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ID1600407100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/4 Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . Matthias Platzeck, Ministerpräsident (Brandenburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung (Drucksache 16/106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C 102 C 106 D 107 A 111 A 114 D 118 D 121 D 124 C 126 C 149 C 151 A 153 A 154 C 155 B Deutscher B Stenografisch 4. Sitzu Berlin, Mittwoch, den 3 I n h a l Begrüßung des Premierministers der Repu- blik Singapur, Herrn Lee . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Hermann Otto Solms . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Dorothee Mantel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung der Bundeskanzlerin mit anschließender Aussprache . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . H M D W D M G D D F P 75 A 75 B 75 B 75 B 76 C 76 C 92 A 95 D Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 129 B 130 D undestag er Bericht ng 0. November 2005 t : eidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . r. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . ichael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . r. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 A 134 C 135 C 137 B 138 C 139 B 140 D 141 C 142 C 144 C 146 B 148 B in Verbindung mit II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Zollfahndungs- dienstgesetzes (Drucksache 16/88) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Neskovic (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 27. November 2003 zur Änderung des Europol-Über- einkommens und zur Änderung des Eu- ropol-Gesetzes (Drucksache 16/30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über konjunkturstatistische Erhebun- gen in bestimmten Dienstleistungsberei- chen (Dienstleistungskonjunkturstatis- tikgesetz – DlKonjStatG) (Drucksache 16/36) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Königreich der Nieder- lande über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten (Drucksache 16/57) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Erhöhung der Anzahl von Ausschussmitgliedern (Drucksache 16/110) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 B 155 C 158 A 159 D 161 D 163 D 165 B 166 D 168 C 168 D 168 D 169 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über den Betrieb elektronischer Maut- systeme (Mautsystemgesetz – MautSysG) (Drucksache 16/32) . . . . . . . . . . . . . . . . . . N A L168 C ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 169 C 171 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 75 (A) ) (B) ) 4. Sitzu Berlin, Mittwoch, den 3 Beginn: 11.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 171 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bollen, Clemens SPD 30.11.2005 Ernstberger, Petra SPD 30.11.2005 Piltz, Gisela FDP 30.11.2005 Schily, Otto SPD 30.11.2005 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 30.11.2005 Wächter, Gerhard CDU/CSU 30.11.2005 4. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Gehb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In vie-

    en Zeitungsberichten über die Koalitionsvereinbarung
    m Bereich der Rechtspolitik dominierte das Strafrecht.
    achträgliche Sicherungsverwahrung – Herr Kollege
    ieland: „nachträgliche“ Sicherungsverwahrung


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


    Sie haben es eben vielleicht phonetisch nicht verstan-
    en – heißt, dass ein 17-jähriger Jugendlicher, der wäh-
    end seiner Zeit im Strafvollzug gezeigt hat, dass er the-
    apieresistent ist, nicht wieder herausgelassen werden
    arf, sozusagen als tickende Zeitbombe.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    egelungen über Stalking, Zwangsheirat, Zwangsprosti-
    ution oder die Kronzeugenregelung seien hier als Stich-
    orte genannt – sicherlich alles wichtige und richtige
    esetzesvorhaben. Aber wir sollten doch nicht den Ein-
    ruck erwecken, als erschöpfe sich die Rechtspolitik da-
    in.

    Zu Recht hat uns die Bundeskanzlerin heute Morgen
    ufgefordert:

    Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen! Lassen Sie
    uns die Wachstumsbremsen lösen! Lassen Sie uns
    uns selbst befreien von Bürokratie und altbackenen






    (A) )



    (B) )


    Dr. Jürgen Gehb
    Verordnungen! Viele unserer europäischen Nach-
    barn zeigen uns …, was möglich ist.

    Diese Worte und diese Aufforderungen an uns alle
    sind auch für die Rechtspolitik gültig: Auch hier gilt es,
    auf die Herausforderungen einer veränderten Zeit und ei-
    ner veränderten Welt möglichst rasch die passenden Ant-
    worten zu geben. Sicherlich können wir auf unsere
    Rechtsordnung und unsere Rechtspraxis stolz sein


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freiheit für die Sicherheitsorgane!)


    und insgesamt ist unsere Justiz noch immer ein dickes
    Plus und ein wichtiger Standortfaktor für Deutschland.
    Deswegen sollte man auch mit dem Begriff der „großen
    Justizreform“ und allen damit verbundenen Zusammen-
    legungen von gewachsenen, traditionellen Fachgerichts-
    barkeiten vorsichtig umgehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    Wenn man eine Resettaste drücken könnte, könnte man
    manches sich anders entwickeln lassen. Die Frage ist
    aber, ob man alte Rechtstraditionen jetzt mit einem
    Schlag und in Bausch und Bogen verändern sollte. Da
    muss man im Detail genau hinschauen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hörte man vorhin ganz anders!)


    Dennoch müssen wir immer wieder fragen: Welche
    Spielregeln haben im Laufe der Jahrzehnte ein wenig Pa-
    tina angesetzt? Welche Spielregeln sind vielleicht viel zu
    kompliziert geworden? Und welche neuen Spielregeln
    brauchen wir gar, um den Wünschen und Bedürfnissen
    unserer Bürger wie auch der Wirtschaft gerecht zu wer-
    den? Denken Sie beispielsweise an die Konkurrenz
    durch ausländische Rechtsformen, der wir uns in
    Europa und in einer globalisierten Welt unweigerlich
    stellen müssen! Wir als große Koalition nehmen diese
    Herausforderung jetzt an. Wenn inzwischen fast jede
    fünfte Neugründung einer Kapitalgesellschaft in
    Deutschland in Form einer britischen Limited erfolgt,
    dann haben wir darauf eine Antwort zu geben, und zwar
    eine Antwort, die so attraktiv ist, dass sie dem einzelnen
    Existenzgründer in diesem Land die Flucht in ausländi-
    sche Rechtsformen überflüssig macht und selbstver-
    ständlich auch unsere Rechtsordnung im Wettbewerb
    mit anderen stärkt.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vor diesem Hintergrund ist die verabredete GmbH-
    Reform wichtig, richtig und viel bedeutungsvoller, als
    manche dies im ersten Augenblick denken. Es gibt
    hierzu Vorarbeiten aus dem Haus der Justizministerin;
    einzelne Länder haben Überlegungen angestellt und
    auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat im Herbst
    einen Anstoß zur Schaffung einer so genannten Unter-
    nehmensgründungsgesellschaft gegeben. Das ist, wie ich
    finde, ein schöner produktiver Wettbewerb der besten
    Ideen.

    Erlauben Sie mir, einen weiteren Punkt aufzugreifen,
    der wichtig ist, wenn wir es schaffen wollen, in Europa

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    (C (D ieder aufzuschließen. Wir müssen uns doch ernsthaft ragen, ob das Zusammenspiel zwischen dem geltenden eutschen Planungsund Genehmigungsrecht und den uropäischen Vorgaben nicht dazu geführt hat, dass der ndustrieund Wirtschaftsstandort Deutschland im Konert unserer europäischen Nachbarn stark gelitten hat nd ob er ohne massive Änderungen weiterhin Schaden ehmen wird. Jeder, der das Wort „Vorfahrt für Arbeit“ rnst nimmt – wir stehen in unserer Fraktion dafür ein –, uss für eine baldige Reform des Planungsund Genehigungsrechts eintreten. Wir müssen auch wieder eine Debatte darüber führen, b das Verhältnis zwischen Individualund Gemeinohlinteressen nicht neu justiert werden muss. In meiner eit als Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof abe ich dem Senat für atomrechtliche, imissionsschutzechtliche und abfallrechtliche Verfahren angehört. In assel ist man von zwei Autobahnen umgeben, nämlich on der A 44 und der A 49. Die A 49 dümpelt seit 1 Jahren vor sich hin und endet auf einem Feldweg im irwana. Im 16. Jahr der Wiedervereinigung ist die A 44 erade einmal in einem Teilabschnitt von drei Kilometern ertig gestellt. Während in anderen Staaten inzwischen um 20. Mal der Straßenbelag erneuert wird, fahren wir och mit dem Finger auf der Landkarte herum und suchen ine geeignete Trasse. Aber links gibt es Kaulquappen, echts gibt es Kammmolche, in der Mitte ist ein Trockenasen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Irgendetwas stimmt nicht mit Kassel! Was ist denn da los?)


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    eine Damen und Herren, wenn das so weitergeht, dür-
    en wir uns nicht wundern, dass alle Großprojekte mit ei-
    em Moratorium belegt sind.

    Ich warne davor, falsche Begehrlichkeiten und Hoff-
    ungen zu wecken, indem man glaubt, nur durch Drehen
    eutscher Stellschrauben einen großen Beschleuni-
    ungseffekt zu erreichen. Es sind die FFH-Richtlinie, die
    ogelschutzrichtlinie und zuletzt die Århus-Konvention,
    urch die die Schar der Kläger unendlich ausgeweitet
    orden ist. Nicht umsonst steht in § 42 Abs. 2 VwGO,
    ass nur derjenige gegen belastende Verwaltungsakte
    lagen kann, der selbst betroffen ist. Den „quivis ex po-
    ulo“ kennen wir nicht. Aber wir haben ihn eingeführt
    it der Folge, dass sich jahrzehntelangen adminis-

    rativen Verfahren jahrzehntelange gerichtliche Anfech-
    ungsverfahren anschließen. Das muss geändert werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Peter Danckert [SPD])


    Das zeigt, wie eng inzwischen unser nationaler Spiel-
    aum geworden ist.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird die SPD-Kollegen freuen, was Sie da sagen!)


    eshalb müssen wir aufpassen, dass er zukünftig nicht
    och enger wird. Ich meine nicht, dass wir hier zurück-
    chrauben können. Aber entscheidend ist doch, meine






    (A) )



    (B) )


    Dr. Jürgen Gehb
    Damen und Herren, dass wir „in statu nascendi“, also am
    Beginn aller europäischen Regelungen, rechtzeitig
    Stoppschilder setzen, damit wir als nationale Parlamen-
    tarier nicht – wie das jetzt häufig der Fall ist – quasi in
    einer Ratifizierungsfalle sitzen und weitgehend nur noch
    Vollstreckungsgehilfen europäischer Vorgaben sind.

    Bildhaft kann ich mich an eine für Siegfried Kauder
    eher ungewöhnlich resignative Äußerung in der Debatte
    zum Europäischen Haftbefehl erinnern, als er sagte:

    Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden
    uns nicht sperren. Wir werden diesem Gesetz zur
    Umsetzung des Rahmenbeschlusses mit Tränen in
    den Augen und murrend zustimmen, weil wir keine
    andere Möglichkeit haben.

    Obwohl der Verfassungsvertrag ruht, müssen wir
    Überlegungen anstellen, ob man die Beteiligungsrechte
    nicht vorab an anderer Stelle – unabhängig von der Rati-
    fizierung – implementiert, sodass wir bereits am Anfang,
    wenn die europäischen Richtlinien formuliert werden,
    unsere nationalen Interessen durchsetzen können. An-
    sonsten werden unsere Entscheidungen immer mehr prä-
    judiziert.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist im Übrigen auch für das Selbstwertgefühl aller
    Kolleginnen und Kollegen wichtig, damit sie hinterher
    nicht sagen müssen: Ich stehe hier, ich kann nicht an-
    ders.

    Wenn wir schon beim Thema Wettbewerb innerhalb
    Europas sind, will ich kurz einen weiteren Punkt an-
    schneiden: Die Koalitionspartner haben vereinbart, dass
    die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien umgesetzt werden.
    Das ist so, als wenn man vereinbaren würde, dass es nie
    wieder Malaria in Berlin geben soll. Es ist doch klar,
    dass Richtlinien umgesetzt werden müssen. Das ist gera-
    dezu trivial. Ich kann mich daran erinnern, dass wir sie
    eins zu eins umsetzen wollten.

    Ich habe eben beklagt, dass uns die europäischen
    Richtlinien zum Teil zu enge Korsettstangen anlegen,
    und kann daher nicht verstehen, weshalb wir hier und
    dort noch einmal Anderthalbe draufsetzen. Darüber
    muss sicherlich noch mal geredet werden.

    Wie unsere Bundeskanzlerin sehe auch ich überhaupt
    keinen Grund, warum wir unseren Unternehmen mehr
    Lasten aufbürden sollen als den Unternehmen in anderen
    Ländern aufgebürdet werden, und dass wir von ihnen
    dann auch noch verlangen, dass sie schneller laufen sol-
    len. In diesen schwierigen Zeiten sollten wir die Prioritä-
    ten wirklich zum Wohle unseres Landes setzen und uns
    eng an die Vorgaben halten und sie nicht noch ausweiten.

    Meine Damen und Herren, die Bundeskanzlerin for-
    derte uns alle heute früh auf: Lassen Sie uns verzichten
    auf die eingeübten Rituale, auf die reflexhaften Auf-
    schreie, wenn wir etwas verändern wollen! Es sollte
    wirklich möglich sein, dass wir das hinter uns lassen. –
    Diese Aufforderung, diese Bitte um ein offenes und fai-
    res Gespräch möchte ich an alle Kolleginnen und Kolle-
    gen in diesem Haus, aber auch an alle außerhalb dieses

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    (C (D auses richten, wenn es um die Modernisierung des trafrechts für junge Erwachsene geht. Hören Sie doch mit dem Märchen auf, dass immer geagt wird, dass Jugendliche härter bestraft werden solen! Ein 18-Jähriger ist kein Jugendlicher! Er will sich uch sonst nirgendwo als Jugendlicher behandeln lassen. r ist ein Erwachsener! Es ist nicht einzusehen, dass ein 19-jähriger Mörder ls Haupttäter mit acht Jahren Freiheitsstrafe davonommt, während ein 22-jähriger Anstifter mit lebensänglich aus dem Gerichtssaal herausgeht. Diese Debatte uss man führen dürfen, ohne dass man gesagt be ommt: Härter, schneller und immer auf die armen Juendlichen. Das muss man in diesem Haus einfach deattieren dürfen. (Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch wird das wird die Kollegen von der SPD sehr freuen! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Meine Güte!)


    (Zurufe von der LINKEN)


    Auch in der Rechtspolitik hat sich diese Koalition viel
    orgenommen, weil wir sicher sind, dass vieles möglich
    st. Frau Ministerin, liebe Brigitte,


    (Zurufe von der LINKEN: Oh!)


    ch denke an die fast freundschaftliche Atmosphäre bei
    nseren Koalitionsverhandlungen und möchte mich an
    ieser Stelle für die freundschaftliche Bewirtung recht
    erzlich bedanken. Damit verbinde ich eine Hoffnung:
    ch hoffe, dass das Ergebnis für die Rechtspolitik in un-
    eren Koalitionsverhandlungen nicht ganz so mager wie
    ie Pellkartoffel mit dem Quark ist.

    Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Aufmerksam-
    eit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Gerda Hasselfeldt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Neskovic

on der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Neskovic


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    erren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner bin ich der
    uffassung, dass die Festlegungen im Koalitionsvertrag

    nttäuschen. Insgesamt belegen sie den geringen Stellen-
    ert, den Sie der Rechtspolitik beimessen. Sie wird als
    tiefkind und lästige Nebensache bezeichnet.


    (Dirk Manzewski [SPD]: Wo steht denn das im Vertrag?)


    ie Debatte hier hat deutlich gezeigt: Die Rechtspolitik
    ird vornehmlich auf die Begriffe Sicherheit und Frei-
    eit reduziert.






    (A) )



    (B) )


    Wolfgang Neskovic
    Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Buch-
    halterischer Fleiß bei der Aufzählung von Gesetzen
    reicht sicherlich nicht.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Eine schwache Rede, die er auch noch abliest!)


    Am Beginn des 21. Jahrhunderts sind gerade Sie als So-
    zialdemokraten für sehr viel mehr als für Sicherheit und
    Freiheit verantwortlich, wenn Sie Ihre Arbeit gut ma-
    chen wollen.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Heben Sie mal das Niveau und lassen Sie die Plattitüden!)


    Lesen Sie bei Rousseau nach, was Sie uns nicht glauben:

    Zwischen dem Starken und dem Schwachen befreit
    das Gesetz, während die Freiheit unterdrückt.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Der Starke braucht weder den Staat noch das Recht.
    Er hat die Macht. Der Schwache braucht den Staat
    und das Recht – sie schützen ihn vor dem Starken.


    (Dirk Manzewski [SPD]: Wer macht denn Verbraucherschutzrecht? Das machen wir doch!)


    Die friedensstiftende Kraft des Rechts und seine sozial-
    staatliche Fundierung werden bei Ihnen nicht erkennbar.


    (Dirk Manzewski [SPD]: Das ist doch Quatsch! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist erstes Semester!)


    – Meine Herren, bleiben Sie doch ruhig. Sie wirken ir-
    gendwie aufgeregt.


    (Dirk Manzewski [SPD]: Überhaupt nicht! Ich sage nur ganz ruhig, dass das Quatsch ist!)


    Sie wissen ja, dass ich einmal in Ihrer Partei war, und ich
    weiß, warum ich ausgetreten bin. Dafür gab es gute
    Gründe. Sie machen nämlich keine sozialstaatliche Poli-
    tik mehr.


    (Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Danckert [SPD]: Opportunist!)


    Ich setze noch eines obendrauf: Wenn die Linkspartei
    die Regierung stellen würde und für die Rechtspolitik
    verantwortlich wäre, dann könnten die Bürger in diesem
    Land zumindest auf mehr Gerechtigkeit hoffen.


    (Beifall bei der LINKEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Die vom Neuen Deutschland konnten bei der Pressefreiheit noch lauter klatschen! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Spätestens dann tritt er auch aus der Linkspartei aus!)


    Voltaire hat einmal gesagt, das Vorurteil sei die Ver-
    nunft der Narren.


    (Dirk Manzewski [SPD]: Meine Herren!)


    Sie sind dabei, ihm in diesem Punkt Recht zu geben.

    Eine linke Rechtspolitik tritt für soziale Gerechtigkeit
    und Freiheitsrechte,

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    (C (D ie Solidarität der Menschen gegen die Vernichtung urch Krieg, die innere Demokratisierung von Gesellchaft und Justiz, die Gleichheit aller, die Gleichberechigung der Geschlechter und den Schutz der Minderheien sowie die Bewahrung der Lebensgrundlagen ein. Ich abe von Ihnen kein Programm gehört. Dies hier ist ein chtes Programm, an dem sich Rechtspolitik messen ässt. (Beifall bei der LINKEN – Dirk Manzewski [SPD]: Sagen Sie doch einmal konkret, was Sie wollen!)


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir treten für die Unabhängigkeit der Richterinnen
    nd Richter ein


    (Dirk Manzewski [SPD]: Was denn? Das wollen wir auch!)


    nd schützen sie vor Einflüssen, die dagegen gerichtet
    ind. Das Grundgesetz hat die Rechtsprechung den Rich-
    ern anvertraut.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Wäre der doch nur Richter geblieben!)


    ls Demokrat auf dem Richterstuhl sind sie dem Rechts-
    taat ebenso – auch das vergessen Sie – wie dem Sozial-
    taat verpflichtet. In diesem Sinne ist der Richter poli-
    isch und sollte sich dessen bewusst sein. Aus dem
    ozialstaatsgebot folgt die Verpflichtung des Richters,
    en Schwächeren vor der Übermacht des Stärkeren zu
    chätzen. Zu einem solchen Richterbild bekennen wir
    ns.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir werden eine Justizreform, auch wenn sie sich
    ine große nennt, bekämpfen, die den Richter zum blo-
    en Erledigungsautomaten degradiert. Für eine sozial-
    taatliche Justizpolitik darf eine große Justizreform nie-
    als durch die Verlockung von Kostenersparnissen in

    er Justiz motiviert sein.


    (Beifall bei der LINKEN)


    m Gegenteil: Wer die Macht des Rechts betonen will,
    en trifft auch die Verantwortung, für eine starke und un-
    bhängige Justiz zu sorgen. Die dritte Gewalt – das kann
    ch aus eigener Erfahrung wirklich sagen – arbeitet der-
    eit schlecht ausgestattet und personell unterbesetzt mit
    inem durchschnittlichen Haushaltsanteil von 1,5 Pro-
    ent.


    (Dr. Peter Danckert [SPD]: Wären Sie doch da geblieben!)


    nter Berücksichtigung ihrer eigenen Einnahmen kostet
    ie jeden Bürger des Landes monatlich lediglich 5 Euro.
    ehr als eine Pizza ist Ihnen die Justiz nicht wert. Selbst

    a wollen Sie noch sparen.


    (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt das Recht auf Rausch für die Justiz?)







    (A) )



    (B) )


    Wolfgang Neskovic
    Für eine sozialstaatliche Justizpolitik kommt ein Ab-
    bau von Rechtsmitteln, wie er im Wege der großen Jus-
    tizreform angedacht wird, nicht infrage. Zwischen dem
    Starken und dem Schwachen befreit nämlich nur das
    durchsetzbare Recht. Die Einschränkung von Rechtsmit-
    teln trifft ganz vorwiegend denjenigen, der dringend auf
    sie angewiesen ist. Sie trifft vor allen anderen den
    Schwachen und ist deswegen sozialstaatswidrig.


    (Joachim Stünker [SPD]: Das will ja auch keiner!)


    In fast allen Völkern galten zu fast allen Zeiten die
    Rechtshüter auch als Hüter der Zeit. Sie hüten das Recht
    nicht nur in der Zeit, in der sie richten, vielmehr ist Zeit
    auch das, was sie für das schwierige Amt brauchen, das
    ihnen anvertraut ist, nämlich die Trennung zwischen
    Recht und Unrecht. Der Wahrheit Mutter ist die Zeit und
    nicht der richterliche Erledigungsautomat.

    Eine Rechtspolitik, die auf eine Ökonomisierung von
    Recht und Rechtsprechung zielt, ist nicht nur verfehlt,
    weil sie die Stabilisierungsfunktion des Rechts, den so-
    zialen Kitt, vernachlässigt. Eine solche Rechtspolitik wi-
    derspricht vor allem den Grundwerten unserer Verfas-
    sung. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich lade
    Sie ein: Blättern Sie einmal in dieser Verfassung! Sie ist
    großartig.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie lebt von der Erkenntnis, dass das moderne Recht
    ohne den Sozialstaat nicht auskommt. Ich verstehe ja,
    dass die Sozialdemokraten hier motzen, weil es um den
    Sozialstaat geht und sie ihn vergessen haben. Dies ist
    falsch.


    (Beifall bei der LINKEN – Dirk Manzewski [SPD]: Das ist doch Blödsinn!)


    Die Verfassung hat die Erkenntnis, dass das Recht ohne
    den Sozialstaat nicht auskommt, gegen jeden Störungs-
    versuch der Nachgeborenen vor einer Veränderung ge-
    schützt.

    Es lohnt sich, für die Auffindung und das richtige
    Verständnis des Sozialstaatsprinzips auf die alte Kultur-
    technik des Lesens und nicht des Zwischenrufes, schon
    gar nicht des unqualifizierten, zurückzugreifen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


    Ich darf Ihnen die Vorschriften des Art. 20 und Art. 79
    Abs. 3 in Erinnerung bringen.


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Kennen wir!)


    In Art. 79 Abs. 3 sind bestimmte Grundsätze unserer
    Verfassung für unabänderlich erklärt. Lesen Sie nach!


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ewigkeitsprinzip!)


    – Genau, wunderbar, Prüfung bestanden.


    (Zurufe von bei der CDU/CSU)


    – Hören Sie doch einmal ganz ruhig zu. Die Väter und
    Mütter unseres Grundgesetzes haben alle nachfolgen-

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    (C (D en Generationen auf diese Grundsätze verpflichtet. Zu iesen der Ewigkeitsklausel unterliegenden Grundsätzen ehört auch der Sozialstaat; das ist der Punkt. Er stellt emnach in der Wertordnung unserer Verfassung einen entralen Grundwert dar. Wer angesichts dieser verfasungsrechtlichen Lage behauptet, wir könnten uns den ozialstaat nicht leisten, ist ein Verfassungsfeind, bes enfalls ein Verfassungsignorant. (Beifall bei der LINKEN – Norbert Geis [CDU/ CSU]: Das macht doch keiner!)


    Wir müssen uns den Sozialstaat leisten, so lautet der
    uftrag unseres Grundgesetzes.

    Wir werden in unserer Rechtspolitik zentral darauf
    inwirken, dass die Bedeutung des Sozialstaates gerade
    n den Zeiten der Globalisierung nicht entwertet wird,
    ondern seine prägende Wirkungskraft zum Wohle der

    enschen in diesem Land entfaltet.

    Viele Menschen sorgen sich zu Recht um die soziale
    erechtigkeit in unserem Land. Ungerechtigkeit ist

    ein Naturereignis. Den Spitzensteuersatz zu senken und
    eitgleich mit Hartz IV Armut und Demütigung gesetz-
    ich zu verordnen zeigt, dass die herrschende neoliberale
    olitik wesentliche Grundwerte unserer Verfassung aus
    en Augen verloren hat.

    Ich komme zum Schluss. Das Grundgesetz ist sozial
    usgerichtet. Es bildet geradezu eine Aufforderung zum
    emokratischen Sozialismus.


    (Beifall bei der LINKEN)


    enn Sie sich dieser zentralen Aufforderung unseres
    rundgesetzes weiter verschließen, werden wir gerne

    ür Sie diese Aufgabe und damit zukünftig auch die Re-
    ierung übernehmen.

    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Zwi-
    chenrufe.


    (Beifall bei der LINKEN)