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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Otto Fricke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

    legen! Herr Kollege Montag, es ist richtig und es ist auch
    gut, dass das Gesetz zustande gekommen ist. Wir haben
    aber noch weitere Projekte im Strafvollzug vor uns, bei
    denen es auch zu Ergebnissen kommen muss. Aber dazu
    werden Sie – davon haben Sie uns ja überzeugt – sicher-
    lich entsprechende Vorschläge vorlegen, um uns zum
    Schwitzen zu bringen.

    Die FDP-Fraktion ist froh, wenn sie ob möglichst vie-
    ler vernünftiger rechtspolitischer Vorlagen der Regie-
    rungskoalition oder der Regierung zum Schwitzen
    kommt. Denn das wäre im Sinne unseres Rechtsstaats
    und es wäre besser als das, was bisher passiert ist.


    (Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Schwitzen statt Sitzen!)


    Als Haushälter kann man eine einfache Frage stellen:
    Wie viel kostet den Bundesbürger das Bundesjustizmi-
    nisterium in seinem Einzelplan? Es kostet jeden Bundes-
    bürger 20 Cent bezogen auf das ganze Jahr. Das sind
    20 Cent für den Rechtsstaat und kein einziger Cent mehr.

    Die von Ihnen beschriebene gute Entwicklung, Frau
    Ministerin, dass die Höhe der Einnahmen inzwischen
    nahezu der Höhe der Ausgaben entspricht, mag zwar
    nett sein, aber Sie wissen genau, dass wir die gute Ein-
    nahmesituation nur einer Cash Cow zu verdanken haben,
    die ihren Sitz in München hat. Dabei handelt es sich um
    das Deutsche Patent- und Markenamt, das diese Mittel
    auswirft.

    Ob wir das auf Dauer halten können, ist im Hinblick
    auf die europäische Rechtsprechung fraglich. Wenn die
    Einnahmen aus diesem Bereich wegbrechen sollten,
    dann sehe ich nicht, dass Herr Diller das aus seinem
    Haushalt bezahlen wird. Vielmehr wird dann Druck auf
    unseren Einzelplan ausgeübt werden. Ob er diesen
    Druck angesichts eines so knapp genähten Haushaltes
    aushalten wird, wage ich – mit Verlaub – zu bezweifeln.

    Wenn man über den Justizhaushalt diskutiert – Herr
    Kollege Montag, hier komme ich auf das zurück, was
    Sie gesagt haben –, dann muss man auch über diejenigen
    reden, die Justiz betreiben, beispielsweise die Gerichte.
    Da ich bei den Fachgerichtsbarkeiten eine ähnliche
    Sichtweise habe, bitte ich die Koalition, noch einmal in
    sich zu gehen und darüber nachzudenken, warum zwei
    Fachgerichtsbarkeiten außerhalb des Justizministeriums
    angesiedelt sind. Denn man darf nicht vergessen: Je
    mehr Fachgerichtsbarkeiten außerhalb des Justizministe-
    riums angesiedelt werden, desto mehr werden sie Über-
    legungen anheim fallen, die nicht unbedingt etwas mit
    dem Rechtsstaat zu tun haben und allgemeinen Einspar-
    möglichkeiten geschuldet sind.

    Herr Kollege Götzer, ich glaube, Sie haben selber ein-
    gesehen, dass man nicht 5 Prozent des Justizhaushalts
    einsparen kann.


    (Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

    Ich bin mir nicht sicher, wie Herr Stoiber seinen Vor-
    schlag gemeint hat. Ich sehe hier jedenfalls eine Gefahr
    für den Rechtsstaat. Denn wenn man knapp kalkuliert,
    wenn man klare Kanten festlegt, wo sollen dann noch
    5 Prozent eingespart werden?

    Da Rechtsschutz nur aufgrund guter Rechtsberatung
    möglich ist, möchte ich kurz das Rechtsberatungs-
    gesetz ansprechen, das uns mit Sicherheit noch in den
    nächsten Wochen und Monaten beschäftigen wird. Es ist






    (A) (C)



    (B) (D)


    Otto Fricke

    richtig, dass wir dieses Gesetz modernisieren wollen.
    Das ist sicherlich auch notwendig. Wir müssen uns in
    diesem Bereich bestimmt von einigen althergebrachten
    Dingen trennen. Aber eines möchte ich ganz klar und
    deutlich sagen: Wir müssen wissen, wen wir mit diesem
    Gesetz schützen wollen. Ich hatte in der Sommerpause
    wieder Gelegenheit, ein wenig meinem Beruf als Anwalt
    nachzugehen.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Dazu hatten Sie Zeit?)


    – Das ist eine Frage, wie viel Zeit man aufwendet, liebe
    Kollegin. – Als Anwalt sage ich, dass wir es angesichts
    der Anwaltsschwemme nie und nimmer schaffen wer-
    den, Anwälte durch das Rechtsberatungsgesetz zu schüt-
    zen. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig; denn ein
    Anwalt kann angesichts der großen Konkurrenz nicht
    mehr dadurch geschützt werden, dass er „kleinere
    Dinge“ in einer vernünftigen Einnahme-Überschuss-
    Rechnung darstellt. Das klappt einfach nicht mehr.

    Was wir aber von einer guten Rechtsberatung, einer
    guten Rechtsdienstleistung erwarten dürfen, ist ein Ver-
    braucherschutz, der zwei Dinge ermöglicht: Der Ver-
    braucher muss erstens wissen, an welchen Anwalt er
    sich vertrauensvoll wenden kann, und muss zweitens si-
    cher sein, dass er nicht ins Leere fällt, wenn der Anwalt
    irrt, an den er sich gewendet hat. Ich bitte Sie, genau zu
    prüfen, ob die von Ihnen geforderte Haftpflichtversiche-
    rung hier wirklich ausreicht; denn wenn im Rechts-
    schutzbereich ein Bürger ins Leere fällt und auf seinem
    Schaden sitzen bleibt, dann ist das zum Schaden des ge-
    samten Rechtsstaates.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich möchte noch einen anderen Punkt im Zusammen-

    hang mit dem Rechtsberatungsgesetz ansprechen. Ich
    möchte im Rechtsberatungsbereich keine Interessen-
    kollision; denn das zeichnet den Beruf des Anwalts aus.
    Das mag zwar auch andere Berufsgruppen auszeichnen.
    Aber ich sage Ihnen ganz klar: Eine Bank, eine Versiche-
    rung oder ein Automobilklub wie der ADAC haben im-
    mer eigene Interessen. Wenn wir nicht klarstellen, dass
    es keine Kontroversen gibt, dann wird das Rechtsdienst-
    leistungsgesetz im Zweifel nicht den Effekt erzielen, den
    wir haben wollen.

    Ich möchte noch einen anderen Punkt ansprechen, bei
    dem wir von der FDP in den nächsten zwei Jahren noch
    Reformbedarf sehen. Das ist die Telefonüberwachung,
    die heute noch gar nicht erwähnt worden ist. Hier erwar-
    ten wir einiges mehr. Hier wird sicherlich viel harte Ar-
    beit notwendig sein. Aber hier muss sich etwas tun. Ich
    bin gespannt, wie die Koalition das lösen wird.


    (Beifall bei der FDP)

    Die Reform des Jugendstrafvollzugs ist auf dem Weg.

    Im Bereich der Untersuchungshaft ist der Weg der Re-
    formen noch nicht beschritten worden. Das wird aber er-
    forderlich sein. Im Bereich Graffitibekämpfung tut sich
    noch immer nichts, wobei ich es wichtig finde, dass wir
    regelmäßig alle zehn Sitzungswochen über das Thema
    Graffiti reden. Vielleicht höhlt der stete Tropfen selbst
    den ströbeleschen Stein irgendwann einmal aus.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Zum Abschluss noch Folgendes: Das Buch, welches

    ich hier in der Hand halte, werden Sie sicherlich kennen,
    Frau Ministerin, es ist das „Handbuch der Rechtsförm-
    lichkeit“. Ein Justizhaushalt mit wenig Geld bedeutet,
    dass man beim Personal auf das beschränkt ist, was noch
    möglich ist. Das momentane Zusammenspiel von Bun-
    destag und Bundesrat sowie die handwerklichen Män-
    gel, die wir bei Gesetzen feststellen, deuten für mich an,
    dass die Rechtsförmlichkeitsprüfung im Endeffekt
    nicht mehr richtig erfolgt. Beim Verfassungsrecht und
    beim Völkerrecht erfolgt sie zumindest nach außen – ob
    sie nach innen durchgeführt wird, kann ich nicht beurtei-
    len; das findet sich auch in dem Handbuch, das Ihre Vor-
    gängerin in zweiter Auflage herausgegeben hat – über-
    haupt nicht mehr.

    Als Haushälter darf ich Sie nur bitten – auch im Hin-
    blick auf den Schadensersatz, der uns bei der Biopatent-
    richtlinie droht, und den Verstoß gegen alle möglichen
    Stabilitätsrichtlinien, die für uns gelten –: Prüfen Sie ge-
    nau und prüfen Sie auch fordernder! Lassen Sie sich im
    Zweifel nicht – siehe Caroline-Urteil – durch unjuristi-
    schen Rat in die falsche Richtung drängen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der FDP)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Kollege Joachim Stünker.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joachim Stünker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ministe-
    rin hat eine eindrucksvolle Bilanz der ersten zwei Jahre
    dieser Legislaturperiode vorgelegt. Sie hat einen Aus-
    blick auf das gegeben, was wir in den kommenden zwei
    Jahren noch alles vor uns haben. Herr Kollege Götzer,
    was Sie hier vorgetragen haben, hatte mit der Realität
    wenig zu tun. Die Gespenster rot-grüner Rechtspolitik,
    die Sie heute Abend hier durch den Reichstag haben rei-
    ten lassen, waren nichts anderes als schwarze Ideologie.
    Das will ich Ihnen dazu einmal sagen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich denke, mehr ist dem nicht hinzuzufügen.
    Der Kollege Fricke hat zu Recht darauf hingewiesen,

    dass Ihr ehemaliger Kanzlerkandidat Stoiber den Vor-
    schlag gemacht hat, bei diesem Haushalt noch einmal
    5 Prozent einzusparen. Das Volumen des Einzelplans des
    Bundesministeriums der Justiz beträgt 339 Millionen
    Euro. Würden wir dem Vorschlag von Stoiber folgen,
    müsste der Justizhaushalt um 17 Millionen Euro gekürzt
    werden. Sie sollten uns bis zur zweiten und dritten Le-
    sung sagen, wo wir das im Ergebnis machen sollen.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Stünker

    Ihre Diskussionsbeiträge und vor allen Dingen Ihre

    Novellierungsvorhaben – wir treffen uns diese Woche
    wieder und wollen über Ihr Begehren, Herr Montag, und
    unser Begehren reden, etwas beim Opferentschädi-
    gungsgesetz zu machen – wären glaubwürdiger, wenn
    Sie uns auf der anderen Seite sagten, wo wir weitere
    17 Millionen Euro einsparen sollen. Wenn wir nämlich
    unser gemeinsames Vorhaben umsetzen, dann werden
    diese 17 Millionen Euro, die auf der einen Seite einge-
    spart werden, auf der anderen Seite gleich wieder ausge-
    geben. Handeln und Reden müssen also irgendwie in
    Übereinstimmung gebracht werden. Das ist genau das,
    was bei Ihnen auf der Strecke bleibt.

    Herr Kollege Fricke, Sie haben ein Jugendstrafvoll-
    zugsgesetz angemahnt. Sie haben uns dafür gelobt, dass
    es jetzt da ist. Sie haben dieses schöne Beispiel mit den
    20 Cent gebracht. Es bezog sich wohl auf den Bundes-
    haushalt. Beim Jugendstrafvollzugsgesetz wird man
    wieder einmal eines der großen Probleme der Rechts-
    politik erleben: 16 Länder werden bei uns auf der Matte
    stehen, sie werden uns sagen, wie teuer die Umsetzung
    all der guten Vorschläge der Bundesjustizministerin ist,
    und man wird erklären, warum man das so nicht wird
    machen können. Herr Kollege Götzer, dann sind wir
    wieder bei den Realitäten der Rechtspolitik. Denen soll-
    ten wir uns dann einmal zuwenden.

    Ich kann Ihnen heute Abend hier nur sagen: Wir, Rot-
    Grün, sind – um einen größeren Bogen zu spannen – stolz
    auf das, was wir in der Rechtspolitik seit 1998 erreicht
    und auf den Weg gebracht haben. Wir haben nämlich
    den Stillstand von 16 Jahren Kohl-Regierung überwun-
    den.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich sage Ihnen: Seit 1998 hat die Rechtspolitik kein
    Mauerblümchendasein mehr geführt, sondern sie steht
    wiederholt im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Dis-
    kurses.


    (Otto Fricke [FDP]: Deswegen debattieren wir jetzt auch um 20 Uhr!)


    Ich muss mich ein bisschen beeilen, weil mir meine
    Vorredner ein bisschen Zeit weggenommen haben, wie
    mir gesagt wurde.


    (Otto Fricke [FDP]: Unsolidarisch!)

    – Nein, nein. – Wir Sozialdemokraten haben heute
    Abend noch ein Hoffest. Dahin wollen wir gleich noch.

    Ein Punkt ist mir ganz wichtig. Ich bin dankbar dafür
    und finde es gut, dass es uns gelungen ist – das haben
    wir 1998 angestoßen –, dafür zu sorgen, dass die seit lan-
    gem überfällige Reformdebatte in der Justiz jetzt endlich
    auch in einem breiteren Feld und mit einem breiten Kon-
    sens eröffnet worden ist. Kein anderes Thema beschäf-
    tigt die Rechtspolitik in Bund und Ländern seit 50 Jah-
    ren nämlich so sehr wie die Modernisierung der Justiz.
    Wir alle wissen, wie weit wir in 50 Jahren gekommen
    sind. Letzten Endes ist man im Schneckentempo voran-
    gekommen.
    Auch wir, Rot-Grün, haben seit 1998 lernen müssen,
    wie zähflüssig in der Justiz Reformen voranzubringen
    sind. Dabei ist die Judikative die dritte Säule der Gewal-
    tenteilung in unserem Verfassungsaufbau. Deshalb ist
    eine effektive, effiziente und transparente Gerichtsbar-
    keit eine der Grundvoraussetzungen für gesellschaftli-
    chen Frieden in einem demokratisch verfassten Staats-
    wesen. Dies gilt umso mehr in Zeiten wie denen, in
    denen wir leben, nämlich in Zeiten des Wandels und des
    Umbruchs.

    Die Justizgewährungspflicht des Staates im Privat-
    rechtsverkehr der einzelnen Rechtssubjekte hat – die
    Frau Ministerin hat darauf hingewiesen – ebenso Verfas-
    sungsrang wie der Rechtsweg gegen hoheitliche Ent-
    scheidungen des Staates. Sorge macht uns, dass wir zu-
    nehmend feststellen müssen, dass wir das nicht mehr so
    zügig umsetzen können, wie das in unserer Gesellschaft
    notwendig wäre. Das ist ein Problem, das uns im Ergeb-
    nis alle gemeinsam angeht und bei dem wir als Deut-
    scher Bundestag gemeinsam, wie ich meine, an Lösun-
    gen zu arbeiten haben. Deshalb ist nach meiner
    Überzeugung eine große Justizreform unumgänglich; ich
    betone: unumgänglich. Wir sollten gemeinsam über die
    Frage der großen Justizreform reden.

    Diese große Justizreform muss meines Erachtens
    drei wesentliche Ziele erreichen: Wir wollen entschei-
    den, was zukünftig wichtig ist. Das ist die Frage der
    Konzentration. Wir wollen einfach und klar arbeiten, da-
    mit die Bevölkerung die Justiz versteht. Das ist die Frage
    der Deregulierung. Wir wollen abgeben, denke ich, was
    andere ökonomischer erledigen können.


    (Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Ihr solltet die Regierungsgeschäfte abgeben!)


    Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir vor der Som-
    merpause gemeinsam schon ein so genanntes Erstes
    Justizmodernisierungsgesetz haben verabschieden kön-
    nen. Aus der Erfahrung der guten Zusammenarbeit da-
    bei, Herr Kollege Röttgen, bitte ich Sie, dass wir die Ar-
    beit und die Diskussion aufnehmen, um in dieser
    Legislaturperiode möglichst noch zu einem Zweiten Jus-
    tizmodernisierungsgesetz zu kommen.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das haben wir eh schon gesagt!)


    Ich möchte den Gedanken aufnehmen, den Herr
    Montag schon geäußert hat. Ich bin der Justizminister-
    konferenz sehr dankbar dafür, dass sie auf ihrer Tagung
    vom 17. bis 18. Juni dieses Jahres in Bremen einen, wie
    ich finde, wirklich wichtigen Ansatz für eine grundle-
    gende Strukturreform beschlossen hat. Zum Thema der
    Errichtung einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen
    Fachgerichtsbarkeit hat die Konferenz wie folgt be-
    schlossen: Wir sprechen uns für die Schaffung einer bun-
    desrechtlichen Länderöffnungsklausel aus, die es den
    Ländern ermöglichen soll, Fachgerichtsbarkeiten zusam-
    menzuführen. – Es geht nicht darum, zusammenzulegen,
    sondern darum, zusammenzuführen, das heißt im Ergeb-
    nis, kooperativ zu führen. Das ist der entscheidende Un-
    terschied dabei.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Jeder macht, was er will!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Stünker

    Die Länder Baden-Württemberg und Sachsen, Herr

    Kollege Röttgen, haben in Vollzug dieses Beschlusses
    zwischenzeitlich einen entsprechenden Vorschlag im
    Bundesrat eingebracht. Dieser Ansatz einer Strukturre-
    form ist nach meiner festen Überzeugung zu unterstüt-
    zen. Ich betone das mit Nachdruck und sage das im Wis-
    sen um die Probleme und auch im Wissen um die
    Gegner einer solchen Reform.

    Wir haben in Deutschland circa 20 900 Richterinnen
    und Richter. Hiervon arbeiten in der ordentlichen Ge-
    richtsbarkeit 15 456, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit
    2 316, in der Sozialgerichtsbarkeit 1 274 und in der
    Finanzgerichtsbarkeit 661. Dass die kooperative Zusam-
    menfügung dieser drei zuletzt genannten Gerichtsbarkei-
    ten unter einem organisatorischen Dach personalwirt-
    schaftliche Vorteile für die Länder hat


    (Otto Fricke [FDP]: Und für den Bund?)

    und auch Synergieeffekte mit sich bringt, ist letztlich un-
    abweisbar; das kann niemand bestreiten.

    Deshalb bedauere ich sehr, Herr Kollege Röttgen,
    dass Sie am 8. Juli dieses Jahres mit einigen Sprecher-
    kollegen Ihrer Fraktion diesen Vorschlag der beiden
    Länder bereits in Bausch und Bogen abgelehnt haben,
    bevor die Diskussion überhaupt begonnen hat.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Mit guten Gründen!)


    Ihre Begründung war vordergründig populistisch – wir
    stehen vor wichtigen Landtagswahlen – und nichts ande-
    res, Herr Kollege Röttgen.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ich bin auch nächstes Jahr dagegen!)


    Sie war in sich auch nicht stimmig. Die Frau Ministerin
    hat schon darauf hingewiesen: Wenn Sie im Rahmen un-
    serer Diskussion in der Föderalismuskommission verfas-
    sungsunmittelbare Zugriffe der Länder befürworten,
    dann können Sie einer solchen Öffnungsklausel inhalt-
    lich nicht widersprechen.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das hängt doch vom Gegenstand ab!)


    Das hat keine Stringenz und macht auch keinen Sinn,
    Herr Kollege Röttgen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist einfach schädlich und schade, wenn wir die Fragen
    der Modernisierung der Justiz dem Populismus ausset-
    zen und der Alltagspolitik überlassen; denn dann kom-
    men wir in der Modernisierung nicht weiter.