan 2008 bis 2012, AP II, sollte diese Fehler vermeiden und zu einer an- pruchsvollen klimapolitischen Grundlage für die kom- enden Jahre werden. Der NAP II ist damit die erste roße klimapolitische Nagelprobe der neuen Bundesre- ierung. Leider, so müssen wir feststellen, hat die Bundesre- ierung diese Nagelprobe aber nicht bestanden. Der AP II der Bundesregierung wird den Herausforderun- 4326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) gen des Klimaschutzes nicht gerecht und verschenkt leichtfertig die Chancen, die der Emissionshandel bietet. Aus unserer Sicht schafft er nicht die Voraussetzungen für ambitionierten Klimaschutz, sondern ist ein Förder- instrument für den Bau neuer Kohlekraftwerke. Gezielte Anreize für Investitionen in klimaverträglichere Ener- gieträger fehlen, klimaschädliche Kohlekraftwerke sol- len sogar doppelt so viele Emissionsrechte erhalten wie Gaskraftwerke. Das ist ungerecht, behindert Neuinves- toren und ist ein klimapolitischer Widersinn erster Güte. Klimapolitisch richtig wäre ein einheitlicher, brenn- stoffunabhängiger Benchmark, insbesondere für neue Kraftwerke, um ein klares Signal für emissionsfreie oder -arme Technologien zu setzen. Zweitens ist es ein schwerer Fehler, dass die Bundes- regierung die Zertifikate an die Stromkonzerne ver- schenken will, was deren Monopolstellung auf den Ener- giemärkten weiter festigt. Dieses Geschenk zahlen die privaten und industriellen Stromverbraucher, denn die Energieversorger werden auch künftig den Wert der CO2- Rechte in die Strompreise einpreisen und damit doppelt abkassieren. Besonders Umweltminister Gabriel macht sich damit zum Erfüllungsgehilfen der Stromkonzerne. Wenn selbst die Ministerpräsidenten der Union Roland Koch und Günther Oettinger sich explizit der grünen Position anschließen und fordern, die Zertifikate zu ver- steigern, sollte das dem obersten Klimaschützer dieser Bundesregierung zu denken geben. Ich habe jedenfalls mit Freude vernommen, dass sich auch Kollegen in den Koalitionsfraktionen für eine Versteigerung ausspre- chen. Unsere Unterstützung im parlamentarischen Ver- fahren nach der Sommerpause haben Sie dabei! Drittens sind die Reduktionsziele zu wenig ambitio- niert. Schon in 2005 haben Industrie und Energiewirt- schaft weniger CO2 ausgestoßen als sie zwischen 2008 und 2012 an jährlichen Emissionsrechten durch den NAP II erhalten sollen. Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Wir brauchen also ambitionieitere Ziele. Grundlage dafür sollte die Zusage aus der Wirtschaft sein, ihre CO2-Emissionen bis 2010 um 45 Millionen Tonnen zu senken. Alles in allem ist der vorliegende NAP II eine ver- passte Chance für den Klimaschutz. Nicht die Interessen der großen Energiekonzerne dürfen der Maßstab beim Emissionshandel sein, sondern die dramatische Heraus- forderung des Klimaschutzes. Ich hoffe, dass wir im par- lamentarischen Verfahren Verbesserungen für den Kli- maschutz erreichen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Zuverlässigkeits- überprüfung von Privatpiloten auf ein ange- messenes Maß reduzieren (Tagesordnungs- punkt 35) Clemens Binninger (CDU/CSU): Wenn wir heute über den FDP-Antrag zur Zuverlässigkeitsüberprüfung v e d a t h h d d o g 3 G l – d a G s j M d k v B d a b d g d W m u V t F m t n b S d d D S p b K m s g t l (C (D on Privatpiloten sprechen, dann sprechen wir zunächst inmal über Vorschriften für einen wirksamen Schutz es Luftverkehrs gegen Flugzeugentführungen, Sabotage- kte und sonstige gefährliche Eingriffe. Diese Vorschrif- en sind im Luftsicherheitsgesetz zusammengefasst. Das Bundesverfassungsgericht hat, wie von mir vor- ergesagt, zwar Passagen des rot-grünen Luftsicher- eitsgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Vom Urteil es Bundesverfassungsgerichts ist aber nicht die perio- ische Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsver- rdnung betroffen, die in § 7 des Luftsicherheitsgesetzes eregelt ist. Betroffen von dieser Überprüfung sind circa 0 000 Piloten in Deutschland. Grundlage für die Zuverlässigkeitsüberprüfung ist ein efährdungsgutachten des BKA: Darin wird sehr deut- ich darauf hingewiesen, dass auch Sportflugzeuge wenn sie in falsche Hände geraten – eine Bedrohung arstellen. Die Innenministerkonferenz der Länder hat uf dieser Grundlage entsprechende Forderungen an den esetzgeber gestellt. Diese Einschätzung unserer zu- tändigen Sicherheitsbehörden wurde übrigens erst üngst wieder erneuert. Ich denke, wir sollten uns auf die einung der Experten verlassen können. Die FDP bleibt in ihrem Antrag eine Erklärung schul- ig, warum ihrer Meinung nach mit der Zuverlässig- eitsüberprüfung kein zusätzlicher Sicherheitsgewinn erbunden sein soll. Eine starke Behauptung ohne egründung – das ist etwas zu wenig. Ich vertraue in iesem Falle deshalb lieber unseren Sicherheitsbehörden ls den Liberalen. Es ist der erfolgreichen Arbeit der Sportpilotenver- ände geschuldet, dass wir uns so intensiv mit dem § 7 es Luftsicherheitsgesetzes befassen und in der Vergan- enheit befasst haben. Die Opposition – hier besonders ie FDP – hat das Thema nämlich gründlich verschlafen: ährend wir, das Bundesinnenministerium gemeinsam it den zuständigen Innenpolitikern von Union und SPD nd den betroffenen Verbänden, die Ausgestaltung der erordnung zur Zuverlässigkeitsüberprüfung überarbei- et und einvernehmlich abgeschlossen haben, hat die DP einen Antrag erarbeitet, der heute das Papier nicht ehr Wert ist, auf dem er steht. Das Bundesinnenminis- erium hat eine mit den Verbänden abgestimmte Verord- ung zur Zuverlässigkeitsüberprüfung auf den Weg ge- racht, die einen Ausgleich zwischen den berechtigten icherheitsinteressen der Menschen in Deutschland und en Wünschen der Sportpiloten darstellt. Jetzt wird sich er Bundesrat damit noch befassen. Das ist der Stand der inge. Diese Verordnung erfüllt fast alle Forderungen der portpilotenverbände: So ist unter anderem das Über- rüfungsintervall auf fünf Jahre ausgedehnt. Eine Ge- ührenordnung wird derzeit erarbeitet; dabei wird der ostenrahmen von 60 Euro nicht überschritten. Auch üssen Berufspiloten, die schon sicherheitsüberprüft ind, nicht noch einmal überprüft werden. Es ist also anz offensichtlich, dass die Forderungen im FDP-An- rag überholt sind und dieser Antrag entsprechend wert- os ist. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4327 (A) ) (B) ) Ich möchte dennoch die Gelegenheit nutzen, ein paar grundsätzliche Anmerkungen zu machen. Seitdem sich die westliche Welt der Bedrohung durch den islamisti- schen Terrorismus gegenübersieht, müssen wir neue Wege in präventiven Sicherheitsfragen gehen. Während die USA hierfür auch teilweise eine neue Sicherheitsar- chitektur geschaffen hat – Stichwort „Heimatschutz- ministerium“ oder „FEMA“ – sind es bei uns in erster Linie neue Bestimmungen. Es gibt sicher keinen Streit darüber, dass wir alle ge- meinsam das Ziel haben, die Sicherheit im Luftverkehr zu verbessern und die Gefahr von Anschlägen oder ihre Folgen soweit als möglich zu reduzieren. Die Gesell- schaft von heute ist auf kaum einem Feld so leicht zu treffen wie im Bereich der zivilen Luftfahrt. Flugzeuge als Waffen sind nach wie vor das größte Risiko, das uns in Form von terroristischen Anschlägen drohen kann. Sicherheit in der Luft beginnt deshalb bereits am Bo- den. Das ist ein Grundsatz, auf dem die Zuverlässigkeits- überprüfung für Sportpiloten aufbaut. Wir sollten nicht so tun, als sei die Zuverlässigkeitsüberprüfung bei Sport- piloten ein Kulturbruch: Als Tourist im Ausland erleben wir das auf vielfältige Art und Weise. Wer zum Beispiel heute ein Baseballspiel beispielsweise in New York se- hen will, der muss sich bei seiner Reise in die USA und beim Betreten des Stadions der New-York-Yankees um- fassendsten Sicherheitsüberprüfungen unterziehen, ohne dass man gleich von einer pauschalen Verdächtigung sprechen würde. Sicherheit hat in unseren Zeiten ihren Preis. Deshalb möchte ich nochmals ganz klar herausstellen: Bei der Si- cherheitsüberprüfung geht es nicht um die pauschale Verdächtigung von Sportfliegern. Das möchte ich von hier aus allen betroffenen Sportpiloten deutlich sagen. Vielmehr ist diese Überprüfung lediglich Teil eines um- fassenden neuen Sicherheitsanspruches der Menschen in unserem Land, dem wir Rechnung tragen. Uns liegt übrigens inzwischen ein Verordnungsent- wurf der EU vor, der noch über unsere Zuverlässigkeits- überprüfung hinausgeht. Aber durch unsere Vorarbeiten und durch die ersten Erfahrungen, die wir schon bald mit unserer Zuverlässigkeitsüberprüfung machen werden, sind wir politisch bestens gerüstet, um die deutsche Zu- verlässigkeitsüberprüfung zu einem europäischen Stan- dard zu machen. Lassen Sie mich abschließend noch zwei Punkte zur Diskussion stellen, die mir persönlich sehr wichtig erscheinen – wichtiger als das, was die FDP uns hier vorgelegt hat. Erstens. Es ist meines Erachtens denkbar, dass das fünfjährige Intervall wegfällt, nämlich dann, wenn die Sicherheitsbehörden die sicherheitsüberprüften Piloten in einer Datei führen, die dann aktiviert wird, wenn neue Erkenntnisse bei den Behörden über betroffene Piloten auftauchen. Dann könnten wir auf einen Überprüfungs- intervall tatsächlich ganz verzichten. Zweitens. Ich plädiere dringend für eine Überprüfung der Maßnahmen zur Zuverlässigkeitsüberprüfung in der zweiten Jahreshälfte 2007. Diese Überprüfung muss z v f u a A l z F h V h h i S L Z a a d l z l ü t v p d w h h d w B p A F a l d g s J L i l a g t d W (C (D wischen den zuständigen Behörden und den Interessen- ertretern der Betroffenen stattfinden. Ich habe mich da- ür bereits beim Bundesinnenministerium stark gemacht nd bin darin sowohl durch Staatssekretär Altmaier als uch meinem Kollegen Wiefelspütz unterstützt worden. Dieter Wiefelspütz (SPD): Die FDP strebt mit ihrem ntrag an, Privatpiloten im Wesentlichen von der Zuver- ässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz u befreien. Damit bedroht sie die gebotene Balance von reiheit und Sicherheit und gefährdet die innere Sicher- eit in Deutschland. Der Luftverkehr unterliegt im Vergleich zu anderen erkehrsträgern einer besonderen terroristischen Bedro- ung. Es ist auch davon auszugehen, dass diese Bedro- ung sich in absehbarer Zeit nicht verringern wird. Dem st durch das Luftsicherheitsgesetz durch ein gestaffeltes ystem an Sicherheitsmaßnahmen am Boden und in der uft Rechnung getragen worden. Die Ausdehnung der uverlässigkeitsüberprüfungen im Luftsicherheitsgesetz uf die Privatpiloten entspricht den erhöhten Sicherheits- nforderungen in der Luftfahrt sowie einer Forderung er deutschen Innenministerkonferenz. Durch die Zuver- ässigkeitsüberprüfung soll verhindert werden, dass un- uverlässige Personen eine Ausbildung zum Piloten er- angen oder ein Luftfahrzeug führen. Es darf nicht verkannt werden, dass Zuverlässigkeits- berprüfungen selbstverständlich keinen hundertprozen- igen Schutz gegen Angriffe auf die Sicherheit des Luft- erkehrs bieten können, gleichwohl aber eine wichtige räventive Komponente darstellen. Zutreffend ist, dass bislang ausländische Piloten urch diese Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht erfasst erden. Auf europäischer Ebene werden gerade Ver- andlungen geführt, um diesen Missstand abzustellen. Nach gemeinsamer Auffassung der deutschen Sicher- eitsbehörden sind genügend Tatszenarien vorstellbar, in enen durch die Nutzung eines Kleinflugzeugs als Tat- affe massive Schäden angerichtet werden können, zum eispiel wenn dieses mit Sprengstoff oder anderen Ex- losivstoffen beladen wird. Mit ausschlaggebend für die usdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle lugzeugführer ist auch das Bedrohungspotenzial, das us der Mobilität des Fluggeräts resultiert. Schon von re- ativ kleinen Flugzeugen kann eine erhebliche Gefähr- ung für Personen in Sicherheitsbereichen ausgehen, die egen Angriffe vom Boden aus hinreichend geschützt ind. Die Zuverlässigkeitsüberprüfung findet seit vielen ahren Anwendung auf eine Vielzahl von Personen im uftverkehr, ohne dass dies bisher auf Kritik gestoßen st. Es macht keinen Sinn, Privatpiloten von der Zuver- ässigkeitsprüfung auszunehmen, ihr jedoch weiterhin lle Beschäftigten auf Verkehrsflughäfen bis zur Reini- ungsfirma zu unterwerfen. Es ist unser fester Wille, die Belastung der Privatpilo- en durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf ein Min- estmaß zu reduzieren. Es ist beabsichtigt, zukünftig die iederholungsprüfung nur alle fünf Jahre durchzuführen. 4328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Die Grundlagen hierfür werden gerade im Bundesminis- terium des Innern erarbeitet. Auch wird das Bundesmi- nisterium des Innern eine Kostenverordnung erarbeiten, die einen angemessenen Gebührenrahmen vorsehen wird. Zu den Fragen der Zuverlässigkeitsüberprüfung ste- hen wir auch in intensivem und hochrangigem Kontakt mit dem Deutschen Aero-Club, mit dem wir vereinbart haben, die praktische Durchführung der Zuverlässig- keitsüberprüfung weiter zu beobachten und in einem Jahr diese Erfahrungen gemeinsam auszuwerten. Ernst Burgbacher (FDP): Am 15. Februar 2006 hat das Bundesverfassungsgericht klar und deutlich eine Kernregelung des Luftsicherheitsgesetzes, den in § 14 LuftSiG geregelten Abschuss eines Passagierflugzeugs durch die Bundesluftwaffe über dem Bundesgebiet, für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Die FDP-Bundestagsfraktion war die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die in den Beratungen zum Luftsicherheitsgesetz die Frage gestellt hatte, ob das Grundgesetz es tatsächlich zulässt, das Leben unschuldi- ger Flugzeuginsassen preiszugeben, um das Leben Drit- ter zu retten. Die FDP hatte daraufhin im Bundestag dem Gesetz nicht zugestimmt. Die Nichtigerklärung der Re- gelungen des § 14 Abs. 3 LuftSiG durch das Bundesver- fassungsgericht hat unsere Auffassung eindeutig bestä- tigt. Nicht berührt von der Entscheidung aus Karlsruhe ist jedoch die Regelung des § 7 LuftSiG. Nach dieser Re- gelung müssen sich auch Hobbypiloten einer regelmä- ßigen Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen. Diese Regelung ist in ihrer Ausgestaltung nicht zumutbar und stellt eine unverhältnismäßige Belastung für die Piloten dar. Sämtliche Pilotenvereinigungen haben sich gegen das im Entwurf der Luftsicherheits-Zuverlässigkeits- überprüfungsverordnung festgelegte Wiederholungsin- tervall der Zuverlässigkeitsprüfung von drei Jahren aus- gesprochen; diese kurze Frist ist für niemanden nachvollziehbar. Zahlreiche Verbände und Privatperso- nen, die als Hobbyflieger von den Bestimmungen zur Zuverlässigkeitsüberprüfung betroffen sind, haben mich angeschrieben und ihre berechtigten Kritikpunkte zum Ausdruck gebracht: Die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle Luftfahrzeugführer spiegelt nicht die tatsächliche Gefährdung wider. Die Gefahr, die von einem motori- sierten Flugzeug ausgeht, entspricht ungefähr derjenigen eines Mittelklasseautos. Führer von Mittelklasseautos – die, wie alle anderen Autofahrer auch, für die meisten Unfälle mit Sach- sowie Personenschäden verantwort- lich sind – müssen eine solche Zuverlässigkeitsüberprü- fung nicht vornehmen. Da die Flugzeuge von Hobby- piloten auch hinsichtlich Größe, Masse und Geschwindigkeit einem Mittelklassewagen entsprechen und zudem in den allermeisten Fällen lediglich zu Pri- vat- oder Geschäftsreisen genutzt werden, folgt aus der kontinuierlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung ein Gene- ralverdacht, dem die Hobbypiloten ausgesetzt werden. Dieser generellen Verdächtigung kann und wird die FDP n d a L d d k h B n t g v e s j f s l p s r e z U S Z m – d b c Z z f d e v w d F k f d n m i S l r a e S i w (C (D icht zustimmen. Diejenigen Privat- und Berufspiloten, ie gerade derartige Luftfahrzeuge führen, sollten daher us der Zuverlässigkeitsüberprüfung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 uftSiG herausgenommen werden. Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich daraus, dass sich er Gesetzentwurf zu den Kriterien der Zuverlässigkeit, as heißt, wann ein Pilot die erforderliche Zuverlässig- eit besitzt oder nicht, gar nicht äußert. Nun kann man ierzu anführen, dass in anderen ordnungsrechtlichen ereichen eine Definition für Zuverlässigkeit ebenfalls icht in den Gesetzestext aufgenommen wurde. Der Un- erschied liegt jedoch darin, dass in anderen Bereichen rundsätzlich davon ausgegangen wird, dass jemand zu- erlässig ist, und nur dann zum Beispiel eine Erlaubnis ntzogen wird, wenn sich nachträglich die Unzuverläs- igkeit herausstellt. Das Luftsicherheitsgesetz macht es edoch genau umgekehrt. Grundsätzlich sind demzu- olge die deutschen Piloten unzuverlässig, es sei denn, ie belegen das Gegenteil. Nur unter diesem Blickwinkel ässt sich die ständig wiederholte Zuverlässigkeitsüber- rüfung erklären. Das Gesetz sollte daher die Kriterien der Unzuverläs- igkeit zumindest in Form von Regelbeispielen auffüh- en. Dies würde der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ntgegenkommen und darüber hinaus den Piloten helfen u erkennen, wann und bei welchen Verstößen von einer nzuverlässigkeit ausgegangen werden muss. Das Luft- iG sollte daher klare Kriterien, die eine Beurteilung der uverlässigkeit ermöglichen, aufnehmen. Die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle Führer von otorgetriebenen Luftfahrzeugen anzuwenden, spiegelt wie bereits ausgeführt – nicht die tatsächliche Gefähr- ung wider. Der bürokratische Aufwand und die Kosten- elastung für die Überprüfungen sind hoch, ein einheitli- her Kriterienkatalog fehlt. Die Wiederholung der uverlässigkeitsüberprüfung innerhalb eines derart kur- en Zeitraumes stellt eine unnötige bürokratische Last ür die Piloten, aber auch für die damit befassten Behör- en dar. Eine Orientierung an den EU-Vorgaben und damit ine Festlegung des Wiederholungsintervalls für die Zu- erlässigkeitsüberprüfung auf fünf Jahre genügt und ird dem Sicherheitsbedürfnis ebenso gerecht. Die Bun- esregierung hat in ihrer Antwort auf meine schriftliche rage vom März 2006 erklärt, sie wolle darauf hinwir- en, dass das Verfahren für die Zuverlässigkeitsüberprü- ung zukünftig einfacher ausgestaltet wird. Sie strebe an, en Turnus für die Wiederholungsprüfung von bisher ei- em Jahr auf fünf Jahre zu strecken, sodass der Zeitraum it der gesetzlich vorgeschriebenen Lizenzverlängerung dentisch ist. Ich möchte die Bundesregierung an dieser telle nochmals daran erinnern! Ein Sicherheitsgewinn ist durch die kurze Wiederho- ungsfrist der Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht zu er- eichen, wie auch die Regierung von Schleswig-Holstein uf eine Kleine Anfrage des Kollegen Wolfgang Kubicki rklärt hat. Ich zitiere die Antwort der Landesregierung chleswig-Holstein auf die Frage, ob durch die Angaben n den Fragebögen zusätzliche Sicherheit erwartet erde: „Durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung der Pri- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4329 (A) ) (B) ) vatpiloten verspricht sich das Land Schleswig-Holstein keinen zusätzlichen Sicherheitsgewinn. Durch das vom Bund vorgegebene Verfahren entsteht den Ländern zu- sätzlicher Aufwand.“ Diese Beurteilung sollte der Bun- desregierung zu denken geben. In der von der FDP-Bundestagsfraktion beantragten Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestags am 17. Fe- bruar zur Haltung der Bundesregierung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz hatte Kollege Bosbach von der Union signalisiert, dass man sich über den § 7 LuftSiG in aller Ruhe unterhalten müsse. Ich zitiere den Kollegen Bosbach: „Wir erachten nicht die Intention des Gesetzgebers als falsch, aber wir müssen auch die praktischen Auswirkungen sehen, die eine gesetzliche Neuregelung zur Folge haben kann.“ Heute debattieren wir über konkrete Verbesserungs- vorschläge, die die FDP-Fraktion vorgelegt hat. Ich for- dere daher den Deutschen Bundestag auf, den Antrag der FDP zu unterstützen und die notwendigen Änderungen mit Blick auf § 7 Luftsicherheitsgesetzes zu beschließen. Petra Pau (DIE LINKE): Erstens. Die FDP bean- tragt, die umfassenden Sicherheitsüberprüfungen für Pri- vatpiloten von Kleinflugzeugen auf ein Normalmaß zu- rückzuführen und zugleich rechtliche Unklarheiten auszuräumen. Das scheint, wie die „FAZ“ titelte, ein „Nebenkrieg um die Lufthoheit“ zu sein, also nichts von Belang. Aber der erste Blick täuscht. Es geht ums Grundsätzliche. Zweitens. Die Sicherheitsprüfungen für Piloten von Kleinflugzeugen wurden mit dem Luftsicherheitsgesetz im Januar 2005 verfügt. Und wie viele andere so ge- nannte Anti-Terror-Gesetze wurde auch das Luftsicher- heitsgesetz vom Bundesverfassungsgericht als grundge- setzwidrig kassiert, jedenfalls sein Herzstück, das den Einsatz der Bundeswehr im Innern vorsah. Drittens. Darüber hatten wir hier im Plenum schon einmal kontrovers debattiert. Christian Ströbele hatte da- mals argumentiert, er habe das Gesetz immer für falsch gehalten und er begrüße das vernichtende Urteil. Aber ohne Gesetz hätte es auch kein Urteil dagegen geben können. Deshalb habe er seinerzeit für das Gesetz ge- stimmt. So schwarz kann grüner Humor sein. Viertens. Spannend und bemerkenswert ist etwas an- deres. Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht hatte kaum geurteilt, da setzten die Gerichtsschelte aus der Union ein. Doch damit nicht genug. Inzwischen verkün- dete Bundesverteidigungsminister Jung, im Ernstfall sei ihm das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes egal, also das Grundgesetz. Fünftens. Und nun vergleichen Sie bitte: Landauf, landab wird darüber debattiert, welchen Prüfungen Mi- granten auszusetzen seien, um ihre Verfassungstreue zu testen. Aber ein Bundesminister, der auf das Grundge- setz einen Eid geleistet hat, darf ungerügt sagen, das Grundgesetz interessiere ihn nicht. Das ist ein Ding aus dem deutschen Tollhaus. n d h t g M s p B S d J n f s h ü b s d u s l r s t m M g u A w g F d s b v F S r D D d s b t f (C (D Sechstens. Leider ist das kein Einzelfall. Ex-Innenmi- ister Gerhart Baum resümierte unlängst: „Die Erosion er Grundrechte schreitet rapide fort. Die Staatsorgane aben sich angewöhnt, Grundrechte nicht mehr zu ach- en.“ Und er hat Recht: Seit Jahren finden massive An- riffe auf die Verfassung hier im Bundestag Mehrheiten. it Patriotismus hat das nichts zu tun. Siebtens. Hinzu kommt: Nahezu alle Sicherheitsge- etze der letzten Jahre durchzieht eine fatale Philoso- hie: Sie bringen nicht mehr Sicherheit, aber sie opfern ürgerrechte. Die ersten „Otto-Pakete“ wurden mit den timmen der SPD sowie der Grünen und außerdem mit em Versprechen beschlossen, sie würden binnen drei ahren überprüft. Darauf warte ich noch heute. Achtens. Heute geht es um eine solche Überprüfung, ämlich ob Privatflieger von Kleinflugzeugen so um- angreich und so häufig auf ihre Loyalität zum Grundge- etz überprüft werden müssen, wie es im Luftsicher- eitsgesetz festgelegt wurde. Ich sage Ihnen: Nein, diese bertriebenen Prüfungen sind Unsinn und sachlich nicht egründbar. Sie sind sogar gefährlich. Neuntens. Denn Sie verraten mehr über die strategi- chen Absichten der Bundesregierungen als über die ver- ächtigten Piloten. Alle Fachleute sind sich einig: Die mstrittenen Kleinflugzeuge sind für terroristische An- chläge weitgehend untauglich. Sie sind zu leicht, zu angsam, zu wenig belastbar, um große Schäden anzu- ichten. Also eine Null-Nummer! Zehntens. Zugleich sei jeder Pkw für Anschläge bes- er geeignet. In der Logik der Sicherheitsfanatiker müss- en demnach alle Autofahrer von Geheimdiensten per- anent überprüft werden. Und mit den aktivierbaren autbrücken auf Autobahnen sind solche Überwachun- en ja auch längst vorinstalliert. Das ist offizieller Trend nd den lehnt Die Linke ab. Elftens. Ich wünschte mir dagegen, dass auch der DAC endlich aufwacht und bürgerrechtlich mobil ird. Denn sein alter Slogan „freie Fahrt für freie Bür- er“ bekommt längst einen neuen Klang. Nicht die freie ahrt, der freie Bürger ist in Gefahr. Und um nochmals en agilen Liberalen Gerhart Baum zu zitieren: „Wir ind auf dem Weg in einen Überwachungsstaat.“ Zwölftens. Das ist mein Hintergrund für den schein- ar belangslosen Antrag. Es geht nicht um ein paar Pri- atpiloten. Es geht um das Grundgesetz und um die rage, was für ein Deutschland wir künftig wollen: einen taat voller Misstrauen oder eine Republik der Bürger- echte. Ich weiß, wohin das erste führt. Deshalb stimmt ie Linke für soziale und für Bürgerrechte. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie FDP verfolgt einen richtigen Ansatz, bringt ihn aber urch eine allzu offensichtliche Klientelpolitik auf die chiefe Bahn. Richtig an dem Antrag ist, überzogene und allzu ürokratische Regelungen für die Hobbypiloten zu hin- erfragen. Die Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprü- ungsverordnung – allein das Wort verheißt nichts 4330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Gutes – ist überbürokratisch. Die Menge der Auflagen und deren Kosten sind überzogen. Der Ansatz des Antrags selbst ist aber auf der anderen Seite auch verkürzt. Bei der gesamten Frage der Siche- rung des Luftverkehrs geht es nicht nur um die Hobby- piloten. Wir müssen auch über andere Personengruppen sprechen, also zum Beispiel auch über die vielen Be- diensteten am Flughafen. Man kann hier nicht nur eine Personengruppe herausgreifen. Wir haben hier bereits ei- nen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, über den Umfang der gesamten Si- cherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen zu berich- ten. Hier dürfen wir die Zusammenhänge nicht aus den Augen verlieren. Es geht hier – auch das blendet die FDP aus – um Ter- rorismusbekämpfung. Die damalige rot-grüne Bundes- regierung hat nicht aus Jux und Dollerei diese Regelungen zur Prävention vor Anschlägen in das Luftsicherheitsge- setz geschrieben. Richtig ist: Dieses Gesetz und die entsprechenden Rechtsverordnungen verschärfen im Gefolge internatio- naler Vereinbarungen, insbesondere der EU-Luftsicher- heitsverordnung, die Anforderungen an alle Personen mit Zugang zu Flughäfen ganz erheblich. Diese Zuver- lässigkeitsüberprüfungen – zu unterscheiden von den Si- cherheitsüberprüfungen nach dem Sicherheitsüberprü- fungsgesetz – verlaufen periodisch. Wir haben schon zu Zeiten von Rot-Grün das Gesetz und die darauf begründeten Verordnungen als zu büro- kratisch kritisiert. Das wurde auch in Gesprächen mit den Verbänden bereits deutlich gemacht. Unsere Haltung hat sich auch in der Opposition nicht verändert. Jährliche Überprüfungen ohne jeden Anlass schießen über das Ziel hinaus. Anders liegen die Dinge, wenn es bestimmte Hinweise gib. Dann muss natürlich sofort ge- handelt werden. Die durch das aufwendige Verfahren entstehenden Kosten für die Betroffenen sind zu hoch. Der bürokratische Aufwand ist außerordentlich und der Sicherheitsgewinn ist bislang in keiner Weise belegt. Wir teilen die Auffassung, dass der Abstand von ei- nem Jahr zwischen den einzelnen Überprüfungen erheb- lich ausgeweitet werden soll. Fünf Jahre ist dabei sicher- lich die Obergrenze. Immer im Auge behalten müssen wir, dass beispiels- weise „Ausbildungsaufenthalte“ in Pakistan oder in Tschetschenien über eine Abfrage beim Bundeszentral- register nicht in Erfahrung zu bringen sind. Von daher dürfen wir keine vermeidbaren Sicherheitslücken entste- hen lassen. Der Verweis auf die Harmlosigkeit kleiner Maschinen überzeugt mich dabei nicht. Ich erinnere hier an den Einschlag eines Kleinflugzeugs vor dem Reichs- tag. Kleine Maschinen können auch für ein Passagier- flugzeug eine erhebliche Gefahr sein. Der Antrag ist an dieser Stelle doch reichlich naiv, wenn er diese Überle- gungen gänzlich ausblendet. Wenn wir den Zeitrahmen für eine Wiederholung der Zuverlässigkeitsprüfung erweitern, müssen wir aber auch nachdenken über möglicherweise verstärkte Nach- b d g d d s l m g B A p H m e t r s r d n t r d d n d g P m t k v b h n o t p b o a U d s e g (C (D erichtspflichten der Sicherheitsbehörden für den Fall, ass bestimmte Anhaltspunkte über eine Person vorlie- en. Das ist effektiver und würde die Betroffenen nicht erart belasten wie das gegenwärtige Verfahren. Verbun- en mit deutlich längeren Intervallen bei der Zuverläs- igkeitsüberprüfung würden die Betroffen erheblich ent- astet. Generell gilt: Die Verwaltungen müssen mit Augen- aß und Vernunft zu Werke gehen. Wir wollen keinen läsernen Piloten, wir wollen nicht jede Menge neuer ürokratie. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Moratorium für Gentechnik in der Landwirtschaft (Tagesord- nungspunkt 11) Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Ich hege große Sym- athie für den Vorschlag meines Koalitionskollegen errn Söder, ein fünfjähriges Moratorium für die kom- erzielle Nutzung der Gentechnik in der Landwirtschaft inzuführen. Allerdings dürfte dies auf EU-Ebene schei- ern. Mit einem solchen Moratorium würden wir uns auf echtlich wackeligen Boden begeben. Und selbst wenn ich die EU-Länder darauf einigen würden, gäbe dies vo- aussichtlich großen Ärger mit der WTO. Deshalb wer- en wir diesen Antrag ablehnen und werden wohl heute icht in den Genuss kommen, hier in ungewohnter Ein- racht oder zumindest in Kenia-Konstellation – schwarz- ot-grün sind die dortigen Nationalfarben – gemeinsam ieses Moratorium zu fordern. Wir teilen aber die Ansicht, dass wir die Bedenken er Menschen gegenüber der Grünen Gentechnik ernst ehmen müssen und dass wir ihnen angesichts dessen, ass 79 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher entechnisch veränderte Lebensmittel ablehnen, solche rodukte nicht aufzwingen dürfen. Diesen 79 Prozent üssen weiterhin die gentechnikfreien Produkte angebo- en werden können, die sie haben wollen. Der Schutz der onventionellen und der ökologischen Landwirtschaft or Einträgen aus dem GVO-Anbau muss gewährleistet leiben, Verbraucher und Landwirte müssen die Wahl aben und selbst entscheiden können, ob sie gentech- isch veränderte Produkte kaufen bzw. anbauen wollen der nicht. Von der Möglichkeit, in Deutschland weiterhin gen- echnikfrei produzieren zu können, hängen auch Arbeits- lätze ab – über 150 000 allein in der Ökolebensmittel- ranche. Der Schutz von Mensch und Umwelt ist für uns das berste Ziel unseres Gentechnikrechts. Das haben wir uch im Koalitionsvertrag vereinbart. Angesichts der nsicherheiten, die auch die EU-Kommission aufgrund er noch unvollständigen wissenschaftlichen und techni- chen Kenntnis über die noch sehr neuen GVO-Produkte inräumt, muss sehr sorgfältig und vorsichtig damit um- egangen werden. Wir sind uns mit Minister Seehofer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4331 (A) ) (B) ) einig, dass es weder Abstriche beim Schutzniveau noch bei der Wahlfreiheit der Landwirte und der Verbrauche- rinnen und Verbraucher geben darf. Wenn Minister Seehofer deswegen von der „Frankfurter Allgemeinen“ in der Ausgabe vom 27. Juni 2006 als „Risikoscheuer Minister“ betitelt wird, kann ich nur sagen: Das sollte eine Auszeichnung sein! Denn wer wünscht sich in ei- nem Bereich, wo es um den Schutz der Gesundheit und unserer natürlichen Lebensgrundlagen geht, einen „risi- kofreudigen Minister“? Es wird so manche Sau durchs Dorf getrieben, was angeblich an neuen Regelungen zur Gentechnik „in der Mache“ sei. Ich rate zu Ruhe und Bedacht. Da ging es zum Beispiel um eine Streichung der Inverkehrbringens- genehmigungspflicht für Auskreuzungsprodukte aus Freisetzungsexperimenten. Wir haben bereits mehrfach deutlich gemacht, dass das mit uns, mit der SPD-Frak- tion, nicht zu machen ist. Das entspricht weder dem Vor- sorgegrundsatz noch dem EU-Recht. Ich denke, da sind wir uns auch mit dem Minister einig. Wir wollen, dass in diesem Land auch in Zukunft gentechnikfrei produziert werden kann. Das heißt für die SPD, dass wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass gen- technikfrei wirtschaftende Landwirte, die Schäden durch GVO-Einträge erlitten haben, auch bei solchen Einträ- gen unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes Haftungsan- sprüche geltend machen können müssen. Wir werden uns voraussichtlich nach der Sommer- pause lange und ausführlich mit diesem Thema beschäf- tigen. Deshalb will ich’s für heute hierbei bewenden las- sen. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Der Wortlaut des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen besteht aus Zi- taten des CSU-Generalsekretärs Markus Söder. Dieser hatte in einem Interview in der „Berliner Zeitung“ ein Moratorium für die kommerzielle Nutzung der Gentech- nik in der Landwirtschaft gefordert. Im Koalitionsver- trag hatten die CDU/CSU und die SPD-Fraktion gemein- sam vereinbart, die Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung zu fördern. Es ist völlig in Ordnung und konsequent, wenn die Grünen jetzt die Probe aufs Exem- pel machen und die Aussagen des CSU-Generalsekretärs zur Abstimmung stellen. Im Abstimmungsverhalten der CSU wird sich zeigen, ob der CSU-Generalsekretär ein Dampfplauderer oder ein ernst zu nehmender Politiker ist. Dessen ungeachtet sind die Aussagen von Generalse- kretär Söder und damit auch die Aussagen im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sachlich falsch: Die Verbraucherinnen und Verbraucher können völlig sicher sein, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel unbe- denklich sind, in bestimmten Fällen sind sie herkömm- lich produzierten Produkten überlegen. Letzteres ist im Forschungsreport I/2006, der Zeitschrift des Senats der Bundesforschungsanstalten veröffentlicht. Bt-Mais ent- hält in der Regel weniger Pilzgifte als Mais von her- kömmlich gezüchteten Sorten. Auch der ehemalige Staatssekretär Alexander Müller hatte in einem Artikel in der „FAZ“ gesagt, dass es eine „Binsenweisheit“ sei, dass diese Produkte gesundheitlich unbedenklich seien. D m h k k d h s S D F b t l g z e t s P u 2 G d H a z n u D t t n C F g z d m b b t t D E t d s C t t S t h N n f s (C (D och in Oppositionszeiten gilt für die Grünen nicht ehr, was ihre Funktionsträger in der Regierung gesagt aben. Dr. Thilo Bode hat gestern auf dem Gentechnik- ongress des FDP-Bürgerfonds festgestellt, dass es eine gesundheitlichen Bedenken gebe. Die Grünen und ie CSU müssen aufhören, mit wahrheitswidrigen Be- auptungen die Ängste der Bürgerinnen und Bürger zu chüren. Es ist unglaubwürdig, wenn sich Bundesminister eehofer auf dem Forum der „Zeit“ für den Standort eutschland ausspricht und gegen die Abwanderung der orschung ins Ausland. Forschung, deren Anwendung ei uns im Land keine Chancen erhält – und der Minister ut alles dafür, die nach Rot-Grün verbliebenen minima- en Chancen der Grünen Gentechnik noch zu verrin- ern –, wandert ab; denn Forschung ist kein Selbst- weck, sondern dient dem Ziel, innovative Produkte zu rzeugen. Wir müssen leider feststellen: Nach dem schwarz-ro- en Wahlbetrug zur Besteuerung der biogenen Kraft- toffe und der Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei rozentpunkte bereitet die CSU einen weiteren agrar- nd verbraucherpolitischen Wahlbetrug vor. Am 8. Juni 005 titelte die Zeitung „Die Welt“: „Mehr Grüne entechnik“. Die damalige CDU/CSU-Kandidatin für as Amt der Bundeslandwirtschaftsministerin, Gerda asselfeldt, forderte eine Wende der Agrarwende. Unter nderem sagte die CSU-Schattenministerin, dass die der- eitige ideologische Blockade bei der Grünen Gentech- ik Arbeitsplätze in Forschung und Wirtschaft vernichte nd Nachteile für Landwirte und Verbraucher schaffe. urch die strikten Haftungsregeln werde der Anbau gen- echnisch veränderter Pflanzen verhindert und die Gen- echnik als wichtige, Zukunftstechnologie für Innovatio- en und Arbeitsplätze blockiert, zitierte die „Welt“ die SU-Politikerin im Bundestagswahlkampf 2005. Die örderung der Grünen Gentechnik und eine grundle- ende Korrektur des Gentechnikrechts waren zudem entrale Wahlkampfversprechen der Union. Davon will ie CSU in Form ihres Generalsekretärs heute nichts ehr wissen. Wir Liberale halten diesen Kurswechsel für eine An- iederung an lokale Strömungen. Die CSU wird ihrer undespolitischen Verantwortung nicht gerecht. Sie be- reibt keine Politik, die langfristig trägt. Dieser Wahlbe- rug schadet dem Wirtschafts- und Forschungsstandort eutschland. Die Biotechnologieregion München ist zur ntwicklung von Produkten der Roten und Grünen Gen- echnik in den letzten zehn Jahren als einer der Gewinner es 1997 ausgeschriebenen Bioregio-Wettbewerbs mas- iv mit Bundesmitteln gefördert worden. Die Politik der SU verhindert jetzt, dass diese Investitionen Früchte ragen können. Das ist Verschwendung von Steuermit- eln. Es ist Heuchelei, wenn Bundesminister Horst eehofer zwar Forschung fördern will, aber dazu bei- rägt, die Umsetzung der Forschungsergebnisse zu ver- indern. Damit trägt die CSU dazu bei, die besten jungen aturwissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerin- en aus dem Land zu vertreiben. Die FDP-Bundestags- raktion lehnt diesen innovationsfeindlichen Weg ent- chieden ab. Deutschland als ressourcenarmes Land 4332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) kann nicht auf die verantwortbare Nutzung von Zu- kunftstechnologien wie der Grünen Gentechnik verzich- ten. Dr. Kristen Tackmann (DIE LINKE): Die große Mehrheit der Menschen in diesem Land sieht die Grüne Gentechnik als Gefahr. Die Gründe für Ablehnung oder Skepsis sind sehr vielfältig und reichen von ethischen Bedenken über öko- logische und gesundheitliche Risiken bis hin zur Kapita- lismuskritik an den Saatgutmultis! Die Schweizer hatten eine, wie ich finde, sehr interes- sante Möglichkeit, über das hier vorgeschlagene Anwen- dungsmoratorium zu entscheiden: Sie haben es Ende 2005 mit einer Volksabstimmung legitimiert! Uns steht diese Option leider nicht zur Verfügung! Umso genauer sollten wir darüber nachdenken, warum die Grüne Gentechnik auch in unserem Land nicht mehr- heitsfähig ist, aber bitte jenseits von „Technologiefeind- lichkeit gegen Fortschrittsgläubigkeit“. Es geht bei dieser Diskussion auch nicht darum, „kei- nen Unfrieden in die Dörfer zu tragen“, wie Minister Seehofer kürzlich erklärte. Es geht um die Abwägung zwischen ökologischen/gesundheitlichen Risiken einer- seits und möglichen Vorteilen bei der Anwendung ande- rerseits. Wobei ich den Vorteil bei dieser Güterabwägung aus- drücklich auf die Gesellschaft im Allgemeinen und die Landwirtschaft im Besonderen beschränke. Die Vorteile für die Gentech-Saatguthersteller liegen in Form riesiger Profite auf der Hand. Sie wären ganz sicher die großen Gewinner der Anwendung, vielleicht die einzigen. Aber das kann bei dieser Abwägung kein Maßstab sein. Bewerten wir also zunächst das Risiko, also quasi das Contra: Die Anwendungsrisiken werden selbst von den Befürwortern anerkannt. Deshalb diskutieren wir ja überhaupt über Koexistenzregeln, wobei höchst umstrit- ten ist, ob Koexistenz überhaupt möglich und finanzier- bar ist. Während aber Koexistenzregeln zwischen Anwen- dern und Nichtanwendern intensiv diskutiert werden, steht die Debatte über die Koexistenz der Anwender mit der natürlichen Umgebung und das Auskreuzungsrisiko mit Wildpflanzen im Hintergrund, wobei richtig ist, dass dieses Auskreuzungsrisiko vor allem bei Pflanzenarten besteht, die einheimische wildlebende Verwandte, zum Beispiel beim Raps, haben. Für Imker ist, neben dem Völkersterben durch Varoa und bösartige Faulbrut, die Grüne Gentechnik unterdes- sen ein beherrschendes Thema. Immer mehr Händler und Verarbeiter verlangen absolut gentechfreie Waren und drohen andernfalls mit Rückrufkosten. Die Analy- sen aber kosten pro Charge 200 bis 250 Euro, für den Konsumenten verteuert sich der Honig dadurch um 80 Cent pro Glas. w l s k r R v s n E A n R k d Z u g S z W b g a d z A t m w S g d S i n v d s i h s K F I l s d g w (C (D Aber was könnte das große Schadenswagnis unge- ollter Auskreuzungen und Kontaminationen besser il- ustrieren als die Weigerung der Versicherungswirt- chaft, dieses Risiko zu versichern! Zu den ökologischen/gesundheitlichen Risiken ganz urz: Es liegen unterdessen nicht wenige, auch alarmie- ende Studien vor. Als ein Beispiel sei das Problem der esistenz von Hybriden unterschiedlicher gentechnisch eränderter Rapssorten gegen gleich mehrere Pflanzen- chutzmittel in den USA genannt, oder der Abbruch ei- es Versuchs in Australien mit gentechnisch veränderten rbsen infolge Lungenveränderungen bei Nagetieren. Die potenziellen Risiken durch den kommerziellen nbau genetisch veränderter Pflanzen wiegen aus mei- er Sicht sehr schwer. Es ist eine Risikotechnologie, erst echt, weil klar ist, dass wir noch gar nicht alle Risiken ennen. Aber schauen wir uns auch die andere Waagschale an, ie möglichen Anwendungsvorteile: Der Sinn und weck gentechnisch veränderter Pflanzen ist zumindest mstritten. Ich habe den Eindruck, dass bei vielen eher roße Ernüchterung eingetreten ist. Nicht nur, weil der egen eines in Aussicht gestellten geringeren Pesti- ideinsatzes zum Beispiel oft nicht eintritt, im Gegenteil. ahrscheinlich ist es billiger und wirksamer, mit acker- aulichen Maßnahmen Schädlinge unter der Schadens- renze zu halten. Der jüngste Bericht des Büros für Technologiefolgen- bschätzung des Bundestags hat kürzlich festgestellt, ass bislang selbst gentechnisch veränderte Pflanzen der weiten und dritten Generation, mit denen zum Beispiel rzneimittel hergestellt werden sollten, keine der Erwar- ungen erfüllt haben. Dafür entstehen neue Risiken. Nie- and weiß zum Beispiel, was passiert, wenn Schwarz- ild die Arzneimittelkartoffeln frisst. In einigen Studien wird Grüne Gentechnik mit der chaffung Tausender Arbeitsplätze in Zusammenhang ebracht. Aber eine gerade erst veröffentlichte Studie er Universität Oldenburg kommt zu folgendem chluss: Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass n der privatwirtschaftlich finanzierten Grünen Gentech- ik in Deutschland deutlich unter 500 Arbeitsplätze zu erzeichnen sind. Dagegengerechnet werden muss noch er Verlust an Arbeitsplätzen zum Beispiel im Ökologi- chen Landbau oder infolge der Konzentrationsprozesse n der Saatgutindustrie. Also: Auch da müssen wir genau inschauen. Bedenklich sind die großen Wissensdefizite in der Ri- ikobegleitforschung. Es gibt nicht einmal verbindliche riterien zur Bestimmung ökologischer Schäden der reisetzung! Dazu läuft übrigens gerade eine Studie am nstitut für Ökologie der TU Berlin. Auf die Unzuläng- ichkeiten der Zulassungsprüfungen, die gerade die zu- tändigen EU-Kommissare moniert haben, habe ich in er letzten Debatte schon verwiesen. Unter dem Strich bleibt für mich nur eine Schlussfol- erung: Wir sollten dieses Moratorium sehr ernsthaft er- ägen! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4333 (A) ) (B) ) Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute Morgen wurden auf einer Pressekonferenz im Bayeri- schen Landtag die alarmierenden Ergebnisse einer Stu- die zum Genmaisanbau vorgestellt. Die Versuche in Bayern haben gezeigt, dass der bisher angenommene Sicherheitsabstand zu gentechnikfreien Feldern mit 20 Metern viel zu gering eingestuft worden war. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass bei der Freiset- zung gentechnisch veränderter Pflanzen dringend Hand- lungsbedarf besteht. Die Bayerische Staatsregierung hat zugegeben, dass es den bayerischen Landwirten nicht zu empfehlen sei, gentechnisch veränderte Pflanzen anzu- bauen, weil die Risiken wesentlich größer seien, als bis- her angenommen. Wir müssten uns eigentlich sicher sein können, mit unserem Antrag die Mehrheit dieses Hauses hinter uns zu wissen. Besonders freuen wir uns über die Unterstüt- zung unseres Anliegens durch Bundeslandwirtschaftsmi- nister Horst Seehofer. Herr Seehofer hat in einem Zei- tungsgespräch am letzten Wochenende „sehr viel Verständnis“ für die Kritiker der Gentechnik und die Einrichtung gentechnikfreier Zonen geäußert und ange- kündigt, die Nutzung genveränderter Produkte nicht för- dern zu wollen. Daher wäre es nur konsequent, wenn Sie unseren Antrag für ein Gentechnik-Moratorium in der Landwirtschaft unterstützen. Er besteht komplett aus Äußerungen Ihres Parteikollegen und CSU-Generalse- kretärs Markus Söder. Wir brauchen daher dringend ein Moratorium für die kommerzielle Nutzung der Gentechnik in der Landwirt- schaft, wie es die Schweiz im Herbst letzten Jahres be- schlossen und Söder in seinem Beitrag im „Tagesspie- gel“ am 16. Juni auch gefordert hat. Aber Söder müsste eigentlich wissen, dass Deutschland anders als die Schweiz EU-Mitglied ist und deswegen den Anbau in Deutschland nicht grundsätzlich verbieten kann. Das wi- derspricht – leider – dem EU-Recht. Trotzdem muss Deutschland auch nicht alles akzep- tieren, was von der EU-Kommission zugelassen wird. Darum fordern wir die Regierung in einem weiteren An- trag auf Drucksache 16/1176, der noch in den Ausschüs- sen behandelt wird, dazu auf, die rechtlichen Möglich- keiten für nationale Einfuhrverbote bereits in der EU zugelassener gentechnisch veränderter Organismen aus- zuschöpfen. Nationale Einfuhrverbote für einzelne in der EU zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen gibt es inzwischen in immer mehr Ländern: in Österreich, Luxemburg, Ungarn, Griechenland, Frankreich und auch Deutschland. Warum wehren sich diese Länder gegen die „Gen- technik-Zwangsjacke“, die ihnen durch die EU-Kom- mission aufgebürdet wird? Ich will hier drei der wich- tigsten Gründe nennen: Erstens. Das Abstimmungsprozedere ist unbefriedi- gend. Solange in den Gremien der EU weder eine abso- lute Mehrheit gegen noch für einen Antrag erreicht wird, hat die EU-Kommission die Möglichkeit, in eigener Re- gie eine Zulassung zu erteilen. Diese Möglichkeit hat die K t T d m t w f ö S K b F l M b u z a u d d g W e r P S g b d s r s M F v q W a s r l r i z d n A l (C (D ommission bisher in jedem Zulassungsfall genutzt – rotz des erklärten Widerstands zahlreicher EU-Länder. Zweitens. Es zeigen sich eklatante Mängel bei der ransparenz im Rahmen des Zulassungsverfahrens, so- ass es unabhängigen Experten sehr schwer bis fast un- öglich gemacht wird, die Studienergebnisse zu kon- rollieren, die von den Gentechnikanwendern vorgelegt erden. Eine externe Überprüfung der Zulassungsemp- ehlungen ist bisher gar nicht möglich gewesen, da die kotoxikologischen Studien nicht offengelegt wurden. Drittens. Es gibt Zweifel daran, ob wissenschaftliche tudien ausreichend berücksichtigt werden: Die EU- ommission bzw. die zuständige wissenschaftliche Le- ensmittelsicherheitsbehörde EFSA ist bisher in keinem all zu einer negativen Bewertung von vorgelegten Zu- assungsanträgen gekommen. Das weckt zumindest isstrauen, ob kritische Studienergebnisse ausreichend erücksichtigt werden. So wird vor allem von Umwelt- nd Verbraucherverbänden kritisiert, dass keine Lang- eitstudien vorliegen. Nach außen wird der Öffentlichkeit suggeriert, dass lle von der EU zugelassenen Produkte streng überprüft nd getestet werden. Zum Beispiel bei MON863 hat sich ann aber herausgestellt, dass die EFSA Sicherheitsbe- enken ignoriert hat. Sogar die EU-Kommission äußert Zweifel an der ei- enen Zulassungspraxis in ihrer Stellungnahme bei den TO-Verhandlungen um nationale Einfuhrverbote. Sie rklärt darin zum Beispiel, dass es „ein begründeter und echtmäßiger Standpunkt“ sei, dass schädlingsresistente flanzen – dazu gehören im Übrigen auch die von eehofer für Deutschland zugelassenen Sorten aus dem entechnisch veränderten Mais MON810 – nicht ange- aut werden sollten, bis alle Auswirkungen auf den Bo- en bekannt sind. Trotz dieser eigenen Bedenken hat die EU-Kommis- ion zahlreiche neue Gentechpflanzenlinien und Nah- ungsmittel zugelassen, darunter im Übrigen fast aus- chließlich schädlingsresistente Pflanzen wie den Mais ON863. Fakt ist: Die Kommission hat sich bisher in keinem all von ihrem Vorhaben abhalten lassen, gentechnisch eränderte Pflanzen zuzulassen – weder durch fehlende ualifizierte Mehrheiten noch neue Risikoanalysen. enn die EU-Kommission zulassen will, dann lässt sie uch zu. Die Zulassungen gelten dann in allen Ländern, elbst wenn diese Länder während des Verfahrens be- echtigte Einwände erhoben haben. Darum brauchen wir auf nationaler Ebene die Mög- ichkeit, uns gegen die EU-Zulassungen zu wehren. Da- um soll sich die Regierung dafür stark machen, dass wir n Deutschland ein Moratorium zur kommerziellen Nut- ung der Agrogentechnik erlassen können. Wenn es Söder und Seehofer wirklich ernst meinen, ann müssten sie und ihre Kollegen von der CSU nicht ur unserem vorliegenden Antrag, sondern auch unserem ntrag für nationale Einfuhrverbote zustimmen. Sonst iegt der Verdacht sehr nahe, dass die Verkündungen 4334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) nicht mehr waren als halbherzige Versuche, die Wogen bei den Landwirten in den zahlreichen gentechnikfreien Regionen in Bayern zu glätten. Dr. Peter Paziorek, Parl. Staatssekretär beim Bun- desministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- braucherschutz: Der Antrag der Grünen ist weder in der Form angemessen noch sachgerecht und verantwor- tungsbewusst. Er setzt ein völlig falsches Signal und ist daher abzulehnen. Auf welches Niveau haben Sie sich hier begeben? Da stellen Sie im feuilletonistischen Stil die Fragen: „Gibt es ein Risiko für die Gesundheit?” Und: „Sind die Folgen für Umwelt und Ökosystem hin- reichend erforscht?“ Das sind selbstverständlich ganz wichtige Fragestellungen. Aber wo findet sich in Ihrem Antrag auch nur im Ansatz ein Vorschlag, wie wir darauf Antworten finden können? Kein Wort von verstärkter Forschung, die wir dringend brauchen, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Stattdessen reißen Sie Aussagen aus einem Zeitungsartikel aus dem Zusam- menhang. Warum zitieren sie hier nicht auch das klare „Ja“ zur Forschung? Für mich lässt das nur einen Schluss zu: Ihr Konzept heißt: „Polemisieren und blo- ckieren.“ Sie schüren bewusst die ohne Frage beste- hende Unsicherheit in der Bevölkerung und entziehen sich jeder Verantwortung für eine sachgerechte Ausein- andersetzung mit dem Thema. Mit anderen Worten: Sie bleiben mit ihrem Antrag strikt auf Künasts Blockade- Kurs. In dem Zusammenhang empfehle ich Ihnen gern den Artikel in der „Zeit” vom 8. Dezember 2003 mit dem Titel „Staatlich veräppelte Forschung“. Es ist schon be- merkenswert, wie international anerkannte Forscherin- nen und Forscher aus der Ressortforschung des damali- gen Bundesverbraucherministeriums von Frau Künast an die Kandarre genommen wurden. Für mich ein unver- gleichlicher Akt ideologisch motivierter Willkür. Die Bundesregierung steht dagegen für einen sachli- chen und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Thema Gentechnik. Entsprechend werden wir die Si- cherheitsforschung und Entwicklungsforschung voran- bringen, denn nur so gelangen wir zu Erkenntnissen, die als Grundlage politischer Entscheidungen unverzichtbar sind. Gegen die Sicherheitsforschung können eigentlich keine ernsthaften Einwände erhoben werden. Gerade die Kritiker der Grünen Gentechnik betonen ja immer wie- der, dass die Wirkung von gentechnisch veränderten Or- ganismen nicht ausreichend erforscht sei. Dann sollten wir den offenen Fragen auch nachgehen! Doch auch die Entwicklungsforschung ist zu stärken. Die Grüne Gentechnik bietet beträchtliche Perspektiven und kann einen Beitrag zur Ernährung und zur Versor- gung mit Energie und Rohstoffen leisten. Die globale Entwicklung schreitet voran, unabhängig davon, ob in Deutschland Entwicklungsforschung betrieben wird oder nicht. Wir wären verantwortungslos, wenn wir uns aus der Entwicklung neuer gentechnisch veränderter Pflanzen zurückziehen würden und diesen Wachstums- bereich anderen überlassen würden. Deutschlands Stärke l e s B a u l z A f c v b s s s G S s s d D K s v r s Ü s s b s d d d g u u I s k L W z u g f d V n g r k (C (D iegt in der Innovation! Diese Stärke müssen wir auch insetzen! Für mich ist dabei selbstverständlich, dass die For- chung nicht nur im Labor stattfindet, sondern – unter eachtung des Schutzes von Umwelt und Gesundheit – uch im Freiland möglich sein muss. Nur so können wir ns ein vollständiges Bild von der Gentechnik unter rea- istischen Bedingungen machen. Ein Beitrag, der die Forschung im Bereich der Pflan- enbiotechnologie voranbringen würde, sollte meiner nsicht nach darin bestehen, das so genannte verein- achte Verfahren über das Jahr 2006 hinaus zu ermögli- hen. Hierdurch würde die experimentelle Freisetzung on gentechnisch veränderten Organismen, mit denen ereits ausreichende Erfahrungen gesammelt worden ind, erleichtert. Außerdem sollten wir die Verfahren pragmatisch ge- talten. Zwei Beispiele: Erstens. Gentechnische Anlagen ind in vier Sicherheitsstufen von S 1 bis S 4 eingeteilt. entechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen der icherheitsstufe S 1 und Folgearbeiten der Sicherheits- tufe S 2 sollten nur noch anzuzeigen statt anzumelden ein. Der Betreiber dürfte dann nach der Anzeige mit en gentechnischen Arbeiten sofort beginnen. Zweitens. urch die Gesetzesnovelle von 2004 ist die Zentrale ommission für die Biologische Sicherheit in zwei Aus- chüsse aufgeteilt und die Zahl der Mitglieder nahezu erdoppelt worden. Es ist, auch wegen einer nicht aus- eichenden Bewerberzahl, nicht gelungen, die Aus- chüsse wie vorgesehen zu besetzen. Deshalb wurde mit der Novelle dieses Jahres eine bergangsregelung geschaffen, wonach die Kommis- ion in der alten Besetzung tagt. Um auch weiterhin eine achkompetente Prüfung zu gewährleisten, sollten die eiden Ausschüsse dauerhaft wieder in ein Gremium zu- ammengeführt werden. Beim kommerziellen Anbau sind wir uns bewusst, ass die Dinge hier etwas komplizierter sind. Es ist in er Tat so, dass in der Bevölkerung Verunsicherung über ie Grüne Gentechnik herrscht und eine große Mehrheit entechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt. Politik nd Wirtschaft haben diese Meinungslage zur Kenntnis nd auch ernst zu nehmen und für die Politik kann ich hnen versichern: Wir tun das auch! Wir müssen dafür orgen, dass diejenigen, die das wollen, sich auch in Zu- unft ohne Gentechnik ernähren können, und auch die andwirte in der Lage sind, solche Produkte anzubieten. ir müssen daher sicherstellen, dass die Koexistenz wischen gentechnisch veränderten, konventionellen nd ökologischen Kulturen gewahrt wird. Dieser Auf- abe werden wir uns mit einer Verordnung über die gute achliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch verän- erter Pflanzen stellen. Bei den pflanzenartspezifischen Regelungen in der erordnung werden wir uns auf den Anbau von gentech- isch verändertem Mais beschränken. Das ist die einzige entechnisch veränderte Pflanzenart, die mit gentechnik- echtlicher Genehmigung und Sortenzulassung hier ommerziell angebaut wird. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4335 (A) ) (B) ) In der Rechtsverordnung zur guten fachlichen Praxis wird ein Mindestabstand gegenüber konventionellen oder ökologischen Maisfeldern festgelegt werden. Wir wollen sowohl den Erzeugern von gentechnisch verän- dertem Mais als auch den Nachbarn möglichst große Sicherheit vor wesentlichen Beeinträchtigungen und eventuellen Haftungsfolgen geben. Wesentliche Beein- trächtigungen der Nachbarn müssen der seltene Ausnah- mefall bleiben. In Deutschland erfolgt der kommerzielle Anbau von gentechnisch verändertem Mais nunmehr im dritten Jahr. Mit dem Anbau wurde also in einer Zeit begonnen, als Frau Künast noch zuständige Ministerin war. Die Europäische Kommission hat mit der Eintragung von MON810 in das Gemeinschaftsregister für gentech- nisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel aus- drücklich klargestellt: Das Saatgut ist von der Zulassung und der Eintragung ins Gemeinschaftsregister mit um- fasst. Gentechnisch veränderter Mais wird daher auch in Zukunft in Deutschland angebaut werden können. Europa hat mit staatlicherseits verordneten Morato- rien keine gute Erfahrung gemacht; jedenfalls dann nicht, wenn von den betreffenden gentechnisch verän- derten Organismen keine Gefahr für Umwelt oder Ge- sundheit ausgeht: Die WTO hat insoweit einen Verstoß gegen Welthandelsrecht festgestellt. Aus den genannten Gründen verdient ein staatliches Zwangsmoratorium keine Unterstützung. Der Antrag ist daher abzulehnen. Anlage 8 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesord- nungspunkt 29 a) Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD): Die Verhandlungen zur Reform der föderalen Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern haben ihren Abschluss gefunden. Die gegenwärtige Konstellation der Mehrheit von CDU/ CSU und SPD im Bundestag hat einen günstigen Rah- men für eine Lösung der teilweise unklaren Kompetenz- verteilungen sowie der Blockadeproblematik im Bun- desrat vorgegeben. Mit der vorliegenden Reform sind die vorhandenen Probleme allerdings nicht adäquat gelöst. Ich hätte mir eine Reform der Kompetenzen von Bund und Ländern gewünscht, die der gegenwärtigen innerdeutschen Situa- tion wie auch dem zunehmenden europäischen Integra- tionsprozess mehr gerecht wird. Anstatt die zahlreichen Grundgesetzänderungen vorzunehmen, wäre dies der richtige Anlass gewesen, einen Verfassungskonvent ein- zuberufen und eine neue bundesdeutsche Verfassung mit klaren Zuständigkeiten auszuarbeiten. B r d d g J e l z z i Z H W z R r l g s g d m B J d u g d s m t g m D S m E e f ä E b d A s f d k g (C (D Dem Verhandlungsergebnis stimme ich, trotz großer edenken, zu, um die Gefahr noch größerer und schärfe- er Auseinandersetzungen zu diesem Thema zu vermei- en. Ich verbinde meine Zustimmung mit der Forderung, ass der zweite Schritt, die Reform der Finanzbeziehun- en von Bund und Ländern, konsequent noch in diesem ahr erfolgt. Darüber hinaus halte ich die Formulierung iner neuen Verfassung für die Bundesrepublik Deutsch- and für den besseren und notwendigen Weg. Dirk Becker (SPD): Ich bekenne mich ausdrücklich ur Notwendigkeit einer Föderalismusreform. Die Redu- ierung der zustimmungsbedürftigen Gesetzesvorhaben st dabei ein wichtiges, aber nicht das ausschließliche iel. Die Reform unseres Staatsaufbaus ist angesichts der erausforderungen in Europa und in einer globalisierten elt und vor dem Hintergrund der Situation in den ein- elnen Bundesländern notwendig. Eine entsprechende eform muss deshalb den damit verbundenen Anforde- ungen gerecht werden. Die Verfassung ist die Grund- age unseres Zusammenlebens. Jede Änderung hat rundsätzliche Bedeutung. Sie stellt eine Gewissensent- cheidung dar, bei der alle Abgeordneten das Wohl des anzen Volkes berücksichtigen müssen. Einer Änderung es Grundgesetzes muss sich daher an diesen Kriterien essen lassen. Ich teile ausdrücklich nicht die Auffassung, dass zur eseitigung der mit der Verfassungsänderung aus dem ahr 1994 herbeigeführten Rechtsunsicherheit bezüglich er Regelungskompetenz zwischen Bund und Ländern nd der daraus resultierenden Klageanfälligkeit bundes- esetzlicher Regelungen nunmehr offensichtliche, von en meisten Sachverständigen auch benannte Ver- chlechterungen in einzelnen Fachbereichen hingenom- en werden sollen. Gleichwohl muss ich zur Kenntnis nehmen, dass wei- ere Nachbesserungen aufgrund der Weigerung aus eini- en Bundesländern bzw. aus den Reihen der Union nicht öglich sind. Zumindest konnte in den letzten Tagen ank des Einsatzes von Peter Struck noch an einigen tellen Positives erreicht werden. Bedauerlicherweise usste im Gegenzug im Umweltbereich eine weitere inschränkung hingenommen werden. Aus den nachfolgend dargestellten Gründen habe ich rhebliche Bedenken gegen Teile der vorgesehenen Ver- assungsreform: Erstens. Deutschland wird durch diese Verfassungs- nderung die großen Herausforderungen, die sich in uropa und in einer globalisierten Welt ergeben, nicht esser wahrnehmen können. Die vorgesehene Änderung es Art. 23 des Grundgesetzes und die Einführung der bweichungsgesetzgebung sind kontraproduktiv. Sie chwächen die europa- und völkerrechtliche Handlungs- ähigkeit Deutschlands zum Beispiel im Bereich der Bil- ungs- und Umweltpolitik. Zweitens. Rechtsdogmatisch wird durch die Möglich- eit der Abweichungsgesetzgebung ein Instrumentarium eschaffen, das nicht zu mehr Transparenz in der 4336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Kompetenzverteilung und Rechtsklarheit führen wird, sondern zu Rechtszersplitterung. Wenn angeführt wird, dass die Länder von der Abweichungskompetenz häufig keinen Gebrauch machen werden, so stellt sich die Frage, warum man diese Regelung dann schafft. Drittens. Die Ausgestaltung des Art. 104 a des Grund- gesetzes und die Zustimmungserfordernis des Bundes- rates im Rahmen der Art. 72 und 84 des Grundgesetzes widersprechen dem Ziel der Verfassungsänderung, die Quote der zustimmungspflichtigen Gesetzesvorhaben deutlich zu reduzieren, wenngleich diese Fragestellung ohnehin nicht lediglich auf die Quantität, sondern viel- mehr an den jeweiligen Inhalten der Gesetzesmaterien ausgerichtet sein muss. Viertens. Umwelt-, Bildungs- und Sozialpolitik sind die Felder, auf denen zukünftig zentrale Herausforderun- gen bestehen. Es gibt ein gesamtstaatliches Interesse, das durch die vorgesehene Kompetenzverteilung nicht er- füllt werden kann. Als Mitglied des Umweltausschusses sehe ich es hier- bei als unverzichtbar an, das Umweltverfahrensrecht in Art. 84 des Grundgesetzes ausdrücklich ohne Abwei- chungsmöglichkeit für die Länder aufzunehmen; den ab- weichungsfesten Kern bei dem unbestimmten Rechtsbe- griff „Allgemeine Grundsätze des Naturschutzes“ konkreter zu fassen und um den Begriff der „anlagenbe- zogenen Regelungen“ zu ergänzen; den Begriff „anlage- bezogene Regelungen“ im Wasserrecht zu präzisieren; die Übergangsregelungen des Art. 125 b des Grundge- setzes zu präzisieren, um so das vereinbarte Moratorium zur Schaffung eines Umweltgesetzbuches rechtsverbind- lich zu sichern: rechtssichere Kompetenztitel für die Be- reiche Bodenschutz, erneuerbare Energien, Chemika- lienrecht und für den Bereich der nichtionisierenden Strahlung zu schaffen; den Hochwasserschutz als abwei- chungsfeste Materie festzuschreiben. Fünftens. Ich erkenne an, dass die Neufassung des Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes zumindest geeignet ist, den jetzigen Zustand der Klageanfälligkeit bundesge- setzlicher Regelungen zu reduzieren und hiermit zu einer Klarstellung und stärkeren Rechtssicherheit beiträgt. Jedoch wird durch die in Abs. 3 aufgenommene Ab- weichungsregelung für die Länder – und hier konzen- triere ich mich vorrangig auf den Bereich des Umwelt- und Naturschutzes – eine neue Rechtsunsicherheit und Klageanfälligkeit geschaffen. Kein Staatsrechtler konnte bisher deutlich machen, welche Regelungskompetenz des Bundes sich letztlich hinter dem unbestimmten Rechtsbe- griff der „allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes“ verbirgt. Die Reduzierung des abweichungsfesten Kerns auf diese Formulierung wird so zu neuerlichen Verfas- sungsklagen sowie zur weiteren Rechtszersplitterung bei- tragen. Sechstens. Wettbewerbsföderalismus setzt gesunde Startbedingungen voraus, die mit dieser Reform nicht gegeben sind. Es ist zu befürchten, dass in zentralen Be- reichen ein Wettlauf um die niedrigsten Standards ein- setzen wird. Dann geht es nicht um die Frage, welche Ebene Aufgaben besser erfüllen kann, sondern vielmehr w d s E n s v r Z b g s i r f z b n m g b U g m t e g s p M d m s A n P d d d n S h B f ä s d g c V t r d (C (D erden die unterschiedlichen finanziellen Rahmenbe- ingungen letztlich unterschiedliche Grenzen setzen. Siebtens. Die größte Verfassungsänderung seit 1949 ollte durch die größte Anhörung vorbereitet werden. ine angemessene Auswertung dieser Anhörung hat icht stattgefunden. Sie hätte die Punkte 1 bis 5 berück- ichtigen können. Das Engagement unseres Fraktions- orsitzenden Peter Struck für eine entsprechende Anhö- ung und Auswertung möchte ich in diesem usammenhang ausdrücklich anerkennen und hervorhe- en. Hätte die Mehrheit der Verhandlungspartner ebenso ehandelt, wäre eine angemessene Beratung und Ent- cheidung möglich gewesen. Durch die Verweigerung nsbesondere einiger Länder, die Ergebnisse der Anhö- ung angemessen in die Beratung der Föderalismusre- orm einzubeziehen, war letztlich kein besseres Ergebnis u erzielen. So bleibt es letztlich in einigen Bereichen eim Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nen- er. Überzeugende Argumente für sinnvolle Korrekturen it Blick auf unsere Ziele einer integrierten Vorhabens- enehmigung und des zu schaffenden Umweltgesetz- uchs, die erstaunlich einvernehmlich von Vertretern der mweltverbände, der Industrie und den Sachverständi- en vorgetragen wurden, haben kein Gehör gefunden. Achtens. Die Reform des Föderalismus wird und uss weiter ein zentrales Thema bleiben. Vor dem Hin- ergrund der wiedererlangten deutschen Einheit und der uropäischen Rechtsharmonisierung muss die grundle- ende Reform unseres föderalen Bundesstaats das Ziel ein. Diesbezüglich schließe ich mich dem Diskussions- apier der Kollegen Steffen Reiche, Dr. Matthias iersch und des Staatsrechtlers Prof. Hans Meyer an. Fazit: Es wäre dieser größten Verfassungsreform in er Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ange- essen gewesen, wenn sich Bundestag und Bundesrat orgfältiger mit den Argumenten und Fakten aus den nhörungen beschäftigt hätten. Insbesondere einige Mi- isterpräsidenten der Union haben diesen intensiven rozess nicht zugelassen. Hier stellt sich die Frage nach em Stellenwert der Abgeordneten des Deutschen Bun- estages und dem Wert unserer Verfassung. Aus den dargestellten Gründen bleibt eigentlich nur ie Schlussfolgerung, diese Verfassungsänderung ableh- en zu müssen. Wäre da nicht die Frage, welche Auswirkung ein cheitern der Reform für die Verfassungswirklichkeit ätte. In Kenntnis der wiederholten Rechtssprechung des undesverfassungsgerichtes – zum Beispiel Juniorpro- essur – ist anzuerkennen, dass in Folge der Verfassungs- nderung aus dem Jahr 1994 in vielen zentralen politi- chen Fragen das Verfassungsgericht auch zukünftig die erzeitige Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Re- elung des Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes ausgespro- hen eng auslegen wird. Damit würde der Bund noch stärker als durch diese erfassungsreform an einheitlichen Regelungskompe- enzen verlieren. Eine noch stärkere Rechtszersplitte- ung mit ihren negativen Auswirkungen, auch bezüglich er Europatauglichkeit, wäre die Folge. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4337 (A) ) (B) ) Im Ergebnis bleibt diese Verfassungsänderung ein teils zweifelhafter Kompromiss ohne echte umsetzbare Alternative. Aus diesem Grund stimme ich trotz schwer- wiegender Bedenken der Verfassungsänderung zu. Petra Bierwirth (SPD): Die Reform unseres födera- len Systems ist angesichts der Herausforderungen in Europa und in einer globalisierten Welt notwendig. Auch die Situation der öffentlichen Haushalte verlangt einen effizienteren und leistungsfähigeren Staatsaufbau. Die uns heute vorliegende größte Verfassungsänderung seit 1949 sollte durch die umfangreichste Anhörung im Deutschen Bundestag vorbereitet werden. Nur dem En- gagement unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Struck ist es zu verdanken, dass diese Anhörung stattfand und wir als Parlament unsere Rechte wahrnehmen konnten. Eine angemessene Auswertung dieser Anhörung konnte auf Grund der starren Haltung der Ministerpräsidenten der Länder nicht stattfinden. Nachfolgende grundsätzliche Aspekte sind völlig au- ßer Acht gelassen worden. Erstens. Deutschland wird durch diese Verfassungs- änderung die großen Herausforderungen, die sich in Europa und in einer globalisierten Welt ergeben, nicht besser wahrnehmen können. Die vorgesehene Fassung des Art. 23 GG und die Einführung der Abweichungs- gesetzgebung sind kontraproduktiv. Sie schwächen die europa- und völkerrechtliche Handlungsfähigkeit Deutsch- lands zum Beispiel im Bereich der Bildungs- und Um- weltpolitik. Zukünftig wird es jedoch gerade auf diese Politikfelder ankommen. Zweitens. Rechtsdogmatisch wird durch die Möglich- keit der Abweichungsgesetzgebung ein Instrumentarium geschaffen, das nicht zu mehr Transparenz in der Kom- petenzverteilung, Effizienz und Rechtsklarheit führen wird, sondern zu Rechtszersplitterung und Kompetenz- wirrwarr. Im Urteil vom 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 (NJW 2003, S. 41 ff. (44)) führt das Bundesverfassungs- gericht aus: Eine „Doppelzuständigkeit“, auf deren Grundlage Bund und Länder ein und denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise regeln könnten, ist dem System der verfassungsrechtlichen Kompetenznor- men fremd und stünde mit ihrer Abgrenzungsfunk- tion (Art. 70 II GG) nicht im Einklang. Es ist nicht zu begründen, warum diese Grundsätze aufgehoben werden. Wenn angeführt wird, dass die Län- der von der Abweichungskompetenz häufig keinen Ge- brauch machen werden, so stellt sich die Frage, warum diese Regelung dann geschaffen wird. Drittens. Die Ausgestaltung des Art. 104 a GG und das Zustimmungserfordernis des Bundesrates im Rah- men der Art. 72 und 84 GG widersprechen dem Ziel der Verfassungsänderung, die Quote der zustimmungspflich- tigen Gesetzesvorhaben deutlich zu reduzieren. Wenn- gleich dieser Sachverhalt sich nicht nur auf die Quanti- tät, sondern vielmehr an den jeweiligen Inhalten der Gesetze orientieren muss. d H d F D f d l A E W h u k G C b a a Z w r d s D t L l w m w e w s n d z h e d L A i d H s d 2 d R r (C (D Viertens. Umwelt-, Bildungs- und Sozialpolitik sind ie Felder, die für unser Land zukunftsweisend sind. ier gibt es ein gesamtstaatliches Interesse, das durch ie vorgesehene Kompetenzverteilung und durch die assung des Art. 104 b GG nicht erfüllt werden kann. ieses gilt auch für weitere Bereiche, wie zum Beispiel ür den Strafvollzug. Fünftens. Ein Wettbewerb um die besten Lösungen in en einzelnen Bundesländern darf den Grundsatz der So- idarität nicht vernachlässigen. Er setzt aber gesunde usgangsbedingungen voraus, die nicht gegeben sind. s ist zu befürchten, dass in zentralen Bereichen ein ettlauf „nach unten“ einsetzen wird und negative Ver- ältnisse zementiert werden. Dabei geht es nicht primär m die Frage, welche Ebene Aufgaben besser erfüllen ann. Die finanziellen Rahmenbedingungen setzen renzen. Besonders in den neuen Ländern werden die hancen, den Aufbau Ost weiter voran zu bringen und estehende Entwicklungs- und Leistungsunterschiede uszugleichen, mit der vorliegenden Reform erschwert. Sechstens. Gerade im Bereich der Umweltpolitik sind ngesichts der Standortwettbewerbe und ökonomischen wänge Aufweichungstendenzen im Rahmen der Ab- eichungsgesetzgebung zu befürchten. Eine Zersplitte- ung unseres Rechtssystems und unterschiedliche Stan- ards sind die Folge. Der Aufbau des Staates und seine Funktionsfähigkeit ind auch dem Aspekt der Nachhaltigkeit verpflichtet. ie vorliegende Verfassungsänderung ist nicht nachhal- ig. Die politischen Mehrheitsverhältnisse in unserem and hätten, vor allem bei anderer Haltung der Bundes- änder, die Möglichkeit eröffnet, eine wirklich zukunfts- eisende Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen. Ich kann dieser Grundgesetzänderung nicht zustim- en. Dr. Gerhard Botz (SPD): Diese Föderalismusreform ird das Verhältnis von Bund und Ländern nachhaltig in ine Richtung verändern, die im Widerspruch zu der Er- artung einer deutlichen Mehrheit unserer Bevölkerung teht. Die darin verankerten Gewinne des Bundes kön- en meines Erachtens nicht darüber hinwegtäuschen, ass eine Mehrheit der hier festgelegten Veränderungen u einem Paradigmenwechsel weg vom Solidarprinzip, in zu mehr Wettbewerbsföderalismus führen. Ich halte s für völlig inakzeptabel, dass das Beamten- und Besol- ungsrecht, das Strafvollzugs- und das Heimrecht in die änderkompetenz übertragen werden. Dazu kommen bweichungsmöglichkeiten der Länder im Naturschutz, m Jagdwesen, in der Raumordnung, Bodenverteilung, em Wasserhaushalt, der Hochschulzulassung und dem ochschulwesen. Deutschland wird mit diesen Entscheidungen ange- ichts der Herausforderungen der Europäisierung und er Globalisierung mit angezogener Handbremse in das 1. Jahrhundert starten. Nicht zuletzt werden wir auf iese Weise unsere angekündigten Bestrebungen in ichtung Bürokratieabbau auf Jahrzehnte selber blockie- en. 4338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Die große Koalition vergibt damit leider eine gewal- tige Chance, unsere Republik rechtzeitig in ihrer Hand- lungsfähigkeit substanziell zu stärken. In erster Linie werden von den absehbar nachteiligen Entwicklungen diejenigen Bundesländer betroffen sein, die auch heute schon zu den ärmeren gehören. Änderungen unseres Grundgesetzes, die in ihrer Ge- samtheit derartige Risiken in sich bergen, kann ich nicht zustimmen. Marco Bülow (SPD): Dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und dem Entwurf eines Föderalismusreform-Begleitgesetzes stimme ich zu. Im Folgenden möchte ich dazu aber eine Erklärung abge- ben: Die Reform unseres Staatsaufbaus ist angesichts der Herausforderungen in Europa, in einer globalisierten Welt und vor dem Hintergrund der Situation in den ein- zelnen Bundesländern notwendig. Eine entsprechende Reform muss deshalb den damit verbundenen Anforde- rungen gerecht werden. Die Verfassung ist die Grund- lage unseres Zusammenlebens. Jede Änderung hat grundsätzliche Bedeutung. Sie stellt eine besondere Ge- wissensentscheidung dar, bei der alle Abgeordneten das Wohl des ganzen Volkes berücksichtigen müssen. Aufgrund reiflicher Überlegung und langer detaillier- ter Diskussionen über die Gesamtreform kann ich zu kei- nem eindeutig positiven Urteil kommen. Es ist für mich allerdings auch nicht zweifelsfrei geklärt, ob die vorlie- gende Reform nachteiliger für die Herausforderungen der Zukunft ist, als wenn wir es beim Status quo belas- sen. Durch die Verfassungsänderung von 1994 ist es zu vielen Unklarheiten gekommen, bei der das Parlament immer stärker von Entscheidungen des Bundesverfas- sungsgerichts abhängig wurde. Dies wird mit den Grundgesetzänderungen teilweise verändert. Ich hoffe zudem darauf, dass mit der Reform die Zahl der zustim- mungspflichtigen Gesetzesvorhaben deutlich reduziert wird. Insgesamt werde ich der Reform trotz erheblicher Bedenken zustimmen. Ich möchte meine wichtigsten Bedenken im Einzel- nen aufführen: Erstens. Meine Vorstellung über eine wirklich umfas- sende Föderalismusreform sieht deutlich anders aus als die Vorlage, über die wir im Parlament nun abstimmen. Viele Themen, beispielsweise die Länderfusion, wurden gar nicht erst verhandelt. Zweitens. Der Vorschlagsentwurf, der dem Bundestag vorgelegt wurde, ist in keiner Phase mit den Fachpoliti- kern besprochen worden. Zudem hat eine angemessene parlamentarische Auswertung der Anhörung nicht statt- gefunden. Nur durch Drängen der SPD-Bundestagfrak- tion und das Engagement unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Struck wurde überhaupt noch über Einzelfragen diskutiert. Hätte die Mehrheit der Verhandlungspartner ebenso gehandelt, wäre eine angemessene Beratung und Entscheidung möglich gewesen. K H c d B S r n p d V s b d s r l w P s c t f t d w R l L h d B b b g a Z w d w d a h G w v H g d p k (C (D Drittens. Die Anhörung hat ergeben, dass sich die im oalitionsvertrag definierten Ziele – Verbesserung der andlungsfähigkeit des Staates – Seite 109; Vereinfa- hung des Umweltrechts – Seite 67; Weiterentwicklung er Aufgaben von Bund und Ländern im Bereich der ildung – Seite 41; Gewährleistung sozialer Sicherheit – eite 96 f. – mit der vorgeschlagenen Verfassungsände- ung – auch als Anlage dem Koalitionsvertrag beigefügt – icht realisieren lassen. Dieser Widerspruch hätte im arlamentarischen Verfahren aufgeklärt und gelöst wer- en müssen. Viertens. Ich bezweifle, dass Deutschland durch diese erfassungsänderung die großen Herausforderungen, die ich in Europa und in einer globalisierten Welt ergeben, esser wahrnehmen kann. Die vorgesehene Änderung es Art. 23 GG und die Einführung der Abweichungsge- etzgebung sind kontraproduktiv. Sie schwächen die eu- opa- und völkerrechtliche Handlungsfähigkeit Deutsch- ands zum Beispiel im Bereich der Bildungs- und Um- eltpolitik. Zukünftig wird es jedoch gerade auf diese olitikfelder ankommen. Fünftens. Mit der Möglichkeit der Abweichungsge- etzgebung wird ein Instrumentarium geschaffen, wel- hes zu größerer Rechtszersplitterung und zu Kompe- enzwirrwarr führen wird. Die Befürworter der Reform ühren an, dass die Länder von der Abweichungskompe- enz keinen Gebrauch machen werden. Dann stellt sich ie Frage, warum diese Regelung dann geschaffen urde. Sechstens. Die Reform ist ein deutlicher Schritt in ichtung eines Wettbewerbsföderalismus. Ich halte al- erdings einen solidarischen Föderalismus in unserem and für eine bessere Alternative, dies vor allem des- alb, weil nicht alle Bundesländer die gleichen Startbe- ingungen haben und zu befürchten ist, dass in zentralen ereichen ein Wettlauf „nach unten“ einsetzen wird. Da- ei geht es nicht um die Frage, welche Ebene Aufgaben esser erfüllen kann. Die finanziellen Rahmenbedingun- en setzen Grenzen. Siebtens. Gerade im Bereich der Umweltpolitik sind ngesichts der Standortwettbewerbe und ökonomischen wänge Aufweichungstendenzen im Rahmen der Ab- eichungsgesetzgebung zu befürchten. Dagegen verhin- ern klare und bundeseinheitliche Regelungen diese Ent- icklung. Einfachgesetzliche Öffnungsklauseln können abei einen Wettbewerb „nach oben“ eröffnen. Dabei ist uch unbestritten, dass regionale und örtliche Besonder- eiten im Rahmen der Abwägungsprozesse auch auf der rundlage bundeseinheitlicher Standards berücksichtigt erden können. Achtens. Auch Regelungen im Bildungsbereich und or allem die Verlagerung der Zuständigkeit für das eimrecht halte ich für keine gute Entscheidung. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Ich stimme ge- en die Verfassungsänderung und bin dabei insbeson- ere von folgenden Überlegungen geleitet: Erstens. Die arlamentarische Beratung der Einzelbestimmungen onnte aufgrund der im Vorfeld getroffenen Festlegun- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4339 (A) ) (B) ) gen nicht mehr ausreichend ergebnisoffen erfolgen. Zweitens. Ich halte den eingeschlagenen Weg insgesamt für falsch und auch die damit verbundenen Erwartungen für Entflechtungsgewinne für weit überschätzt. Die in der Verfassung bestehende Kompetenzverteilung zwi- schen Bund und Ländern halte ich für das Äußerste, was gerade noch hinnehmbar war; in der Zwischenzeit haben sich die Probleme einer Stärkung der Länderkompeten- zen weiter gezeigt; auch einzelne Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die in diese Richtung wei- sen, machen dies nochmals deutlich. Neue Kompetenz- verlagerungen zugunsten der Länder schwächen den Bund; sie stellen auch die Regierbarkeit unseres Landes insgesamt in der Zeit der Europäisierung infrage. Wir brauchen mehr und auch einheitlichere Standards für Schulen und Hochschulen, nicht weniger. Und die wei- tere Kompetenzverlagerung auf die Länder werden wir mit einem Anwachsen der Bürokratie für die Betroffe- nen und – auf Dauer gesehen – mit einer Stärkung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in grundrechtsrelevanten Bereichen wie dem Strafvollzug bezahlen müssen. Auch die für behinderte Menschen, für Kinder und Jugendliche und für alte Menschen so wichtigen Rege- lungskompetenzen werden in Zukunft zu Nachteilen für die Betroffenen, aber auch für die in der Zivilgesell- schaft Engagierten führen. In den letzten Monaten habe ich an vielen Runden ergebnisoffener Sachdiskussionen mit Verfassungsexperten teilgenommen. Auch sie haben mich davon überzeugt, dass die Erwartungen im Hin- blick auf politische Gewinne aus einer Entflechtung der Kompetenzen für unsere Demokratie, insbesondere un- ter Transparenz- und Zuordnungsgründen, bei weitem überschätzt sein dürften. Sicherlich wird es sie in einigen Bereichen geben – auf dem Gebiet der Juristerei. Poli- tisch indes werden die Länder in allen Bereichen weiter mitreden, in denen sie das wollen – künftig indes ge- stärkt durch ihre breiteren Kompetenzen. Auch die Er- wartungen im Hinblick auf die Zuordnung der Verant- wortung auf die handelnden Akteure in Bund und Ländern werden mit großer Sicherheit weit überschätzt. Insgesamt führt diese Verfassungsänderung in eine Rich- tung, die ich nicht vertreten kann. Deshalb stimme ich gegen sie. Patrick Döring (FDP): Der Reformbedarf des föde- ralistischen Systems der Bundesrepublik Deutschland war und ist unumstritten. Die Klagen sind hinreichend bekannt: Die Verflechtung von Bundes- und Landespoli- tik hat ein Ausmaß erreicht, in dem die Zuständigkeiten der unterschiedlichen Akteure in der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen werden. Die Verschränkung der Entscheidung führt zu Blockade und Stillstand der Poli- tik. Eine vernünftige Föderalismusreform wäre von da- her tatsächlich die „Mutter aller Reformen“; denn sie schaffte die Grundvoraussetzungen für eine nachhaltige Modernisierung unseres Landes. Das vorliegende Reformpaket verdient dennoch aus inhaltlichen wie formalen Gründen nicht meine Zustim- mung. f r w r b m o b d ä t g t l g N k s s V a u l c m S z k d k l b S f s d z s d p d d u d d d f Z r s d l s (C (D Kritikwürdig ist bereits das politische Verfahren. Of- enbar haben die Interessen der Koalition, nicht die Inte- essen Deutschlands, ein Schnellverfahren diktiert. Es urde nicht einmal der Versuch unternommen, die zahl- eichen kleinen und größeren Webfehler der Reform zu eheben. Das Verfahren war eine Beleidigung des Parla- entes und des Grundgesetzes. Der Raum für eine sach- rientierte Debatte war nie gegeben. Damit fehlt dieser edeutenden Reform, die das Grundgesetz und damit en Gesellschaftsvertrag in weiten Teilen entscheidend ndert, ein wichtiges Stück demokratischer Legitima- ion. Überdies ist die Reform selbst in weiten Teilen man- elhaft ausgeführt. Die auf Druck der FDP durchgeführ- en Anhörungen haben überdeutlich gezeigt, dass in vie- en Politikfeldern die Reform nur Stückwerk bleibt oder ar in sich widersprüchlich ist. Die unentschlossene euordnung der Bildungspolitik ist ein Beispiel, die un- lare und komplexe Regelung zur konkurrierenden Ge- etzgebungskompetenz ein anderes. Anstatt Klarheit zu chaffen, sorgt die Reform in einigen Teilen für weitere erwirrung. Eine ruhige und sachliche Debatte, wie sie uch der Bedeutung dieses Reformwerkes und dem Wert nseres Grundgesetzes entspräche, hätte hier viele Feh- er zu heilen vermocht. Zahlreiche Defizite lassen sich auch in grundsätzli- hen Fragen feststellen. Die hier vorgestellte Föderalis- usreform ist in vielem zu zaghaft. Anstatt endlich den chritt zu einem produktiven Wettbewerbsföderalismus u wagen, verharrt sie weithin in zentralistischen oder onsensorientierten Lösungen. Ein System, in dem Bun- esländer untereinander um die besten Lösungen kon- urrieren und so in der Summe das Beste für Deutsch- and erreichen, ist nicht zustande gekommen. Stattdessen leibt das Prinzip des Konsensföderalismus erhalten, ein ystem, das bereits unter normalen Umständen schwer- ällig ist; ohne Konsens aber wird es unbeweglich. Denn tets gilt das Prinzip: Das langsamste Schiff bestimmt as Tempo des ganzen Geleitzugs. Überdies wurde versäumt, die Finanzbeziehungen wischen Bund und Ländern auf eine klare Grundlage zu tellen. Dies war eine der zentralen Voraussetzungen für ie Zustimmung der Liberalen. Denn die Neuordnung olitischer Kompetenzen ist nur die eine Seite der Me- aille. Ohne eine transparente und ehrliche Zuweisung er finanziellen und steuerpolitischen Zuständigkeiten nd Verantwortlichkeiten bleibt das Projekt unvollstän- ig. Das gilt auch für die finanzielle Selbstständigkeit er Kommunen. Es ist und bleibt ein Versäumnis, dass as Grundgesetz nicht um ein echtes Konnexitätsprinzip ür die Kommunen ergänzt wurde. So bleibt uns auch in ukunft das Dilemma erhalten, dass die Bundesregie- ung eifrig musikalisch fragwürdige Platzkonzerte be- tellt und die Städte und Gemeinden die Musik bezahlen ürfen. Die Summe dieser Defizite kann für mich nur die Ab- ehnung dieses Antrags bedeuten. Detlef Dzembritzki (SPD): Ich habe heute dem Ge- etz zur Änderung des Grundgesetzes, mit dem die seit 4340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) langem fällige Reform des deutschen Föderalismus auf den Weg gebracht werden wird, zugestimmt. Da dieses Gesetz aber nach meiner Überzeugung einige erhebliche Mängel aufweist und mir der Entschluss, meine Zustim- mung zu geben, unter diesen Umständen äußerst schwer gefallen ist, möchte ich hiermit von § 31 der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages Gebrauch machen und eine persönliche Erklärung abgeben. Die hierin auf- geführten Bedenken habe ich auch während des Bera- tungsprozesses immer wieder vorgebracht und mit Kol- leginnen und Kollegen erörtert. Mein heutiges Abstimmungsverhalten bedeutet nicht, dass ich die Föderalismusreform in ihrer nun vorliegen- den Fassung begrüßen würde. Ganz im Gegenteil, wich- tige Bestandteile des jetzigen Reformpakets lehne ich nach wie vor ab. Meine Zustimmung habe ich nur des- halb nicht versagt, weil ein völliges Scheitern der Re- form noch schlimmere Folgen gehabt hätte. Es bleibt aber weiterhin sehr unbefriedigend, dass es nicht gelun- gen ist, im Vorfeld der heutigen Abstimmung wesentli- che Änderungen am Reformpaket vorzunehmen. Die vorgenommenen Änderungen aber sind unzureichend und weitgehend kosmetischer Natur, sodass zu hoffen bleibt, dass zu einem späteren Zeitpunkt weitere Korrek- turen möglich werden. Die größten Mängel des heute vorliegenden Gesetz- entwurfs scheinen mir nach wie vor im Bereich der Bil- dungs- und Schulpolitik zu liegen. Das Kooperationsver- bot in der Schulpolitik halte ich für unangemessen. Eine Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund würde der deutschen Schulpolitik nicht schaden, sondern ihr hel- fen. Und auch im Hochschulbereich können die geplan- ten Grundgesetzänderungen in ihrer jetzigen Form nicht überzeugen. Zwar ist hier – was positiv zu bewerten ist – das zunächst vorgesehene strikte Kooperationsverbot ge- fallen. Doch auch die jetzige Regelung, nach der für eine Kooperation bei Vorhaben der Wissenschaft und For- schung an Hochschulen die Zustimmung aller Länder er- forderlich ist, wird eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern künftig nicht verbessern. Die Unterschiede in der fiskalischen Leistungskraft der verschiedenen Länder werden noch stärker auf Qua- lität und Quantität der Bildungseinrichtungen durch- schlagen, wobei sich hier insbesondere die ostdeutschen Länder einschließlich Berlin, aber auch die finanzschwa- chen westdeutschen Länder in einer schlechten Situation befinden. Dabei stellt die immer weitergehende Ausein- anderentwicklung in den Schul- und Bildungspolitiken der einzelnen Bundesländer nicht, wie es einige Minis- terpräsidenten offenbar sehen wollen, einen positiven Ausdruck von mehr Wettbewerb im deutschen föderalen System, sondern in Zeiten der Globalisierung, in der eine über die Nationalstaaten hinausgehende Zusammenar- beit in der Bildungspolitik nötig wird, eine zusätzliche Provinzialisierung und Verschlechterung dar. Darüber hinaus weist der Gesetzesentwurf aber auch in vielen anderen Bereichen problematische Regelungen auf. So hätte etwa der Zustimmungsvorbehalt des Bun- desrates bei der Bundesgesetzgebung deutlicher redu- ziert werden müssen. Die Verfassungskorrekturen im U g E A d d s w h s i t z A d s T D l e b m e d n d s R t G w f w c u b A n t u g s n r d a s s s b s s d d v l (C (D mfeld von Art. 83 und 84 GG weisen zwar den richti- en Weg, dieser Weg wurde aber leider nicht bis zum nde beschritten. Ferner hätte ich ein einheitliches Strafvollzugsrecht, rt. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, begrüßt. Es besteht die Gefahr, ass sich die Strafvollzugsregeln nach der Kassenlage es jeweiligen Bundeslandes richten. Es ist nicht ausge- chlossen, dass Gefängnisse zu bloßen Verwahranstalten erden – mit nicht absehbaren sozialen Folgen. Ebenso alte ich es für bedenklich, dass das Heimrecht der Ge- etzgebungskompetenz des Bundes entzogen wurde. Es st jetzt deutlich schwerer, eine Mindestqualität der sta- ionären Pflege zu sichern und einen Wettlauf nach unten u verhindern. Darüber hinaus hoffe ich, dass auch die bstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern für ie Bereiche Rundfunk, Bildung und Kultur auf europäi- cher Ebene noch effektiver gestaltet werden. Insgesamt zieht sich durch den Reformentwurf die endenz, die politische Auseinanderentwicklung in eutschland eher zu stärken als zu schwächen und recht- iche Harmonisierungen in vielen Bereichen erheblich zu rschweren. Die bereits seit Bestehen der Bundesrepu- lik erkennbaren Schwierigkeiten des Grundgesetzes da- it, Länderegoismen dort zurückzudrängen, wo bundes- inheitlichen Regelungen notwendig sind, werden durch ie Föderalismusreform leider nicht reduziert, sondern och verstärkt, sodass der deutsche Föderalismus mit em vorliegenden Gesetzesentwurf in mancherlei Hin- icht noch auf den Stand von 1949 zurückfällt. Letztendlich habe ich trotz all dieser Mängel für die eform gestimmt, weil die jetzige Situation noch uner- räglicher ist, und als Alternative nur das Scheitern des esamtvorhabens geblieben wäre. Ein solches Scheitern äre allerdings fatal gewesen. Seit Jahren klagt die Öf- entlichkeit zu Recht über langwierige Entscheidungs- ege, übermäßige Verflechtungen und gegenseitige Blo- kaden von Bund und Ländern. Die Steuerungsfähigkeit nseres Staates ist in der Tat in nicht akzeptabler Weise eeinträchtigt. Das können wir uns nicht mehr leisten. uch müssen die Menschen künftig nachvollziehen kön- en, wer für welche Aufgabe zuständig und damit poli- isch verantwortlich ist. Es wäre ein großer Schaden für nser Land und ein Desaster für alle Entscheidungsträ- er, wenn nach mehrjährigem harten Ringen die Reform cheitern würde. Ungeachtet meiner Kritik übersehe ich natürlich auch icht, dass durchaus einige wesentliche Reformziele er- eicht worden sind. So sinkt etwa die Zustimmungsquote er Bundesgesetze von 55 bis 60 Prozent nun auf vor- ussichtlich unter 30 Prozent. Das ist ein großer Fort- chritt. Der Bund kann nunmehr viele Bereiche, die in einer Gesetzgebungskompetenz stehen, ohne Einmi- chung des Bundesrates regeln. In wichtigen Bereichen ehält der Bund seinen Einfluss und gewinnt zudem echs wichtige Bereiche dazu, etwa durch die aus- chließliche Kompetenz für das BKA im Kampf gegen en internationalen Terrorismus, das Waffenrecht oder urch verbindliche Länderbeteiligung bei Verletzungen on EU-Recht sowie bei Sanktionen aufgrund von Ver- etzungen des europäischen Stabilitätspaktes. Darüber Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4341 (A) ) (B) ) hinaus haben wir erreicht, dass der Bund Europarecht schneller umsetzen kann und damit in Brüssel besser aufgestellt ist. Auf der anderen Seite nimmt sich der Bund dort zurück, wo die Angelegenheiten der Länder berührt sind. Es gibt also keinen Grund, das vorliegende Reform- paket in Gänze zu kritisieren. Vieles in der Tat Reform- bedürftige wird angegangen, viele sinnvolle Entflech- tungen werden auf den Weg gebracht. Die Bedingungen zur Durchsetzung weiterer wichtiger Reformschritte in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen werden verbessert. Klar ist aber auch, dass der Umbau des deut- schen Föderalismus mit der Reform noch nicht an sein Ende kommen darf. So habe ich es etwa sehr bedauert, dass im Zuge der hinter uns liegenden Beratungen zur Föderalismusreform nicht ein einziges Mal ernsthaft über die Fusion von Ländern gesprochen worden ist. Die Reduzierung der Zahl der Länder aber ist aus meiner Sicht unabweisbar notwendig und darf nicht tabuisiert werden. Ich erwarte, dass wir den Prozess der Reform unseres Grundgesetzes nicht nur begleiten, sondern nach einem angemessenen Zeitabstand die Wirkung der Änderungen bewerten. Denn das Wohl unseres Landes und seiner Menschen in einem modernen, föderalen und sozialen Rechtsstaat muss unser fester Wille und das oberste Ziel unseres Handelns sein. Sebastian Edathy (SPD): Ich stimme dem Gesetz- entwurf über die Föderalismusreform trotz Bedenken zu. Der deutsche Föderalismus bedarf ohne Zweifel der Überarbeitung. Eine sinnvolle Entflechtung gemeinsa- mer Zuständigkeiten von Bund und Ländern und die klare Zuordnung von Entscheidungsbefugnissen dienen der Transparenz von Prozessen der politischen Willens- bildung, der Erkennbarkeit von Verantwortlichkeit und der gesetzgeberischen Effizienz. Nicht alle vorliegenden Vorschläge sind sinnvoll. Als Innenpolitiker halte ich drei Punkte für besonders be- denklich: Die Übertragung des Rechtes der Beamtenbesoldung an die Länder lässt befürchten, dass es finanzschwäche- ren Bundesländern künftig schwerer fallen wird, beson- ders gut qualifiziertes Personal zu gewinnen bzw. zu hal- ten. Die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht an die Länder zu übertragen, ist ein Fehler. Das Versammlungs- recht ist ein im Grundgesetz verankertes Grundrecht, dessen Ausgestaltung weiterhin durch eine bundesein- heitliche Gesetzgebung geregelt werden sollte. Die Regelungsgewalt über den Strafvollzug den Landtagen zu überlassen, ist nicht sinnvoll. Auch Häft- linge sind Grundrechtsträger. Gerade in diesem sensib- len Bereich liegt eine bundeseinheitliche Rechtssetzung nahe. Gleichwohl verkenne ich nicht die Verbesserungen, welche der Gesetzentwurf – zumal in der im Rechtsaus- schuss veränderten Fassung – mit sich bringt. Hierzu ge- h d S K d F v a w n g Ä w d w d e m n A t s d z d V – f M a D k p i s ü B n J „ w W g V d R h g d c (C (D ören nicht zuletzt die erweiterten Befugnisse des Bun- eskriminalamtes bei der Terrorismusabwehr und die icherstellung, dass im Hochschulbereich Bund-Länder- ooperationen möglich sind. Ich bedauere, dass das Vorhaben einer Überarbeitung es föderalen Systems oftmals von machtpolitischen ragen überlagert und zuwenig am Maßstab einer sinn- ollen Aufteilung und Regelung von Zuständigkeiten usgerichtet worden ist. Nach meiner Einschätzung ürde ein Scheitern der Reform aber nicht zu einem euen Reformansatz, sondern zu Stillstand führen. Deshalb stimme ich dem Gesetzentwurf nach Abwä- ung des Für und Wider zu. Hans Eichel (SPD): Dem vorgelegten Gesetz zur nderung des Grundgesetzes stimme ich zu, weil in Ab- ägung der aus meiner Sicht positiven Regelungen mit en aus meiner Sicht negativen Regelungen und in Er- ägung der politischen Folgen eines Scheiterns für mich ie Zustimmungsgründe überwiegen. Ich will aber ausdrücklich – und im Blick auf künftig twa beabsichtigte Verfassungsänderungen – auf zwei ir verfassungspolitisch höchst problematisch erschei- ende Regelungen hinweisen: Erstens das Zustimmungserfordernis aller Länder in rt. 91 b Abs. l Ziff. 2. Das Grundgesetz kannte aus gu- em Grund bisher nirgendwo das Erfordernis der Ein- timmigkeit, sondern als höchstes Erfordernis die Zwei- rittelmehrheit der gesetzlichen Mitglieder der Organe, um Beispiel zur Verfassungsänderung. Außerdem wird ie Einstimmigkeit nicht an die Einstimmigkeit in einem erfassungsorgan gebunden, sondern offensichtlich die informelle – Geschäftsordnungsregel eines in der Ver- assung gar nicht vorgesehenen Gremiums – wohl der inisterpräsidentenkonferenz – mit Verfassungsrang usgestattet. Für mich ist das ein unglaublicher Vorgang. iese Regelung darf nirgendwo im Grundgesetz in Zu- unft noch auftauchen, sie sollte, sobald die Hitze der olitischen Debatte, die zu ihr geführt hat, abgeklungen st, bei nächster Gelegenheit wieder aus dem Grundge- etz herausgenommen werden – mit welcher Mehrheit brigens? Zweitens. Das Abweichungsrecht der Länder von undesgesetzen nach Art. 72 Abs. 3 ist meiner Ansicht ach ebenfalls politisch inakzeptabel. Dass beinahe 60 ahre nach Einführung des Grundgesetzes Artikel 31 Bundesrecht bricht Landesrecht“ hier durchlöchert ird, darf bei künftigen Verfassungsänderungen nicht zu eiterungen führen. Auch hier ist bei passender Gele- enheit die Wiederherstellung der klaren ursprünglichen erfassungsregelung erforderlich. Petra Ernstberger (SPD): Die Zustimmung zur Fö- eralismusreform ist mir nicht leicht gefallen. Denn eine eihe von Bedenken, die ich immer wieder geäußert abe, sind nicht ausgeräumt worden. Im Wesentlichen eht es um folgende Punkte: Der Zustimmungsvorbehalt es Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung hätte deutli- her reduziert werden müssen. Die Verfassungskorrekturen 4342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) im Umfeld von Art. 83, 84 GG wiesen den richtigen Weg, der leider nicht bis zum Ende beschritten werden konnte. Ferner hätte ich ein einheitliches Strafvollzugs- recht (Art. 74 Abs. l Nr. l GG) begrüßt. Es besteht die Gefahr, dass sich die Strafvollzugsregeln nach der Kas- senlage des jeweiligen Bundeslandes richten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Gefängnisse zu bloßen Verwahran- stalten werden – mit nicht absehbaren sozialen Folgen. Ebenso sehr halte ich es für bedenklich, dass das Heim- recht der Gesetzgebungskompetenz des Bundes entzo- gen wurde. Es ist jetzt deutlich schwerer, eine Mindest- qualität der stationären Pflege zu sichern und einen Wettlauf nach unten zu verhindern. Ich hätte mir ge- wünscht, behinderten und alten Menschen wäre ein sechzehnfaches Dickicht von Regelungen für die Zu- sammenarbeit von Behörden, Einrichtungsträgern und anderen Beteiligten erspart geblieben. Darüber hinaus hoffe ich sehr, dass auch die Abstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern für die Bereiche Rundfunk, Bildung und Kultur auf europäischer Ebene noch effekti- ver gestaltet werden. Trotzdem habe ich der Föderalismusreform zuge- stimmt. Denn trotz der Risiken, die diese Reform mit sich bringt, führt an ihr kein Weg vorbei. Langwierige Entscheidungswege, übermäßige Verflechtungen und gegenseitige Blockaden von Bund und Ländern haben die Steuerungsfähigkeit unseres Staates in nicht akzep- tabler Weise beeinträchtigt. Das können wir uns nicht mehr leisten. Das Gesetz, dem ich zugestimmt habe, ist nicht perfekt. Doch es beinhaltet den äußersten Kompro- miss, den wir als Bundestagsabgeordnete der SPD den Ländern abtrotzen konnten, ohne die Reform scheitern zu lassen. Und ein Scheitern galt es – selbst um einen hohen Preis – zu verhindern. Zudem haben die Menschen in Deutschland ein Recht darauf, nachvollziehen zu können, wer für welche Auf- gaben zuständig und damit politisch verantwortlich ist. Es wäre ein großer Schaden für unser Land und ein De- saster für alle Entscheidungsträger, wenn die Reform nach mehrjährigem harten Ringen scheitern würde. Letztendlich habe ich für diese Reform gestimmt, weil trotz meiner Kritik die wesentlichen Reformziele erfüllt wurden. Hier sind zu nennen: Stärkung der Gesetzgebung durch deutlichere Zuordnung der Gesetz- gebungskompetenzen und Abschaffung der Rahmen- kompetenzen. Abbau gegenseitiger Blockaden durch Neubestimmung der Zustimmungsbedürftigkeit von Bun- desgesetzen im Bundesrat. Klarere Finanzverantwortung zwischen Bund und Ländern durch Abbau von Mischfi- nanzierungen und Neufassung der Möglichkeiten der Fi- nanzhilfen des Bundes, wobei die Zusagen aus dem Soli- darpakt II für die neuen Bundesländer bekräftigt werden sollten. Diese Ziele haben wir erreicht. Statt 55 bis 60 Prozent der Bundesgesetze sinkt die Zustimmungsquote nun vo- raussichtlich auf unter 30 Prozent. Das ist ein großer Fortschritt. Der Bund kann nunmehr viele Bereiche, die in seiner Gesetzgebungskompetenz stehen, ohne Einmi- schung des Bundesrates regeln. In wichtigen Bereichen behält der Bund seinen Einfluss, etwa im öffentlichen D A A ( e d d c B d g n l B B r D e d G B s i d d I d r t i d s v m b M G s s l G B K d z A v s R i h p c B H b (C (D ienstrecht, der allgemein durch die Regel, dass bei den bweichungsrechten der Länder (Art. 72 Abs. 3, Art. 84 bs. l GG) die späteren Gesetze den früheren vorgehen „Ex-posterior-Regel“). Der Bund kann zudem bis 2009 in vollständiges Umweltgesetzbuch entwickeln, von em die Länder in den Kernpunkten nicht abweichen ürfen. Der Bund gewinnt zudem sechs wichtige Berei- he hinzu, etwa die ausschließliche Kompetenz für das KA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, as Waffenrecht oder durch verbindliche Länderbeteili- ung bei Verletzungen von EU-Recht sowie bei Sanktio- en aufgrund von Verletzungen des Europäischen Stabi- itätspaktes. Darüber hinaus haben wir erreicht, dass der und Europarecht schneller umsetzen kann und damit in rüssel besser aufgestellt ist. Auf der anderen Seite nimmt sich der Bund dort zu- ück, wo die Angelegenheiten der Länder berührt sind. ies sind insgesamt 16 Materien, unter anderem: Das Verfahrensrecht und die Behördeneinrichtung, ine ausgesprochene Domäne der Länder. Abschaffung er Kategorie der Rahmengesetzgebung (bisher Art. 75 G), weil dreistufige Verfahren (Europäisches Recht, undesrahmenrecht, Landesausfüllungsrecht) zu um- tändlich sind und weil diese Gesetzgebungskompetenz n der Verfassungspraxis ohnehin ins Leere läuft. Teile es Öffentlichen Dienstrechts, insbesondere die Besol- ung und Versorgung der Landesbeamten und Richter. m Bereich des Hochschulwesens, in dem den Ländern ie Freiheit gegeben wird, den Universitäten und ande- en Hochschulen die Chance auf mehr Eigenverantwor- ung und Unabhängigkeit zu geben. Im Umweltrecht, nsbesondere im Bereich des Naturschutzes. Wichtig ist, ass die Länder nur außerhalb der Grundsätze des Natur- chutzes abweichen dürfen. Mag diese Regelung auch ielen Bauchschmerzen bereiten, sie ist dem Kompro- iss zwischen Bund und Ländern geschuldet. Zudem efürchte ich nicht, dass die Landesparlamente die neue acht nutzen, um den Naturschutz zurückzufahren. anz im Gegenteil: Das Bewusstsein dafür, wie wertvoll aubere Flüsse, abgasarme Luft und gesunde Wälder ind bildet sich vor allem in den Gemeinden und Stadtei- en vor Ort. Und da sind die Länder allemal näher dran. emeinschaftsaufgaben aufzugeben ermöglicht dem und ein Stück Bürokratieabbau. Zwar leistet der Bund ompensationszahlungen in Höhe von gut 2,5 Milliar- en Euro jährlich bis 2013. Doch sind diese Aufgaben weckgebunden. Und die Länder übernehmen dafür ufgaben in den Bereichen Hochschulbau, Gemeinde- erkehrsfinanzierung und sozialer Wohnungsbau. Alles in allem handelt es sich um die größte Verfas- ungsreform seit Bestehen des Grundgesetzes. Solch ein eformprojekt darf man nicht scheitern lassen, so sehr ch auch einige Regelungen für verbesserungswürdig alte. Schließlich muss ich anerkennen, dass nach den Ex- ertenanhörungen im Mai und Juni 2006 ein wesentli- her Punkt verbessert wurde. Der Kompromiss, dass der und Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an ochschulen und Forschungsbauten an Hochschulen ne- en wissenschaftlicher Forschung außerhalb der Hoch- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4343 (A) ) (B) ) schulen Finanzhilfen geben darf (Art. 91 b GG), stellt sicher, dass er auch Gelder für den Ausbau der Hoch- schulen überweisen kann. Das ist mir sehr wichtig. Die- ser Kompromiss, insbesondere die Erweiterung von „wissenschaftlicher Forschung“ auf „Wissenschaft und Forschung“ (Art. 91 b Abs. l Nr. 2 GG) hat wesentlich dazu beigetragen, dass ich dieser Reform trotz meiner Bedenken zugestimmt habe. Ich erwarte, dass wir diesen Reformprozess unseres Grundgesetzes nicht nur begleiten, sondern nach einem angemessenen Zeitabstand die Wirkung der Änderungen bewerten. Denn das Wohl unseres Landes und seiner Menschen in einem modernen, föderalen und sozialen Rechtsstaat muss unser fester Wille und das oberste Ziel unseres Handelns sein. Rainer Fornahl (SPD): Nach sorgsamer Abwägung aller Aspekte und Umstände habe ich mich entschlossen, der vorliegenden Drucksache 16/813 zuzustimmen. Diese Entscheidung ist mir außerordentlich schwer ge- fallen. Letztendlich muss ich aber anerkennen, dass eine sehr große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen dem Paket der Änderungen des Grundgesetzes folgen wird. Dieser nach einem sehr in- tensiven Diskussionsprozess entstandenen demokrati- schen Mehrheit werde ich mich trotz erheblicher Beden- ken in der Sache anschließen. Diese Bedenken stellen sich aus meiner Sicht folgen- dermaßen dar: Ziel der Reformbemühungen aus der Sicht der Bun- desregierung, des Bundestages und des Bundesrates war zu Beginn der Verhandlungen im Jahr 2003 in der Kom- mission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ord- nung die Beseitigung oder Verminderung von langwieri- gen Entscheidungswegen, übermäßigen Verflechtungen und gegenseitigen Blockaden zwischen Bund und Län- dern. Es ging um mehr Klarheit bei der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung, straffere und schnellere Ent- scheidungsprozesse und einen europatauglicheren Bun- desstaat. Ausgangspunkt war damals vordergründig die Hand- lungsblockade zwischen den Verfassungsorganen Bun- destag und Bundesrat und eben nicht in erster Linie die Neuordnung von Zuständigkeiten und die Entflechtung der Gesetzgebung im Sinne der Lösung von Problemen im Sinne einer effizienten, ergebnisorientierten Aufga- benerfüllung für die Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Die vorliegenden Gesetzentwürfe („Ent- wurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ [Bundestagsdrucksache 16/813]; „Entwurf eines Födera- lismusreform-Begleitgesetzes“ [16/814]) werden dem aus meiner Sicht insgesamt nicht gerecht, wenn ich auch durchaus einräumen will, dass die intensiven Bemühun- gen insbesondere der SPD-Bundestagsfraktion zu Ver- besserungen in einigen Bereichen gegenüber dem ur- sprünglichen Ansatz geführt haben. Der vorliegende Ansatz dieser Föderalismusreform führt zu einer weiteren Komplizierung unserer Rechts- ordnung. Wo Rechtsgebiete bisher einheitlich geregelt w o d d d f c e v k d d e i k g b t g B o E S c s W d d r D w b s w K d d v g g I N d o L s F d s A k m v h b (C (D aren, etwa im Bodenrecht, öffentlichen Dienstrecht der im Strafvollzug, treten künftig bis zu 16 verschie- ene Regelungen. Wo es bei der Gesetzgebungsbefugnis es Bundes bleibt, tritt anstelle bisher zustimmungsbe- ürftiger Bundesgesetze als Kompensation für den Weg- all der Zustimmungspflicht des Bundesrats ein Abwei- hungsgesetzgebungsrecht der Länder: Diese können twa im Umweltrecht oder allgemein beim Verwaltungs- erfahren von Bundesgesetzen abweichen. Der Bund ann später aber die Regelung wieder an sich ziehen und ie Länder können erneut abweichen, theoretisch kann iese Pingpong-Gesetzgebung unendlich fortgehen. Voraussetzung für Erfolg im globalen Wettbewerb ist in starker Bundesstaat mit klarer Regelungskompetenz n den zentralen Fragen der Nachhaltigkeit und der Zu- unftssicherung, wie in Umwelt- und Klimaschutz, im esamten Bildungsbereich, angefangen im Vorschulalter is zur Hochschul- und Forschungspolitik (Lissabonstra- egie). Gerade hier sind unübersehbare Rückschritte ge- enüber dem Status quo zu verzeichnen. Um nur ein eispiel zu nennen: das nunmehr uneingeschränkte Ko- perationsverbot im Bereich der schulischen Bildung. in schlimmer Anachronismus. Die Globalisierung und der harte internationale tandortwettbewerb haben zu weltweiter wirtschaftli- her Konkurrenz geführt. Als Antwort muss Europa zu- ammenarbeiten, um hier noch eine Stimme zu haben. eltweite Abstimmung etwa beim Umweltschutz oder ie Harmonisierung in Europa etwa im Steuerrecht sind as Gebot der Zeit. Entgegen diesem weltweiten und eu- opäischen Trend geht die Föderalismusreform in eutschland den umgekehrten Weg und zersplittert teil- eise wieder einen einheitlichen Rechtsraum, wie etwa eim öffentlichen Dienstrecht, oder verstärkt ohnehin chon vorhandene Barrieren und Mobilitätshindernisse, ie etwa im Bildungsbereich. Es ist deshalb ein „fauler“ ompromiss, wenn auch künftig Landesvertreter (Bun- esratsrepräsentanten) die Bundesrepublik auf verschie- enen Politikfeldern in Europa vertreten. Durch die Stärkung der Länderebene auf der Basis on außerordentlich unterschiedlichen Ausgangsbedin- ungen und Startchancen ist das Ziel der Herstellung leichwertiger Lebensverhältnisse so nicht erreichbar. nsbesondere für Ostdeutschland sind unübersehbare achteile zu erwarten. In diesem Zusammenhang ist es aus meiner Sicht be- auerlich, ja fatal, dass die dringend erforderliche Neu- rdnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und ändern erst in einem zweiten Schritt, der Finanzverfas- ungsreform, geregelt werden soll. Eine Verbindung von öderalismusreform und Finanzverfassungsreform hätte ie Solidarität der Bundesländer gestärkt und bei verbes- erter Finanzausstattung der Kommunen die Gefahr des useinanderklaffens der Lebensverhältnisse verhindern önnen. Bei den komplizierten Mechanismen der Abweichungs- öglichkeiten der Bundesländer bei der Gesetzgebung, on unbestimmten Ausnahmen in Kernbereichen abgese- en, sind Auseinandersetzungen und Abgrenzungspro- leme programmiert und das Bundesverfassungsgericht 4344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) wird mehr noch als in der Vergangenheit letztendliche Regelungen vorgeben müssen. Josef Göppel (CDU/CSU): Die heute vorgesehene Änderung des Grundgesetzes schwächt nach meiner Meinung den Naturschutz in Deutschland, anstatt ihn zu stärken, und sie schafft weniger Investitionssicherheit anstatt mehr. Ich will das kurz begründen: Erstens. Alle vorhabenbezogenen Regelungen unter- liegen dem Abweichungsrecht, ohne dass dieses an irgendwelche Voraussetzungen gebunden würde. Die Föderalismusreform wird deshalb ihr zentrales Ziel im Umweltbereich, bundeseinheitliche Genehmigungsstan- dards für Bauvorhaben aller Art zu sichern, nicht errei- chen. Zweitens. Zum abweichungsfesten Kern des Natur- schutzrechtes gehören aufgrund einer nachträglich ein- gebrachten Änderung nur noch die allgemeinen Grund- sätze des Naturschutzes. Damit kann eine Festlegung im Umweltgesetzbuch, wonach Eingriffe in die Natur aus- geglichen werden müssen, durch Abweichung jederzeit unwirksam werden. Das hebelt den Kern der Natur- schutzpolitik aus. Der sorgsame Umgang mit den natür- lichen Gütern unseres Landes droht im Standortwettbe- werb einen schweren Rückschlag zu erleiden. Ich will die Föderalismusreform jedoch im Ganzen nicht gefährden und stimme deshalb trotz schwerer Be- denken zu. Ich setze darauf, dass meine Fraktion bei der Aus- arbeitung des Umweltgesetzbuches klare Vorgaben für die Erhaltung der Eingriffsregelung unterstützt. Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Klarheit bei der politischen Verantwortung, transparente Verfahren und mehr Demokratie durch Stärkung der Parlamente: Das sind Ziele, die auch von mir geteilt werden. Deshalb war es auch unbedingt notwendig, nach den Verfassungsän- derungen von 1994 und der damaligen Einführung des Verfassungskriteriums der Erforderlichkeit den Versuch zu unternehmen, sich durch politisch souveräne Ent- scheidungen der beiden Kammern von der Anhängigkeit von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu befreien und insgesamt zu einer klareren Zuordnung der politischen Verantwortlichkeiten in den Landesparla- menten und im Bundestag zu kommen. Mit meiner Zustimmung zu der vorliegenden Verfas- sungsreform will ich grundsätzlich anerkennen, dass es hier zu substanziellen Verbesserungen und Klärungen gegenüber der jetzigen Verfassungslage gekommen ist. Ich stelle fest, dass insbesondere in den letzten Verhand- lungsrunden noch wichtige Verbesserungen in den Orga- nisations- und Verfahrensfragen erreicht worden sind, wie auch in der Verteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern, hier vor allen Dingen im Bildungs- bereich. Auf der anderen Seite muss und will ich nachdrück- lich deutlich machen, dass es weiterhin klare Kritik- p K Z T b n l a „ i t A e z S L S e a m d b d – i w n H d i b S – w w l s f F d D l l d s g e k h L (C (D unkte gibt: Erstens. Die vorgesehenen Regelungen zu ostenfolgen von Bundesgesetzen können zu weiteren ustimmigkeitspflichten von Bundesgesetzen führen. Zweitens. Das Erforderlichkeitskriterium bleibt zum eil erhalten, was die bekannte Rechtsunsicherheit nicht eseitigt. Drittens. Das Abweichungsrecht birgt die Gefahr ei- er großen Unübersichtlichkeit im Rechtssystem. Viertens. Auch wenn die Innovationskraft in Deutsch- and über die Begründung einer neuen Gemeinschafts- ufgabe – sprich einer gemeinsamen Verantwortung – Hochschulförderung“ klar gestärkt worden ist, wird sie n anderen Bereichen der Bildungspolitik leider eindeu- ig geschwächt. Fünftens. Nicht zuletzt die umfangreiche gemeinsame nhörung von Bundestag und Bundesrat hat mit einem indeutigen Votum der Expertinnen und Experten ge- eigt, dass die Zuständigkeit für das Heimrecht und das trafvollzugsrecht aus Gründen der Einheitlichkeit der ebensverhältnisse und der Sicherung gemeinsamer tandards beim Bund verbleiben sollte. Ich sehe hierin ine bedauerliche Missachtung klarer Forderungen auch us der Fachöffentlichkeit und der Erkenntnis der ge- einsamen Anhörung von Bundestag und Bundesrat, ie nicht mehr sachlich, sondern nur machtpolitisch zu egründen ist. Sechstens. Besonders betroffen fühle ich mich durch ie Verlagerung des Heimrechts. Das Heimrecht gehört wie alle anderen Bereiche der öffentlichen Fürsorge – n Bundeszuständigkeit. Es ist nicht nachvollziehbar, arum die Herstellung gleichwertiger Lebensverhält- isse nicht für die Bewohnerinnen und Bewohner von eimen Gültigkeit haben soll. Konkret befürchte ich urch die Kompetenzverlagerung Verschlechterungen m Hinblick auf die Qualität von Pflege und Einschnitte ei den Verbraucherschutzrechten. Die abzusehenden chnittstellenprobleme zwischen der Pflegeversicherung SGB Xl – und dem dann föderalisierten Heimrecht erden meiner Meinung nach gravierend sein. Siebtens. Im Umweltrecht sehe ich die Gefahr, dass ichtige über Ländergrenzen hinausgreifende Problem- agen nicht angemessen gelöst werden können. Achtens. Ich nehme die Sorgen ernst, dass ein grund- ätzlich unterschiedlich strukturierter und besoldeter öf- entlicher Dienst angesichts der sehr unterschiedlichen inanzkraft der Länder zu einer massiven Verzerrung in er Ausstattung wie der Leistungskraft des öffentlichen ienstes in Deutschland führen kann und auch die Mobi- ität behindert. Grundsätzlich stelle ich fest: Der solidarische Födera- ismus war bisher ein Fundament der Erfolgsgeschichte er Bundesrepublik. Dieses Fundament darf nicht zer- tört werden durch einen Wettbewerbsföderalismus, der esamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Solidarität rschwert oder gar verhindert. Ich mache mit meiner Er- lärung auch deutlich, dass ich bei den weiteren Ver- andlungen über die zukünftige Gestaltung der Bund- änder-Finanzbeziehungen für unverzichtbar halte, dass Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4345 (A) ) (B) ) die Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhält- nisse zentrales politisches Ziel und Verfassungsauftrag auch für die Zukunft bleiben muss. Hieran haben sich auch alle Überlegungen zu den zukünftigen Finanzbezie- hungen von Bund und Ländern und der Länder unterei- nander zu orientieren. Kristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU): Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen. Die durch das Gesamtgesetz erreichte Entflechtung der Zuständigkei- ten, neu geschaffene Handlungs- und Entscheidungs- möglichkeiten zwischen dem Bund und den Bundeslän- dern sowie die Erhöhung der Transparenz der politischen Verantwortlichkeiten sind richtig und wich- tig. Allerdings habe ich in einem Punkt Bedenken. Aus meiner Sicht besteht unter keinem Gesichtspunkt die Notwendigkeit einer Ergänzung des Art. 33 Abs. 5 GG um die Wörter „und fortzuentwickeln“ (Art. 1 Ziff. 3 des Gesetzentwurfes). Dies wurde ausweislich der Proto- kolle einvernehmlich schon in den fachlichen Beratun- gen der Föderalismuskommission der vergangenen Le- gislaturperiode festgestellt. Alle Experten, die in der gemeinsamen Anhörung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates eine Stellungnahme abgegeben ha- ben, kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass kein Ände- rungsbedarf besteht. Sie verwiesen dabei auf die lang- jährige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 33 Abs. 5 GG. Auch ein Blick in die Geschichte der Änderungen des Beamtenrechts unter der Geltung des Art. 33 Abs. 5 zeigt, dass eine Modernisierung und Fortentwicklung des Beamtenrechts unter der derzeiti- gen Fassung des Grundgesetzes nicht nur theoretisch möglich war, sondern tatsächlich auch stattgefunden hat. Es besteht daher weder politisch noch rechtlich eine Ver- anlassung, die im Gesetzentwurf enthaltene Änderung vorzunehmen. Und da keine Veranlassung besteht, halte ich die Änderung für falsch. In den Beratungen des Gesetzentwurfs wurde festge- stellt, dass die Änderung lediglich deklaratorischer Na- tur sein soll und die derzeit bestehende Verfassungs- rechtsprechung in den Verfassungstext aufnehmen soll. Ich stelle fest, dass die lediglich deklaratorische Ände- rung mit entscheidend dafür ist, dass ich das oben ange- sprochene Votum abgebe. Ich halte die Änderung des Art. 33 Abs. 5 GG aber nach wie vor für ein falsches politisches Signal und für fachlich nicht geboten. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Den Gesetzentwurf der CDU/CSU und SPD zur Änderung des Grundgesetzes (Bundestagsdrucksache 16/813) sowie der Gesetzent- wurf der CDU/CSU und SPD eines Föderalismusreform- Begleitgesetzes (Bundestagsdrucksache 16/814) lehne ich nach Abwägung der Vor- und Nachteile ab, da die Gesetzgebungskompetenzen komplizierter werden, die Gesetzgebung langwieriger wird und es ein Mehr an Ge- setzen und Bürokratie für immer mehr überforderte Bür- gerinnen und Bürger geben wird. Erstens. Diese Föderalismusreform ist ein „Torso“, da wesentliche und grundlegende Elemente fehlen: Eine e D g b P z w b d d d m Z l r L E b t d d P g D N z s v b s h w e z m i R s F w r p e l s s i i A a g m 1 k d v (C (D ventuelle Länderneugliederung ist kein Thema, und auf auer nicht lebensfähige Länder bleiben erhalten. Der esamte grundlegende Bereich der Finanzbeziehungen leibt ausgeklammert, obwohl hier die schwierigsten robleme unseres Bundesstaates liegen und Kompetenz- uweisungen ohne finanzielle Untersetzung mehr oder eniger wertlos sind. Die derzeitige Föderalismusde- atte kreist um den Innenausbau der Räume, ohne zuvor urch Bildung leistungsfähiger Länder und die Regelung er Finanzbeziehungen das Fundament gelegt zu haben. Zweitens. Diese Föderalismusreform wird entgegen en Ankündigungen zu einer Ausweitung der Zustim- ungspflicht des Bundesrats führen. Der Wegfall der ustimmungspflicht bei einer bundesgesetzlichen Rege- ung des Verwaltungsverfahrens oder der Behördenein- ichtung bei Verwaltungen der Bundesgesetze durch die änder gemäß Art. 84 Abs. 1 GG ist nur ein scheinbarer rfolg, da die Länder gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG eliebig davon abweichen können. Im Gegenzug erwei- ert der neue Art. 104 a Abs. 4 GG die Zustimmungsbe- ürftigkeit real und massiv. Künftig bedürfen alle Bun- esgesetze der Zustimmung des Bundesrates, wenn sie flichten der Länder zur Erbringung von Geldleistun- en, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren ienstleistungen gegenüber Dritten begründen. Diese eufassung des Art. 104 a Abs. 4 GG ist für eine Viel- ahl von Kontakten von Verwaltungen und Bürgern ein- chlägig und erweitert die Zustimmungsbedürftigkeit on Bundesgesetzen unabsehbar. Drittens. Das neue Institut der Abweichungsgesetzge- ung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG (Jagdwesen, Natur- chutz, Bodenverteilung, Raumordnung, Wasserhaus- alt, Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse) iderspricht dem Ziel, Gesetzgebungszuständigkeiten indeutiger zuzuordnen und dadurch mehr Transparenz u schaffen. Macht ein Land von seiner Abweichungs- öglichkeit ganz oder teilweise Gebrauch, sind künftig mmer zwei gesetzliche Regelungen zur Beurteilung der echtslage heranzuziehen; bei Vorhandensein europäi- chen Richtlinienrechts sogar drei. Dies führt zu einer ülle von Unklarheiten und Abgrenzungsproblemen. Das echselseitige Abweichen ist an keinerlei inhaltliche Vo- aussetzungen gebunden, sodass bei unterschiedlichen olitischen Auffassungen ein Gesetzgebungswettlauf und ine Pingpong-Gesetzgebung verfassungsrechtlich mög- ich sind und politisch auch stattfinden werden. Besonders bedenklich ist der Sechs-Monate-Auf- chub in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 GG, nach der Bundesge- etze auf diesen Gebieten frühestens sechs Monate nach hrer Verkündung in Kraft treten. Über die Verweisung n Art. 84 Abs. 1 Satz 3 GG gilt dieser Sechs-Monate- ufschub wohl für die Mehrheit der Bundesgesetze, ber offenbar nicht für die abweichende Landesgesetz- ebung. Dies beinhaltet eine deutliche Abnahme an de- okratischer Handlungsfähigkeit des Bundes. Viertens. Selbst wenn man unterstellt, dass alle 6 Länder die ihnen neu erwachsenden Gesetzgebungs- ompetenzen in gleicher Qualität erfüllen können wie er Bund, entsteht allein aufgrund des Vorhandenseins on bis zu 17 verschiedenen Regelungen ein deutliches 4346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Plus an Gesetzen, Bürokratie und Unübersichtlichkeit. Und dies bei der Mehrzahl aller Gesetzgebungszustän- digkeiten, nämlich dem Bereich der Abweichungsge- setzgebungen gemäß Art. 72 Abs. 3 GG, sämtlichen Bundesgesetzen gemäß Art. 84 Abs. 1 GG, die die Ein- richtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren re- geln, sowie bei den neu auf die Länder zu verlagernden Gesetzgebungskompetenzen (Recht des öffentlichen Dienstes, Versammlungsrecht, Strafvollzug, Presserecht, Heimrecht, Messerecht, Grundstücksverkehr und viele mehr). Verlierer wären die Bürger und die Wirtschaft, die immer mehr den Überblick verlören; Gewinner die juristischen Fachverlage, die eine Unmenge an neuen Loseblattsammlungen auflegen könnten. Künftig können beispielsweise die Länder das Abitur oder auch den Studienabschluss eines anderen Landes nicht mehr anerkennen, was die Mobilität in Deutsch- land einschränkt und im Widerspruch zu den europäi- schen Harmonisierungsbestrebungen steht. Im Umwelt- recht gehen einheitliche Standards verloren, obwohl Hochwasser oder Abgase bekanntlich nicht an Länder- grenzen Halt machen. Im öffentlichen Dienstrecht wer- den 16 Länder jetzt Dienstrechtsabteilungen aufbauen, die ein nicht mehr zu überblickendes Wirrwarr von bis zu 17 verschiedenen Beamten-, Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrechten schaffen werden, die sowohl eine länderübergreifende Zusammenarbeit als auch ei- nen Dienstherrenwechsel fortan so gut wie unmöglich machen werden. Fünftens. Art. 23 Abs. 6 GG, der die Wahrnehmung der Rechte der Bundesrepublik Deutschland in der Euro- päischen Union vom Bund auf einen Ländervertreter überträgt, wenn im Schwerpunkt Länderkompetenzen auf dem Gebiet der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, ist europauntauglich. Eine einheitliche Außenvertretung der Bundesrepublik Deutschland in Brüssel ist damit nicht mehr gewährleis- tet und der eigene Einfluss schwindet, da die übliche Bil- dung von Koalitionen, Kompensationsgeschäfte und die dauernde Präsenz eines Vertreters nicht mehr gewähr- leistet sind. Andere Bundesstaaten lösen dieses Problem wesentlich effektiver: In Österreich liegt die Außenver- tretung des Bundesstaates in Brüssel grundsätzlich beim Bund und die Rechte der Länder werden innerstaatlich über eine Bindungswirkung von Stellungnahmen der Länder gewährleistet. Deutschlands ohnehin unterpro- portionaler Einfluss in Brüssel wird weiter zurückgehen. Jürgen Kucharczyk (SPD): Ich stimme dem oben genannten Gesetzentwurf trotz Bedenken zu. Meine Be- denken wurden durch die Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates nicht aus- geräumt, sondern bekräftigt. Erstens. Der vorliegende Entwurf der Föderalismus- reform räumt den Ländern großen Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die Bestimmung von Verwaltungsver- fahren und Behördeneinrichtungen ein. Ich befürchte hierdurch negative Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe. Denn ein gemeinsamer Rahmen von Stan- dards und Strukturen bleibt auch weiterhin eine wesent- l g d s g E s f H l n L w f s u a g H s B E J f u d l J t m f k g l g w h c i i r L n w d z h s is s W d s (C (D iche Voraussetzung für die Verbesserung der Lebensla- en von Kindern und Jugendlichen. Dies sehe ich durch ie Föderalismusreform gefährdet. Beispielhaft genannt eien die mögliche Abschaffung der kommunalen Ju- endämter sowie der Landesjugendämter, die unserer inschätzung nach notwendig sind für eine qualifizierte, chnelle, zielgenaue und effiziente Hilfegewährung. Zweitens. Ich halte die Übertragung der Kompetenz ür das Heimrecht auf die Länder nicht für richtig. Das eimrecht gehört – wie alle anderen Bereiche der öffent- ichen Fürsorge – in Bundeszuständigkeit. Es ist nicht achvollziehbar, warum die Herstellung gleichwertiger ebensverhältnisse nicht für die Bewohnerinnen und Be- ohner von Heimen Gültigkeit haben soll. Konkret be- ürchte ich durch die Kompetenzverlagerung Ver- chlechterungen im Hinblick auf die Qualität von Pflege nd Einschnitte bei den Verbraucherschutzrechten. Die bzusehenden Schnittstellenprobleme zwischen der Pfle- eversicherung – SGB XI – dem dann föderalisierten eimrecht werden unserer Meinung nach gravierend ein. Drittens. Ich kritisiere die Kompetenzabgabe des undes im Bereich des Jugendstrafvollzugs auf Länder. benso wie das Heimrecht ist meiner Ansicht nach der ugendstrafvollzug im Bundesrecht anzusiedeln. Ich be- ürchte eine Dezimierung der finanziellen Ausstattung nd dementsprechend eine geringere Qualität in der För- erung der Jugendlichen in den Gefängnissen. Letztend- ich sehe ich die Resozialisierung als oberes Ziel des ugendstrafvollzugs in Gefahr, sollten jugendliche Straf- äter keine besondere, auf sie zugeschnittene Förderung ehr erhalten Grundsätzlich halte ich eine Föderalismusreform aber ür geboten und sinnvoll. Gesetzgebungskompetenzen larer zu trennen, die Anzahl der zustimmungspflichti- en Gesetze zu reduzieren und damit den Bund hand- ungsfähiger zu machen, für die Bürgerinnen und Bürger rößere Transparenz im Hinblick auf politische Verant- ortlichkeiten zu schaffen, sind Ziele, die ich für richtig alte und die meine Unterstützung finden. Die Errei- hung dieser Ziele hat für mich so großes Gewicht, dass ch dem Entwurf trotz unserer Bedenken zustimme. Michael Link (Heilbronn) (FDP): Der Föderalismus n der Bundesrepublik Deutschland ist das Resultat unse- er Geschichte und Verfassung. Der Bund ist durch die änder entstanden und durch das deutsche Volk in sei- en Ländern ist die Einheit Deutschlands herbeigeführt orden. Diese Einheit Deutschlands lebt durch den Fö- eralismus, die Vielfalt der verschiedenen Ideen, Kon- epte und politischen Entscheidungen. Mit gutem Grund at der Parlamentarische Rat 1948/49 ein System ge- chaffen, in dem ein „Trial-and-Error“-Prozess möglich t. Der Grundgedanke des Wettbewerbs zwischen politi- chen Systemen und Ansätzen ist notwendiger denn je. ettbewerbsföderalismus, also das stetige Ringen um ie effizientesten Problemlösungsmechanismen ist we- entlich für die politische Entwicklung in der Bundesre- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4347 (A) ) (B) ) publik Deutschland und für unsere Zukunft als polyzen- tristische, non-zentrale Gesellschaft. Den Föderalismus zu erhalten ist nicht nur ein aus Art. 20 GG sich ergebendes Gebot, sondern verschafft dem deutschen Staat auch einen zukunftsweisenden, qualitativen Vorsprung. Mit diesem politischen System sind wir in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung sicher und gut gefahren. Im Rahmen der föde- ralen Regelungen wurde die europäische Integration Deutschlands erfolgreich gestaltet. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich dank unserer föderalen Ordnung fortschrittlich, kreativ und stabil sowie mit einer reichen pluralistisch-demokratischen Kultur entwickelt. Dieses föderale System hat zusammen mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung maßgeblichen Anteil an der tief verwurzelten, demokratischen Haltung der Bür- gerinnen und Bürger und hat das Ansehen der Bundesre- publik Deutschland als Bundesstaat innerhalb der Euro- päischen Union und weit darüber hinaus gefördert. Für Liberale ist das Vertrauen in jeden Einzelnen und in die Entscheidungsfähigkeit der Bürger kennzeich- nend. Dementsprechend ist der Grundsatz der Subsidia- rität nicht nur ein technokratischer Begriff sondern ge- lebte Graswurzeldemokratie. Wenn ein Problem vor Ort, also in der eigenen Gemeinde oder im eigenen Bundes- land gelöst werden kann, so muss der Gesetzgeber dies rechtlich auch tatsächlich ermöglichen. Die Verteilung der Verantwortung zwischen dem Individuum, der Kom- mune, dem Land, dem Bund und der Europäischen Union nach dem Grundsatz der Subsidiarität muss grundgesetzlich garantiert und ausgestaltet sein. Die vor- liegende Föderalismusreform ist ein Schritt in diese rich- tige Richtung. Ich stehe zu der Meinung, dass nur das, was unbe- dingt von der Bundesebene entschieden und umgesetzt werden muss, auch dort entschieden werden darf: Nur das Nötigste zentral; dieser Satz gilt, unabhängig davon, wer ihn ausspricht. Denn die Subsidiarität politischer Entscheidungen und der Vollzug derselben ist ein urlibe- raler Ansatz. Der Wettbewerbsföderalismus, der durch die vorliegende Reform gestärkt wird, trägt diesem An- satz am effizientesten Rechnung. Gleichzeitig ist es erforderlich, das föderale System stetig anzupassen, um es handlungsstark zu halten: Langwierige Entscheidungswege im Gesetzgebungsver- fahren, vielfach unklare Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Selbstverwaltungskörperschaften machen deutlich, dass eine Reform erforderlich ist. Es gilt, nicht nur den Föderalismus sondern auch das De- mokratieprinzip, den Rechtsstaat und die individuellen Grundrechte in Deutschland zu stärken. Durch eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwi- schen Bund und Ländern werden die Legislativorgane der Länder und der Deutsche Bundestag gestärkt und gleichzeitig Entscheidungen im völlig intransparent ar- beitenden Vermittlungsausschuss zahlenmäßig stark re- duziert. Eine klare Abgrenzung der Kompetenzen macht deutlich, wer für welche Entscheidungen die Verantwor- tung trägt. Dies stärkt die Demokratie in der Bundesre- publik Deutschland. k S k d d d C b u B l u m Z a a m e w P v w t D z t A k t b e S d e f r n i d d r o r o G f s z „ t m g r K (C (D Der Weg zu einer klaren Abgrenzung von Zuständig- eiten, den sowohl die Fraktionen der CDU/CSU, der PD, aber auch die FDP immer wieder gefordert und onstruktiv vorangetrieben haben, geht grundsätzlich in ie richtige Richtung. Gerade die FDP in Bund und Län- ern war und ist auf diesem Felde seit Jahrzehnten Vor- enkerin und Antreiberin. Heute wird seitens der Regierungsfraktionen CDU/ SU und SPD ein Gesetzentwurf zur Entscheidung ge- racht, der teilweise Klarstellungen von Zuständigkeiten nd die Reduzierung von Mischkompetenzen beinhaltet. etrachtet man die Klarstellung der Zuständigkeiten al- ein, ist diese Reform ein Schritt in die richtige Richtung nd wäre aufgrund der Tendenz möglicherweise zustim- ungswürdig. Denn schon die bloße Reduzierung der ustimmungsvorbehalte durch den Bundesrat ist für sich llein bereits begrüßenswert. Insofern befürworte ich usdrücklich das Bemühen der vorliegenden Föderalis- usreform, den demokratischen Bundesstaat weiter zu ntwickeln. Allerdings ist eine Zustimmung zu dem Gesetzent- urf insgesamt nicht möglich, da ein entscheidender unkt nicht angegangen wurde: Allein die Klarstellung on Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern hilft enig, wenn eine klare Bereitschaft der Regierungsfrak- ionen zur Reform der Finanzverfassung nicht existiert. enn gerade die Reform der Finanzverfassung ist essen- iell, um Wettbewerb zwischen den Ländern um die bes- en Lösungen zu erreichen. Eine bloße, unverbindliche nkündigung der Frau Bundeskanzlerin sowie eine un- lare Absichtserklärung durch einige Ministerpräsiden- en reicht nicht aus, um die politisch erforderliche Ver- indung zwischen der klaren Aufgabenzuteilung auf der inen und der Finanzmittel-“Verteilung“ auf der anderen eite glaubhaft und sichtbar werden zu lassen. Aber bei- es wäre vonnöten, denn es handelt sich um zwei Seiten in- und derselben Medaille. Nur durch eine konsequente Änderung der Finanzver- assung im Grundgesetz lässt sich der Wettbewerbsföde- alismus auf Dauer sichern. Die Bewegung sollte dabei icht nur vom Bund, sondern muss auch – unter anderem m Hinblick auf eine mögliche Neugestaltung der Län- ergrenzen – von den Ländern ausgehen. Eine vielfach in der öffentlichen Diskussion und in en der heutigen Abstimmung vorangegangenen Anhö- ungen geäußerte Besorgnis einer möglichen Absenkung der Anhebung von Standards oder der Rechtszersplitte- ung durch unterschiedliche Gesetze in den Ländern der damit zusammenhängende Entscheidungen der erichte verkennt die Natur des Prinzips Wettbewerbs- öderalismus. In Anbetracht der gewollten Auseinander- etzung mit unterschiedlichen Politikansätzen und -kon- epten, dem Wettbewerb der Ideen und einem gewollten Trial-and-Error“-Prozess sind und bleiben Ungleichhei- en und unterschiedliche Entwicklungen dem Föderalis- us notwendigerweise immanent. Im Gesetzgebungsprozess des Deutschen Bundesta- es zur heutigen Abstimmung sind vor allem Ände- ungsanträge gestellt worden, die eine Beibehaltung von ompetenzen beim Bund oder die eine Übertragung von 4348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Aufgaben an den Bund zum Inhalt hatten. Dies ist be- merkenswert und beunruhigend; eine gesetzgeberische Tendenz zur weiteren Zentralisierung von Aufgaben setzt immer eine an dem Grundgedanken der Subsidiari- tät orientierte Vorabprüfung voraus. Diese hat aber mei- nes Erachtens nicht stattgefunden. Für mich gilt der auch in dieser Föderalismusreform unangetastete Grundsatz aus Art. 70 Abs. 1 GG, wonach grundsätzlich die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung haben. Angesichts der – aus meiner Sicht bedauerlicherweise – überwiegend ablehnenden Haltung der FDP-Fraktion zur vorliegenden Föderalismusreform einerseits und ange- sichts des Haltmachens dieser Reform auf halbem Wege andererseits (fehlende Reform der Finanzverfassung), habe ich mich entschlossen, mich in der heutigen Schlussabstimmung zur Föderalismusreform – anders als meine Fraktion – der Stimme zu enthalten. Patrick Meinhardt (FDP): Der vorliegende schwa- che Kompromissentwurf, der von der rot-schwarzen Koalition immer noch Föderalismusreform bezeichnet wird, ist mut- und perspektivlos. Deswegen stimme ich gegen die vorgelegten Grundgesetzänderungen. Wer will, dass ein Ruck durch Deutschland geht, der braucht einen klaren ordnungspolitischen Kompass, der braucht ein eindeutiges Bekenntnis zum Wettbewerbs- föderalismus, der braucht mehr Freiheit vor Ort. Dieses rot-schwarze Regelwerk ist deswegen nicht zukunftsweisend, weil es wichtige Themen ausklam- mert: Erstens. Die Bundesregierung hat keine verbindliche Haltung zu einer Reform der Finanzverfassung einge- nommen. Wer aber den Staat irgendwie neu ordnen will und die wichtige Frage der Finanzen außen vor lässt, der lügt sich in die Tasche. Solange jedoch die Finanzbezie- hungen zwischen dem Bund und den Ländern und zwi- schen den Ländern ausgeklammert bleiben und auch nicht erkennbar wird, dass die Koalition wirklich vorhat, diese heißen Eisen anzupacken, ist eine Föderalismusre- form das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht. Zweitens. Die Städte und Gemeinden werden weiter- hin im Stich gelassen. Wann, wenn nicht jetzt, muss das Konnexitätsprinzip ins Grundgesetz. „Wer bestellt, be- zahlt!“ muss endlich zu einem Grundprinzip unserer Politik in Deutschland werden. Der Koalition fehlt der Mut zu klaren Entschlüssen. Einem Land geht es immer nur so gut, wie es den Städten gut geht. Drittens. Das Thema Länderneugliederungen ist voll- kommen ausgegliedert. Die Zeit für 16 Landesregierun- gen mit 16 Landesbürokratien ist zu Ende. Aber dies ist im Rahmen dieser Föderalismusreform noch nicht ein- mal ein Thema. Viertens. Bei zentralen Fragen der deutschen Politik brauchen wir endlich Bürgerbeteiligung in Form von Volksabstimmungen. Warum hat diese Koalition nicht den Mut, der Bevölkerung mehr Mitsprache zwischen den Wahlen einzuräumen. f d d r z m a d v P n m u b s S b D a v e B m r f i A e E d l d G d E Ü g k s B w h D S t a V m ä r s (C (D Der Grundgedanke dieser föderalen Jahrhundertre- orm sollte aber sein, klare Kompetenzen, klare Zustän- igkeiten, klare Verantwortlichkeiten zu schaffen. Gerade in der Bildungspolitik hat die große Koalition er Mut zu einer nachhaltigen, richtung weisenden föde- alistischen Orientierung verlassen. Durch die Bildungs- entralisten der SPD ist der gesamte Ansatz für ein Ein- ischungsverbot des Berliner Bildungsbürokratismus ufgeweicht worden. Wer wirklich glaubt, dass Bildung ann besser läuft, wenn sie schul- und hochschulfern on Berlin aus ihre zentrale Prägung erhält, hat aus den ISA-Studien nichts gelernt. Im Zentrum einer moder- en Bildungspolitik darf nicht Berlin stehen, sondern üssen die Schüler und Studenten stehen. Bildung wird mso erfolgreicher sein, je weniger zentral, je weniger ürokratisch und je näher an den Schülern und Eltern sie ich orientiert. Um Schritt für Schritt die selbstständige chule und die autonome Universität durchzusetzen, raucht Deutschland eine dezentrale Bildungspolitik. eswegen ist es fahrlässig, dass das Kooperationsverbot uf dem Altar des Koalitionsgeschacheres geopfert wird. So sehr zu begrüßen ist, dass wenigstens die Schule om Bund befreit wird, verstetigt die jetzige Regelung inzig und allein das Kompetenzwirrwarr zwischen und und Ländern. Wer Deutschland reformieren will, uss sich ohne Wenn und Aber zum Wettbewerbsföde- alismus bekennen. Dr. Matthias Miersch (SPD): Die Reform unseres öderalen Systems ist angesichts der Herausforderungen n Europa und in einer globalisierten Welt notwendig. uch die Situation der öffentlichen Haushalte verlangt inen effizienteren und leistungsfähigeren Staatsaufbau. ine entsprechende Reform muss deshalb diesen Anfor- erungen gerecht werden. Die Verfassung ist die Grund- age unseres Zusammenlebens. Eine derartige Entschei- ung hat grundsätzliche Bedeutung. Sie stellt eine ewissensentscheidung dar, bei der alle Abgeordneten as Wohl des ganzen Volkes berücksichtigen müssen. iner Änderung der Verfassung, die nach meiner festen berzeugung die Lebensverhältnisse in Deutschland ne- ativ beeinflusst und den Herausforderungen der Zu- unft nicht gerecht wird, kann ich nicht zustimmen. Im Einzelnen: Erstens. Die größte Verfassungsänderung seit 1949 ollte durch die umfangreichste Anhörung im Deutschen undestag vorbereitet werden. Eine angemessene Aus- ertung dieser Anhörung hat nicht stattgefunden. Sie ätte die nachfolgenden Punkte berücksichtigen können. as Engagement unseres Fraktionsvorsitzenden Peter truck für eine entsprechende Anhörung und Auswer- ung möchte ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich nerkennen und hervorheben. Hätte die Mehrheit der erhandlungspartner ebenso gehandelt, wäre eine ange- essene Beratung und Entscheidung möglich gewesen. Zweitens. Deutschland wird durch diese Verfassungs- nderung die großen Herausforderungen, die sich in Eu- opa und in einer globalisierten Welt ergeben, nicht bes- er wahrnehmen können. Die vorgesehene Fassung des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4349 (A) ) (B) ) Art. 23 GG und die Einführung der Abweichungsgesetz- gebung sind kontraproduktiv. Sie schwächen die europa- und völkerrechtliche Handlungsfähigkeit Deutschlands zum Beispiel im Bereich der Bildungs- und Umweltpoli- tik. Zukünftig wird es jedoch gerade auf diese Politikfel- der ankommen. Drittens. Rechtsdogmatisch wird durch die Möglich- keit der Abweichungsgesetzgebung ein Instrumentarium geschaffen, das nicht zu mehr Transparenz in der Kom- petenzverteilung, Effizienz und Rechtsklarheit führen wird, sondern zu Rechtszersplitterung und Kompetenz- wirrwarr. Im Urteil vom 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 (NJW 2003, S. 41 ff. (44)) führt das Bundesverfassungs- gericht aus: Eine „Doppelzuständigkeit“, auf deren Grundlage Bund und Länder ein und denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise regeln könnten, ist dem System der verfassungsrechtlichen Kompetenznor- men fremd und stünde mit ihrer Abgrenzungsfunk- tion (Art. 70 II GG) nicht im Einklang. Es ist nicht zu begründen, warum diese Grundsätze aufgehoben werden. Wenn angeführt wird, dass die Län- der von der Abweichungskompetenz häufig keinen Ge- brauch machen werden, so fragt sich, warum man diese Regelung dann schafft. Viertens. Die Ausgestaltung des Art. 104 a GG und das Zustimmungserfordernis des Bundesrates im Rah- men der Art. 72 und 84 GG widersprechen dem Ziel der Verfassungsänderung, die Quote der zustimmungspflich- tigen Gesetzesvorhaben deutlich zu reduzieren, wenn- gleich diese Fragestellung ohnehin nicht lediglich auf die Quantität, sondern vielmehr an den jeweiligen Inhal- ten der Gesetzesmaterien ausgerichtet sein muss. Fünftens. Umwelt-, Bildungs- und Sozialpolitik sind die Felder, auf denen zukünftig zentrale Herausforderun- gen bestehen. Es gibt ein gesamtstaatliches Interesse, das durch die vorgesehene Kompetenzverteilung und durch die Fassung des Art. 104 b GG nicht erfüllt werden kann. Dies gilt auch für weitere Bereiche, wie zum Bei- spiel für den Strafvollzug. Sechstens. Ein Wettbewerb um die besten Lösungen in den einzelnen Bundesländern darf den Grundsatz der Solidarität nicht vernachlässigen. Er setzt zudem ge- sunde Ausgangsbedingungen voraus, die nicht gegeben sind. Es ist zu befürchten, dass in zentralen Bereichen ein Wettlauf „nach unten“ einsetzen wird und negative Verhältnisse zementiert werden. Dabei geht es nicht pri- mär um die Frage, welche Ebene Aufgaben besser erfül- len kann. Die finanziellen Rahmenbedingungen setzen Grenzen. Siebtens. Gerade im Bereich der Umweltpolitik sind angesichts der Standortwettbewerbe und ökonomischen Zwänge Aufweichungstendenzen im Rahmen der Ab- weichungsgesetzgebung zu befürchten. Achtens. Die Reform des Föderalismus wird und muss weiter ein zentrales Thema bleiben. Ich halte an dem Weg fest, den ich mit Professor Hans Meyer und mit dem Kollegen Steffen Reiche aufgezeigt habe. Eine w d g V e a f m I S E w d d b c e G t s s b H W e c A G g s g d n r i s S d a s r t A s H h d t l d A d (C (D irkliche Reform lässt sich nicht erreichen, wenn Bun- estag und Bundesrat um die Kompetenzverteilung rin- en. Nur die die Schaffung einer verfassungsgebenden ersammlung und der Weg über Art. 146 GG wird einen ffektiven Staatsaufbau ermöglichen, der schließlich uch europatauglich ist. Detlef Müller (Chemnitz) (SPD): Den Gesetzentwür- en zur Änderung des Grundgesetzes und des Föderalis- usreform-Begleitgesetzes konnte ich nicht zustimmen. m Folgenden führe ich meine Gründe dafür aus! Ich bin in der DDR geboren und aufgewachsen. Das ystem des Föderalismus in der Bundesrepublik – ein rfolgsmodell – habe ich stets bewundert, nicht zuletzt egen seines solidarischen Prinzips. Nun befürchte ich, ass diese Solidarität unter den Ländern eingebüßt und urch einen Wettbewerbsföderalismus ersetzt wird; wo- ei es sich dabei um einen Wettbewerb auf Basis unglei- her Ausgangsbedingungen handelt. Das verstößt gegen inen mir persönlich besonders wichtigen Grundsatz, die erechtigkeit. Meine politische Sozialisation in der SED-Diktatur rägt auch zu Bedenken bei, die nicht inhaltlicher Natur ind. Mein Recht, als Abgeordneter eine freie Gewis- ensentscheidung treffen zu können, genieße ich ganz ewusst. Die Reform unseres Staatsaufbaus ist angesichts der erausforderungen in Europa und in einer globalisierten elt sowie vor dem Hintergrund der Situation in den inzelnen Bundesländern notwendig. Eine entspre- hende Reform muss deshalb den damit verbundenen nforderungen gerecht werden. Die Verfassung ist die rundlage unseres Zusammenlebens. Jede Änderung hat rundsätzliche Bedeutung. Sie stellt eine Gewissensent- cheidung dar, bei der alle Abgeordneten das Wohl des anzen Volkes berücksichtigen müssen. Einer Änderung, ie nach meiner festen Überzeugung die Lebensverhält- isse in Deutschland negativ beeinflusst und den He- ausforderungen der Zukunft nicht gerecht wird, kann ch nicht zustimmen. Vor allem in folgenden Bereichen ehe ich enorme Schwierigkeiten: Umwelt, Heimrecht, trafvollzug sowie Beamtenrechtbesoldung. Die größte Verfassungsänderung seit 1949 sollte urch die größte Anhörung vorbereitet werden. Eine ngemessene Auswertung dieser Anhörung hat nicht tattgefunden. Sie hätte die nachfolgenden Punkte be- ücksichtigen können. Das Engagement unseres Frak- ionsvorsitzenden Peter Struck für eine entsprechende nhörung und Auswertung möchte ich in diesem Zu- ammenhang ausdrücklich anerkennen und hervorheben. ätte die Mehrheit der Verhandlungspartner ebenso ge- andelt, wäre eine angemessene Beratung und Entschei- ung möglich gewesen. Die Anhörung hat ergeben, dass sich die im Koali- ionsvertrag definierten Ziele (Verbesserung der Hand- ungsfähigkeit des Staates – Seite 109; Vereinfachung es Umweltrechts – Seite 67; Weiterentwicklung der ufgaben von Bund und Ländern im Bereich der Bil- ung – Seite 41; Gewährleistung sozialer Sicherheit – 4350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Seite 96 f.) mit der vorgeschlagenen Verfassungsände- rung (auch als Anlage dem Koalitionsvertrag beigefügt) nicht realisieren lassen. Dieser Widerspruch hätte im parlamentarischen Verfahren aufgeklärt und gelöst wer- den müssen. Deutschland wird durch diese Verfassungsänderung die großen Herausforderungen, die sich in Europa und in einer globalisierten Welt ergeben, nicht besser wahrneh- men können. Die vorgesehene Änderung des Art. 23 GG und die Einführung der Abweichungsgesetzgebung sind kontraproduktiv. Sie schwächen die europa- und völker- rechtliche Handlungsfähigkeit Deutschlands zum Bei- spiel im Bereich der Bildungs- und Umweltpolitik. Zu- künftig wird es jedoch gerade auf diese Politikfelder ankommen. Rechtsdogmatisch wird durch die Möglichkeit der Abweichungsgesetzgebung ein Instrumentarium ge- schaffen, das nicht zu mehr Transparenz in der Kompe- tenzverteilung und Rechtsklarheit führen wird, sondern zu Rechtszersplitterung und Kompetenzwirrwarr. Im Ur- teil vom 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 (NJW 2003, S. 41 ff. (44)) führt das Bundesverfassungsgericht aus: Eine „Doppelzuständigkeit“, auf deren Grundlage Bund und Länder ein und denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise regeln könnten, ist dem Sys- tem der verfassungsrechtlichen Kompetenznormen fremd und stünde mit ihrer Abgrenzungsfunktion (Art. 70 II GG) nicht im Einklang. Es ist nicht zu begründen, warum diese Grundsätze aufgehoben werden. Wenn angeführt wird, dass die Län- der von der Abweichungskompetenz häufig keinen Ge- brauch machen werden, so fragt sich, warum man diese Regelung dann schafft. Die Ausgestaltung des Art. 104 a GG und das Zustim- mungserfordernis des Bundesrates im Rahmen der Art. 72 und 84 GG widersprechen dem Ziel der Verfas- sungsänderung, die Quote der zustimmungspflichtigen Gesetzesvorhaben deutlich zu reduzieren, wenngleich diese Fragestellung ohnehin nicht lediglich auf die Quantität, sondern vielmehr an den jeweiligen Inhalten der Gesetzesmaterien ausgerichtet sein muss. Umwelt-, Bildungs- und Sozialpolitik sind die Felder, auf denen zukünftig zentrale Herausforderungen beste- hen. Es gibt ein gesamtstaatliches Interesse, das durch die vorgesehene Kompetenzverteilung nicht erfüllt wer- den kann. Wettbewerbsföderalismus setzt gesunde Startbedin- gungen voraus, die nicht gegeben sind. Es ist zu befürch- ten, dass in zentralen Bereichen ein Wettlauf „nach un- ten“ einsetzen wird. Dabei geht es nicht um die Frage, welche Ebene Aufgaben besser erfüllen kann. Die finan- ziellen Rahmenbedingungen setzen Grenzen. Gerade im Bereich der Umweltpolitik sind angesichts der Standortwettbewerbe und ökonomischen Zwänge Aufweichungstendenzen im Rahmen der Abweichungs- gesetzgebung zu befürchten. Dagegen verhindern klare und bundeseinheitliche Regelungen diese Entwicklung. Einfachgesetzliche Öffnungsklauseln können dabei ei- n u i G w d k n d s r h V s s b a d d r u w w d m B e L L R t H w w m u w d z d d l G i R s s D D (C (D en Wettbewerb „nach oben“ eröffnen. Dabei ist auch nbestritten, dass regionale und örtliche Besonderheiten m Rahmen der Abwägungsprozesse auch auf der rundlage bundeseinheitlicher Standards berücksichtigt erden können. Der Aufbau des Staates und die Funktionsfähigkeit es Staates berühren auch den Aspekt der Nachhaltig- eit. Die vorliegende Verfassungsänderung ist nicht achhaltig, obwohl die aktuellen Mehrheitsverhältnisse ie Möglichkeit eröffnen, wirklich zukunftsfähige Lö- ungen zu realisieren. Steffen Reiche (Cottbus) (SPD): Die Föderalismus- eform wird das Verhältnis von Bund und Ländern nach- altig verändern. Vieles wird politische Entscheidungen klarer machen, erantwortlichkeiten werden den Ebenen klar zugewie- en. Mehrheiten für eine bessere Föderalismusreform ind im Verfahren der Grundgesetzreform nicht erkenn- ar, da die Länder sich die Reform mit für uns schwer nnehmbaren Zugeständnissen haben abringen lassen. Der Bund gewinnt manches mit dieser Reform. Aber ie Republik gewinnt damit noch nicht das 21. Jahrhun- ert. Angesichts der Herausforderungen von Europäisie- ung und Globalisierung hätte das Verhältnis von Bund nd Ländern klarer bestimmt werden müssen. Unsere Sorge gilt insbesondere dem Paradigmen- echsel von dem Solidaritätsprinzip zu mehr Wettbe- erbsföderalismus. Auch wir wollen den Wettbewerb er Regionen, aber mit einem einheitlichen Gesetzesrah- en für die Republik. Wir haben die Sorge, dass der undesstaat mit dieser Reform einen Schritt zurück in inen Bund teils dominanterer und teils schwächerer änder macht. Das gefährdet nicht nur die Gleichheit der ebensverhältnisse in Deutschland, sondern auch die olle Deutschlands in Europa und der Welt. Wir kritisieren in besonderer Weise, dass das Beam- en- und Besoldungsrecht, das Strafvollzugs- und das eimrecht in die Länderkompetenz übertragen und Ab- eichungsmöglichkeiten im Umweltrecht geschaffen erden. Dies wird zu mehr Bürokratie führen, da es ehr zu beachtende Rechtsvorschriften gibt. Wir sprechen uns für ein Bundesbildungsgesetz aus nd werden weiter um Mehrheiten in der Politik dafür erben, da eine Zweidrittelmehrheit in der Bevölkerung ies wünscht und fordert. Wir stimmen in der Hoffnung zu, dass die geplante weite Stufe in der Föderalismusreform die Solidarität er Bundesländer stärken wird. Schon jetzt wissen wir, ass dieses bisher größte Reformvorhaben nicht das etzte gewesen sein wird. Weitere Reformschritte, die die efahr des Auseinanderklaffens der Lebensverhältnisse n sich tragen, können und dürfen nicht erfolgen. Diese eform wird schneller als die von 1994 an ihre Grenzen toßen. Sehr bald wird deutlich werden, dass der inner- taatliche Ausgleich, die notwendigen Reformen in eutschland sowie die Ausgestaltung der Rolle von eutschland in Europa und der Welt nicht genügend gut Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4351 (A) ) (B) ) möglich sein werden. Mit dieser Grundgesetzreform aber ist deutlich geworden, dass man so das Grundgesetz nicht angemessen reformiert kann. Alle wollen eine grundlegende Reform des Föderalis- mus. Denn Deutschland braucht ein neues Miteinander von Bund und Ländern. Naturgemäß aber haben die Länder eine grundlegend andere Vorstellung von der Mutter aller Reformen als der Bund und die Bürger. Im bisherigen Verfahren ist aus diesen widersprüchlichen Interessen von Bund und Län- dern nur ein mühsamer Kompromiss geworden. Es wurde gefeilscht und gehandelt. Für das eine, was gege- ben wurde, musste etwas anderes an Verantwortung übertragen werden. Oft war nicht die Frage maßgeblich, wer es besser kann bzw. welche Ebene der Aufgabe ge- mäß ist. Das Motto war meist nicht „Was Deutschland nützt, machen wir“ sondern „Wir geben dem Bund et- was, wenn er uns dafür etwas gibt“. Herausgekommen ist eine Reform, mit der aus gegen- sätzlichen Gründen niemand wirklich zufrieden ist. Weil keiner eine Alternative sieht zu dieser in einem jahrelan- gen Ringen erkämpften und schon in einem ersten An- lauf gescheiterten Reform, wollen alle missmutig zu- stimmen. Das Ungleichgewicht zwischen den Ländern wird mit dieser Reform vertieft. Deutschland wird seine Rolle als größter Partner in der EU nicht besser wahrnehmen kön- nen und Deutschlands Rolle in der globalen Dynamik wird nicht gestärkt. Aber was passiert, wenn nach den Wochen, wenn nach den Anhörungen im Mai jetzt über 38 Stimmen im Bundestag fehlen werden und damit die Zweidrittel- mehrheit verfehlt wird? Viele Abgeordnete insbesondere der SPD und der Opposition verweisen darauf, dass Grundgesetzänderungen Gewissensfragen sind und sie deshalb ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag nicht in die Koalitionsdisziplin zwingen kann. Zu viel steht auf dem Spiel. Deshalb muss die Frage gestellt werden: Wie geht es weiter, wenn die Reform scheitert? Die Frage bliebe: Wie können wir den Föderalismus reformieren? Und die Lage bliebe dieselbe: es geht nur in einer großen Koali- tion der beiden Volksparteien, weil nur so eine Zweidrit- telmehrheit, eine grundgesetzändernde Mehrheit erreicht werden kann. Ein Dilemma, das viele zwingen könnte, nolens volens doch zuzustimmen. Wider besseren Wis- sens, dass Deutschland damit nur anders, aber nicht bes- ser wird, dass Deutschland für die Herausforderungen in Europa und der Welt zumindest nicht besser aufgestellt ist. Es gibt eine Alternative. Wie die Revolution in Osteu- ropa, der Sturz der Mauer und die Einheit Deutschlands zeigen, gibt es immer Auswege, auch aus scheinbar aus- weglosen Situationen. Die Alternative ist die Erfüllung eines Versprechens eben jener Verfassung, die eine sinnvolle Reform so schwer macht. Denn: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für d a v s D D s a s n s V F E f E l G w g n s n d s g e d n G s d w L 1 w s B t l m d L e e n I n G V g l p (C (D as gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit n dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die on dem deutschen Volke in freier Entscheidung be- chlossen worden ist“ – Art. 146 des Grundgesetzes. ass dieses Grundgesetz die beste Verfassung ist, die eutschland bisher hatte, sieht man nicht nur daran, dass ie sich in Vielem so bewährt hat, sondern dass sie wie lles Große über sich hinausweist. Das gewählte deutsche Parlament schafft die Voraus- etzungen zur Wahl einer verfassungsgebenden Natio- alversammlung oder konstituiert sich selbst als Verfas- ungsgebende Versammlung. Es geht damit den von den ätern und Müttern des Grundgesetzes gerade für den all der deutschen Einheit in Freiheit gewiesenen Weg. s legt dem deutschen Volk eine neue Verfassung zur reien Entscheidung vor. 16 Jahre nach „Vollendung der inheit und Freiheit Deutschlands“ haben wir allen An- ass, demütig die Weisheit der Mütter und Väter des rundgesetzes zu nutzen. Der Bundestag ist der von dem deutschen Volke ge- ählte Gesetz- und Verfassungsgeber. Gerade auch we- en seiner im Grunde alternativlosen Bestimmung zu ei- er Großen Koalition darf er diesen Auftrag auch für ich annehmen. Der Bundestag muss in diesem Fall icht mit dem Bundesrat kooperieren wie Art. 79 Abs. 2 es Grundgesetzes für Grundgesetzänderungen vor- ieht. Denn das Verfahren nach Artikel 146 des Grund- esetzes ändert nicht das Grundgesetz, sondern es ersetzt s. Die maßgebende Entscheidung liegt nach Art. 146 es Grundgesetzes beim Volk. Die Erarbeitung der Verfassung kann legitimerweise ur durch ein vom ganzen deutschen Volk gewähltes remium erfolgen. Das ist der Bundestag, denn er setzt ich aus Abgeordneten zusammen die in den alten Län- ern und in den 1990 hinzugetretenen Ländern gewählt orden sind. Schon die Wahl der Abgeordneten nach andeslisten weist ihre föderale Herkunft aus. Sie können aus ihrer Mitte einen zwischen 50 und 00 Abgeordnete umfassenden Verfassungsausschuss ählen und ihn mit der Erarbeitung einer neuen Verfas- ung beauftragen. Ein paritätisch besetztes Gremium aus Bundesrat und undestag liefe Gefahr, in ähnliche Dilemmata zu gera- en, wie wir sie jetzt bei der Diskussion um die Födera- ismusreform vorfinden. Eines ist klar: Der Föderalis- us soll mit dem Ziel erneuert werden, zu seiner Stärke, er sinnstiftenden Machtverteilung zwischen Bund und ändern nach dem Subsidiaritätsprinzip zu finden und inen Wettbewerb zwischen den Ländern dergestalt zu rmöglichen, dass die Gleichartigkeit der Lebensverhält- isse nicht zerstört wird. Niemand wäre gut beraten, die dee des föderativen Staats in Frage zu stellen. Eine neue Verfassung für Deutschland muss zudem icht gänzlich neu erfunden werden. Wir sind alle vom rundgesetz geprägt und Zeit unseres Lebens bei den ätern und Müttern des Grundgesetzes in die Lehre ge- angen. Viel Bewährtes kann übertragen werden. Vor al- em die Grundrechte haben sich in ihrer knappen und räzisen Formulierung als starke und geschätzte 4352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Abwehrrechte etabliert. Auch wenn die Maßgaben des Art. 79 des Grundgesetzes für einen verfassungsändern- den Gesetzgeber, nicht aber für einen – neuen – Verfas- sungsgeber gelten, so sollte dennoch der Leitgedanke des Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes, die so genannte „Ewigkeitsgarantie“ für die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung und die in den Art. 1 und 20 niederge- legten Grundsätze in der neuen Verfassung respektiert werden. Die neue Verfassung könnte bis zum Ende diesen Jah- res vorgelegt werden. Eine neue Verfassung sollte dann zeitgleich mit einem Volksentscheidgesetz dem Bundes- rat vorgelegt und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das Volksentscheidgesetzt könnte vorsehen, dass die neue Verfassung angenommen ist, wenn über 50 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland an der Abstim- mung teilnehmen und wiederum über 50 Prozent von ih- nen mit einem „Ja“ gestimmt haben. Dem deutschen Volke sollte die neue Verfassung zur freien Entscheidung am 23. Mai 2007, dem Tag des Grundgesetzes, vorgelegt werden. Diese neue Verfassung für Deutschland könnte dann zum 1. Januar 2008, also noch in dieser Legislatur- periode, in Kraft treten. Dieser Weg bietet sich auch deshalb an, weil für die neue, vom Grundgesetz nicht antizipierbare Situation der Bundesrepublik in einem sich vereinigenden Europa und in einer globalen Welt eine neue Verfassung ge- schrieben werden würde, die frei wäre von Alliiertenvor- behalten und nach 60 Jahren demokratischer Entwick- lung in Deutschland auch frei von nicht mehr notwendigen Reflexen auf die Zeit der nationalsozialisti- schen Diktatur und den undemokratischen Zentralstaat. Deutschland lässt sich nicht durch das Klein-Klein einer oder mehrerer Föderalismusreformen europafähig ma- chen. Wir brauchen den Weg einer neuen, richtungwei- senden Verfassung. Das heißt, es wäre eine sich aus dem Grundgesetz ent- wickelnde moderne Verfassung, die alles, was sich be- währt hat, bewahrt und einiges weiterentwickelt. Die Frage steht deshalb jetzt im Raum: Wollen wir den Kompromiss des kleinsten erreichbaren Nenners von Bund und Ländern, der dem Parlament jetzt vorliegt, oder haben wir den Mut, den visionär von den Vätern und Müttern gewiesenen Weg einer neuen Verfassung zu gehen? Maik Reichel (SPD): Die Zustimmung zur Födera- lismusreform ist mir nicht leicht gefallen. Denn eine Reihe von Bedenken, die ich immer wieder geäußert habe, sind nicht ausgeräumt worden. Im Wesentlichen geht es um folgende Punkte: Der Zustimmungsvorbehalt des Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung hätte deut- licher reduziert werden müssen. Die Verfassungskorrek- turen im Umfeld von Art. 83, 84 GG wiesen den richti- gen Weg, der leider nicht bis zum Ende beschritten werden konnte. u r w w s s n N G d D A u v F u n d s S s d s m r E f d t r W l p d d l P d g E s r w e s b p N B t M t d t (C (D Ich kritisiere in besonderer Weise, dass das Beamten- nd Besoldungsrecht, das Strafvollzugs- und das Heim- echt in die Länderkompetenz übertragen und Ab- eichungsmöglichkeiten im Umweltrecht geschaffen urden. Dies wird eine Zersplitterung unseres Rechts- ystems und unterschiedliche Standards in wichtigen ge- ellschaftlichen Bereichen mit sich bringen. Darüber hi- aus bedaure ich ausdrücklich, dass durch die eufassung des Art. 91 b GG und des Art. 104 b Abs. l G eine umfassende Kooperation von Bund und Län- ern im Bildungsbereich ausgeschlossen wird. Trotzdem habe ich dem Gesetzentwurf zugestimmt. urch die nunmehr vorgenommene Klarstellung im rt. 91 b GG zur gemeinsamen Förderung von Lehre nd Forschung an den Hochschulen ist eine eindeutige erfassungsrechtliche Grundlage für die gemeinsame örderung von Wissenschaft und Forschung durch Bund nd Länder, und zwar sowohl im investiven wie auch im icht investiven Bereich, geschaffen worden. Angesichts er herausragenden Bedeutung, die Wissenschaft, For- chung und eine qualitativ hochwertige Ausbildung der tudierenden für die Zukunft unseres Landes und in be- onderer Weise für Ostdeutschland haben, ist dies ein eutlicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Verfas- ungsentwurf. Darüber hinaus hoffe ich sehr, dass auch die Abstim- ungsverfahren zwischen Bund und Ländern für die Be- eiche Rundfunk, Bildung und Kultur auf europäischer bene noch effektiver gestaltet werden. Trotz der Risiken, die diese Reform mit sich bringt, ührt an ihr kein Weg vorbei. Langwierige Entschei- ungswege, übermäßige Verflechtungen und gegensei- ige Blockaden von Bund und Ländern haben die Steue- ungsfähigkeit unseres Staates in nicht akzeptabler eise beeinträchtigt. Das können wir uns nicht mehr eisten. Das Gesetz, dem ich zugestimmt habe, ist nicht erfekt. Doch es beinhaltet den äußersten Kompromiss, en wir als Bundestagsabgeordnete der SPD den Län- ern abtrotzen konnten, ohne die Reform scheitern zu assen. Und ein Scheitern galt es – selbst um einen hohen reis – zu verhindern. Zudem haben die Menschen in Deutschland ein Recht arauf, nachvollziehen zu können, wer für welche Auf- aben zuständig und damit politisch verantwortlich ist. s wäre ein großer Schaden für unser Land und ein De- aster für alle Entscheidungsträger, wenn nach mehrjäh- igem hartem Ringen die Reform scheitern würde. Letztendlich habe ich für diese Reform gestimmt, eil trotz meiner Kritik die wesentlichen Reformziele rfüllt wurden. Hier sind zu nennen: Stärkung der Ge- etzgebung durch deutlichere Zuordnung der Gesetzge- ungskompetenzen und Abschaffung der Rahmenkom- etenzen, Abbau gegenseitiger Blockaden durch eubestimmung der Zustimmungsbedürftigkeit von undesgesetzen im Bundesrat, klarere Finanzverantwor- ung zwischen Bund und Ländern durch Abbau von ischfinanzierungen und Neufassung der Möglichkei- en der Finanzhilfen des Bundes, wobei die Zusagen aus em Solidarpakt II für die neuen Bundesländer bekräf- igt werden sollten. Diese Ziele haben wir erreicht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4353 (A) ) (B) ) Statt 55 bis 60 Prozent der Bundesgesetze sinkt die Zustimmungsquote nun auf voraussichtlich unter 30 Pro- zent. Das ist ein großer Fortschritt. Der Bund kann nun- mehr viele Bereiche, die in seiner Gesetzgebungskompe- tenz stehen, ohne Einmischung des Bundesrates regeln. In wichtigen Bereichen behält der Bund seinen Einfluss, etwa im Öffentlichen Dienstrecht, oder allgemein durch die Regel, dass bei den Abweichungsrechten der Länder – Art. 72 Abs. 3, 84 Abs. l GG – die späteren Gesetze den früheren vorgehen, Ex-posterior-Regel. Der Bund kann zudem bis 2009 ein vollständiges Umweltgesetz- buch entwickeln, von dem die Länder in den Kernpunk- ten nicht abweichen dürfen. Der Bund gewinnt zudem sechs wichtige Bereiche dazu, etwa durch die ausschließliche Kompetenz für das BKA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, das Waffenrecht oder durch verbindliche Länderbeteili- gung bei Verletzungen von EU-Recht sowie bei Sanktio- nen aufgrund von Verletzungen des Europäischen Stabi- litätspaktes. Darüber hinaus haben wir erreicht, dass der Bund Europarecht schneller umsetzen kann und damit in Brüssel besser aufgestellt ist. Ich erwarte, dass wir diesen Reformprozess unseres Grundgesetzes nicht nur begleiten, sondern nach einem angemessenen Zeitabstand die Wirkung der Änderungen bewerten. Denn das Wohl unseres Landes und seiner Menschen in einem modernen, föderalen und sozialen Rechtsstaat muss unser fester Wille und das oberste Ziel unseres Handelns sein. Ich verknüpfe meine Zustim- mung auch mit der dringenden Erwartung, dass bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform dem Ziel der Si- cherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Rechnung getragen wird und die Zusagen aus dem Soli- darpakt II für die neuen Länder unangetastet bleiben. Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Obwohl ich in Teilen die Änderung des Grundgesetzes für falsch halte, werde ich dem Gesetzentwurf meine Zustimmung erteilen. So besteht meines Erachtens nicht die Notwendigkeit einer Ergänzung des Art. 33 Abs. 5 GG um die Wörter „und fortzuentwickeln“, siehe Art. l Ziffer 3 des Gesetz- entwurfes. Dies wurde ausweislich der Protokolle ein- vernehmlich schon in den fachlichen Beratungen der Föderalismuskommission der vergangenen Legislatur- periode festgestellt. Alle Experten, die in der gemeinsa- men Anhörung des Deutschen Bundestages und des Deutschen Bundesrates eine Stellungnahme abgegeben haben, kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass kein Än- derungsbedarf besteht. Auch ein Blick in die Geschichte der Änderungen des Beamtenrechts unter der Geltung des Art. 33 Abs. 5 zeigt, dass eine Modernisierung und Fortentwicklung des Beamtenrechts unter der derzeiti- gen Fassung des Grundgesetzes nicht nur theoretisch möglich war, sondern tatsächlich auch stattgefunden hat. Es besteht daher weder politisch noch rechtlich eine Ver- anlassung, die im Gesetzentwurf enthaltenen Änderung vorzunehmen. Insbesondere die Übertragung des Laufbahn-, Besol- dungs- und Versorgungsrechtes an die Bundesländer, w d g B S t Z r d u g v r v B k B w f w u V n g h k n c w i M g d a d r H h d ü E n s V s a g E z G g R r v (C (D ie sie sich aus Art. l Ziffer 7 Buchstabe a, oo, Nr. 27 es Gesetzentwurfes ergibt, ist aus meiner Sicht nicht erechtfertigt. Der Verbleib des Statusrechtes in der undeskompetenz wird, wie sich aus der Anhörung der achverständigen ergab, zu Abgrenzungsschwierigkei- en führen und dem Ziel der eindeutigen Trennung der uständigkeiten von Bund und Bundesländern nicht ge- echt. Die Bundesländer selber haben 1971 den Bund ge- rängt, die Zuständigkeit für Besoldungs-, Versorgungs- nd Laufbahnrecht zu übernehmen. Die damaligen Ar- umente gelten auch heute noch fort. Die seitherigen ielfältigen gesetzlichen Regelungen zur Modernisie- ung des Beamtenrechts, insbesondere zur Einführung on leistungsbezogenen Besoldungselementen in der eamtenbesoldung, wurden von den Bundesländern aum, zum Teil gar nicht angewandt. Damit haben die undesländer einen gewichtigen Teil einer Wettbe- erbskomponente, die ihnen schon seit Jahren zur Ver- ügung steht, nicht genutzt. Das Argument einer stärker ettbewerbsorientierten Gestaltung des Besoldungs- nd Versorgungsrechts ist daher nur begrenzt stichhaltig. Die Etablierung von theoretisch 17 verschiedenen ersorgungssystemen für Landes- und Bundesbeamte ist icht überzeugend begründet und auch nicht überzeu- end begründbar, zumal auch im Versorgungsrecht schon eute die Bundesländer nicht gehindert sind, Vorsorge für ünftig anfallende Versorgungslasten zu treffen. Nur we- ige Bundesländer haben hier – trotz bestehender rechtli- her Möglichkeiten – Regelungen getroffen. Zudem erden durch die Rückübertragung des Laufbahnrechts n die Zuständigkeit der Bundesländer auch erhebliche obilitätshindernisse errichtet, die der im Allgemeinen eforderten Mobilität und Flexibilität der Beschäftigten es öffentlichen Dienstes diametral entgegenstehen. Die Rückübertragung dieses Zuständigkeitsbereiches uf die Länder ist meines Erachtens damit das Gegenteil essen, was im Sinne der geforderten Entbürokratisie- ung notwendig wäre, dies insbesondere auch vor dem intergrund einer zunehmenden Harmonisierung inner- alb der Europäischen Union. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die insgesamt urch das Gesetz erreichten Fortschritte die Bedenken berwiegen, die im Detail bestehen. Insbesondere die ntflechtung der Zuständigkeiten und die neu geschaffe- en Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten zwi- chen dem Bund und den Bundesländern, aber auch das erbot, Kommunen durch Bundesgesetze zu belasten, owie die Erhöhung der Transparenz der politischen Ver- ntwortlichkeiten sind für mich wichtige Vorteile, auf- rund derer ich trotz der vorgebrachten Bedenken dem ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- es zustimme. Norbert Schindler (CDU/CSU): Durch die mit dem esetzentwurf verfolgten und umzusetzenden Änderun- en des Grundgesetzes sollen durch die Auflösung der ahmengesetzgebung und die Neuordnung der konkur- ierenden Gesetzgebung einige Materien auf die Länder erlagert werden. 4354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Es ist grundsätzlich zu begrüßen und zu befürworten, wenn im Rahmen des Bürokratieabbaus und der stärke- ren Berücksichtigung länderspezifischer Rahmenbedin- gungen für bestimmte Gesetze Kompetenzen auf die Länder übertragen werden. Dies muss jedoch mit Einschränkungen gesehen wer- den, wenn mit der Regelung kein Abbau von Bürokratie verbunden ist, wenn mit der Neuregelung finanzielle Nachteile für Bund, Länder und Bürger verbunden sind und wenn Verbindungen zu anderen Rechtsbereichen völlig aufgelöst würden und die Rechtssystematik und Rechtssicherheit erheblich beeinträchtigt werden. Bei der geplanten Änderung der Zuständigkeiten für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr – bisher Teilbereich des allgemeinen Grundstücksverkehrs –, das landwirtschaftliche Pachtwesen und das Flurbereini- gungsrecht – bisher Teil des Bodenrechts – mit der He- rausnahme aus der konkurrierenden Gesetzgebung und der Überführung in das alleinige Recht der Länder sind alle oben genannten negativen Folgen abzusehen. Dies gilt insbesondere für das Flurbereinigungsrecht. Aus diesem Grund hat sich der Verband der Landwirt- schaftskammern mit folgender Begründung dafür ausge- sprochen, dass das Flurbereinigungsrecht Bundesrecht bleibt: Erstens. Die derzeitige Ausgestaltung der Flurbereini- gung Grundsätzen und rechtlichen Bestimmungen müsste auch in Zukunft in 16-facher Ausfertigung erfolgen. Im Hinblick auf die Bestimmungen des Grundgesetzes müsste zwischen den Ländern untereinander und dem Bund eine Abstimmung erfolgen. Damit wird deutlich, dass mit der Verlagerung des Flurbereinigungsrechts in die Kompetenz der Länder ein erheblicher zusätzlicher bürokratischer Aufwand erforderlich wäre. Es würde zusätzlicher Aufwendungen bedürfen, um auch in Zukunft zu einer einheitlichen Auslegung des Flurbereinigungsgesetzes unter Berücksichtigung des Grundgesetzes – Eigentumsrecht – zu gelangen. Zudem wäre die Rechtsprechung einer bundesgesetzlich einheit- lichen gerichtlichen Überprüfung möglicherweise sogar entzogen. Entgegen der bisherigen bundeseinheitlichen Kontrolle von Festsetzungen in der Flurbereinigung durch die Oberverwaltungsgerichte und das Bundesver- waltungsgericht würde es eine Vielzahl von Entschei- dungen geben, die sich möglicherweise widersprechen. Gerade das Enteignungsrecht, das im Flurbereinigungs- recht umgesetzt werden kann, bedarf angesichts der Grundrechtsrelevanz – Art. 14 des Grundgesetzes – zur Wahrung der Rechtseinheit auch zukünftig einer bundes- gesetzlichen Regelung. Zweitens. Die Flurbereinigung wird durch die Ge- meinschaftsaufgabe – GAK – mit Mitteln der EU und des Bundes gefördert und unterstützt. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt die Finanzierung durch die GAK zu- gesichert wird, kann schon heute abgesehen werden, dass sich bei knappen Mitteln die EU und der Bund aus der Finanzierung zurückziehen werden. Eine stärkere fi- nanzielle Einbindung der Länder ist jedoch nicht zu ver- antworten. Es würde das Ende der Flurbereinigung be- d e w g s d r v N B r r l u g d d e S a W f h – d B n d w w f v n d u s z b L k r s d s w m s s w (C (D euten, wenn die betroffenen Grundstückseigentümer ine zusätzliche finanzielle Last zu tragen hätten, ob- ohl die Vorteile der Flurbereinigung aufgrund der inte- rativen Ansätze – siehe unten – heute der gesamten Ge- ellschaft zugute kommen. Eine dauerhafte Finanzierung über die GAK ist erfor- erlich und kann nur gesichert werden, wenn das Flurbe- einigungsrecht Bundesrecht bleibt. Drittens. Das Flurbereinigungsrecht ist unauflöslich erbunden mit anderen bundesgesetzlichen Regelungen. eben dem Bodenrecht, dem Grundbuchrecht und dem ürgerlichen Recht sind insbesondere des Enteignungs- echt und das Baurecht zu nennen. Da mit dem Flurbe- einigungsrecht bei der Baulandumlegung bundesgesetz- iche Bestimmungen bis zum Enteignungsrecht mgesetzt werden, muss an einem einheitlichen bundes- esetzlichen Flurbereinigungsgesetz festgehalten wer- en. Mit einer Verlagerung des Flurbereinigungsrechtes in ie alleinige Kompetenz der Länder besteht die Gefahr iner unterschiedlichen Wertung und Umsetzung von tädtebaurecht auf der einen und ländlichem Bodenrecht uf der anderen Seite. Einer solchen unterschiedlichen ertung und Würdigung ländlicher Räume kann keines- alls zugestimmt werden. Die Wahrung der Rechtsein- eit und der Gleichbehandlung der Bürger in den Städten Städtebaurecht – und dem ländlichen Raum muss urch bundesweit geltende gesetzliche Vorgaben eines undesflurbereinigungsgesetzes gewährleistet werden. Auf die Möglichkeit gemäß § 190 BauGB, Flurberei- igungen aus Anlass einer städtebaulichen Maßnahme urchzuführen, soll an dieser Stelle besonders verwiesen erden. Eine Landeskompetenz für die Flurbereinigung äre zusammenfassend also ein völliger Systembruch. Viertens. Das Flurbereinigungsrecht bietet einen um- angreichen Katalog möglicher Maßnahmen zur Lösung on Konflikten verschiedener Raumnutzer. Es kann icht Sinn einer föderalen Reform sein, die Instrumente es Flurbereinigungsrechtes nicht mehr gleichberechtigt nd einheitlich im gesamten Bundesgebiet für die Um- etzung integrativer Raum- und Flächennutzungskon- epte anzuwenden. Aus diesen Gründen macht es keinen Sinn, das Flur- ereinigungsrecht in die allgemeine Zuständigkeit der änder zu geben. Trotz dieser auch der Föderalismuskommission be- annten Bedenken soll heute die entsprechende Ände- ung des Grundgesetzes beschlossen werden. Die Zu- timmung zu dem oben angegebenen Gesetzentwurf in er Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsaus- chusses fällt mir deshalb äußerst schwer. Dennoch erde ich, unter der Voraussetzung, dass wir gemeinsam it den Ländern für diesen Bereich eine tragfähige Lö- ung erarbeiten, der Föderalismusreform mit Bauch- chmerzen zustimmen. Renate Schmidt (Nürnberg) (SPD): Bereits 1994 urde ein Weg begonnen, der unseren deutschen födera- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4355 (A) ) (B) ) len Staatsaufbau grundlegend geändert hat. Ich stehe dem Wandel vom solidarischen, kooperativen zum Wett- bewerbsföderalismus kritisch gegenüber. Durch den heute vorliegenden Entwurf zur Grundgesetzänderung wird dieser – in meinen Augen falsche – Weg an einigen Stellen korrigiert. Das begrüße ich, insbesondere die Stärkung der Landesparlamente. An anderen gesell- schaftspolitisch zentralen Stellen wird der Weg hin zu ei- nem Wettbewerbsföderalismus verstärkt. Insbesondere ist nicht absehbar, wie die Föderalismusreform II ausse- hen wird und ob sie Solidarität unter den Bundesländern und damit die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse stärken wird oder nicht. In den Verhandlungen wurden gegenüber dem Ent- wurf durch die SPD-Bundestagsfraktion, insbesondere von Dr. Peter Struck, viele Verbesserungen erreicht, vor allem im Hochschulbereich. Dennoch bleiben viele Punkte die ich nicht mittragen kann: Es bleibt bei der Kooperationsmöglichkeit nur für die Hochschulen, durch die Neufassung der Art. 91 b und Art. 104 Abs. 1 GG wird eine umfassende Kooperation von Bund und Ländern ausgeschlossen. Erfolgreiche Pro- gramme wie das Ganztagsschulprogramm oder SINUS sind in Zukunft zum Schaden unserer Kinder unmöglich. Es bleibt bei der Herausnahme des Heimrechtes aus der Bundeszuständigkeit und damit bei einer rechtlichen Zersplitterung des gesamten Bereichs der Heime in Heimrecht in Länderzuständigkeit einerseits und in Heimvertragsrecht, Pflegeversicherung und Altenpflege- ausbildung in Bundeszuständigkeit andererseits. Auch das Kinder- und Jugendhilferecht wird zwischen der Er- forderlichkeitsregel, der konkurrierenden Gesetzgebung und der Abweichmöglichkeit der Länder bis zur Un- kenntlichkeit verändert. Es gibt zwar noch eine Zustän- digkeit des Bundes für das Kinder- und Jugendhilfe- recht, aber die Abweichungsmöglichkeit bei den Verfahren und der Behördenstruktur wird zwangsläufig zu einer Zersplitterung führen. Die Anzeichen dafür in der Vergangenheit waren eindeutig – dazu noch das Er- forderlichkeitsprinzip und die Bundeszuständigkeit für das Familienrecht – die Konfusion ist vorprogrammiert. Trotz der im Bildungsbereich erzielten Verbesserun- gen bleibt die große Sorge, dass die Studienförderung – das BAföG – über die Erforderlichkeitsklausel durch die Länder infrage gestellt wird. Der vorgesehenen Regelungen zu Kostenfolgen von Bundesgesetzen werden meines Erachtens zu einer wei- teren Zustimmungspflichtigkeit von Bundesgesetzen führen. Die Neuregelung des Art. 93 Abs. 3 (neu) bedeutet, dass das Klagerecht der Länder für die Bereiche, die dem Erforderlichkeitsprinzip unterliegen, auch für beste- hende Gesetze gilt. Die Rechtsunsicherheit wird vergrö- ßert. Ich halte daher wesentliche Teile der Föderalismusre- form für einen Schritt in die falsche Richtung: Die OECD hat der Bundesrepublik in ihrer jüngsten Studie z b e Z m B t B B S a a v Z M M n ü s S w s B F r s c m E W z D B S t e n s d d d s s T (C (D ur frühkindlichen Förderung unter anderem ins Stamm- uch geschrieben, dass die föderale Zersplitterung auch ine Ursache für unser schlechtes Abschneiden ist. Diese ersplitterung wird vergrößert und nicht verkleinert. Wir verabschieden uns als Bund mit der Föderalis- usreform, so wie sie jetzt ausgestaltet ist, von weiten ereichen der Gesellschaftspolitik und von den wich- igsten Zukunftsfragen. Diese bestehen für mich in den ereichen Bildung, Kinder, Familie und Alte, aber auch ehinderte. Beim Heimrecht haben neun von zehn hochkarätigen achverständigen eine Alleinzuständigkeit des Bundes bgelehnt. Zum KJHG und zum Behindertenrecht waren cht von zehn Sachverständigen der Meinung, dass gra- ierende Verschlechterungen vorprogrammiert sind. itat aus der Sachverständigenanhörung – Dr. Thomas eysen –: Ich möchte warnen: Der aktuelle Reformentwurf stellt an vielen Stellen die Weichen richtig; aber im Recht der sozialen Dienstleistung wird der Zug ent- gleisen. Als Leiter des juristischen Fachinstituts in der Jugendhilfe und als Kommentator der rehabili- tationsrechtlichen Vorschriften im SGB VIII sage ich Ihnen: Für den Kinderschutz, für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt sowie für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen würde der der- zeitige Reformentwurf einen grundlegenden und nicht zu verantwortenden Rückschritt bedeuten. Sinngemäß in gleicher Weise hat sich die erdrückende ehrheit der anderen Sachverständigen geäußert. Es ist icht einsehbar, dass sich das Parlament in dieser Weise ber den Sachverstand nahezu aller Beteiligten hinweg- etzt. Es ist auch nicht einzusehen, dass der juristische achverstand regelmäßig über den fachlichen gestellt ird. Mit einer solchen Vorgehensweise verabschieden ich die Mehrheit des Deutschen Bundestages und des undesrates in weiten Bereichen von den Wünschen und orderungen der Menschen. So wichtig mehr Transpa- enz und eine Entflechtung von Zuständigkeiten sind, so ehr wünschen die Bürger und Bürgerinnen in den Berei- hen Kinder, Bildung, Familie und ältere Menschen ehr Sicherheit, Verlässlichkeit und bundesdeutsche inheitlichkeit. Gerade in diesen Bereichen wird mehr ettbewerb um den Preis der Zersplitterung nicht ak- eptiert. Die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in eutschland wird abnehmen zulasten der Bürger und ürgerinnen in Ostdeutschland und in Bundesländern im trukturwandel. Insbesondere in den Bereichen von Kul- ur und Bildung wird künftig auf europäischer Ebene ine einheitliche und effiziente Vertretung Deutschlands icht mehr oder nur noch mit Schwierigkeiten möglich ein – mit Nachteilen für das ganze Land. In Abwägung er zweifelsohne erreichten Fortschritte und der geschil- erten Nachteile kann ich, so schwer mir diese Entschei- ung fällt, der Föderalismusreform nicht zustimmen. Frank Schwabe (SPD): Bei der größten Verfas- ungsänderung seit 1949 handelt es sich um eine Gewis- ensentscheidung jedes einzelnen Abgeordneten. rotz schwerer Bedenken zum Umgang mit dieser 4356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Verfassungsänderung und den jetzt vorliegenden Ergeb- nissen stimme ich dieser Verfassungsänderung zu. Mit großer Sorge sehe ich das Bestreben, durch einen ungerechten Wettbewerbsföderalismus den Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepu- blik Deutschland zu gefährden. Die vorliegende Födera- lismusreform trägt leider insbesondere im Bereich der Umwelt, der Bildung, des Sozialen, der Justiz und des Beamtenrechts genau diese Züge. Außerdem stelle ich die Europatauglichkeit dieser Reform infrage. Der Weg dazu wurde allerdings bereits durch die Grundgesetzänderung am 27. Oktober 1994 und an- schließende Urteile des Bundesverfassungsgerichts in Richtung Aushöhlung der Bundeskompetenz beschrif- ten. Ich sehe die Gefahr, dass durch die jetzt vorgesehene Abweichungsgesetzgebung dieser Weg zumindest in den oben benannten relevanten Bereichen vollendet wird. Vor dem Hintergrund der politischen Realität er- scheint die 1994-er Regelung jedoch nicht umkehrbar zu sein. Deshalb glaube ich, dass nun eine grundgesetzliche Klarstellung notwendig ist, damit durch die Rechtspre- chung des Bundesverfassungsgerichts die Bundeskom- petenz im Sinne der Herstellung gleichwertiger Lebens- verhältnisse in den nächsten Jahren nicht noch weiter geschwächt wird. In der Abwägung muss ich dabei die von mir benannten negativen Seiten dieser Reform ak- zeptieren. Ausdrücklich will ich das Engagement des SPD-Frak- tionsvorsitzenden Peter Struck würdigen, ohne dessen Einsatz es weder einen der Bedeutung dieser Entschei- dung einigermaßen angemessen Umgang noch Erfolge in der Frage der erzielten Bundeskompetenz im Hoch- schulbereich gegeben hätte. Die Mehrheitsfähigkeit im Deutschen Bundestag wäre dann sicherlich nicht zu er- reichen gewesen. Der solidarische Föderalismus war bisher ein Funda- ment der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Dieses Fundament darf nicht zerstört werden durch einen Wett- bewerbsföderalismus, der gesamtstaatliche und gesamt- gesellschaftliche Solidarität erschwert oder gar verhindert. Bei den weiteren Verhandlungen über die zukünftige Ge- staltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist es für mich unverzichtbar, dass die Sicherung der Gleichwer- tigkeit der Lebensverhältnisse zentrales politisches Ziel und Verfassungsauftrag auch für die Zukunft bleiben muss. Hieran haben sich auch alle Überlegungen zu den zukünftigen Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und der Länder untereinander zu orientieren. Rolf Schwanitz (SPD): Ich habe bei der heutigen Abstimmung über die Föderalismusreform beim Gesetz- entwurf zur Änderung des Grundgesetzes mit Ja und beim Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD mit Nein gestimmt. Mein Ja zum Gesetzentwurf erwächst trotz meiner Kritik an einer ganzen Reihe seiner Regelungen nach in- tensiver Diskussion und reiflicher Überlegung einzig und allein aus der Überzeugung, dass eine Verbesserung der Kompetenzen des Bundes zwingend erforderlich ist, b g b g m d s E l l L v r D u k v E s d t r z ä B w a z K n s N m A B f s d n u u w U g t v E v w d v (C (D essere Verhandlungsergebnisse jedoch insbesondere egen die geschlossene Front der Länder nicht erreich- ar waren. Mein Nein zum Entschließungsantrag ist an- ezeigt, weil das Ergebnis dieser Föderalismusreform einer Überzeugung nach nicht den insgesamt notwen- igen Veränderungen des deutschen Föderalismus ent- pricht und die überzogen positiven Bewertungen im ntschließungstext von mir nicht geteilt werden. Im Zusammenhang mit dieser Föderalismusreform ege ich Wert auf folgende Feststellungen: Die Verhand- ungen zur Föderalismusreform waren auf der Seite der änder jenseits von politischen Sonntagsreden nicht da- on geprägt, welche Veränderungen des deutschen Föde- alismus im Interesse des Gesamtstaates notwendig sind. ie Länder nutzten stattdessen durch eine einheitliche nd abgestimmte Verhandlungsstrategie die Abhängig- eit des Bundes von dieser Reform, um die Kompetenz- erteilung abermals zu ihren Gunsten zu verschieben. inmal mehr wurden notwendige Reformen im deut- chen Föderalismus nicht vernunftorientiert im Interesse es Ganzen beraten und entschieden, sondern sie muss- en zulasten des Bundes erkauft werden. Der vorliegende Gesetzentwurf ist deshalb keine aus- eichende Korrektur der den Bund in seinen Kompeten- en unverhältnismäßig stark einengenden Verfassungs- nderung des Jahres 1994. Die Kompetenzen des undes in der bisherigen konkurrierenden Gesetzgebung erden nur zum Teil und um den Preis der Kompetenz- bgabe an die Länder von diesen Einengungen befreit. Einige der von den Ländern im Gegenzug hierfür er- wungenen Öffnungsklauseln (Abweichungsrechte) und ompetenzübertragungen können meiner Überzeugung ach bei überzogener Nutzung für den Gesamtstaat und eine Bürgerinnen und Bürger ein erhebliches Maß an achteilen erbringen. Hieraus erwächst für die Parla- ente der Länder ein großes Maß an Verantwortung. uch deshalb war das Desinteresse der Landtage an den eratungen zur Föderalismusreform unverständlich und alsch. Die mit dem Gesetzentwurf verbundene Grundge- etzänderung darf kein Einstieg in einen Wettbewerbsfö- eralismus zwischen den Ländern sein. Dies stünde mei- er Überzeugung nach im Widerspruch zu den inneren nd äußeren Anforderungen, vor denen Deutschland in nserer Zeit steht. Das betrifft sowohl Deutschlands ge- achsene Rolle in einer erweiterten Europäischen nion, den Entwicklungsstand der neuen Länder am Be- inn des Solidarpakts II als auch die berechtigten Erwar- ungen der Bürgerinnen und Bürger an einen kooperati- en Föderalismus in einem modernen Industriestaat. Diese Reform ist abgeschlossen, aber sie ist nicht das nde der Debatte um den deutschen Föderalismus. Gunter Weißgerber (SPD): Die zur Abstimmung orgelegte Föderalismusreform lehne ich ab. Sie erfüllt eder ihre wichtigsten Ziele, wie Entflechtung von Bun- es- und Länderebene und die maßgebliche Reduzierung on Einsprüchen des Bundesrates in die Gesetzgebung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4357 (A) ) (B) ) des Bundes, noch hält sie die Balance zwischen dem Bund und den Ländern. Die Behauptung, wonach der Anteil der zustim- mungspflichtigen Gesetze nach Art. 84 Abs. l GG auf unter 30 Prozent sinken wird, kann der Wirklichkeit nicht standhalten. In Art. 84 Abs. l Satz 2 GG können die Länder beliebig von dieser Regelung abweichen. Ich bin sicher, sie werden dies, wie in der jüngsten Vergangen- heit inflationär gehandhabt, im Falle kleiner Koalitionen auf Bundesebene wieder ausufernd nutzen. Die in Art. 84 Abs. l GG scheinbar gewonnene ge- setzgeberische Freiheit des Bundes wird in Art. 104 a Abs. 4 GG massiv konterkariert. Künftig bedürfen alle Bundesgesetze der Zustimmung des Bundesrates, wenn sie Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistun- gen oder geldwerten Sachleistungen gegenüber Dritten begründen. Diese Zustimmungspflicht galt bisher nur, wenn die Länder mindestens ein Viertel der Leistungen erbringen mussten. Die neu geregelte Abweichungsgesetzgebung gem. Art. 72 Abs. 3 GG unterläuft das Ziel, Gesetzgebungs- kompetenzen eindeutiger zuzuordnen. Sobald ein Land von seiner Abweichungskompetenz Gebrauch macht, müssen künftig innerstaatlich immer zwei gesetzliche Regelungen zur Beurteilung herangezogen werden. Tre- ten europäische Richtlinien hinzu, sind es dann sogar drei zur Beurteilung notwendige gesetzliche Regelun- gen. Höchst widersprüchlich ist die 6-Monate-Aufschub- regelung für Bundesgesetze in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 GG. Über die Verweisung in Art. 84 Abs. l Satz 3 GG gilt dieser zeitliche Aufschub nur für Bundes-, jedoch nicht für Landesgesetze. Bei Unterstellung, dass alle 16 Bundesländer die ih- nen neu erwachsenden Gesetzgebungskompetenzen in gleicher Qualität erfüllen, entsteht durch das Vorhan- densein von bis zu 17 verschiedenen Regelungen im Bundesgebiet ein deutliches Plus an Gesetzen. Massiver Bürokratieaufbau und eine noch größere Unübersicht- lichkeit werden die unangenehme Folge sein. Für bun- desländerübergreifende Firmen und Institutionen wird dies ein erheblicher Standortnachteil sein. Nach Art. 23 Abs. 6 GG wird die Wahrnehmung der Rechte der Bundesrepublik Deutschland in der Europäi- schen Union vom Bund auf einen Ländervertreter über- tragen, wenn im Schwerpunkt Länderkompetenzen betroffen sind. Damit wird es keine einheitliche Außen- vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Brüssel mehr geben. Wir muten damit anderen Staaten zu, das komplizierte und schwer durchschaubare politische Sys- tem der Bundesrepublik Deutschland entwirren zu müs- sen. Besonders schwerwiegend ist das Kooperationsverbot im Bereich der schulischen Bildung, welches den Schul- standort Deutschland endgültig zu 16 unterschiedlichen Schulstandörtchen degradiert. Die jetzige Föderalismusreform verschärft die seit 1994 (Art. 72 GG) in Gang gesetzte Entwicklung vom B i B s W t D S 1 p B r f R F m V u h d I g S z s d R t t Z A d q d d r l s c r A d B g d k d s W t V (C (D undesstaat zum Staatenbund. Die jetzigen Änderungen m Grundgesetz werden die künftigen Gesetzgeber in der undesrepublik Deutschland mühsam zurückholen müs- en. Ein Staat, der sich auf diese Art selbst zerlegt, hat im ettbewerb mit seinen europäischen Nachbarn langfris- ig schlechte Karten. Ich bin Bürger der Bundesrepublik eutschland und lebe in Sachsen. Als sächsischer taatsbürger fühle ich mich nicht und als solcher bin ich 990 der Bundesrepublik nicht beigetreten. Der vorliegende Reformentwurf ist die „Siegestro- häe 2004“ der jahrelangen Jagd der CDU-regierten undesländer auf die vormalige rot-grüne Bundesregie- ung. Eine Siegesformel kann nicht die Grundlage einer airen Reform der bundesstaatlichen Ordnung sein. Meine Farben sind Schwarz-Rot-Gold, die Farben der epublik. Meine Hymne heißt „Einigkeit und Recht und reiheit“. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Der Föderalis- us in Deutschland ist Resultat unserer Geschichte und erfassung. Der Bund ist durch die Länder entstanden nd durch diese ist die notwendige Einheit Deutschlands erbeigeführt worden. Diese Einheit Deutschlands lebt urch den Föderalismus, die Vielfalt der verschiedenen deen, Konzepte und politischen Entscheidungen. Mit utem Grund hat der Parlamentarische Rat 1948/49 ein ystem geschaffen, in dem ein „Trial-and-Error“-Pro- ess möglich ist. Der Grundgedanke des Wettbewerbs zwischen politi- chen Systemen und politischen Ansätze ist notwendiger enn je. Wettbewerbsföderalismus, also das regelmäßige ingen um die richtigen Wege bzw. Inhalte und die Wei- ergabe von Erfahrungen, ist wesentlich für unsere poli- ische Entwicklung in der Bundesrepublik und für unsere ukunft. Den Föderalismus zu erhalten, ist nicht nur ein aus rt. 20 GG sich ergebendes Gebot, sondern verschafft em deutschen Staat auch einen zukunftsweisenden, ualitativen Vorsprung. Mit diesem politischen System er Bundesrepublik Deutschland sind wir seit der Grün- ung sicher, friedlich und gut gefahren. So wurde die eu- opäische Integration erfolgreich gestaltet und Deutsch- and hat sich so als fortschrittliches, kreatives und tabiles Land mit einer demokratischen Kultur entwi- kelt. Dieses föderale System hat zusammen mit der Ga- antie der kommunalen Selbstverwaltung maßgeblich nteil an der tief verwurzelten, demokratischen Haltung er Bürgerinnen und Bürger und hat das Ansehen der undesrepublik als Bundesstaat in Europa und der Welt efördert. Für mich ist das Vertrauen in jeden Einzelnen und in ie Entscheidungsfähigkeit und -bereitschaft der Bürger ennzeichnend für unsere Politik. Dementsprechend ist er Grundsatz der Subsidiarität nicht nur ein technokrati- cher Begriff, sondern gelebte Graswurzeldemokratie. enn eine politische Entscheidung vor Ort sinnvoll ge- roffen werden kann, muss dieses auch möglich sein. Die erteilung der Verantwortung zwischen den Kommunen, 4358 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) dem Land, dem Bund und der europäischen Ebene nach dem Grundsatz der Subsidiarität muss immer wieder neu austariert werden. Ebenso bin ich der Meinung, dass nur das, was unbedingt von der Bundesebene entschieden und umgesetzt werden muss, auch dort richtig platziert ist. Die Subsidiarität politischer Entscheidungen und der Vollzug derselben sind ein urliberaler Ansatz. Der Föde- ralismus trägt diesem Gedanken, dem ich mich ver- pflichtet fühle, Rechnung. Gleichzeitig ist es notwendig, um das bestehende fö- derale System stark zu halten, dieses zu ändern. Lang- wierige Entscheidungswege im Gesetzgebungsverfah- ren, vielfach unklare Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Selbstverwaltungskörperschaften und die Tatsache, dass durch die im Bundesrat vertretenen Lan- desregierungen vielfach die Exekutive der Länder ein stärkeres Gewicht erhalten haben, machen deutlich, dass eine Reform erforderlich ist. Es gilt, nicht nur den Föde- ralismus, sondern auch die Demokratie, den Rechtsstaat und die individuellen Grundrechte in Deutschland zu stärken. Durch eine klare Aufteilung der Zuständigkei- ten zwischen Bund und Ländern werden die Legislativ- organe der Länder und der Deutsche Bundestag gestärkt, Entscheidungen im intransparent tagenden Vermittlungs- ausschuss minimiert. Eine klare Abgrenzung der Kom- petenzen macht deutlich, wer für welche Entscheidun- gen die Verantwortung trägt. Dieses wirkt stabilisierend auf die Demokratie in Deutschland. Der Weg zu einer klaren Abgrenzung der Zuständig- keiten geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Ge- rade die FDP war hier seit Jahrzehnten Vordenkerin und Antreiberin. Es wurde nun durch die Regierungsfraktionen CDU/ CSU und SPD ein Entwurf vorgelegt, der stärkere Züge zur Klarstellung der Zuständigkeiten beinhaltet. Be- trachtet man die Klarstellung der Zuständigkeiten allein, ist diese Reform ein Schritt in die richtige Richtung und wäre aufgrund der Tendenz zustimmungswürdig. Allein das Ziel der Reduzierung der Zustimmungsvorbehalte durch den Bundesrat ist begrüßenswert. Insofern befür- worten wir ausdrücklich das Bemühen von CDU/CSU, SPD und FDP in diesem langwierigen Prozess, den Bun- desstaat weiterzuentwickeln. Allerdings ist eine Zustimmung zu dem Gesetzent- wurf insgesamt schwer, da wesentliche Punkte nicht an- gegangen wurden. Die Klarstellung von Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern hilft nur wenig, wenn eine klare Struktur der Finanzverfassung durch die Regie- rungsfraktionen nicht existiert. Gerade die Reform der Finanzverfassung ist essenziell, um Wettbewerb zwi- schen den Ländern um die besten Lösungen zu errei- chen. Auch wurde verpasst, die Sicherheit der Einnah- men der Städte und Gemeinden, deren Freiheit im Umgang mit ihren Mitteln und damit die durchhaltbare Garantie der Selbstverwaltung ausreichend klarzustel- len. Allein die unverbindliche Ankündigung der Bundes- kanzlerin und eine unklare Absichtserklärung durch ei- nige Ministerpräsidenten reicht nicht, die politisch erforderliche und dem eigentlichen Ziel entsprechende Verbindung zwischen der klaren Aufgabenzuteilung auf d r z s s l v g g h h d m g m W r d G n n g d a b u s g g A S F H A ß r d t t k m l K u (C (D er einen und der Erhebung der Finanzmittel – gegen die eine Finanzmittel-„Verteilung“ – auf der anderen Seite u erkennen. Aber beides sind zwei Seiten ein und der- elben Medaille. Nur durch eine deutliche Änderung der Finanzverfas- ung im Grundgesetz lässt sich der Wettbewerbsfödera- ismus vollenden. Die Bewegung sollte dabei nicht nur om Bund, sondern muss, auch im Hinblick auf die Neu- estaltung der Anzahl der Länder, von den Ländern aus- ehen. Eine vielfach in der Diskussion und auch in den An- örungen geäußerte Besorgnis der Absenkung oder An- ebung von Standards oder der Rechtszersplitterung urch unterschiedliche Gesetze in den Ländern oder da- it zusammenhängende Entscheidungen der Gerichte ist erade in Anbetracht der gewollten Auseinandersetzung it unterschiedlichen Politikansätzen, -konzepten, dem ettbewerb der Ideen und dem gewollten „Trial-and-Er- or“-Prozess dem Föderalismus immanent. Vor allem ist er auch in dieser Föderalismusreform unangetastete rundsatz, der in Art. 70 Abs. 1 GG firmiert wurde, wo- ach grundsätzlich die Länder die Gesetzgebungsbefug- is haben, hervorzuheben. Im Gesetzgebungsprozess des Deutschen Bundesta- es sind vor allem Änderungsanträge gestellt worden, ie eine Beibehaltung oder Übertragung von Aufgaben n den Bund zum Inhalt hatten. Dies dokumentiert eine emerkenswerte Einstellung des Bundesgesetzgebers nd zeigt ein meines Erachtens unbegründetes Missver- tändnis der Handelnden über die dem Föderalismus zu- runde liegenden politischen Fundamente. Eine gesetz- eberische Maßnahme zur weiteren Zentralisierung von ufgaben setzt immer eine an dem Grundgedanken der ubsidiarität und an der Bereitstellung der individuellen reiheit für den Einzelnen orientierte Prüfung voraus. ieran hat es leider häufig gefehlt. nlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach und Michaela Noll (beide CDU/CSU) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- punkt 29 a) Hiermit erklären wir gemäß § 31 GO BT: Wir begrü- en, dass der Bund auch weiterhin materielles Jugend- echt erlassen kann. Dennoch haben wir Bedenken, ob ie Substanz der bundesweiten Gesetzgebungskompe- enz im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe auch wei- erhin erhalten bleibt. Die Föderalismusreform darf einesfalls zu einer beliebigen Ausdifferenzierung ele- entarer Strukturen des KJHG führen. Die Bereitstel- ung eines gleichwertigen Angebots an Leistungen der inder- und Jugendhilfe für alle Kinder, Jugendliche nd Familien muss auch durch zentrale Verfahrensrege- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4359 (A) ) (B) ) lungen im SGB VIII unterstützt werden. Die verlässliche Qualität der Angebote sowie die angemessene Gestal- tung der Barrieren der Inanspruchnahme sind bundes- weite Anliegen und dürfen nicht durch örtliche Prioritä- tensetzung gefährdet werden. Wir erwarten, dass die Länder ihre größere Kompe- tenz nutzen und die Kinder- und Jugendhilfe qualitativ weiterentwickeln. Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Florian Toncar und Frank Schäffler (beide FDP) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Eine Föderalismusreform ist überfällig. Das ur- sprünglich vom Grundgesetz nicht vorgesehene, dann aber im Laufe der Jahre entstandene deutsche Modell des kooperativen Föderalismus ist gescheitert. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass in zahlreichen politischen Fragen Bund und Länder in einer Weise zu- sammenwirken, die es den Bürgern nahezu unmöglich macht, politische Verantwortung einer bestimmten Ebene zuzuordnen. Folge ist ein Bedeutungsverlust der Länderparlamente, aber auch des Bundestages bei wach- sender Macht der Exekutive in Bund und Land sowie des Vermittlungsausschusses. Darüber hinaus kommt bei Einbindung zu vieler Beteiligter, insbesondere über den Bundesrat, die politische Lähmung zustande, die wir seit Jahren zu beklagen haben. Gleichzeitig ebnet der kooperative Föderalismus aus einem falschen Gleichheitsverständnis – insbesondere aus einer verfehlten Interpretation des in Art. 72 des Grundgesetzes verwendeten Begriffs der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse heraus – regionale Unterschiede ein und nivelliert Erfolge auf Länderebene umgehend wieder. Das ist unfair den erfolgreichen Ländern gegen- über und verhängnisvoll im Hinblick darauf, dass mitt- lerweile zahlreiche Länder auf Dauer nicht finanziell le- bensfähig sind und auf unabsehbare Zeit auf immer höhere Transfers anderer Länder und des Bundes ange- wiesen sind. Wenn sich hier nicht schnellstens etwas än- dert, ist die finanzielle Leistungsfähigkeit aller Länder und des Bundes gefährdet. Die Lösung muss in der Einführung eines Wettbe- werbsföderalismus liegen. Regionale Unterschiede sind nicht nur geduldeter, sondern tragender und gewollter Bestandteil eines solchen Systems. Voraussetzung dafür ist, dass die Länder, die sich heute vielfach zu Großland- kreisen, zu fast reinen Verwaltungseinheiten entwickelt haben, wieder mehr eigene politische Gestaltungsmacht bekommen. Im Gegenzug müssen die Länder aber auf d a v u A e e r r n U i t n r t s D T a t s w r c g s n e a d g s s Z e s f n f p s m H g d s m d (C (D ie Überhand nehmende Mitbestimmung in Bundes- ngelegenheiten verzichten. Darüber hinaus muss durch eine Reform der Finanz- erfassung mit einer eigenen Steuerhoheit der Länder nd einer klaren Zuständigkeit bei der Finanzierung von ufgaben durch Abschaffung von Mischfinanzierungen ndlich die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass rfolgreiche Länder mit tragfähigen Verwaltungsstruktu- en belohnt und Länder, deren Politik weniger erfolg- eich ist und die ihre Politik nicht selbst finanzieren kön- en, unter Druck gesetzt werden, dies zu ändern. nabhängigkeit auf Kosten anderer ist ein Widerspruch n sich. Die von der Koalition vorgelegte Reform berücksich- igt diese Erwägungen nur bedingt. Sie ist für sich ge- ommen nicht ausreichend, aber dennoch eine Verbesse- ung im Vergleich zum Status quo. Es ist bedauerlich, dass die Reform der Kompetenz- itel ohne eine gleichzeitige Reform der Finanzverfas- ung durchgeführt werden soll. So nimmt man den ruck von allen Beteiligten, diesen wichtigen zweiten eil der Reform umgehend in Angriff zu nehmen. Auch der vorgelegte Entwurf weist deutliche Mängel uf. Zwar sind die an die Länder übergehenden Kompe- enztitel vertretbar und hätten sogar noch umfangreicher ein können. Allerdings wird mit der vorgesehenen Ab- eichungsbefugnis für die Länder – etwa im Umwelt- echt – eine die bisherige Systematik der grundgesetzli- hen Kompetenztitel durchbrechende neue Form emeinsamer Gesetzgebung eingeführt, die keinerlei achliche Verbesserung bringt und eher das Ergebnis ei- er komplizierten politischen Kompromissfindung ist als ine an der Materie orientierte Lösung. Abzulehnen ist uch der Verzicht auf ein völliges Einmischungsverbot es Bundes in die Bildungshoheit der Länder. Gerade so enannte Kooperationsprogramme des Bundes ver- chleiern Verantwortung, verzerren den Wettbewerb und ind nur ein weiterer Basar, auf dem der Bund sich die ustimmung von Ländern in anderen politischen Fragen rkaufen kann. So etwas gehört kategorisch ausgeschlos- en. Wegen der genannten Mängel des Entwurfes kommt ür mich eine Zustimmung zum Entwurf der Koalition icht in Betracht. Unterschätzt wird in der Diskussion allerdings die er- reuliche Reduzierung der im Bundesrat zustimmungs- flichtigen Bundesgesetze. Das stärkt das Parlament, chafft mehr Transparenz und ist ein Gewinn für die De- okratie. Es ist darüber hinaus eine Verbesserung im inblick auf die politische Entscheidungsfähigkeit ins- esamt und damit auf die Möglichkeit, die weit reichen- en Reformen zügig zu verabschieden, die Deutschland o dringend braucht. Diese Verbesserung in Rechnung stellend, habe ich ich entschlossen, den Entwurf nicht abzulehnen, son- ern mich der Stimme zu enthalten. 4360 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Lambrecht und Christoph Strässer (beide SPD) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Klarheit bei der politischen Verantwortung, transpa- rente Verfahren und mehr Demokratie durch Stärkung der Parlamente: Das sind Ziele, die auch von den Unter- zeichnern dieser Erklärung nach § 31 der Geschäftsord- nung geteilt werden. Deshalb war es auch unbedingt not- wendig, nach den Verfassungsänderungen von 1994 und der damaligen Einführung des Verfassungskriteriums der Erforderlichkeit den Versuch zu unternehmen, sich durch politisch souveräne Entscheidungen von der An- hängigkeit von Entscheidungen des Bundesverfassungs- gerichts zu befreien und insgesamt zu einer klareren Zu- ordnung der politischen Verantwortlichkeiten in den Landesparlamenten und im Bundestag zu kommen. Mit unserer Zustimmung zu der vorliegenden Verfas- sungsreform wollen wir grundsätzlich anerkennen, dass es hier zu substanziellen Verbesserungen und Klärungen gegenüber der jetzigen Verfassungslage gekommen ist. Wir stellen fest, dass insbesondere in den letzten Ver- handlungsrunden noch wichtige Verbesserungen in den Organisations- und Verfahrensfragen erreicht worden sind wie auch in der Verteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern, hier vor allen Dingen im Bildungs- bereich. Die klare Neuregelung des Art. 72 Abs. 2 GG wird die Kompetenzfrage zwischen dem Bund und den Län- dern zukünftig verbessern. Auf der anderen Seite müssen und wollen wir nach- drücklich deutlich machen, dass es weiterhin klare Kri- tikpunkte gibt. Ein für uns wesentlicher Punkt ist die Übertragung der Verantwortung für den Strafvollzug vom Bund auf die Länder. Diese halten wir für völlig falsch. Auch die Anhörung hat hierfür keinerlei sachliche Begründung er- geben. Wir bedauern es, dass durch die politische Fehl- einschätzung der Bundesjustizministerin Zypries, die die Kompetenz für den Strafvollzug ohne Abstimmung mit den Rechtspolitikern den Ländern angeboten hat. Bedau- erlicherweise hatten spätere Versuche, diesen Fehler zu korrigieren, keinen Erfolg, da die Länder an dem Ange- bot festgehalten haben. Die Folge wird ein Wettbewerbsföderalismus der schlechten Sorte sein, bei dem sich die Situation für die Resozialisierungsprogramme und die Wiedereingliede- rung von Strafgefangenen in die Gesellschaft erheblich verschlechtern wird. Dies wird weit reichende Auswir- kungen sowohl auf den Strafvollzug als auch auf die Kri- minalitätsentwicklung in Deutschland haben. Wir haben bis zur letzten Minute versucht, dies zu verhindern, unter anderem auch durch unsere Zustim- m R d e D z m r E u r s n m S z d d z d p k l B o A t S u t r i f h J d l g d g l u l w (C (D ung bei einem Änderungsantrag zu dieser Frage im echtsausschuss. Unsere Appelle an die Kollegen auf er Bundesebene sind leider ohne Erfolg geblieben. Ein ntsprechender Antrag fand im Rechtsausschuss des eutschen Bundestages keine Mehrheit. Es wird daher u einer Kompetenzübertragung auf die Länder kom- en. Wir sehen hierin eine bedauerliche Missachtung kla- er Forderungen auch aus der Fachöffentlichkeit und der rkenntnis der gemeinsamen Anhörung von Bundestag nd Bundesrat. Grundsätzlich stellen wir fest: Der solidarische Föde- alismus war bisher ein Fundament der Erfolgsge- chichte der Bundesrepublik. Dieses Fundament darf icht zerstört werden durch einen Wettbewerbsföderalis- us, der gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche olidarität erschwert oder gar verhindert. Die Unter- eichnenden machen mit der Erklärung auch gemeinsam eutlich, dass sie bei den weiteren Verhandlungen über ie zukünftige Gestaltung der Bund-Länder-Finanzbe- iehungen für unverzichtbar halten, dass die Sicherung er Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zentrales olitisches Ziel und Verfassungsauftrag auch für die Zu- unft bleiben müssen. Hieran haben sich auch alle Über- egungen zu den zukünftigen Finanzbeziehungen von und und Ländern und der Länder untereinander zu rientieren. nlage 12 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg), Kerstin Griese, Christel Humme und Caren Marks (alle SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Än- derung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Wir stimmen dem oben genannten Gesetzentwurf rotz Bedenken zu. Unsere Bedenken wurden durch die achverständigenanhörung des Deutschen Bundestages nd des Bundesrates nicht ausgeräumt, sondern bekräf- igt. Erstens. Der vorliegende Entwurf der Föderalismus- eform räumt den Ländern großen Gestaltungsspielraum m Hinblick auf die Bestimmung von Verwaltungsver- ahren und Behördeneinrichtungen ein. Wir befürchten ierdurch negative Auswirkungen auf die Kinder- und ugendhilfe. Denn ein gemeinsamer Rahmen von Stan- ards und Strukturen bleibt auch weiterhin eine wesent- iche Voraussetzung für die Verbesserung der Lebensla- en von Kindern und Jugendlichen. Diesen sehen wir urch die Föderalismusreform gefährdet. Beispielhaft enannt seien die mögliche Abschaffung der kommuna- en Jugendämter sowie der Landesjugendämter, die nserer Einschätzung nach notwendig sind für eine qua- ifizierte, schnelle, zielgenaue und effiziente Hilfege- ährung. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4361 (A) ) (B) ) Zweitens. Wir halten die Übertragung der Kompetenz für das Heimrecht auf die Länder nicht für richtig. Das Heimrecht gehört – wie alle anderen Bereiche der öffent- lichen Fürsorge – in Bundeszuständigkeit. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht für die Bewohnerinnen und Be- wohner von Heimen Gültigkeit haben soll. Konkret be- fürchten wir durch die Kompetenzverlagerung Ver- schlechterungen im Hinblick auf die Qualität von Pflege und Einschnitte bei den Verbraucherschutzrechten. Die abzusehenden Schnittstellenprobleme zwischen der Pfle- geversicherung (SGB XI) und dem dann föderalisierten Heimrecht werden unserer Meinung nach gravierend sein. Grundsätzlich halten wir eine Föderalismusreform aber für geboten und sinnvoll. Gesetzgebungskompeten- zen klarer zu trennen, die Anzahl der Zustimmungs- pflichtigen Gesetze zu reduzieren und damit den Bund handlungsfähiger zu machen, für die Bürgerinnen und Bürger größere Transparenz im Hinblick auf politische Verantwortlichkeiten zu schaffen, sind Ziele, die wir für richtig halten und die unsere Unterstützung finden. Die Erreichung dieser Ziele hat für uns so großes Gewicht, dass wir dem Entwurf trotz unserer Bedenken zustim- men. Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Ulla Burchardt, Jörg Tauss, Gerold Reichenbach, Gesine Multhaupt, Swen Schulz (Spandau), Ute Berg und Dr. Carola Reimann (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungs- punkt 29 a) Die Reform unseres föderalen Systems war und ist überfällig. Klare Zuordnung der politischen Verantwor- tung, transparente Verfahren und mehr Demokratie durch Stärkung der Parlamente: Das sind Ziele, die auch wir nachdrücklich teilen. Mit unserer Zustimmung zu der vorliegenden Verfas- sungsreform wollen wir grundsätzlich anerkennen, dass es hier zu substanziellen Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Verfassungsentwurf gekommen ist. Wir stel- len fest, dass insbesondere in den letzten Verhandlungs- runden noch wichtige Verbesserungen in den Organisa- tions- und Verfahrensfragen erreicht worden sind wie auch in der Verteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern, hier vor allen Dingen im Bildungsbereich. In der Wissensgesellschaft betreffen Bildungs- und Qualifizierungsfragen die existenziellen Interessen des Einzelnen wie der Gesellschaft als Ganzes. Bildung ist zentrale Voraussetzung für Innovationsfähigkeit und da- mit für Zuwächse in Wertschöpfung, Wachstum und Be- schäftigung. Die Befunde der nationalen und internatio- n I a v A n m s c s f d W i e s v z s s t n v m H r W u t a s S d V d s b g h B d W w d d n H s B r B s z m E d (C (D alen Studien sind eindeutig: Das Fundament des nnovationsstandorts Deutschland hat tiefe Risse. Seit nderthalb Jahrzehnten stagnieren das Qualifikationsni- eau der Bevölkerung ebenso wie die gesamtstaatlichen usgaben für Bildung. Das deutsche Bildungssystem ist icht leistungsfähig genug, alle Menschen mit der best- öglichen Bildung zu versorgen und alle Begabungsre- erven auszuschöpfen. Soziale Auslese ist ein wesentli- hes Merkmal, zunehmende Bildungsarmut und damit oziale Armut sind die eine Folge, zu wenig Hochquali- izierte und damit drohender Fachkräftemangel die an- ere. Die Korrelation von Bildungsdefiziten mit der achstums- und Innovationsschwäche in Deutschland st evident. Um die Negativtrends umzudrehen, bedarf es ines kooperativen Bildungs-, Wissenschafts- und For- chungssystems und gemeinsamer Kraftanstrengungen on Bund und Ländern. Mit dem im Verfassungsentwurf unächst vorgesehenen Kooperationsverbot für den ge- amten Bildungsbereich wurde der ursprüngliche Ge- etzentwurf den existenziellen Handlungsnotwendigkei- en nicht gerecht und eine Zustimmung wäre von daher icht zu verantworten gewesen. Wir begrüßen deshalb nachdrücklich die nunmehr orgenommene Klarstellung im Art. 91 b GG zur ge- einsamen Förderung von Lehre und Forschung an den ochschulen. Damit ist eine eindeutige verfassungs- echtliche Grundlage für die gemeinsame Förderung von issenschaft und Forschung durch Bund und Länder, nd zwar sowohl im investiven wie auch im nicht inves- iven Bereich, geschaffen worden. Angesichts der her- usragenden Bedeutung, die die Wissenschaft, For- chung und eine qualitativ hochwertige Ausbildung der tudierenden für die Zukunft unseres Landes haben, ist ies ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen erfassungsentwurf. Wir bedauern allerdings, dass durch die Neufassung es Art. 91 b GG und des 104 b Abs. 1 GG eine umfas- ende Kooperation von Bund und Ländern im Bildungs- ereich ausgeschlossen wird. Erfolgreiche Bildungspro- ramme wie SINUS oder das Ganztagsschulprogramm aben vielmehr deutlich gemacht, dass Initiativen des undes auch im Schulbereich für die Weiterentwicklung es Bildungswesens sinnvoll und wünschenswert sind. ir verbinden unsere Zustimmung deshalb mit der Er- artung, dass dieser weltweit einzigartige Ausschluss er Kooperation nach vier Jahren vor dem Hintergrund er Erfahrungen überprüft wird. Wir gehen bei der im neuen Art. 143 c GG vorgesehe- en Kompensation des Bundes für den Wegfall des BFG vorgesehenen Zweckbindung der Finanzzuwei- ungen an die Länder bis 2013 davon aus, dass diese die undesmittel wie bisher mit 50 Prozent gegenfinanzie- en. Auf der anderen Seite haben wir weiterhin erhebliche edenken in den folgenden Punkten: Erstens. Die vorge- ehenen Regelungen zu Kostenfolgen von Bundesgeset- en können unseres Erachtens zu weiteren Zustim- ungsrechten des Bundesrates führen. Zweitens. rforderlichkeitskriterium bleibt zum Teil erhalten, was ie bekannte Rechtsunsicherheit nicht beseitigt. Drittens. 4362 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) Das Abweichungsrecht birgt die Gefahr einer großen Unübersichtlichkeit im Rechtssystem. Viertens. Wir neh- men die Sorgen ernst, dass ein in 16 Rechtseinheiten zer- splittertes öffentliches Dienstrecht zu einer deutlichen Verringerung der Leistungskraft des öffentlichen Diens- tes und zu einer erheblichen Einschränkung der Mobili- tät der Beschäftigten führen kann. Letzteres wäre gerade für den Wissenschaftsbereich fatal. Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ist ein wesentlicher Standortvorteil für alle. Grundsätzlich stellen wir fest: Der solidarische Föderalismus war bisher ein Funda- ment der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Dieses Fundament darf nicht zerstört werden durch einen Wett- bewerbsföderalismus, der gesamtstaatliche und gesamt- gesellschaftliche Solidarität erschwert oder gar verhin- dert. Wir halten einen Wettbewerbsföderalismus, der das Partikularinteresse vor das Gesamtinteresse stellt, für schädlich für die Zukunft Deutschlands. Wettbewerb funktioniert nur, wenn das Eigeninteresse auch dem Ge- samtinteresse dient. Die Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensver- hältnisse muss auch für die Zukunft zentrales politisches Ziel und Verfassungsauftrag bleiben. Hieran haben sich auch die vorgesehenen Verhandlungen über die Neuord- nung der zukünftigen Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und der Länder zu orientieren. Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Johannes Singhammer, Markus Grübel, Thomas Dörflinger, Paul Lehrieder, Elisabeth Winkelmeier-Becker, Antje Blumenthal und Katharina Landgraf (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Die Länder haben durch die Föderalismusreform – Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes ersetzt die Zustim- mungsrechte des Bundesrates durch Abweichungsrechte der Länder – im Bereich des Kinder- und Jugendhilfe- rechts und im Bereich des Heimrechts einen größeren Gestaltungsspielraum erhalten. Wir sind überzeugt, dass die Länder diesen Gestaltungsspielraum so nutzen, dass die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe und der Pflege auf hohem Niveau erhalten bleibt und die grundsätzli- chen Zielsetzungen der öffentlichen Fürsorge im SGB nicht verändert werden. Anlage 15 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ralf Göbel, Beatrix Philipp, Clemens Binninger, Reinhard Grindel, Ingo z s e f s E l D d G d t g g g u g k d g s G r d t d e d s t r W r s A p V a w t g d v d u A (C (D Wellenreuther, Helmut Brandt, Klaus Riegert und Günter Baumann (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Obwohl wir in Teilen die Änderung des Grundgeset- es für falsch halten, werden wir dem Gesetzentwurf un- ere Zustimmung erteilen. Die durch das Gesamtgesetz rreichte Entflechtung der Zuständigkeiten, neu geschaf- ene Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten zwi- chen dem Bund und den Bundesländern sowie die rhöhung der Transparenz der politischen Verantwort- ichkeiten überwiegen allerdings die Bedenken, die im etail bestehen. Aus unserer Sicht besteht unter keinem Gesichtspunkt ie Notwendigkeit einer Ergänzung des Art. 33 Abs. 5 G um die Wörter „und fortzuentwickeln“ (Art. 1 Ziff. 3 es Gesetzentwurfes). Dies wurde ausweislich der Pro- okolle einvernehmlich schon in den fachlichen Beratun- en der Föderalismuskommission der vergangenen Le- islaturperiode festgestellt. Alle Experten, die in der emeinsamen Anhörung des Deutschen Bundestages nd des Deutschen Bundesrates eine Stellungnahme ab- egeben haben, kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass ein Änderungsbedarf besteht. Sie verwiesen dabei auf ie langjährige Rechtsprechung des Bundesverfassungs- erichts zu Art. 33 Abs. 5 GG. Auch ein Blick in die Ge- chichte der Änderungen des Beamtenrechts unter der eltung des Art. 33 Abs. 5 zeigt, dass eine Modernisie- ung und Fortentwicklung des Beamtenrechts unter der erzeitigen Fassung des Grundgesetzes nicht nur theore- isch möglich war, sondern tatsächlich auch stattgefun- en hat. Es besteht daher weder politisch noch rechtlich ine Veranlassung, die im Gesetzentwurf enthaltene Än- erung vorzunehmen. In den Beratungen des Gesetzentwurfs wurde festge- tellt, dass die Änderung lediglich deklaratorischer Na- ur sein soll und die derzeit bestehende Verfassungs- echtsprechung in den Verfassungstext aufnehmen soll. ir stellen fest, dass die lediglich deklaratorische Ände- ung mit entscheidend dafür ist, dass wir das oben ange- prochene Votum abgeben. Wir halten die Änderung des rt. 33 Abs. 5 GG aber nach wie vor für ein falsches olitisches Signal und fachlich nicht geboten. Die Übertragung des Laufbahn-, Besoldungs- und ersorgungsrechtes an die Bundesländer, wie sie sich us Art. 1 Ziff. 7 Buchstabe a, oo (Nr. 27) des Gesetzent- urfes ergibt, ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt. Der Verbleib des Statusrechtes in der Bundeskompe- enz wird, wie sich aus der Anhörung der Sachverständi- en ergab, zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen und em Ziel der eindeutigen Trennung der Zuständigkeiten on Bund und Bundesländern nicht gerecht. Die Bundesländer selber haben 1971 den Bund ge- rängt, die Zuständigkeit für Besoldungs-, Versorgungs- nd Laufbahnrecht zu übernehmen. Die damaligen rgumente gelten auch heute noch fort. Die seitherigen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4363 (A) ) (B) ) vielfältigen gesetzlichen Regelungen zur Modernisie- rung des Beamtenrechts, insbesondere zur Einführung von leistungsbezogenen Besoldungselementen in der Beamtenbesoldung, wurden von den Bundesländern kaum, zum Teil gar nicht angewandt. Damit haben die Bundesländer einen gewichtigen Teil einer Wettbe- werbskomponente, die ihnen schon seit Jahren zur Ver- fügung steht, nicht genutzt. Das Argument einer stärker wettbewerbsorientierten Gestaltung des Besoldungs- und Versorgungsrechts ist daher nur begrenzt stichhaltig. Die Etablierung von theoretisch 17 verschiedenen Versorgungssystemen für Landes- und Bundesbeamte ist nicht überzeugend begründet und auch nicht überzeu- gend begründbar, zumal auch im Versorgungsrecht schon heute die Bundesländer nicht gehindert sind, Vor- sorge für künftig anfallende Versorgungslasten zu tref- fen. Nur wenige Bundesländer haben hier – trotz beste- hender rechtlicher Möglichkeiten – Regelungen getroffen. Die Übertragung des Laufbahnrechts in die Zustän- digkeit der Bundesländer kann fördernde Wirkungen ha- ben. Dies ist in der Anhörung überzeugend vorgetragen worden. Gleichzeitig können aber auch erhebliche Mo- bilitätshindernisse errichtet werden, die der im Allge- meinen geforderten Mobilität und Flexibilität der Be- schäftigten des öffentlichen Dienstes entgegenstehen. Auch dies wurde in der Anhörung deutlich herausgear- beitet. Wir halten daher die im Gesetzentwurf vorgese- hene Übertragung der beschriebenen Zuständigkeiten weder für notwendig, noch für zielführend. Dennoch ist in diesem Zusammenhang zu berücksich- tigen, dass im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland die Bundesländer eigene Staatsqualität ha- ben. Zu dieser gehören unbestreitbar die Personal- und die Finanzautonomie, die das Begehren der Bundeslän- der auf die Rückübertragung der 1971 an den Bund über- tragenen Kompetenzen rechtfertigen. Auch wenn wir die Übertragung der genannten Zuständigkeiten für falsch halten, können wir uns dem Begehren aus Respekt vor der Eigenstaatlichkeit der Bundesländer nicht verschlie- ßen. Anlage 16 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Andrea Wicklein, Dr. Margrit Spielmann, Dr. Peter Danckert, Dr. Ditmar Staffelt, Andreas Steppuhn, Christian Kleiminger, Volker Blumentritt, Silvia Schmidt (Eisleben), Iris Gleicke, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Engelbert Wistuba und Andreas Weigel (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tages- ordnungspunkt 29 a) Die Reform unseres föderalen Systems war und ist überfällig. Klare Zuordnung der politischen Verantwor- tung, transparente Verfahren und mehr Demokratie d a p d A d L m w s t H w w d A B w D A u v F u n d F d b d s d S d g f A n (C (D urch Stärkung der Parlamente: Das sind Ziele, die wir uch nachdrücklich teilen. Die Geschichte der Bundesre- ublik Deutschland ist die Erfolgsgeschichte eines soli- arischen Föderalismus. Er beruht auf dem Prinzip des usgleichs und auf der Unterstützung der Schwächeren urch die Stärkeren, ohne damit Unterschiede in der eistungsfähigkeit zu vernachlässigen. Dieses Funda- ent darf nicht zerstört werden durch einen Wettbe- erbsföderalismus, der gesamtstaatliche und gesamtge- ellschaftliche Solidarität erschwert oder gar verhindert. Wir kritisieren in besonderer Weise, dass das Beam- en- und Besoldungsrecht, das Strafvollzugs- und das eimrecht in die Länderkompetenz übertragen und Ab- eichungsmöglichkeiten im Umweltrecht geschaffen urden. Darüber hinaus bedauern wir ausdrücklich, dass urch die Neufassung des Art. 91 b GG und des rt. l04 b Abs. 1 GG eine umfassende Kooperation von und und Ländern im Bildungsbereich ausgeschlossen ird. Trotzdem haben wir dem Gesetzentwurf zugestimmt. urch die nunmehr vorgenommene Klarstellung im rt. 91 b GG zur gemeinsamen Förderung von Lehre nd Forschung an den Hochschulen ist eine eindeutige erfassungsrechtliche Grundlage für die gemeinsame örderung von Wissenschaft und Forschung durch Bund nd Länder, und zwar sowohl im investiven wie auch im ichtinvestiven Bereich, geschaffen worden. Angesichts er herausragenden Bedeutung, die die Wissenschaft, orschung und eine qualitativ hochwertige Ausbildung er Studierenden für die Zukunft unseres Landes und in esonderer Weise für Ostdeutschland haben, ist dies ein eutlicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Verfas- ungsentwurf. Wir verknüpfen unsere Zustimmung je- och mit der dringenden Erwartung, dass bei der zweiten tufe der Föderalismusreform dem Ziel der Sicherung er Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Rechnung etragen wird und die Zusagen aus dem Solidarpakt II ür die neuen Länder unangetastet bleiben. nlage 17 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Johannes Pflug, Heinz Paula, Angelika Krüger-Leißner, Iris Hoffmann (Wis- mar), Petra Ernstberger, Doris Barnett, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Dr. Carl- Christian Dressel, Karin Evers-Meyer, Dagmar Freitag, Monika Griefahn, Hans-Joachim Hacker, Petra Heß, Johannes Kahrs, Dr. h. c. Susanne Kastner, Dr. Uwe Küster, Bernd Scheelen, Silvia Schmidt (Eisleben), Reinhard Schultz (Everswinkel), Simone Violka und Steffen Reiche (Cottbus) (alle SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Die Zustimmung zur Föderalismusreform ist mir icht leicht gefallen. Denn eine Reihe von Bedenken, die 4364 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 (A) ) (B) ) ich immer wieder geäußert habe, sind nicht ausgeräumt worden. Im Wesentlichen geht es um folgende Punkte: Der Zustimmungsvorbehalt des Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung hätte deutlicher reduziert werden müssen. Die Verfassungskorrekturen im Umfeld von Art. 83, 84 GG wiesen den richtigen Weg, der leider nicht bis zum Ende beschritten werden konnte. Ferner hätte ich ein einheitliches Strafvollzugsrecht (Art. 74 Abs. l Nr. l GG) begrüßt. Es besteht die Gefahr, dass sich die Strafvollzugsregeln nach der Kassenlage des jeweili- gen Bundeslandes richten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Gefängnisse zu bloßen Verwahranstalten werden – mit nicht absehbaren sozialen Folgen. Ebensosehr halte ich es für bedenklich, dass das Heimrecht der Gesetzge- bungskompetenz des Bundes entzogen wurde. Es ist jetzt deutlich schwerer, eine Mindestqualität der statio- nären Pflege zu sichern und einen Wettlauf nach unten zu verhindern. Ich hätte mir gewünscht, behinderten und alten Menschen wäre ein 16-faches Dickicht von Rege- lungen für die Zusammenarbeit von Behörden, Einrich- tungsträgern und anderen Beteiligten erspart geblieben. Darüber hinaus hoffe ich sehr, dass auch die Abstim- mungsverfahren zwischen Bund und Ländern für die Be- reiche Rundfunk, Bildung und Kultur auf europäischer Ebene noch effektiver gestaltet werden. Trotzdem habe ich der Föderalismusreform zuge- stimmt. Denn trotz der Risiken, die diese Reform mit sich bringt, führt an ihr kein Weg vorbei. Langwierige Entscheidungswege, übermäßige Verflechtungen und gegenseitige Blockaden von Bund und Ländern haben die Steuerungsfähigkeit unseres Staates in nicht akzep- tabler Weise beeinträchtigt. Das können wir uns nicht mehr leisten. Das Gesetz, dem ich zugestimmt habe, ist nicht perfekt. Doch es beinhaltet den äußersten Kompro- miss, den wir als Bundestagsabgeordnete der SPD den Ländern abtrotzen konnten, ohne die Reform scheitern zu lassen. Und ein Scheitern galt es – selbst um einen hohen Preis – zu verhindern. Zudem haben die Menschen in Deutschland ein Recht darauf, nachvollziehen zu können, wer für welche Auf- gaben zuständig und damit politisch verantwortlich ist. Es wäre ein großer Schaden für unser Land und ein De- saster für alle Entscheidungsträger, wenn die Reform nach mehrjährigem harten Ringen scheitern würde. Letztendlich habe ich für diese Reform gestimmt, weil trotz meiner Kritik die wesentlichen Reformziele erfüllt wurden. Hier sind zu nennen: – Stärkung der Gesetzgebung durch deutlichere Zuord- nung der Gesetzgebungskompetenzen und Abschaf- fung der Rahmenkompetenzen. – Abbau gegenseitiger Blockaden durch Neubestim- mung der Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesge- setzen im Bundesrat. – Klarere Finanzverantwortung zwischen Bund und Ländern durch Abbau von Mischfinanzierungen und Neufassung der Möglichkeiten der Finanzhilfen des Bundes, wobei die Zusagen aus dem Solidarpakt II für die neuen Bundesländer bekräftigt werden sollten. d r F i s b D A A ( e d d c B d g n l B B r D – – – – – – (C (D Diese Ziele haben wir erreicht. Statt 55 bis 60 Prozent er Bundesgesetze sinkt die Zustimmungsquote nun vo- aussichtlich bis unter 30 Prozent. Das ist ein großer ortschritt. Der Bund kann nunmehr viele Bereiche, die n seiner Gesetzgebungskompetenz stehen, ohne Einmi- chung des Bundesrates regeln. In wichtigen Bereichen ehält der Bund seinen Einfluss, etwa im Öffentlichen ienstrecht oder allgemein durch die Regel, dass bei den bweichungsrechten der Länder (Art. 72 Abs. 3, Art. 84 bs. l GG) die späteren Gesetze den früheren vorgehen Ex-posterior-Regel). Der Bund kann zudem bis 2009 in vollständiges Umweltgesetzbuch entwickeln, von em die Länder in den Kernpunkten nicht abweichen ürfen. Der Bund gewinnt zudem sechs wichtige Berei- he hinzu, etwa die ausschließliche Kompetenz für das KA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, as Waffenrecht oder durch verbindliche Länderbeteili- ung bei Verletzungen von EU-Recht sowie bei Sanktio- en aufgrund von Verletzungen des Europäischen Stabi- itätspaktes. Darüber hinaus haben wir erreicht, dass der und Europarecht schneller umsetzen kann und damit in rüssel besser aufgestellt ist. Auf der anderen Seite nimmt sich der Bund dort zu- ück, wo die Angelegenheiten der Länder berührt sind. ies sind insgesamt 16 Materien, unter anderem: Verfahrensrecht und die Behördeneinrichtung, eine ausgesprochene Domäne der Länder; Abschaffung der Kategorie der Rahmengesetzgebung (bisher Art. 75 GG), weil dreistufige Verfahren (Euro- päisches Recht, Bundesrahmenrecht, Landesausfül- lungsrecht) zu umständlich sind und weil diese Gesetzgebungskompetenz in der Verfassungspraxis ohnehin ins Leere läuft; Teile des Öffentlichen Dienstrechts, insbesondere die Besoldung und Versorgung der Landesbeamten und Richter; im Bereich des Hochschulwesens, in dem den Län- dern die Freiheit gegeben wird, den Universitäten und anderen Hochschulen die Chance auf mehr Eigenver- antwortung und Unabhängigkeit zu geben; im Umweltrecht, insbesondere im Bereich des Natur- schutzes. Wichtig ist, dass die Länder nur außerhalb der Grundsätze des Naturschutzes abweichen dürfen. Mag diese Regelung auch vielen Bauchschmerzen be- reiten, sie ist dem Kompromiss zwischen Bund und Ländern geschuldet. Zudem befürchte ich nicht, dass die Landesparlamente die neue Macht nutzen, um den Naturschutz zurückzufahren. Ganz im Gegenteil: Das Bewusstsein dafür, wie wertvoll saubere Flüsse, ab- gasarme Luft und gesunde Wälder sind, bildet sich vor allem in den Gemeinden und Stadteilen vor Ort. Und da sind die Länder allemal näher dran; Gemeinschaftsaufgaben aufzugeben ermöglicht dem Bund ein Stück Bürokratieabbau. Zwar leistet der Bund Kompensationszahlungen in Höhe von gut 2,5 Milliarden Euro jährlich bis 2013. Doch sind diese Aufgaben zweckgebunden. Und die Länder übernehmen dafür Aufgaben in den Bereichen Hoch- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 4365 (A) ) (B) ) schulbau, Gemeindeverkehrsfinanzierung und sozia- ler Wohnungsbau. Alles in allem handelt es sich um die größte Verfas- sungsreform seit Bestehen des Grundgesetzes. Solch ein Reformprojekt darf man nicht scheitern lassen, so sehr ich auch einige Regelungen für verbesserungswürdig halte. Schließlich muss ich anerkennen, dass nach den Ex- pertenanhörungen im Mai und Juni 2006 ein wesentli- cher Punkt verbessert wurde. Der Kompromiss, dass der Bund Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen und Forschungsbauten an Hochschulen ne- ben wissenschaftlicher Forschung außerhalb der Hoch- schulen Finanzhilfen geben darf (Art. 91 b GG), stellt si- cher, dass er auch Gelder für den Ausbau der Hochschulen überweisen kann. Das ist mir sehr wichtig. Dieser Kompromiss, insbesondere die Erweiterung von „wissenschaftlicher Forschung“ auf „Wissenschaft und Forschung“ (Art. 91 b Abs. l Nr. 2 GG) hat wesentlich dazu beigetragen, dass ich dieser Reform trotz meiner Bedenken zugestimmt habe. Ich erwarte, dass wir diesen Reformprozess unseres Grundgesetzes nicht nur begleiten, sondern nach einem angemessenen Zeitabstand die Wirkung der Änderungen bewerten. Denn das Wohl unseres Landes und seiner Menschen in einem modernen, föderalen und sozialen Rechtsstaat muss unser fester Wille und das oberste Ziel unseres Handelns sein. Anlage 18 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Lale Akgün, Lothar Binding (Heidelberg), Elvira Drobinski-Weiß, Elke Ferner, Willi Brase, Renate Gradistanac, Klaus Hagemann, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Gabriele Hiller-Ohm, Frank Hofmann (Volkach), Dr. Bärbel Kofler, Karin Kortmann, Rolf Kramer, Anette Kramme, Ute Kumpf, Gabriele Lösekrug-Möller, Lothar Mark, Hilde Mattheis, Dr. Sascha Raabe, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Ortwin Runde, Dr. Frank Schmidt, Heinz Schmitt (Landau), Swen Schulz (Span- dau), Ewald Schurer, Dr. Rainer Tabillion, Dr. Wolfgang Wodarg, Heidi Wright, Manfred Zöllmer, Christian Kleiminger, Karin Roth (Esslingen), Christoph Strässer, Bettina Hagedorn, Martin Gerster, Reinhold Hemker, Mechthild Rawert, Dr. Axel Berg, Martin Burkert, Helga Kühn-Mengel und Gabriele Groneberg (alle SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74 a, 75, 84, 85, 87 c, 91 a, 91 b, 93, 98, 104 a, 104 b, 105, 107, 109, 125 a, 125 b, 125 c, 143 c) (Tagesordnungspunkt 29 a) Klarheit bei der politischen Verantwortung, transpa- rente Verfahren und mehr Demokratie durch Stärkung der Parlamente: Das sind Ziele, die auch von den Unter- z § e d V z s h g Z L s e g W h O s B b d t g m T b n l a H a g A e z a S L S e a m d b d b g t c r (C (D eichnerinnen und Unterzeichnern dieser Erklärung nach 31 der Geschäftsordnung geteilt werden. Deshalb war s auch unbedingt notwendig, nach den Verfassungsän- erungen von 1994 und der damaligen Einführung des erfassungskriteriums der Erforderlichkeit den Versuch u unternehmen, sich durch politisch souveräne Ent- cheidungen von Bundestag und Bundesrat von der Ab- ängigkeit von Entscheidungen des Bundesverfassungs- erichts zu befreien und insgesamt zu einer klareren uordnung der politischen Verantwortlichkeiten in den andesparlamenten und im Bundestag zu kommen. Mit unserer Zustimmung zu der vorliegenden Verfas- ungsreform wollen wir grundsätzlich anerkennen, dass s hier zu substanziellen Verbesserungen und Klärungen egenüber der jetzigen Verfassungslage gekommen ist. ir stellen fest, dass insbesondere in den letzten Ver- andlungsrunden noch wichtige Verbesserungen in den rganisations- und Verfahrensfragen erreicht worden ind wie auch in der Verteilung der Zuständigkeiten von und und Ländern, hier vor allen Dingen im Bildungs- ereich. Auf der anderen Seite müssen und wollen wir nach- rücklich deutlich machen, dass es weiterhin klare Kri- ikpunkte gibt: Erstens. Die vorgesehenen Regelungen zu Kostenfol- en von Bundesgesetzen können zu weiteren Zustim- ungspflichten bei Bundesgesetzen führen. Zweitens. Das Erforderlichkeitskriterium bleibt zum eil erhalten, was die bekannte Rechtsunsicherheit nicht eseitigt. Drittens. Das Abweichungsrecht birgt die Gefahr ei- er großen Unübersichtlichkeit im Rechtssystem. Viertens. Auch wenn die Innovationskraft in Deutsch- and über die Begründung einer neuen „Gemeinschafts- ufgabe“ – sprich: einer gemeinsamen Verantwortung – ochschulförderung klar gestärkt worden ist, wird sie in nderen Bereichen der Bildungspolitik leider eindeutig eschwächt. Fünftens. Nicht zuletzt die umfangreiche gemeinsame nhörung von Bundestag und Bundesrat hat mit einem indeutigen Votum der Expertinnen und Experten ge- eigt, dass die Zuständigkeit für das Heimrecht, aber uch wichtige Regelungen in der Jugendhilfe und das trafvollzugsrecht aus Gründen der Einheitlichkeit der ebensverhältnisse und der Sicherung gemeinsamer tandards beim Bund verbleiben sollte. Wir sehen hierin ine bedauerliche Missachtung klarer Forderungen auch us der Fachöffentlichkeit und der Erkenntnis der ge- einsamen Anhörung von Bundestag und Bundesrat, ie nicht mehr sachlich, sondern nur machtpolitisch zu egründen ist. Sechstens. Im Umweltrecht sehen wir die Gefahr, ass wichtige, über Ländergrenzen hinausgreifende Pro- lemlagen nicht angemessen gelöst werden können. Siebtens. Wir nehmen die Sorgen ernst, dass ein rundsätzlich unterschiedlich strukturierter und besolde- er öffentlicher Dienst angesichts der sehr unterschiedli- hen Finanzkraft der Länder zu einer massiven Verzer- ung in der Ausstattung wie der Leistungskraft des (A) (C) (B) ) öffentlichen Dienstes in Deutschland führen kann und auch die Mobilität behindert. Grundsätzlich stellen wir fest: Der solidarische Föde- ralismus war bisher ein Fundament der Erfolgsge- schichte der Bundesrepublik. Dieses Fundament darf nicht zerstört werden durch einen Wettbewerbsföderalis- mus, der gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Solidarität erschwert oder gar verhindert. Die Unter- zeichnenden machen mit der Erklärung auch gemeinsam deutlich, dass sie bei den weiteren Verhandlungen über die zukünftige Gestaltung der Bund-Länder-Finanzbe- ziehungen für unverzichtbar halten, dass die Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zentrales politisches Ziel und Verfassungsauftrag auch für die Zu- kunft bleiben müssen. Hieran haben sich auch alle Über- – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im dritten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2004 – Drucksachen 15/4214, 15/4290 Nr. 1.5, 16/820 Nr. 25 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im vierten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2004 – Drucksachen 15/4987, 15/5074 Nr. 4, 16/820 Nr. 26 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung legungen zu den zukünftigen Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und der Länder untereinander zu orientieren. Anlage 19 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 29. Juni 2006 mitgeteilt, dass sie den An- trag Demokratiebewegung in Belarus unterstützen auf Drucksache 16/1671 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im ersten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2004 – Drucksachen 15/3272, 15/3393 Nr. 1.2, 16/820 Nr. 23 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im zweiten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2004 – Drucksachen 15/3697, 15/3764 Nr. 1.1, 16/820 Nr. 24 – m V P t (D Haushalts- und Wirtschaftsführung 2006 Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 (apl.) Titel 682 01 – Maßnahmen zur Stützung des Schweinemarktes – – Drucksachen 16/1399, 16/1556 Nr. 1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/1101 Nr. 2.23 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/629 Nr. 2.16 Drucksache 16/722 Nr. 1.7 Drucksache 16/722 Nr. 1.9 Drucksache 16/1101 Nr. 2.7 Drucksache 16/1101 Nr. 2.8 Drucksache 16/1101 Nr. 2.9 Drucksache 16/1101 Nr. 2.20 Drucksache16/1207 Nr. 1.16 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/4567 Nr. 1.9 4366 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 91, 1 0, T 44. Sitzung Berlin, Freitag, den 30. Juni 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Norbert Barthle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

    Damen und Herren! In den bisherigen Debattenbeiträgen
    wurde mehrfach auf die zweite Stufe der Föderalismus-
    reform und den damit in Rede stehenden Länderfinanz-
    ausgleich hingewiesen. In diesem Zusammenhang
    wurde ausdrücklich der bisherige Solidarbeitrag des
    Landes Bayern gewürdigt und gelobt. Ich will dies in
    Anwesenheit des bayerischen Ministerpräsidenten aus-
    drücklich unterstreichen. Bayern hat einen großen Soli-
    darbeitrag geleistet,


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Aber!)


    indem Bayern doppelt so viel einbezahlt hat als erhalten.
    Es handelt sich um eine Summe von rund 37 Milliarden
    Euro.

    Ich möchte aber für die Kolleginnen und Kollegen in
    diesem Hohen Hause und auch für die deutsche Öffent-
    lichkeit ausdrücklich darauf hinweisen, dass es ein Bun-
    desland gibt, das sich noch solidarischer verhalten hat,
    nämlich Baden-Württemberg.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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    (C (D aden-Württemberg hat seit Beginn des Länderfinanzusgleiches Anfang der 50er-Jahre insgesamt 54 Milliaren Euro einbezahlt und niemals etwas erhalten. Das ntspricht in etwa der Summe der Gesamtverschuldung es Landes Baden-Württemberg. Das heißt, würde man iesen Betrag verrechnen, wären wir schuldenfrei. Ich meine, dieser Solidarbeitrag des Landes Badenürttemberg sollte auch gewürdigt werden. In diesem usammenhang möchte ich gerne die Ministerpräsidenen dazu auffordern, bei der Neuausrichtung des Länderinanzausgleichs sorgsam die Frage zu prüfen, wie diese ahlungen im Sinne der Äußerungen des Kollegen röning wirken. Wir wollen alle, dass die schwächeren änder stärker werden, die stärkeren Länder aber nicht chwach werden. Diese Solidarleistungen sollen dazu eitragen, mehr Wachstum und Beschäftigung zu geneieren. In diesem Zusammenhang bitte ich, das sorgsam u überprüfen. Danke. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])




Rede von Gerda Hasselfeldt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich das

ort der Kollegin Krista Sager.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Krista Sager


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Olaf, ich gehe davon aus, dass du gleich die Hambur-

    er Fahne hochhältst und deutlich machst, dass es auch
    m Norden ein Land gibt, das zahlt, und dass wir im Nor-
    en nicht alle nur die Hand aufhalten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Deswegen kann ich mich auf einen anderen Aspekt
    onzentrieren: Herr Kollege Kröning, Sie haben mich
    ersönlich angesprochen und dabei den Eindruck er-
    eckt, als hätte ich in der Frage, ob wir weiterhin ein
    usammenwirken von Bund und Ländern brauchen – so-
    ohl in der Wissenschaft als auch bei der Fortentwick-

    ung des Bildungswesens –, in der Föderalismuskom-
    ission eine andere Position vertreten als zum Beispiel
    ie und Herr Runde. Herr Runde wird sicherlich bestäti-
    en können, dass ich mich in der Kommission immer
    ehr für ein solches Zusammenwirken eingesetzt habe:
    owohl in der gesamten Wissenschaft – nicht nur in der
    orschung – als auch bei der Fortentwicklung des Bil-
    ungswesens, nicht zuletzt mit Blick auf die Fortführung
    on Ganztagsschulprogrammen.

    Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Zusammenarbeit
    er Bildungspolitiker im Ausschuss für Bildung und
    orschung gut verlief und wir wirklich etwas bewegt ha-
    en, wenn auch nicht genug. Dass das, was wir erreicht
    aben, nicht genug ist, wird von den meisten Bildungs-
    olitikern so beurteilt.

    Herr Kröning, ich bin mir ziemlich sicher: Dass es
    och eine kleine Veränderung zugunsten einer Klausel
    ür mehr Studienplätze gegeben hat, ist in erster Linie
    en Bildungspolitikern zu verdanken, nicht Ihnen. Ich






    (A) )



    (B) )


    Krista Sager
    will gerne einräumen, dass auch ich nicht immer mit all
    ihren Vorgehensweisen sehr glücklich gewesen bin. Ins-
    besondere haben wir ihnen die unglückliche Abwei-
    chungsklausel zu verdanken,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


    von der viele zu Recht gesagt haben, dass sie uns im
    Umweltrecht und in anderen Bereichen noch große Pro-
    bleme bereiten wird, weil sie eine völlige Rechtsunklar-
    heit zur Folge hat.

    Sie wissen ganz genau, dass gerade die Abweichungs-
    klausel nicht nur von den Grünen und unseren ehemali-
    gen Ministern sehr kritisch gesehen wurde, sondern auch
    von zahlreichen Mitgliedern der jetzigen Bundesregie-
    rung, also nicht nur von denjenigen, die damals auf der
    Regierungsbank saßen, sondern auch von manchen, die
    heute noch auf der Regierungsbank sitzen – und zwar zu
    Recht. Es ist sehr bedauerlich, dass man diese falsche
    Weichenstellung trotzdem nicht aus dem Gesetzentwurf
    hat entfernen können. Das gilt für die Bereiche Bildung
    und Umwelt, aber auch für die Abweichungsklausel.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)