Rede:
ID1512304800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. jetzt: 1
    5. der: 1
    6. Kollege: 1
    7. Ludwig: 1
    8. Stiegler: 1
    9. vonder: 1
    10. SPD-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/123 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbe- treuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Tagesbetreu- ungsausbaugesetz – TAG) (Drucksache 15/3676) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Gerda Hasselfeldt, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Elternhaus, Bil- dung und Betreuung verzahnen Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Link (Diepholz) (CDU/CSU) . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Link (Diepholz) (CDU/CSU) . . . . . . . 11191 B 11202 C 11203 B 11205 B 11206 C 11207 D 11209 A 11210 A 11210 C 11210 D Deutscher B Stenografisc 123. Si Berlin, Donnerstag, de I n h a Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005) (Drucksache 15/3660) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2004 bis 2008 (Drucksache 15/3661) . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 11191 A 11191 B (Drucksache 15/3488) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 11191 C undestag her Bericht tzung n 9. September 2004 l t : Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Solides Finanzie- rungskonzept für den Ausbau von Kinder- betreuungsangeboten für unter Dreijährige (Drucksache 15/3512) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Böhmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11191 D 11191 D 11196 A 11198 B 11199 B 11200 C Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11211 A 11212 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 123. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. September 2004 Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 15/3674) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Möglichkeiten der privaten Arbeitsver- mittlung durch marktgerechte Ausgestal- tung der Vermittlungsgutscheine verstärkt nutzen (Drucksache 15/3513) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Friedrich Merz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ludwig Stiegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dagmar Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) . . . . . . . . Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 11213 D 11213 D 11214 A 11218 D 11220 C 11225 C 11227 D 11229 D 11233 A 11234 A 11235 C 11237 A 11239 A 11240 B 11240 D 11241 A 11241 D 11242 B 11244 D 11246 C 11247 C 11249 B 11250 A Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (SPD) . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU) . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albrecht Feibel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) (SPD) . . . . . . . Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 9: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Auto- bahnmautgesetzes für schwere Nutz- fahrzeuge (Drucksache 15/3678) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Mautbefreiung für humanitäre Hilfs- transporte (Drucksache 15/3489) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eduard Oswald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11251 C 11254 A 11256 A 11257 D 11259 D 11261 B 11262 D 11265 B 11265 D 11266 A 11267 C 11269 D 11271 C 11271 C 11271 D 11274 B 11276 D 11279 A 11281 B 11283 C 11285 A 11286 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 123. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. September 2004 III Lena Strothmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Reinhard Weis (Stendal) (SPD) . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . Klaus Minkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU) . . . . . . . . Einzelplan 10 Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Helmut Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11288 A 11290 B 11291 C 11292 C 11294 C 11296 C 11298 B 11300 B 11302 A 11303 C 11304 D 11306 C 11308 D 11309 D 11310 D 11312 D 11315 B 11317 C 11319 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 123. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. September 2004 11191 (A) (C) (B) (D) 123. Si Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 123. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. September 2004 11319 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung der NATO Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 09.09.2004 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 09.09.2004 Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 09.09.2004 Meckel, Markus SPD 09.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 09.09.2004* Schauerte, Hartmut CDU/CSU 09.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 09.09.2004 Schöler, Walter SPD 09.09.2004 Schösser, Fritz SPD 09.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 09.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 09.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 09.09.2004 Ulrich, Hubert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 09.09.2004 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 123. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 9. September 2004 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Brüderle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mi-

    nister Clement, auch ich will mit einer Bemerkung zu
    Herrn Tacke beginnen. Es ist unbestritten, dass Herr Ta-
    cke ein hoch qualifizierter, verdienter Staatssekretär ist.
    Es ist auch völlig unbestritten, dass ein Wechsel zwi-
    schen Politik und Wirtschaft wünschenswert ist. Aber
    für mich ist und bleibt es schlechter politischer Stil,
    wenn ein Staatssekretär, der kurz vor der Bundestags-
    wahl eine höchst umstrittene Ministererlaubnis gegen
    das Kartellamt und gegen die Monopolkommission
    durchgezogen hat und damit die Fusion von Eon und
    Ruhrgas mit einem Marktanteil von 85 Prozent – das soll
    mir einer erläutern, dass man in einer sozialen Markt-
    wirtschaft einen Marktanteil von 85 Prozent braucht –
    ermöglicht hat


    (Zuruf der Abg. Dr. Elke Leonhard [SPD])

    – was haben Sie bis hin zum Regierungssprecher in die-
    ser Geschichte nicht alles verkündet; heute sind Sie
    schön ruhig –, anschließend bei einem wesentlich von
    Eon Ruhrgas bestimmten Unternehmen Vorstandsvorsit-
    zender wird. Ich empfehle Ihnen dringend, einen Ehren-
    kodex zu entwickeln, in dem wenigstens eine Schamfrist






    (A) (C)



    (B) (D)


    Rainer Brüderle

    fixiert wird. Es geht nicht um eine Rechtsfrage; das hat
    der Ausschuss heute geklärt. Beamtenrechtlich ist nichts
    zu beanstanden, denn er scheidet aus dem öffentlichen
    Dienst aus. Aber guter politischer Stil ist das für mich
    nicht; es dient nicht dazu, das Ansehen der Politik in der
    Bevölkerung zu stärken.


    (Beifall bei der FDP)

    Wir befinden uns im vierten Jahr der Stagnation der

    Binnenwirtschaft. Kernbereich wirtschaftlicher Bele-
    bung ist der private Konsum. Fast 60 Prozent des Sozial-
    produkts entstehen durch den Konsum. Dort kommen
    wir im vierten Jahr in Folge nicht voran. Heute hat das
    Kieler Institut seine Wachstumsprognose für das nächste
    Jahr auf 1,2 Prozent gesenkt. Sie kennen die Risiken
    draußen. Wir profitieren – ich füge hinzu: Gott sei
    Dank – von Boomregionen wie China und Teilen Ameri-
    kas. Der Export ist davon abhängig; er ist in der Tat ein
    Stück geborgte Wertschöpfung – Herr Kollege Merz hat
    dazu Ausführungen gemacht –; denn vieles, was als Sie-
    mens-Produkt verkauft wird, beinhaltet China. Das ist
    alles begrüßenswert. Aber die Risiken – die Überhitzung
    in China, die Entwicklung in Amerika – sind sehr groß.

    Das Entscheidende ist: Der Transmissionsmechanis-
    mus, das Überspringen der Exportimpulse auf die
    Binnenkonjunktur, funktioniert nicht mehr. Das hat
    seine Ursache. Es liegt an der tiefen Verunsicherung der
    Verbraucher und von Teilen unserer Wirtschaft, insbe-
    sondere des Mittelstands. Deshalb birgt Ihr Haushalt
    große Risiken. Mein Kollege Niebel wird zu den Wa-
    ckelpositionen bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit
    später noch detailliert Stellung nehmen. Ihre Inkonsis-
    tenz und die fehlende Klarheit der Politik verstärken die
    Verunsicherung in der Bevölkerung und deshalb kom-
    men wir nicht voran.

    Herr Bütikofer erklärt gestern, die Erbschaftsteuer
    müsse erhöht werden; das betrifft zu zwei Dritteln die
    Betriebsübergänge. Frau Simonis will die Mehrwert-
    steuer erhöhen. Dadurch wird die Verunsicherung stän-
    dig vergrößert. Es ist ein natürlicher Reflex, sein ange-
    spartes Geld zurückzuhalten, wenn man nicht weiß, ob
    man einen Job bekommt oder seinen Job behält. Die
    Sparquote hat eine Rekordhöhe von über 11 Prozent er-
    reicht. Eine hohe Sparquote ist aber nicht hilfreich in ei-
    ner Situation, in der die Binnenkonjunktur anspringen
    muss. Denn sie macht 60 Prozent des Bruttosozialpro-
    dukts aus.


    (Beifall bei der FDP)

    Da hilft uns der Export allein nicht weiter und der Staat
    kann eh nicht eingreifen.

    Die Situation in Europa hat sich verschärft. Mit dem
    Beitritt von zehn weiteren Ländern zur Europäischen
    Union sind Länder wie Estland und Slowenien hinzuge-
    kommen, in denen es eine Flat Tax gibt. Das heißt, bis
    zu einer bestimmten Grenze gilt Steuerfreiheit und die
    maximale Besteuerung liegt bei unter 20 Prozent. Es
    wird den Firmen und Holdings bald relativ egal sein, ob
    sie ihren Sitz in Tallin oder in Ljubljana bzw. in Düssel-
    dorf oder Berlin haben. Der Unterschied liegt darin: Hier
    zahlen sie mehr als 50 Prozent Steuern und dort weniger
    als 20 Prozent.

    Wir haben Niedriglohngebiete auf dem gemeinsa-
    men Binnenmarkt. Die Relation der Facharbeiterlöhne
    zwischen Deutschland und Polen beträgt eins zu zehn bis
    eins zu zwölf. Die IG Metall hat bei den großen Konzer-
    nen kapiert – die können ihren Standort nämlich schnell
    verlagern –, dass sich etwas tun muss. Dort akzeptiert sie
    Nullrunden. Wir brauchen aber auch einen Spielraum
    beim Mittelstand. Denn im Mittelstand entstehen die
    Jobs und nicht in den großen Konzernen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im Mittelstand haben wir Zehntausende von Arbeitsplät-
    zen verloren. Eine Gewerkschaftspolitik, die sich auf die
    Großkonzerne konzentriert, ist falsch angelegt.

    Man muss in diesem Zusammenhang folgendes Ta-
    buthema ansprechen. Die paritätische Mitbestimmung
    in Deutschland ist eine Fehlentwicklung. Ich weiß sehr
    gut, wie sie entstanden ist. Das ist die Gedankenwelt der
    Wirtschaftsdemokratie: Es war die Zeit der Gemeinwirt-
    schaft, der Neuen Heimat und der Bank für Gemeinwirt-
    schaft – die kennt gar keiner mehr; dort wurden viele Ar-
    beitergroschen versenkt. Damals entstand die Idee, dass
    man etwas anderes dazwischen erfinden müsste, eine Art
    Rätesystem.

    Dieses System ist zunehmend ein Standortnachteil.
    Andere werben inzwischen damit, die Holdings nach
    Holland oder in die Schweiz zu verlagern, weil es dort
    solche Regelungen nicht gibt. In der Diskussion, ob die
    Deutsche Bank mit einem anderen großen europäischen
    Bankinstitut zusammengeht, war immer klar, dass der
    Standort in Luxemburg oder in London sein würde, weil
    es dort andere Regelungen gibt. Man muss offen darüber
    reden, dass sich ein Mechanismus entwickelt hat, der ein
    Standortnachteil geworden ist. Dieses Thema kann man
    nicht einfach tabuisieren und fortschreiben; darüber
    muss ein Dialog stattfinden.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nächster Punkt: Energiegipfel. Ich bin froh, dass der
    Bundeskanzler unsere Anregung aufgegriffen hat und
    jetzt zu einem entsprechenden Gipfel eingeladen hat.
    Aber ein bisschen zwiespältig ist es schon. Diese Bun-
    desregierung hat den Konzentrationsprozess am Gas-
    markt – 85 Prozent Marktanteil – zugelassen und wun-
    dert sich jetzt, dass die Gaspreise steigen.


    (Beifall bei der FDP)

    Wettbewerb ist der beste Schutz vor überzogenen Prei-
    sen. Deshalb gilt es, den Wettbewerb zu stärken. Die Re-
    gulierungsbehörde kommt nicht in die Pötte. Ich bin kein
    Freund der Regulierungsbehörde. Es wäre besser, die
    Kompetenzen wären bei einer Wettbewerbsbehörde,
    dem Kartellamt, konzentriert. Die Regulierungsbehörde
    funktioniert nicht, weil Sie keine vernünftigen Regelun-
    gen hinbekommen. Wahrscheinlich haben die Grünen
    noch einen Postenwunsch.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Rainer Brüderle

    Sie kriegen die Energiewirtschaftsgesetzverordnung

    nicht hin. Da besteht seit einem Jahr Unsicherheit; sie ist
    immer noch nicht in Kraft. Das verunsichert natürlich
    die Energieunternehmen.

    Sie senden falsche Signale aus. Sie sollten überden-
    ken, ob das ERP-Sondervermögen, das einen Symbolge-
    halt für den Mittelstand hat, verkauft und der KfW als
    Eigenkapitalhilfe übertragen werden soll. Das soll wahr-
    scheinlich deshalb gemacht werden, damit Herr Eichel
    seine Telekom- und Postaktien besser platzieren kann.


    (Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

    Denn es handelt sich um Aktien mit einem Kursrisiko,
    das durch Eigenkapital abgedeckt werden muss. Das ist
    der falsche Ansatz.

    Herr Clement, Sie sind so etwas wie der letzte Mohi-
    kaner der Marktwirtschaft in dieser Regierung.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Die anderen roten Brüder haben sich schon längst in die
    Büsche geschlagen. Sie träumen wahrscheinlich davon,
    wie sie in der Opposition Marterpfähle wie Bürgerversi-
    cherung und Steuererhöhungen, mit denen die deutsche
    Volkswirtschaft getroffen werden soll, errichten können.


    (Widerspruch des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])


    Was Sie zur Forschung gesagt haben, unterschreibe
    ich alles. Man muss an das Thema Biotechnologie he-
    rangehen. Auf diesem Gebiet gibt es im Moment noch
    Entwicklungshemmnisse in Deutschland.

    Warum gehen Sie nicht wirklich glaubwürdig an den
    Bürokratieabbau heran? Wir diskutieren seit Jahrzehn-
    ten – auch mein Verein – über den Abbau von Bürokra-
    tie. Ich sehe nur einen Weg, wie wir es schaffen können:
    Sie müssen die kommunale Selbstverwaltung und damit
    den Föderalismus in den Wettbewerb einbeziehen. Las-
    sen Sie doch beispielsweise die Ostländer Gesetze außer
    Kraft setzen! Lassen Sie Kommunen den Spielraum, Ge-
    setze außer Kraft zu setzen! Nur wenn wir den Wettbe-
    werb innerhalb der kommunalen Selbstverwaltung und
    des föderalen Systems nutzen – wer Arbeitsplätze
    schafft, Investitionen anzieht und wer eine geringere Re-
    gelungsdichte hat, hat den attraktiveren Standort –, kom-
    men wir voran. Sonst fördern wir nur die Auswanderung
    aus Deutschland. 120 000 Spitzenkräfte in Forschung,
    Wirtschaft und Wissenschaft verlassen Deutschland je-
    des Jahr. Kaum einer kommt zurück. Kapital wandert
    aus, weil die Situation bei uns so schwierig ist und weil
    wir keine Beweglichkeit und Flexibilität hinbekommen.
    Da liegen Sie zwar im Ansatz richtig; aber mehr errei-
    chen Sie nicht.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich will nicht wiederholen, was Kollege Merz richti-
    gerweise angesprochen hat. Sie haben auf die Energie-
    preise permanent Belastungen geknallt. Die damalige Li-
    beralisierung hat eine Entlastung von 18 Milliarden DM
    gebracht. Die ist voll geschluckt worden. Damit werden
    die Windrädchen der Grünen finanziert. Diese sollen ein
    Drittel der Kernenergie ersetzen.

    Ich halte es übrigens für falsch, dass wir aus dieser
    Technologie ausgestiegen sind. Wir sollten uns sehr
    wohl überlegen, diese Technologie weiterzuentwickeln
    und die Restlaufzeiten der Kernkraftwerke zu verlän-
    gern.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


    Wir werden noch große Probleme bekommen. Lieber
    deutsche Ingenieure als verrückte Derwische in Nahost
    als Garanten unserer Energieversorgung! Sie haben ei-
    nen falschen Ansatz gewählt.

    Wir brauchen das Vertrauen der Bevölkerung. Es ist
    nicht vorhanden, weil es keinen klaren Kurs gibt.
    Schauen Sie einmal die Ergebnisse im Saarland und die
    Umfragen in Sachsen an! Das Schlimme im Saarland ist:
    Rund 10 Prozent der jungen Wähler bis 25 Jahre haben
    NPD gewählt. Die Wähler der NPD sind keine alten
    Nazis, sondern junge Leute. Wir alle haben nur ein be-
    grenztes Zeitfenster, um notwendige Veränderungen zu
    vollziehen; ansonsten werden alle Parteien verlieren.

    Schauen Sie einmal über die Grenzen unseres Lan-
    des! Ich bin in der Südpfalz aufgewachsen. Das Elsass
    ist eine wohlhabende Region. Dort ist kein Militär ein-
    marschiert; dort waren keine Panzer. Bei der letzten Re-
    gionalwahl hat der Front National, die DVU Frank-
    reichs, mehr als 30 Prozent der Stimmen erhalten.
    Schauen Sie nach Italien! Da gibt es im Grunde keine
    Sozialdemokratie und keine liberale Partei. Die Demo-
    crazia Cristiana ist eine Splitterpartei, die 1 Prozent der
    Stimmen erhält. Dort gibt es völlig andere politische
    Strukturen, wobei ich nicht glaube, dass wir mit diesen
    Strukturen glücklicher wären.

    Deshalb ist es höchste Zeit. Was zu tun ist, wissen
    wir. Dies steht jedes Jahr im Gutachten des Sachverstän-
    digenrats. Es ist in Veröffentlichungen der Bundesbank
    und des IWF nachlesbar. Die Europäische Kommission
    mahnt Deutschland, endlich glaubwürdige, mit Prinzi-
    pien und Charakter versehene Reformen durchzuziehen.
    Warum tun wir das nicht? Warum verharren wir vorder-
    gründig bei Detailpunkten, während das Land weiter vor
    sich hindümpelt? 6 Millionen Arbeitslose sind 6 Millio-
    nen Schicksale, die nach Veränderung schreien.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Ludwig Stiegler von

der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ludwig Stiegler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie alle

    Jahre wieder: Herr Brüderle bläst Trübsal und lässt die






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ludwig Stiegler

    Welt untergehen. Herr Merz teufelt schneidig aus dem
    Handtäschchen von Frau Merkel,


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

    und zwar mit herzlich wenig Kenntnissen versehen.


    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Und was kommt jetzt?)


    Alle seine Prognosen sind am unteren Rand. Er
    nimmt nicht zur Kenntnis, was die Fachleute sagen, weil
    er ansonsten nicht mehr anklagen könnte. Er ist ein ge-
    lehriger Schüler von Franz Josef Strauß: nur anklagen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Was er zum Export erzählt, ist Unsinn. Wir haben mit
    der internationalen Arbeitsteilung in der Wertschöp-
    fungskette der Exportindustrien Erfolg gehabt. Wir ha-
    ben mehr Arbeitsplätze als vorher, auch wenn die eine
    oder andere Arbeitsteilung notwendig war und notwen-
    dig bleiben wird.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Mehr als wann?)


    Man sollte zumindest die Zahlen zur Kenntnis neh-
    men und man sollte froh sein, dass Deutschland in der
    Welt von morgen und insbesondere in einer Zeit, in der
    sich der Schwerpunkt der Weltwirtschaft in Richtung
    Asien bewegt, eine starke Exportnation ist und bleibt.
    Wir sollten alles dafür tun, dass wir an dieser Stelle stark
    bleiben, und sollten uns nicht mit Mäkeleien aufhalten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Was Herr Merz über die PSA sagt, ist pure Mäkelei.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber wahr!)


    Was er über die Ich-AGisten sagt, ist im Grunde völlig
    daneben. Noch nicht einmal ein Jahr wirkt das Instru-
    ment und schon weiß Herr Merz, dass nur 10 Prozent
    überleben.


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Es sind ja schon 30 000 pleite! – Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU]: Das sind die Fakten! Zahlen lesen!)


    Sie plaudern nur die Dampfplaudereien von Herrn
    Philipp nach. Dieser will keine Ich-AGs. Sie wollten die
    Ich-AGisten von vornherein nicht haben. Darum muss-
    ten Sie sie schon von vornherein zum Untergang verur-
    teilen.

    Herr Clement geht den richtigen Weg. Wir unterstüt-
    zen die Ich-AGs jetzt mit Qualifizierungen und mit Busi-
    nessplänen. Wir sollten den Menschen Mut machen und
    nicht sagen; jeder Zehnte wird scheitern.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Besonders unsinnig waren die Bemerkungen zum
    Jobfloater. Es hörte sich an, als hätten wir Geld in einer
    Zeit weggegeben, in der die Kreditwirtschaft den Mittel-
    stand hat verhungern lassen. In dieser Situation hat der
    Jobfloater der KfW dazu beigetragen, dass Investitionen
    wieder in Gang gekommen sind. Es waren keine Zu-
    schüsse, sondern Kredite, mit denen Arbeitsplätze ge-
    schaffen worden sind. Dafür muss sich niemand ent-
    schuldigen. Wäre Herr Merz auf der Höhe der Zeit – als
    Verwaltungsratsmitglied der KfW müsste er es eigent-
    lich sein –, wüsste er, dass die Jobfloater längst in die
    Kategorie Unternehmerkredit weiterentwickelt worden
    sind und dass die KfW daraus ein wirklich Wachstum
    schaffendes Finanzierungsinstrument gezaubert hat.
    Dies alles erfolgte, wie gesagt, in einer Zeit, in der die
    Banken ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sind.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn?)

    Einen besonderen Pappkameraden stellen seine An-

    merkungen zu Hartz IV dar. Er beklagt die fehlende
    Dezentralisierung, obwohl das ganze Konzept auf De-
    zentralisierung angelegt ist. Wir haben immer gesagt,
    dass im Gegensatz zu Ihrer Zeit, als Herr Stingl und an-
    dere das Sagen hatten, nicht mehr der Wasserkopf in
    Nürnberg alles entscheiden darf, sondern die vielen krea-
    tiven Köpfe vor Ort die notwendigen Entscheidungen
    treffen sollen. Schauen Sie doch wenigstens einmal ins
    Gesetz hinein, bevor Sie polemisieren! Es wäre dann im
    Hinblick auf die politische Kommunikation vielleicht
    leichter.

    Meine Damen und Herren, um das, was er heuchle-
    risch – –


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Na! Na! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Vorsicht!)


    – Vielleicht auch nicht. Ich nehme das Wort Krokodils-
    tränen; das klingt etwas neutraler. – Hinsichtlich dessen,
    was er zur Ost-West-Spaltung gesagt hat, muss ich sei-
    nem Gedächtnis ebenfalls nachhelfen. All das, was mo-
    mentan bestritten wird, haben die Herren Ministerpräsi-
    denten aus den neuen Ländern kurz vor Weihnachten mit
    verabschiedet. Heute geht es nicht um das, wogegen sie
    im Juli gestimmt haben; für die Frage der kommunalen
    Option hat sich bei den Montagsdemonstrationen kein
    Mensch interessiert. Die Grundentscheidung ist mit der
    Zustimmung von Herrn Milbradt im Dezember gefallen.
    Damals hat er die 349 Millionen Euro gerne mitgenom-
    men.


    (Beifall bei der SPD – Waltraud Lehn [SPD]: Alles andere ist schlicht gelogen!)


    Auch das, was Sie zum Haushalt der GA sagten, ist
    falsch. Meine Damen und Herren, wir haben bei der GA
    nachgebessert.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein!)

    Dort, wo es um ein paar aktuelle Dinge am Rand geht,
    werden wir es auch noch hinbekommen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wo wurde denn nachgebessert?)


    – Entschuldigung, es ist bei den Haushaltssperren und
    den Verpflichtungsermächtigungen nachgebessert wor-
    den. Inzwischen können die Länder über den größten
    Teil der Mittel verfügen. Jetzt geht es noch um ein Delta,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und warum?)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Ludwig Stiegler

    weil die Baransätze für die Folgejahre mit den Verpflich-
    tungsermächtigungen noch nicht hundertprozentig über-
    einstimmen. Auch dies werden wir noch hinbekommen.
    Das ist eine Folge der Verabredungen von Koch und
    Steinbrück.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Nein! Das stimmt so nicht!)


    Daran, dass Mittel nicht vorhanden sind, wird jedenfalls
    keine Investition scheitern.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Doch! Das scheitert zurzeit schon!)


    – Das werden Sie nicht erleben. Das würden Sie zwar
    gern beklagen; das werden Sie aber nicht erleben.

    Was der Bierdeckelexperte dann zu Steuern und Ab-
    gaben im internationalen Gefüge sagte, folgte der Me-
    thode: Ich glaube nur der Statistik, die ich selber ge-
    fälscht habe. Inzwischen habe ich mir von Karl Diller
    sagen lassen, dass der von Herrn Merz zitierte famose
    Professor auf Malta so viele Unternehmen wie in
    Deutschland befragt hat. Sie haben sich hier also auf ein
    verdammt „repräsentatives“ System bezogen. Bevor
    man hier über das komplexe Steuersystem in Deutsch-
    land redet, sollte man lieber über Berater reden, die die
    Kommunen und den Staat um ihren gerechten Anteil am
    Unternehmensertrag bringen wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Berater, das ist ein gutes Stichwort! 500 Millionen Euro haben Sie für Berater ausgegeben!)


    Unser Steuerrecht ist nur deshalb so komplex geworden,
    weil viele den stillen Gesellschafter Staat um seinen An-
    teil bringen wollen, gleichzeitig aber beklagen, dass zu
    wenig in Infrastruktur oder Bildung investiert werde.

    Herr Austermann, Sie mit Ihren Zahlenprognosen
    sind ohnehin kein guter Kronzeuge.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Es reicht ja nicht einmal für den Ortsverein!)


    Herr Merz sollte sich mehr um Herrn Rüttgers kümmern.
    Er hätte genug damit zu tun, wenn er seinen Rückwärts-
    und Vergangenheitsminister nach vorne holte.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Tätä! Tätä!)


    Meine Damen und Herren, niemand kann davon ab-
    lenken, dass die Erholung der Wirtschaft in Gang
    kommt. Niemand kann davon ablenken, dass die Exporte
    brummen und Marktanteile in der Weltwirtschaft errun-
    gen worden sind.

    Auch wenn Sie sich noch so sehr in Ihrem Bärenstall
    suhlen wollen, auch wenn Ihnen der Sumpf noch so sehr
    gefällt, der Sonnenstrahl des Optimismus wird Ihren
    Sumpf des Pessimismus austrocknen. Es wird dort zu-
    nehmend ungemütlich.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Die Rahmenbedingungen stimmen. Wenn die deut-
    sche Wirtschaft zu Ihrer Regierungszeit solche Rahmen-
    bedingungen gehabt hätte, wie sie heute bestehen, hätte
    sie Feste gefeiert, gegen die der Tanz um das Goldene
    Kalb ein kleiner Event gewesen ist. Das muss man Ihnen
    immer wieder entgegenhalten. Noch nie waren die Steu-
    ern für die Untenehmen so niedrig wie heute. Die Lohn-
    nebenkosten sinken und die Gesundheitsreform wirkt.

    Mit der Gesundheitsreform war das auch so eine Sa-
    che. Als wir sie mit Ihnen zusammen ausgearbeitet ha-
    ben, hat sich Horst Seehofer feiern und fotografieren las-
    sen und von der glücklichsten Nacht seines Lebens
    schwadroniert. Mancher hat damals gezweifelt, ob er
    noch nichts Anständiges erlebt hat.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Dann ist er davongelaufen und wollte die Verantwortung
    dafür nicht übernehmen. Jetzt hat Ulla Schmidt das Kind
    großgezogen, jetzt würde er sich wieder gern mit dem
    Töchterchen fotografieren lassen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Diese Art und Weise kann weiß Gott nicht angehen. Die
    Gesundheitsreform erzielt gerade erste Wirkungen und
    die Arbeitsmarktreformen schaffen bei den Beteiligten
    neues Vertrauen in die Handlungsfähigkeit dieses Lan-
    des.

    Schauen Sie sich doch an, was wir zur Vereinbarkeit
    von Familie und Beruf und im Bereich der Schulen ge-
    leistet haben. Damit wollen wir die künftige Erwerbstä-
    tigkeit von Frauen und die Vereinbarkeit von Familie
    und Beruf erleichtern. Das ist eine Riesenaktion für die
    wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. Wir wollen da-
    mit das Potenzial der Frauen für dieses Land voll nutzbar
    machen und gleichzeitig die Chancengleichheit verbes-
    sern.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Schauen Sie sich an, was wir für die Kommunen tun:
    Die Steuerreform hat gegen Ihren Widerstand Verbesse-
    rungen für die Kommunen gebracht; 2,5 Milliarden Euro
    werden durch die Arbeitsmarktreform freigesetzt,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Witzbold!)


    das heißt, das Handwerk kann wieder auf kommunale
    Investitionen bauen. Wir fordern die Innenminister der
    Länder von dieser Stelle aus auf: Lockert den Schulden-
    deckel in den Städten und Gemeinden, die noch unter
    Kuratel stehen. Die Steuersenkungen und die Entlastun-
    gen durch Hartz IV sind nicht beschlossen worden, um
    Schulden von einem Titel auf den anderen zu buchen,
    sondern sie sind beschlossen worden, um wieder Investi-
    tionen in den Kommunen zu finanzieren. Darüber sollten
    wir uns miteinander unterhalten. Hier müssen alle Chan-
    cen genutzt werden. Dann lacht auch Ernst Hinsken wie-
    der.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ludwig Stiegler


    (Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Bei der verheerenden Politik gibt es nichts zu lachen!)


    Auch der Haushalt trägt dazu bei, und zwar in der
    Fassung, in der wir ihn vorgelegt haben. Wir gehen nicht
    vor wie Herr Stoiber, der hier mit seiner 5-Prozent-Ra-
    senmähermethode alles durcheinander bringt, oder wie
    Herr Austermann, der von der Hälfte des Preises spricht.
    Das ist übrigens wieder typisch Union: Die einen singen
    das Lied „Spart!“ und die anderen singen das Lied „Gebt
    mehr aus!“. Das ist die reinste Kakophonie. Moderne
    Musik ist im Vergleich zu dem, was Sie hier aufführen,
    ein Ohrenschmaus. Sie müssen die Konsequenzen zie-
    hen und deutlich machen, was Sie eigentlich wollen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Der ist ja betrunken!)


    Wollen Sie, dass der Haushalt seinen Beitrag zur Sta-
    bilisierung der Konjunktur leistet, oder möchten Sie lie-
    ber alles abwürgen? Wenn Sie Letzteres wollen, könnten
    die Pessimisten unter Ihnen wieder klagen. Wir werden
    ihnen diese Gelegenheit aber nicht geben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Hören wir auf, den Aufbau Ost schlecht zu machen!
    Auch im Osten ist das Glas mehr als halb voll. Wenn ich
    die von Ihnen zu verantwortende Überhitzung der Bau-
    wirtschaft – Sie haben durch Ihre Abschreibungsmodelle
    eine Fehlinvestitionswelle im Osten ausgelöst, die jetzt
    abebben muss – außer Acht lasse, kann ich feststellen: In
    der gewerblichen Wirtschaft kommt der Aufbau Ost
    voran und wir sollten niemandem erlauben, das mies zu
    machen.

    Schauen Sie nach Dresden! Was haben der Bundes-
    wirtschaftsminister und Edelgard Bulmahn in Dresden
    geleistet! Wir können darauf stolz sein, dass sich die IT-
    Region so entwickelt hat. Bedanken Sie sich dafür, statt
    alles mies zu machen!


    (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/ CSU: Bei Herrn Milbradt!)


    – Was heißt „Herr Milbradt“? Ohne das Geld von
    Edelgard Bulmahn hätte Herr Milbradt auf Demonstra-
    tionen mit dem Fähnchen hinterherlaufen, aber nicht in-
    vestieren können.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Das konnte überhaupt nur mit dem Geld der Bundesre-
    gierung gehen.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Geld der Steuerzahler, nicht der Bundesregierung!)


    Es gehört zum Grundanstand, einen gemeinsam errunge-
    nen Erfolg auch gemeinsam zu feiern und nicht zu versu-
    chen, die Partner zu betrügen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der Aufbau Ost kommt voran. Die I-Zulage ist si-
    chergestellt und die letzten Ungereimtheiten der Ge-
    meinschaftsaufgabe werden so beseitigt, dass im Osten
    keine Investitionen verloren gehen werden.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Seit einem halben Jahr!)


    – Im letzten halben Jahr ist eine Menge passiert.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nichts Gutes!)

    Wir sagen den Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Osten
    aber auch: Wir brauchen mehr Mut zur Selbstständig-
    keit. Wir werden den Schwerpunkt auf die Gründung
    neuer Unternehmen setzen müssen. Es kann keiner da-
    rauf warten, dass ihm gebratene Tauben in Form von In-
    vestitionen aus dem Westen ins Land fliegen. Wir müs-
    sen hier Hilfe zur Selbsthilfe organisieren.

    Dafür hat diese Koalition mit der Mittelstandsfinan-
    zierung eine Menge getan.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Eine Drohung! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das ist ja der Höhepunkt!)


    Wir haben die Steuern deutlich gesenkt. Wenn der Auf-
    schwung kommt, kann wieder Eigenkapital aufgebaut
    werden.


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Der Minister hat gesagt, das sei schon da!)


    Die Mittelständler haben ganz erhebliche Probleme. Wir
    haben aber mit der Restrukturierung der Mittelstands-
    bank des Bundes die Voraussetzungen dafür geschaffen,
    dass der Mittelstand Beteiligungskapital bekommt, ohne
    an die Börse gehen zu müssen, dass er in den Genuss der
    Mezzanininstrumente sowie der Nachrangdarlehen
    kommt. In diesem Herbst werden die entsprechenden
    Gründungsfonds, die Dachfonds, eingerichtet, was der
    Bundeswirtschaftsminister eingeleitet hat und wofür wir
    die steuerlichen Voraussetzungen geschaffen haben.

    Das Hauptproblem war, dass sich die hier gestern von
    Michael Glos so bedauerten Banken mit ihren Invest-
    mentbankern an den internationalen Börsen verspeku-
    liert und Geld in der Größenordnung von zwei bis drei
    Bundeshaushalten verloren haben. Sie haben dann den
    Mittelstand nicht mehr mit Krediten versorgt, sodass
    selbst der normale Geschäftsbetrieb nicht aufrechterhal-
    ten werden konnte. Hier haben Wolfgang Clement und
    Hans Eichel mit der KfW dem Mittelstand mit neuen
    Programmen unter die Arme gegriffen und dafür bin ich
    dankbar.


    (Beifall bei der SPD)

    Jetzt fängt selbst die Deutsche Bank an, über den Kre-

    ditkanal zu klagen, obwohl sie früher selbst zu den
    Schlimmsten gehört hat. Fragen Sie einmal die Mittel-
    ständler in den Flächenstaaten, wie die Bank mit ihnen
    umgegangen ist! – Herr Präsident, der Kollege Hinsken
    möchte meine Redezeit verlängern.






    (A) (C)



    (B) (D)