Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3183
(A) )
(B) )
steuerung von Einkommen, Gewinnen und VermögenNitzsche, Henry CDU/CSU 19.05.2006
Wir werden dem Gesetzentwurf unsere Stimmen ge-
ben, obwohl wir eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für
falsch halten.
Die Mehrwertsteuer ist gegenüber einer direkten Be-
Burkhardt
Müntefering, Franz SPD 19.05.2006
Anlage 1
Liste der entschuldigt
*
**
A
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Ahrendt, Christian FDP 19.05.2006
Beck (Bremen),
Marieluise
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
19.05.2006
Bismarck, Carl-Eduard
von
CDU/CSU 19.05.2006
Blumenthal, Antje CDU/CSU 19.05.2006
Borchert, Jochen CDU/CSU 19.05.2006
Dr. Däubler-Gmelin,
Herta
SPD 19.05.2006*
Evers-Meyer, Karin SPD 19.05.2006
Gabriel, Sigmar SPD 19.05.2006
Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 19.05.2006
Gröhe, Hermann CDU/CSU 19.05.2006
Hilsberg, Stephan SPD 19.05.2006
Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
19.05.2006
Kauch, Michael FDP 19.05.2006
Klimke, Jürgen CDU/CSU 19.05.2006
Knoche, Monika DIE LINKE 19.05.2006
Kortmann, Karin SPD 19.05.2006
Kossendey, Thomas CDU/CSU 19.05.2006
Kurth (Quedlinburg),
Undine
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
19.05.2006
Dr. Lamers (Heidelberg),
Karl
CDU/CSU 19.05.2006
Lintner, Eduard CDU/CSU 19.05.2006*
Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 19.05.2006
Müller-Sönksen, FDP 19.05.2006
P
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(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO
nlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Christine Lambrecht und
Gerold Reichenbach (beide SPD) zur nament-
lichen Abstimmung über den Entwurf eines
Haushaltsbegleitgesetzes 2006 (Tagesordnungs-
punkt 5)
flug, Johannes SPD 19.05.2006
eiche (Potsdam),
Katherina
CDU/CSU 19.05.2006
oth (Augsburg),
Claudia
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
19.05.2006
upprecht
(Tuchenbach),
Marlene
SPD 19.05.2006*
r. Schröder, Ole CDU/CSU 19.05.2006
r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 19.05.2006
chily, Otto SPD 19.05.2006
r. Spielmann, Margrit SPD 19.05.2006
r. Stinner, Rainer FDP 19.05.2006**
lrich, Alexander DIE LINKE 19.05.2006
oßhoff, Andrea Astrid CDU/CSU 19.05.2006
eiß (Groß-Gerau),
Gerald
CDU/CSU 19.05.2006
immer (Neuss), Willy CDU/CSU 19.05.2006
r. Wodarg, Wolfgang SPD 19.05.2006
bgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
3184 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
ungerecht. Es steht zu befürchten, dass eine Erhöhung in
der aktuellen Situation der Konjunktur schaden und sie
Arbeitsplätze in Handwerk, Gastronomie und Einzelhan-
del gefährden wird.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent
war eine unumstößliche Forderung der Union im Zuge
der Verhandlungen um den Koalitionsvertrag und konnte
nicht wegverhandelt werden. Für uns Sozialdemokraten
war es wichtig, im Gegenzug der Union soziale Maßnah-
men durchzusetzen. Dies ist uns gelungen.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD
ist vereinbart worden, den Mehrwertsteuersatz im Jahr
2007 um drei Prozentpunkte auf 19 Prozent zu erhöhen.
Davon steht dem Bund ein Prozentpunkt zur Senkung
der Lohnzusatzkosten zu. Der ermäßigte Mehrwertsteu-
ersatz von 7 Prozent bleibt zur Wahrung der sozialen Ba-
lance unverändert.
Das Wahlergebnis vom 18. September hat nun eine
vollständige Umsetzung des Wahlprogramms der SPD
unmöglich gemacht. Eine Regierungsbildung war fak-
tisch nur in Form der großen Koalition mit den Unions-
parteien möglich. Wer in einem solchen Bündnis 50 Pro-
zent darstellt, kann seine Positionen nicht zu 100 Prozent
durchsetzen. Wir halten eine Konsolidierung der öffent-
lichen Haushalte über die Stärkung des Wachstums und
den Abbau von Steuersubventionen weiterhin für richtig
und realistisch. Die Mehrwertsteuererhöhung war jedoch
eins der zentralen Projekte der Union und deshalb nicht
verhandelbar. Mit diesem Zugeständnis an die Union
waren jedoch wichtige Verhandlungserfolge im Bereich
der Steuerpolitik, der Arbeitnehmerrechte und in vielen
anderen Politikbereichen verbunden.
Im Zusammenhang mit der Erhöhung der Mehrwert-
steuer konnten wir immerhin Folgendes erreichen:
Erstens. Die Erhöhung wird statt 2006 erst 2007 kom-
men, um die Möglichkeit zu schaffen, die Konjunktur
soweit anzukurbeln, dass die schädlichen Auswirkungen
einer Mehrwertsteuererhöhung weniger zum Tragen
kommen.
Zweitens. Mit dem Impulsprogramm – 25 Milliarden
Euro in vier Jahren – und einigen Sofortmaßnahmen
werden Rahmenbedingungen für eine Erholung der Kon-
junktur im nächsten Jahr geschaffen.
Drittens. Der ermäßigte Steuersatz auf Lebensmittel,
Personennahverkehr, Bücher und Zeitungen bleibt bei
7 Prozent und wird nicht angehoben.
Viertens. Die befürchteten Auswirkungen auf das
Handwerk werden durch die Möglichkeit kompensiert,
Handwerkerrechnungen anteilig auf die Steuerschuld an-
zurechnen.
Bei der Verbesserung der Einnahmesituation von
Bund und Ländern wollen wir uns nicht nur auf die Er-
höhung des Mehrwertsteuersatzes beschränken. Die Las-
ten einer weiteren Konsolidierung der Staatshaushalte
werden vielmehr sozial ausgewogen verteilt. Wir haben
weiterhin eine Reihe von positiven und für uns Sozialde-
mokraten wichtigen Verhandlungsergebnissen erzielt:
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Wir fördern Familien mit zusätzlichen 3 Milliarden
uro.
Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben des
undes werden um 6 Milliarden Euro steigen.
Zur Förderung der privaten Haushalte als Arbeitgeber
tellt der Bund 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Die Verkehrsinvestitionen steigen um 4,3 Milliarden
uro.
Speziell für den Mittelstand: Zur gezielten Förderung
es Mittelstandes und zur Schaffung besserer Rahmen-
edingungen für die Wirtschaft werden bis zum Ende
er Legislaturperiode zusätzlich 9,4 Milliarden Euro ein-
esetzt.
Wir haben ein Zurückdrängen der Mitbestimmung in
er Betriebsverfassung auf die Regeln von 1972 verhin-
ert.
Wir haben erreicht, dass den gesetzlichen Rahmenbe-
ingungen bei der Verwendung und beim Schutz von
angzeitarbeitszeitkonten besonderes Gewicht beige-
essen wird. Langzeitarbeitszeitkonten werden gesetz-
ich gesichert.
Und wir haben erreicht, dass für den Bereich der Bau-
irtschaft das bestehende Entsendegesetz auf die Ge-
äudereinigerbranche ausgeweitet wird, ein kleiner, aber
ichtiger Schritt.
Wir haben erreicht, dass ein Allgemeines Gleichstel-
ungsgesetz über die Europäische Gleichstellungsricht-
inie hinaus die Diskriminierungsmerkmale Behinde-
ung, Alter und sexuelle Identität enthält.
Dies sind einige Beispiele. So wie wir erwarten, dass
ie Abgeordneten der Union sich in den einzelnen Fra-
en an die zwischen den Koalitionspartnern getroffenen
ereinbarungen halten, muss dies auch von uns zu er-
arten sein. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf
rotz Bedenken unsere Stimmen geben.
nlage 3
Erklärung
des Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme
(CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung
über den Entwurf eines Haushaltsbegleitgeset-
zes 2006 (Tagesordnungspunkt 5)
In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt.
ein Votum lautet „Ja“.
nlage 4
Erklärung
der Abgeordneten Iris Gleicke (SPD) zur
namentlichen Abstimmung zu dem Antrag:
Hedgefondszulassung zurücknehmen (Tages-
ordnungspunkt 6)
In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt.
ein Votum lautet „Ja“.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3185
(A) )
(B) )
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra-
gen der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/1466, Fragen 1 und 2):
Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass bei der geplan-
ten Schließung des Bundeswehrkrankenhauses in Leipzig-
Wiederitzsch durch Veräußerungserlöse mindestens die inves-
tierten Modernisierungs- und Fördermittel ausgeglichen wer-
den und nach Möglichkeit ein Veräußerungsgewinn erzielt
wird?
Welche Übernahmeangebote werden den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern unterbreitet, die angesichts der Pläne, das
Bundeswehrkrankenhaus zu schließen, von Arbeitslosigkeit
bedroht sind?
Zu Frage 1:
Infolge der Stationierungsentscheidung vom 2. No-
vember 2004 wurde entschieden, die Verwertung der
entbehrlichen Bundeswehrkrankenhäuser im Rahmen ei-
nes durch die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung
und Betrieb mbH (g. e. b. b.) begleiteten Transak-
tionsprozesses durchzuführen. Dabei sollen über einen
Konzeptwettbewerb möglichst betriebsfähige Kranken-
häuser auf Folgenutzer/Erwerber übertragen werden. Es
wird derjenige Bewerber ausgewählt, dessen Angebot
am besten mit den Zielen des BMVg übereinstimmt. An-
gestrebt wird neben einem angemessenen Kaufpreis eine
Anschlussnutzung, die es erlaubt, möglichst vielen Zivil-
bediensteten eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
Im Rahmen des Konzeptwettbewerbs können für das
Bundeswehrkrankenhaus Leipzig noch bis Ende Juli
2006 verbindliche Angebote abgegeben werden. An-
schließend entscheidet das Bundesministerium der Ver-
teidigung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrach-
tung, ob die Einrichtung auf einen Folgenutzer
übertragen wird oder eine reine Liegenschaftsverwer-
tung stattfindet.
Gemäß § 63 Abs 3 BHO darf die Liegenschaft nur
zum vollen Wert verkauft werden. Sollte mangels akzep-
tabler Angebote zur Folgenutzung im Sinne des Kon-
zeptwettbewerbes eine reine Liegenschaftsveräußerung
notwendig werden, wird der entsprechende Wert im
Rahmen einer Verkaufsausschreibung oder durch Ver-
kehrswertgutachten zu ermitteln sein.
Zu Frage 2:
Im Rahmen der Realisierung des Umgestaltungspro-
zesses der Bundeswehr sind Dienststellenschließungen
nicht zu vermeiden. Um die notwendigen Personalmaß-
nahmen für die betroffenen Beschäftigten sozial ausge-
wogen auszugestalten, ist von den Tarifvertragsparteien
der „Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnah-
men im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bun-
deswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001“ vereinbart
worden Vorrangiges Ziel ist die Sicherung der Arbeits-
plätze. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind
für die Laufzeit des Tarifvertrages ausdrücklich ausge-
schlossen, das heißt bedingt durch die Schließung des
Bundeswehrkrankenhauses Leipzig ist kein dort be-
schäftigter Bundeswehrangehöriger von Arbeitslosigkeit
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etroffen. Weitere enthaltene Regelungen bieten ver-
chiedene Möglichkeiten, die anstehenden personellen
aßnahmen sozialverträglich auszugestalten und damit
er jeweiligen Situation des betroffenen Beschäftigten
erecht zu werden.
Ziel der mit der Verwertung des zu schließenden Bun-
eswehrkrankenhauses Leipzig beauftragten g.e.b.b ist
s, im Rahmen der Transaktion über einen Konzeptwett-
ewerb einen Erwerber zu ermitteln, der einer möglichst
roßen Zahl der Tarifbeschäftigten ein Angebot für eine
nstellung unterbreitet. Es steht den Beschäftigten je-
och frei, dieses Angebot anzunehmen oder abzulehnen.
uf diesem Wege soll eine zusätzliche Alternative zur
undeswehrinternen Unterbringungsplanung zum Zeit-
unkt der Schließung des Bundeswehrkrankenhauses
eipzig durch die Bundeswehr eröffnet werden.
nlage 6
Antwort
es Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage der
bgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU)
Drucksache 16/1466, Frage 10):
Wie ist der Stand des Beihilfeverfahrens der Europäischen
Kommission zu der Frage, ob die Finanzierung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks durch Rundfunkgebühren eine zuläs-
sige Beihilfe im Sinne der Art. 87 ff. des EG-Vertrags dar-
stellt?
Aufgrund von Beschwerden privater Fernsehveran-
talter prüft die Generaldirektion Wettbewerb der Euro-
äischen Kommission seit 2003 die Vereinbarkeit der
eutschen Rundfunkgebührenfinanzierung mit dem euro-
äischen Beihilferecht. Dieses Verfahren ist noch nicht
bgeschlossen. Die Generaldirektion Wettbewerb möchte
n diesem Verfahren feststellen, ob die Rundfunkgebüh-
en von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur
uersubventionierung ihrer Produktionstöchter genutzt
erden, die Produktionstöchter in anderer Weise von ih-
en Muttergesellschaften bevorzugt behandelt werden
Verlustübernahmen, Mitarbeiterleihe, Übernahme von
ltersvorsorge), die Transparenzrichtlinie, die zu einer
etrennten Buchführung für Tätigkeiten eines Unterneh-
ens, für die dieses Beihilfen erhält, verpflichtet, nicht
uf die öffentlich-rechtlichen Anstalten angewandt wird,
bwohl diese im Bereich für Produktionen für Dritte, der
erbung und im Onlinebereich rein kommerziell aktiv
eien, bei den Sportrechten eine Überkompensation da-
urch gegeben ist, dass Sportveranstaltungen nicht ausge-
trahlt werden, obwohl die Übertragungsrechte hierfür er-
orben wurden. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden
on der Kommission mehrere umfangreiche Auskunfts-
rsuchen an die Bundesregierung gerichtet, die von der
undesregierung in enger Zusammenarbeit mit den für
iese Materie innerstaatlich zuständigen Ländern jeweils
ingehend erörtert und beantwortet wurden. Darüber hi-
aus wurden Gespräche mit der Kommission geführt.
as letzte Auskunftsersuchen der Kommission mit 66
um Teil sehr detaillierten Fragen datiert vom 10. Februar
006. Die Bundesregierung hat dieses Auskunftsersu-
hen mit einer umfangreichen Stellungnahme am
3. April 2006 beantwortet. Die Bundesregierung und die
3186 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Länder sind darüber hinaus bereit, sofern die Kommis-
sion dies wünscht, mit ihr weitere Gespräche mit dem
Ziel der einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens zu
führen.
Anlage 7
Antwort
des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage der
Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU)
(Drucksache 16/1466, Frage 11):
Führen die Vereinbarungen von ARD und ZDF mit Mobil-
funkanbietern bzw. Anbietern von Mobilfernsehen bezüglich
des so genannten Handy-TVs zu einer Rundfunkgebühren-
pflicht von empfangsfähigen Mobilfunkgeräten, und, wenn ja,
ab wann muss mit einer entsprechenden gesetzlichen Rege-
lung gerechnet werden?
Vereinbarungen von ARD und ZDF mit Mobil-
funkanbietern bzw. Anbietern von Mobilfernsehen be-
treffen Fragen der Verbreitung der Programme dieser
Rundfunkanstalten. Sie regeln nicht die Gebührenpflicht
von Handys, die Rundfunkprogramme empfangen kön-
nen.
Anlage 8
Antwort
des Staatsministers Bernd Neumann auf die Fragen der
Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 16/1466, Fragen 12 und 13):
Ist der Bundesregierung bekannt, dass in der Gedenkstätte
Hohenschönhausen ein Film gezeigt wird, „der zahlreiche
Fehler enthält und Vermutungen nicht als solche kennzeich-
net“, und, wenn ja, welche Schlussfolgerungen wurden daraus
gezogen („FAS“ vom 7. Mai 2006)?
Wurde die Gedenkstättenarbeit in der ehemaligen Haft-
anstalt Hohenschönhausen durch eine wissenschaftliche Ein-
richtung evaluiert, und, wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist
man bei der Evaluation gekommen?
Zu Frage 12:
In der Berliner Stiftung „Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen“ wird der Film „Zentrale des Terrors. Das
Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen“ gezeigt.
Der Film wurde vom MDR produziert und am
10. November 2004 ausgestrahlt. Während des fast drei-
jährigen Einsatzes dieses Films sind der Bundesregie-
rung keinerlei Hinweise auf angebliche Fehler oder als
solche nicht gekennzeichnete Vermutungen bekannt ge-
worden. Der Vertreter des BKM im Stiftungsrat der Ge-
denkstätte wird aber die in der genannten Zeitung vorge-
brachte Kritik in der nächsten Sitzung des Stiftungsrates
am 6. Juli zur Sprache bringen.
Zu Frage 13:
Die Arbeit der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau-
sen wird seit September 2000 von einem 15-köpfigen
wissenschaftlichen Beirat fachlich begleitet. Dieser berät
die Stiftung laufend in allen inhaltlichen und gestalteri-
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chen Fragen. Ihm gehören ausgewiesene Wissenschaft-
er, Opfervertreter und Vertreter von Gedenkstätten an,
ie die Arbeit evaluieren und bislang keine signifikanten
ehler festgestellt haben.
nlage 9
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die
rage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
IS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/1466, Frage 14):
Wieso wird vonseiten der Bundesregierung die Steuerbe-
freiung und die Steuerbegünstigung für die CO2-neutralen Bi-
okraftstoffe in mehreren Schritten abgeschafft und zugleich
bis 2020 an der Steuerbegünstigung für das nicht CO2-neu-
trale Erdgas festgehalten?
Der Einstieg in die Besteuerung bei Biodiesel und
flanzenöl ist aus europarechtlichen Gründen notwendig
eworden, nachdem eine Überförderung dieser Biokraft-
toffe festgestellt wurde. Darüber hinaus wird bei
iokraftstoffen zukünftig die ab dem 1. Januar 2007 ge-
lante Quotenregelung das Hauptförderinstrument dar-
tellen, das die bisherigen Steuerbegünstigungen erset-
en wird. Im Interesse des Vertrauensschutzes bleibt die
teuerbegünstigung für reine Biokraftstoffe, die nicht
ur Erfüllung der Quote eingesetzt werden, noch bis
nde 2009 bestehen. Biokraftstoffe der 2. Generation,
ie derzeit in der Entwicklung stehen, sollen vorbehalt-
ich einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die
U-Kommission bis 2015 degressiv steuerbegünstigt
leiben. Mit der Quotenregelung und den flankierenden
teuerlichen Maßnahmen liegt ein überzeugendes Kon-
ept vor, das den weiteren Ausbau der Biokraftstoffe auf
ine tragfähige Basis stellt, die energie- und klimapoliti-
chen Ziele sichert und den vereinbarten Beitrag zur
onsolidierung des Bundeshaushalts sicherstellt. Das
teuerliche Förderungssystem für Erdgas ist ein anderes
ls das für Biokraftstoffe. Für Erdgas gibt es einen fest-
tehenden ermäßigten Steuersatz, der von der EU-Kom-
ission nicht als Beihilfe angesehen wird. Für Biokraft-
toffe dagegen richtet sich die Höhe des Steuersatzes
ach den Überkompensationsberechnungen. Das Nicht-
orliegen einer Überkompensation kann bei Biokraft-
toffen zu einer Steuerbefreiung führen.
nlage 10
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die
rage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
IS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/1466, Frage 15):
Wie hoch waren die Gewinnsteuern, die die Mineralölkon-
zerne letztes Jahr an den deutschen Staat abführten?
Statistisches Material zu den von Mineralölkonzernen
bgeführten Gewinnsteuern ist nicht verfügbar. Hierzu
erweise ich auf die Bestimmungen in der Abgabenord-
ung zum Steuergeheimnis.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3187
(A) )
(B) )
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Peter Paziorek auf die Fra-
gen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/1466, Fragen 18 und 19):
Will die Bundesregierung gewährleisten, dass über das
Jahr 2009 hinaus eine dezentrale und mittelständisch geprägte
Produktion und Vermarktung von reinen Biokraftstoffen außer-
halb der dann vorgesehenen gesetzlichen Biokraftstoffquote
der Mineralölkonzerne und damit außerhalb deren direkten
Einflussbereichs stattfinden kann, und, wenn ja, wie?
Mit welchen Marktanteilen rechnet die Bundesregierung
für die verschiedenen Formen der reinen Biokraftstoffe (in-
klusive Biodiesel und E85) außerhalb der vorgesehenen
Quote für die Jahre nach 2009?
Zu Frage 18:
Die vorgesehenen Regelungen zur Beimischung und
Besteuerung von Biokraftstoffen sehen vor, den Bio-
kraftstoffanteil am Kraftstoffabsatz bis 2010 auf 6 Pro-
zent zu steigern und ermöglichen damit ein weiteres
Wachstum der Biokraftstoffwirtschaft. Die Bundesregie-
rung geht davon aus, dass der Biokraftstoffanteil auch
über 2010 hinaus weiter gesteigert werden kann. In die-
sem Rahmen eröffnen sich auch Chancen für eine dezen-
trale und mittelständisch geprägte Biokraftstoffproduk-
tion, die zur Sicherung von Wertschöpfung und
Beschäftigung in ländlichen Räumen beitragen kann.
Zu Frage 19:
Die Bundesregierung hat in ihrem Eckpunktepapier
beschlossen, die steuerliche Förderung der reinen Bio-
kraftstoffe bis Ende 2009, dem im derzeit geltenden
Mineralölsteuerrecht vorgesehenen Datum für das Aus-
laufen der steuerlichen Förderung, fortzusetzen. Die Ent-
wicklung des Anteils reiner Biokraftstoffe am Kraft-
stoffmarkt nach Auslaufen der steuerlichen Förderung
Ende 2009 ist unter anderem abhängig von der Entwick-
lung der Preise fossiler Energieträger. Eine Einschätzung
zum Umfang der reinen Biokraftstoffe nach 2009 ist des-
halb nicht möglich.
Anlage 12
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Peter Paziorek auf die Frage
der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 16/1466, Frage 20):
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass im Rahmen
der geplanten Beimischungsquote für Biokraftstoffe insbeson-
dere (das heißt unter voller Ausschöpfung des nachhaltig
nutzbaren Potenzials) heimische Bioenergieträger eingesetzt
werden sollten, und, wenn ja, wie will sie dies gewährleisten?
Auch bei der jetzigen Steuerbefreiung werden Bio-
kraftstoffe zum Teil importiert. Ziel der Bundesregie-
rung ist es aber, im Rahmen der geplanten Bei-
mischungsquote heimischen Biokraftstoffen gute
Absatzchancen zu bieten und somit zu einem hohen An-
teil heimischer Biokraftstoffe beizutragen. Daher sind
die Quotenhöhen mit anfänglich 2 Prozent beim Otto-
kraftstoff und 4,4 Prozent beim Dieselkraftstoff so be-
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essen, dass sie durch einheimische Produktionsmen-
en abgedeckt werden können. Indirekt hat auch zum
eispiel die auf technisch-qualitativen Anforderungen
er Industrie basierende Biodieselnorm zur Folge, dass
le wie zum Beispiel Soja- oder Palmöl als Basis für die
iodieselerzeugung nur begrenzt Eingang in die Beimi-
chung finden können. Darüber hinaus sind internatio-
ale handelspolitische Rahmenbedingungen notwendig,
ie sowohl dem weiteren Ausbau der Biokraftstofferzeu-
ung in Deutschland und der EU als auch dem Ziel der
andelsliberalisierung Rechnung tragen.
nlage 13
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über das Branntwein-
monopol und von Verbrauchsteuergesetzen (Ta-
gesordnungspunkt 7)
Norbert Schindler (CDU/CSU): Wir beraten nun,
achdem wir vor zwei Stunden unangenehme Realitäten
it der Erhöhung der Mehrwertsteuer, aber auch ein gro-
es Steuerentlastungsprogramm bis hin zu den Lohn-
ebenkosten beschlossen haben, ein anderes Verbrauch-
teuergesetz.
Vorlage für das Gesetz über das Branntweinmonopol
nd von den Verbrauchsteuern war die Entscheidung der
U-Kommission, dass gewerbliche Brennereien keine
eihilfen mehr für Kornbranntwein erhalten sollen, die
iermit umgesetzt wird. Gleichzeitig werden in dem Ge-
etz die Fälligkeitsfristen bei der Branntwein-, Schaum-
ein- und Kaffeesteuer angepasst. Dies alles geschieht
m Konsens.
Über den Gesetzesvorschlag der Bundesregierung hi-
aus haben die Koalitionsfraktionen im Finanzausschuss
eschlossen, den besonderen Zuschlag zum Übernahme-
reis für Kornbranntwein für Abfindungsbrennereien zu
rhalten. Dieser Zuschlag, der von den landwirtschaftli-
hen Kornbrennern in den letzten Jahren als Maßnahme
ur Gleichstellung mit den Obstabfindungsbrennereien
etrachtet wurde und dessen Wegfall eine Kürzung des
bernahmepreises um rund 20 Prozent bedeuten würde,
ird als Zuschlag für Branntwein aus bestimmten Ge-
reidearten beibehalten. Damit haben wir erreicht, dass
leinbrennereien, die in Obstbaugrenzlagen und klima-
isch schwierigen Regionen angesiedelt sind, weiterhin
en Zuschlag für das Abliefern von Alkohol aus mehli-
en Stoffen erhalten können.
Diese Maßnahme unterstützt in besonderem Maße
uch die Bemühungen des Deutschen Bauernverbandes
m Schulterschluss mit der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
ion, die unverwechselbare bäuerliche Kulturlandschaft
n Deutschland zu erhalten und zu fördern. Dies ist ein
eiterer kleiner Schritt, die Existenz der Klein- und
bstbrenner in Deutschland zu sichern.
Gleichzeitig mit der Gesetzesänderung habe ich zu-
ammen mit meinem Kollegen Reinhard Schultz den im
3188 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Anhang ersichtlichen Entschließungsantrag zum Brannt-
weinmonopol initiiert, der von den Koalitionsfraktionen
so in den Deutschen Bundestag zur Verabschiedung ein-
gebracht worden ist. Unser Antrag enthält einen deutli-
chen Appell an die Bundesregierung, dass das Brannt-
weinmonopol als deutsches Sonderrecht auch über 2010
hinaus erhalten bleiben muss.
Ich betone, dass wir unsere Hausaufgaben auf Bun-
desebene erledigt haben und wir forcieren mit den ge-
setzgeberischen Maßnahmen den deutschen Weg der Al-
koholerzeugung, das heißt die Produktion auch in
Nebenerwerbsbrennereien, und sichern damit die Wirt-
schaftskraft im ländlichen Raum und unterstützen die
Pflege der Kulturlandschaft. Dieser auf unser Land und
seine Bauern zugeschnittene Weg muss konsequent wei-
tergegangen werden, um rund 7 000 landwirtschaftliche
Betriebe mit Verschluss- oder Abfindungsbrennereien
nicht zu gefährden und der Vernichtung von weiteren
Arbeitsplätzen in der Verwaltung und der regionalen ge-
werblichen Wirtschaft (Apparatebauer, Landhandel und
einheimische Handwerker) entgegenzutreten.
Deshalb erwarte ich eine harte Positionierung der
Bundesregierung, aber auch volles Engagement der
Europaabgeordneten aller Couleur, für den Erhalt des
Branntweinmonopols – entsprechend dem Entschlie-
ßungsantrag – über das Jahr 2010 hinaus.
Im Übrigen werden wir uns in heftigen Abstim-
mungsgesprächen über die Vorlagen der Besteuerung
von Energien in unserem Staat sowohl auf Koalitions-
wie auf Gesamtparlamentsebene mit Sicherheit in der
nächsten Zeit kontrovers unterhalten. Hier geht es in ers-
ter Linie um die Wertschöpfung in den ländlichen Räu-
men aber auch – dies ist mir sehr wichtig – um die Erfül-
lung des Kioto-Protokolls, die wir unseren Kindern
unbedingt schuldig sind, damit auch sie eine Zukunft ha-
ben.
Ich wünsche mir dabei ein ebenso gutes Verhand-
lungsklima, wie in den Diskussionen zu dem jetzt zu
verabschiedenden Gesetzesvorhaben, damit Deutschland
auch in diesem Punkt vorbereitet ist, für die Bewältigung
unserer aller Zukunft.
Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Als Abgeordnete von
Baden-Württemberg – dem Bundesland in Deutschland,
in welchem mit Abstand die meisten Brennereien zu fin-
den sind – bin ich heute froh, verkünden zu können, dass
sowohl die im Amtsdeutsch „Abfindungsbrennereien“
genannten Klein- und Obstbrennereien – davon gibt es in
Baden-Württemberg über 22 000 Brennereien – als auch
die landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien eine
echte Zukunftsperspektive über das Jahr 2010 hinaus ha-
ben. Froh bin ich deshalb, weil es uns gelungen ist, die
von der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Um-
setzung der Beihilfen-Verbotsentscheidung der EU-Kom-
mission für Kornbranntwein aus Verschlussbrennereien
zum 1. Oktober 2006 zusätzlich vorgeschlagene Strei-
chung des Rohstoffzuschlages zum Übernahmegrundpreis
für Getreidealkohol aus Abfindungsbrennereien zu verhin-
dern.
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Abfindungsbrennereien sind kleinbäuerliche Brenne-
eien mit einem jährlichen Brennkontingent von maxi-
al 300 Liter reinen Alkohols. Abfindungsbrennereien,
ie selbst erzeugtes Getreide zu Alkohol verarbeiten und
n ungünstigen Standorten zu Hause sind (zum Beispiel
m Hochschwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb),
ind auf die Einnahmen aus der Brennerei zur Stütze ih-
es landwirtschaftlichen Betriebes angewiesen. Im Übri-
en leisten auch sie mit ihrer Flächenbewirtschaftung
neben den Tausenden von Obstabfindungsbrennereien,
ie Obst aus den ökologisch wertvollen Streuobstwiesen
estillieren – einen Beitrag zur Pflege der Kulturland-
chaft. Aber gerade diese – und nur diese – Gruppe hätte
ei Umsetzung des ursprünglichen Gesetzesentwurfes
inen zusätzlichen Beitrag zur Konsolidierung des Haus-
altes leisten müssen. Ich bin froh, dass auch unsere
inanz- und Haushaltspolitiker aus Sorge um den ländli-
hen Raum bereit waren, die Beibehaltung des Rohstoff-
uschlages zu akzeptieren.
Natürlich dürfen im Gegensatz zu den landwirtschaft-
ichen Kartoffel- oder Getreideverschlussbrennereien die
bfindungsbrennereien ihre Schnäpse auch selbst ver-
arkten. Von den exzellenten Destillationskünsten unse-
er Klein- und Obstbrenner haben Sie sich – meine Da-
en und Herren – bestimmt schon überzeugen können,
um Beispiel auf der Grünen Woche hier in Berlin.
Jedoch ist es bei rund 30 000 registrierten Abfin-
ungsbrennereien in Deutschland und der regionalen
onzentration vor allem im Süden Deutschlands völlig
usgeschlossen, dass jede Abfindungsbrennerei künftig
hren Alkohol in Form von Destillaten selbst vermarktet.
ür die allermeisten Klein- und Obstbrennereien ist da-
er die Möglichkeit, ihren Alkohol auch künftig an das
ranntweinmonopol abliefern zu können, überlebens-
ichtig.
In unserem Entschließungsantrag fordern wir deshalb
ie Bundesregierung auf, sich für den Erhalt und die
unktionsfähigkeit des Branntweinmonopols einzuset-
en. Das bedeutet, es muss einerseits eine ausreichend
ohe finanzielle Ausstattung des Branntweinmonopols
ichergestellt werden, um die mühsam erkämpfte EU-
echtliche Ausnahmeregelung bis zum 31. Dezember
010 nicht auszuhöhlen.
Andererseits fordern wir die Bundesregierung auf,
echtzeitig zu berichten, wie und in welchem Umfang
ie landwirtschaftliche Agraralkoholerzeugung über das
ahr 2010 hinaus gefördert werden kann. Uns Parlamen-
ariern geht es darum, an der im Jahre 2010 in Brüssel
nstehenden Entscheidung über die Zukunft des deut-
chen Branntweinmonopols mitzuwirken.
Meine Damen und Herren, so wie ein Korn oder ein
bstbrand, nämlich „konzentriert, kurz und gut“, so will
ch es mit meiner Rede halten. Ich versichere Ihnen, dass
ch mich weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen
erde, dass die Brennereien ein wichtiger Betriebszweig
er Landwirtschaft bleiben – heute haben wir dafür eine
ute Grundlage geschaffen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3189
(A) )
(B) )
Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Das deut-
sche Branntweinmonopol sah sich in der Vergangenheit
nicht selten der Kritik ausgesetzt, doch eigentlich eine
völlig überflüssige und kostspielige Veranstaltung zu
sein. Ich möchte heute noch einmal eine Lanze dafür
brechen, denn nach einigen grundlegenden Änderungen
stellt das Monopol heute eine sehr sinnvolle Förderung
dar.
Im Jahr 1999 haben wir das Branntweinmonopol
grundlegend reformiert, indem wir die gewerblichen
Brenner davon ausgenommen und das Monopol auf die
landwirtschaftlichen Brennereien, die quasi eine Kreis-
laufwirtschaft repräsentieren, reduziert haben. Dadurch
haben wir den Zuschussbedarf aus dem Bundeshaushalt
deutlich verringert und die ökonomische Zukunft des
verbleibenden Monopols verlängert.
Das Monopol steht nach dieser Reform für einen spe-
zifisch deutschen Weg der Alkoholerzeugung. Die Pro-
duktion erfolgt dezentral in kleinen und mittleren land-
wirtschaftlichen Brennereien, die mit der Landwirtschaft
eine ökonomische und ökologische Einheit bilden, eine
Einheit, die sich bestens bewährt hat. In diesem Herstel-
lungsprozess geht nichts verloren. Die Schlempe wird an
das Vieh verfüttert, die Gülle zur Düngung der Felder
verwendet und das Korn liefert den Rohstoff für den Al-
kohol. Als Nebenerwerb stellt die Brennerei für den
landwirtschaftlichen Betrieb ein starkes wirtschaftliches
Standbein dar. Zugleich unterstützen die Brenner die
Pflege der Kulturlandschaft und dienen damit dem ge-
samten ländlichen Raum durch Wertschöpfung und Be-
reitstellung von Arbeitsplätzen.
Mit dem heutigen Gesetzentwurf kommt der Deut-
sche Bundestag einer Verpflichtung nach, die ihm die
EU-Kommission auferlegt hat:
Im Februar 2001 legte die EU-Kommission den Ent-
wurf einer Rahmenregelung für eine größere Transpa-
renz des EU-Agraralkoholmarktes und der Handels-
ströme zum Schutz des europäischen Alkoholmarktes
gegenüber Drittländern vor. Dieser enthielt eine Bestim-
mung, nach der die Beihilfevorschriften des EG-Vertrags
uneingeschränkt zur Anwendung kommen sollten und
folglich produktionsbezogene Beihilfezahlungen im
Rahmen des Branntweinmonopols unzulässig gewesen
wären. Diese Regelung hätte das „Aus“ für das deutsche
Branntweinmonopol bedeutet. Im Zuge der mehr als
zwei Jahre dauernden Beratungen bis zur Verabschie-
dung der Verordnung am 8. April 2003 ist es der Bun-
desregierung jedoch gelungen, eine Sonderregelung für
das deutsche Branntweinmonopol zu erhalten.
Im November 2004 hat die EU-Kommission entschie-
den, dass bis zum 30. September 2006 alle Beihilfen für
Kornbrenner abgeschafft sein müssen, weil Korn nicht
als landwirtschaftliches Produkt, sondern als Industrie-
produkt einzustufen sei. Damit fallen nicht nur die Über-
nahmepreise für Kornalkohol, sondern auch die Selbst-
vermarktungsbeihilfen und Ausgleichsbeträge für aus
dem Branntweinmonopol ausscheidende Kornbrenne-
reien. In einer gemeinsamen Anstrengung haben wir es
den Kornbrennern ermöglicht, dass sie nach wie vor ih-
ren Getreidebrand herstellen und ihn zur Herstellung von
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eutralalkohol abliefern können, wodurch wir insbeson-
ere die ökonomische Basis für die vielen Brenner – etli-
he davon aus meiner Heimat Westfalen –, die davon be-
roffen sind, erhalten konnten.
Mit dem vorliegenden Gesetz heben die Koalitions-
raktionen die von der EU-Kommission 2004 beanstan-
ete Beihilferegelung zugunsten der Hersteller von
ornbranntwein fristgerecht zum Oktober 2006 auf.
iese jetzt ausgeschöpfte Übergangszeit war seinerzeit
on der Bundesregierung im Einvernehmen mit der
rennereiwirtschaft ausgehandelt worden. Damit kann
ünftig nur noch Alkohol aus Getreide, der an die Bun-
esmonopolverwaltung für Branntwein abgeliefert und
ls Neutralalkohol vermarktet wird, eine staatliche Bei-
ilfe erhalten.
Zwei wichtige Anpassungen haben wir im Gesetzent-
urf vorgenommen: Zum einen soll der besondere Zu-
chlag zum Übernahmepreis für Kornbranntwein als Zu-
chlag für Branntwein aus bestimmten Getreidearten
rhalten bleiben. Dieser Zuschlag wurde von den Korn-
bfindungsbrennern in den letzten Jahren als Maßnahme
ur Gleichstellung mit den Obstabfindungsbrennereien
etrachtet; sein Wegfall hätte eine Kürzung des Über-
ahmepreises um rund 20 Prozent bedeutet. Zum ande-
en haben wir die Sicherheitsleistung für das Brannt-
einsteuerlager von zwei auf einen Monat reduziert. Im
ergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten ist diese Si-
herheitsleistung zum Teil deutlich höher und beein-
rächtigt damit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber
onkurrenten in anderen EU-Mitgliedstaaten. Diese Än-
erung verbessert also die Wettbewerbsfähigkeit der
eutschen Bioethanolproduzenten im Zusammenhang
it der ab l. Januar 2007 vorgesehenen Beimischungs-
flicht von Biokraftstoffen zu herkömmlichen Kraftstof-
en. Eine Sicherheitsleistung für die in einem Monat aus
em Branntweinsteuerlager entnommenen Alkoholmen-
en erscheint noch hoch genug, um das Steuerausfallri-
iko hinreichend abzusichern.
Wir stellen darüber hinaus einen Entschließungsan-
rag zur Zukunft der nationalen Förderung im Rahmen
es Branntweinmonopolgesetzes zur Abstimmung. Wir
ordern die Bundesregierung auf, den Erhalt und die
unktionsfähigkeit des Branntweinmonopols zunächst
is zum Auslaufen der EG-rechtlichen Ausnahmerege-
ung Ende des Jahres 2010 sicherzustellen. Ferner erwar-
en wir von der Bundesregierung, dem Deutschen Bun-
estag über eine EG- und verfassungsrechtlich zulässige
örderung zu berichten, über die im zeitlichen An-
chluss die traditionelle deutsche landwirtschaftliche
graralkoholerzeugung über das Jahr 2010 aufrecht er-
alten werden kann.
Durch den Erhalt der landwirtschaftlichen Brenne-
eien werden volks- und betriebswirtschaftliche Negativ-
irkungen – insbesondere der Verlust von rund 4 000
ollzeitarbeitsplätzen in der Brennereiwirtschaft und der
andwirtschaft – vermieden. Darüber hinaus sichern wir
und 7 000 landwirtschaftlichen Betrieben mit Ver-
chluss- oder Abfindungsbrenner ihre Existenz und beu-
en so der Vernichtung von weiteren Arbeitsplätzen in
er Verwaltung und der regionalen gewerblichen Wirt-
3190 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
schaft – Apparatebauer, Landhandel und einheimische
Handwerker – vor.
Mit den aktuellen Beschlüssen wird also nicht nur die
Funktionsfähigkeit des Branntweinmonopols bis Ende
2010 sichergestellt, sondern auch die angemessene Be-
teiligung des Deutschen Bundestages an den kommen-
den politischen Erörterungen. Dabei werden wir uns wie
bisher für die landwirtschaftlichen Brennereien und ins-
besondere die durch sie geschaffenen Arbeitsplätze im
ländlichen Raum einsetzen. Denn das Branntweinmono-
pol ist nicht nur wichtig für die Landwirtschaft, es ist
auch gut für den ländlichen Raum.
Dr. Volker Wissing (FDP): Es ist immer wieder
spannend, zu erfahren, wie die Bundesregierung Gesetze
macht. Der 5. April 2006 war wieder einmal so eine Ge-
legenheit.
Der Finanzausschuss hat an diesem Tag eine Anhö-
rung zum vorliegenden Gesetzentwurf durchgeführt, bei
dem es im Wesentlichen um die Verkürzung von Fällig-
keitsfristen bei Verbrauchsteuern geht. Angeblich habe
der Bundesrechnungshof Mängel an der bisherigen Re-
gelung festgestellt und kürzere Fristen gefordert, heißt es
in der Gesetzesbegründung.
Eine durchgeführte Untersuchung habe ergeben, dass
die Fälligkeitsfristen nicht den Zahlungsgepflogenheiten
der betroffenen Branchen entsprächen. Das hört sich ja
recht seriös an – aber nur so lange, bis man nachfragt,
um welche Untersuchungen es sich dabei konkret gehan-
delt hat.
Die Untersuchungen des Bundesrechnungshofes be-
standen nämlich in erster Linie aus Aktenstudium beim
BMF und der Entsendung eines Kollegen in zwei Ham-
burger Zollämter. Insgesamt wurden dort gerade mal
110 Belege überprüft. Und diese 110 gesammelten Be-
lege haben dann einen Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung ausgelöst, der wieder einmal nichts anderes ist als
eine Verschlechterung der Situation mittelständischer
Unternehmen.
Nun haben wir den Bundesrechnungshof in der Anhö-
rung gefragt, wie verlässlich die Ergebnisse seiner Un-
tersuchung sind. Und die Antwort war erstaunlich: Der
Rechnungshof stellte fest, dass seine Untersuchungen
keinesfalls repräsentativ seien. Er sei gar nicht in der
Lage, solche Untersuchungen durchzuführen. Danach
sollte man meinen, die Sache sei vom Tisch. Aber nein,
im Gegenteil: die Äußerungen des Rechnungshofes hal-
ten die Koalitionsfraktionen noch lange nicht davon ab,
den Gesetzentwurf weiterzuverfolgen.
Meine Damen und Herren, von Rot-Schwarz, Ihr Ge-
setz steht nicht nur auf schwachen Beinen, es steht auf
Krücken.
Praxistaugliche Gesetze entstehen gemeinsam mit
den Betroffenen und nicht gegen die Praxis. Dieser Ge-
setzentwurf ist exemplarisch für die Arbeit der großen
Koalition. Ihr Gesetz schadet mehr als es nützt. Und es
wird den betroffenen Branchen in keiner Weise gerecht.
Zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen bringen
Sie damit in Bedrängnis, indem sie ihnen Liquidität ent-
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iehen. Obwohl die Anhörung klar ergeben hat, dass die
ahlungsfristen der betroffenen Branchen viel länger
ind als vom Rechnungshof angenommen, halten Sie an
hrem Gesetzentwurf fest. Dieser Gesetzentwurf ist wie-
er einmal ein Offenbarungseid der großen Koalition.
ußer neuen steuerlichen Belastungen fällt ihnen nichts
in.
Wir wissen alle, wie knapp Unternehmen kalkulieren
üssen, um wettbewerbsfähig zu sein. Da sollte man
einen, die Regierung hört irgendwann einmal auf, im-
er neue Belastungen zu beschließen. Aber nein: Sie ge-
en rücksichtslos ihren Weg weiter und greifen in die
aschen mittelständischer Betriebe. Es mag sein, dass es
ier nicht um gigantische Summen geht. Aber jede zu-
ätzliche Belastung für den Mittelstand ist eben eine
onkrete Gefährdung von Arbeitsplätzen. Und deshalb
st das was Sie machen keine verantwortliche Politik.
Und wenn Sie sich die Brennereien und Sektkelle-
eien betrachten, die Sie mit Ihrer Politik treffen, dann ist
as auch keine verantwortliche Politik für den ländlichen
aum.
Sie gehen mit diesem Gesetz Ihren Weg in die falsche
ichtung weiter. Nichts von dem was Sie dem Mittel-
tand vor der Wahl an Unterstützung zugesagt haben, lö-
en Sie ein. Im Gegenteil. Der Gesetzentwurf, dem die
DU heute zustimmen wird, ist unter Rot-Grün entstan-
en. Meine Damen und Herren von der CDU: Sie haben
ängst die Rolle der Grünen in der Bundesregierung ein-
enommen.
Barbara Höll (DIE LINKE): Die Interessen der deut-
chen Alkoholwirtschaft in allen Ehren – allerdings ist
ie zeitliche Behandlung dieses Themas im Plenum noch
or dem Steueränderungsgesetz 2007 schieflastig. Sie
eigt, welche Wertigkeit die Bundesregierung den Inte-
essen der Bürgerinnen und Bürgern beimisst: Allein
on der faktischen Abschaffung der Entfernungspau-
chale sind 15 Millionen Berufspendler durch Höherbe-
astungen betroffen. Die Verkürzung der Kindergeldzah-
ung von 27 auf 25 Jahr trifft 451 000 Menschen – und
ies wird erst in den Abendstunden behandelt.
Zum Thema. Die Linke stimmt dem Gesetzentwurf
ber das Branntweinmonopol in seiner jetzt vorliegen-
en Form zu. Aus unserer Sicht wurde im Rahmen der
usschussberatungen und Anhörungen eine sinnvolle
egelung gefunden, die die Existenz kleiner Brenne-
eien für die nächsten sechs Jahre und eventuell darüber
inaus sichert. An diesen Brennereien hängen 4 000 Ar-
eitsplätze in der Landwirtschaft und der Alkoholwirt-
chaft. In der Anhörung und im Finanzausschuss wurde
ehrfach hervorgehoben, dass die dezentralen kleinen
nd mittleren Brennereien eine ökonomische und ökolo-
ische Einheit mit der Landwirtschaft bilden, dass sie
ie umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft stärken, die
ertschöpfung im ländlichen Raum sichern und Ar-
eitsplätze erhalten. Aufgrund der Ausnahmeregelungen
n der EU-Alkoholmarktverordnung ist es möglich, das
ranntweinmonopol und das System Kosten deckender
bernahmepreise zumindest bis 2010 im Grunde beizu-
ehalten. Diese Möglichkeiten werden jetzt ausge-
chöpft. Diese Ausnahmeregelungen betreffen nicht nur
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3191
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kleine Brennereien, sondern auch Obstgemeinschafts-
brennereien, deren Mitglieder, die so genannten Stoffbe-
sitzer, ebenfalls je 300 Liter brennen können. Je nach
Qualität der Ausgangsstoffe entstehen so Trinkbrannt-
weinalkohole oder Industriealkohole. Auffällig ist aller-
dings, dass es in Ostdeutschland nur zwei derartiger
Obstgemeinschaftsbrennereien, in NRW dagegen allein
fünf gibt. Für die Stoffbesitzer in Ostdeutschland bedeu-
tet dies lange Wege und höhere Kosten und konterkariert
somit teilweise die Vorzüge der dezentralen Produktion.
Die jetzt gefundene Regelung ist befristet – eine dauer-
hafte Lösung des Problems ist sie sicher nicht.
Der in der Bundesrepublik produzierte Alkohol hat
„viele Gesichter“ – nur ein geringer Teil landet als Spiri-
tuose im Glas. Produzenten müssen sich derzeit ent-
scheiden, ob sie den Alkoholmarkt für Spirituosen, phar-
mazeutische Produkte, aber auch für technische
Produkte wie Lösungsmittel bedienen wollen – das geht
sowohl über das Branntweinmonopol als auch im Wege
selbstständiger Vermarktung – oder ob sie Bioethanol für
den Kraftstoffsektor herstellen. Diese Marktaufteilung
verhindert flexible Entscheidungen der Produzenten hin-
sichtlich ihrer Produktionsstruktur und Mengen.
Bioethanol gewinnt aufgrund hoher Rohölpreise zu-
nehmend energiepolitisch an Bedeutung. Da der in den
Brennereien produzierte Rohalkohol mit 81 bis 86 Pro-
zent Alkoholgehalt für die Verwendung als Kraftstoff
aufgrund des zu hohen Wassergehalts nicht tauglich ist,
müssen Brennereien hohe Investitionsaufwendungen tä-
tigen, um kraftstofffähiges Bioethanol herzustellen. Die
Technologie zur Anwendung des Bioethanols als Kraft-
stoff ist in Schweden, Brasilien und anderen Ländern be-
reits entwickelt. Für den Ausbau einer eigenen Infra-
struktur und der Motorenentwicklung sind in Ländern
wie Schweden mit dem erklärten Ziel „Weg vom Öl bis
2020“, aber auch in den anderen Bioethanol erzeugen-
den Ländern staatliche Bioethanolförderprogramme
aufgelegt worden. Diese Programme stärken die Wirt-
schaftskraft ländlicher Räume und schaffen Arbeits-
plätze. Die Förderung alternativer Antriebstechniken
sind ein Beitrag zum Schutz des Klimas und der Um-
welt. Das deutsche Branntweinmonopol tangiert diesen
zukunftsträchtigen und industriepolitisch wichtigen
Perspektivisch könnte jedoch ein Bioethanolförderpro-
gramm den zukunftsträchtigen Markt biogener Kraft-
stoffe unterstützen und damit klima- und umweltpoli-
tisch sinnvolle Investitionen fördern. Mit den damit
verbundenen Fragen sollten wir uns bald beschäftigten,
um mögliche Entwicklungschancen nicht zu verschen-
ken.
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das
Gesetz über das Branntweinmonopol regelt im Wesentli-
chen den staatlichen An- und Weiterverkauf von im
deutschen Monopolgebiet hergestellten Ethylalkohol.
Dieses Branntweinmonopol ist alt – bereits seit 1919
gibt es in Deutschland ein Branntweinmonopol –, aber
es ist kein alter Hut. Denn es wurde im Laufe der Jahr-
zehnte weiterentwickelt, und zwar von einem Finanz-
monopol, das der kriegsbedingten Branntweinverknap-
pung entgegenwirken sollte, hin zu einer nationalen
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uasi-Marktordnung für Ethylalkohol mit agrar- und so-
ialpolitischen Zielsetzungen (Zitat: frei nach BMF).
Das ist auch der Grund, warum der Erhalt des Brannt-
einmonopols – wie mir scheint, fraktionsübergreifend –
in Anliegen all der Parlamentarier ist, die in diese zuge-
ebenermaßen schwierige Materie eingedrungen sind.
nd so geht es bei der heutigen Debatte zwar auch um
en Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung
es Gesetzes über das Branntweinmonopol und von Ver-
rauchsteuergesetzen, aber es steht auch die Frage im
aum, wie es mit dem Branntweinmonopol in Zukunft
eitergeht.
Zuerst zum Gesetzentwurf: Hier wird in erster Linie
ie Entscheidung der EU-Kommission vom 16. Novem-
er 2004 umgesetzt, nach der die im Gesetz über das
ranntweinmonopol enthaltene Beihilferegelung zu-
unsten der Hersteller von Kornbranntwein mit dem Ge-
einsamen Markt unvereinbar ist. Die Aufhebung aller
iesbezüglichen gesetzlichen Regelungen über Korn-
ranntwein muss bis zum Ablauf der Übergangszeit bis
um 30. September 2006 erfolgen.
Außerdem sollen die Fälligkeitsfristen bei der Brannt-
einsteuer, der Schaumwein- und Zwischenerzeugnis-
teuer sowie der Kaffeesteuer verkürzt werden. Mit die-
er Maßnahme soll einer entsprechenden Forderung des
undesrechnungshofes teilweise Rechnung getragen
erden.
Die EU-rechtlich erforderlichen Änderungen beim
ornbranntwein tragen wir grundsätzlich wohl oder übel
uch mit, obwohl wir die Brüsseler Vorgaben an diesem
unkt nicht gutheißen. Allerdings hat sich im Rahmen
er öffentlichen Anhörung von Sachverständigen im
inanzausschuss ergeben, dass Teile des Gesetzentwur-
es offensichtlich EU-rechtlich nicht zwingend und über-
eugend geregelt waren. Deswegen haben wir dem Än-
erungsantrag der Koalitionsfraktionen, der sich auf den
ohstoffzuschlag für Kornalkohol aus Abfindungsbren-
ereien bezieht, zugestimmt. Mit der Klarstellung, dass
s sich um Branntwein aus bestimmten Getreidearten
andelt, für den der Zuschlag zum Übernahmepreis nach
ie vor berechtigt ist, läuft die Kritik aus Brüssel ins
eere. Bezüglich der Fristverkürzung bei den Verbrauch-
teuern haben das Bundesfinanzministerium – und wohl
uch der Bundesrechnungshof – eine Milchbubenrech-
ung aufgemacht. Grundsätzlich stimmen wir dem Ab-
au von Steuersubventionen und steuerlichen Sonderre-
elungen ja zu, allerdings nicht um den Preis der
etriebsaufgabe vieler kleiner landwirtschaftlicher
rennereien und des Verlustes vieler ökologisch wichti-
er Streuobstwiesen.
Genau betrachtet ist die Verkürzung der Fälligkeits-
risten fiskalisch nicht einmal zielführend. Sie bringt un-
erm Strich im Jahr 2007 sogar eine Mehrbelastung des
undeshaushalts von 208 Millionen Euro, die frühestens
ach 30 Jahren durch die Zinseinsparung durch Verkür-
ung der Fälligkeitsfristen von 7 Millionen Euro pro
ahr wieder ausgeglichen und erst ab dem 31. Jahr über-
ompensiert wird. Dabei sind Zinseffekte für den Steuer-
usfall noch nicht einmal berücksichtigt. Dieser Steuer-
usfall im Bundeshaushalt in 2007 tritt deshalb ein, weil
3192 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
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infolge der Fristverkürzung auf die bisherige Vorzie-
hungsregel zur Jahreswende verzichtet werden soll, das
heißt eine faktische neue Fristverlängerung zur Jahres-
wende der allgemeinen Fristverkürzung entgegengesetzt
wird. Das führt dazu, dass im Bundeshaushalt in 2007
nur elf Monatsbeträge eingehen, ab 2008 zwar wieder in
jedem Jahr zwölf Monatsbeträge, es bleibt aber aufgrund
der Kassenrechnung beim einmaligen Steuerausfall von
unterm Strich immerhin 208 Millionen Euro in 2007.
Warum also der ganze Aufwand und die Aufregung um
die Fristverkürzung? Dann kann man sie doch eigentlich
auch gleich sein lassen. Denn ein Minusgeschäft für den
Bund war sicherlich nicht das Anliegen des Bundesrech-
nungshofs.
Vor allem aus diesem Grund werden wir uns in der
Gesamtbewertung zu diesem Gesetz enthalten.
Hinzu kommt, dass die Verkürzung der Fälligkeits-
frist die kleinen Agraralkoholbrenner belastet, da dies
ihre Liquidität vermindert. Allerdings vermindern sich
mit der Fälligkeitsfrist auch die zu hinterlegenden Si-
cherheitsleistungen, was wiederum zu einer Liquiditäts-
erhöhung führt Das bringt vor allem für die Bioethanol-
hersteller eine relevante Entlastung. Sinnvoll waren
daher die Änderungsanträge der Koalition, mit denen die
Frist, die der Sicherheitsleistung zugrunde liegt, verkürzt
worden ist. Auch diese Änderungsanträge haben wir un-
terstützt.
Und jetzt der Blick in die Zukunft: Der Entschlie-
ßungsantrag der Koalition fordert die Bundesregierung
auf, für den Erhalt und die Funktionsfähigkeit des
Branntweinmonopols bis Ende 2010, dem maximalen
von der EU gebilligten Geltungszeitraum, zu sorgen.
Dazu soll sie im ersten Quartal 2009 einen Bericht vorle-
gen, wie die „traditionelle deutsche landwirtschaftliche
Alkoholerzeugung“ über 2010 hinaus gefördert werden
kann. Dieser Entschließung haben wir zugestimmt, weil
der dezentralen Agraralkoholerzeugung in kleinen Land-
wirtschaftsbetrieben und die Erhaltung der Streuobst-
wiesen ein sehr grünes agrar- und sozialpolitisches Ziel
ist.
Anlage 14
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Geset-
zes zur Änderung des Vorläufigen Tabakgeset-
zes (Tagesordnungspunkt 8)
Kurt Segner (CDU/CSU): Wir stehen zu dem Be-
schluss der rotgrünen Bundesregierung vom 9. Septem-
ber 2003, Klage beim Europäischen Gerichtshof einzu-
reichen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium vertritt
seit Jahren die Meinung, dass die EU mit der Tabakwer-
berichtlinie die Kompetenzen aus dem EU-Vertrag über-
schritten hat.
Wir alle stehen für ein vereintes Europa, aber wir sind
uns auch einig, dass wir nicht das Europa der Bürokraten
wollen, sondern das Europa der Regionen. Oft kann we-
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iger Europa mehr sein. Deshalb brauchen wir eine klare
bgrenzung der Kompetenzen innerhalb Europas.
Der Deutsche Bundestag ist nicht Vollstreckungs-
rgan der Brüsseler Bürokratie, sondern Mitgestalter
uropäischer Politik. Deshalb geht es heute nicht um den
nhalt des Gesetzesentwurfs der Grünen-Fraktion, son-
ern um die Frage: Hat Europa seine Kompetenz über-
chritten?
Sicherlich machen wir uns alle Gedanken, wie wir die
enschen vor gesundheitlichen Schäden warnen und
chützen können. Ganz besonders machen wir uns Sor-
en über Menschen, die ihre Gesundheit durch Rauchen
efährden. Wir machen uns auch Gedanken, wie wir vor
llem Jugendliche vom Rauchen abhalten können.
Ich kann von mir behaupten, selber noch nie in mei-
em Leben geraucht zu haben. Mein Vater dagegen war
in leidenschaftlicher Raucher. Und trotzdem bin ich
icht zum Raucherhasser geworden. Deshalb ist die
rage erlaubt:
Können wir das Rauchen in der Gesellschaft verrin-
ern, in dem wir Verbote erlassen? Wie zum Beispiel
urch ein Werbeverbot eines Produktes, das legal ist?
der haben wir durch Aufklärung mehr Erfolg? Bei uns
u Hause war das Rauchen nie verboten. Und weil das
auchen nie verboten war, hatten meine Brüder und ich
ie das Verlangen, zu rauchen, gehabt. Aus diesem
rund bin ich überzeugt, dass umfassende Aufklärung
esser ist als Verbote und Gesetze, um Menschen vom
auchen abzubringen und somit ihre Gesundheit nicht
u gefährden.
Untersuchungen haben ergeben, dass das Rauchver-
alten durch Warnhinweise auf Zigarettenschachteln be-
influsst wird. Durch diese Hinweise haben Raucher
ehr Motivation, weniger zu rauchen oder gar ganz mit
em Rauchen aufzuhören. Dies bestätigen die Studien,
ie die Europäische Kommission in Auftrag gegeben
at. Die überdimensionalen Warnhinweise klären die
aucher über gesundheitlichen Gefahren auf; mit der
ufschrift: Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit.
Können wir uns eine bessere Aufklärung wünschen
ls die übergroßen Hinweise auf Werbeanzeigen und
erbeplakate, die über die Gefahr beim Rauchen aufklä-
en? Und das alles noch kostenlos und ohne Steuergel-
er? Durch ein Verbot der Tabakwerbung nehmen wir
ns diese kostbare Werbefläche zur Aufklärung gegen
as Rauchen weg.
Die 1993 vom damaligen Bundesgesundheitsminister
orst Seehofer eingeführte freiwillige Selbsteinschrän-
ung von Tabakwerbung bei Jugendlichen ging einen
chritt in die richtige Richtung. Die Zigarettenindustrie
erpflichtete sich, ohne eine Bevormundung des Staates,
uf Tabakwerbung für Jugendliche zu verzichten.
Hierzu gehört unter anderem: Keine Werbung an
chule und Jugendzentren; Verzicht auf öffentliche Gra-
ispackungen; keine Werbung in Jugendzeitschriften;
eine Werbung in Verbindung mit Leistungssportlern
der Prominenten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3193
(A) )
(B) )
Ich begrüße auch die freiwillige Selbstverpflichtung,
die die rot-grüne Bundesregierung am 1. März 2005 mit
dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband zum
Schutz der Passivraucher vereinbart hat. Bis zum
1. März 2007 sollen mindestens 60 Prozent aller Speise-
gaststätten eine Nichtraucherzone einrichten. Wenn
diese Selbstverpflichtung eingehalten wird, ist es immer
noch besser als mit Gesetzen und Verordnungen. Wir
wollen den mündigen und freien Bürger. Und wenn wir
den mündigen und freien Bürger wollen, müssen wir
ihm auch zugestehen, dass er selber entscheidet, ob er
braucht oder nicht raucht. Denn jeder erwachsene Bürger
weiß, dass zu viel Schokolade, zu viel Alkohol oder zu
viel Nikotin seiner Gesundheit schadet.
Der heutige Gesetzentwurf der Grünen würde die
Rechtsposition Deutschlands schwächen. Die Grünen
waren doch selber einmal der Meinung, dass die EU
über ihre Kompetenzen hinausgeht. Sind Sie heute nicht
mehr der Meinung, dass die EU ihre Richtlinien-Kompe-
tenzen überschritten hat? Mit Ihrem Entwurf ist es ge-
nauso, als wenn Sie den Verdächtigen ins Gefängnis
werfen, bevor ein Urteil verkündet wird. Wir wollen
aber kein Gesetz einbringen, das nach kurzer Zeit wieder
geändert werden muss und somit eher Verunsicherung
schafft. Wir bringen erst ein Gesetz ein, wenn der Gene-
ralanwalt vom Europäischen Gerichtshof den Schlussan-
trag verkündet hat. Dieser ist für den 13. Juni geplant.
Um Strafzahlungen an die EU zu verhindern, werden wir
dann unverzüglich unseren Gesetzesentwurf vorlegen.
Jella Teuchner (SPD): Vor zwei Wochen wurde der
Drogen- und Suchtbericht vorgestellt. Wir haben Erfolge
erzielt; Entwarnung kann nicht gegeben werden. Der Be-
richt geht davon aus, dass jedes Jahr 110 000 Menschen
an den Folgen des Tabakkonsums sterben. Das ist ein
klarer Auftrag an uns. Wir müssen uns weiterhin für eine
Verringerung des Tabakkonsums einsetzen.
Das Europäische Parlament und der Rat haben 2003
eine Richtlinie zur Tabakwerbung erlassen. Gegen diese
Richtlinie hat Deutschland Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof erhoben, weil es fraglich ist, ob die Gemein-
schaft hier überhaupt eine Regelungskompetenz hat. Ich
weiß, dass es widersprüchlich aussieht, wenn wir eine
Politik zur Einschränkung des Tabakkonsums wollen
und gleichzeitig gegen diese Richtlinie klagen. Dieser
Widerspruch löst sich aber auf, wenn wir die formale
und die inhaltliche Ebene trennen.
Wir haben eine festgelegte Kompetenzverteilung zwi-
schen den verschiedenen politischen Akteuren. Ich halte
es bei dieser Richtlinie für notwendig, die Kompetenz
für diesen Regelungsbereich zu klären. Die Richtlinie
von 2003 ist ja die zweite Richtlinie, die die Tabakwer-
bung regeln soll. Die erste berief sich in der Begründung
explizit auf den Gesundheitsschutz als Grundlage. Der
EuGH hat die Kommission für diesen Bereich aber nicht
für zuständig erklärt. Vor diesem Hintergrund unter-
stütze ich die Bundesregierung darin, auch diese Richtli-
nie überprüfen zu lassen. Es kann nicht sein, dass die
Herstellung des gemeinsamen Binnenmarktes als Gene-
ralkompetenz durch die Kommission betrachtet wird.
Deswegen wird diese Klage weiter verfolgt.
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Wir gehen weiterhin davon aus, dass unsere Klage er-
olgreich sein wird. Unsere Klage ändert aber nichts an
en Umsetzungsfristen und hindert die Kommission
icht an einem Vertragsverletzungsverfahren. Sie hat am
. Februar 2006 die Umsetzung der Werberichtlinie an-
emahnt. Bei Nichtumsetzung drohen ab 2007 Strafzah-
ungen in Höhe von 110 000 Euro pro Tag. Das heißt,
ir müssen die Richtlinie umsetzen, um die Vertrags-
trafen zu vermeiden, und wir müssen sie so umsetzen,
ass wir unsere Position im Verfahren beim EuGH nicht
erschlechtern. Die Bundesregierung hat hierzu einen
esetzentwurf angekündigt, der per Klausel die Nichtig-
eit für den Fall vorsieht, dass Deutschland mit der
lage Erfolg hat. Die Klage ist formal zur Klärung der
ompetenzen notwendig. Inhaltlich ist es ärgerlich, dass
amit eine sinnvolle Diskussion blockiert wird.
Ich habe darauf hingewiesen, dass im Drogen- und
uchtbericht durchaus auch positive Ergebnisse ver-
eichnet sind. Wahrscheinlich der wichtigste Erfolg ist,
ass die Raucherquote der 12- bis 17-Jährigen von
8 Prozent in 2001 auf 20 Prozent in 2005 gesunken ist.
as ist ein wichtiger Erfolg, der auch Ergebnis unserer
olitik ist.
Die Weltbank hat 2003 in ihrer Veröffentlichung „Der
abakepidemie Einhalt gebieten“ verschiedene Maßnah-
en zur Verringerung der Nachfrage nach Tabak auf ihre
irksamkeit hin untersucht. Das Ergebnis ist, dass wir
in Maßnahmenbündel brauchen, wollen wir den Tabak-
onsum zurückführen.
Sowohl die Weltbank als auch das Institut für Thera-
ie und Gesundheitsforschung, das im Auftrag des Ge-
undheitsministeriums die Auswirkungen der Tabaksteu-
rerhöhung vom 1. September 2005 untersucht hat,
ommen zu dem Ergebnis, dass eine Preiserhöhung für
igaretten sehr wirksam ist. Die Weltbank spricht von
Prozent weniger Nachfrage bei einer Preiserhöhung
on 10 Prozent in Hocheinkommensländern. Menschen
ören mit dem Rauchen auf, rauchen weniger, fangen
icht an und werden seltener rückfällig. – Das Institut
ür Therapie und Gesundheitsforschung stellt fest, dass
uch durch die Tabaksteuererhöhung 2005 die Zahl der
aucher zurückgegangen ist. Noch deutlich sichtbarer
ind allerdings die Ausweichreaktionen: Viele sind auf
illigere Marken und auf Ausweichprodukte, zum Bei-
piel Sticks, ausgewichen.
Gleichzeitig ist die Information über die Folgen des
auchens notwendig. Insbesondere Hinweise auf den
ackungen können dazu führen, dass Fehlwahrnehmun-
en – die auch durch Angaben wie „mit niedrigem Niko-
ingehalt“ ausgelöst werden – verhindert werden. Auch
erbeverbote können zu einem verringerten Tabakkon-
um führen. Voraussetzung dafür ist, dass sie so umfas-
end sind, dass ein Ausweichen auf andere Medien oder
ndere Werbeformate nicht möglich ist.
Dazu kommen die Maßnahmen des Nichtraucher-
chutzes. Den Folgen des Passivrauchens kann am wirk-
amsten mit Einschränkungen des Rauchens in der Öf-
entlichkeit und am Arbeitsplatz begegnet werden. Diese
aßnahmen sorgen für einen niedrigeren Tabakkonsum;
or allem vermeiden sie eine Gefährdung durch das Pas-
3194 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
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sivrauchen. Es geht bei dieser Diskussion eben auch um
die Lebensqualität und den berechtigten Schutz von
Nichtrauchern. Gerade in diesem Bereich müssen wir
noch mehr tun. 55 Prozent der Deutschen wollen ein
Rauchverbot in Gaststätten. Andere europäische Länder
haben gute Erfahrungen mit einem Rauchverbot ge-
macht. Ob wir mit der Selbstverpflichtung dasselbe er-
reichen, müssen wir abwarten. Sollten die Vorgaben
nicht erreicht werden, sind wir als Gesetzgeber gefor-
dert.
Wir haben etliche Stellschrauben, mit denen wir den
Tabakkonsum verringern können. Aus diesen Stell-
schrauben müssen wir unsere Tabakpolitik zusammen-
setzen. Der Drogen- und Suchtbericht zeigt: Wir sind auf
dem richtigen Weg. Auf dieser Basis müssen wir weiter-
machen.
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Das Rauchen
ist eine kulturell integrierte Droge, trotz der bekannten
individuellen und gesellschaftlichen Folgen der Sucht.
Denn gerade Nikotin ist alles andere als harmlos. Mit bis
zu 140 000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr steht die
Bundesrepublik europaweit an der Spitze. Die Folgekos-
ten betragen 17 Milliarden Euro jährlich! Darüber hinaus
verantworten die Aktivraucher den Tod von 3 300 Pas-
sivrauchern jährlich in unserem Land!
Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf:
Warum muss für diese Droge auch noch geworben wer-
den? Spätestens im Kino, wenn die Werbefilmchen aus
Macho-Land laufen, finde ich diese Frage ausgespro-
chen zwingend!
Nun weiß ich aus leidvoller Erfahrung als jahrelang
passivrauchende Ehefrau, wie schwer es ist, von dieser
Sucht zu lassen. Ein Werbeverbot ist selbstverständlich
kein Ersatz für Suchtpräventions- und -bekämpfungs-
konzepte! Aber es würde sicher dazu beitragen, die ge-
sellschaftliche Toleranz gegenüber dem Rauchen weiter
bröckeln zu lassen. Das Tabakwerbeverbot wäre endlich
mal ein Thema, bei dem eine ungewöhnliche Einigkeit
zwischen Gesetzgeber, Regierung und Volk hergestellt
werden könnte.
Doch das scheitert am politischen Willen! Noch im
März 2006 hat der Präsident der Bundesärztekammer,
Professor Hoppe, die Bundesregierung aufgefordert,
endlich den Widerstand gegen ein nationales und EU-
weites Tabakverbot aufzugeben. Pikant: Er tat das an-
lässlich des Starts der Kampagne „Rauchfrei 2006“, die
vom Bundesgesundheitsministerium mitgetragen wird.
Die Bundesrepublik ist – neben Luxemburg – das
letzte Land, in dem die EU-Richtlinie zum Tabakwerbe-
verbot nicht in nationales Recht umgesetzt wurde. Das
ist umso peinlicher, da sich der fachlich zuständige Mi-
nister Seehofer gerade selbst zum Lebensminister er-
nannt hat.
Unterdessen droht auch bei dieser EU-Richtlinie ein
Bußgeld.
Aber diese Verweigerung hat ja eine längere Vorge-
schichte, die im vorliegenden Antrag nur unvollständig
dargelegt wird. Die rot-grüne Bundesregierung hat – mit
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roßbritannien – im Ministerrat gegen diese EU-Richtli-
ie gestimmt und gegen diese mit formalrechtlichen Ar-
umenten geklagt!
Stellt sich natürlich die Frage: Wer profitiert davon?
nbestritten die Zigaretten-Industrie! Aber: Schielt die
undesregierung etwa auch auf ihren eigenen klammen
aushalt und die vielleicht sinkenden Tabaksteuerein-
ahmen? Das wäre nicht nur zynisch, sondern angesichts
er Folgekosten ausgesprochen töricht.
Aber es gibt noch mehr Argumente gegen Tabakwer-
ung. Ein Beispiel: Das kleine ostafrikanische Land Ma-
awi ist der zweitgrößte Tabakexporteur auf dem afrika-
ischen Kontinent. Das ist das Ergebnis der Förderung
es Tabakanbaus ab Mitte der 1990er-Jahre durch IWF
nd Weltbank. Ziele waren Nahrungssicherheit, Steige-
ung des Pro-Kopf-Einkommens und Abbau der Staats-
chulden.
Unterdessen ist Tabak mit Abstand der wichtigste De-
isenbringer und bringt 65 Prozent, der staatlichen Ein-
ahmen, und das trotz des internationalen Preisverfalls,
uch aufgrund der Nichtraucherkampagnen vor allem
er westlichen Welt.
Das spricht nur scheinbar gegen ein Tabakwerbever-
ot! Denn das Gesamtergebnis des Projekts ist eher ver-
eerend: Der überwiegende Teil der Bevölkerung Mala-
is ist unterdessen direkt oder indirekt abhängig vom
abakanbau. Doch die Gelderlöse ersetzen bei weitem
icht den Verlust, der sonst auf diesen Flächen angebau-
en Grundnahrungsmittel für den eigenen Bedarf!
Die Zahl der durchs Land vagabundierenden Wander-
rbeiter ist groß, die Volkswirtschaft hoch verwundbar!
ertvolle Wälder werden abgeholzt: Für l Kilogramm
arktfähigen Tabak müssen 150 Kilogramm Holz ver-
rannt werden, das sind etwa 2,4 Kilogramm pro
chachtel Zigaretten! Das zeigt: Tabakförderung nutzt
ur den Tabakmultis und bringt der Mehrheit nicht weni-
er, sondern mehr Armut.
Auch deshalb: Tabakwerbung gehört verboten.
nlage 15
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gestzes zur
Einführung der Europäischen Genossenschaft
und zur Änderung des Genossenschaftsrechts
(Tagesordnungspunkt 9)
Georg Fahrenschon (CDU/CSU): Gemeinsam
eine Ziele besser zu erreichen als im Alleingang – das
st der Grundgedanke einer jeden Genossenschaft. Mit
er heutigen Verabschiedung des Gesetzes zur Einfüh-
ung der Europäischen Genossenschaft und zur Ände-
ung des Genossenschaftsrechts ist es uns gelungen,
iese genossenschaftliche Idee zu stärken und ihre At-
raktivität weiter zu erhöhen. Mit In-Kraft-Treten des
esetzes am 18. August 2006 wird das mittlerweile über
00 Jahre alte Genossenschaftsrecht modernisiert und an
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3195
(A) )
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die veränderten Realitäten im Zuge der Europäisierung
und der Globalisierung angepasst.
Aber lassen Sie mich zu Anfang kurz etwas über Ge-
nossenschaften im Allgemeinen und ihre Bedeutung für
die deutsche Wirtschaft sagen. Genossenschaften haben
sich im Verlauf ihrer 150-jährigen Geschichte in den ver-
schiedensten Märkten etabliert und sich dabei in Größe
und Struktur ausgebildet. Sie sind ein bedeutender Pfeiler
der deutschen Wirtschaft und in allen Sektoren des wirt-
schaftlichen Lebens verbreitet. Unzählige kleine und
mittlere Handels- und Handwerksbetriebe, aber auch mo-
derne Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie
praktisch jeder Landwirt sind in einer oder gar mehreren
Genossenschaften organisiert. Wohnungsbaugenossen-
schaften bewirtschaften etwa 10 Prozent der Mietwoh-
nungen in Deutschland. Und last but not least stellen die
Volks- und Raiffeisenbanken mit rund 30 Millionen Kun-
den und einem Marktanteil von 17 Prozent einen wichti-
gen Faktor in der deutschen Kreditwirtschaft dar.
Festzuhalten bleibt jedoch auch, dass die Anzahl der
Genossenschaften seit Jahren zurückgeht. Es werden
mehr Genossenschaften gelöscht als gegründet. So wa-
ren es 1998 noch rund 10 000 Genossenschaften in
Deutschland, heute sind es weniger als 8 000.
Bei der Umsetzung der EU-Verordnung zur Europäi-
schen Genossenschaft in nationales Recht war es daher
wichtig, die deutsche Genossenschaftsstruktur so zu mo-
dernisieren, dass sie im europäischen Wettbewerb beste-
hen kann, ohne dass dabei nationale Besonderheiten zer-
stört werden. Dies ist meiner Meinung nach mit dem
jetzt vorliegenden Gesetz gelungen. Es schafft Vereinfa-
chungen bei der Gründung von Genossenschaften und
enthält zahlreiche Änderungen im Bereich des Corporate
Governance. Zudem überlässt der Gesetzgeber viele Re-
gelungen den Satzungen der jeweiligen Genossenschaft
und reguliert nicht alles im Gesetz selbst.
Aus Sicht der Neugründungen und kleinen Genossen-
schaften sind dabei folgende Punkte besonders hervorzu-
heben. Künftig können statt bisher sieben bereits drei
Personen eine eingetragene Genossenschaft gründen.
Damit wird der Einstieg in eine Genossenschaft erleich-
tert, Kooperationen von drei Handwerkern, Landwirten
oder Genossenschaftsbanken ermöglicht und damit Sy-
nergien und Energien gebündelt. Außerdem genügt bei
eingetragenen Genossenschaften mit bis zu 20 Mitglie-
dern nunmehr, dass lediglich nur ein Vorstand gewählt
werden muss und auf den Aufsichtsrat völlig verzichtet
werden kann. Damit wird Bürokratie abgebaut und wer-
den die Rahmenbedingungen vor allem für kleine Ge-
nossenschaften verbessert.
Für Genossenschaften wiederum, die nach den inter-
nationalen Rechnungslegungsstandards IAS bilanzieren
wird ab August die Möglichkeit eröffnet, ihre Satzung so
auszugestalten, dass die Geschäftsguthaben weiterhin als
Eigenkapital ausgewiesen werden können. Und für
grenzüberschreitende Kooperationen, deren Mitglieder
ihren Sitz in mindestens zwei EU-Staaten haben, wird
schließlich eine neue Rechtsform geschaffen: die so ge-
nannte Europäische Genossenschaft oder Societas Co-
operativa Europaea (SCE).
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Im Laufe des parlamentarischen Verfahrens konnten
och zusätzliche Änderungen vorgenommen werden, die
u einer erheblichen Verbesserung der Rahmenbedin-
ungen für Genossenschaften führen werden. Beispiel-
aft möchte ich hier nur zwei Schwerpunkte nennen.
ach der Vorschrift des ursprünglichen Gesetzentwurfs
ätte nach § 43 Abs. 7 Genossenschaftsgesetz eine Ge-
eralversammlung bereits einberufen werden können,
enn sie von mindestens 10 Prozent der Mitglieder oder
indestens 500 Mitgliedern beantragt worden wäre. Die
egelung, dass bereits 500 Mitglieder genügt hätten, um
ine Generalversammlung einzuberufen, hätten für
roße Genossenschaften verheerende bürokratische Aus-
irkungen gehabt. Außerdem wäre weit über das ange-
rachte Maß des Minderheitenschutzes hinausgeschos-
en. In zahlreichen Berichterstattergesprächen konnte
un erreicht werden, den Halbsatz „mindestens 500 Mit-
lieder“ zu streichen. Große Genossenschaften werden
adurch vor unnötigen Kosten und einem unverhältnis-
äßig bürokratischen Mehraufwand bewahrt, ohne dass
ie Rechte von Minderheiten beschnitten werden.
Das Gleiche gilt für den § 45 Abs. 1 Genossenschafts-
esetz. Hier konnte ebenso erreicht werden, dass entge-
en der Fassung des Regierungsentwurfs das gesetzliche
indestquorum von 150 Mitgliedern gestrichen wurde.
or allem dem Verhandlungsgeschick von CDU und
SU ist es hier unter anderem zu verdanken, dass diese
nderungen noch ins Gesetz geschrieben werden konn-
en.
All diese Neuregelungen sollen zu einer flexibleren
npassung an das wirtschaftliche Umfeld der genossen-
chaftlichen Betätigung führen, ohne die Besonderheiten
er Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft zu
erstören. Deshalb erlaube ich mir an dieser Stelle noch-
als – wie ich es bereits in der Debatte zur ersten Le-
ung des Gesetzes getan habe –, unseren verehrten Alt-
undespräsidenten Roman Herzog zitieren, der 1998
esagt hat:
Genossenschaften sind keine liebenswerten Remi-
niszenzen an ein paar interessante Männer des ver-
gangenen Jahrhunderts, sondern der Genossen-
schaftsgedanke ist heute so funkelnagelneu wie vor
150 Jahren. Man müsste ihn erfinden, wenn er nicht
bereits erfunden wäre.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Klaus Uwe Benneter (SPD): Ab 18. August dieses
ahres tritt die EG-Verordnung zur Einführung der euro-
äischen Genossenschaft in Kraft und ist damit unmittel-
ar geltendes Recht. Heute erlassen wir dazu die in
eutschland notwendigen Ausführungsbestimmungen.
abei geben wir den künftigen europäischen Genossen-
chaften weitgehende Gestaltungsfreiheit. Was Europa
ulässt, wollen wir ohne zwingenden Grund bewusst
icht einengen. Die EG-Verordnung lässt beispielsweise
en europäischen Genossenschaften die Wahl, den Sitz
er Genossenschaft unabhängig vom Ort ihrer Hauptver-
altung zu wählen. Diese Wahlmöglichkeit soll künftig
uch in Deutschland bestehen. Denn wir wollen, dass
3196 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
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Deutschland ein erstrebenswerter Verwaltungssitz für
künftige europäische Genossenschaften wird.
Die europäische Genossenschaft ist ein denkbar unge-
eigneter Ort, um wieder einmal Ihre Vorbehalte gegen
die Arbeitnehmermitbestimmung und gegen den angeb-
lichen Export dieser Regelungen ins europäische Aus-
land geltend zu machen. Nur so viel: Die Frage der Mit-
bestimmung ist auf europäischer Ebene sinnvoll
geregelt. Sowohl bei der europäischen Aktiengesell-
schaft als auch bei der europäischen Genossenschaft ist
die erste Option, dass über die Mitbestimmung verhan-
delt wird. Das ist angesichts der unterschiedlichen euro-
päischen Mitbestimmungstraditionen ausgesprochen
sinnvoll und dürfte in den meisten Fällen erfolgreich
sein. Erst wenn diese Verhandlungen scheitern, greift die
Auffangregelung, die der europäischen Gesellschaft übri-
gens nicht das deutsche Mitbestimmungsrecht über-
stülpt, wie oft unterstellt wird. Denn der Anteil der
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bzw. im Verwal-
tungsrat der europäischen Genossenschaft richtet sich
dann wohlgemerkt nicht nach dem neuen Gesamtunter-
nehmen, sondern nach dem Unternehmen, das bisher den
höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern hatte. Diese
europäischen Regelungen sind gut und sie sind von deut-
scher Seite mitgetragen worden. Mit dem vorliegenden
Entwurf sind diese europäischen Vorgaben völlig korrekt
auch auf die europäische Genossenschaft übertragen
worden, die sich für das monistische System mit einem
einheitlichen Leitungs- und Geschäftsführungsorgan
entscheiden möchte.
Die Einführung der europäischen Genossenschaft ha-
ben wir zum Anlass genommen, unser deutsches Genos-
senschaftsgesetz zu überarbeiten. Das war dringend
notwendig. Denn wir haben in unserem Genossen-
schaftswesen eine Art Demografieproblem: Es gibt viele
Alte, aber zu wenig Junge. Es gibt viele gute, stabile, tra-
ditionsreiche, insolvenzsichere, große Genossenschaf-
ten, zum Beispiel die Genossenschaftsbanken, aber auch
die vielen Wohnungsgenossenschaften, die etwa
10 Prozent des deutschen Mietwohnungsbestandes stel-
len.
Aber: Der Nachwuchs fehlt. Es fehlt an Neugründun-
gen. Wir müssen feststellen: Die Rechtsform ist unat-
traktiv geworden. Die Zahl der Genossenschaften geht
Jahr für Jahr zurück. Während hierzulande jeden Monat
etwa 3 000 GmbHs gegründet werden, gibt es inzwi-
schen in ganz Deutschland weniger als 8 000 Genossen-
schaften. Wir wollen diesen Trend umdrehen. Wir wol-
len wieder mehr Genossenschaften in Deutschland; wir
wollen Neugründungen erleichtern.
Damit komme ich zum zentralen Punkt unserer Re-
form: Die Befreiung der kleinen Genossenschaften von
der Jahresabschlussprüfung. Nach der bestehenden
Rechtslage sind alle Genossenschaften, auch die aller-
kleinsten, gesetzlich verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse
von Wirtschaftsprüfern prüfen zu lassen. Diese Prüfung
erfolgt nach den gleichen Vorschriften, wie sie der Ge-
setzgeber für mittelgroße und große Kapitalgesellschaf-
ten vorgesehen hat. Künftig sollen kleine Genossen-
schaften von diesen Prüfungspflichten befreit werden.
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ie Befreiung betrifft Genossenschaften, deren Bilanz-
umme unter 1 Million Euro oder deren Umsatzerlöse
nter 2 Millionen Euro liegen. Damit sind im Bereich
er Wohnungsgenossenschaften schätzungsweise 50 Pro-
ent der Genossenschaften von dieser Pflichtprüfung be-
reit. Im übrigen Genossenschaftsbereich dürften – abge-
ehen von den Kreditgenossenschaften – überschlägig
twa 70 Prozent der Genossenschaften von dieser Be-
reiung profitieren. Das ist ein deutlicher und für die ge-
ossenschaftlichen Prüfverbände noch verkraftbarer
chritt in die richtige Richtung.
Wohlgemerkt: Bei Kapitalgesellschaften liegen die
flichtprüfungsgrenzen bei circa 4 Millionen Euro und
ei Umsatzerlösen von circa 8 Millionen Euro. Außer-
em spielt die Zahl der Beschäftigten eine Rolle. Eine
leichbehandlung der Genossenschaften – hinsichtlich
er Prüfungsfreistellung – etwa mit kleinen GmbHs ist
lso noch in weiter Ferne. Die heutige Gesetzesänderung
ibt uns aber die Möglichkeit, nach einem gewissen
eitraum die Auswirkungen der jetzt erfolgten Erleichte-
ungen zu überprüfen und dann gegebenenfalls weitere
chritte hin zu einer Gleichstellung mit den Regeln für
apitalgesellschaften zu gehen.
Wir meinen, dass die Befreiung der kleinen Genos-
enschaften von dieser Prüfung der Schlüssel ist, der die
echtsform Genossenschaft für Neugründer wieder at-
raktiv machen kann. Denn Ursache für immer weniger
enossenschaften in Deutschland ist nicht, dass es heut-
utage keinen Bedarf mehr geben würde für diese
echtsform. Das Gegenteil ist wahr. Die Genossenschaft
st eine Rechtsform, die die Kooperation ihrer Mitglieder
um Nutzen aller Mitglieder ermöglicht. Sie ist vor al-
em eine Rechtsform, die ihre Mitglieder in vielen Fällen
u ehrenamtlicher Mitarbeit motivieren kann und da-
urch ihre Ziele zum gemeinsamen Nutzen oftmals bes-
er erreichen kann als jede andere Rechtsform.
Für solche Kooperationen gibt es einen großen Be-
arf. Ich denke an freie Schulen, die uns geschrieben ha-
en, dass sie die genossenschaftliche Rechtsform sehr
chätzen, weil sie die Eltern in besonderer Weise zur
itverantwortung anregt. Ich denke aber auch an die
emeinschaftliche Nutzung erneuerbarer Energien, an
eue Wohnformen für Senioren, überhaupt an kleine
ohnungsgenossenschaften, an selbstverwaltete Behin-
erteneinrichtungen, an Vermarktungs- und Verbrau-
hergenossenschaften für landwirtschaftliche Produkte,
n Arbeitsloseninitiativen, an kulturelle Initiativen, an
ooperationen im Tourismusbereich usw.
Bedarf gibt es also. Aber die Rechtsform wird den-
och nicht gewählt; denn sie ist im Vergleich zu anderen
echtsformen einfach zu teuer. Das gilt insbesondere im
ergleich zur GmbH und im Vergleich zum eingetrage-
en Verein. Obwohl die Genossenschaft als Rechtsform
n sich ideal auf viele geplante und von den Bürgern ge-
ünschte Kooperationen zugeschnitten wäre, wird sie
us Kostengründen nicht gewählt. Und wenn sie den-
och gewählt wird, werden die immer wiederkehrenden
rüfungskosten zum Dauerproblem. Viele kleine Genos-
enschaften haben uns in diesem Gesetzgebungsverfah-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3197
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ren angeschrieben, weil sie sich die hohen Prüfungskos-
ten eigentlich gar nicht leisten können.
Deshalb sind die jetzt von uns vorgenommenen Er-
leichterungen richtig, auch wenn sie den genossenschaft-
lichen Prüfverbänden zunächst nicht leicht fallen wer-
den. Die Genossenschaftsverbände haben niedrige
Schwellenwerte vorgeschlagen. Sie haben dabei darauf
hingewiesen, dass die bisherigen Prüfpflichten sowohl
der Kreditwürdigkeit der Genossenschaften wie auch de-
ren Insolvenzfestigkeit, außerdem dem Schutz der Ge-
nossen selbst und schließlich auch dem Schutz des oft
ehrenamtlichen Vorstands und Aufsichtsrats vor Haf-
tungsansprüchen der Genossenschaft dienten. Ich sage
erstens, dass jede Genossenschaft weiterhin ihren Jah-
resabschluss freiwillig überprüfen lassen kann, wenn sie
dies aus Gründen ihrer Kreditwürdigkeit für vorteilhaft
hält. Außerdem bleibt es zweitens bei der im Genossen-
schaftsgesetz vorgeschriebenen jährlichen bzw. zwei-
jährlichen Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und
der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Die Ge-
nossenschaftsverbände sind aufgerufen, hierfür gemein-
sam mit ihren Mitgliedern selbst sowohl angemessene
Prüfkriterien als auch einen angemessenen Prüfumfang
festzulegen. Ich bin überzeugt, dass dies gelingen kann.
Abschließend noch ein Wort zu den Einwänden der
PDS-Fraktion, die das Gesetz ablehnen möchte. Hier ist
wirklich in hohem Maße die reine Ideologie zugange,
die mit den wirklichen Bedürfnissen der Genossenschaf-
ten nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Nur ein Bei-
spiel: Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Kollegen
von der PDS für die Abschaffung der bestehenden Mehr-
stimmrechte plädieren. Angeblich sollen Mehrstimm-
rechte eine unehrenhafte Annäherung der Genossen-
schaft an die Kapitalgesellschaft sein, die dem
Grundgedanken der Genossenschaft – ein Genosse, eine
Stimme – widersprechen. Ich möchte darauf hinweisen,
dass es für Genossenschaften bisher nur eine satzungs-
rechtliche Möglichkeit gibt, Mehrstimmrechte einzuräu-
men. Es ist schließlich keine Pflicht.
Ich möchte weiter darauf hinweisen, dass das hehre
Ideal ja nicht unbegrenzt unterlaufen werden darf. Einem
Genossen dürfen nach dem Gesetz höchstens drei Stim-
men eingeräumt werden und dabei soll es auch bleiben.
Vor allem möchte ich aber auf folgenden Punkt hin-
weisen: Gerade die landwirtschaftlichen Genossenschaf-
ten, die aus den LPGs der untergegangenen DDR her-
vorgegangen sind, um möglichst viele Arbeitsplätze zu
retten, wollen die Regelung zu den Mehrstimmrechten
erhalten. Das haben sie uns und auch Ihnen geschrieben.
Das haben sie mir auch gesagt, als ich in Chemnitz eine
fortschrittliche genossenschaftliche Landfleischerei samt
dazugehöriger Biogasanlage besucht habe. Diese Agrar-
genossenschaften sehen in der Einräumung von Mehr-
stimmrechten eine der wenigen Möglichkeiten, ihre Mit-
glieder dazu zu bewegen, mehr Kapital in den Betrieb zu
stecken. Dieses Eigenkapital wird dringend benötigt.
Deshalb haben gerade diese Genossenschaften das
Mehrstimmrecht in vielen ihrer Satzungen verankert.
Offenbar kann man aber von der PDS-/Linksfraktion im-
mer noch nicht erwarten, dass die Ideologie zugunsten
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raktischer Bedürfnisse und im Interesse des wirtschaft-
ichen Erfolgs der Genossenschaften zurückgestellt
ird.
Sei es, wie es sei. Ich bin jedenfalls davon überzeugt,
ass wir heute nach intensiven und konstruktiven Bera-
ungen unter Einbeziehung der Genossenschaftsver-
ände ein rundum erneuertes und von Überregulierun-
en befreites Genossenschaftsgesetz zur Abstimmung
tellen und beschließen werden.
Mechthild Dyckmans (FDP): Hätte die Bundes-
egierung uns zwei separate Gesetzentwürfe vorgelegt
einen Entwurf zum Genossenschaftsgesetz und einen
ntwurf zur Einführung der Europäischen Genossen-
chaft –, so hätten wir heute mit einer noch breiteren
ehrheit das neue deutsche Genossenschaftsgesetz ver-
bschieden können.
Auch die FDP-Fraktion ist froh, dass es uns gemein-
am im Rechtsausschuss gelungen ist, einige kritische
unkte im Regierungsentwurf zu ändern.
Es wurde höchste Zeit, die Rechtsform der Genossen-
chaft an die veränderten Erfordernisse in unserem heu-
igen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem anzupassen.
ie Erweiterung des Genossenschaftszwecks auf soziale
nd kulturelle Belange, die Zulassung von investieren-
en Mitgliedern, eine moderate Zulassung von Mehr-
timmrechten und die schrittweise Abschaffung der
ahresabschlussprüfung für Genossenschaften mit gerin-
erem Jahresumsatz bzw. geringer Bilanzsumme, alles
as sind Änderungen im Genossenschaftsrecht, die es
en Wirtschaftsteilnehmern erleichtern sollen, sich der
echtsform der Genossenschaft zu bedienen. Die damit
inhergehende höhere Attraktivität dieser Gesellschafts-
orm wird dazu beitragen, dass mehr Genossenschaften
egründet und kleine Genossenschaften von Bürokratie
nd unnötigen Regelungen befreit werden.
Als einen großen Erfolg sehe ich es an, dass es uns
elungen ist, die im ursprünglichen Gesetzentwurf ent-
altenen festen Schwellenwerte bei den Quoren zur Ein-
erufung einer Generalversammlung – § 43a Abs. 7 und
45 – die gerade von den mitgliederstarken Genossen-
chaften zu Recht kritisiert wurden, zu streichen.
Wir haben uns auch eingehend mit der Frage der Ab-
chaffung der Jahresabschlussprüfung für kleine Genos-
enschaften befasst Auch wenn die jetzt gefundene Lö-
ung in § 53 Abs. 2 vielleicht nicht der Weisheit letzter
chluss ist, so stellt sie doch eine erhebliche Erleichte-
ung für Genossenschaften mit einer Bilanzsumme unter
Million Euro oder einem Umsatzerlös unter 2 Millio-
en Euro dar. Allerdings erwarten wir von der Regierung
nsoweit eine Evaluierung der Auswirkungen dieser Re-
elung. Dann wird sich zeigen, ob eine Angleichung an
ie für kleine Kapitalgesellschaften geltenden Regelun-
en des § 267 Abs. l HGB möglich und sinnvoll ist.
Alles in allem habe ich die berechtigte Hoffnung, dass
as neue deutsche Genossenschaftsgesetz dazu beitragen
ird, die Rechtsform der Genossenschaft wieder mehr in
en Fokus der Wirtschaftsteilnehmer zu rücken, und zu
3198 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Neugründungen gerade auch im kulturellen und sozialen
Bereich führen wird.
Ganz anders sieht es hinsichtlich der Einführung der
Europäischen Genossenschaft aus. Dazu legen wir Ihnen
einen entsprechenden Entschließungsantrag vor. Das
Ausführungsgesetz zur Europäischen Genossenschaft
und das Gesetz zur Umsetzung der ergänzenden Richtli-
nie beinhalten hinsichtlich der Mitbestimmungsregelun-
gen dieselben Mängel, die wir bereits bei der Einführung
der Europäischen Gesellschaft – damals übrigens vehe-
ment unterstützt von den Kolleginnen und Kollegen der
CDU/CSU – gerügt haben. Der Export der deutschen
Mitbestimmung in europäische Unternehmensformen
stellt einen Hemmschuh für deutsche Unternehmen und
damit für die Schaffung deutscher Arbeitsplätze dar. Da-
her bin ich der Überzeugung, dass es – ähnlich wie bei
der Europäischen Gesellschaft – kaum zu Gründungen
oder Verschmelzungen zu Europäischen Genossenschaf-
ten kommen wird. Dabei ist die Einführung der Europäi-
schen Genossenschaft in Deutschland aus Sicht der
FDP-Bundestagsfraktion ein wichtiger Schritt für die
Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Genos-
senschaften im europäischen Wettbewerb.
Durch die neu geschaffene Möglichkeit, für die Un-
ternehmensverfassung zwischen dem monistischen und
dem dualistischen System zu wählen, wird den Unter-
nehmen eine größere Wahl- und Entscheidungsfreiheit
im internationalen Kontext eingeräumt. Aber auch hier
werden wiederum EU-Richtlinien nicht eins zu eins um-
gesetzt. Vielmehr wird hinsichtlich der Mitbestimmung
draufgesattelt, indem die Mitbestimmung in einer mo-
nistisch strukturierten Genossenschaft auch auf das Lei-
tungs- und Geschäftsführungsorgan ausgeweitet wird.
Die hier umzusetzende EU-Richtlinie verlangt näm-
lich lediglich, dass die Grundsätze des deutschen Mitbe-
stimmungsrechts für das dualistische System auf das
monistische System übertragen werden. Das heißt, dass
die Beteiligung von Arbeitnehmern nicht beseitigt oder
eingeschränkt werden darf. Die bisherigen Regelungen
zur Mitbestimmung sollen demnach – so die EU-Vorga-
ben – bestehen bleiben. Nirgendwo in den Richtlinien
der EU wird jedoch verlangt, dass die Regelungen der
Mitbestimmung, sofern sie nach innerstaatlichem Recht
nur für das kontrollierende und beaufsichtigende Organ
gelten, nunmehr auch auf das geschäftsführende Organ
auszudehnen sind. Nach der Fassung des Gesetzentwurfs
der Bundesregierung werden aber Arbeitnehmervertreter
im Verwaltungsrat einer monistisch strukturierten Ge-
nossenschaft zusätzlich zu den Kontrollfunktionen auch
in unternehmerische geschäftsführende Entscheidungen
eingebunden. Dadurch wird das Mitbestimmungsniveau
über die europäischen Vorgaben hinaus deutlich ausge-
weitet. Dies wird insbesondere ausländische Investoren
abschrecken, die durch die Einführung der Europäischen
Genossenschaft ja gerade ins Land geholt werden soll-
ten. Gründungen oder Verschmelzungen zu Europäi-
schen Genossenschaften unter Beteiligung deutscher Ge-
sellschaften werden so verhindert mit der Folge, dass
Arbeitsplätze nicht in Deutschland, sondern im europäi-
schen Ausland entstehen.
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Wir fordern die Bundesregierung daher in unserem
ntschließungsantrag auf, durch entsprechende Rege-
ungen sicherzustellen, dass die in Deutschland gelten-
en Grundsätze der Unternehmensmitbestimmung bei
er Einführung der Europäischen Genossenschaft nicht
usgeweitet, sondern qualitativ, funktional und ihrer
esellschaftsrechtlichen Funktion entsprechend auf die
uropäische Genossenschaft übertragen und in die mo-
istisch geführte Rechtsform integriert werden. Die Re-
ierung muss sicherstellen, dass eine Ausweitung der
itbestimmung auf das Leitungs- und Geschäftsfüh-
ungsorgan der Europäischen Genossenschaft ausge-
chlossen ist.
Vor dem Hintergrund, dass Sie sich, meine Damen
nd Herren von der CDU/CSU-Fraktion, bei der Einfüh-
ung der Europäischen Gesellschaft mit uns gegen die
usdehnung der Mitbestimmung ausgesprochen haben
ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den da-
als von Ihnen eingebrachten Änderungsantrag –, ist es
ehr verwunderlich, dass sie sich nunmehr sang- und
langlos mit der Ausdehnung der Mitbestimmung in der
uropäischen Genossenschaft abfinden. Ein wenig mehr
ontinuität im politischen Handeln hätte man hier wohl
rwarten dürfen.
Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf wegen
ieser Ausdehnung der Mitbestimmung nicht zustim-
en.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Seit jeher nehmen
enossenschaften gezielt gemeinwohldienliche Aufga-
en wahr. Deshalb ist die Genossenschaft eine besondere
echtsform, die weder den Personengesellschaften noch
en Kapitalgesellschaften zugeordnet werden kann. Die
esentlichen Grundprinzipien der 1889 konzipierten
echtsform sind die Grundsätze der Selbsthilfe, der
elbstverwaltung und der Selbstverantwortung, die
dentität von Genosse/Genossin und „Kunden“ – Identi-
ätsprinzip – und das Demokratieprinzip hinsichtlich der
ntscheidungen, nämlich: ein Mitglied, eine Stimme.
Für Genossenschaften gilt: bürgerliche Selbstversor-
ung statt Staatshilfe und Selbstschutz statt Ausnutzung
urch Marktmacht.
Die vorgeschlagenen Regelungen zur europäischen
enossenschaft als neu geschaffener Rechtsform werden
en genannten Grundprinzipien nicht gerecht, da sie eine
nnäherung an die Regelungen der Kapitalgesellschaf-
en darstellen.
Hierzu gehören insbesondere die begründete Zulas-
ung von investierenden Mitgliedern und die Möglich-
eit der Gewährung von Mehrstimmrechten per Satzung
ei der europäischen Genossenschaft. Beide Regelungen
ind insoweit systemfremd, als sie dem genossenschaft-
ichen Grundgedanken widersprechen. Sie weichen vom
dentitätsprinzip und dem Grundsatz „ein Mitglied, eine
timme“ sowie dem Grundsatz der Selbstverwaltung
nd Selbsthilfe ab und sind Ausdruck einer neoliberalen
apitalisierungspolitik. Damit wird erreicht, dass die
uropäische Genossenschaft nicht im Interesse derjeni-
en Mitglieder, die die Genossenschaft tatsächlich nut-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3199
(A) )
(B) )
zen, sondern im Interesse der an hohen Dividenden inte-
ressierten Mitglieder geführt wird.
Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der
Änderungsantrag der FDP, der die Mitbestimmungsrege-
lungen bei der europäischen Genossenschaft als zu weit-
gehend kritisiert, völlig an der Realität der Beteiligung
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorbei geht.
Kommen wir nun zu den Neuregelungen im deut-
schen Genossenschaftsrecht: Lobenswert sind die Sen-
kung der Mindestmitgliederzahl von sieben auf drei bei
Neugründungen sowie die Öffnung der Genossenschaft
für soziale und kulturelle Zwecke und die Möglichkeit,
Sacheinlagen als Einzahlung auf den Geschäftsanteil zu-
zulassen.
Die tendenziell positiv zu bewertende Einschränkung
der Prüfpflicht geht jedoch nicht weit genug. Im Vorfeld
der Reform des GenG waren sich alle Vertreter aus Wis-
senschaft und Praxis einig, kleine Genossenschaften von
der umfassenden und daher kostenintensiven und grün-
dungsfeindlichen Rechnungslegungsprüfung zu be-
freien; denn viele Gründungsaktivitäten scheitern an
dem viel zu hohen Prüfungsaufwand eingetragener Ge-
nossenschaften. Laut PE des BMJ vom 25. Januar 2006
war erklärtes Ziel des Gesetzesentwurfs, „dass bei Un-
ternehmensneugründungen vermehrt die Rechtsform der
Genossenschaft gewählt wird“.
Statt nun logischerweise eine Gleichbehandlung der
kleineren Genossenschaften mit den Kapitalgesellschaf-
ten im Hinblick auf die Jahresabschlussprüfung durch
die Anlehnung an die Größenmerkmale für kleine Kapi-
talgesellschaften nach § 267 Abs. 1 HGB herzustellen,
hat man sich letztlich mit einer unzureichenden Vierte-
lung der Werte der Umsatzerlöse und Bilanzsumme, die
für kleine Kapitalgesellschaften gelten, begnügt.
Einige wesentliche Vorschriften des Entwurfs bringen
darüber hinaus das Gesamtkonzept der Rechtsform in
Gefahr und entstellen den Sinn und Zweck der Genos-
senschaft:
Erstens. Die Zulassung von Mindestkapitalregel-
ungen per Satzung – fakultativ – und die von investie-
renden Mitgliedern widersprechen grundlegend allen
Prinzipien und der Rechtsform allgemein.
Zweitens. Entgegen der ursprünglichen Intention des
Gesetzesentwurfs sieht der Vorschlag in geänderter Fas-
sung unverständlicherweise nicht eine Einschränkung,
sondern eine Erweiterung der Mehrstimmrechtsgewäh-
rung vor. Dies ist ein Verstoß gegen die demokratischen
Grundsätze der Genossenschaft.
Drittens. Allein die Tatsache, dass in 94 (!) Fällen we-
gen vermeintlich sprachlicher Anpassungen der Begriff
„Genosse“ politisch motiviert durch „Mitglied“ ersetzt
wird, macht uns nicht ohne Grund stutzig, meine Damen
und Herren, liebe Genossinnen und Genossen der SPD.
Viertens. Letztlich kann auch nur erstaunen, dass der
Entwurf in geänderter Form der Angst vor zuviel genos-
senschaftlicher Mitbestimmung auch insoweit nachgibt,
als die vorgesehenen Vorschläge für Informationsrechte
ebenso wie für das selbstverständlich erscheinende
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ede- und Antragsrecht auf Versammlungen der Genos-
en wieder in der Schublade des BMJ verschwinden sol-
en.
Es freut mich in diesem Zusammenhang, dass sich
nsere Kritik in der Beschlussempfehlung des Rechts-
usschusses – Seite 15 – wieder findet. Der Ausschuss
st sich nämlich bewusst, „dass die neuen Möglichkeiten
ine gewisse Abkehr von genossenschaftlichen Grund-
ätzen mit sich bringen und die Rechtsform der Genos-
enschaft etwas stärker an Kapitalgesellschaften annä-
ern.“ Es ist somit gewollt.
Das Bundesverfassungsgericht stellte 2001 zum Or-
anisationsrecht sinngemäß fest, dass dieses dem Zweck
iene, die Rechtsform der Genossenschaft als Mittel zur
elbstverwaltung und Selbstorganisation tendenziell
irtschaftlich Schwacher aufrechtzuerhalten. Wörtlich:
Durch sie soll eine selbstbestimmte, vergleichsweise ri-
ikolose Teilhabe breiter Bevölkerungskreise am Wirt-
chaftsleben sichergestellt werden, um gleichzeitig dem
iel einer gerechten Sozialordnung ein Stück näher zu
ommen.“
Gerade in den heutigen Zeiten, in denen viele Men-
chen wegen der zunehmenden Privatisierung öffentli-
her Leistungen, wie zum Beispiel der Wohnungen, und
er Verschärfung sozialer Unterschiede auf Selbsthilfe
mmer mehr angewiesen sind, wird auch die Genossen-
chaft in zunehmenden Maße benötigt, um lebensnot-
endige Grundversorgung mit Wohnraum, Lebensmit-
eln etc. zu organisieren.
Die Regierungspolitik betreibt weiterhin den Abbau
es Sozialstaats und vertieft die Kluft zwischen arm und
eich. Sie ist damit verantwortlich für den erhöhten Be-
arf einer gemeinschaftlichen Selbstorganisation in der
evölkerung.
Ihre Änderungen konterkarieren das Ansinnen der
enossinnen und Genossen, miteinander und füreinan-
er Förderleistungen zu erbringen, ohne dabei ihre Zu-
ammenarbeit den Kapitalinteressen von Investoren zu
nterwerfen.
Endlich soll ein „Genosse“ kein Genosse mehr sein.
Margareta Wolf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
em vorliegenden Gesetzesentwurf zur Einführung der
uropäischen Genossenschaft und zur Änderung des Ge-
ossenschaftsrechts stimmt die Fraktion Bündnis 90/Die
rünen grundsätzlich zu.
Die geplanten Änderungen des Genossenschafts-
echts können die Gründung von Genossenschaften ge-
ade im sozialen Bereich erleichtern. Das ist besonders
rfreulich. Damit wird der genossenschaftliche Grund-
edanke, die solidarische Selbsthilfe, gestärkt.
Aber auch die großen Genossenschaften, wie die
olks- und Raiffeisenbanken und die Wohnungsgenos-
enschaften, können von der Reform des Genossen-
chaftsrechts profitieren: Auf die Genossenschaften wer-
en Elemente der im Aktienrecht geführten Corporate-
overnance-Diskussion übertragen. Dazu gehört zum
eispiel die Stärkung des Aufsichtsrates.
3200 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Wir begrüßen, dass die Minderheitenrechte in den
großen Genossenschaften gestärkt werden sollen. Dies
geschieht dadurch, dass einer Minderheit der Genossen
das Recht zugestanden werden soll, eine Generalver-
sammlung einzuberufen, die die Vertreterversammlung
abberufen kann. Zugleich schwächt diese Stärkung der
Minderheitenrechte nicht die Wirtschaftlichkeit der Ge-
nossenschaft. Das vorgesehene Einberufungsquorum
von 10 Prozent der Genossen verhindert, dass das Min-
derheitenrecht missbräuchlich verwendet werden könnte.
Das Minderheitenrecht muss in der Praxis aber auch
effektiv durchführbar sein. Es ist darauf verzichtet wor-
den, im Gesetz festzuschreiben, dass jedes Mitglied, ei-
nen Anspruch darauf hat, dass ihm eine Abschrift der
Mitgliederliste ausgehändigt wird. Wir erachten es für
sehr wichtig, dass die Genossenschaften in der Praxis
Mitgliedern, die eine Generalversammlung einberufen
wollen, unter Umständen auch eine Abschrift der Namen
und Adressen der Mitglieder aushändigen. Nur so kann
es einzelnen Mitgliedern tatsächlich gelingen, eine Ge-
neralversammlung einzuberufen.
Zudem ist darauf verzichtet worden, im Gesetz jedem
Mitglied ein Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der
Vertreterversammlung zuzugestehen. Wir sind damit
einverstanden. Allerdings muss in Zukunft überprüft
werden, ob der Vorstand und der Aufsichtsrat die Vertre-
terversammlung ausreichend überprüfen und so auch die
Minderheitenrechte wahren. Gegebenenfalls muss das
Gesetz an diesem Punkt nachgebessert werden.
Wir freuen uns sehr darüber, dass die Prüfungspflichten
für kleine Genossenschaften erleichtert wurden. Vorge-
sehen ist nun, dass Genossenschaften nur dann ver-
pflichtet sind, sich einer aufwendigen Jahresabschluss-
prüfung zu unterziehen, wenn ihre Bilanzsumme
1 Million Euro und ihre Umsatzerlöse 2 Millionen Euro
übersteigen. Dies ist der richtige Schritt, um die Zahl der
Genossenschaftsneugründungen zu erhöhen. Viele
Gruppen werden gegenwärtig nämlich nur deshalb von
der Gründung einer Genossenschaft abgehalten, weil die
Prüfungsgebühren so hoch sind.
Auch an diesem Punkt sehen wir noch Verbesserungs-
bedarf. Unser Ziel ist es, dass die Kriterien des § 267
IHGB für kleine Kapitalgesellschaften auch für kleine
Genossenschaften gelten. Wir können keinen Grund er-
kennen, warum kleine Genossenschaften anders als
kleine Kapitalgesellschaften behandelt werden. Mittel-
fristig muss das Genossenschaftsrecht deshalb so verän-
dert werden, dass eine Genossenschaft nur dann der Jah-
resabschlussprüfung unterliegt, wenn sie zwei der drei in
§ 267 I HGB genannten Kriterien überschreitet. Für eine
Übergangszeit sind wir mit dem gefundenen Kompro-
miss zufrieden. Wir fordern aber, dass die Bundesregie-
rung in dieser Zeit evaluiert, wie viele Genossenschaften
weiterhin zur Jahresabschlussprüfung verpflichtet sind
und bei welchen weiteren Genossenschaften eine Befrei-
ung von der Prüfung sinnvoll ist.
Zum Abschluss möchte ich noch eine weitere Forde-
rung zur Verbesserung der Voraussetzungen sozialer Ge-
nossenschaften erheben: Genossenschaften, die im sozia-
len Bereich agieren, sind auf staatliche Unterstützung
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ngewiesen. Das gilt vor allem für die Beschäftigungs-
enossenschaften, die von Arbeitslosen zur Selbsthilfe
egründet wurden. Wir brauchen deshalb Gleichbehand-
ung von Genossenschaften gegenüber anderen Unter-
ehmensformen, zum Beispiel bei der Vergabe von För-
erkrediten.
Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der
undesministerin der Justiz: Es ist heute am Bundes-
ag, den Weg frei zu machen für die umfangreichste Än-
erung des deutschen Genossenschaftsrechts seit über
0 Jahren – seit der letzten großen Novellierung des Ge-
ossenschaftsgesetzes im Jahr 1973. Mit dem jetzt vor-
iegenden Gesetzentwurf wird die neue Rechtsform der
uropäischen Genossenschaft in das deutsche Recht ein-
eführt und gleichzeitig wird das deutsche Genossen-
chaftsgesetz modernisiert.
Mit diesem Gesetz, an dem alle mit konstruktiven
eiträgen beteiligt waren, werden wir die Gründung von
enossenschaften fördern und die Rechtsform der Ge-
ossenschaft attraktiver ausgestalten. Darüber hinaus
ollen wir Neugründern einen guten Anlass bieten, ge-
ade die Rechtsform der Genossenschaft zu wählen.
Deshalb sollen viele der Gesetzesänderungen das Be-
ondere an Genossenschaften betonen: Bei der Genos-
enschaft steht nicht das Kapital im Vordergrund, son-
ern die Mitglieder sind das Entscheidende. Es gelten
er Grundsatz der Selbsthilfe und das Demokratieprin-
ip: Die Mitglieder sind zu fördern; die Mitglieder haben
as Sagen, und zwar grundsätzlich gleichberechtigt, un-
bhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Der
egierungsentwurf stärkt an vielen Stellen die Rechte
er einzelnen Mitglieder, um diese Besonderheit der ge-
ossenschaftlichen Rechtsform hervorzuheben.
Bei den Diskussionen zum Regierungsentwurf wur-
en allerdings Befürchtungen laut, dass die Stärkung der
echte des einzelnen Mitglieds bei mitgliederstarken
enossenschaften zu einem Ungleichgewicht führen und
u einem missbräuchlichen Ausnutzen der Rechte verlei-
en könnte. Die nunmehr vorgesehenen Änderungen in
er vom Rechtsausschuss beschlossenen Fassung sind
eeignet, diese Befürchtungen auszuräumen. Ich denke,
ier wurden im Ergebnis angemessene Lösungen gefun-
en, die sowohl die Interessen des einzelnen Mitglieds
ls auch die Interessen der Genossenschaft und der Ge-
amtheit der Mitglieder berücksichtigen.
Die meistdiskutierte Frage im Gesetzgebungsverfah-
en war, in welchem Umfang kleine Genossenschaften
on der Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung be-
reit werden sollen. Die hier in der Beschlussempfehlung
orgesehene Regelung geht über den Regierungsentwurf
inaus. Wir wollen uns in dieser Frage auf das Recht der
apitalgesellschaften hin bewegen.
Es ist für die Bundesregierung ein wichtiges Anlie-
en, kleine Genossenschaften von bürokratischem Auf-
and zu entlasten
Ich bin daher zuversichtlich, dass dieser Gesetzent-
urf und die Diskussionen darüber dazu beitragen wer-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3201
(A) )
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den, dass es wieder mehr Genossenschaften in Deutsch-
land geben wird.
Anlage 16
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge
– EU-Waffenembargo gegen China beibehal-
ten
– Für die Verurteilung des Systems der La-
ogai-Lager in China
(Tagesordnungspunkt 10)
Holger Haibach (CDU/CSU): Die FDP-Fraktion
„beglückt“ uns heute mit zwei Anträgen zum Thema
China, von denen der eine – bezüglich des Waffen-
embargos der EU – eine leicht veränderte Kopie eines
Antrags aus der letzten Periode ist, eine Vorgehensweise,
die bei der FDP in letzter Zeit des Öfteren zu beobachten
ist. Ein Schelm, wer glaubt, der FDP gingen etwa die
neuen Ideen aus.
Es steht dem deutschen Bundestag sicherlich zu, sich
zu jeder Zeit mit jedem ihm wichtig erscheinenden
Thema zu beschäftigen. Aber ob das Ob, das Wann und
auch das Wie immer der Sache dienlich sind, mag dahin-
gestellt sein.
Jedenfalls fordert der Antrag der FDP den Deutschen
Bundestag dazu auf, das zu bekräftigen, was er bereits
mehrmals bekräftigt hat, nämlich dass unter den gegebe-
nen Umständen eine Aufhebung des EU-Waffenembar-
gos gegen China nicht im Willen und Interesse Deutsch-
lands liegt und dass vor einer solchen Aufhebung die
erheblichen Defizite in der Menschenrechtsbilanz der
Volksrepublik China signifikant verbessert und entspre-
chende Defizite beseitigt werden müssen.
Um es klar zu sagen: Weder die Bundesregierung
noch die sie tragenden Fraktionen von CDU/CSU und
SPD haben die Absicht, unter den gegenwärtigen Bedin-
gungen die Aufhebung des Waffenembargos zu betrei-
ben. Dies hat nicht zuletzt Außenminister Steinmeier
während seiner Asienreise betont und dies wird auch die
Haltung der Bundeskanzlerin während ihrer Reise in der
nächsten Woche sein.
Insofern gibt es wenig Grund, ein Thema, das derzeit
keines ist, zu einem solchen zu machen.
Unabhängig von der Frage des Waffenembargos müs-
sen wir als Politiker im Interesse Deutschlands, Europas
und der Welt und nicht zuletzt in Chinas eigenem Inte-
resse darauf hinarbeiten, dass rechtsstaatliche Verhält-
nisse in China mehr als bisher gesichert und Menschen-
rechte respektiert werden.
Deutschland hat im Rahmen des deutsch-chinesi-
schen Rechtsstaatsdialogs und des damit verbundenen
Menschenrechtsdialogs Anstrengungen unternommen,
zur Verbesserung der Situation einen wichtigen Beitrag
zu leisten.
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Das Ergebnis dieses Dialogs ist zumindest zwiespäl-
ig. Wenn auch im Bereich der Rechtsstaatlichkeit ge-
isse Fortschritte erzielt worden sind, kann das für die
enschenrechtslage nur sehr bedingt gelten. Nach wie
or sind in beinahe allen Bereichen der Menschenrechts-
olitik erheblich Defizite festzustellen: Die Todesstrafe
ird nach wie vor verhängt; die weitaus größte Zahl der
xekutionen weltweit wird in China ausgeführt. Mei-
ungs- und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt. Die
ensur des Internets – über 100 Millionen User machen
hina zu einem der größten Internetmärkte der Welt – ist
o extrem entwickelt, dass die Experten heute von einer
weiten chinesischen Mauer sprechen – der „great chi-
ese firewall“. Repressionen gegen ethnische Minder-
eiten wie gegen die Tibeter oder das Aufrüsten gegen
aiwan finden unter dem Deckmantel der Ein-China-Po-
itik weiterhin statt. Die freie Religionsausübung ist
tark eingeschränkt.
Neben all diesen Besorgnis erregenden Tendenzen
ilt es aber anzuerkennen, dass es zumindest in Teilbe-
eichen auch Fortschritte gegeben hat. So hat sich die
hinesische Führung dazu entschlossen, überhaupt ein-
al in den Dialog in Rechtsstaats- und Menschenrechts-
ragen einzutreten sowie sich internationaler Abkommen
n diesem, aber auch im Bereich der Wirtschaft zu unter-
erfen.
Darüber hinaus ist in die Tibetfrage insoweit Bewe-
ung gekommen, als die chinesische Führung in bilate-
ale Kontakte mit den Vertretern des Dalai Lama einge-
illigt hat. Allerdings ist man bei diesen Gesprächen
och nicht einer wie auch immer gearteten Lösung näher
ekommen.
China ist – und das gilt nicht nur aus menschenrecht-
icher Sicht – ein Teil der Weltgemeinschaft, der unsere
olle Aufmerksamkeit genießen muss. Das betrifft neben
en sicherheitspolitischen Aspekten, zu denen das Waf-
enembargo sicherlich gehört, auch und vor allem wirt-
chaftliche Fragen. Diese erstrecken sich von den engen
irtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland, China
nd der EU bis hin zu Fragen der globalen Handelsfrei-
eit oder auch der Standortbedingungen für ausländische
nternehmen in China. Schließlich ist mit der zuneh-
enden Industrialisierung und dem rasanten Wachstum
er chinesischen Wirtschaft eine weitere Frage hinzuge-
ommen, die unserer vollen Aufmerksamkeit bedarf: die
er Sicherung ausreichender Ressourcen im Bereich der
nergie, aber auch bei Rohstoffen, wobei sich bei der
nergie automatisch die Aufgabe anschließt, China in
ie internationalen Bemühungen um den Klima- und Na-
urschutz mit einzubeziehen.
Insgesamt gilt es, all diese Interessen miteinander in
erbindung zu bringen. Das kann nicht spannungsfrei
eschehen, darf aber jedenfalls nicht dazu führen, dass
twa menschenrechtliche Aspekte wirtschaftlichen
berlegungen grundsätzlich untergeordnet werden, wie
s so oft geschehen ist. Die Chancen aus wirtschaftlicher
usammenarbeit zu nutzen und den „Wandel durch Han-
el“ herbeizuführen, ist sicherlich wichtig. Aber es muss
uch klar sein, dass Handel nicht im wahrsten Sinne um
eden Preis stattfinden darf; vielmehr; ist es doch so,
3202 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
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dass gerade der Handel von stabilen Verhältnissen ab-
hängt. Stabile Verhältnisse werden sich nur durch
Rechtsstaatlichkeit und die Beachtung der Menschen-
rechte dauerhaft herstellen lassen. Dass die Bundesregie-
rung dies weiß, beachtet und anspricht, dass es in ihrem
Handeln zum Ausdruck kommt, hat sie in ihrer bisheri-
gen Amtszeit bewiesen. CDU/CSU und SPD werden die
Bundesregierung hierbei voll unterstützen; das gilt auch
für die Frage des Waffenembargos.
Anzusprechen gilt es auch das zweite Thema, das die
FDP heute zum Gegenstand eines Antrags macht: das
System der Laogai-Lager. Dabei handelt es sich um ein
schreckliches System von Arbeits- und Umerziehungs-
lagern, in denen Menschen unter absolut nicht hin-
nehmbaren Bedingungen gefangen gehalten und zu
Zwangsarbeit verurteilt werden, häufig unter Missach-
tung sämtlicher rechtsstaatlicher Standards, was An-
klage, Prozess und Verurteilung betrifft.
Um auch dies klar zu sagen: Die Existenz dieser La-
ger ist inakzeptabel und es ist Aufgabe von uns allen,
darauf hinzuwirken, dass ihre Existenz beendet wird.
Insofern ist der Antrag der FDP zu begrüßen; denn
die Intention des Antrags wird sicherlich von uns allen
geteilt. Die Tatsache übrigens, dass China wie Deutsch-
land auch Mitglied des neu gebildeten Menschenrechts-
rats der Vereinten Nationen geworden ist, bietet sicher-
lich auch die Gelegenheit, im Rahmen der Aufbauarbeit
für dieses Gremium im bilateralen Dialog neben vielen
anderen menschenrechtlichen Fragen auch die Frage der
Laogai-Lager anzusprechen.
Der Antrag der FDP weist noch auf einen weiteren
wichtigen Aspekt der Laogai-Lager hin: nämlich darauf,
dass diese Lager teilweise wie eigenständige Unterneh-
men geführt werden, dass sie ihre Produkte weltweit an-
deren Unternehmen als Zulieferer anbieten und dass so-
mit mit dem Unrecht auch noch Profit erwirtschaftet
wird.
Dem muss entschieden entgegengetreten werden. Da
wirtschaftliches Handeln heute ein weithin globales
Thema ist, kann Abhilfe nicht alleine bilateral gesche-
hen, sondern sie muss über die EU, die UN und vor al-
lem auch die WTO geschehen.
Ob die hierzu nötigen Schritte die sind, die der Antrag
der FDP vorschlägt, muss nochmals intensiv überprüft
werden. So ist unter anderem fraglich, ob von der chine-
sischen Regierung tatsächlich verwertbare Informatio-
nen über das Lagersystem zu erhalten sind. Aber das
wird eine Frage der Ausschussberatungen sein.
Der Laogai-Antrag geht im Übrigen nur das auf La-
gerproblem ein. Andere Aspekte wie Administrativhaft,
Religionsfreiheit, Presse- und Meinungsfreiheit sowie
weitere wichtige menschenrechtliche Bereiche werden
leider völlig ausgeblendet. Hier hätten wir uns mehr
Substanz gewünscht.
China wird von seiner Bedeutung her immer wichti-
ger für die weltweite Entwicklung in allen Bereichen
werden. Deshalb muss sich der Bundestag, muss sich die
Bundesregierung mit vielen Fragen beschäftigen, die
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ieses Thema betreffen, auch mit denen, die die FDP
ier angesprochen hat. Die Fraktionen von CDU/CSU
nd SPD werden darauf achten, dass der Durchsetzung
er Menschenrechte der gebührende Raum gegeben
ird.
Ute Berg (SPD): „EU-Waffenembargo gegen China
eibehalten“, so lautet der Antrag der FDP, mit dem Sie,
iebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, mal wie-
er eine Thematik aufgreifen, die aktuell überhaupt nicht
ur Debatte steht. Daher nur einige grundsätzliche Aus-
agen zu Fragen des Exports von Kriegswaffen und
onstigen Rüstungsgütern:
Unser Bestreben – als Konsequenz aus der Vergan-
enheit und der Rolle Deutschlands im Zweiten Welt-
rieg – ist es generell, den Rüstungsexport strengen Re-
eln zu unterwerfen. Wir wollen durch Begrenzung und
ontrolle unseren Beitrag zur Sicherung des Friedens,
er Gewaltprävention, der Menschenrechte und einer
achhaltigen Entwicklung in der Welt leisten. Dabei ori-
ntieren wir uns natürlich auch an den Beschlüssen der
nternationalen Institutionen – wie der EU und der Ver-
inten Nationen. Es gelten für uns klare Kriterien. So
ürfen Rüstungsgüter nicht in Krisengebiete geliefert
erden. Der Rüstungsexport verbietet sich auch in Län-
er, die die Menschenrechte missachten. Dies war und
st ja auch der Grund für das bestehende Waffenembargo
egen die Volksrepublik China.
Andere Staaten Europas legen ihrer Rüstungsindustrie
icht so enge Fesseln an wie wir, zum Beispiel Frank-
eich. Unser Nachbarland achtet bei seiner Exportkon-
rolle sehr stark auf die nationalen Interessen der eigenen
ndustrie.
In Deutschland gibt es kaum noch Unternehmen, die
usschließlich von der Rüstungsproduktion leben. Dies
ar nicht immer so und ist natürlich auch Folge unserer
estriktiven Politik. Der Umbauprozess einer Industrie,
ie ehemals die Bundeswehr durch ihre Ausrüstung auf-
ebaut hat, hin zu Unternehmen mit ziviler Produktion,
ie nur noch kleine Anteile in der Rüstungsproduktion
alten, war nicht leicht. Wir haben in Deutschland he-
ausragende Waffen produziert, die überall in der Welt
ehr begehrt sind. Man hätte mit diesen Waffen ein sehr
ukratives Geschäft machen können. Aber für uns stan-
en an erster Stelle immer die Sicherung des Friedens,
ie Gewaltprävention und die Menschenrechte. Daher
as Nein zu einem unbegrenzten Rüstungsexport! Und
as ist nach wie vor richtig, auch wenn es immer wieder
al in Frage gestellt wurde.
Der Zusammenbruch des Warschauer Paktes und das
amit verbundene Ende des Ost-West-Konflikts war so
in Datum, das Diskussionen auslöste. Viele stellten die
rage, ob man jetzt nicht großzügigere Maßstäbe anle-
en sollte. Unsere Rüstungsindustrie hatte nachvollzieh-
are Gründe, diese Frage zu stellen, insbesondere des-
alb, weil die verkleinerte Bundeswehr als Nachfrager
icht mehr umfangreiche Produktionsanlagen auslasten
onnte. Für die Unternehmen bestand die Gefahr, dass
ie mangels Nachfrage ihre Produktion von Rüstungsgü-
ern nicht mehr aufrecht erhalten konnten, dass sie
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3203
(A) )
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schlimmstenfalls dadurch sogar ihre Fähigkeit verlieren
konnten, diese Rüstungsgüter überhaupt noch herzustel-
len.
Das kann natürlich nicht in unserem Interesse liegen.
Ohne eine eigene nationale Rüstungsindustrie müsste
Deutschland den Bedarf für die Bundeswehr im Ausland
einkaufen. Eine solche Situation berührt massiv unsere
verteidigungspolitischen Interessen. Denn man kauft nie-
mals nur eine Waffe. Man kauft zugleich das komplette
System und damit auch eine strategische Ausrichtung des
Waffen-Systems. Man übernimmt also einen offensiv
oder defensiv ausgerichteten Einsatz dieses Waffensys-
tems. Eine Alternative hat man dann nicht. Das heißt, wir
haben in Deutschland durchaus ein Interesse daran, un-
sere Rüstungsindustrie am Leben zu halten, insbesondere
Unternehmen, die eine Systemführerschaft für ein be-
stimmtes Rüstungsgut haben. Wir brauchen eine Rüs-
tungsindustrie, die die Vorgaben unserer Verteidigungs-
politik umsetzen kann und unsere Bundeswehr nach
Maßgabe dieser strategischen Vorgaben ausrüstet.
Die Existenz unserer Rüstungsindustrie kann aber
nicht durch mehr Rüstungsexporte gesichert werden. Die
ethische Maxime steht über jedem Gewinnstreben. Ich
halte es daher für vertretbar, dass die Bundeswehr ver-
einzelt über den Bedarf hinaus ausgestattet wird, wenn
damit sichergestellt wird, dass der Lieferant aus der Rüs-
tungsindustrie überleben kann. Damit ist dann aber auch
die Bereitschaft zu einem Ausgleich gegenüber der Rüs-
tungsindustrie beendet.
Und noch eine Anmerkung zu Exporten von Rüs-
tungsgütern in Mitgliedstaaten der NATO: Die Staaten,
die mit uns in einem Militärbündnis vereint sind, teilen
mit uns dieselben Werte und Ziele. Wenn man sich ge-
meinsam verteidigen will, dann kann man sich auch ge-
meinsam ausrüsten. Und in der Realität geschieht das ja
auch. Ein gemeinsames Projekt war bzw. ist zum Bei-
spiel der Eurofighter. Auch auf EU-Ebene arbeiten wir
zusammen. Seit 2005 haben wir die „European Defense
Agency“ (EDA). Die Europäische Verteidigungsagentur
unterstützt die Kooperation in den Bereichen Forschung,
Entwicklung und Beschaffung und stärkt so den europäi-
schen Industriestandort für Verteidigungsgüter.
Abschließend noch einmal: Die FDP hebt mit ihrem
Antrag am Beispiel China dieses Thema in den Deut-
schen Bundestag. Sie will feststellen lassen, dass wir in
Bezug auf das Embargo gegenüber China nichts zu än-
dern wünschen. Noch einmal die Frage: Wer will denn
etwas ändern? Das Thema spielt derzeit keine Rolle, und
wir sind von daher auch nicht gewillt, uns dieses Thema
überstülpen zu lassen.
Und noch eins: Selbst wenn das Embargo in der Euro-
päischen Union fallen sollte, würde unsere Bundesregie-
rung keine Exporte genehmigen können und auch nicht
genehmigen wollen. Das wäre mit unseren Grundsätzen
für den Export von Kriegswaffen, die im Januar 2000
beschlossen wurden, nicht vereinbar. Natürlich diskrimi-
niert ein solches Embargo die chinesische Regierung.
Das war ja auch gerade der Zweck des Embargos. Aber
nur die chinesische Regierung selbst kann durch eine
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nderung der Verhältnisse in China dafür sorgen, dass
as Embargo aufgehoben wird.
Christoph Strässer (SPD): Das Land der unbe-
renzten Möglichkeiten waren lange Zeit die USA. Das
and der unbegrenzten Chancen ist nun China. So haben
ir es jedenfalls in den letzten Jahren kennen gelernt.
hina ist zum Synonym für wirtschaftlichen Auf-
chwung geworden. Kaum ein Unternehmen glaubt es
ich leisten zu können, nicht auf den fahrenden Zug des
irtschaftlichen Aufschwunges aufzuspringen. Es be-
teht die begründete Gefahr, dass wir fasziniert von der
irtschaftlichen Dynamik die andere Seite Chinas aus-
lenden. Es ist zwar nicht falsch, wenn Francis
ukuyama in seinem Buch „Das Ende der Geschichte“
u dem Schluss kommt, dass ein totalitärer Staat dann
ufhört totalitär zu sein, sobald er die Entstehung der
arktwirtschaft zulässt. Und gut wäre es, wenn der wirt-
chaftliche Aufschwung nicht nur der chinesischen Elite,
ondern dem ganzen Volk zugute käme.
Es trifft zu: In den letzten Jahren ist ein Fortschritt in
er Entwicklung bei den wirtschaftlichen und kulturellen
enschenrechten zu beobachten. Aber es gibt keinen
rund, den kritischen Blick hinter die Kulissen des Sys-
ems schleifen zu lassen. Anlässe zum Hinsehen gibt es
enug, da bin ich mit Ihnen einer Meinung, sehr geehrte
olleginnen und Kollegen der FDP. Bei der Umsetzung
er individuellen Freiheits- und Menschenrechte ist die
olksrepublik noch ein gutes Stück im Rückstand.
Die Geschichte zeigt, dass alle autoritären Regime ei-
en Mechanismus unterhalten haben, mit dem sie die po-
itische und freie Meinungsäußerung unterdrücken und
ontrollieren wollen. So lange es solche Systeme gibt, ist
er Weg zu Demokratie und Menschenrechten noch
eit. Was der Gulag in der Sowjetunion war, sind heute
erschiedene Systeme in China. So auch das Laogai-
traflagersystem der Kommunistischen Partei Chinas,
as auf dem Ansatz „Umerziehung durch Arbeit“ beruht.
eit Jahrzehnten benutzt China harte Arbeit als Umerzie-
ungsmethode für Systemabweichler jeder Art: Krimi-
elle, Angehörige von Religionsgemeinschaften, Homo-
exuelle und politische Kritiker. Es kommt immer
ieder zu willkürliche Verhaftungen von Wanderarbei-
ern, Obdachlosen und unterprivilegierten Bevölke-
ungsgruppen. Aus Imagegründen verwendet die Partei
eit den 90er-Jahren das Wort Laogai nicht mehr. Ar-
eitslager werden jetzt offiziell als Gefängnis geführt.
Das chinesische Straf- und Prozcssgesetzbuch ist die
echtsgrundlage der normalen Haft, die durch Gerichts-
rteil angeordnet wird oder als Umerziehung durch Ar-
eit in einem Straflager verbüßt werden kann. Daneben
ibt es in China auch mehrere Arten von Administrativ-
aft. Verschiedene Verwaltungsbestimmungen ermögli-
hen es, Menschen ohne Gerichtsbeschluss für bis zu
rei Jahre in Arbeitslager einzuweisen. Die Entschei-
ung wird von einem Komitee aus Vertretern der lokalen
erwaltung und der Büros für öffentliche Sicherheit ge-
roffen.
Nach Angaben des chinesischen Justizministeriums
itzen circa 200 000 Menschen in Umerziehungslagern
3204 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
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ein, wobei man natürlich davon ausgehen kann, dass die
Dunkelziffer wesentlich höher liegt. Schätzungen von
Amnesty International und anderen Opferorganisatio-
nen gehen vielmehr von Millionen von inhaftierten Men-
schen aus.
Wegen der restriktiven Informationspolitik der Regie-
rung ist es schwierig zu sagen, wie viele Umerziehungs-
lager es tatsächlich in jeder Provinz gibt. Die Regierung
hat es praktisch noch nicht zugelassen, dass das Rote
Kreuz oder andere internationale Organisationen die Zu-
stände in Lagern untersuchen können. Die Arbeitslager
bleiben internationalen Beobachtern weitgehend ver-
schlossen, weshalb verlässliche Aussagen über die Be-
dingungen in den Arbeitslagern kaum möglich sind.
Dass es jedoch diese Lager gibt, ist unbestritten. Viele
ehemalige Inhaftierte konnten darüber berichten.
Erstmals durfte im vergangenen Jahr Manfred
Nowak, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, durch
China reisen. Wie nahe der Inspektor der Wahrheit dabei
gekommen ist, ist ungewiss. Aber in seinen Berichten
wirft er den chinesischen Behörden schwere Menschen-
rechtsverletzungen vor und fordert eine Reform des Jus-
tizwesens.
Die chinesischen Behörden haben den Willen bekun-
det, das als „Umerziehung durch Arbeit“ bekannte Sys-
tem der Administrativhaft umzugestalten. Die mit dem
System in der Praxis verbundenen Probleme – wie Will-
kür und die Verweigerung elementarer Prozessrechte –
werden zum Teil eingeräumt. Grundsätzlich allerdings
will die Regierung die Administrativhaft beibehalten. Es
sind jedoch ernsthafte Reformbemühungen in Aussicht
gestellt, die spätestens 2008 zu einer verbindlichen ge-
setzlichen Regelung führen und damit die derzeitigen
Verwaltungsvorschriften ablösen sollen. Bereits im Jahr
2003 wurde, wenn auch nur auf öffentlichen Druck nach
einem Todesfall, eine von mehreren Formen der willkür-
lichen Festnahme, nämlich die von Obdachlosen und
Bettlern, abgeschafft. Weitere Verbesserungen der Haft-
bedingungen wurden in Aussicht gestellt. Das Ministe-
rium für Öffentliche Sicherheit blockiert allerdings an
verschiedenen Stellen. Trotzdem wollen wir die Ansätze
nicht verschweigen. Der Wandel eines autoritären Sys-
tems braucht Zeit. Das kann und darf aber auch kein Tot-
schlagargument dafür sein, dass Kritik nicht erlaubt sei.
Doch neben den Bekundungen der Regierung bleibt
das Problem, dass die Umsetzung nur schwierig zu kon-
trollieren ist. Die betroffenen Menschen – insbesondere
auf dem Land – haben gerade unter der Willkür lokaler
Bürokraten und Parteisekretäre zu kämpfen. Wir begrü-
ßen die Ankündigungen der chinesischen Regierung
über eine Reform der Administrativhaft, werden aber
weiterhin Versäumnisse und Missstände offen anspre-
chen. Ich bin insgesamt der Meinung, dass Deutschland
eine ausgewogene und realistische – vor allem auch
ganzheitliche – Politik gegenüber China braucht, die die
wirtschaftlichen Chancen berücksichtigt, aber auf die
Betonung universeller Freiheits- und Menschenrechte
nicht verzichtet.
Bundespräsident Köhler hat China erst kürzlich au-
ßergewöhnlich deutlich zur Demokratisierung und zur
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inhaltung der Menschenrechte ermahnt. Kein Land
olle auf die Kraft verzichten, die in der freien Entfal-
ung der Kreativität des Bürgers läge. Dem kann ich un-
ingeschränkt zustimmen. Auch die Bundeskanzlerin
ollte bei ihrer China-Reise die Problematik der Admi-
istrativhaft und die Auswirkungen auf die Gefangenen
n den Lagern gegenüber der chinesischen Staatsführung
nsprechen.
Ich bin der Auffassung, dass wir weiterhin Fehlent-
icklungen kritisieren, aber auch positive Entwicklun-
en unterstützen sollten. Man sollte daher mit jedem An-
rag bedenken, was man mit ihm bewirken kann und zu
as er nütze ist. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen
er FDP, ich verstehe schon, warum Sie gerade zum jet-
igen Zeitpunkt Ihre Anträge einbringen. Doch Ihr An-
rag zum Waffenembargo ist schlicht überflüssig, da es
eine Veranlassung oder gegenteiligen Beschlüsse zur
ufhebung des Waffenembargos gibt. Erst im letzten
ahr hat die damalige Koalition das bestätigt. Ich darf
ie auch daran erinnern, dass die SPD in mehreren vom
undestag beschlossenen Anträgen die Praxis der Admi-
istrativhaft kritisiert und die Bundesregierung aufgefor-
ert hat, sich für deren Abschaffung einzusetzen. Lesen
ie sich ruhig die Anträge zur 59. und 60. Tagung der
enschenrechtskommission durch.
Auch der deutsch-chinesische Rechtsstaats- und Men-
chenrechtsdialog hat gezeigt, dass Problemfelder disku-
iert werden, die früher nie von einer chinesischen Re-
ierung öffentlich angesprochen worden wären. Die
undesregierung und die EU setzen sich für die Ab-
chaffung der Administrativhaft ein. Wir tun das bereits
n den politischen Gesprächen beim Rechtsstaats- und
enschenrechtsdialog. Wir werden diese Politik fortset-
en.
Beim nächsten Treffen werden wir deshalb wieder
erdeutlichen, dass solche Lager, wie sie beschrieben
erden, nach rechtsstaatlichen Prinzipien nicht akzepta-
el sind. Aber auch die übrigen Forderungen Ihres An-
rages sind im Wesentlichen erfüllt. Die chinesische Re-
ierung ist durch die WTO-Regeln bereits gebunden,
xporte von Produkten aus Straflagern zu verbieten. In
er Realität ist eine Überprüfung natürlich schwierig,
enn Zwischenhändler eingeschaltet werden oder Vor-
rodukte aus Straflagern genutzt werden. Insofern ist
ber auch ein Produktsiege unrealistisch.
Der deutsche Außenhandel ist bereits eine Selbstbin-
ung eingegangen, keine Produkte aus chinesischen La-
ern oder Gefängnissen zu vertreiben. Als Informations-
uelle hierüber kann unter anderem das Laogai-Buch des
enschenrechtlers Harry Wu und seiner Laogai-Stiftung
ienen, das frei erhältlich ist. Sie sehen, dass Ihr Antrag
n wesentlichen Punkten nicht weiterhilft oder die Forde-
ungen schon umgesetzt wurden. Wir sollten daher lieber
ersuchen, mit der chinesischen Regierung und unseren
esprächspartnern im Rechtsstaats- und Menschen-
echtsdialog auf den verschiedenen Ebenen weiter kri-
isch zu verhandeln.
Auch im Rahmen der Zusammenarbeit im neu ge-
ählten Menschenrechtsrat besteht dazu die Möglich-
eit. Mit der Wahl in den neuen Menschenrechtsrat wird
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3205
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von China nun auch verlangt, höchste Standards zur För-
derung und zum Schutz der Menschenrechte einzuhal-
ten, freiwillige menschenrechtliche Verpflichtungen
abzugeben und sich selbst einer periodischen Begutach-
tung zu unterziehen. Wir sollten dies als Chance verste-
hen und unsere Bemühungen auf Stärkung der Men-
schenrechte in einem strategischen Gesamtkonzept statt
in Einzelanträgen suchen.
Anlage 17
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung
– Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom
27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Bel-
gien, der Bundesrepublik Deutschland, dem
Königreich Spanien, der Französischen Re-
publik, dem Großherzogtum Luxemburg,
dem Königreich der Niederlande und der
Republik Österreich über die Vertiefung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit,
insbesondere zur Bekämpfung des Terroris-
mus, der grenzüberschreitenden Kriminali-
tät und der illegalen Migration
– Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des
Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen dem
Königreich Belgien, der Bundesrepublik
Deutschland, dem Königreich Spanien, der
Französischen Republik, dem Großherzog-
tum Luxemburg, dem Königreich der Nie-
derlande und der Republik Österreich über
die Vertiefung der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit, insbesondere zur Be-
kämpfung des Terrorismus, der grenzüber-
schreitenden Kriminalität und der illegalen
Migration
(Tagesordnungspunkt 11)
Ralf Göbel (CDU/CSU): Auf Initiative Deutschlands
schlossen das Königreich Belgien, das Königreich Spa-
nien, die Französische Republik, das Großherzogtum
Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Repu-
blik Österreich und die Bundesrepublik Deutschland den
Vertrag von Prüm, mit dem die Vertragsstaaten den euro-
päischen Raum der Sicherheit, der Freiheit und des
Rechts für ihr Staatsgebiet weiterentwickeln. Die Sicher-
heitsbehörden der genannten Staaten werden künftig
noch enger und intensiver zusammenarbeiten können,
als dies nach den Regelungen des Schengenabkommens
möglich ist.
Der Vertrag ist, ebenso wie das Abkommen von
Schengen, eine Folge der Aufhebung der Grenzen inner-
halb der Europäischen Gemeinschaft. Denn mit dem
Wegfall der Grenzen und der Grenzkontrollen ist nicht
nur die Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger
im Schengenraum gewachsen. Der Wegfall der Kontrol-
len hat auch dazu geführt, dass grenzüberschreitende
Kriminalität und illegale Migration wesentlich leichter
geworden sind.
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Die Antwort darauf muss im Sicherheitsbereich eine
ngere Kooperation der Sicherheitsbehörden in Europa
ein. Organisierte Kriminalität, Terrorismus, illegale Mi-
ration und die Kriminalität in den Grenzregionen kann
ur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn die für die
efahrenabwehr und die für Verbrechensbekämpfung
uständigen Behörden einen engen Austausch pflegen
nd den Beamtinnen und Beamten auch grenzüber-
chreitend hoheitliche Befugnisse eingeräumt werden.
it den Art. 39 und 40 des Schengener Durchführungs-
bereinkommens wurde ein erster Schritt in diese Rich-
ung gemacht. Er geht allerdings nicht weit genug. In der
uropäischen Union ist dies auch erkannt; allerdings
onnten keine substanziellen Fortschritte auf europäi-
cher Ebene erzielt werden. Die Gründe hierfür sind
ielfältig, sie müssen heute nicht im Einzelnen darge-
tellt werden.
Trotz der vereinzelt geäußerten Kritik halte ich es da-
er für richtig, dass die Vertragsstaaten unter Federfüh-
ung der Bundesrepublik Deutschland sich mit diesem
ertrag auf den Weg gemacht haben, die Zusammen-
rbeit der Sicherheitsbehörden – wie ich meine, modell-
aft – weiterzuentwickeln. Alle anderen europäischen
taaten können diesem Vertrag beitreten, sofern sie be-
eit sind, auf einen Teil ihrer Hoheitsrechte zu verzich-
en.
Ziel des Vertrages ist es, die Zusammenarbeit im Be-
eich der Terrorismusbekämpfung zu verbessern, die
renzüberschreitende Kriminalität einzudämmen und
er illegalen Migration entgegenzuwirken.
Hierzu wurde ein umfangreiches Handlungsinstru-
entarium vereinbart, auf das ich kurz eingehen will:
Gerade für die Grenzregionen ist es außerordentlich
ichtig, dass die Polizeien diesseits und jenseits der
renze eine enge Kooperation pflegen. Gemeinsame
insatzformen, etwa gemeinsame Streifen, dienen die-
em Zweck ebenso wie die Erlaubnis, Maßnahmen bei
egenwärtiger Gefahr zu treffen und sich gegenseitig
ilfestellung zu geben.
Zum Teil gibt es das schon heute, wenn auch mehr
der weniger informell und mit juristischen Stützkon-
truktionen. Ich habe selber in meiner Zeit, in der ich
erantwortung für eine Sicherheitsbehörde mit Grenzbe-
ug zu Frankreich Verantwortung getragen habe, solche
tützkonstruktionen erarbeitet. Wir alle wussten dies-
eits und jenseits der Grenze, dass eine Vertiefung der
usammenarbeit dringend notwendig ist, und haben auf
in Vertragswerk wie das von Prüm dringend gewartet.
eshalb will ich an dieser Stelle auch dem früheren Bun-
esminister Otto Schily meinen Dank aussprechen, dass
r die Initiative ergriffen und für eindeutige rechtliche
rundlagen gesorgt hat.
Ein ganz wesentliches Element und, wenn ich es rich-
ig sehe, auch das umstrittenste Element dieses Vertrages
st der Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehör-
en. Im Innenausschuss haben wir dies ausführlich
iskutiert und vom Bundesbeauftragten für den Daten-
chutz erfahren, dass in diesem Vertrag ein „beachtliches
atenschutzniveau – Schaar – sichergestellt wird.
3206 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Gleichzeitig haben wir erfahren, dass in die Vertragsver-
handlungen der Bundesbeauftragte für den Datenschutz
einbezogen wurde, was auch nicht selbstverständlich ist.
Auf den Punkt gebracht kann man sagen: Je sensibler
die Daten, desto stärker ist der Zugriff auf diese Daten
reglementiert.
Auf Fahrzeugregister besteht ein Onlinezugriff aus-
schließlich zwecks Verfolgung und Verhinderung von
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zur Gefah-
renabwehr. Die Fingerabdruckdatenbanken können nur
zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten genutzt
werden. DNA-Datenbanken, in denen lediglich die nicht
codierenden Teile der DNA gespeichert werden dürfen,
unterliegen dem Zugriff nur zum Zwecke der Strafver-
folgung.
Die Daten unterliegen einer strengen Zweckbestim-
mung. Eine Änderung des Zweckes ist nur mit Zustim-
mung des Auskunft gebenden Staates möglich. Bei
DNA-Identifizierungsmustern und Fingerabdrücken ist
eine Änderung des Zweckes gänzlich ausgeschlossen.
Der Bundesbeauftragte hat in der Sitzung des Innenaus-
schusses auf das besondere Verfahren bei der Übermitt-
lung von Daten aus den DNA-Dateien und daktyloskopi-
schen Dateien hingewiesen. Der abfragende Staat erhält
lediglich die Auskunft, ob seine Anfrage zu einem Tref-
fer geführt hat und relevante Daten vorliegen. Ist dies
der Fall, dann können diese relevanten Daten im Rah-
men eines förmlichen, rechtsstaatlich abgesicherten
Rechtshilfeverfahrens übermittelt werden.
Der Vertrag sieht ferner umfassende Protokollie-
rungspflichten bei nicht automatisierten sowie bei auto-
matisierten Datenübermittlungen vor. Die Kontrolle der
Rechtmäßigkeit des Datenaustausches wird in der Bun-
desrepublik Deutschland durch den Bundesbeauftragten
für den Datenschutz vorgenommen.
Insgesamt, so meine ich, wird Datenschutz auf einem
hohen Niveau etabliert. Dies hat uns auch der Bundesbe-
auftragte für den Datenschutz bestätigt.
Die Regelungen über den Datenaustausch werden die
Arbeit der Sicherheitsbehörden in vielen Bereichen ver-
einfachen und effektiveren. Die Sicherheitsbehörden der
beteiligten Länder können auf einer rechtlich gesicherten
Grundlage in Zukunft zur Verhinderung terroristischer
Straftaten, aber auch zur Gefahrenabwehr bei Massen-
veranstaltungen intensiver als bisher zusammenarbeiten.
Natürlich wäre es gut, wenn die im Vertrag vorgese-
henen Möglichkeiten schon bei der Fussballweltmeister-
schaft genutzt werden könnten. Dies wird angesichts der
zeitlichen Dimension nicht mehr möglich sein. Aber ge-
rade bei sportlichen Großereignissen werden die vorge-
sehenen Möglichkeiten zum Datenaustausch und zur
Einsatzunterstützung hoffentlich in Zukunft helfen, die
Probleme mit gewaltbereiten Fans besser in den Griff zu
bekommen. Man denke nur an die Gewalttaten bei der
WM 1998 in Frankreich, bei denen dem französischen
Polizeibeamten Daniel Nivel schwerste gesundheitliche
Schäden zugefügt wurden. Solchen Gewalttätern muss
im Interesse der anderen Teilnehmer an solchen Großer-
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ignissen sowie auch im Interesse des Sports das Hand-
erk gelegt werden.
Der Vertrag greift einen weiteren Komplex auf, der
uf der Ebene der Europäischen Union seit Jahren strei-
ig und bislang ohne greifbares Ergebnis behandelt wird.
s handelt sich dabei um das vierte Kapitel des Vertra-
es, das sich der Bekämpfung der illegalen Migration
idmet. Wir begrüßen es sehr, dass sich die vertrags-
chließenden Staaten künftig gegenseitig bei der Be-
ämpfung dieses Phänomens unterstützen und koordi-
ierte Maßnahmen durchführen. Dies gilt auch und
nsbesondere für die Rückführung von illegalen Migran-
en.
Insgesamt wird also durch den Vertrag von Prüm eine
eue Qualität in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbe-
örden der Vertragsstaaten erreicht. Der Vertrag ist so
estaltet, dass auch andere Staaten der Europäischen
nion sich anschließen können. Er soll in drei Jahren
ach der Evaluierung der Regelungen in den Rechtsrah-
en der Europäischen Union überführt werden. Damit
eben die Vertragsstaaten einen kräftigen Impuls zur
erbesserung der Sicherheit in Europa und zur Vertie-
ung des europäischen Raumes des Rechts, der Sicher-
eit und der Freiheit.
Lassen Sie uns also diesem Vertrag und dem Umset-
ungsgesetz die Zustimmung erteilen. Ich sage dies auch
eshalb, weil alle Fraktionen dieses Hauses in den bera-
enden Ausschüssen zumindest partiell ein positives
otum gegeben haben. Die FDP hat im Auswärtigen
usschuss, im Rechtsausschuss und im Ausschuss für
enschenrechte der Beratungsunterlage zugestimmt.
leiches hat die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
m Auswärtigen Ausschuss getan. Und auch die Linke
at im Tourismusausschuss der Beratungsunterlage zu-
estimmt. Bei diesem bunten Bild wäre es sicherlich ein
ositives Signal an unsere Sicherheitsbehörden, an die
ürgerinnen und Bürger und an unsere Vertragspartner,
enn wir heute mit einem einstimmigen Votum ein wei-
eres Kapitel der Sicherheitspolitik in Europa aufschla-
en könnten.
Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Die Sicherheits-
age in den vergangenen Jahren ist gekennzeichnet da-
urch, dass immer mehr grenzüberschreitende Krimina-
ität erkannt wird, dass immer öfter zwei oder mehr
taaten betroffen sind und deshalb auch grenzüber-
chreitende Ermittlungen dringend notwendig sind. Ter-
orismus und Kriminalität machen nicht vor nationalen
renzen halt. Aber das Recht der nationalen Polizei fin-
et hier in der Regel seine Grenzen. Angesichts der Kri-
inalitätslage kann man sich nicht vor der Erkenntnis
erschließen, dass es auf europäischer und internationa-
er Ebene der Kooperation von Sicherheitsbehörden be-
arf. Rechtsstaatliches Vorgehen ist dabei unabdingbar.
s gilt, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhal-
en und größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.
Die lang geübte Zusammenarbeit zwischen den Staa-
en und deren Polizeien hielten den Erfordernissen nicht
tand. Deshalb wurden unter anderem so genannte OK-
bkommen, Abkommen im Bereich der organisierten
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3207
(A) )
(B) )
Kriminalität, zwischen der Bundesrepublik und vielen
europäischen und außereuropäischen Staaten abge-
schlossen: Litauen, Polen, Slowenien, Russische Födera-
tion, Türkei, Tunesien. Deshalb sind Verbindungsbeamte
von BKA, Bundespolizei, Zollkriminalinstitut in
45 Staaten eingesetzt. Deshalb leistet Deutschland Aus-
stattungs-, Ausbildungs- und Beratungshilfen mit der
Zielrichtung eine gemeinsame Arbeitsweise in der Kri-
minalitätsbekämpfung zu erreichen. Darüber hinaus gibt
es bilaterale Abkommen und über die polizeiliche
Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Belgien,
Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Öster-
reich, Polen, der Schweiz und Tschechien. Schwerpunkt-
mäßig geht es hier um die polizeiliche Zusammenarbeit
im jeweiligen Grenzgebiet.
Einer Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusam-
menarbeit und der Zusammenarbeit in strafrechtlichen
Angelegenheiten mit den Niederlanden hat der Deutsche
Bundestag erst vor wenigen Wochen zugestimmt. Nun-
mehr beraten wir in 2./3. Lesung den am 27. Mai 2005 in
Prüm/Eifel unterzeichneten Vertrag – den so genannten
Prümer Vertrag –zwischen Belgien, Deutschland, Spa-
nien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande und Öster-
reich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zu-
sammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des
Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und
der illegalen Migration.
Hier zeigt sich eine neue Qualität der Zusammenar-
beit. Dieses Pilotprojekt ist zugleich ein Meilenstein in
der europäischen Zusammenarbeit.
Worum geht es? Es geht um den automatisierten Ab-
ruf und Abgleich von DNA-Profilen zur Verfolgung von
Straftaten. Es geht um den automatisierten Abruf von
daktyloskopischen Daten, in der Regel Fingerabdruck-
daten zum Zweck der Verhinderung und Verfolgung von
Straftaten. Es geht um automatisierten Abruf von Daten
aus den Fahrzeugregistern. Es geht aber auch um die
Übermittlung von Informationen im Zusammenhang von
Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Be-
zug, zum Beispiel im Bereich des Sports, aber auch von
Tagungen des Europäischen Rates zum Zweck der Ver-
hinderung von Straftaten und zur Abwehr von Gefahren
für die öffentliche Sicherheit. Und selbstverständlich
auch um die Informationsübermittlung zur Verhinderung
terroristischer Straftaten.
Zur Eindämmung der illegalen Migration wird ein
Netz geschaffen von Verbindungsbeamten für Einwan-
derungsfragen und die Entsendung von Dokumentenbe-
ratern in Staaten, die als Ausgangs- oder Transitstaaten
illegaler Migration eingestuft werden.
Bei dieser nicht abschließenden Aufzählung wird
deutlich, dass personenbezogene Informationen vielfäl-
tigster Art in den Bereich der anderen Vertragsstaaten
gelangen können. Das betrifft natürlich das Grundrecht
auf informationelle Selbstbestimmung. Einschränkun-
gen dieses Grundrechtes müssen begründet werden und
gerechtfertigt sein und dürfen den Datenschutz nicht ver-
letzen. Es ist deshalb klar, dass zu prüfen ist, ob der Da-
tenschutz im Vertragswerk gewährleistet ist.
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Am Mittwoch dieser Woche im Innenausschuss hat
er Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar dazu
tellung genommen. Auch wenn nicht alle Wünsche des
undesdatenschutzbeauftragten im Vertragswerk seinen
iederschlag finden, so hat der Bundesdatenschutzbe-
uftragte doch attestiert, dass mit dem Prümer Vertrag
in beachtliches Datenschutzniveau erreicht ist. Dieses
rteil war uns wichtig, denn Datenschutz ist Verfas-
ungsgebot.
Ein Blick über den „Zaun“ nach Österreich zeigt, dass
s dort eine große Mehrheit für den Prümer Vertrag gab.
s ist interessant, dass auch der Vertreter der Grünen
sterreichs im Datenschutzrat keine Bedenken hinsicht-
ich des Datenschutzes auf europäischer Ebene geäußert
at.
Die Kritiken im Einzelnen, die gerade zum Daten-
chutz vorgetragen werden, können im Rahmen der
ortentwicklung dieses Vertrages diskutiert und gegebe-
enfalls ergänzt werden. Denn es ist geplant, spätestens
ach drei Jahren auf der Grundlage einer Bewertung der
rfahrungen eine Initiative für die Überführung der Re-
elungen dieses Vertrages in den Rechtsrahmen der Eu-
opäischen Union zu unterbreiten.
Der Bundesrat hat keine Einwendungen erhoben. Die
ertretung der Länder weiß, wie bedeutsam dieser Ver-
rag für die Arbeit der Sicherheitsbehörden in der Praxis
ein wird. In Mitteleuropa ist die Zeit vorbei, dass Ver-
recher, die mit modernsten Mitteln ausgestattet sind,
er Postkutsche verfolgt werden.
nlage 18
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge
– Keine Unterstützung für die indische Atom-
rüstung
– Indisch-amerikanisches Nuklearabkommen
substanziell nachbessern oder ablehnen
(Tagesordnungspunkt 12)
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/
SU): Das indisch-amerikanische Nuklearabkommen ist
uch in der CDU/CSU einem schwierigen und verant-
ortungsvollen Abwägungsprozess unterworfen. Kriti-
che Einwände zu den Auswirkungen auf den Nichtver-
reitungsvertrag sind nicht leicht von der Hand zu
eisen. Nicht zuletzt im Kontext der Krise um das irani-
che Nuklearprogramm war der Zeitpunkt des Abkom-
ens sicherlich nicht der glücklichste.
Es ist für uns alle eine gewichtige Wertungsfrage, ob
an in diesem Abkommen im Wesentlichen eine Er-
chütterung des Nichtverbreitungsvertrages sehen will
der ob man das Abkommen trotz seiner unbefriedigen-
en Aspekte zumindest als einen richtigen und nicht zu
nterschätzenden ersten Schritt bei der Heranführung In-
iens an den Nichtverbreitungsvertrag erachten kann.
3208 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Ich denke, die beste Herangehensweise an das Abkom-
men und dessen durchaus ambivalenten Charakter ist die
Frage, ob wir sagen können, dass es unseren rüstungskon-
trollpolitischen Interessen entspricht. Aus unserer Sicht
sind dies: erstens die Stärkung des internationalen Nicht-
verbreitungsregimes, zweitens ein verantwortlicher Um-
gang Indiens mit seinem Nukleararsenal, drittens die
Annäherung Indiens an das multilaterale Nichtverbrei-
tungsregime und viertens die Einbindung der De-facto-
Atommacht Indien als verantwortlicher Akteur in das in-
ternationale System.
Wird also der Nichtverbreitungsvertrag durch das Ab-
kommen geschwächt? Aus unserer Sicht stellt es sich
nicht als das eigentliche Problem dar, ob der Nichtver-
breitungsvertrag durch das Abkommen als solches ge-
schwächt wird, sondern vielmehr, dass Indien kein Un-
terzeichnerstaat ist. Das Abkommen lässt mithin die
bekannten Schwächen des Nichtverbreitungsvertrages
wieder sehr deutlich werden, nämlich insbesondere seine
mangelnde Universalität. Bisher hat es das NV-Regime
und das Exportkontrollregim der Nuclear-Suppliers-
Group nicht vermocht, Indien zu einem Beitritt zu bewe-
gen. Weil eine Universalität noch nicht existiert, wird
der Nichtverbreitungsvertrag also diesbezüglich auch
nicht geschwächt. Vielmehr stellt sich das Abkommen
auf den Boden der Tatsache einer De-facto-Atommacht
Indien. Es muss unser Ziel sein, Indien unter den gege-
benen Umstanden so nah wie möglich an das Nichtver-
breitungsregime heranzuführen. Hierbei darf man durch-
aus noch etwas Kreativität einfordern.
Aber wird nun der Beitritt Indiens zum NVV durch
das Abkommen unwahrscheinlicher? Es ist nicht erkenn-
bar, dass der Beitritt Indiens zum NVV vor dem Abkom-
men wahrscheinlicher war oder unmittelbar bevorstand.
Es ist andererseits nicht von der Hand zu weisen, dass
das Abkommen eine Annäherung an den Nichtverbrei-
tungsvertrag bedeutet. Indien lasst erstmals IAEO-Kon-
trollen für Standorte zu, die bisher keinerlei Inspektio-
nen unterlagen. Insofern besteht das Potenzial, das NV-
Regime gegenüber Indien in Teilen sogar zu stärken und
eine Lücke irn Vertrag zu schließen. Der verantwortliche
Umgang Indiens mit seinem Nuklearpotenzial würde
schlussendlich befördert. Das Abkommen ist somit ein
Zwischenschritt zu einem wünschenswerten und von uns
nachdrücklich einzufordernden Gesamtschritt.
Schließlich: Erschwert das Abkommen eine Einigung
mit dem Iran bzw. werden damit Iran oder Nordkorea er-
mutigt, erst recht Atomwaffen anzustreben?
Das ist fraglich. Das Abkommen ist für die iranischen
Motive hinter dem Streben nach Atomwaffen irrelevant.
Der Iran kann sich für seine Vertragstreue nur dann be-
straft fühlen, wenn Teheran tatsächlich Nuklearwaffen
anstrebt. Dann ist es aber mit seiner Vertragstreue nicht
weit her. Und Iran und Nordkorea haben den Nichtver-
breitungsvertrag zwar unterzeichnet, haben aber bisher
nur Lippenbekenntnisse bezüglich ihrer Verpflichtungen
abgegeben. Im Fall Nordkorea ist klar, dass gegen den
Nichtverbreitungsvertrag verstoßen wurde, beim Iran
bestehen erhebliche Zweifel an der Vertragstreue.
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Ich kehre zur meiner Ausgangsfrage zurück: Wird das
egime der Nichtverbreitung durch das Abkommen nun
eschwächt oder gestärkt? Aus unserer Sicht wird Indien
äher an den Nichtverbreitungsvertrag herangeführt.
ier sei auch noch einmal auf die Einschätzung von
AEO-Generalsekretär al-Baradei verweisen, der das
bkommen ausdrücklich als „Meilenstein“ für die An-
äherung Indiens an das NV-Regime und für dessen
niversalität begrüßt hat.
Darüber hinaus mochte ich dafür plädieren, dass wir
ie Realitäten zur Kenntnis nehmen. Idealistisch moti-
iert unrealistische Ziele einzufordern, dient der Durch-
etzung unserer Interessen keineswegs. Das Abkommen
xistiert und wird aller Voraussicht nach abgeschlossen
erden. Trotz richtiger und wichtiger Vorbehalte zeich-
et sich ab, dass auch der amerikanische Kongress letzt-
ich die Vereinbarung in seiner Substanz nicht infrage
tellen, sondern vielmehr Ver- bzw. Nachbesserungen
urchzusetzen suchen wird.
Es ist richtig, dass die Bundesregierung das Ergebnis
ieses Prozesses zunächst abwarten will, um dann in der
uclear-Suppliers-Group gegebenenfalls an einer weite-
en Optimierung des Abkommens zu arbeiten. Das Par-
ament hat gleichzeitig die Verantwortung, den Diskurs
it den amerikanischen Kollegen und die erwünschten
achbesserungen argumentativ zu unterfüttern.
Eine antiamerikanisch eingefärbte Fundamentaloppo-
ition ist hierbei nicht zielführend. Zumal gerade die
DS sich erneut als kritikloser Advokat iranischer Nu-
learambitionen zu erkennen gibt. Der Ansatz der FDP
rscheint da schon realistischer, allerdings verhält es sich
icht derart, dass sich die Bundesregierung hinter den
nderen Mitgliedern in der NSG „versteckt“. Auch in
er NSG müssen wir die Realitäten zur Kenntnis neh-
en: Russland, Frankreich und Großbritannien haben
ereits ihr deutliches Interesse an solchen Sonderrege-
ungen artikuliert, wie sie innerhalb der NSG für das in-
isch-amerikanische Atomabkommen verabschiedet
erden müssen. Es ist also keineswegs derart, um noch
inmal auf den Antrag der PDS einzugehen, dass die
SA im Alleingang Ausnahmeregeln für Nuklearex-
orte nach Indien in der NSG durchsetzen wollen.
Diese Stimmungen innerhalb der NSG müssen wir
erücksichtigen. Es bringt uns nicht einen Schritt weiter
und Indien nicht einen Schritt näher an das NV-Re-
ime – wenn wir innerhalb der NSG eine konfrontative
olitik betreiben, wie dies die FDP fordert. Ich zitiere:
Deutschland muss sich an die Spitze der Nichtkernwaf-
enstaaten in der NSG stellen“. Es kann angesichts der
altung Russlands, Frankreichs, Großbritanniens und
er USA nur darum gehen, eine möglichst weitgehende
nnäherung Indiens an das Nichtverbreitungsregime zu
rreichen.
Was wollen wir erreichen? Anzustreben ist, dass In-
ien dem Vertrag über das Verbot von Atomwaffentests
Complete Test-Ban-Treaty, CTBT – beitritt. Ebenso
oll Indien die Produktion von waffenfähigem Spaltma-
erial einstellen und auf den weiteren Ausbau seines
tomwaffenprogramms verzichten. Und: Die Kontrolle
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3209
(A) )
(B) )
des zivilen Nuklearprogramms Indiens durch die IAEO
muss umfassend sein.
Eine konfrontative, auf einem falsch verstandenen
Idealismus basierende Politik hilft hier nicht weiter. An-
gesichts des sich abzeichnenden Abstimmungsverhal-
tens gewichtiger Mitglieder in der NSG ist eine realisti-
sche Diplomatie gefragt, um unsere Interessen einer
möglichst weiten Heranführung Indiens an das Nichtver-
breitungsregime zu erreichen.
Uta Zapf (SPD): Der Generalsekretär der Internatio-
nalen Atomenergie-Organisation, IAEO, al-Baradei, hat
bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn und
seine Behörde die Gefahr der Verbreitung von Nuklear-
waffen als die größte Gefahr unseres Jahrhunderts be-
zeichnet. Generalsekretär al-Baradei hat am 2. März
2006 das Abkommen der USA und Indiens zur Nuklear-
kooperation im zivilen Bereich begrüßt als ein Abkom-
men, das Indien näher an das Nonproliferationsregime
heranführe und es damit stärke.
Diese Spannbreite der Aussagen des obersten Hüters
des Nichtverbreitungsregimes bezeichnet das ganze Di-
lemma, in das eine anstehende Entscheidung zu diesem
Thema uns bringt.
Kritiker dieses Deals weisen mit Recht darauf hin,
dass die bisher bekannten Eckpunkte des Abkommens
eine Schwächung, ja ein Zusammenbrechen dieses Re-
gimes befürchten lassen.
Worum geht es?
Indien gehört dem Atomwaffensperrvertrag, NVV,
nicht an. Indien hat 1974 einen ersten Atomtest vorge-
nommen. Daraufhin wurde mit der Nuclear Suppliers
Group, NSG, eine Initiative gegründet, ein freiwilliger
Zusammenschluss von heute 45 Staaten, die restriktive
Exportrichtlinien gegenüber Nichtkernwaffenstaaten
vereinbart haben. Nur solche Staaten, die dem NVV an-
gehören und die ihre Nuklearanlagen der vollen Überwa-
chung durch die IAEO unterwerfen, sollten zur zivilen
Nutzung der Kernenergie Lieferung von Technologie
und Brennstoff erhalten dürfen. Für Indien soll die NSG
jetzt Ausnahmen beschließen.
Die USA haben seinerzeit als Reaktion auf den indi-
schen Atomtest mit dem Nuclear Energy Act und den
Nuclear Nonproliferation Act eine restriktive Export-
politik gesetzlich festgelegt, die der US-Kongress nach
dem Willen von Präsident Bush jetzt lockern soll.
Als 1998 Indien weitere Atomtests durchführte und
anschließend seine nuklearen Arsenale aufbaute, waren
sich alle Staaten – auch Deutschland – einig, dass die re-
striktiven Exportbedingungen noch verschärft werden
müssten, ja sogar Sanktionen wurden verhängt.
Damals hat der Deutsche Bundestag in großer Einig-
keit Indien und Pakistan, das 1998 ebenfalls Atomtests
durchführte, aufgefordert, erstens auf atomare Waffen zu
verzichten, zweitens sich dem Atomteststopp-Vertrag
anzuschließen, drittens sich einem noch zu verabreden-
den Produktionsstopp von waffenfähigem Spaltmaterial,
FMCT anzuschließen, und viertens als Nicht-Nuklear-
staaten dem NVV beizutreten.
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Indien – und Pakistan – haben dies nicht getan. Beide
ind heute Nuklearmächte außerhalb des NVV. Würde
er Deal Indien näher an das Nichtverbreitungsregime
ringen? Leider muss auch das bezweifelt werden. In-
ien wird nicht dem NVV beitreten. Indien wird das
BT nicht unterschreiben; es wird auch kein Morato-
ium über das bisher Zugesagte hinaus geben. Zugesagt
at Indien, so lange nicht zu testen, wie Pakistan nicht
estet.
Die vage Zusage, ein FMCT zu unterstützen, ist nicht
iel wert, solange Indien nicht ein Moratorium dieser
roduktion zuzusagen bereit ist, wie alle offiziellen
ernwaffenstaaten dies tun.
Indien ist nicht bereit, einen Stopp des Aufbaus seiner
ernwaffenarsenale zu akzeptieren oder zu definieren,
as eine „ausreichende Abschreckungskapazität“ für In-
ien darstellt. Jegliches Waffenkontrollabkommen lehnt
ndien rigoros ab.
Was bietet Indien an?
Indien wird eine Trennung zwischen zivilen und mili-
ärischen Anlagen vornehmen und 14 von 22 Reaktoren
is 2024 unter Safeguards stellen. Ebenso sollen alle
euen zivilen Anlagen unter Safeguards gestellt werden.
ies wäre zweifelsohne ein positiver Schritt.
Wie die Safeguard-Abkommen mit der IAEA ausse-
en werden, ist bisher nicht bekannt; die Verhandlungen
arüber sind gerade erst angelaufen. Zu fordern sind Full
cope Safeguards und der Abschluss eines Zusatzproto-
olls. Damit wäre zumindest gesichert, dass aus als zivil
rklärten und neuen Reaktoren kein waffenfähiges Spalt-
aterial dem Nuklearwaffenprogramm zugeführt wer-
en kann.
Dennoch bedeutet dies keinerlei Beeinträchtigung des
ndischen Nuklearwaffenprogramms. Kritiker weisen im
egenteil darauf hin, dass eine indirekte Förderung des
rogramms durch die Lieferung von Brennstoffen für
ie zivile Energieproduktion möglich ist. Indiens eigene
essourcen würden damit entlastet.
Welche Auswirkungen auf die regionale und interna-
ionale Sicherheit würde dieses Abkommen haben und
elche Wirkungen auf das Nichtverbreitungsregime wä-
en zu erwarten?
Indien hat sowohl mit Pakistan als auch mit China an-
auernde Konflikte. Beide Länder verfügen auch über
uklearwaffen. Die Gefahr eines Wettrüstens in der Re-
ion ist unübersehbar. Eine regionale Sicherheitsinitia-
ive wäre dringend nötig, um Vertrauen und Transparenz
u schaffen; es zeigen sich aber keinerlei Ansätze dazu.
akistan ruft nach Gleichbehandlung mit Indien und
hina ist zu einer Unterstützung von Pakistans Wün-
chen bereit. Statt eines Rüstungswettlaufs bedarf es
ringend einer Abrüstungsinitiative. Eine regionale
ukleare Abrüstung ist so lange völlige Illusion, wie die
ffiziellen Kernwaffenstaaten ihrerseits nicht bereit sind,
hren Abrüstungsverpflichtungen aus Art. VI des NVV
achzukommen. Seit der Überprüfungskonferenz zum
VV im Jahr 2000 hat es keinerlei Fortschritte auf die-
em Gebiet gegeben. Die USA weigern sich, den Atom-
eststoppvertrag zu ratifizieren, und halten sich damit die
3210 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) )
(B) )
Hintertüre offen, für neue Waffendesigns wieder testen
zu können.
Es gibt immer noch kein Verhandlungsmandat für ei-
nen Produktionsstopp waffenfähigen Spaltmaterials, ob-
wohl seit über einem Jahrzehnt darüber in der Genfer
Konferenz gerungen wird. Im Übrigen macht ein FMTC
ohne Verifikationsregime keinen Sinn. Die USA lehnen
ein Verifikationsregime ab, was ihre Aussage, ein FMCT
anzustreben, nicht besonders glaubwürdig macht.
Die neuen Nukleardoktrinen, die auch präventive
bzw. präemptive Schläge gegen andere Länder zulassen,
müssen jedem Land den Besitz eigener Nuklearwaffen
erstrebenswert erscheinen lassen.
All dies zusammengenommen lässt schon verständ-
lich erscheinen, dass Kritiker bei dem US-Indien-Deal
vom „Todeskuss“ für das Nichtverbreitungsregime spre-
chen.
Wir können kein Interesse daran haben, an diesem
„Todeskuss“ beteiligt zu sein. Wir haben aber den Reali-
täten ins Auge zu sehen.
Der Deal liegt auf dem Tisch. Keine Regierung kann
ein Interesse daran haben, einen tief greifenden Konflikt
mit den USA zu riskieren. Die USA haben ein geostrate-
gisches Interesse, Indien als Gegengewicht zu China zu
stärken und damit einen starken strategischen Partner zu
haben.
Ein Milliardenvolk, das wirtschaftlich und technolo-
gisch eine stürmische Entwicklung macht, ist ein attrak-
tiver Partner – auch für Europa. Die EU-Indienstrategie
spricht eine deutliche Sprache. Auch in diesem Doku-
ment ist die Rede von der Förderung und Kooperation
auf dem Felde der zivilen Nutzung der Nuklearenergie,
obwohl alle europäischen Länder Mitglieder in der Nu-
clear Suppliers Group sind und sich zu Restriktionen
beim Technologieexport an Nichtmitglieder beim Nicht-
verbreitungsvertrag verpflichtet haben. Frankreich und
Großbritannien, die beiden europäischen Nuklear-
mächte, signalisieren Unterstützung für den Deal. Frank-
reich strebt ein eigenes bilaterales Abkommen der Nu-
klearkooperation mit Indien an und arbeitet zusammen
mit den USA an einem Stufenplan, um die zivile Brenn-
stoffversorgung international sicherzustellen. Russland
und Kanada haben ebenfalls positiv reagiert.
Sind also die Dämme schon gebrochen? Fakt ist, dass
Indien aufgrund seiner Bedeutung als große Demokratie
eingebunden werden muss in die internationalen Re-
gime. Wir werden auch Indien nicht mehr zum Nicht-
kernwaffenstaat machen können.
Aber wir müssten von Indien mehr verlangen, als der
Deal fordert und Indien bisher zuzugestehen bereit ist:
Erstens muss Indien den CTBT zeichnen und ein dau-
erhaftes, unkonditioniertes Moratorium einhalten.
Zweitens muss Indien einen Produktionsstopp für
waffenfähiges Spaltmaterial zusichern.
Drittens muss Indien sein Kernwaffenarsenal nach-
prüfbar auf dem heutigen Stand einfrieren und transpa-
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ent nachvollziehbar machen, dass das zivile Programm
usschließlich der Energiesicherung dient.
Viertens muss Indien mit der IAEA umfassende Safe-
uards abschließen und ein Zusatzprotokoll zeichnen.
Fünftens muss sich Indien verpflichten, seine eigenen
xportkontrollen sensitiver Technologien dem strengen
tandard der Nuclear Suppliers Group anzupassen.
Nur mit diesen Maßnahmen könnte man davon reden,
ndien näher an das Nonproliferationsregime herange-
racht zu haben.
Darüber hinaus muss es eine regionale Sicherheitsini-
iative geben, die China und Pakistan einbezieht und ein
egionales nukleares Wettrüsten verhindert. Eine solche
egionale Sicherheitsinitiative muss sich auch auf den
ereich der konventionellen Rüstung beziehen und eine
ösung der regionalen Konflikte anstreben.
Der US-lndien-Deal hat uns mit aller Schärfe die
rise der Nichtverbreitungspolitik vor Augen geführt.
pätestens seit der Überprüfungskonferenz zum Atom-
affensperrvertrag im Jahr 2005 kann man von einer
efahr des Scheiterns dieses Vertrages reden. Nordkorea
st aus dem Vertrag ausgestiegen und behauptet, Atom-
affen zu besitzen. Findet die Krise um das Atompro-
ramm Irans keine Lösung, droht auch Iran mit Aus-
tieg.
Es muss also eine vordringliche Aufgabe der interna-
ionalen Staatengemeinschaft in den kommenden Jahren
ein, das Nichtverbreitungsregime wieder zu festigen;
onst werden weitere Staaten Nuklearwaffen für wün-
chenswert halten.
Nuklearwaffen dürfen nicht den Rang von Kriegsfüh-
ungswaffen erhalten, die Nukleardoktrinen müssen dies
indeutig feststellen. Nicht-Nuklearwaffenstaaten brau-
hen die in Aussicht gestellten Sicherheitsgarantien.
nd die fünf offiziellen Atommächte müssen endlich ih-
en Abrüstungsverpflichtungen aus Art. VI des NVV
achkommen. Die 13 Punkte der Erklärung nach der
berprüfungskonferenz von 2000 warten immer noch
uf ihre Umsetzung.
Eine ernsthafte Prüfung der Vorschläge zur Internatio-
alisierung des Brennstoffkreislaufes gehört dringlich
uf die Tagesordnung – allerdings nicht als Sonderrege-
ung für einzelne Staaten, sondern für alle. Gerade die
oppelten Standards, die anhand des US-Indien-Deals
ichtbar werden, tragen zur Unterminierung des Nicht-
erbreitungsregimes bei.
nlage 19
Amtliche Mitteilungen
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 16. Mai
006 mitgeteilt, dass sie den Antrag Umfassende Be-
ichterstattung des Bundes zur Forschungs- und Tech-
ologiepolitik sicherstellen auf Drucksache 16/266 zu-
ückzieht.
Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit-
eteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006 3211
(A) )
(B) )
Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
nachstehenden Vorlage absieht:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Straßenbaubericht 2005
– Drucksache 16/335 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Innenausschuss
Drucksache 16/419 Nr. 2.17
Drucksache 16/419 Nr. 2.42
Drucksache 16/629 Nr. 2.25
Drucksache 16/629 Nr. 2.31
Drucksache 16/629 Nr. 2.35
Drucksache 16/901 Nr. 1.3
Drucksache 16/901 Nr. 1.4
Drucksache 16/993 Nr. 2.3
Rechtsausschuss
Drucksache 16/150 Nr. 2.84
Drucksache 16/150 Nr. 2.225
Drucksache 16/629 Nr. 2.21
Drucksache 16/629 Nr. 2.22
Drucksache 16/629 Nr. 2.27
Drucksache 16/820 Nr. 1.13
Drucksache 16/820 Nr. 1.14
Drucksache 16/820 Nr. 1.15
Finanzausschuss
Drucksache 16/901 Nr. 2.13
Drucksache 16/1101 Nr. 2.6
Haushaltsausschuss
Drucksache 16/722 Nr. 1.3
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Drucksache 16/150 Nr. 2.90
Drucksache 16/150 Nr. 2.94
Drucksache 16/150 Nr. 2.97
Drucksache 16/150 Nr. 2.105
Drucksache 16/150 Nr. 2.106
Drucksache 16/150 Nr. 2.114
Drucksache 16/150 Nr. 2.115
Drucksache 16/150 Nr. 2.124
Drucksache 16/150 Nr. 2.133
Drucksache 16/150 Nr. 2.134
Drucksache 16/150 Nr. 2.162
Drucksache 16/150 Nr. 2.163
Drucksache 16/150 Nr. 2.164
Drucksache 16/150 Nr. 2.175
Drucksache 16/150 Nr. 2.176
Drucksache 16/150 Nr. 2.181
Drucksache 16/150 Nr. 2.194
Drucksache 16/150 Nr. 2.217
Drucksache 16/150 Nr. 2.251
Drucksache 16/150 Nr. 2.254
Drucksache 16/150 Nr. 2.276
Drucksache 16/288 Nr. 1.3
(C
(D
Drucksache 16/288 Nr. 2.14
Drucksache 16/288 Nr. 2.21
Drucksache 16/419 Nr. 2.8
Drucksache 16/419 Nr. 2.22
Drucksache 16/419 Nr. 2.25
Drucksache 16/419 Nr. 2.26
Drucksache 16/419 Nr. 2.30
Drucksache 16/419 Nr. 2.43
Drucksache 16/419 Nr. 2.44
Drucksache 16/419 Nr. 2.45
Drucksache 16/419 Nr. 2.46
Drucksache 16/419 Nr. 2.51
Drucksache 16/419 Nr. 2.57
Drucksache 16/419 Nr. 2.58
Drucksache 16/419 Nr. 2.60
Drucksache 16/419 Nr. 2.64
Drucksache 16/481 Nr. 1.6
Drucksache 16/481 Nr. 1.9
Drucksache 16/629 Nr. 2.3
Drucksache 16/629 Nr. 2.5
Drucksache 16/629 Nr. 2.23
Drucksache 16/722 Nr. 1.5
Drucksache 16/722 Nr. 1.6
Drucksache 16/722 Nr. 1.25
Drucksache 16/901 Nr. 2.16
Drucksache 16/901 Nr. 2.20
Drucksache 16/901 Nr. 2.21
Drucksache 16/993 Nr. 2.8
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz
Drucksache 16/150 Nr. 1.21
Drucksache 16/150 Nr. 1.33
Drucksache 16/150 Nr. 1.53
Drucksache 16/150 Nr. 1.63
Drucksache 16/150 Nr. 2.71
Drucksache 16/150 Nr. 2.107
Drucksache 16/150 Nr. 2.169
Drucksache 16/150 Nr. 2.170
Drucksache 16/288 Nr. 2.23
Drucksache 16/288 Nr. 2.27
Drucksache 16/288 Nr. 2.28
Drucksache 16/288 Nr. 2.29
Drucksache 16/288 Nr. 2.42
Drucksache 16/419 Nr. 2.4
Drucksache 16/419 Nr. 2.6
Drucksache 16/419 Nr. 2.28
Drucksache 16/419 Nr. 2.29
Drucksache 16/419 Nr. 2.68
Drucksache 16/481 Nr. 1.4
Drucksache 16/629 Nr. 2.12
Drucksache 16/629 Nr. 2.19
Drucksache 16/629 Nr. 2.20
Drucksache 16/629 Nr. 2.29
Drucksache 16/901 Nr. 1.5
Drucksache 16/901 Nr. 2.11
Drucksache 16/993 Nr. 2.16
Drucksache 16/1101 Nr. 1.3
Drucksache 16/1101 Nr. 2.11
Drucksache 16/1101 Nr. 2.13
Drucksache 16/1101 Nr. 2.18
Drucksache 16/1101 Nr. 2.19
Drucksache 16/1207 Nr. 1.6
Drucksache 16/1207 Nr. 1.7
Drucksache 16/1207 Nr. 1.11
Drucksache 16/1207 Nr. 1.15
Drucksache 16/1207 Nr. 2.21
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Drucksache 16/722 Nr. 1.10
Drucksache 16/722 Nr. 1.18
Drucksache 16/722 Nr. 1.24
3212 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
(A) (C)
(B) (D)
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 16/820 Nr. 1.45
Drucksache 16/820 Nr. 1.46
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Drucksache 16/901 Nr. 2.24
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
Drucksache 16/150 Nr. 1.8
Drucksache 16/150 Nr. 1.14
Drucksache 16/150 Nr. 1.16
Drucksache 16/150 Nr. 1.17
Drucksache 16/150 Nr. 1.44
Drucksache 16/150 Nr. 1.46
Drucksache 16/150 Nr. 1.47
Drucksache 16/150 Nr. 2.4
Drucksache 16/150 Nr. 2.19
Drucksache 16/150 Nr. 2.52
Drucksache 16/150 Nr. 2.215
Drucksache 16/419 Nr. 1.7
Drucksache 16/419 Nr. 2.24
Drucksache 16/419 Nr. 2.61
Drucksache 16/481 Nr. 1.17
Drucksache 16/722 Nr. 1.4
Drucksache 16/901 Nr. 2.18
Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union
Drucksache 16/150 Nr. 1.30
Drucksache 16/150 Nr. 2.74
Drucksache 16/150 Nr. 2.118
Drucksache 16/150 Nr. 2.130
Drucksache 16/150 Nr. 2.158
Drucksache 16/150 Nr. 2.196
Drucksache 16/150 Nr. 2.197
Drucksache 16/288 Nr. 2.34
Drucksache 16/419 Nr. 2.2
Drucksache 16/901 Nr. 2.26
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 16/820 Nr. 1.73
Drucksache 16/820 Nr. 1.74
Drucksache 16/901 Nr. 2.9
Drucksache 16/993 Nr. 2.7
36. Sitzung
Berlin, Freitag, den 19. Mai 2006
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13
Anlage 14
Anlage 15
Anlage 16
Anlage 17
Anlage 18
Anlage 19