1) Anlage 9
(D
(B)
)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11929
(A) )
(B) )
(2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vomWilhelm
Ronsöhr, Heinrich- CDU/CSU 01.10.2004
1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413
stützungstruppe in Afghanistan unter Führung
der NATO auf Grundlage der Resolutionen
Rauber, Helmut CDU/CSU 01.10.2004**
Anlage 1
Liste der entschuldigt
*
**
A
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Austermann, Dietrich CDU/CSU 01.10.2004
Barnett, Doris SPD 01.10.2004**
Brüderle, Rainer FDP 01.10.2004
Carstens (Emstek),
Manfred
CDU/CSU 01.10.2004
Eichel, Hans SPD 01.10.2004
Fischer (Frankfurt),
Joseph
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
01.10.2004
Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 01.10.2004*
Girisch, Georg CDU/CSU 01.10.2004
Goldmann, Hans-
Michael
FDP 01.10.2004
Grill, Kurt-Dieter CDU/CSU 01.10.2004**
Hartenbach, Alfred SPD 01.10.2004
Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 01.10.2004
Hilbrecht, Gisela SPD 01.10.2004
Klimke, Jürgen CDU/CSU 01.10.2004
Kramer, Rolf SPD 01.10.2004**
Kumpf, Ute SPD 01.10.2004
Dr. Lamers (Heidelberg),
Karl A.
CDU/CSU 01.10.2004
Dr. Lippold (Offenbach),
Klaus W.
CDU/CSU 01.10.2004
Lips, Patricia CDU/CSU 01.10.2004
Mantel, Dorothee CDU/CSU 01.10.2004
Noll, Michaela CDU/CSU 01.10.2004
Oswald, Eduard CDU/CSU 01.10.2004
Parr, Detlef FDP 01.10.2004
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 01.10.2004
Raidel, Hans CDU/CSU 01.10.2004**
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Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
für die Teilnahme an der 111. Jahreskonferenz der Interparlamenta-
rischen Union
für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der OSZE
nlage 2
Erklärung
des Abgeordneten Eckhart Lewering (SPD) zur
namentlichen Abstimmung über den Antrag
der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteili-
gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem
Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter-
ühe, Volker CDU/CSU 01.10.2004
charping, Rudolf SPD 01.10.2004
chauerte, Hartmut CDU/CSU 01.10.2004
chlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
01.10.2004
chöler, Walter SPD 01.10.2004
chröder, Gerhard SPD 01.10.2004
chultz (Everswinkel),
Reinhard
SPD 01.10.2004
trässer, Christoph SPD 01.10.2004
traubinger, Max CDU/CSU 01.10.2004
hiele, Carl-Ludwig FDP 01.10.2004
ellenreuther, Ingo CDU/CSU 01.10.2004
elt, Jochen SPD 01.10.2004
ieczorek-Zeul,
Heidemarie
SPD 01.10.2004
inkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
01.10.2004**
r. Winterstein, Claudia FDP 01.10.2004
r. Wodarg, Wolfgang SPD 01.10.2004
eitlmann, Wolfgang CDU/CSU 01.10.2004
bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
11930 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
(A) )
(B) )
27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Okto-
ber 2003 und 1563 (2004) vom 17. September
2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
(113. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 2)
In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt.
Mein Votum lautet Ja.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Petra Selg, Jutta Dümpe-
Krüger, Hans-Josef Fell, Winfried Hermann,
Peter Hettlich, Ulrike Höfken, Christa Nickels,
Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augs-
burg), Christine Scheel, Irmingard Schewe-
Gerigk, Ursula Sowa, Rainder Steenblock,
Marianne Tritz, Hubert Ulrich, Dr. Antje
Vollmer und Josef Philip Winkler (alle BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
den Entwurf eines Gesetzes zur Berücksichti-
gung der Kindererziehung im Beitragsrecht der
sozialen Pflegeversicherung (Kinder-Berück-
sichtigungsgesetz – KiBG) (Tagesordnungs-
punkt 21 a)
Wir stimmen dem Kinder-Berücksichtigungsgesetz
trotz inhaltlicher Bedenken zu; denn mit dem Gesetz
wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
3. April 2001 fristgemäß umgesetzt. Zudem wird ein
Beitrag zur kurzfristigen finanziellen Stabilisierung der
sozialen Pflegeversicherung geleistet.
Seit mehreren Monaten hat die Bundestagsfraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen alle denkbaren Bemü-
hungen gezeigt, den Koalitionspartner von einem ande-
ren Weg zu überzeugen. Dies bezieht sich zum einen auf
die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsge-
richts, zum anderen auf die unseres Erachtens dringend
erforderliche Einleitung einer umfassenden Reform der
Pflegeversicherung. Diese Versuche sind bisher ergeb-
nislos geblieben. Der vom Bundesverfassungsgericht
vorgegebene Zeitdruck macht jedoch jetzt eine Entschei-
dung nötig, wenn nicht die Finanzierung der Pflegeversi-
cherung in Gefahr geraten soll. Dennoch sollten wir auf
die wesentlichen Kritikpunkte hinweisen.
Unsere Fraktion hat mit Beschluss vom 2. September
2004 auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass der Ent-
wurf daraufhin kritisch zu prüfen sei, ob erstens die ent-
haltenen Regelungen den Anforderungen des Bundes-
verfassungsgerichts entsprechen, ob zweitens die Be-
bzw. Entlastung verschiedener Bevölkerungsgruppen
dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechen.
Bei der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf
am 22. September 2004 wurden von den geladenen Ver-
bänden und Sachverständigen einhellig folgende zen-
trale Mängel festgestellt: die zweifelhafte Urteilskonfor-
mität des Entwurfs, die fehlende, aber zwingende
Differenzierung der Entlastung nach der Zahl der Kin-
der, die ungleiche zeitliche Ausdehnung der Entlastung
(lebenslang ab Geburt des Kindes), die im Ergebnis zu
einer ungleichen Bewertung der Erziehungsleistung
führe, die äußerst verwaltungsaufwendige, in vielen Be-
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eichen vermutlich nicht bis Januar 2005 realisierbare
msetzung des Gesetzes, weshalb die überwiegende
ehrzahl der Expertinnen und Experten eine Lösung
um Beispiel über einen definierten Zuschlag zum Kin-
ergeld empfahl.
Jedoch haben wir auch vor dem Hintergrund dieser
urchweg negativen Bewertung keine grundsätzlichen
nderungen des Entwurfs erwirken können.
Für falsch halten wir jedoch vor allem, dass mit der
msetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
eine umfassende Reform der sozialen Pflegeversiche-
ung verbunden wird. Alle Akteure des Gesundheitswe-
ens stimmen darin überein, dass die Pflegeversicherung
o schnell wie möglich eine Fortentwicklung braucht.
as betrifft nicht nur das rasant wachsende Finanzdefi-
it, das durch die jetzige Maßnahme allenfalls für zwei
is drei Jahre stabilisiert wird; dass betrifft vor allem die
nmittelbaren Leistungen für die Pflegebedürftigen und
hre Angehörigen, das heißt unter anderem: Es müssen
ringend Leistungsverbesserungen für die steigende
ahl von demenziell erkrankten Menschen geschaffen
erden. Der reale Wert der Leistungssätze muss durch
ine Dynamisierung, das heißt jährliche Anpassung, ge-
teigert werden. Das Grundprinzip der Pflegeversiche-
ung „ambulant vor stationär“ muss durch eine konse-
uente Stärkung der ambulanten Pflegestrukturen
efördert werden. Nicht zuletzt gehört dazu, die Finan-
ierung der Pflegeversicherung neu zu gestalten. Wir
üssen den Bürgerinnen und Bürgern offen und ehrlich
ermitteln, dass diese Reformen Geld kosten werden.
Wir sind der Überzeugung, dass wir uns vor diesem
eformbedarf nicht verstecken können und dürfen. Die
robleme jetzt nicht anzupacken ist nicht nur falsch; es
st die entgangene Chance, möglichst rasch eine bessere
nd zukunftsfeste Pflegeversicherung zu erhalten.
Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass in der
oalition ein längerfristig wirksames Konzept zur Re-
orm der Pflegeversicherung entwickelt wird, und wer-
en dazu eigene Vorschläge unterbreiten.
nlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Ekin Deligöz, Birgitt Bender,
Franziska Eichstädt-Bohlig, Anna Lührmann,
Jerzy Montag, Winfried Nachtwei und Werner
Schulz (Berlin) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) zur Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zur Berücksichtigung der Kin-
dererziehung im Beitragsrecht der sozialen
Pflegeversicherung (Kinder-Berücksichtigungs-
gesetz – KiBG) (Tagesordnungspunkt 21 a):
Wir stimmen dem Kinder-Berücksichtigungsgesetz
rotz inhaltlicher Bedenken zu, denn mit dem Gesetz
ird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
om 3. April 2001 fristgemäß umgesetzt. Zudem wird
in Beitrag zur kurzfristigen finanziellen Stabilisierung
er sozialen Pflegeversicherung geleistet. Es trägt den-
och nicht verschiedenen Erfordernissen Rechnung, so
uch im Hinblick auf familienpolitische Belange.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11931
(A) )
(B) )
Die durch das BVerfG veranlasste Gesetzesinitiative
ist Ergebnis eines Missstandes, den aktiv erziehende Eltern
in Bezug auf die Beitragserhebung der Pflegeversiche-
rung beklagten. Zu Recht hatten diese auf mangelnde
Berücksichtigung ihrer Erziehungsleistung sowie des
daraus resultierenden gesamtgesellschaftlichen Nutzens
hingewiesen, wie er im Zusammenhang der Pflege be-
sonders offenkundig wird.
Die Bundesregierung hat seit 1998 konsequent und in
beachtlichem Umfang Familien entlastet und die von ih-
nen erbrachten Leistungen berücksichtigt. Dieser Weg
ist richtig und muss mit dem Ziel der Gerechtigkeit für
Familien fortgesetzt werden. Dabei dürfen nicht aus-
schließlich monetäre Leistungen ins Auge gefasst wer-
den, sondern auch die Bereitstellung von Familien unter-
stützenden Dienstleistungen.
Der Gesetzgeber hat etwa über die Erhöhung von
Kindergeld und Kinderfreibeträgen, die Reform des Er-
ziehungsgeldes und Einführung der Elternzeit, die Auf-
wertung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten
in der Rentenversicherung oder durch die beitragsfreie
Mitgliedschaft in der Krankenversicherung für deutliche
Entlastungen von Familien im aktiven Erziehungszeit-
raum gesorgt. Diese Leistungen für Familien in Höhe
von rund 70 Milliarden Euro jährlich kommen Familien
weitgehend in der belastungsintensiven Erziehungsphase
zugute. Jüngere Initiativen im Bereich der Ganztags-
schulen sowie der Kindertagesbetreuung zielen in die
gleiche Richtung.
Es wäre dringend geboten gewesen, den heute zu be-
schließenden überschaubaren Reformschritt in der Pfle-
geversicherung dahin gehend zu gestalten, dass im Kern
die aktive Erziehungsleistung Berücksichtigung findet.
Ergänzend hätte die Zahl der zu erziehenden Kinder ih-
ren Niederschlag im Regelwerk finden müssen. Dies
war, gerade auch im Hinblick auf die höchstrichterlichen
Vorgaben, über einen langen Zeitraum hinweg eines von
mehreren wichtigen Anliegen der bündnisgrünen Frak-
tion. Stattdessen die „Lebendgeburt“ als ausschließliches
Kriterium zur „Kinder-Berücksichtigung“ auszuweisen,
konterkariert die Würdigung aktiv Erziehender. Das
empfinden wir als höchst ungerecht. Hier mag nur auf
die erhebliche Anzahl säumiger unterhaltspflichtiger El-
ternteile hingewiesen werden, die für ihr „Kavaliers-
delikt“ auch noch belohnt würden. Es ist ausdrücklich zu
bedauern, dass es zu keinen entsprechenden Änderungen
der Gesetzesvorlage gekommen ist. Dies erklären wir
auch mit Verweis auf den umfassenden Reformbedarf im
Pflegewesen, dessen Zukunftsfähigkeit besonders im In-
teresse der nachfolgenden Generationen gewährleistet
werden muss.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
den Entwurf eines Gesetzes zur Berücksich-
tigung der Kindererziehung im Beitragsrecht
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der sozialen Pflegeversicherung (Kinder-
Berücksichtigungsgesetz – KiBG) (Tagesord-
nungspunkt 21 a)
Ich stimme dem Kinder-Berücksichtigungsgesetz zu,
a bei einer Nichtumsetzung der Bundesverfassungs-
erichtsentscheidung zum 1. Januar 2005 Beiträge zur
flegeversicherung nicht mehr erhoben werden dürften.
m dies abzuwenden, stimme ich zu, obwohl ich politi-
che, verfassungsrechtliche und rechtsförmliche Beden-
en gegen den vorliegenden Gesetzentwurf eines so ge-
annten Kinder-Berücksichtigungsgesetzes habe.
Bei den politischen Bedenken kann ich mich im We-
entlichen der Erklärung der Kollegin Petra Selg und an-
erer anschließen.
Verfassungsrechtlich halte ich das Urteil nicht für hin-
eichend umgesetzt. Das Gericht verlangt eine Entlas-
ung der Eltern, die ihnen während der Zeit zugute
ommt, in der sie Kinder betreuen und erziehen. Darauf
onzentriert der Gesetzentwurf die Entlastung nicht. Es
ird auch die unterschiedliche Belastung je nach Zahl
er Kinder vernachlässigt.
Rechtsförmlich ist der Entwurf zu beanstanden, da
ezüglich der Elterneigenschaft unklar bleibt, was über-
aupt geregelt ist.
Im Gesetzestext werden Eltern im Sinne des § 56
GB l von der Beitragserhöhung ausgenommen. § 56
GB l regelt die Sonderrechtsnachfolge bei fälligen An-
prüchen auf laufende Leistungen im Todesfall des Leis-
ungsberechtigten. Eltern sind danach anspruchsberech-
igt, „wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines
odes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben
der von ihm wesentlich unterhalten worden sind“. Da-
it würde aus der Verweisung entweder folgen, dass das
ktuelle Leben von Eltern und Kindern in einem gemein-
amen Haushalt und die Unterhaltsbeziehung entschei-
end ist oder dass die Verweisung lediglich tautologisch
eint, Eltern seien Eltern. Offensichtlich wollen die
utoren des Entwurfes aber gerade die einschränkende
irkung des § 56 SGB l nicht gelten lassen, wenn sie
aut Begründung eine Lebendgeburt und die Abstam-
ungsurkunde bereits als Nachweis der Elterneigen-
chaft ausreichen lassen.
Ich gehe davon aus, dass diese Unklarheiten bald mit
iner Korrektur des Gesetzes nachzubessern sind, wenn
ie ersten Probleme bei der Rechtsanwendung auftau-
hen.
nlage 6
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) zur Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
wirkungsgleichen Übertragung von Regelungen
der sozialen Pflegeversicherung sowie der ge-
setzlichen Krankenversicherung auf dienstrecht-
liche Vorschriften (Tagesordnungspunkt 27)
Die Neuregelung deckt wichtige Fragen ab, um die
edingungen, unter denen Menschen in Deutschland in
11932 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
(A) )
(B) )
Pflege- und Krankenversicherung versichert sind, an-
zugleichen. Allerdings fehlt dem Gesetz eine wichtige
Regelung, die in Zukunft noch nachgeholt werden muss:
Die finanzielle Gleichstellung von Pensionären, die frei-
willig gesetzlich krankenversichert sind, mit Pensio-
nären, die Beihilfe erhalten.
Aus verschiedenen Gründen (Eintrittsalter, Vorer-
krankungen) haben in der Vergangenheit zahlreiche Be-
amte (Schätzungen: 2 bis 8 Prozent der Bundesbeamten)
darauf verzichtet, sich als Ergänzung zur Beihilfe privat
zu versichern. Vielmehr sind sie freiwillig Mitglieder der
gesetzlichen Krankenversicherung geworden. Dies hat
schon zu den aktiven Zeiten dieser Beamten dem Staat
Ausgaben erspart, weil in der Regel die Beihilfe keine
Leistungen zahlen musste.
Diese Beamten erhielten auch keinen Zuschuss zu ihren
Krankenversicherungsbeiträgen. Allerdings boten ihnen
viele Versicherungen über Jahrzehnte deutlich reduzierte,
oft halbierte Sätze an. Seit dem 1. Januar 2004 müssen
jetzt Pensionäre den vollen Beitrag zur gesetzlichen
Krankenversicherung alleine tragen. Dies bedeutet ein
Minus von 7 Prozent der Pension. Der Staat, der bei an-
deren Pensionären die Beihilfe übernimmt, zahlt weiter-
hin keinerlei Zuschuss. Damit fällt die Fürsorge des frü-
heren Dienstherrn unterschiedlich aus. Das ist nicht
akzeptabel.
Eine zukünftige Regelung muss Pensionären erlau-
ben, wahlweise und endgültig auf den Beihilfeanspruch
zu verzichten, dafür aber dann einen entsprechenden Zu-
schuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zu erhal-
ten. Diese Regelung entspräche dem, was heute für ehe-
malige Bundestagsabgeordnete gilt.
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Siebenten Ge-
setzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes
(7. SGGÄndG) (Tagesordnungspunkt 25)
Klaus Kirschner (SPD): Im Kern geht es bei dem in
zweiter und dritter Lesung zu beratenden Gesetzentwurf
darum, den Bundesländern die Optionsmöglichkeit zu
eröffnen, für Sozialgerichtsverfahren zum Arbeitslosen-
geld II und zur Sozialhilfe besondere Spruchkammern
bei den Verwaltungsgerichten einzurichten. Zur Erinne-
rung: Das geht auf eine Protokollnotiz des Vermittlungs-
ausschussverfahrens vom Dezember letzten Jahres zu-
rück. Damit wird sichergestellt, dass Streitigkeiten zum
Arbeitslosengeld II und zur Sozialhilfe möglichst zeit-
nah entschieden werden können; denn bei der personel-
len Situation der Sozialgerichte wäre dies bei vielen
Streitfällen sonst nicht zu gewährleisten.
Diese Regelung erfolgt aus Kapazitätsgründen und ist
zeitlich befristet. Die Befristung – und auf diese Feststel-
lung lege ich im Namen der SPD-Bundestagsfraktion be-
sonderen Wert – gilt bis Ende 2008. Bis dahin sind die
Bundesländer, die von dieser optionalen Regelung Ge-
brauch machen wollen, in der Lage, durch entsprechende
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ersonalbewirtschaftung Über- und Unterkapazitäten
wischen den einzelnen Gerichtsbarkeiten auszuglei-
hen.
Diese Gesetzesänderung stellt somit eine zeitlich be-
ristete Übergangsregelung dar und ist, das will ich deut-
ich sagen, kein Einstiegsmodell für die Abschaffung der
ondergerichtsbarkeiten, der Sozial- und Arbeitsge-
ichte, auch wenn dies von einigen Justizministern of-
ensichtlich ins Auge gefasst und vom Bundesverband
er Arbeitgeber gefordert wird.
Eine solche Position ist falsch, denn die Spezialisie-
ung der Richter ist unverzichtbar für die Qualität der
echtsprechung. Die Sondergerichtswege – Sozial- und
rbeitsgerichte – haben sich bewährt. Das kam auch in
er öffentlichen Anhörung des Ausschusses zum Aus-
ruck. Mit diesen Sondergerichtswegen kann im Inte-
esse der Beteiligten – Kläger wie Beklagte – am besten
esichert werden, dass auch weiterhin eine einheitliche
ozialrechtsprechung erfolgt. Und ein Weiteres: Dieser
onderweg wird nicht durch zusätzliche Kosten er-
chwert. Ich weise auf diesen Umstand besonders hin,
eil bereits ein Gesetzentwurf des Bundesrates vorliegt,
er eine Kostenbeteiligung vor den Sozialgerichten in
en Erstinstanzen vorsieht. Eine solche Kostenregelung
üttelt an einer der tragenden Säulen der Sozialgerichts-
arkeit, da die Abkehr von der Kostenfreiheit dem
echtsuchenden Hürden beim Zugang zum Sozialrecht
etzen würde. Das wird von den Antragstellern offen-
ichtlich bewusst in Kauf genommen. Es hat sich be-
ährt – und Bewährtes sollte man nicht ohne zwingende
ot aufgeben –, dass alle Bürgerinnen und Bürger als
ersicherte oder Leistungsempfänger sowie Behinderte
on Gebühren für Sozialgerichtsverfahren befreit blei-
en. Der vergleichsweise einfache Zugang ist einer der
ründe, warum die Geschichte der Sozialgerichtsbarkeit
n den 50 Jahren ihres Bestehens eine Erfolgsgeschichte
st.
Bei den 69 Sozial- und 16 Landessozialgerichten wir-
en mittlerweile circa 1 200 Sozialrichter an der Rechts-
icherheit des grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzips.
Zur Bundesrepublik Deutschland gehört als sozialer
echtsstaat eine eigenständige Sozialgerichtsbarkeit.
ie Vielfältigkeit der Lebensverhältnisse und des Sozial-
echts erfordern eine Gerichtsbarkeit, die über die nötige
ebensnähe, Fachkunde und Spezialisierung verfügt. Sie
ient dem Schutz der sozialen Rechte der Bürgerinnen
nd Bürger und der Kontrolle der Sozialverwaltung. Die
ozialversicherungssysteme sind seit ihrer Entstehung
it einem eigenständigen Rechtsschutzsystem verbun-
en. Bestrebungen, die Sozialgerichtsbarkeit aus ande-
en Erwägungen als eigenständige Gerichtsbarkeit abzu-
chaffen, erteile ich daher eine Absage.“ So die Haltung
er Bundesregierung, wie sie Herr Staatssekretär
iemann am 17. November 2003 formuliert hat. Und wo
ie Bundesregierung Recht hat, verdient sie unsere un-
ingeschränkte Unterstützung. Daher stelle ich hier noch
inmal ausdrücklich klar: Die jetzt verhandelte Regelung
ur Öffnungsklausel ist lediglich eine Interimslösung
nd strikt bis 2008 befristet.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11933
(A) )
(B) )
Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz zum Asylbe-
werberleistungsgesetz und dessen Zuordnung zu den So-
zialgerichten kommen. Haben wir ansonsten auch weit-
gehende Übereinstimmung erzielt, haben CDU/CSU bei
diesem Punkt durch einen eigenen Antrag die Zuständig-
keit der Verwaltungsgerichte reklamiert. Dies wird von
uns abgelehnt. Da dies sicherlich noch zur Sprache kom-
men wird, will ich unsere Position begründen und auf
die gegenüber dem Ausschuss getroffenen Aussagen der
Vertreter des Bundes Deutscher Sozialrichter, des Deut-
schen Richterbundes sowie des Einzelsachverständigen
Professor Becker hinweisen. Alle drei haben ausgeführt,
dass das Asylbewerberleistungsgesetz ein besonderes
Sozialhilfegesetz ist, mit dem einer besonderen Perso-
nengruppe spezifische Sonderleistungen zugesprochen
werden sollen. Das heißt, unabhängig vom ausländer-
rechtlichen Hintergrund, so Professor Becker, gehört
„das Gesetz inhaltlich funktionell zur Sozialhilfe“. Oder
Herr Roller vom Deutschen Richterbund: „Materiell
handelt es sich um Fürsorgerecht.“ Auch der Sachver-
ständige Herr Jung vom Bund Deutscher Sozialrichter
sagt: „Bei einem großen Prozentsatz der Streitigkeiten
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz handelt es sich
um Begehren, die auf Sach- oder Geldleistungen gerich-
tet sind, die ihrerseits dem Fürsorgegrundsatz folgen.“
Deshalb ist die Zuordnung, so wie von der Koalition
vorgesehen, folgerichtig.
Die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Frak-
tionen fordere ich daher auf, diesem Gesetzentwurf zu-
zustimmen. Es ist eine praktikable Lösung, die Bewähr-
tes erhält.
Verena Butalikakis (CDU/CSU): Der vorliegende
Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des So-
zialgerichtsgesetzes fordert zu Beginn eine Grundsatz-
bemerkung heraus: Dieser Gesetzentwurf zielt nicht auf
eine Änderung in unserem historisch gewachsenen
Rechtssystem. Die Diskussion über die Zusammen-
legung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten
– das heißt die Zusammenfassung der Verwaltungs-, So-
zial- und Finanzgerichtsbarkeit zu einem Gerichts-
zweig – ist deshalb hier und heute auch nicht zu führen.
Dieses Themenfeld ist und bleibt federführend den
Rechtspolitikern und Juristen auf Länder- und Bundes-
ebene vorbehalten.
Der Ausgangspunkt für diesen Gesetzentwurf ist das
Vermittlungsausschussverfahren im November/Dezem-
ber letzten Jahres, in dem unter anderem im Rahmen der
so genannten Hartz-IV-Gesetzgebung zwei neue Sozial-
gesetzbücher verhandelt wurden: das SGB II – die Zu-
sammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bei
Erwerbsfähigen – und das SGB XII – die entsprechende
Folgeänderung des Bundessozialhilfegesetzes. Als zu-
ständige Gerichtsbarkeit für die beiden sich inhaltlich er-
gänzenden Gesetze wurde im Vermittlungsausschuss
einvernehmlich – im Übrigen entgegen dem Vorschlag
der Bundesregierung – die Sozialgerichtsbarkeit statt der
Verwaltungsgerichtsbarkeit festgelegt.
Fachleute schätzen, dass die Festlegung zu einem An-
stieg der Aufgaben bei den Sozialgerichten von etwa
10 bis 25 Prozent führt. Diese Mehrbelastung der Sozial-
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erichte trifft dabei zusammen mit einer grundlegenden
ntwicklung in den letzten Jahren: Während die Verwal-
ungsgerichte insgesamt – von regionalen Unterschieden
bgesehen – ein abnehmendes Arbeitsvolumen verzeich-
en, ist bei den Sozialgerichten ein jährlich steigendes
rbeitsaufkommen festzustellen. Angesichts dieser Tat-
achen wurde die Bundesregierung vom Vermittlungs-
usschuss aufgefordert, bis zum 30. Juni 2004 einen Ge-
etzentwurf vorzulegen, der es den hier zuständigen
ändern ermöglicht, die notwendigen Auslastungsunter-
chiede zwischen der Verwaltungs- und der Sozialge-
ichtsbarkeit für einen Übergangszeitraum in besonderer
eise auszugleichen.
Insofern – das will ich ausdrücklich betonen – ent-
prechen diese Teile des vorgelegten Gesetzentwurfs im
rundsatz der im Vermittlungsausschuss festgelegten
ereinbarung.
Meine Betonung bei den Worten „diese Teile“ und
im Grundsatz“ war bewusst gewählt. Das „im Grund-
atz“ deshalb, weil sich – wie so oft bei der rot-grünen
esetzgebung – zahlreiche Fehler bei den Einzelrege-
ungen im Entwurf finden, die sowohl vom Bundesrat
ls auch von den Sachverständigen bei der Anhörung an-
eprangert wurden.
Im Rahmen der Nachbesserung durch 14 (!) Ände-
ungsanträge bei einem Gesetzentwurf von zweieinhalb
eiten haben dann die rot-grünen Regierungsfraktionen
iese zahlreichen Fehler der Bundesregierung zu heilen
ersucht. So hatte die Bundesregierung unter anderem
infach „vergessen“, die Gebührenfreiheit bei Sozialhilfe-
ngelegenheiten auch weiterhin festzuschreiben, oder sie
ollte ein Chaos an den Sozialgerichten mit der beab-
ichtigten rückwirkenden Zuweisung aller Gerichtsver-
ahren ab April 2003 geradezu heraufbeschwören.
Gelungen ist Rot-Grün die Korrektur ihrer eigenen
ehler allerdings nicht überall: Hatte die Bundes-
egierung wiederum „ganz vergessen“, dass an den
erwaltungsgerichten auch weiterhin bestimmte sozial-
echtliche Gegenstände zu verhandeln sind, so setzt der
nderungsantrag der Regierungskoalition einen interes-
anten neuen Akzent: Statt vor verschlossenen Türen zu
tehen, dürfen sich Wohngeldbezieher jetzt als „Für-
orge“-Empfänger bezeichnen. Falsche Wortwahl, liebe
olleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die
rünen! Denn natürlich ist weder das Wohngeldgesetz
och das Bundesausbildungsförderungsgesetz eine „An-
elegenheit der Fürsorge“, sondern eine Angelegenheit
er sozialen Förderung.
Die CDU/CSU-Fraktion wird den vorliegenden Ge-
etzentwurf ablehnen, aber nicht wegen der von mir auf-
eführten Nachbesserungen und immer noch bestehen-
en Ungereimtheiten. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab,
eil er eben nur „in Teilen“ der Vereinbarung im Ver-
ittlungsausschuss entspricht und in einem entscheiden-
en, fundamentalen Bereich davon abweicht: Er weist
uch das Asylbewerberleistungsgesetz den Sozialgerich-
en zu.
An dieser Stelle erlauben Sie mir ein persönliches
ort: Ich war als Einzige aus unserem Ausschuss – über
11934 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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die Fraktionen hinweg – Mitglied in der zuständigen Ar-
beitsgruppe des Vermittlungsausschusses. Ohne die ver-
einbarte Vertraulichkeit dieses Gremiums zu brechen
– wie es an der einen oder anderen Stelle gerade in die-
sem Hause des Öfteren geschieht – versichere ich Ihnen,
dass eindeutig nur die Zuständigkeit der Sozialgerichte
für das SGB II und SGB XII festgelegt wurde.
Für diese Festlegung gab es gute Gründe: Die Sozial-
gerichte sind zuständig für Rechtsstreitigkeiten bei
Angelegenheiten der Sozialversicherung und darüber hi-
naus für die folgenden Bereiche: die Arbeitslosenversi-
cherung und alle übrigen Aufgaben der Bundesagentur
für Arbeit, das Schwerbehindertenrecht, das soziale Ent-
schädigungsrecht und das Vertragsarztrecht.
Die Zuständigkeit der Sozialgerichte für das SGB II
lässt sich somit eindeutig über die Verbindung mit dem
SGB III, Arbeitsförderung, die für das SGB XII über die
Nähe zur Pflegeversicherung, SGB XI, und zum
Schwerbehindertenrecht herleiten. Im Vermittlungsaus-
schuss war sicherlich aber auch der Willen aller Beteilig-
ter mit ausschlaggebend, für die beiden Gesetze nicht
zwei Gerichtszweige zuzulassen. Anmerkung hierzu:
Das Bundessozialhilfegesetz unterlag der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit.
Gegen die Zuweisung des Asylbewerberleistungsge-
setzes zur Sozialgerichtsbarkeit sprechen dagegen eindeu-
tig fachliche Gründe: Erstens. Der Gesetzgeber hat 1993
dieses eigenständige Leistungsgesetz für einen begrenz-
ten Personenkreis geschaffen: für Asylbewerber, Flücht-
linge und Ausländer, die keinen gefestigten Aufenthalts-
status haben. In der Begründung verweist der
Gesetzgeber dabei eindeutig auf die Unterscheidung zur
Sozialhilfe: Es soll nicht ein „sozial integriertes und dau-
erhaftes Leben in der Bundesrepublik Deutschland“ fi-
nanziell sichergestellt werden, sondern die Leistungen
sind ausdrücklich abgestellt auf einen nur vorübergehen-
den Aufenthalt. „Dadurch wird das Leistungsrecht we-
sentlich dem Ausländer- und Asylrecht angepasst.“
Zweitens. Dieser gesetzlich fixierte, enge Bezug des
Asylbewerberleistungsgesetzes zur Ausländergesetzge-
bung zeigt sich auch dadurch, dass in zehn Bundeslän-
dern die Zuständigkeit für dieses Gesetz bei den Innen-
ministern liegt. Drittens. In allen gesetzlichen
Regelungen wird das Asylbewerberleistungsgesetz stets
als eigenständiges Gesetz aufgeführt – also nie unter den
Begriff „Sozialhilfeangelegenheiten“ subsumiert. Vier-
tens. Es gibt für dieses Gesetz keinen Anknüpfungs-
punkt im schon dargestellten Aufgabenkatalog der So-
zialgerichtsbarkeit.
Sowohl der Bundesrat als auch die Mehrzahl der
Sachverständigen haben vor diesem Hintergrund einen
Verbleib des Asylbewerberleistungsgesetzes in der Zu-
ständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit gefordert.
Die Kolleginnen und Kollegen der rot-grünen Regie-
rungskoalition werden gleich mit ihrer Mehrheit unter
Vernachlässigung aller sachlichen Argumentation den
vorliegenden Gesetzentwurf beschließen. Sie verstoßen
damit offensichtlich ganz bewusst gegen die gemein-
same Beschlusslage im Vermittlungsausschuss. Rot-
Grün wird damit wortbrüchig – genauso wortbrüchig
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ie heute Morgen bei der Aufkündigung des Kompro-
isses zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Kein
under, dass die Menschen in diesem Land ihren Wor-
en nicht trauen!
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit
em vorliegenden Gesetz gewährleistet die rot-grüne
undesregierung Rechtssicherheit für diejenigen Men-
chen, die ab dem 1. Januar des kommenden Jahres
taatliche Sozialleistungen beziehen. In Zukunft sind für
treitfälle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes II,
es Sozialgeldes und des Asylbewerberleistungsgesetzes
usschließlich die Sozialgerichte zuständig. Die Regie-
ungskoalition gewährleistet dadurch, dass denjenigen
ürgern, die gerichtlich gegen Entscheidungen über ih-
en sozialstaatlichen Leistungsanspruch vorgehen wol-
en, eine leistungsfähige und kompetente gerichtliche In-
tanz zur Verfügung haben.
Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, trotz des
ehr knappen zeitlichen Vorlaufs diese entscheidende
eform der Sozialgerichtsbarkeit nun verabschieden zu
önnen. Auch ist es uns in sehr kurzer Zeit gelungen, die
orgaben des Vermittlungsausschusses umzusetzen: Mit
artz IV und der Sozialhilfereform wurde die Zustän-
igkeit für Angelegenheiten der Grundsicherung für Ar-
eitslose und für Streitigkeiten in der Sozialhilfe von den
erwaltungsgerichten auf die Sozialgerichte verlagert.
adurch werden die Sozialgerichte erheblich mehr be-
astet, während die Verwaltungsgerichte im gleichen
mfang entlastet werden.
In einer Übergangszeit bis Ende 2008 wird es den
ändern gestattet, die Sozialgerichtsbarkeit durch beson-
ere Spruchkörper der Verwaltungs- und Oberverwal-
ungsgerichte ausüben zu lassen. Dadurch gewährleisten
ir, dass den Sozialgerichten die Möglichkeit zum Aus-
au der notwendigen Personalressourcen eröffnet wer-
en. Gleichzeitig wird so die Leistungsfähigkeit der
ozialgerichte hergestellt, ohne dass dies in der Über-
angsphase zulasten der Rechtssicherheit unserer Bürger
eht. Für die so gebildeten Spruchkörper gelten natürlich
ie gerichtsverfassungsrechtlichen und verfahrensrecht-
ichen Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes.
Bis jetzt ist noch nicht deutlich geworden, wie viele
er Länder von dieser Optionsmöglichkeit Gebrauch
achen werden. Ich möchte hier noch einmal klarstel-
en, dass die Regelung alternativ zu den bestehenden
öglichkeiten gesehen werden muss, mit denen die Be-
astungsunterschiede zwischen den Gerichtszweigen
usgeglichen werden können. Der Gesetzentwurf sieht
us diesem Grund auch ausdrücklich vor, dass Richter
nd Richterinnen anderer Gerichte nebenamtlich an So-
ialgerichten tätig sein können. Dies ist bei den Verwal-
ungsgerichten längst gängige Praxis. Es ist klar, dass
ich hierfür natürlich diejenigen Verwaltungsrichter und
richterinnen besonders eignen, die bisher mit Sozial-
ilfeangelegenheiten befasst waren. Darüber hinaus
estehen bereits andere, weniger stark in die Gerichts-
erfassung eingreifende Möglichkeiten. Die „natürliche“
luktuation des richterlichen Personals ermöglicht den
ändern einen Personaltransfer zwischen Verwaltungs-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11935
(A) )
(B) )
und Sozialgerichtsbarkeit. Der freiwillige Richterwech-
sel ist ebenfalls ständig möglich. Auch können Richter
und Richterinnen auf Probe von Verwaltungs- zu Sozial-
gerichten wechseln. Aus diesem Grund kann ich mir gut
vorstellen, dass nur sehr wenige von der Optionsrege-
lung Gebrauch machen werden, ohne dass es in den Ge-
richten zu personellen Engpässen kommen wird.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt aus-
drücklich, dass künftig auch das Asylbewerberleistungs-
gesetz in die Zuständigkeit der Sozialgerichte übergeht.
Es war ja eine zentrale Forderung der Union, dass Asyl-
bewerber künftig getrennt von den übrigen Sozial-
leistungsbeziehern ihre Klagen bei den Verwaltungsge-
richten einreichen müssen. Auch die Ergebnisse unserer
öffentlichen Anhörung konnten die Union nicht überzeu-
gen. Ich sage hier aber erneut ganz deutlich: Das Asylbe-
werberleistungsgesetz ist inhaltlich eng mit dem Sozial-
hilferecht verwandt. Gleichzeitig wird die Zuständigkeit
der Verwaltungsgerichte für Streitsachen in Angelegen-
heiten des Ausländerrechts oder des Asylrechts davon
nicht tangiert. Der Verbleib des Asylbewerberleistungs-
gesetzes in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte
hätte die Abtrennung dieser Rechtsmaterie von der so-
zialrechtlichen Weiterentwicklung durch die Sozialge-
richte bedeutet. Von den Betroffenen wäre dies als eine
weitere Sonderregelung verstanden worden, die für
Bündnis 90/Die Grünen nicht akzeptabel ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition: Ich
hoffe, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Regie-
rungskoalition mit den nun hier vorliegenden Änderun-
gen weitgehend den Vorschlägen des Bundesrates und
damit auch denen der unionsgeführten Bundesländer ge-
folgt ist. Wir haben uns konstruktiv und kompromissbe-
reit gezeigt, um den Bürgern die notwendige Rechts-
sicherheit zu geben. Aus diesem Grund kann ich Ihre
ablehnende Haltung an dieser Stelle überhaupt nicht
nachvollziehen. Seien sie doch auch bitte so ehrlich und
teilen Sie unseren Mitbürgern mit, mit welchen Ideen
Sie die Sozialgerichte künftig entlasten wollen: Ich erin-
nere Sie daran, dass ihre Kollegen im Bundesrat mit der
Einführung von Gerichtsgebühren die Sozialgerichte
„entlasten“ wollen. Diese „Entlastung“ ist jedoch nichts
anderes als eine finanzielle Hürde, die die Ärmsten unse-
rer Gesellschaft vor der Einklagung ihrer sozialstaatli-
chen Ansprüche abhalten soll. Seien Sie doch bitte so
aufrichtig und erklären sie den Menschen in Ihren Wahl-
kreisen, warum Sie hier und heute ein Gesetz ablehnen,
das leistungsfähige Sozialgerichte schafft, und gleichzei-
tig Regelungen vorschlagen, die Bürger von der Einkla-
gung ihrer sozialen Rechte abhalten soll. Ist das Ihr
neues Sozialstaatsverständnis?
Rainer Funke (FDP): Es ist für mich heute keine
große Freude, zum 7. SGGÄndG der Bundesregierung
zu sprechen. Dies hat zwei Gründe. Zum einen haben die
Koalitionsfraktionen darauf gedrängt, dass der Aus-
schuss für Gesundheit und Soziale Sicherung die Feder-
führung bei der Beratung des Gesetzentwurfes
übernimmt. Nach meinem Grundverständnis als Rechts-
politiker gehören jedoch Initiativen, die grundlegende
Änderungen zur Frage des Rechtsweges vorsehen, zwin-
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end in den Rechtsausschuss. Leider war uns hier nur
ie Mitberatung zugewiesen. Ich appelliere daher drin-
end an die Mehrheit des Hauses, dass diesem schlech-
en Beispiel keine weiteren folgen.
Zum Zweiten bin ich in Sorge über die Änderungen,
ie in dem Gesetzentwurf vorgesehen sind. Darin wird
en Ländern im Rahmen einer Öffnungsklausel die
öglichkeit gegeben, Aufgaben der Sozialgerichtsbar-
eit von besonderen Spruchkörpern der Gerichte der all-
emeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit wahrnehmen zu
assen. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Aufgaben
ann wieder originär von den Sozialgerichten wahrge-
ommen werden. Dies ist nach meiner Überzeugung
echtspolitik nach dem Motto: heute so und morgen so.
Aus Sicht der FDP ist es grundsätzlich zu begrüßen,
ass die Streitigkeiten über die Grundsicherung für Ar-
eitsuchende generell den Sozialgerichten zugewiesen
erden. Dadurch wird eine Rechtszersplitterung im Be-
eich des Rechts der sozialen Leistungen beseitigt. Der
eg, den die Bundesregierung dafür einschlägt, ist je-
och der falsche. Die Pläne der Bundesregierung begeg-
en insbesondere aus Gründen der Rechtswegsicherheit
nd Rechtssicherheit tief greifenden Bedenken. Die
nhörung hat ergeben, dass die Bildung besonderer
achkammern nicht notwendig ist, da der erhöhte Perso-
albedarf wohl auch durch andere Maßnahmen zu de-
ken sein wird. Zu denken ist dabei an die Versetzung
on Richtern auf Probe oder der freiwillige Wechsel.
ntscheidend für die Ablehnung des Gesetzentwurfes
urch die FDP ist die akute Gefahr der Entwicklung ei-
er uneinheitlichen Rechtsprechung. Da zu erwarten ist,
ass nicht alle Länder von der Option Gebrauch machen
erden, dürfte eine Zersplitterung des Rechtsschutzes
nd der Rechtsprechung gerade für sozialschutzbedürf-
ige Rechtsuchende die Folge sein. Einer Umfrage bei
en Landesjustizverwaltungen zur Folge und als Ergeb-
is der mündlichen Anhörung ist festzustellen, dass bis-
er kein Bundesland angekündigt hat, besondere
pruchkörper errichten zu wollen. Neun Bundesländer
aben mitgeteilt, dass die Errichtung von Fachkammern
icht vorgenommen werden wird. Zu befürchten ist zu-
em, dass die geplante Länderöffnungsklausel zur Ver-
estigung der als befristet geplanten Strukturen führen
önnte. Fiskalische Argumente halte ich für vorgescho-
en. Mögliche Einspareffekte durch die Schaffung be-
onderer Spruchkammern bei den Verwaltungsgerichten
erden höchstwahrscheinlich durch die zu erwarteten
robleme bei der verwaltungsmäßigen Abwicklung un-
erlaufen.
Dies alles zeigt aus Sicht der FDP, dass die Pläne zur
nderung des Sozialgerichtsgesetzes unseriös und we-
ig durchdacht sind.
Die FDP wird den Gesetzentwurf der Bundesregie-
ung daher ablehnen.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): Die PDS im
undestag lehnt das Gesetz zur Änderung des Sozial-
erichtsgesetzes ab. Als Gesetzesbegründung wird an-
eführt, dass es lediglich um einen Arbeitsausgleich
wischen Sozial- und Verwaltungsgerichten geht. Ich
11936 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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denke aber, es geht um etwas anderes. In den zahlreichen
Stellungnahmen von Sozialverbänden sind die Pro-
bleme, die mit diesem Gesetz verbunden sind, klar be-
nannt. Das eigentliche Ziel dieses Gesetzes besteht mei-
ner Meinung nach darin, auf möglichst unauffällige Art
Gerichtsgebühren auch bei der bisher gebührenfreien
Sozialgerichtsbarkeit einzuführen.
Wir als PDS sprechen uns dagegen aus, dass auf
schleichendem Wege die Abschaffung der Sozialgerichte
ermöglicht wird. Das passt natürlich sehr stringent in die
Agenda 2010: Auf der einen Seite wird – ich zitiere hier
die „Frankfurter Allgemeine“ von Juni – „die größte
Kürzung von Sozialleistungen seit 1949“ mit brutaler
Härte durchgedrückt und auf der anderen Seite werden
die Möglichkeiten von Bedürftigen, sich bei Sozial-
gerichten Hilfe zu holen, beschnitten. Das sind zwei Sei-
ten einer Medaille.
Die Zusammenlegung bzw. Aufgabenübertragung
von Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbar-
keit wird vor allem – so die Einschätzung der Sozialver-
bände – abschreckende Wirkung auf Recht suchende
und hilfsbedürftige Bürger haben.
Das Land Berlin hat deshalb in der Bundesratssitzung
vom 13. Februar dieses Jahres gegen den Gesetzentwurf
gestimmt. In Berlin, wo die Sozialsenatorin Mitglied der
PDS ist, ist es politischer Wille, dass Sozialgerichtsver-
fahren auch in Zukunft für Versicherte und Leistungs-
empfänger kostenfrei sein sollen. Für die Berliner PDS-
Senatorin Heidi Knake-Werner steht bei ihrer Position
im Vordergrund, dass sozial Schwache nicht noch stärker
belastet werden dürfen.
Wir als PDS lehnen die Übertragung der Sozialge-
richtsbarkeit an Verwaltungsgerichte ab. Wir wollen,
dass Menschen, die Hilfe und Rat im sozialen Bereich
suchen oder suchen müssen, dafür eine eindeutige
Adresse haben. Die Möglichkeit einer kostenfreien
Klage vor einem Sozialgericht ist ein hohes Gut, das ge-
rade in Zeiten massiven Sozialabbaus erhalten bleiben
muss.
Wir teilen die Einschätzung des Deutschen Gewerk-
schaftsbundes, dass sich eine eigenständige Sozialge-
richtsbarkeit bewährt hat. In der Vergangenheit haben
diese Gerichte aufgrund ihrer besonderen Qualifikation
und Struktur dazu beigetragen, die Ansprüche von Ar-
beitnehmern und Versicherten in hohem Maße zu klären
und damit zum sozialen Frieden beizutragen.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
wirkungsgleichen Übertragung von Regelungen
der sozialen Pflegeversicherung sowie der
gesetzlichen Krankenversicherung auf dienst-
rechtliche Vorschriften (Tagesordnungspunkt 27)
Hans-Peter Kemper (SPD): Mit der Verabschie-
dung dieses Gesetzes löst die Koalition ein Versprechen
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in, das sie öffentlich gegeben hat, nämlich alle Verände-
ungen in den Sozialsystemen wirkungsgleich auf die
eamtenrechtlichen Versorgungssysteme zu übertragen.
as haben wir bei Veränderungen in der gesetzlichen
entenversicherung und Krankenversicherung so ge-
acht und vollziehen es bei der Pflegeversicherung mit
em heutigen Gesetz nach.
Mit Wirkung vom 1. April 2004 haben Rentnerinnen
nd Rentner den Beitrag zur gesetzlichen Pflegever-
icherung in Höhe von 1,7 Prozent voll selbst zu tragen.
is dahin war es der gesetzlichen Rentenversicherung
öglich gewesen, die Hälfte der Beitragslast, also fiktiv
en Arbeitgeberanteil, zu übernehmen. Die Empfänge-
innen und Empfänger von Betriebsrenten, einschließ-
ich Renten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen
ienstes, tragen bereits seit Einführung der sozialen
flegeversicherung den vollen Beitrag.
Deshalb werden wir mit diesem Gesetz beschließen,
ass die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungs-
mpfänger ab dem 1. April 2004 in gleichem Maße wie
entnerinnen und Rentner ihre vollen Pflegeversiche-
ungsbeiträge selbst tragen, was eine Erhöhung der Pfle-
eversicherungsbeiträge um 0,85 Prozent bedeutet.
Das macht keine Freude, wir halten aber diese Verän-
erungen aus Gerechtigkeitsgründen und wegen der
ringend erforderlichen Haushaltskonsolidierung für un-
bdingbar, allerdings auch für zumutbar. Um den büro-
ratischen Aufwand für die Erhebung der zusätzlichen
ersicherungsbeiträge möglichst gering zu halten, sollen
ie anfallenden Mehrkosten einmal jährlich, und zwar
eweils zum 1. Dezember, mit den Jahressonderzahlun-
en der Versorgungsempfänger verrechnet werden.
Ich weiß, dass das von der Opposition stark kritisiert
ird. Ich will auch hier deutlich sagen: Man kann nicht
uf der einen Seite ständig zu viel Bürokratie kritisieren
nd in großen verbalen Kraftakten Veränderungen for-
ern und dann, wenn, wie in diesem Gesetzesvorhaben,
ürokratischer Mehraufwand vermieden werden kann
nd Verwaltungsvereinfachungen möglich sind, blockie-
en und „Verrat“ schreien. Das ist unehrlich.
Lassen Sie mich zu einem zweiten inhaltlichen Kom-
lex dieses Gesetzes kommen: Am 31. Dezember 2004
äuft die Befristung der Regelung zur Verwendung von
eamtinnen und Beamten in Teildienstfähigkeit aus.
ine Umwandlung dieses befristeten Gesetzes in eine
auerregelung ist zwingend erforderlich, wenn wir dem
rend zu Frühpensionierungen dauerhaft entgegenwir-
en wollen. Es wird sehr darauf ankommen, neben den
esetzesänderungen auch ein Bewusstsein für die Wei-
erverwendung von teildienstfähigen Beamtinnen und
eamten in den Behörden zu schaffen, denn bisher wird
ieses Instrument doch eher zurückhaltend angewandt.
Lassen Sie mich noch zu einem dritten Punkt kom-
en, der ursprünglich in diesem Gesetzesvorhaben eine
roße Rolle gespielt hat, nach einer Anhörung am ver-
angenen Montag zwar einvernehmlich aus diesem Ge-
etzesvorhaben herausgenommen worden ist, aber wei-
erhin auf der politischen Agenda bleibt. Es geht um eine
inderheit von Beamten, die in einer gesetzlichen Kran-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11937
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kenversicherung versichert sind. Bei dieser Personen-
gruppe, deren Größenordnung in einer Spannbreite von
2 bis 8 Prozent der Gesamtbeamtenschaft geschätzt wird,
handelt es sich nach unseren Informationen im Wesent-
lichen um kinderreiche, gering besoldete oder behinderte
Beamte. Ein Teil dieser gesetzlich Krankenversicherten
nimmt neben der Leistung der gesetzlichen Krankenver-
sicherung auch noch die Beihilferegelung in Anspruch.
Bei dem neuen Gesetz sollte dieser Anspruch entfal-
len. Die in der GKV Versicherten sollten in Zukunft
einen hälftigen Beitragszuschuss, also den Arbeitgeber-
anteil, bekommen, der ihnen in der Vergangenheit nicht
zuerkannt worden ist. Diese Beamten hatten als nahezu
einzige Personengruppe ihren 100-prozentigen Kranken-
versicherungsbeitrag selbst zu tragen.
Die Einführung eines Beitragszuschusses stellt aus
unserer Sicht ein Stück Gerechtigkeit dar. Wir würden
damit im Übrigen den berechtigten Forderungen der Ge-
werkschaften und Berufsverbände entgegenkommen.
Hinzu kam ein weiteres Handicap. Viele behinderte
Beamte konnten nicht oder nur mit erheblichen Auf-
schlägen Mitglied in einer privaten Krankenversiche-
rung werden. Während der Anhörung hat der Dachver-
band der privaten Krankenversicherungen ein Angebot
für behinderte Beamte unterbreitet, zu gleichen oder zu
nahezu gleichen Konditionen wie Nichtbehinderte Mit-
glied in einer privaten Krankenversicherung zu werden.
Auf der anderen Seite gab es nach Bekanntwerden
unseres Vorhabens durchaus auch Proteste von Beamten,
die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert
waren und gleichzeitig Beihilfe in Anspruch nehmen.
Die Gewährung eines hälftigen Beitragszuschusses wäre
automatisch einhergegangen mit dem Verlust des Bei-
hilfeanspruches für gesetzlich Krankenversicherte.
Die beiden vorgenannten Punkte – wirkungsgleiche
Übertragung der Pflegeversicherung und Entfristung des
Teildienstfähigkeitsgesetzes – stehen unter zeitlicher
Dringlichkeit und haben einen weiteren Aufschub zur
Klärung der bei der Anhörung aufgeworfenen Fragen
zum Punkt „Bezuschussung bei gesetzlich Krankenver-
sicherten“ nicht mehr zugelassen. Von daher haben wir
einvernehmlich vereinbart, diesen Punkt aus dem Geset-
zesvorhaben zunächst herauszunehmen. Er bleibt jedoch
auf der politischen Agenda – auch das ist einvernehm-
lich vereinbart – wenn zufrieden stellende andere Lösun-
gen nicht gefunden werden.
Eins ist allerdings nicht der Fall: Mit der Einführung
des Beitragszuschusses für gesetzlich krankenver-
sicherte Beamte sollten nicht – wie von der Union dann
unverständlicherweise verbreitet – die Wege für eine
Bürgerversicherung oder eine grundlegende Strukturver-
änderung in der nächsten Legislaturperiode bereits jetzt
geebnet und in diesem schmalen Segment auch schon
vollzogen werden. Es waren ausschließlich die genann-
ten Gründe, die zu dieser einvernehmlichen Regelung
mit der Union führten. Ich bin einigermaßen überrascht,
dass gemeinsam erzielte Kompromisse im Nachhinein
politisch populistisch umgedeutet werden. Das fördert
nicht die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die ich im In-
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enausschuss überwiegend kennen und schätzen gelernt
abe.
Ralf Göbel (CDU/CSU): Wir debattieren heute ein
rtikelgesetz, in dem unterschiedlichste Regelungen im
eamtenrecht getroffen werden. Ich will nicht zu jeder
egelung Stellung nehmen, aber auf die wichtigsten
eränderungen gegenüber dem bisherigen Recht einge-
en. Zum Gesetzentwurf hat nach der ersten Lesung auf
ntrag der Fraktion der CDU/CSU eine Anhörung von
xperten stattgefunden, die im Ergebnis zu einer erheb-
ichen Veränderung des ursprünglichen Entwurfes ge-
ührt hat. Ich komme noch darauf zu sprechen.
Ausdrücklich begrüßen will ich zunächst die Entfris-
ung der Regelungen zur Teildienstfähigkeit von Beam-
innen und Beamten. Wir haben mit dieser Regelung ein
eeignetes Instrument geschaffen, um auf die einge-
chränkte Dienstfähigkeit von Beamtinnen und Beamten
u reagieren und die früher in diesen Fällen übliche vor-
eitige Versetzung in den Ruhestand zu verhindern. Ich
ill aber auch kritisch anmerken, dass die Umsetzung
ieser gesetzlichen Regelung in der Praxis nicht in dem
aße erfolgt, wie wir es wünschen und wie dies auch
otwendig wäre. Die Behördenleitungen wählen aus oft-
als nicht nachvollziehbaren Gründen den Weg der Ver-
etzung in den vorzeitigen Ruhestand, obwohl die Rege-
ungen über die Teildienstfähigkeit eingreifen. Aktuell
abe ich einen solchen Fall im Verantwortungsbereich
es Bundeseisenbahnvermögens. Ein solches Verhalten
ird weder dem Interesse des Bundes gerecht noch dem
nteresse der betroffenen Menschen, trotz gesundheitli-
her Beeinträchtigungen weiter Dienst verrichten zu
önnen. Ich fordere daher die Bundesregierung auf, da-
auf hinzuwirken, dass die Behörden des Bundes in allen
eeigneten Fällen von dieser Möglichkeit tatsächlich
uch Gebrauch machen.
Die von uns beantragte Anhörung hat dazu geführt,
ass der frühere Art. 3 des Gesetzes inhaltlich gestrichen
urde. Es war beabsichtigt, den Beamtinnen und Beam-
en, die in der gesetzlichen Krankenversicherung ver-
ichert sind, einen Beitragszuschuss zu gewähren. Damit
urde ein Problem aufgegriffen, auf dessen Lösungsbe-
arf wir schon mehrfach hingewiesen hatten. Der Weg,
en die Regierungskoalition vorgeschlagen hat, ist aller-
ings falsch. In seiner Antwort auf die Frage des Kolle-
en Erwin Marschewski – Drucksache 15/43 – führte der
arlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
örtlich aus: „Für den Dienstherrn wäre ein möglicher
echsel in einen beihilfekonformen Standardtarif der
ewährung eines hälftigen Beitragszuschusses im Falle
es Verbleibs in der GKV aus Kostengründen vorzuzie-
en.“ Seine Argumentationskraft scheint die Regie-
ungskoalition nicht überzeugt zu haben, denn es wurde
enau die kostenintensivere Variante gewählt.
In der Anhörung wurde zudem deutlich, dass die von
er Regierungskoalition vorgeschlagene Lösung des
eitragszuschusses eine Systemänderung bedeutet. Es
st schon ziemlich dreist, wie hier seitens der Regie-
ungskoalition versucht wurde, über dieses Thema die
11938 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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Bürgerversicherung für Beamte sozusagen durch die
kalte Küche einzuführen.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die privaten Kran-
kenversicherungen nunmehr ein Angebot abgegeben ha-
ben, das es den bislang gesetzlich krankenversicherten
Beamtinnen und Beamten ermöglicht, zu bezahlbaren
Tarifen in die private Krankenversicherung zu wechseln.
Ich erwarte, dass dieses Angebot in den nächsten Tagen
und Wochen noch näher konkretisiert und ausformuliert
wird. Damit könnte das Problem für die Beamtinnen und
Beamten systemkonform gelöst werden. Anderenfalls
müssten wir erneut in die Debatte um den richtigen Weg
eintreten, wobei ich nicht verhehle, dass in diesem Fall
das Modell des Deutschen Beamtenbundes, bei dem zum
hälftigen Beitrag die Beihilfe ergänzend hinzutritt, für
uns die Priorität hat.
Der Gesetzentwurf enthält in Art. 1 eine Regelung,
die eine wirkungsgleiche Übertragung der Regelungen
der sozialen Pflegeversicherung auf dienstrechtliche Re-
gelungen beinhalten soll. Ich sage bewusst „soll“, weil in
der Anhörung deutlich geworden ist, dass eine wir-
kungsgleiche Übertragung im eigentlichen Wortsinne
überhaupt nicht möglich ist. Das liegt an der Unter-
schiedlichkeit und Nichtvergleichbarkeit der Systeme.
Die Beamtinnen und Beamten sind eben nicht in der so-
zialen Pflegeversicherung versichert, sondern sie haben
das Pflegerisiko privat abgesichert und erhalten – sys-
temkonform – ergänzend Beihilfeleistungen. Damit tritt
hier derselbe Effekt ein wie bei der angeblich wirkungs-
gleichen Übertragung der Regelungen der gesetzlichen
Krankenversicherung auf das beamtenrechtliche Beihil-
fesystem: Die Beamtinnen und Beamten tragen die Belas-
tungen, die Entlastungen – etwa ein sinkender Beitrags-
satz in der gesetzlichen Krankenversicherung – können
ihnen – wiederum systembedingt – nicht zugute kom-
men. Aus diesem Grund handelt es sich bei der hier so
bezeichneten „wirkungsgleichen Übertragung“ um nichts
anderes als um die Erschließung einer weiteren Einnah-
mequelle durch den Bundesfinanzminister, ohne dass auf
der Seite der Beamtenschaft irgendein relevanter Vorteil
entsteht.
Den in der Anhörung vorgestellten Vorschlag des
Deutschen Gewerkschaftsbundes, nämlich die Hälfte des
Einsparbetrages der Versorgungsrücklage zuzuführen,
ändert an dieser Einschätzung nichts. Deshalb können
wir auch dem Änderungsantrag der FDP-Fraktion, die
sich die Position des DGB zu Eigen gemacht hat, nicht
unterstützen. Es geht im Grunde doch nur darum, nach
außen zu zeigen, dass nun auch bei den Beamtinnen und
Beamten gekürzt wird. Das mag populär sein, intelligent
ist es nicht. Es zeigt nur, wie hilflos die Bundesregierung
und die sie tragende Koalition in diesem Bereich agiert.
Zielführender wäre es in jedem Fall, wenn der einge-
sparte Betrag systemkonform den Beihilfeleistungen zu-
geführt würde. Dann könnte auch mit guten Argumenten
den Beamtinnen und Beamten und der Öffentlichkeit
diese Maßnahme vermittelt werden. Aber noch nicht
einmal so viel Mühe will man sich geben – es wird ein-
fach nur kassiert.
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Letztlich aber ist die vorgeschlagene Lösung auch
eshalb abzulehnen, weil schon die Regelung, die an-
eblich wirkungsgleich übertragen werden soll, selbst
alsch ist. In der Debatte um die Anhebung des Beitrages
ür die soziale Pflegeversicherung haben wir schon deut-
ich gemacht, dass diese die Rentner einseitig belastet,
ie Pflegeversicherung selbst davon überhaupt keinen
orteil hat und lediglich die Kassen der gesetzlichen
entenversicherung aufgebessert werden sollen. Des-
alb haben wir auch dort unsere Zustimmung nicht er-
eilt.
Folgerichtig können wir auch jetzt der angeblich wir-
ungsgleichen Übertragung dieser grundsätzlich fal-
chen Regelung unsere Zustimmung nicht erteilen.
Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN): Für uns gilt: Alle Veränderungen, die wir in
en sozialen Sicherungssystemen vornehmen, müssen
uch wirkungsgleich auf Beamte, aber auch auf Politiker
bertragen werden.
Mit diesem Gesetz wird ein Teil dieses Grundsatzes
mgesetzt: Rentnerinnen und Rentner müssen seit April
en vollen Beitragssatz von 1,7 Prozent statt vorher
,85 Prozent zur sozialen Pflegeversicherung zahlen.
Das bedeutet konkret im Ergebnis, dass ihnen
,85 Prozent ihres Einkommens weniger zur Verfügung
tehen. Dementsprechend werden die Versorgungsbe-
üge der Beamtinnen und Beamten um 0,85 Prozent ver-
indert.
Natürlich weiß ich, dass man die private Pflegeversi-
herung mit der sozialen nicht vergleichen kann; dies
brigens genauso wenig wie die private mit den gesetz-
ichen Krankenkassen. Aber wir befinden uns hier genau
n dem neuralgischen Punkt des öffentlichen Dienstes
it seiner „Teilung“ der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
er in Beamte und Angestellte. Hier gibt es immer wie-
er Friktionen. Mal fühlen sich die Angestellten gegen-
ber den Beamten benachteiligt, mal umgekehrt. Um
inen solchen Fall handelt es sich hier.
Abgesehen davon, dass wir als Bündnis 90/Die Grü-
en eine umfassende Reform des öffentlichen Dienstes
it einem einheitlichen Dienstrecht, das diese Teilung
ufhebt, als langfristiges Ziel anstreben, bemühen wir
ns – wie alle Regierungen zuvor auch – eine weitge-
ende Gleichbehandlung zu gewährleisten.
So wie den Beamten zum Beispiel der Tarifabschluss
ugute kommt, indem wir ihn wirkungsgleich auf die
eamtenschaft übertragen, so übertragen wir nun eine
elastung, um uns eben dieser sozialen Symmetrie wie-
er anzunähern.
Mit der Entfristung der Regelung zur Verwendung
on Beamtinnen und Beamten in Teildienstfähigkeit
ollen wir den Frühpensionierungen entgegenwirken.
ir müssen bemüht sein, die Erfahrungen lebensälterer
itarbeiterinnen und Mitarbeiter besser zu nutzen. In
iesem Zusammenhang möchte ich auch anregen, da-
über nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, die Al-
ersteilzeit grundsätzlich erst ab dem 60. Lebensjahr zu
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11939
(A) )
(B) )
bewilligen – und dann vorwiegend als Teilzeit und nicht
als Blockmodell.
Lassen Sie mich zum Schluss auf den Punkt hinwei-
sen, den wir per Änderungsbeschluss wieder vom Gesetz
abgetrennt haben: den Zuschuss an freiwillig in den
GKVs versicherte Beamte.
Nur damit wir nicht missverstanden werden: Dies ist
nicht – wie teilweise unterstellt – der Abschied von dem
von uns angestrebten Ziel der Bürgerversicherung; des-
wegen nicht, weil die Regelung auch nicht der Einstieg
in eine Bürgerversicherung gewesen wäre. Uns ging es
mit der Regelung darum, eine Gerechtigkeitslücke zu
schließen. Oft kamen die freiwillig versicherten Beam-
ten nicht in den privaten Versicherungen unter oder
mussten immense Risikozuschläge zahlen. Einen Zu-
schuss vom Arbeitgeber für die Beiträge zur GKV aber
bekommen sie nicht.
Die PKVs haben jetzt aber signalisiert, behinderten
oder vorerkrankten Beamten zumutbare und bezahlbare
Angebote zu unterbreiten. Ob diese Angebote, die kon-
kretisiert werden müssen, ausreichen, um eben diese Ge-
rechtigkeitslücke zu schließen, wollen wir genau prüfen.
Die anderen Regelungen erlauben aber keinen weite-
ren Aufschub, Deshalb haben wir diesen Punkt zunächst
fallen gelassen.
Dr. Max Stadler (FDP): Lassen Sie mich mit dem
Unstreitigen beginnen. Die Aufhebung der Befristung
der Regelungen zur Teildienstfähigkeit ist zu begrüßen.
Sie dient der Vermeidung von Frühpensionierungen. Be-
amtinnen und Beamte können so trotz einer Beeinträch-
tigung ihrer Arbeitskraft weiter berufstätig bleiben. Das
liegt nicht nur im Interesse des Finanzministers. Das ist
auch im Interesse der Menschen. Viele Beamtinnen und
Beamte wünschen sich, den Kontakt zur Arbeitswelt
nicht zu verlieren. Diesen Wunsch greift der Gesetzge-
ber mit der vorgeschlagenen Regelung auf. Es ist nun-
mehr an der Bundesregierung, bei den Behördenleiterin-
nen und -leitern für eine größere Akzeptanz für dieses
Instrument zu werben.
Im Grundsatz unstreitig ist auch die Übertragung des
Wegfalls der Beteiligung der Rentenversicherung am
Pflegeversicherungsbeitrag auf Versorgungsempfänge-
rinnen und Versorgungsempfänger des Bundes. Dies ist
eine Frage der materiellen Gerechtigkeit. Der öffentliche
Dienst lebt nicht auf einer Insel der Glückseligen. Er
kann, auch wenn es schwer fällt, von allgemeinen sozial-
politischen Entwicklungen nicht ausgenommen werden.
Allerdings fehlt es an der Wirkungsgleichheit der Über-
tragung. Bei den Rentnerinnen und Rentnern dient die
Maßnahme der Stabilisierung der Rentenversicherung.
Hingegen werden die Versorgungsempfängerinnen und
Versorgungsempfänger nur belastet, ohne dass dem eine
entsprechende Entlastung gegenüberstünde. Entlastet
wird nur der Bundeshaushalt, nicht aber das Alterssiche-
rungssystem der Beamtinnen und Beamten. Die FDP
spricht sich daher dafür aus, die Einsparsumme aus der
Reduzierung der Versorgungsbezüge in die Versorgungs-
rücklage einzustellen. Auf diese Weise lassen sich die
Leistungen der Beamtenversorgung für die zukünftig in
die Versorgung übergehenden Beamtinnen und Beamten
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tärker als bisher absichern. Die FDP greift hiermit einen
orschlag des DGB auf, geht aber zugleich über ihn hi-
aus. Denn es ist nicht einzusehen, warum nur 50 Pro-
ent der Einsparsumme in die Versorgungsrücklage des
undes überführt werden sollen. Nach Ansicht der FDP
at der Einsparbetrag in voller Höhe im System zu ver-
leiben, um ihn vor einer Zweckentfremdung durch den
otorisch klammen Finanzminister zu schützen.
Lassen Sie mich zum dritten Punkt kommen: Die Ge-
ährung eines Zuschusses an freiwillig krankenversi-
herte Beamtinnen und Beamte stieß bei der FDP von
nfang an auf großes Misstrauen. Wir haben Sie, meine
amen und Herren von Rot-Grün, bei dem Versuch ge-
tellt, einen weiteren Schritt in Richtung Bürgerversi-
herung zu gehen. Zudem hat die Anhörung gezeigt,
ass die Idee eines Beitragszuschusses auch erhebliche
andwerkliche Fehler aufwies, zum Beispiel zu einer
eitragspflicht betroffener Beamter geführt hätte, ein
ahrlich absurdes Ergebnis. Meine Fraktion ist froh,
ass dieses Ansinnen nun vom Tisch ist und Sie unserem
ntrag, Art. 3 des Gesetzentwurfs zu streichen, gefolgt
ind. Für Sie ist die Sache allerdings nur aufgeschoben,
icht aufgehoben. Wir sehen das anders: Der Verband
er privaten Krankenversicherungen hat schriftlich an-
eboten, alle Beamtinnen und Beamten im Standardtarif
hne Zuschlag oder im Beamtentarif mit einem maxima-
en Zuschlag von 30 Prozent zu versichern. Wer jetzt
och in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt, tut
ies aus freier Entscheidung. Es ist nicht Aufgabe des
esetzgebers, eine derartige Entscheidung durch Bei-
ragszuschüsse zu subventionieren. Ebenso wenig bedarf
s dann noch der vom Beamtenbund vorgeschlagenen
eilkostenlösung im System der gesetzlichen Kranken-
ersicherung. Jedwede Zwischenlösung wäre ein weite-
er Schritt in Richtung einer grundlegenden Systement-
cheidung im Gesundheitswesen. Sie stellte den
onsens infrage, hierüber erst in der nächsten Legisla-
urperiode zu entscheiden.
Fritz-Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim
undesminister des Innern: Der Beitrag zur sozialen
flegeversicherung wurde bisher je zur Hälfte von den
entnerinnen und Rentnern sowie von der gesetzlichen
entenversicherung gezahlt. Seit dem 1. April 2004
ird dieser Beitrag in voller Höhe von gegenwärtig
,7 Prozent von den Rentnerinnen und Rentnern allein
etragen. Damit werden die heutigen Rentnerinnen und
entner, die während ihres Arbeitslebens nicht oder nur
enige Jahre eigene Beiträge zur der 1995 eingeführten
flegeversicherung geleistet haben, ebenfalls an der Finan-
ierung der Pflegeleistungen beteiligt wie die Arbeitneh-
er, die durch Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzie-
ung der Pflegeversicherung beigetragen haben. Auch
ie Empfängerinnen und Empfänger von Betriebsrenten
inschließlich der Renten der Zusatzversorgung des öf-
entlichen Dienstes tragen bereits seit Einführung der
flegeversicherung den vollen Beitrag.
Das Ihnen heute zur Abstimmung vorliegende Gesetz
berträgt diese Belastung der Rentnerinnen und Rentner
irkungs- und zeitgleich auf die Versorgungsempfän-
erinnen und Versorgungsempfänger des Bundes. Diese
aben während ihrer aktiven Dienstzeit ebenso wie die
11940 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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heutigen Rentnerinnen und Rentner regelmäßig nicht
oder nur kurze Zeit eigene Beiträge zur Finanzierung der
Pflegeleistungen erbracht. Das Gebot der sozialen Ge-
rechtigkeit gebietet daher, dass sich Versorgungsempfän-
gerinnen und Versorgungsempfänger ab dem 1. April
2004 in gleichem Maße wie Rentnerinnen und Rentner
an der Finanzierung der Pflegeleistungen beteiligen.
Diese soziale Symmetrie wird durch die Verminderung
der jährlichen Sonderzahlung erreicht. Es entspricht zu-
dem der Politik der Bundesregierung, alle gesellschaftli-
chen Gruppen gleichermaßen zur solidarischen Teilhabe
an den Maßnahmen zur Sanierung der sozialen Siche-
rungssysteme heranzuziehen.
Alternativen zu der vorgeschlagenen Lösung einer
Verminderung der Sonderzahlung kommen nicht in Be-
tracht. Zwar ist die Übertragung auch im Wege einer
Verminderung der monatlichen Versorgungsbezüge denk-
bar. Damit würde die Mehrbelastung der Versorgungs-
empfänger, wie bei der Rente, auf die einzelnen Monate
aufgeteilt. Die praktische Umsetzung dieser Lösung
wäre aber sehr schwierig. Das Versorgungsrecht würde
unübersichtlicher und komplizierter, weil eine eigene
Tabelle für Pensionäre geschaffen werden müsste.
Eine weitere Alternativlösung wäre, dass die Versor-
gungsempfänger das Pflegerisiko ganz oder zu einem
größeren Teil selbst privat versichern, bei Wegfall oder Re-
duzierung der Beihilfeleistungen von bisher 70 auf 50 Pro-
zent. Damit würden aber die finanziellen Belastungen der
Versorgungsempfänger erheblich stärker ansteigen als
die Belastungen der Rentner in der gesetzlichen Pflege-
versicherung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die
Versorgungsempfänger bei der Beitragsbemessung in der
höchsten Risikoklasse der privaten Pflegeversicherung
sind und die private Pflegeversicherung die Mitversiche-
rung von Familienangehörigen nicht beitragsfrei vor-
nimmt. Während die Beiträge in der gesetzlichen Pflege-
versicherung vom Einkommen abhängig sind, werden sie
in der privaten Pflegeversicherung allein nach Alter und
Risiko bestimmt. Insbesondere die Versorgungsempfän-
gerinnen und Versorgungsempfänger der unteren Besol-
dungsgruppen wären mit den höheren Beiträgen über Ge-
bühr belastet.
Ich will ich gar nicht groß drum herum reden: Natür-
lich führt die vorgesehene Übertragung der Belastung
der Rentnerinnen und Rentner auf die Pensionärinnen
und Pensionäre zu Einsparungen im Bundeshaushalt,
und zwar in 2004 zu circa 90 Millionen Euro sowie in
den Folgejahren zu circa 120 Millionen Euro jährlich.
Ob man diese Summen jetzt dem Beihilfesystem oder
der Versorgungsrücklage zuführt – dies wurde ja im
Rahmen des parlamentarischen Verfahrens vorgetra-
gen – ist nicht entscheidend, denn jede Entlastung des
Bundeshaushalts stabilisiert gleichermaßen auch das
Beihilfe- und Versorgungssystem.
Die Regelung des Entwurfs der Regierungskoalition
betrifft jedoch nur die Versorgungsempfängerinnen und
Versorgungsempfänger des Bundes. Den Ländern ist die
Entscheidung über die wirkungsgleiche Übertragung der
Belastungen der Rentnerinnen und Rentnern auf die Ver-
sorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in
eigener Verantwortung überlassen.
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Zu Beginn der parlamentarischen Befassung war in
em Gesetzentwurf ein Beitragszuschuss für freiwillig
esetzlich krankenversicherte Beamtinnen und Beamte
orgesehen. Beamte, die aufgrund von Vorerkrankungen
icht oder nur mit erheblichem Risikoaufschlag in die
rivate Krankenversicherung aufgenommen werden,
ollten mit dieser Regelung erfasst werden. Bisher haben
iese Beamtinnen und Beamten ihre Krankenversiche-
ungsbeiträge in vollem Umfang allein zu tragen. Diese
erechtigkeitslücke sollte der ursprünglich vorgesehene
eitragszuschuss schließen. Denn schon aus Gründen
er beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht ist es geboten,
ass sich der Dienstherr hälftig an den Krankheitsvorsor-
ekosten beteiligt.
Im Zusammenhang mit der Anhörung des Innenaus-
chusses am 27. September zu dem Gesetzentwurf hat
un der Verband der privaten Krankenversicherung in
ussicht gestellt, diesem Personenkreis zumutbare Be-
ingungen anzubieten. Das Angebot muss aber noch
onkretisiert werden, und es bedarf gründlicher Prüfung,
b damit eine dauerhafte Lösung des Problems bewirkt
erden kann. Im Rahmen des laufenden Gesetzgebungs-
orhabens, das wegen der Übertragung der eingangs ge-
annten Übertragung der Änderungen der Pflegever-
icherung besonders eilbedürftig ist, kann eine solche
rüfung nicht kurzfristig erfolgen. Das Vorhaben ist da-
er bis zum Abschluss der notwendigen Prüfung und
inem konkreten Angebot der privaten Krankenversiche-
er zurückgestellt. Hier sind wir uns übrigens mit der
DU/CSU-Fraktion einig.
Aus Sicht der Bundesregierung sollte ein Angebot
onkrete Zusagen zur unbefristeten Aufnahme der aus
er gesetzlichen Krankenversicherung kommenden Be-
mtinnen und Beamten ungeachtet eventuell vorliegen-
er Vorerkrankungen enthalten und auch Versorgungs-
mpfängerinnen und Versorgungsempfänger sowie
erücksichtigungsfähige Angehörige umfassen. Sollten
en privaten Krankenversicherern derartige Aufnahme-
onditionen nicht möglich sein, wird man erneut über
en ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehenen Zu-
chuss zur gesetzlichen Krankenversicherung diskutie-
en müssen.
nlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände-
rung des Autobahnmautgesetzes für schwere
Nutzfahrzeuge
– Antrag: LKW-Mauteinführung zügig vo-
ranbringen
– Antrag: Mautbefreiung für humanitäre
Hilfstransporte
(Tagesordnungspunkt 28)
Reinhard Weis (Stendal) (SPD): Der Schlussstein ist
n der Architektur der letzte Stein, der eine Kuppel zum
ragen bringt. Bei der heutigen zweiten und dritten Le-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11941
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sung setzen wir den gesetzgeberischen Schlussstein un-
ter die Einführung der streckenbezogenen LKW-Maut in
Deutschland und ein bisschen erinnert mich der Weg der
Einführung der Maut an die recht komplizierte Errich-
tung einer größeren Kathedrale im Mittelalter. Auch den
Bauherren ist damals zwischendurch das eine oder an-
dere Mal das Gebäude eingestürzt und sie mussten von
vorn beginnen. Auch dort hat sich erwiesen: Aus Fehlern
wird man klug. Nur wer sich dann nicht unverzüglich an
den Wiederaufbau macht, der hat wirklich verloren.
Wir haben uns nun in längeren Beratungen davon
überzeugt, dass vor allen Dingen Toll Collect aus den
Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Wir haben uns
von den Betreibern überzeugen lassen, dass der Startter-
min 1. Januar 2005 realistisch und erreichbar ist. Des-
halb haben wir uns entschlossen, im Verlauf des Bera-
tungsverfahrens den 1. Januar 2005 als fixen Starttermin
aufzunehmen.
Wir wollen damit auch ein Zeichen setzen, beispiel-
gebend für die Spediteure, die noch zögern und ihr Ver-
trauen in Toll Collect noch nicht zurückgewonnen ha-
ben. Wir zeigen mit dem fixen Starttermin, dass wir
dieses Vertrauen in Toll Collect zurückgewonnen haben.
Insofern bin ich auch ganz froh darüber, dass die Kolle-
ginnen und Kollegen der Opposition sehr früh den Start-
termin 1. Januar 2005 festgelegt haben wollten, auch
wenn sie uns damit ein wenig zwingen wollten, Farbe zu
bekennen. Wir haben damit kein Problem. Aber ich ver-
spreche dem lieben Kollegen Dirk Fischer schon heute:
Ich werde Sie an Ihre Initiative erinnern, und zwar zu ei-
nem Zeitpunkt, an dem Sie vielleicht mit Häme auf die
Regierung einschlagen würden. Ich komme darauf zu-
rück.
Zum Thema Mautänderungsgesetz hatte die CDU/
CSU-Fraktion den Antrag gestellt, die Befreiung der
Mauterhebung auch auf humanitäre Hilfstransporte aus-
zuweiten. Ich hatte das schon in meiner Rede zur ersten
Lesung aufgegriffen. Auch da konnten wir mitgehen,
weil es zur Unterstützung bei bürgerschaftlichem En-
gagement für uns wirklich wichtig ist, dass humanitäre
Hilfstransporte nicht an Mautgebühren scheitern, wenn
es um akute Notlagen geht.
Wir bleiben Toll Collect weiterhin dicht auf den Fer-
sen und verfolgen den Prozess des weiteren Systemauf-
baus ganz konsequent.
Wir müssen uns eventuell darauf einstellen, dass am
1. Januar 2005 LKW-Schlangen beim Einbuchen entste-
hen, vielleicht noch nicht in der Silvesternacht, aber am
ersten Werktag. Ich glaube, je offensiver wir uns mit die-
sem Thema befassen, umso eher können wir Gelassen-
heit in den ersten Wochen einfordern. Ich gehe davon
aus, dass wie in Österreich die ersten drei Monate eines
prinzipiell erfolgreichen Starts mit ein paar Holperstei-
nen versehen sein werden. Ich werde dann den lieben
Kollegen Fischer daran erinnern, dass Sie wie wir auf
den 1. Januar 2005 als fixen Termin gedrängt haben. Wer
sich dann hinstellt und Schelte auf die Bundesregierung
und Toll Collect abladen will, handelt unlauter.
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Was mir ein besonderes Anliegen ist – ein Anliegen,
as auch viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land
ewegt und umtreibt –, ist die Gefahr der Ausweichver-
ehre auf Bundesstraßen. Wir haben schon im Ur-
prungsgesetz festgelegt, dass mögliche Ausweichver-
ehre durch ein Monitoring schnell erfasst werden
önnen und eine Bemautung der Ausweichstrecken er-
olgen kann. Das System der OBU 2 lässt dies zu. Dann
ehren die LKWs wieder auf die Autobahn zurück, weil
ie keinen Kostenvorteil auf der Ausweichstrecke mehr
aben. Ich habe mir von Toll Collect noch einmal versi-
hern lassen, dass diese Nachbemautung technisch kein
roblem sein wird. Dies ist meines Erachtens nach wich-
ig als Botschaft für uns, an die Bürgerinnen und Bürger,
ie an möglichen Ausweichstrecken wohnen und Be-
ürchtungen haben, dass der schwere Lastverkehr durch
hre Ortschaften laufen wird.
Ich denke, dass dies nicht das letzte Mal ist, dass wir
ns mit dem Thema Maut befassen werden, daher muss
ch mir noch ein paar Themen für die weiteren Debatten
ufbewahren. Aber ich hoffe, dass wir uns beim nächs-
en Mal, nach einem erfolgreichen Start, auch wieder
ehr mit dem visionären Potenzial und vor allen Dingen
it dem wirtschaftlichen Potenzial des jetzt eingeschla-
enen Weges befassen werden.
Heute machen wir den Weg frei und ich wünsche uns
llen einen guten Start.
Klaus Hofbauer (CDU/CSU): Die Umsetzung des
autprojektes ist für den Wirtschaftsstandort Deutsch-
and von entscheidender Bedeutung. Die Bundesrepu-
lik braucht Einnahmesicherheit für den Verkehrswege-
au. Ohne diese Sicherheit können wir die
erausforderungen der nächsten Jahre für unsere Ver-
ehrsinfrastruktur nicht bewältigen.
Deshalb muss es für die Mauteinnahmen eine enge
weckbindung zugunsten der Verkehrsinvestitionen ge-
en. Wer eine mautpflichtige Strecke benutzt, der hat
uch Anspruch auf einen bestmöglichen Ausbau der
traße. Ebenso möchte ich die Bundesregierung an ihre
usagen für das deutsche Transportgewerbe erinnern, in
enen sie Ausgleichsleistungen in Aussicht gestellt hat.
amit steht Rot-Grün bei den Speditionen weiterhin in
er Pflicht.
Das vorliegende Gesetz gibt Anlass zur Hoffnung,
ass ein Systemstart in naher Zukunft möglich ist. Nach-
em die ursprüngliche Gesetzesvorlage der Bundesre-
ierung gar keinen Starttermin benannte, wurde durch
ie Regierungsparteien der 1. Januar des nächsten Jahres
achgeschoben. Ich hoffe und wünsche, dass dieser Ter-
in gehalten wird. Leider zeichnen sich die ersten Ver-
ögerungen schon wieder ab. Wenn jetzt erst 45 000 der
rforderlichen Bordgeräte eingebaut sind, dann ist es äu-
erst fraglich, ob bis zum Jahresende die notwendige
ahl von circa 500 000 Geräten geschafft wird. Nicht
msonst räumt die Betreibergesellschaft in letzter Zeit
in, dass man bei der satellitengestützten Maut nicht im
lan sei und verweist nachdrücklich auf die Möglichkeit
er manuellen Einbuchung. Für Spediteure und die
11942 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur muss es end-
lich Verlässlichkeit geben. Deshalb ist eine enge Verzah-
nung zwischen dem Bund und dem Betreiber dringend
notwendig. Dazu fordern wir die Bundesregierung an
dieser Stelle nochmals auf.
Das vorliegende Änderungsgesetz zeigt richtige An-
sätze. Es ist zu begrüßen, dass der Betreiber die Mautfor-
derung gegen den Mautschuldner auch privatrechtlich
einfordern kann. Damit entfällt der umständliche Erlass
eines Verwaltungsaktes und der Schuldner kann unkom-
pliziert beim Betreiber zahlen. Dies hat Vorteile vor al-
lem bei Mautschuldnern mit Sitz im Ausland und trägt
zur Einnahmesicherheit bei. Nicht zuletzt können Strei-
tigkeiten zwischen dem Betreiber und dem Mautschuld-
ner über den Grund und die Höhe des Entgeltes direkt
vor den Zivilgerichten geklärt werden.
Von Bedeutung ist nicht zuletzt die grundlegende
Klarstellung des Verhältnisses zwischen dem Bundesamt
für Güterkraftverkehr, dem Betreiber und dem Maut-
schuldner. Ein entsprechendes Vertragsverhältnis zwi-
schen dem Straßennutzer und dem Betreiber hat für den
Straßennutzer bzw. Mautschuldner gegenüber dem Bun-
desamt zahlungsbefreiende Wirkung. Für den Maut-
schuldner ist damit klargestellt, wem er in erster Linie
verpflichtet ist. Über die unbedingte Zahlungsverpflich-
tung des Betreibers gegenüber dem Bundesamt ist dann
auch die nötige Einnahmesicherheit gegeben.
Das Änderungsgesetz beinhaltet weiterhin begrüßens-
werte Gerechtigkeitsaspekte. Die neuen Regelungen zu
den Säumniszuschlägen, der Stundung und Verjährung
verhindern eine Besserstellung des säumigen Maut-
schuldners gegenüber dem, der seiner Zahlungspflicht
ordnungsgemäß nachkommt. So werden beispielsweise
Zinsvorteile eines säumigen Schuldners wirksam ausge-
schlossen.
Neben einem sicheren Start des Systems steht nach
wie vor die Frage, wie die bisher eingetretenen Einnah-
meausfälle ausgeglichen werden. Bisher fehlen circa
3,6 Milliarden Euro an Mauteinnahmen. Weiterhin geht
es um l Milliarde Euro Vertragsstrafe. Toll Collect weist
die Ansprüche zurück. Angeblich seien dem Bund bei
Abschluss des Betreibervertrages etwaige Risiken bei
der Projektumsetzung bekannt gewesen. Jetzt darf kein
endloser Rechtsstreit folgen. Wir brauchen Klarheit für
einen Ausgleich der Einnahmeausfälle. Die deutsche
Wirtschaft und auch ausländische Investoren erwarten
Verlässlichkeit bei den Verkehrsinvestitionen in der Bun-
desrepublik. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert
die Bundesregierung daher auf, einen baldigen Start des
Mautsystems zu gewährleisten und auf den vollständi-
gen Ausgleich der Einnahmeausfälle umgehend hinzu-
wirken.
Wilhelm Josef Sebastian MdB (CDU/CSU): Nach
dem kläglichen Scheitern der Einführung einer strecken-
bezogenen LKW-Maut in Deutschland im Jahr 2003
stehen wir erneut gespannt vor der Neuauflage dieses
Projektes. Damals handelte es sich um eine Aneinander-
reihung von Pleiten, Pech und Pannen. Es entstand mate-
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ieller Schaden, insbesondere für den ohnehin maroden
undeshaushalt, es entstand ein Vertrauenschaden, ins-
esondere beim ohnehin gebeutelten deutschen Güter-
raftverkehrsgewerbe, und es entstand eine Imagescha-
en, insbesondere im Ausland vor dem Hintergrund
iner ohnehin schwindenden Wettbewerbsfähigkeit.
Ein erneutes Scheitern des Projektes können und dür-
en wir uns nicht mehr leisten. Mit dem Antrag „LKW-
auteinführung zügig voranbringen“ hat die Union im
eutschen Bundestag die Bedingungen formuliert, die
ür ein Gelingen notwendig sind: erstens durch intensi-
es Projektcontrolling sicherzustellen, dass die geplan-
en Einführungstermine zum 1. Januar 2005 bzw. 1. Ja-
uar 2006 auch tatsächlich realisiert werden; zweitens
em Deutschen Bundestag über alle Sachstände zeitnah
u berichten, drittens das Schiedsverfahren ziel- und er-
ebnisorientiert schnellstmöglich zum Abschluss zu
ringen; viertens die Verhandlungen in Brüssel zur Har-
onisierung für das deutsche Güterkraftverkehrsge-
erbe voranzutreiben; fünftens sicherzustellen, dass
ine flexible, unbürokratische und mittelstandsfreund-
iche Mauterhebung und Mautabrechnung sowie ein ent-
prechendes Zahlungsverfahren erfolgt. Aus unerfindli-
hen Gründen hat die Regierungsmehrheit diesen Antrag
m Ausschuss abgelehnt, obwohl doch Einigkeit besteht,
ass diese Schritte unabdingbar für einen Erfolg sind.
Wir können Ihnen jedoch versichern, dass wir in den
ächsten Wochen und Monaten unverrückbar an diesen
orderungen festhalten werden. Die Union im Bundes-
ag begibt sich – im Gegensatz zu Rot-Grün – nicht auf
as Parkett parteipolitischen Geplänkels. Wir unterstüt-
en den Gesetzentwurf zur Änderung des Auto-
ahnmautgesetzes mit den im Ausschuss einmütig ver-
bschiedeten Änderungen. Besonders wichtig ist es uns,
ass man sich auf der Regierungsseite, nicht zuletzt auf
nseren Druck hin, bereit gefunden hat, den Starttermin
. Januar 2005 explizit auch in das Gesetz hineinzu-
chreiben.
Fragen zur Höhe der in Aussicht gestellten Schaden-
rsatzforderungen an Toll Collect (TC) müssen erlaubt
ein. Sind 4,6 Milliarden Euro realistisch, da es keinerlei
räzedenzfälle und daher keine Rechtssicherheit gibt?
enkt die Bundesregierung mit diesen ungesicherten
ahlen nicht von ihrem eigenen Versagen im ganzen
autverfahren ab? Inwieweit waren der Bundesregie-
ung bei Abschluss des Betreibervertrages etwaige Risi-
en bei der Projektentwicklung und Projektrealisierung
ekannt?
Pikant ist die Höhe der Forderungen auch deswegen,
eil der Bund selbst als Großaktionär der Deutschen Te-
ekom – die ihrerseits mit 45 Prozent am TC-Konsortium
eteiligt ist – durch diese Forderungen die Aktienkurse
auerhaft belastet und sich eigene Vermögensschäden
ufügt. Auch kann es ernstlich nicht im Interesse des
undes sein, dem Konsortium, das ja weiterhin Vertrags-
artner bleibt, mit dieser Maximalforderung praktisch
ie wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Wir erwar-
en jedenfalls eine schnelle und vernünftige Regelung in
ieser Frage.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11943
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Die neu bestellte Geschäftsführung von TC hat mitt-
lerweile die zuständige Aufsichtsbehörde, das Bundes-
amt für Güterkraftverkehr sowie die Fachverbände des
Güterkraftverkehrs stärker als zuvor in die vorbereiten-
den Prozesse eingebunden und kann gute Fortschritte
vermelden. Aus heutiger Sicht und unter Wertung des im
Ausschuss vorgetragenen Berichts kann man feststellen:
Dort wird gute Arbeit geleistet. Im Laufe des Jahres
2004 erfolgte Funktionstests haben zufrieden stellende
Ergebnisse erbracht, die die mit 95 Prozent vorgegebene
Zielgenauigkeit der richtig erfassten Autobahnabschnitte
mit über 99 Prozent deutlich erfüllt haben. Somit scheint
von der technischen Seite her ein erfolgreicher Start
möglich.
Es müssen in den nächsten Wochen und Monaten je-
doch alle Anstrengungen unternommen werden, um die
Zahl der eingebauten On Board Units zum Mautstart zu
erhöhen. Auch wenn die Zielvorgabe von 500 000 OBUs
zum Jahreswechsel offenbar nicht mehr erreichbar ist,
sollten alle Beteiligten – inklusive des Güterkraftver-
kehrsgewerbes – ihre Bemühungen daran setzen, dass
möglichst viele OBUs eingebaut werden.
Gerüchten, dass das Bundesministerium für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen erwägt, am 1. Januar mit einer
höheren LKW-Maut zu starten als bisher geplant, tritt die
Union deutlich entgegen. Dies wäre ein krasser Verstoß
gegen den Mautkompromiss im Vermittlungsausschuss
vom Mai 2003. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte
damals dafür gesorgt, dass die durchschnittlichen Maut-
sätze von ursprünglich 15 Cent auf 12,4 Cent pro Kilo-
meter so lange herabgesetzt wurden, bis der Bundes-
minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Dr. Manfred Stolpe, für das deutsche LKW-Gewerbe ein
Harminisierungsvolumen von 600 Millionen Euro jähr-
lich von der EU-Kommission genehmigt bekommt.
Wenn man jüngsten Berichten aus Brüssel Glauben
schenkt, scheint sich in dieser Frage ja endlich etwas zu
bewegen. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass
das deutsche Güterkraftgewerbe die LKW-Maut dem
Grunde nach, konzeptionell und in ihrer bisher festge-
legten Höhe mitträgt. Dies bedeutet eine besondere Ver-
pflichtung für den Bund zur Umsetzung aller Vereinba-
rungsbestandteile, insbesondere die Angleichung der
Wettbewerbsbedingungen in Europa.
Wir können an dieser Stelle abschließend aber auch
befriedigt feststellen, dass sich die rot-grüne Regie-
rungsmehrheit im Ausschuss aufgrund unserer Initiative
zu einem gemeinsamen Antrag bereitgefunden hat, für
humanitäre Hilfstransporte eine Mautbefreiung auszu-
sprechen. Dies ist ein wichtiges Signal dafür, dass der
Staat ein solches Engagement anerkennt und mit seinen
Möglichkeiten fördert.
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der ADAC hat in der jüngsten Ausgabe der
„Motorwelt“ über einen reibungslosen Test mit einem
LKW berichtet, der mit einer On Board Unit (OBU) aus-
gestattet war. Dieser wurde vier Tage kreuz und quer
durch Deutschland gefahren. Die Ergebnisse des Tests
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auten: „Alles paletti, kein Fehler. Einem Start der Maut-
rfassung am 1. Januar 2005 sollte … nichts mehr im
ege stehen.“ Dieser Erwartung schließen wir uns heute
n – hoffentlich zu Recht.
Mit der Änderung des Mautgesetzes legen wir fest:
ie Mauterfassung beginnt zum 1. Januar 2005 um
Uhr. Jedenfalls spricht aus technischer Sicht alles da-
ür, dass dies der Fall sein wird, da alle Tests bisher posi-
iv verlaufen sind, und der Probebetrieb daher sogar um
ehn Tage vorgezogen werden konnte. Wir haben uns
it dem Termin bewusst festgelegt, um auch nach drau-
en ein klares Signal zu geben: Die Maut kommt! Ich
etone dies auch vor dem Hintergrund, dass aufgrund
er Zurückhaltung bei der Bestellung von OBUs durch
as Güterkraftverkehrsgewerbe Zweifel am pünktlichen
tart des Systems aufkommen könnten. Für diese Zu-
ückhaltung gibt es aus unserer Sicht keinen vernünfti-
en Grund. Vor allem: Es gibt auch keine Entschuldi-
ung, wenn die OBUs nicht eingebaut wird. Dann
üssen die Spediteure eben von der Möglichkeit der In-
ernetbuchung oder den Mautterminals Gebrauch ma-
hen – bezahlt wird in jedem Fall.
Es wird jetzt das Szenario beschworen, dass nicht ge-
ügend OBUs zum Mautstart eingebaut sein werden und
ass sich dann kilometerlange Staus vor den Raststellen
ilden würden. Damit ist zu rechnen. Aber eines ist klar:
en größten Schaden durch solche selbst verursachten
taus hat der Lastwagenfahrer selbst, der dann nicht
ehr termingerecht liefern kann. Ich setze daher auf die
ollektive Vernunft des Gewerbes, alles daranzusetzen,
ass möglichst viele Trucks mit OBUs ausgerüstet wer-
en, damit solche Rückstaus an manuellen Einbuchungs-
erminals die Ausnahme bleiben.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und
ntsorgung hat gemeinsam mit Toll Collect, dem BDI
nd weiteren Verbänden der Verkehrswirtschaft in einer
emeinsamen Erklärung am 27. August 2004 gefordert,
ie OBUs jetzt einzubauen, um die Vorteile der auto-
atischen Mauterfassung zu nutzen. Ich unterstütze dies
usdrücklich und fordere alle Beteiligten auf, das Ihre
um Gelingen der Operation „LKW-Maut“ beizutragen.
Es wäre vermessen, darauf zu setzen, dass ein derartig
omplexes System von Beginn an vollkommen fehler-
rei funktioniert. Es kann sein, dass es da an der einen
cke noch stolpert oder knirscht, wenn über Nacht ein
ystem für Hunderttausende LKW online geschaltet
ird. Wichtig ist, dass die Fehleranalyse und -behebung
ann umgehend eingeleitet wird.
Ich sage offen, dass hier in den letzten Monaten durch
as transparente Verhalten der Geschäftsführung von
oll Collect, namentlich des Vorsitzenden der Geschäfts-
ührung, Christoph Bellmer, Vertrauen gewachsen ist,
ass der Prozess der Mauteinführung gut gemanagt wird.
as Verhalten der neuen Geschäftsführung unterscheidet
ich wohltuend von dem der Vorgänger, die meinten, das
arlament nicht ernst nehmen zu müssen und im Wissen
m das Scheitern immer noch sendeten: „Der Termin
ird auf jeden Fall gehalten“. Das war auch für viele
11944 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens un-
erträglich, die viel Engagement aufgebracht haben und
aufbringen, um das Ziel zu schaffen, das weltweit erste
flächendeckende satellitengestützte Mauterfassungssys-
tem auf die Beine zu stellen.
Wenn die Maut funktioniert, wird die Diskussion sich
auch wieder stärker dem Nutzen dieses Instruments zu-
wenden: Wir schaffen mit der LKW-Maut den Einstieg
in den Systemwechsel von der Steuer- zur Nutzerfinan-
zierung der Verkehrswege. Die Maut ist ein wichtiger
Schritt zu mehr Chancengleichheit zwischen Straße und
Schiene. Sie schafft eine wesentliche Voraussetzung zur
Stauvermeidung auf der Straße und zur Verlagerung von
Gütertransporten auf Bahn und Binnenschiff. Trotz an-
derer Mehrheiten im Bundesrat wird damit im zweiten
Anlauf ein Schlüsselprojekt rot-grüner Verkehrspolitik
auf dem Weg zur Verursachergerechtigkeit bei den We-
gekosten umgesetzt.
Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Der Deutsche
Bundestag diskutiert heute in zweiter und dritter Lesung
ein Gesetz zur Änderung des Autobahnmautgesetzes für
schwere Nutzfahrzeuge, das in den Ausschussberatun-
gen des Verkehrsausschusses große Einmütigkeit hervor-
gerufen hat. Es ist gelungen, über Parteigrenzen hinweg
die wesentlichen Punkte des Gesetzes gemeinsam fest-
zulegen und damit deutlich zu machen, dass in diesen
Fragen keine Differenzen bestehen. Das gilt sowohl hin-
sichtlich der Einfügung des festen Termins des Mautbe-
ginns am 1. Januar 2005, das gilt für die zusätzliche Be-
freiung humanitärer Hilfstransporte von der Mautpflicht
und das gilt auch und insbesondere im Hinblick auf eine
vom Datenschutzbeauftragten des Bundes angeregte
Klarstellung hinsichtlich der Verwendung der erfassten
Mautdaten.
Für die FDP ist mit dieser Gesetzesformulierung
nochmals deutlich geworden, dass die von den elektroni-
schen Überwachungsgeräten erfassten Daten ausschließ-
lich für die Zwecke der Mautabrechnung zur Verfügung
stehen und ansonsten keinen weiteren Zugriff erlauben.
Wir erachten das im Interesse großer Ängste in der Be-
völkerung, vor dem Hintergrund eines Urteils des Amts-
gerichts Gummersbach und latent vorhandenen Miss-
trauens als die richtige Antwort des Parlaments.
Der 1. Januar 2005, der nun als neuer Beginn der
Maut im Gesetz steht, ist nicht nur Ausdruck des Ver-
trauens in das funktionierende System zu diesem Ter-
min, sondern natürlich für alle Beteiligten weiterhin
Verpflichtung, nicht nachzulassen, um dieses Datum tat-
sächlich eintreten zu lassen. Nach wie vor gibt es in wei-
ten Bereichen des Gewerbes Zweifel an der Funktions-
tüchtigkeit, nicht zuletzt wieder durch einen Bericht im
deutschen Fernsehen am 30. September dieses Jahres.
Sowohl Toll Collect als auch die Bundesregierung, als
auch die Kontrolleure des Bundesamtes für Güterver-
kehr und der technische Experte sind aufgefordert,
schnellstmöglich diesen Vorwürfen nachzugehen und
belastbar dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bun-
destages gegenüber dazu Stellung zu nehmen.
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Ein Wermutstropfen bleibt in der ganzen Diskussion:
elbst wenn die Mauteinnahmen fließen, wird es nicht zu
iner Verbesserung der Investitionstätigkeit im deutschen
erkehrswegebau kommen können. Die Bundesregie-
ung hat in eklatanter Weise den im Vermittlungsaus-
chuss gefundenen Kompromiss über die Verwendung
er Mautmittel völlig anders ausgelegt. Maut bedeutet
icht zusätzliche Einnahmen, sondern Maut bedeutet
ach der Lesart dieser Bundesregierung den Ersatz bis-
eriger Steuermittel durch Mauteinnahmen. Weder der
nfrastruktur ist damit geholfen, noch sind die politi-
chen Zusagen eingehalten. Das wird besonders dann zu
inem weiteren Belastungsfaktor für den Standort
eutschland, wenn die mit Einführung der Maut zuge-
agte Harmonisierungsentlastung für das deutsche Gü-
erkraftverkehrsgewerbe von rund 600 Millionen Euro
icht eintritt, weil offensichtlich die finanzielle Umset-
ung dieser Zusagen erst dann möglich ist, wenn die
aut im Durchschnitt bei 15 Cent pro Kilometer erho-
en wird. Dies ist nach den jetzigen Bedingungen aber
rst zum 1. Januar 2006 möglich. Die von der Regie-
ungsseite gegebene Aussage, deswegen seien ja die
urchschnittlichen Mautsätze abgesenkt worden, hilft
a dem deutschen Gewerbe nicht sehr viel weiter, weil
s an der grundsätzlichen Harmonisierungsdefizitsitua-
ion zulasten des deutschen Gewerbes nichts ändert. In
iesem Fall bleibt bei aller Harmonie in der Gesetzge-
ungsarbeit zum vorliegenden Gesetz der Dissens beste-
en. Im Übrigen fühlt sich die FDP in ihrer Skepsis ge-
enüber dem Mautkompromiss durch das bisher
ezeigte Verhalten der Bundesregierung mehr als bestä-
igt.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
enn das Wort „Maut“ auf der Tagesordnung steht,
errschte bisher oft Aufgeregtheit. Das ist heute nicht so.
as verdanken wir zweierlei: dem neuen Wind, der bei
oll Collect weht; und der guten Zusammenarbeit aller
eteiligten bei der Änderung des ABMG. Zu beiden
unkten will ich kurz etwas sagen. Ich fange mit Toll
ollect an.
Dort hat sich vieles zum Guten geändert. Die Zusam-
enarbeit mit der neuen Geschäftsführung funktioniert,
ie ist vertrauensvoll und transparent. Davon konnten
ir uns auch in der vergangenen Woche im Ausschuss
och einmal überzeugen.
Wichtiger noch: Das neue kooperative Klima bleibt
icht ohne Auswirkungen auf die praktische Arbeit. So-
ohl der unabhängige Gutachter als auch das BAG, das
as Projektcontrolling durchführt, haben bestätigt, dass
as Unternehmen alle bisherigen Meilensteine erreicht
at. Deshalb konnte Toll Collect bereits in der vergange-
en Woche mit der Generalprobe beginnen. Derzeit wird
as System mit allen Betriebsprozessen –, also mit Bu-
hung, Kontrolle und Abrechnung – durchgeprüft. Auch
iejenigen, die das Projekt sehr kritisch begleiten, die
erbände des Gewerbes, sind mittlerweile überzeugt,
ass die Technik pünktlich zum Jahresbeginn 2005 ste-
en wird. – So viel zu Toll Collect.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004 11945
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Zum ABMG: Das Änderungsgesetz der Bundesregie-
rung ist notwendig, weil der 31. August 2003 als Start-
termin – und damit die Pflicht zur Mauterhebung ab die-
sem Tag – aus der LKW-Mautverordnung beseitigt
werden muss. Damit schaffen wir Rechtssicherheit für
Wirtschaft und Verwaltung.
Die vorliegende Beschlussempfehlung und der Be-
richt des Bundestagsausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen sieht Änderungen des Gesetzentwur-
fes vor, die mit der Zustimmung aller Fraktionen im
Ausschuss beschlossen worden sind. Statt der noch im
Gesetzentwurf vorgesehenen flexiblen Lösung zur Fest-
setzung des Starttermins der Mauterhebung ist nun – vor
dem Hintergrund der bisher erfolgreichen Projektent-
wicklung – die Aufnahme des Starttermins 1. Januar
2005 in das Gesetz selbst vorgesehen. Damit entspre-
chen wir dem Anliegen des Bundesrates, der das am
24. September 2004 in seiner Stellungnahme zum Ge-
setzentwurf ausdrücklich gefordert hat. Weiter beinhaltet
die Beschlussempfehlung, dass humanitäre Hilfstrans-
porte von der Mautpflicht ausgenommen werden und
dass die Verwendung der beim Betrieb des Mautsystems
und bei den Kontrollen erhobenen Daten für andere
Zwecke ausgeschlossen ist.
Die Bundesregierung begrüßt diese Änderungen. Das
gilt auch für die neu aufgenommenen Regelungen zum
Schutz der Mautdaten. Denn damit wird sichergestellt,
dass diese Daten nicht zweckentfremdet verwendet wer-
den.
Es sieht also sehr gut aus für einen Mautstart am 1. Ja-
nuar 2005. Deshalb will ich auch diese Gelegenheit noch
einmal nutzen, um mich an das Gewerbe zu wenden. Der
Appell ist klar und wird auch von den maßgeblichen
Verbänden so getragen: Lassen Sie ihre On Board Units
einbauen. Sie sichern sich damit größtmögliche Flexi-
bilität und den Komfort, nicht vor Fahrtantritt per Inter-
net oder Terminal buchen zu müssen. Die Vertragswerk-
stätten halten die bestellten und personalisierten On
Board Units, OBUs, bereit.
Auch an die Adresse des Gewerbes will ich sagen:
Selbstverständlich steht die Bundesregierung weiterhin
zum gemeinsamen Beschluss vom Mai 2003 über Har-
monisierungsmaßnahmen. Wir tun in Brüssel alles, um
dem Mautermäßigungsverfahren zum Erfolg zu verhel-
fen. Der Entlastungseffekt für das Gewerbe ist im Jahr
2005 ohnehin vorhanden, da die Maut nicht in der ur-
sprünglich geplanten Höhe von durchschnittlich 15 Cent,
sondern mit dem abgesenkten Mautsatz von durch-
schnittlich 12,4 Cent pro Kilometer erhoben wird.
Heute können wir festhalten: Erstens. Mit der Ände-
rung des ABMG haben wir die rechtlichen Voraussetzun-
gen geschaffen. Zweitens. Die maßgeblichen technischen
Voraussetzungen für die Fertigstellung des Mautsystems
sind vorhanden. Drittens. Die Tests wurden erfolgreich
abgeschlossen. Viertens. Die Stabilität des Systems ist
belegt. Wir können zuversichtlich sein, dass der Start der
Mauterhebung pünktlich am 1. Januar 2005 beginnt.
Wenn man mit einer so schönen Bilanz ins Wochen-
ende fahren kann, darf man zufrieden sein.
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nlage 10
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24. Sep-
ember 2004 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen
uzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2
rundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge-
äß Artikel 77 Abs. 3 nicht einzulegen:
Erstes Gesetz zur Änderung des Ausführungs-
gesetzes zum Chemiewaffenübereinkommen
(CWÜAGÄndG 1)
Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anle-
gerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG)
Gesetz zu dem Abkommen vom 7. April 2003 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Tunesischen
Republik über die Zusammenarbeit bei der Be-
kämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeu-
tung
Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24. Sep-
ember 2004 beschlossen, dem vom Deutschen Bundes-
ag am 1. Juli 2004 verabschiedeten Gesetz zum Abbau
on Statistiken (Statistikabbaugesetz) gemäß Arti-
el 84 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen.
Die Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit-
eteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
eschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
achstehenden Vorlage absieht:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Ernährungs- und agrarpolitischer Bericht 2004 der
Bundesregierung
– Drucksache 15/2457 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
ung abgesehen hat.
Innenausschuss
Drucksache 15/3135 Nr. 2.2
Drucksache 15/3135 Nr. 2.3
Drucksache 15/3135 Nr. 2.4
Drucksache 15/3135 Nr. 2.5
Drucksache 15/3135 Nr. 2.12
Drucksache 15/3135 Nr. 2.22
Drucksache 15/3135 Nr. 2.33
Drucksache 15/3135 Nr. 2.43
Drucksache 15/3135 Nr. 2.52
Drucksache 15/3266 Nr. 1.13
Drucksache 15/3266 Nr. 2.7
Drucksache 15/3403 Nr. 2.103
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Drucksache 15/3403 Nr. 2.30
Drucksache 15/3403 Nr. 2.35
Drucksache 15/3403 Nr. 2.51
11946 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
(A) (C)
(B) (D)
Drucksache 15/3403 Nr. 2.52
Drucksache 15/3403 Nr. 2.54
Drucksache 15/3403 Nr. 2.77
Drucksache 15/3403 Nr. 2.96
Drucksache 15/3403 Nr. 2.102
Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
Drucksache 15/3023 Nr. 2.19
Drucksache 15/3135 Nr. 2.44
Drucksache 15/3266 Nr. 2.1
Drucksache 15/3266 Nr. 2.20
Drucksache 15/3403 Nr. 2.40
Drucksache 15/3403 Nr. 2.82
Drucksache 15/3546 Nr. 2.5
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 15/3403 Nr. 2.23
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 15/3135 Nr. 2.8
Drucksache 15/3135 Nr. 2.13
Drucksache 15/3546 Nr. 2.1
130. Sitzung
Berlin, Freitag, den 1. Oktober 2004
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10