Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Die Frau Bundeskanzlerin hat mit ihrem Wort vom
Sanierungsfall bewusst oder unbewusst vielleicht das
Wort der Woche, vielleicht das Wort des Monats und
vielleicht sogar mehr geprägt.
Ich will über einen anderen Sanierungsfall reden, den
Sanierungsfall Europäische Union. Ich konzentriere
mich dabei insbesondere auf die Finanzen. Ich denke,
wir sind uns da gar nicht so uneinig, denn immerhin ist
unter starker Mitwirkung der Bundeskanzlerin und des
Bundesaußenministers – wir haben das begrüßt – ein Be-
schluss herbeigeführt worden, dass die gesamten Ein-
nahmen und Ausgaben der Europäischen Union 2008
auf den Prüfstand sollen. Auch das nennt man einen Sa-
nierungsfall. Gerade weil gegenwärtig so vieles bei den
Finanzen der EU im Argen liegt, haben wir als FDP im
Europäischen Parlament genauso wie hier den im De-
zember letzten Jahres in Brüssel gefundenen Kompro-
miss bezüglich der finanziellen Vorausschau, die nicht
weniger als sieben Jahre gelten soll, abgelehnt.
Ein solcher Beschluss – das muss man sich einmal
klar machen; es ist ja auch vielen, die sich mit dieser ex-
trem komplizierten Materie EU-Haushalt befassen, nicht
klar – bindet uns hier auf sieben Jahre. Wir könnten nicht
einfach von einem Jahr zum anderen sagen, wir nehmen
unser Entscheidungsrecht wahr. Dieses Recht haben wir
nämlich nicht. Deshalb müssen wir – das ist ein ganz
entscheidender Punkt, wo das Parlament über die Frak-
tionsgrenzen hinweg endlich tätig werden muss – dazu
kommen, dass in Zukunft vor Entscheidungen, die sich
über sieben Jahre bindend auf den Bundeshaushalt aus-
wirken, wirklich eine substanzielle Befassung damit im
Parlament stattfindet und dem Bundestag auch ein wirk-
liches Mitspracherecht zukommt und nicht nur das
Recht, einen solchen Beschluss im Nachhinein abzuseg-
nen.
Das Stichwort „im Nachhinein“ möchte ich zum An-
lass nehmen, daran zu erinnern, wie spät wir beim letz-
ten und bisher einzigen Mal darüber abgestimmt haben:
Etwa zwei Jahre, nachdem die finanzielle Vorausschau
von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen
Union beschlossen wurde, bekamen wir nämlich den so
genannten EU-Eigenmittelbeschluss zur Ratifizierung
vorgelegt. Glauben Sie im Ernst daran, dass jemand die
finanzielle Vorausschau, nachdem sie schon zwei Jahre
Basis für das Handeln war, ablehnen könnte? Es sind
beileibe auch keine Peanuts, über die wir hier reden, son-
dern es geht jedes Jahr um 21 Milliarden Euro, über die
der Bundestag eigentlich nicht wirklich mitentscheiden
darf. Das ist, meine Damen und Herren, Demokratiede-
fizit live.
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Wir haben es heute sehr stark vermisst, von Ihnen,
err Bundesaußenminister, dazu etwas zu hören. Wir
issen zwar, dass gegenwärtig die Verhandlungen über
ie Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregie-
ung laufen, aber zumindest eine Absichtserklärung
äre schön gewesen. Zu einem Zeitpunkt, wo wir mer-
en, dass zurückgerudert wird, leider auch bei Punkten,
ie die Kollegen von der CDU/CSU letztes Jahr selber in
en Deutschen Bundestag eingebracht haben, wäre es
och wichtig, ein Signal zu setzen, dass der Deutsche
undestag bei Vertragsänderungen und bei Beschlüssen
ber weitere Erweiterungsschritte im Vorfeld eingebun-
en wird, und zwar auch in der Art, dass, wie es im An-
rag der CDU/CSU vom 25. Januar 2005 noch heißt, mit
em Bundestag Einvernehmen hergestellt wird.
Wenn sich die derzeitige Bundesregierung, in der ja
uch Abgeordnete der damaligen Opposition vertreten
ind, nicht an das hält, was damals gesagt wurde, und
enn auch die Frau Bundeskanzlerin in diesem Punkt
icht den Mut hat, dem Parlament die Rechte zu geben,
ie sie damals selbst eingefordert hat, dann hat die Bun-
esregierung ein Glaubwürdigkeitsproblem. Deshalb
erden wir dieses Thema weiterhin massiv propagieren.
ir als FDP sagen deshalb auch zum Bundesaußen-
inister: Trauen Sie in den Bereichen europäische Fi-
anzen und auch Mitwirkungsrechte der frei gewählten
arlamentarier dem Bundestag mehr zu. Wir sind hier
eine Populisten, die ein „race to the bottom“ veranstal-
en wollen. Wir wollen mit der Regierung Schritte für
ie EU unternehmen: beim Geld, bei der Erweiterung,
ei der Verfassung. Das geht aber nur, wenn wir nicht
ur hinterher abnicken dürfen, sondern auch mitreden
ürfen.
Danke schön.