Rede von
Jörg
van
Essen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ibt in unserem Land kaum ein größeres Aufregerthema
ls die Diäten der Abgeordneten. Ich bin sehr dankbar,
ass der Präsident darauf hingewiesen hat, dass Ruhe
nd Vernunft dieser Diskussion außerordentlich gut tun.
eshalb darf ich schon ankündigen: Ich werde all denen,
ie diese Diskussion mit grüner Gesichtsfarbe bestreiten
ollen, heute keine Munition geben,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2005 581
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Jörg van Essen
schon deshalb, weil ich das Gefühl habe, dass wir als
Parlament in Deutschland mit dem Geld des Steuerzah-
lers grundsätzlich sorgfältig umgehen.
Der Steuerzahler hat auch Anspruch darauf.
Demokratie darf nie ein Billigmodell werden. Demo-
kratie kostet. Die Aufstellungen, die ich mehrfach beim
Bundestagspräsidenten angefordert habe, haben aber ge-
zeigt, dass wir sorgfältig mit dem Geld umgehen. Sie ha-
ben beispielsweise gezeigt, dass der Deutsche Bundes-
tag nach dem Kongress der Vereinigten Staaten das
zweitkleinste Parlament ist. Es wird immer übersehen,
dass es nicht auf die schiere Zahl der Abgeordneten, son-
dern auf die Zahl pro Einwohner ankommt. Demnach ist
der Bundestag das zweitkleinste Parlament. Ganz wich-
tig finde ich auch: Wenn man sich die Kosten der Parla-
mente für den Steuerzahler anschaut, dann sieht man,
dass der Bundestag auch dort ganz weit hinten, auf dem
zweitletzten Platz, liegt. Ich finde, das sind gute Bot-
schaften, die wir leider nie in den Medien lesen können.
Trotzdem ist es – ich habe es gesagt – ein Aufreger-
thema. Deswegen müssen wir uns damit befassen. Wir
müssen uns auch deshalb damit befassen, weil der Bun-
destagspräsident in den letzten Wochen Vorschläge auf-
gegriffen hat, die die FDP-Bundestagsfraktion seit nun-
mehr zehn Jahren immer wieder in das Parlament
einbringt. Grundlage unserer Vorschläge sind die Über-
legungen, die wir im Jahre 1995 angestellt haben.
– Ja, in diesem Fall bin ich gern Wiederholungstäter,
Herr Kollege Wiefelspütz. – Damals, im Jahre 1995, hat-
ten sich die beiden großen Fraktionen – in vorwegge-
nommener großer Koalition – dazu entschlossen, die
Rechtsverhältnisse der Abgeordneten weitgehend an die
der Beamten anzulehnen. Für uns war vollkommen klar:
Abgeordnete sind keine Beamten und haben auch keine
beamtenähnliche Tätigkeit.
Das muss sich auch bei der Gestaltung der Rechtsver-
hältnisse ganz eindeutig zeigen.
Der wichtigste Punkt, bei dem sich das zeigen muss,
ist aus unserer Sicht die Altersversorgung. Wir haben
im Augenblick eine beamtenähnliche Pension. Wir sind
schon deshalb nicht mit den Beamten zu vergleichen,
weil unsere verfassungsrechtliche Stellung klar und ein-
deutig besagt: Abgeordnete sind unabhängig.
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Sie haben keinen Chef. Deshalb, denke ich, sind wir
ut beraten, uns bei der Altersversorgung an den Model-
n zu orientieren, die es bei den freien Berufen, beispiels-
eise bei den Journalisten, Ärzten und Rechtsanwälten,
ibt: Sie zahlen eigene Mittel in die Altersversorgung
in – sie haben Altersversorgungswerke –, mit denen
chließlich die Pension bezahlt wird. Mit unserem Vor-
chlag orientieren wir uns klar und eindeutig daran.
In den letzten zehn Jahren haben wir immer wieder
ören müssen: Das lässt sich nicht machen, das ist nicht
msetzbar; da wird es einen Sturm der Entrüstung in den
edien, beim Bund der Steuerzahler geben.
s gibt inzwischen ein Beispiel, das zeigt, dass es geht:
ordrhein-Westfalen hat es umgesetzt.
ie Medien haben deutlich gemacht, dass es vernünftig
ar. Auch der Bund der Steuerzahler hat zugestimmt.
as Allerwichtigste ist: Die Lösung, die gefunden wor-
en ist, hat unter dem Strich erhebliche Einsparungen für
en Steuerzahler gebracht. Auch das ist uns in der Situa-
ion, in der sich im Augenblick unsere öffentlichen
aushalte befinden, wichtig.
Der zweite Vorschlag, den wir machen, ist, die Be-
timmung der Höhe der Diäten aus dem Parlament he-
auszuverlagern. Die Bestimmung der Höhe ist nicht
eshalb unsere Aufgabe, weil wir es uns wünschen, son-
ern weil das Bundesverfassungsgericht klar und deut-
ich gesagt hat: Die Abgeordnetenbezüge müssen durch
in Gesetz und damit durch die Abgeordneten selbst
estgelegt werden. Wer aber die Chance hat, die Höhe
einer Bezüge selbst festzulegen, der ist natürlich sofort
m Verdacht, dass er das nicht zu seinem Nachteil tut.
eshalb werden wir uns immer wieder mit dem Vorwurf
er Selbstbedienung konfrontiert sehen.
Genau, das kann man dem Bundestag nicht vorwerfen.
ie gesagt: Wir sind durch das Bundesverfassungsge-
icht dazu gezwungen worden.
Wir machen Ihnen deshalb erneut den Vorschlag, dies
us dem Parlament auf eine unabhängige Kommission
erauszuverlagern, die die Höhe der Diäten festsetzt.
amit gar nicht erst der Vorwurf entsteht, die Zusam-
ensetzung dieser Kommission werde so gesteuert, dass
s für die Abgeordneten günstig sei, ist unser Vorschlag
n Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass diese
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Jörg van Essen
Kommission vom Bundespräsidenten als neutrale Insti-
tution eingesetzt wird.
Auch dafür, wer in diese Kommission gehört, zeigt
Nordrhein-Westfalen Beispiele: Kollegen, die im Parla-
ment Erfahrung gesammelt haben, aber auch Kritiker
wie beispielsweise der Bund der Steuerzahler, der sich
mit Gehältern im eigenen Bereich sehr gut auskennt, wie
man kürzlich hören könnte, als es um die Höhe der Ein-
künfte des Präsidenten des Bundes der Steuerzahler
ging.
– Der Bund der Steuerzahler kennt sich offensichtlich
aus, Herr Kollege Wiefelspütz. Deshalb soll er sich aus-
drücklich als Kritiker in dieser Kommission wiederfin-
den.
Ich glaube, dass das kein Verstoß gegen das Demo-
kratieprinzip ist. Wir kennen solche Verlagerungen aus
dem Parlament heraus – beispielsweise an das Bundes-
verfassungsgericht – durchaus auch aus anderen Berei-
chen. Wir müssen natürlich im Abgeordnetengesetz den
Rahmen vorgeben, in dem sich die Kommission zu be-
wegen hat. Von daher ist das aus meiner Sicht kein Ver-
stoß gegen das Demokratieprinzip.
Eine letzte Bemerkung. Aufregerthema ist auch im-
mer wieder die Kostenpauschale der Abgeordneten.
Auch das soll selbstverständlich von der Kommission
geprüft und entschieden werden. Trotzdem rate ich auch
da zu einer sachlichen Diskussion. Wer mit Freunden in
der Wirtschaft spricht, der stellt fest, dass die Wirtschaft
sehr oft zu dem Mittel der Pauschale greift, weil es die
für die Wirtschaft günstigere Lösung ist. Ich habe das
Gefühl, dass die Kostenpauschale, die wir jetzt als Abge-
ordnete bekommen, ebenfalls für den Steuerzahler – das
ist für die FDP-Bundestagsfraktion das Entscheidende –
die kostengünstigere Lösung ist.
Wenn wir eine Einzelabrechnung haben, bedeutet das,
dass wir eine entsprechende Verwaltung im Bundestag
oder auch in der Finanzverwaltung brauchen, die das
Ganze nachprüfen muss. Das kostet Geld. Deshalb,
denke ich, sind wir gut beraten, auch hier sachlich zu
bleiben. Wir sind in der Verpflichtung gegenüber dem
Steuerzahler, die für ihn günstigste Lösung zu wählen.
Aus unserer Sicht ist, wie gesagt, die Pauschale die für
den Steuerzahler günstigere Lösung.
Ich freue mich sehr, dass wir jetzt endlich sachlich
diskutieren können, auch aufgrund der Vorschläge, die
der Bundestagspräsident gemacht hat; wir werden ja im
Januar zusammenkommen. Damit wir das auf einer
guten Grundlage tun können, bringen wir unseren Ge-
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