Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Herr Otto, Sie sind ein fan-
astischer Stichwortgeber. Hätte ich geahnt, mit welchem
emperament Herr Börnsen hier vorträgt, hätte ich
eine Rede wahrscheinlich zur Gitarre vorgetragen. Das
äre dann vielleicht ein adäquater Beitrag gewesen.
Aber bevor diese Debatte entgleitet: Herr Neumann,
ch möchte Ihnen zu Ihrer neuen Aufgabe herzlich gratu-
ieren. Sie treten ein verantwortungsvolles Amt an. Ich
in davon überzeugt, dass Sie es ausfüllen werden. Ich
uss aber zu bedenken geben, dass jeder Ihrer Vorgän-
er, Herr Naumann – er war der erste Staatsminister für
ultur –, Herr Nida-Rümelin, Frau Dr. Weiss, dieses
mt individuell geprägt hat. Dadurch wurden auch ein
aar Duftmarken gesetzt.
Damit komme ich auf Herrn Börnsen zu sprechen.
err Börnsen, zugegebenermaßen hat auch mich gestern
efreut, was unsere Kanzlerin zur Kultur gesagt hat. Ich
rinnere mich an vergleichbare Inhalte in Regierungser-
lärungen zu Zeiten der rot-grünen Koalition.
Ich finde diese Erklärung sehr wichtig. Eine solche
rklärung bindet auch öffentlich. Wichtig ist auch, dass
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Siegmund Ehrmann
Strukturen geschaffen werden. Diese Strukturen sind
1998 geschaffen worden.
Der Ausschuss für Kultur und Medien und das Amt des
Staatsministers für Kultur, das sind Einrichtungen, die
die alte Koalition seinerzeit initiiert hat.
Ich lasse diesen Blick zurück, stelle für mich aber
fest, dass mit diesen Strukturen, auch den parlamentari-
schen Strukturen, der Blick konzentrierter auf Kultur-
und Medienpolitik gelenkt wurde. Das haben wir nicht
nur hier im Parlament erlebt, sondern das hat auch die
Öffentlichkeit wahrgenommen.
Das ermutigende Signal, das sicherlich gestern von
der Regierungserklärung, aber auch von Ihrem Beitrag
ausging, hat uns letztlich auch in die Pflicht genommen.
Die Pflicht ergibt sich aus der kritischen öffentlichen
Begleitung unserer Koalitionsverhandlungen. In den
Feuilletons war manch kritischer, manch mahnender
Kommentar zu lesen. Ich persönlich bin allerdings zu-
versichtlich, dass wir den hier bereits vorgetragenen in-
haltlichen Verabredungen, die wir getroffen haben, nach-
kommen und den Ansprüchen, die wir an unsere
parlamentarische Arbeit haben, aber auch den Ansprü-
chen, die die Öffentlichkeit zu Recht an uns richtet, in
vollem Umfang gerecht werden. Aus alledem, was wir
uns vorgenommen haben, werden sich neue Perspekti-
ven für Kunst und Kultur entwickeln.
Wir wissen – das bleibt auch unter den Bedingungen
der großen Koalition unstrittig –, dass die Förderung
von Kunst und Kultur primär Aufgabe von Ländern
und Kommunen ist. Dies betone ich, ohne das große En-
gagement der Bürgerschaft und der Wirtschaft gering zu
schätzen; im Gegenteil. Ebenso unstrittig ist, dass es eine
wichtige Aufgabe auch des Bundestages ist, Bedingun-
gen zu schaffen, unter denen sich Kunst und Kultur unter
veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnissen weiterentwickeln können. Ich wünsche mir
– dafür werbe ich –, dass gerade in Zeiten problemati-
scher öffentlicher Haushalte dieser Rahmen, den wir
schaffen, auch der finanzielle Rahmen, nicht in vorausei-
lendem Gehorsam beschnitten wird.
Vielmehr gilt es, diesen Rahmen neu zu nutzen, kreativ
und fantasievoll zu füllen. Dies setzt allerdings zwin-
gend voraus, dass wir über Eckdaten, über genaue
Kenntnisse der Situation von Kultur in Deutschland ver-
fügen.
– Danke. Insofern ist mein Redemanuskript logisch auf-
gebaut, Herr Otto.
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Wir haben in der letzten Legislaturperiode diese
nquete-Kommission gemeinsam eingerichtet. Sie ist
chon mehrfach erwähnt worden. Inhaltlich war der En-
uete-Kommission die Behandlung von drei Themen-
chwerpunkten auferlegt worden. Es ging um eine Ana-
yse der Situation der öffentlichen und privaten
ulturförderung. Zentral war auch das Thema der wirt-
chaftlichen und sozialen Situation der Künstlerinnen
nd Künstler. Frau Bettin, ich empfehle den sozialpoliti-
chen Teil des Koalitionsvertrages Ihrer Aufmerksam-
eit. Dort werden Sie finden, dass Erkenntnisse aus der
rbeit der Enquete-Kommission schon eingeflossen
ind. Wir haben gemeinsam vereinbart, die Künstlersozi-
lkasse zu stabilisieren, aber auch – das ist ebenfalls sehr
ichtig – die Wirkungen der Arbeitsmarktreform im Be-
eich der Künstlerinnen und Künstler genau zu untersu-
hen. Bei Anhörungen in der Enquete-Kommission ha-
en wir insofern doch einige bedenkliche Situationen
ahrgenommen. Der Ombudsbericht wird uns in den
ächsten Monaten begleiten. Wir werden die Lebensbe-
ingungen der Künstlerinnen und Künstler im Blick be-
alten und da sehr umsichtig agieren müssen.
Beim letzten Punkt, nicht inhaltlich an letzter Stelle,
ber in der Systematik der Arbeit der Enquete-Kommis-
ion, ging es um den Kulturstandort Deutschland und
ier insbesondere um die Situation der kulturellen Bil-
ung. Herr Börnsen hat einen wichtigen Aspekt ange-
prochen, nämlich die Frage: Welche Chancen liegen im
onzept des erweiterten Ganztagsbetriebs, was die Ver-
nüpfung der kommunalen Kulturstrukturen mit den
ufgaben in der Schule angeht?
Die Enquete-Kommission hat, wie erwähnt, die Ar-
eit nicht abschließen können. Sie hat allerdings einen
mfassenden Tätigkeitsbericht vorgelegt. Ich möchte an
er Stelle herzlich danken der Kollegin Connemann, die
ie Enquete-Kommission verantwortlich geleitet hat,
ber auch allen anderen Mitgliedern
nd den Sachverständigen, die uns sehr qualifiziert be-
leitet haben, vor allem aber dem Sekretariat. Auf der
rundlage dieses Berichts wird es möglich sein, da wie-
er anzuknüpfen. Mir liegt sehr am Herzen, dass auch
ie neue Fraktion, die dem Hause jetzt angehört, eine
hance hat mitzuarbeiten. Es geht darum, dass wir ge-
einsam Grundlagen entwickeln und möglichst konzen-
riert die offenen Fragen angehen.
Wohlgemerkt, der eigentliche Arbeitsauftrag ist,
andlungsempfehlungen zu formulieren. Auf eine
andlungsempfehlung ist hier schon verwiesen worden,
ämlich Kultur als Staatsziel. Sie ist nicht in die Koali-
ionsvereinbarung eingeflossen. Es ist aber eine sehr
rnst gemeinte Handlungsempfehlung. Wir werden uns
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Siegmund Ehrmann
als Parlament mit Sicherheit intensiv damit auseinander
setzen müssen. Wenn wir in die Landesverfassungen
schauen, finden wir bei verschiedenen Bundesländern
eine klare, deutliche Selbstverpflichtung. Da ich davon
ausgehe, dass die Bundesrepublik mehr ist als die Addi-
tion der Bundesländer, stünde es auch unserer Verfas-
sung gut an, wenn wir diese Handlungsempfehlung wie
vorgeschlagen im Parlament beraten und möglichst zu
einem gemeinsamen Beschluss kommen.
Letzter Punkt; ich sehe hier schon das mahnende
Signal.