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ID1600400900

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    Plenarprotokoll 16/4 Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . Matthias Platzeck, Ministerpräsident (Brandenburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung (Drucksache 16/106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C 102 C 106 D 107 A 111 A 114 D 118 D 121 D 124 C 126 C 149 C 151 A 153 A 154 C 155 B Deutscher B Stenografisch 4. Sitzu Berlin, Mittwoch, den 3 I n h a l Begrüßung des Premierministers der Repu- blik Singapur, Herrn Lee . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Hermann Otto Solms . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Dorothee Mantel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung der Bundeskanzlerin mit anschließender Aussprache . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . H M D W D M G D D F P 75 A 75 B 75 B 75 B 76 C 76 C 92 A 95 D Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 129 B 130 D undestag er Bericht ng 0. November 2005 t : eidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . r. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . ichael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . r. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 A 134 C 135 C 137 B 138 C 139 B 140 D 141 C 142 C 144 C 146 B 148 B in Verbindung mit II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Zollfahndungs- dienstgesetzes (Drucksache 16/88) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Neskovic (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 27. November 2003 zur Änderung des Europol-Über- einkommens und zur Änderung des Eu- ropol-Gesetzes (Drucksache 16/30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über konjunkturstatistische Erhebun- gen in bestimmten Dienstleistungsberei- chen (Dienstleistungskonjunkturstatis- tikgesetz – DlKonjStatG) (Drucksache 16/36) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Königreich der Nieder- lande über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten (Drucksache 16/57) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Erhöhung der Anzahl von Ausschussmitgliedern (Drucksache 16/110) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 B 155 C 158 A 159 D 161 D 163 D 165 B 166 D 168 C 168 D 168 D 169 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über den Betrieb elektronischer Maut- systeme (Mautsystemgesetz – MautSysG) (Drucksache 16/32) . . . . . . . . . . . . . . . . . . N A L168 C ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 169 C 171 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 75 (A) ) (B) ) 4. Sitzu Berlin, Mittwoch, den 3 Beginn: 11.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 171 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bollen, Clemens SPD 30.11.2005 Ernstberger, Petra SPD 30.11.2005 Piltz, Gisela FDP 30.11.2005 Schily, Otto SPD 30.11.2005 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 30.11.2005 Wächter, Gerhard CDU/CSU 30.11.2005 4. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. November 2005 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gregor Gysi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Aber natürlich lohnt es sich in diesem Zusammen-
    ang – nicht nur in diesem, sondern auch in jedem ande-
    en –, über Außenpolitik zu streiten, weil es unterschied-
    iche Ansätze in unserer Gesellschaft gibt. Wir stehen
    or der Tatsache, dass die Bundesregierung ihr Verhält-
    is zum Völkerrecht und zum Krieg klären muss.


    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist geklärt!)


    Es ist von den USA – nicht nur von den USA, auch in
    nserem Land – immer wieder erklärt worden, man
    üsse einen Krieg gegen den Terror führen. Ich habe

    estgestellt: Der Krieg, der da geführt wird, egal wo,
    ührt nicht zu weniger Terror, sondern zu mehr Terror.

    ir müssen raus aus dieser Spirale der gegenseitigen
    ewalt.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Verhältnis der Regierung Schröder/Fischer war
    iesbezüglich nicht bestimmt, nicht klar. Sie hat das Völ-
    errecht beim Jugoslawienkrieg verletzt. Sie hat dann
    eim Irakkrieg auf dem Völkerrecht bestanden. Deshalb
    age ich: Wir brauchen hier ein klares Verhältnis. Das
    uss ein Ja zum Völkerrecht sein;


    (Beifall bei der LINKEN)


    enn nur das Völkerrecht kann die Macht der USA in ge-
    issen Grenzen beschneiden, kann die USA einschrän-
    en.

    Wir haben noch einen zweiten Kampf der USA. Wir
    aben eine Weltwirtschaft. Also gibt es auch eine Welt-
    olitik. Die Frage ist: Wer macht Weltpolitik, die UNO
    der die USA? Das ist die Auseinandersetzung, die ge-
    enwärtig geführt wird. Dazu sage ich: Unsere Regie-
    ung – Sie, Frau Bundeskanzlerin – muss sich für die
    eltung des Völkerrechts einsetzen. Das bedeutet dann

    ber auch, dass man in schwierigen Situationen, wie da-
    als in Jugoslawien, zum Bruch des Völkerrechts Nein

    agt.


    (Beifall bei der LINKEN)







    (A) )



    (B) )


    Dr. Gregor Gysi
    Die USA negieren das Völkerrecht, wie wir das beim
    Irakkrieg erlebt haben. Sie haben noch eine andere
    Schwierigkeit: Das ist ihr eigenes inneres Recht. Das
    kann auch Präsident Bush nicht so schnell ändern; denn
    es ist über Jahrzehnte entstanden und gewachsen. Die
    Gefangenenlager, die sie auf Guantanamo, in Kuba und,
    wie wir jetzt erfahren, auch in anderen Ländern einge-
    richtet haben, dienen dem Zweck, ihr eigenes Recht ge-
    genüber den Gefangenen nicht gelten zu lassen. Das ist
    dreist!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Dass, wie man jetzt hört, auch deutsche Flughäfen zu
    diesem Zweck missbraucht worden sind, ist ein starkes
    Stück. Entschuldigen Sie, dass ich meine Zweifel habe,
    wenn die Regierung sagt, sie habe davon nichts gewusst.
    Bei der hohen Sicherheit auf unseren Flughäfen kann ich
    mir nicht vorstellen, wie so etwas heimlich funktionieren
    soll, sodass eine Regierung davon nichts erfährt. Aufklä-
    rung ist dringend geboten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich habe gesagt, dass das Völkerrecht auch dazu
    dient, die Macht der Stärksten zu begrenzen. Wenn das
    so ist, brauchen wir in dieser Situation gegenüber Präsi-
    dent Bush starke, klare und deutliche Worte statt Zurück-
    haltung.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Nun haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, zusammen mit
    Herrn Müntefering einen Koalitionsvertrag vorgelegt.
    Ich glaube, es wird leider eine große Koalition zur Ver-
    schärfung statt zur Lösung ökonomischer, arbeitsmarkt-
    politischer, sozialer und kultureller Probleme in unserer
    Gesellschaft. Verschärft setzen Sie den falschen Kurs der
    SPD/Grünen-Regierung fort.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie, Herr Struck, haben eben davon gesprochen, dass es
    eine erfolgreiche ökonomische Politik gegeben habe.
    Aber 5 Millionen Arbeitslose sind der Beweis dafür,
    dass die Politik nicht erfolgreich war.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Im Mittelpunkt Ihres Koalitionsvertrages steht die
    Haushaltskonsolidierung, mit der Sie allerdings erst
    2007 anfangen wollen, weil Sie hoffen, dass 2006 ir-
    gendein Aufschwung kommt, der Ihnen nutzen könnte.
    Ich glaube, solche Tricks funktionieren im Privatleben
    nicht und sie funktionieren auch in der Politik und der
    Gesellschaft nicht.

    Sie wollen wieder Einsparungen im sozialen und im
    investiven Bereich vornehmen. Damit sparen Sie die Ge-
    sellschaft kaputt.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie haben zu Recht, Frau Bundeskanzlerin, auf die
    Chancen durch den Zusammenbruch der Sowjetunion
    und des Staatssozialismus hingewiesen. Damit waren
    Chancen verbunden; das stimmt. Aber wir können doch
    nicht leugnen, dass es Vertreterinnen und Vertreter des
    Kapitals gibt, die seitdem denken, der Sozialstaats-

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    (C (D ompromiss sei vorbei und sie könnten schrittweise zuück zum Turbokapitalismus. Dagegen muss sich die olitik doch wehren. Selbst die Union hätte, wie ich eine, sagen müssen: Das Primat der Politik auch über irtschaftsinteressen ist und bleibt uns wichtiger. – Erst echt hätte das die Sozialdemokratie sagen müssen. Aber ie haben es nicht gesagt. Welchen Weg ist die vorherige Regierung geganen? Sie haben die Körperschaftsteuer von 42 Prozent uf 25 Prozent gesenkt. Die Kapitalgesellschaften haben ich wie verrückt gefreut. Natürlich fehlten Milliarden m Haushalt der Bundesrepublik Deutschland. Die drittrößte Einnahmequelle Deutschlands haben Sie so gechröpft, dass noch zwei Jahre ausgezahlt werden usste. – Das ist übrigens damals auch von der Union ritisiert worden. – Erst danach waren allmählich wieder innahmen zu verzeichnen, aber viel schwächer als vorer. Sie haben die Veräußerungsgewinnsteuer abgeschafft. Veräußerungsgewinnsteuer“ klingt kompliziert. Wenn ine Kapitalgesellschaft etwas verkauft, erzielt sie einen aufpreis. Auf dieses Geld muss sie eine Steuer bezah en – bzw. musste sie unter Kohl. Die SPD hat diese teuer völlig abgeschafft und dafür die Steuern bei den andwerkern verdoppelt. Das war ihre ökonomische Po itik. Sie haben den Spitzensteuersatz der Einkommenteuer – ich bitte Sie! – von 53 Prozent auf 42 Prozent, lso um 11 Prozentpunkte, gesenkt, so stark wie noch nie n der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das ind übrigens 11 Milliarden Euro Einnahmen weniger ro Jahr. Das ist eine ganze Menge, die man da so einach an die Besserund Bestverdienenden weggibt. Und as machen Sie dann? Dann stellen Sie sich vor die ranken, Alten und Arbeitslosen hin und sagen: Es tut ns furchtbar Leid, aber wir haben kein Geld und müsen bei euch sparen. – Das ist unredlich, unfair und nicht olidarisch. Auch die Reallöhne sind in Ihrer Regierungszeit geunken; das muss man ebenfalls sehen. Diese Politik will die neue Regierung nun fortsetzen. ch weiß, dass auch die FDP Anhänger dieser Politik ist, ogar noch konsequenter als die Regierung. Aber ich laube, das Ganze geht in eine völlig falsche Richtung. ir setzen etwas anderes dagegen: Nur steigende Real öhne, nur mehr soziale Gerechtigkeit führen auch zu eier wirtschaftlichen Belebung; denn unsere Binnennachrage ist eine Katastrophe und muss gestärkt werden. ass wir Exportweltmeister sind, nutzt den Arbeitslosen ar nichts. Sie haben gesagt, Sie wollen eine Unternehmensteurreform machen; wir erfahren aber erst 2007, welche. a darf man ja sehr gespannt sein. Mal sehen, ob Sie die ewinne, die im Unternehmen bleiben, anders behaneln als die, die herausgenommen werden. Es gäbe da Dr. Gregor Gysi viele Möglichkeiten, was man verbessern könnte. Wir werden es abwarten. Wir begrüßen Ihre neuen Abschreibungsvorstellungen. Sie enthalten etwas Positives. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Haben wir da einen Fehler gemacht? – Zurufe von der CDU/ CSU: Oh!)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)





    (A) )


    (B) )


    – Wir können durchaus lesen. – Ich sage Ihnen aber
    auch, dass Sie nicht den Mut haben, auch nur von einem
    Konzern in Deutschland 1 Euro mehr Steuern zu verlan-
    gen. Das zeigt das klägliche Verhalten der Politik gegen-
    über der Wirtschaft. Das ist nicht hinnehmbar. So kom-
    men wir mit dieser Bundesrepublik nicht weiter.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es wird immer behauptet, wir hätten die höchsten
    Quoten. Ich habe mir einmal die Zahlen angesehen. Die
    Steuerquote im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt be-
    trägt 20 Prozent. Damit liegen wir als eines der wirt-
    schaftlich stärksten Länder auf dem vorletzten Platz in
    Europa. Geringere Steuern hat nur noch die Slowakei.
    Dann wird gesagt, man müsse auch die Lohnnebenkos-
    ten sehen. Also haben wir sie addiert und landen bei
    34,6 Prozent. Damit liegen wir, Frau Bundeskanzlerin,
    auf Platz 16 nach Griechenland, nach Spanien und nach
    Großbritannien. Das ist doch ein Skandal. So können wir
    unsere Probleme nicht lösen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Solidarität erfordert auch, dass die mit mehr Eigentum
    und mehr Vermögen mehr leisten als andere.


    (Zuruf des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


    Ich komme zur Vermögensteuer. In Deutschland
    werden Steuern in Höhe von 0,8 Prozent des Brutto-
    inlandsproduktes auf das Vermögen gezahlt. Wissen Sie,
    was die „Financial Times Deutschland“ geschrieben hat,
    welche Länder weniger von ihren Reichen verlangen? –
    Mexiko, Tschechien, Slowakei und Österreich. Für mich
    sind das keine Vorbilder.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Andere Länder, selbst die USA, verlangen deutlich mehr
    von ihren Eigentümerinnen und Eigentümern als wir.
    Hätten wir die Eigentums- und die Vermögensteuern der
    USA, hätten wir Mehreinnahmen in Höhe von 50 Mil-
    liarden Euro im Jahr. Damit könnte man eine ganze
    Menge anfangen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wie sehen also Ihre Lösungsvorschläge aus? Sie sa-
    gen, ab 1. Januar 2007 soll die Mehrwertsteuer um
    3 Prozentpunkte erhöht werden. Alle wissen, das belas-
    tet die unteren sozialen Schichten und die Arbeitnehme-
    rinnen und Arbeitnehmer viel mehr als andere Schich-
    ten. Das ist ökonomisch eine riesige Katastrophe. Ich
    könnte jetzt alle Argumente der SPD aus dem Wahl-
    kampf wiederholen. Dies war doch Ihr zentrales Wahl-
    kampfthema. Jeder kennt das Plakat, mit dem Sie gegen
    die „Merkelsteuer“ polemisiert haben.

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    (C (D In Bezug auf den gefundenen Kompromiss hat Herr esterwelle völlig Recht. Ich dachte in meiner Naivität, ass Sie sich in der Mitte, also auf eine Erhöhung um Prozentpunkt, verständigen würden. Nein, Sie erhöhen ie Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte. Heute sagen ie sogar, es sei erforderlich und völlig unmöglich, etas anderes zu tun. Dann sollten Sie wenigstens sagen, ass Sie im Wahlkampf gelogen haben. Denn das ist irklich ein Wahlbetrug. (Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ich habe mir das einmal angesehen: Wenn wir die
    teuerquote und die Lohnnebenkostenquote von Frank-
    eich hätten – dort sind es 10 Prozent mehr als bei uns –,
    ann hätten wir jährlich Mehreinnahmen in Höhe von
    20 Milliarden Euro. Ich bitte Sie, eine Sekunde darüber
    achzudenken, dass wir über Nullrunden bei Rente, über
    ürzungen bei Arbeitslosen und über Zuzahlungen bei
    ranken gar nicht diskutieren müssten, wenn wir diese
    rt von Steuergerechtigkeit in Deutschland einführten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Lassen Sie mich auch etwas zur Arbeitsmarktpolitik
    agen. Wir fanden von Anfang an den Weg bezüglich
    rbeitslosengeld II und Hartz IV im Kern, abgesehen
    on ein paar Einzelumständen, für falsch. Wir haben im-
    er gesagt, dass die dahinter stehenden Ideen falsch

    ind.

    Ich werde von meinem Beispiel nicht abrücken. Ein
    ngenieur, der 50 Jahre alt ist und der 25 Jahre in seinem
    eruf gearbeitet hat, bekommt ein Jahr lang Arbeits-

    osengeld I, das nach seinem Einkommen berechnet
    ird. Nach diesem Jahr bekommt er nur noch einen lä-

    herlichen Betrag in Höhe des Arbeitslosengeldes II.
    ber nicht nur das! Der Gesetzgeber verlangt auch noch,
    ass sein Sparvermögen, seine Altersversorgung, seine
    ohnung und sein Auto nur das Niveau wie bei einem

    ozialhilfeempfänger haben dürfen. Wenn er darüber
    iegt, weil er sich den Lebensstandard eines Ingenieurs
    ufgebaut hat, bekommt er gar nichts. Das darf man Ar-
    ut per Gesetz nennen. In einer so reichen Gesellschaft
    ie der unseren ist das nicht hinnehmbar.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Gerhard Schröder hat in einem Punkt Recht gehabt.
    r hat im Wahlkampf gesagt, dass gerade die Jungen
    esser gestellt sind. Das stimmte auch. Die Jungen wa-
    en besser gestellt. Aber was vereinbaren Sie jetzt mit-
    inander? Sie vereinbaren, die Besserstellung der Jungen
    ieder zurückzunehmen, indem Sie sagen, dass es kei-
    en Anspruch bis zum 25. Lebensjahr gibt. Ich möchte,
    ass wir über folgenden Widerspruch nachdenken. Das
    rundgesetz regelt die Volljährigkeit. Im Strafrecht ist

    estgelegt, ab wann man voll strafmündig ist. Das Zivil-
    echt regelt, ab wann man zivilrechtlich voll belangt
    erden kann. Dem 24-Jährigen wird also gesagt, dass er
    oll verantwortlich ist. Aber wenn er arbeitslos wird, soll
    r zu Mami und Papi gehen, weil er für Sie sozusagen
    och minderjährig ist und Sie für seinen Lebensunterhalt






    (A) )



    (B) )


    Dr. Gregor Gysi
    nicht aufkommen wollen. Das ist nicht hinnehmbar. Das
    ist ein Widerspruch in sich.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Nun haben Sie gesagt, sie wollten beim Arbeitslosen-
    geld II und den übrigen Kosten noch einmal 4 Milliarden
    Euro einsparen. Folgendes ist ja interessant: Sie haben
    – das weiß kaum jemand – durch die Bundesagentur für
    Arbeit eine Art Subventionierung des Bundeshaushalts
    festgelegt. Sie haben nämlich gesagt: Für all diejenigen,
    die in dem einen Jahr, in dem sie Arbeitslosengeld I be-
    ziehen, nicht vermittelt werden – das sind die meisten –,
    muss die Bundesagentur 10 000 Euro an den Bund zah-
    len. Damit kommt er auf eine Einnahme von über
    5 Milliarden Euro. Jetzt habe ich gedacht: Da kürzen Sie
    irgendetwas. Nein, da kürzen Sie natürlich nicht. Auf
    diese Einnahme bestehen Sie.

    Aber Sie wollen 4 Milliarden einsparen. Das geht
    wieder zulasten der Arbeitslosen, zulasten einer, wie ich
    meine, völlig falschen Gruppe. Deutlich über 90 Prozent
    unserer Arbeitslosen wollen arbeiten. Dass es einzelne
    Ausnahmen gibt, braucht mir niemand zu erzählen; das
    weiß auch ich. Das ist aber nicht unser gesellschaftliches
    Problem. Unser gesellschaftliches Problem sind diejeni-
    gen, die Erwerbsarbeit – auch zur Wahrung ihrer
    Würde – wollen und keine reale Chance dazu haben. Da-
    ran muss sich etwas ändern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Jetzt haben Sie noch festgelegt, dass der Rentenbei-
    trag, der für die Arbeitslosen gezahlt wird, gesenkt wird.
    Es ist völlig klar: Dann bekommen diese nur Minirenten
    und wir haben später das Problem der Altersarmut. Das
    hilft uns doch nicht weiter. Wir verlagern hier ein Pro-
    blem auf die nächste Generation.

    Die Rentnerinnen und Rentner sollen jetzt vier
    Nullrunden durchmachen. Zwei Nullrunden haben sie
    schon hinter sich. Es gab sogar erstmalig eine Bruttoren-
    tenkürzung und dann eine Nettorentenkürzung durch
    Beitragserhöhungen. Nullrunden bei Mehrwertsteuerer-
    höhungen und anderen Kostensteigerungen sind natür-
    lich in Wirklichkeit Nettorentenkürzungen – und das
    sechs Jahre lang; das muss man sich einmal überlegen.
    Dass Sie in einer Gesellschaft, die so reich ist, in den
    letzten Jahren ihren großen Konzernen sowie den Bes-
    ser- und Bestverdienenden alle möglichen Geschenke
    machen konnten, bei den Rentnerinnen und Rentnern
    aber sagen: „Wir haben kein Geld“, ist nicht hinnehm-
    bar.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es soll ja noch die Rentenformel verändert werden
    und dann wollen Sie das Renteneintrittsalter anheben.
    Sie wollen das langfristig tun. Sie betonen immer, dass
    die Menschen älter werden. Das stimmt; den demogra-
    phischen Faktor sehen auch wir. Warum erwähnen Sie
    aber nicht einmal, wie sehr die Produktivität gestiegen
    ist? Daimler-Benz brauchte vor 20 Jahren für einen be-
    stimmten Produktionsgang vier Arbeitskräfte; heute
    wird dafür nur noch eine Arbeitskraft benötigt. Das
    heißt, wenn damals vier Arbeitskräfte vier Rentner mit

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    (C (D rnähren konnten, müsste das heute angesichts der Prouktivitätsentwicklung einer können. Aber die Lohnenticklung und anderes haben damit nicht Schritt gehal en. Das ist das Problem, mit dem wir es zu tun haben. Wir sind die einzige große Industriegesellschaft mit inem Rückgang der Reallöhne um 0,9 Prozent in den etzten Jahren. Ich bitte Sie: Selbst in den USA haben die eallöhne um 15 Prozent zugenommen. In Großbritanien und in Skandinavien sind sie um über 20 Prozent estiegen. In anderen Ländern – sie mögen sich ansonsen sehr voneinander unterscheiden – gibt es eine völlig ndere Entwicklung als in Deutschland. Sie behaupten ber im Ernst, Sie hätten als Einzige Recht und gingen en wahren Weg. Ich sage Ihnen: Dieser Weg ist auch ökonomisch eine atastrophe. Ohne eine höhere Kaufkraft und mehr Zuersicht der Bevölkerung wird es keine Rettung für leine und mittlere Unternehmen in Deutschland geben. ir werden vielmehr weiter höchste Insolvenzzahlen aben. Nun gibt es ja seit ewigen Zeiten den Streit zwischen ngebot und Nachfrage. Der Linken wird immer voreworfen, sie denke nur an die Nachfrage, und wir weren den Konservativen immer vor, sie würden nur an das ngebot denken. Es hilft nichts: Man muss einfach beies sehen. Nur, Herr Benneter, Ihre liebe Regierung hat über sieen Jahre ausschließlich die Angebotsseite behandelt, tatt einmal auch die Nachfrage zu erhöhen, wie es übriens auch im Interesse der kleinen und mittleren Unterehmen dringend erforderlich gewesen wäre. (Beifall bei der LINKEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuerreformen haben wir gemacht!)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Klaus Uwe Benneter [SPD]: So ist es!)


    Deshalb sage ich Ihnen: Sie werden sich um die
    achfrageseite in Deutschland kümmern müssen, wenn
    ie die Wirtschaft stärken und mehr soziale Gerechtig-
    eit schaffen wollen. Wir machen das nicht aus rein
    deologischen Gründen. Wir denken dabei auch ökono-
    isch; aber wir wollen natürlich – das ist unser Ziel als

    emokratische Sozialistinnen und Sozialisten –, dass es
    en Menschen in dieser Gesellschaft besser geht. Man
    ollte nicht einerseits Wasser predigen und andererseits
    ein trinken. Wir haben gesagt: Wir predigen wenigs-

    ens auch Wein.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei der SPD)


    as ist der Unterschied. Wir wollen, dass es den Leuten
    esser geht. Sie wollen das für viele nicht mehr errei-
    hen. Das ist nicht hinnehmbar.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Frau Bundeskanzlerin, Sie sind eine Frau.






    (A) )



    (B) )


    Dr. Gregor Gysi

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wo er Recht hat, hat er Recht!)


    – Das ist erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik
    Deutschland; das wird man doch wohl mal erwähnen
    dürfen. – Ich hätte mir von Ihnen zwei, drei lohnende
    Sätze zur Gleichstellungspolitik in dieser Gesellschaft
    gewünscht.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich habe nichts dazu gehört; das finde ich schade.

    Sie kommen aus Ostdeutschland. Da hätte ich mir
    gewünscht, dass Sie das Ziel der Angleichung der
    Lebensverhältnisse Ost und West zumindest nicht auf-
    geben. Das steht aber kein einziges Mal im Koalitions-
    vertrag und Sie haben es auch kein einziges Mal geäu-
    ßert. Wenn Sie schon nicht sagen können, wann in Ost
    und West gleicher Lohn für gleiche Arbeit bezogen wird,
    dann geben Sie doch nicht auch noch das Ziel auf.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir erwarten von Ihnen zumindest einen Fahrplan, in
    dem Sie sagen, in welchen Schritten Sie dieses Ziel er-
    reichen wollen. Alle Verteuerungen, zum Beispiel die
    Erhöhung der Mehrwertsteuer, werden sich im Osten
    noch verheerender auswirken als im Westen. Das kennen
    wir von früher. Deshalb muss man darauf hinweisen.

    Ich glaube auch, dass wir Investitionen brauchen. Sie
    sprechen gerne vom Zukunftsfonds. Ich sage Ihnen nur:
    Eine Schummelei geht nicht. Sie können nicht immer
    mit Jahresbeträgen operieren, aber, wenn es um den Zu-
    kunftsfonds geht, von dem Vierjahresbetrag reden. Es
    geht um 6 Milliarden Euro pro Jahr; das muss man hin-
    zufügen. Dies ist zumeist Geld, das auch sonst ausgege-
    ben worden wäre, mag es auch vernünftige Investitionen
    darunter geben. Wenn Sie aber in die Verkehrsinfrastruk-
    tur investieren wollen, können Sie nicht gleichzeitig die
    Zuschläge für Bus und Bahn reduzieren. Damit würden
    Sie nämlich Ihrem eigenen Programm einen Schlag ins
    Gesicht versetzen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Frau Bundeskanzlerin –



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gregor Gysi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    – ein letzter Satz –, Sie sind wohl für längere Zeit ein-

    malig in Ihrem Amt, sowohl als Frau als auch als Ost-
    deutsche. Das werden wir nach Ihnen so schnell nicht
    wieder erleben. Irgendwann müssen Sie aber aufhören,
    entweder freiwillig oder weil Sie müssen.


    (Georg Brunnhuber [CDU/CSU]: Da haben Sie schon lange aufgehört!)


    Sie sollten sich überlegen, dass es doch dann schön
    wäre, sagen zu können: Die Gesellschaft ist friedlicher
    geworden. Die Gleichstellung der Geschlechter ist vo-
    rangekommen. Die soziale Gerechtigkeit hat zugenom-
    men. Die Angleichung von Ost an West hat zugenom-

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    (C (D en. – Wenn Sie all das sagen wollen, müssten Sie llerdings von Ihrem Koalitionsvertrag abgehen und Ihre eutige Regierungserklärung weitgehend vergessen. Da ie dies wahrscheinlich nicht tun werden, befürchte ich as Gegenteil. Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kauder, CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Unser Land hat wieder eine handlungsfähige egierung – das ist eine gute Nachricht für unser Land nd für die Menschen – (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    (Anhaltender Beifall bei der LINKEN)