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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Götzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

    gen! Die Frau Justizministerin hat diese Haushalts-
    debatte zu einer kleinen Zwischenbilanz genutzt. Das
    liegt in der Mitte der Legislaturperiode ja nahe. Auch ich
    will das tun. Es wird Sie nicht überraschen, dass sie ein
    bisschen anders ausfallen wird.


    (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Fair bleiben!)

    – Keine Sorge. Ich werde die Wahrheit sagen. Sie ist
    nicht immer angenehm, aber das ist fair.

    Vor einem Jahr hatten wir noch Probleme, überhaupt
    Ansatzpunkte für eine Beurteilung zu finden. Es war
    mangels Gesetzentwürfen und Initiativen aus den Reihen
    der Regierungskoalition wirklich schwierig, selbst nur
    Kritikpunkte zu finden. Das hat sich inzwischen quanti-
    tativ ein bisschen gebessert, inhaltlich allerdings kaum.

    Zunächst eine grundsätzliche Bemerkung zu unserem
    Arbeitsbereich: Uns allen ist klar, dass die Rechtspolitik
    in der Öffentlichkeit nach wie vor kein großes Interesse
    findet. Dass wir im Rahmen der Haushaltsdebatte heute
    wieder zeitlich als Letzte an der Reihe sind, spricht wie so
    oft Bände. Wir wissen aber gleichwohl, dass die Rechts-
    politik sowohl in der Breite als auch in der Tiefe wie
    kaum ein anderes Themenfeld bewusstseinsprägend und
    auch ordnungsstiftend wirkt, wenn es sie denn gibt. So-
    weit sie überhaupt stattfindet, fehlt ihr bei dieser Regie-
    rung jedenfalls jegliche Konzeption.

    Wir erleben eine Abfolge von Gesetzesinitiativen aus
    unterschiedlichen Bereichen, die keine durchgehende
    Linie oder eine über den Tag hinausweisende Zielrich-
    tung in der Rechtspolitik erkennen lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es immer noch nicht verstanden!)


    Das, was vorgelegt wird, ist entweder lustlos fabriziert,
    mit heißer Nadel genäht oder im Ankündigungsstadium
    stecken geblieben.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel Lust brauchen Sie denn noch?)


    Auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses muss man
    Initiativen der Regierungskoalition immer noch mühsam
    suchen. Meist geht es um die Kenntnisnahme irgendwel-
    cher Berichte, mitberatende Voten oder, immer häufiger,
    um europäische Richtlinien und Rahmenbeschlüsse so-
    wie deren Umsetzung oder auch Nichtumsetzung.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr wichtig!)


    Als konservativer Oppositionspolitiker ist es mir na-
    türlich lieber, dass weniger passiert, bevor Rot-Grün die
    Rechtspolitik als ideologische Spielwiese zur Gesell-
    schaftsveränderung nutzt. Trotzdem bin ich der Mei-
    nung, dass die Rechtspolitik so wenig Vorweisbares
    auch nicht verdient hat.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: So ist es!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Wolfgang Götzer

    Sie sollte aus dem Schattendasein in dieser Bundesregie-
    rung heraustreten,


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    was allerdings schwierig ist, weil die ganze Bundes-
    regierung ja nicht gerade von der Sonne verwöhnt ist.

    Ich will aber auch nicht mit Lob sparen. Gelegentlich
    war es möglich, Sie dazu zu bringen, mit uns zusammen
    gemeinsame Gesetze zu formulieren und zu verabschie-
    den.


    (Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich anmaßend, was Sie da erzählen!)


    Immerhin gehen die meisten der beschlossenen Gesetze
    auf Initiativen der CDU/CSU oder des Bundesrats zu-
    rück.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Na, na! – Joachim Stünker [SPD]: Nennen Sie mal eines!)


    So viel zum Lob.
    Frau Ministerin, Sie haben die nachträgliche Siche-

    rungsverwahrung erwähnt. Ich muss nicht noch einmal
    auf die Einzelheiten dieses Themas eingehen, das uns
    lange genug beschäftigt hat: jahrelange Verweigerungs-
    haltung, Untätigkeit; dann waren Sie durch eine Ent-
    scheidung des Bundesverfassungsgerichts gezwungen,
    tätig zu werden; anschließend ein Schnellschuss mit gro-
    ßen Lücken und Fehlern, dem wir nur aufgrund der
    Zwangssituation, die ansonsten entstanden wäre, zuge-
    stimmt haben.

    Wie sich das im Sommerinterview der Frau Justiz-
    ministerin mit der „NJW“-Redaktion liest, möchte ich
    hier mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren:

    In nur fünf Monaten haben Bundesregierung, Bun-
    destag und Bundesrat die Vorgaben des BVerfG zu
    diesem lang umstrittenen Problem umgesetzt.

    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das ist die reine Wahrheit!)

    So kann man es auch darstellen.


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Leicht verkürzt!)


    – Ja, leicht verkürzt. Es ist nicht unklar, aber leicht ver-
    kürzt.

    Ein weiteres eher trauriges Kapitel ist das Thema
    Graffiti. Auch das möchte ich hier weiß Gott nicht mehr
    inhaltlich erwähnen, weil es uns lang genug beschäftigt
    hat.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein großer Punkt Ihrer Rechtspolitik! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist der einzige!)


    Die Verhinderer sind bekannt. Sie sitzen hier mitten un-
    ter uns. Sie haben ihren Platz in der Mitte dieses Hauses,
    wo sie ideologisch überhaupt nicht hingehören.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren von der Regierungskoali-

    tion, haben Sie doch wenigstens den Mut, unseren Ge-
    setzentwurf abzulehnen!


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nicht einmal den haben sie!)


    Sie lassen ihn liegen und behandeln ihn nicht. Das ist ein
    ganz schlechter parlamentarischer Stil.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sollten das zum Anlass nehmen, endlich eine Ände-
    rung der Geschäftsordnung zu verlangen, damit so etwas
    in Zukunft nicht mehr möglich ist. Nichtbehandlung
    durch liegenlassen ist kein guter parlamentarischer Stil.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Blockade durch die Mehrheit!)


    Auch bei der Reform des Sanktionensystems zeigt
    sich die grundsätzlich problematische Einstellung von
    Rot-Grün gerade zum Strafrecht. Künftig sollen kurze
    Haftstrafen in gemeinnützige Arbeit umgewandelt wer-
    den.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr vernünftig!)


    Wir sehen ganz klar: Kurze Haftstrafen werden von den
    Gerichten nur dann ohne Bewährung ausgesprochen,
    wenn diese aus guten Gründen für den Täter nicht bzw.
    nicht mehr infrage kommen. Für diesen Täterkreis ist ge-
    meinnützige Arbeit keine angemessene Sanktion, zumal
    in diesem Entwurf vorgesehen ist, dass die Umsetzung
    der Haftstrafe in Arbeit nicht eins zu eins erfolgt. Eine
    solche Verharmlosung der Strafandrohung zerstört jede
    präventive Wirkung des Strafrechts.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Andererseits schießt die Bundesregierung bei anderer

    Gelegenheit weit über das Ziel hinaus, so etwa bei dem
    kürzlich durch die Medien geisternden Referentenent-
    wurf zur Erweiterung der heimlichen Gesprächsüber-
    wachung. Mit diesem Entwurf, der offensichtlich zwi-
    schen BMI und BMJ abgestimmt war, sollte das
    Abhören von Ärzten, Journalisten, Rechtsanwälten und
    sogar Pfarrern im Beichtstuhl in großem Umfang zuge-
    lassen werden.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


    Damit wir uns recht verstehen: Wir sind dafür, das Straf-
    maß für bestimmte Straftaten aus dem Bereich der orga-
    nisierten Kriminalität so zu erhöhen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was wollen Sie denn nun?)


    dass das Abhören auch nach dem entsprechenden Urteil
    des Bundesverfassungsgerichts weiter möglich ist. Wir
    sind bei jeder Verbesserung der Verbrechensbekämpfung
    an Ihrer Seite, nicht aber, wenn rechtsstaatliche Grund-
    sätze über Bord geworfen werden.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Wolfgang Götzer


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das steht in der Bilanz! Das musste gesagt werden!)


    Wir sind ja froh, wenn einmal von Ihrer Seite Überle-
    gungen zur schärferen Bekämpfung von Terror und
    organisierter Kriminalität angestellt werden und es
    nicht immer heißt: Die geltenden Gesetze reichen aus.
    Aber dann beschäftigen Sie sich bitte einmal mit unseren
    sicherheitspolitischen Forderungen. Da finden Sie eine
    ganze Menge von sinnvollen und notwendigen Vorschlä-
    gen. Führen Sie beispielsweise die Kronzeugenregelung
    wieder ein!


    (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Alter Hut!)

    – Das ist kein alter Hut, wie ein Oberlandesgericht vor
    wenigen Monaten festgestellt hat.

    Weiten Sie vor allem die Möglichkeiten der DNA-
    Analyse aus, die sich immer mehr als eine der wirksams-
    ten Waffen im Kampf gegen das Verbrechen herausstellt.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch schon!)


    – Nur sehr halbherzig haben Sie das gemacht, Herr Kol-
    lege. Bayern liefert inzwischen rund ein Fünftel aller
    DNA-Datensätze bundesweit.


    (Otto Fricke [FDP]: Wundert Sie das?)

    Ich kann dem bayerischen Innenminister Beckstein nur
    zustimmen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unser Freund Beckstein!)


    wenn er fordert, dass die DNA-Analyse nicht auf die jet-
    zigen Deliktbereiche beschränkt bleiben darf, sondern
    Standard bei der erkennungsdienstlichen Behandlung
    werden muss.

    Entschieden zu weit gehen Sie, meine Damen und
    Herren von der Regierungskoalition, mit der von Ihnen
    geplanten Zulassung der Stiefkindadoption durch
    gleichgeschlechtliche Lebenspartner. Sinn und Zweck
    des Adoptionsrechts ist der Schutz der Interessen des
    Kindes, nicht der Eltern.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


    Die vorgesehene Neuregelung hingegen – dies wird ganz
    klar angesichts des gesellschaftspolitischen Kontextes,
    in dem dies gerade die Befürworter des Gesetzes sehen
    und sehen wollen – soll ein weiterer Schritt hin zur völli-
    gen Gleichstellung homosexueller Paare sein. Um deren
    Interessen geht es in diesem Gesetz, nicht um das Kin-
    deswohl.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn!)


    Das Kind wird lediglich instrumentalisiert, verehrte Kol-
    leginnen und Kollegen von der SPD.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist glatte Ideologie, was Sie da verbreiten!)

    Es wird seines zentralen Rechtes beraubt, nämlich des
    Rechts auf Vater und Mutter.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon finden Sie nichts im Gesetz!)


    Damit wird die Grenze überschritten, die der in unserer
    Verfassung verankerte besondere Schutz von Ehe und
    Familie setzt.


    (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das wird doch gar nicht infrage gestellt, Herr Götzer! Wir stellen doch die Ehe nicht infrage! Das ist doch Unsinn!)


    – Da könnte ich Ihnen eine ganze Reihe von Beispielen
    nennen, mit denen Sie Art. 6 des Grundgesetzes syste-
    matisch aushöhlen. Das gilt vor allem für Ihren Koali-
    tionspartner. Diese Vorstöße kommen weniger von der
    SPD. Aber Sie sitzen schließlich in einem Boot und Sie
    lassen es sich ja gefallen, was Ihr Koalitionspartner seit
    Jahren beharrlich vorhat.

    Kein Ruhmesblatt erwerben Sie sich, meine Damen
    und Herren von der Regierungskoalition, mit Ihrem Ge-
    setzentwurf zum Thema Menschenhandel. Trotz völ-
    kerrechtlicher und europarechtlicher Vorgaben aus den
    Jahren 2000 und 2002, die Deutschland bis zum 1. Au-
    gust dieses Jahres hätte umsetzen müssen, hat die Bun-
    desregierung bis jetzt gebraucht, um schließlich einen
    Entwurf vorzulegen. Auf die Idee, dabei auch die so ge-
    nannten Freier zu bestrafen, die wissentlich die Lage von
    zwangsweise nach Deutschland gebrachten und hier zur
    Prostitution gezwungenen Frauen ausnutzen, ist Rot-
    Grün überhaupt nicht gekommen. Der Gesetzentwurf
    enthält hierzu kein Wort. Erst wir haben dieses Problem
    thematisiert und einen entsprechenden Entwurf für einen
    neuen Straftatbestand vorgelegt.

    Bis heute nicht umgesetzt sind zwei EU-Antidiskri-
    minierungsrichtlinien, weswegen die Europäische
    Kommission inzwischen ein Vertragsverletzungsverfah-
    ren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet
    hat.


    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Noch eines! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Abgründe tun sich hier auf!)


    Die Biopatentrichtlinie haben Sie, verehrte Frau Mi-
    nisterin, vorher ja schon angesprochen. Das ist auch ein
    Thema, das uns offensichtlich Jahr für Jahr begleitet und
    nicht vom Tisch kommt.


    (Otto Fricke [FDP]: Also, Sie wollen das jetzt umsetzen?)


    – Was die Antidiskriminierungsrichtlinie angeht, Herr
    Kollege, ist meine Begeisterung durchaus begrenzt,


    (Otto Fricke [FDP]: Aber umsetzen wollen Sie sie schon?)


    aber wir wollen natürlich ein ordnungsgemäßes Verfah-
    ren haben.

    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein-
    mal auf den Europäischen Haftbefehl zu sprechen






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Wolfgang Götzer

    kommen, den ja auch Sie, Frau Justizministerin, erwähnt
    haben. Wir haben uns einer Harmonisierung letztlich
    nicht verschlossen und deshalb dem Gesetzentwurf im
    Ergebnis zugestimmt. Die Bedenken sind bereits geäu-
    ßert worden, ich brauche sie nicht mehr zu erwähnen.
    Ich habe dieses Thema nicht deswegen angesprochen
    und auch nicht wegen der verspäteten Umsetzung, son-
    dern um auf die grundsätzliche Problematik im Zusam-
    menhang mit den aus Brüssel kommenden Richtlinien
    und Rahmenbeschlüssen hinzuweisen: Ich halte diesen
    Bereich für höchst unbefriedigend und dringend lö-
    sungsbedürftig. Die Bundesregierung schenkt meines
    Erachtens den aus Brüssel kommenden Vorgaben zu we-
    nig und zu spät Beachtung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie versäumt es, rechtzeitig – das heißt: im Vorfeld – auf
    die geplanten Vorhaben Einfluss zu nehmen und die
    deutschen Interessen auch in der Rechtspolitik nachhal-
    tig zu vertreten.

    Auf der parlamentarischen Ebene ist darüber hinaus
    festzustellen: Für uns Abgeordnete – ich glaube, das
    empfinden alle, die damit befasst sind – besteht vor al-
    lem und zuerst nach wie vor ein Informationsdefizit. Da-
    ran hat auch die Einsetzung des Unterausschusses Euro-
    parecht vor vielen Jahren nichts Wesentliches geändert.
    Nach wie vor erfahren wir häufig zu spät von Brüsseler
    Initiativen, um noch ausreichend diskutieren und ange-
    messen handeln zu können. Was hier dringend Not tut,
    ist eine Art Frühwarnsystem, um rechtzeitig agieren zu
    können.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unverzichtbar ist in diesem Zusammenhang auch

    eine frühzeitige Unterrichtung der parlamentarischen
    Gremien durch die Bundesregierung, Frau Ministerin.


    (Brigitte Zypries, Bundesministerin: Erfolgt!)

    – Das ist gut, wenn es denn so ist. Vielleicht sind wir
    noch unterschiedlicher Auffassung, was „frühzeitig“ und
    „umfassend“ angeht. Ich denke, hier lässt sich noch das
    eine oder andere verbessern. Wir nehmen jedenfalls zur
    Kenntnis, dass das Problem bereits erkannt ist.

    Notwendig ist aber auch eine bessere Informationspo-
    litik der EU-Organe und es ist höchste Zeit für ein eige-
    nes Büro des Deutschen Bundestages in Brüssel.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Neben dem Informationsdefizit haben wir weiter ein

    Umsetzungsdefizit. Beispiele auch aus dieser Legislatur-
    periode habe ich bereits genannt. Auch hierfür müssen
    Vorkehrungen getroffen und Instrumentarien eingeführt
    werden, um die Zeitpläne einzuhalten. Die Bundesregie-
    rung müsste sich beispielsweise verpflichten, dem Deut-
    schen Bundestag spätestens zwölf Monate vor Ablauf
    der Umsetzungsfrist einen Gesetzentwurf vorzulegen. Es
    kann doch nicht sein, dass Deutschland bei der Umset-
    zung von Richtlinien in der EU – vor der Erweiterung –
    den zwölften Platz einnimmt. Ich will von diesem Vor-
    wurf übrigens frühere Bundesregierungen keineswegs
    ausnehmen.

    (Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Länder?)


    Aber nur, weil es in diesem Punkt eine offensichtlich
    langjährige Verhaltenskontinuität von Bundesregierun-
    gen unterschiedlicher Zusammensetzung gibt, sollten
    wir es trotzdem nicht einfach so hinnehmen und dabei
    belassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hier besteht dringender Bedarf, gemeinsam nach Lö-

    sungswegen aus dieser Situation zu suchen. Das Ar-
    beitsprogramm der Kommission für 2005, das für die
    Mitgliedstaaten wieder umfangreiche Änderungen ge-
    rade im Bereich des Zivilrechts und auch des Strafrechts
    vorsieht, wäre ein geeignetes Betätigungsfeld dafür. Wir
    bieten Ihnen unsere Zusammenarbeit dabei ausdrücklich
    an.

    So weit eine kurze Zwischenbilanz der Rechtspolitik
    dieser Bundesregierung aus Sicht der Union in dieser
    ersten Lesung. Die zweite und dritte Lesung des Haus-
    halts wird Gelegenheit bieten, weitere Felder anzuspre-
    chen. Bis dahin könnten Sie, sehr verehrte Frau Ministe-
    rin, und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der
    Regierungskoalition, die Zeit schon einmal sinnvoll nut-
    zen und über Verbesserungen bei Ihrer Arbeit nachden-
    ken. Eine gute Gelegenheit – ich möchte fast sagen: eine
    Pflichtveranstaltung – ist der 65. Deutsche Juristentag,
    der in der übernächsten Woche in Bonn stattfindet und
    sich bekanntlich dem Thema widmet: „Was ist gute Ge-
    setzgebung?“ Ich denke, dort können Sie eine Menge
    lernen.

    Ich bedanke mich.

    (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Pflichtteil nahme für die Regierung!)


    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jerzy Montag.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jerzy Montag


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

    ginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Götzer, wir
    diskutieren am Abend über den Justizhaushalt. Aber
    schauen Sie auf die Ränge! Bürgerinnen und Bürger sind
    noch da. So schlecht ist die Zeit für unsere Debatte nicht.
    Wir werden draußen gehört.


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Nur nicht verstanden! – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Die Pressetribüne ist leer!)


    Die Besetzung der Fraktionen ist vielleicht nicht gar so
    gut. Ich aber freue mich, dass in unserer Fraktion sogar
    eine Außenpolitikerin zu uns Rechtspolitikern gefunden
    hat und dass Marianne Tritz bei uns ist während dieser
    Debatte. Danke schön.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich halte meine dritte Rede zum Haushalt und stelle

    folgende Zahlen fest: Der Bundesjustizhaushalt – ich






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jerzy Montag

    nehme den Haushalt des Bundesverfassungsgerichts
    hinzu – hat ein Volumen von 355 Millionen Euro. Im
    Vergleich zum Gesamthaushalt von 255 Milliarden Euro
    befinden wir uns hier im Bereich von 0,13 Promille. Wir
    haben Ausgaben in Höhe von 338 Millionen Euro und
    Einnahmen in Höhe von 322 Millionen Euro. Damit
    werden die Ausgaben zu 95 Prozent von innen heraus
    gedeckt. Bei einem solchen Haushaltsansatz brauchen
    wir in der zweiten und dritten Lesung an einzelnen
    Punkten nicht mehr groß herumzukritteln. Bei einem
    solchen Haushaltsansatz ist es richtig, dem Bundesjus-
    tizministerium Anerkennung und Dank für diese Haus-
    haltsführung auszusprechen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    So klein der Haushalt auch ist, so wichtig ist das für
    unser Land, was mit diesem Haushalt finanziert wird.
    Vom Bundespatentgericht und dem Deutschen Patent-
    und Markenamt bis zum Bundesverfassungsgericht leis-
    ten die Institutionen ganz hervorragende Arbeit. Ich will,
    ohne die anderen hintanzustellen, ganz besonders die
    Bundesgerichte erwähnen. Sie praktizieren den Rechts-
    staat, den die Verfassung und wir, das Parlament, mit un-
    serer Arbeit vorgeben.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie ersetzen das Parlament manchmal!)


    Von der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
    gerichts, gerade der aus dem letzten Jahr, will ich ganz
    gerne aus aktuellem Anlass das Urteil zur akustischen
    Wohnraumüberwachung hervorheben. Dieses Urteil war
    mutig, weil es scheinbar und vordergründig den Straf-
    verfolgern Steine in den Weg gelegt hat;


    (Otto Fricke [FDP]: Aber nur vordergründig!)

    es war unbequem, weil für uns Parlamentarier eine ver-
    fassungsgemäße Regelung der akustischen Wohnraum-
    überwachung sicherlich nicht einfacher geworden ist.
    Aber mit diesem Urteil war das Bundesverfassungsge-
    richt ganz unbestechlich auf der Seite der Bürgerinnen
    und Bürger und ihrer in ihrem Kern unantastbaren
    Grund- und Menschenrechte. Ich finde, dass dieses Ur-
    teil – wie auch die Urteile des Bundesgerichtshofes zu
    den Terroristenverfahren in Hamburg – beweist, dass der
    Rechtsstaat bei den Institutionen, die mit den Mitteln
    dieses Haushalts bezahlt werden, in den besten Händen
    ist. Zu sparen, meine Damen und Herren von der Oppo-
    sition, gibt es bei einem Haushalt von 0,13 Promille
    nichts.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Das Geld, das wir haben, brauchen wir für eine solide
    Finanzierung und, so weit es nur möglich ist – davon bin
    ich überzeugt –, für einen Aufwuchs im Justizbereich.
    Ich will einen Gedanken aus meiner letzten Haushalts-
    rede aufgreifen und sagen: Dank und Anerkennung an
    die Institutionen der Bundesgerichte und anderer im Be-
    reich des Justizministeriums ist das eine; wir müssen
    aber für Geld, für Personal und für eine moderne Aus-
    stattung auf diesem Gebiet sorgen, damit der Rechts-
    schutz für die Bürgerinnen und Bürger sehr nah und ef-
    fektiv vollzogen werden kann. Gerade durch die
    Institutionen im Bereich des Justizhaushalts – ich greife
    gerne das auf, was Sie, Herr Kollege Götzer, gesagt ha-
    ben – wird die Arbeit geleistet, mit der wir uns in den eu-
    ropäischen Einigungsprozess einbringen. Deswegen ist
    es wichtig, dass wir auch in diesen Bereichen nicht nach-
    lassen, dafür zu sorgen, dass das Geld vorhanden ist, da-
    mit die Qualität stimmt, mit der Rechtsstaat und Rechts-
    staatlichkeit in Deutschland ausgestattet sind.

    Ich denke, man kann nicht den Bundesgerichten ein
    Lob aussprechen, ohne gleichzeitig über die aktuelle De-
    batte zur möglichen Zusammenlegung der Fachge-
    richtsbarkeiten zu diskutieren. Es gibt dazu die ver-
    schiedensten Modelle und Zielvorgaben. Ich glaube,
    eines ist für meine Fraktion bzw. die rot-grüne Koalition
    klar: Es darf keine Zusammenlegung von Fachgerichten
    geben, bei der die Unabhängigkeit der Richter angetastet
    und in Mitleidenschaft gezogen wird.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das fängt bei der Versetzbarkeit an. Die Versetzbar-
    keit wird zur Verschiebbarkeit. Das ist der Anfang vom
    Ende jeglicher Unabhängigkeit der Richter. Deswegen
    meinen wir, dass der Einsatz der Richter in ihren konkre-
    ten Arbeitsfeldern nicht in die Hände der Politik gehört,
    sondern der Präsidien der Gerichte selber. In diesem
    Rahmen bewegt sich auch unser Vorschlag zur so ge-
    nannten Zusammenlegung der Sozial- und Verwaltungs-
    gerichtsbarkeit: beide Gerichtsbarkeiten unter ein ge-
    meinsames Dach mit einem gemeinsamen Präsidium zu
    stellen.

    Ich will darauf hinweisen, dass die Fünfgliedrigkeit
    der Fachgerichtsbarkeit in Deutschland zwar im Grund-
    gesetz festgeschrieben ist; sie steht aber nicht unter einer
    Ewigkeitsgarantie. Deswegen meine ich, dass wir sehr
    wohl eine Diskussion darüber führen müssen, welche
    Verbesserungen zu erwarten sind und welche Einbußen
    wir dem gegenüberstellen müssen.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich hoffe, dass wir gemeinsam – wir brauchen eine ge-
    meinsame Abstimmung des Bundestages dafür – zu ei-
    ner Lösung finden können, die in die Zukunft weist,
    sachgerecht ist und die Rechtsstaatlichkeit in Deutsch-
    land aufrechterhält.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Dann bringen Sie es doch wenigstens einmal unter das Dach eines Ministeriums!)


    Alles zusammen genommen ist meine Zwischenbi-
    lanz: Die rot-grüne Rechtspolitik – Frau Bundesministe-
    rin Zypries hat Bilanz und Ausblick vor Ihnen ausgebrei-
    tet – ist voll in Fahrt.


    (Lachen bei der CDU/CSU)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Jerzy Montag

    Sie beschweren sich, dass wir Ihnen jetzt zu viele Ge-
    setzentwürfe vorlegen, meine Damen und Herren von
    der Opposition.


    (Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

    Während es Ihnen vor einem Jahr zu wenige waren,
    müssen Sie jetzt schwitzen und nacharbeiten, um das,
    was wir Ihnen zur Bearbeitung vorlegen, zumindest zu
    lesen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Außer Ihnen schwitzt hier keiner!)


    Ich hatte im Rahmen der Haushaltsdebatte über diese
    Frage einen Disput mit dem werten Kollegen Fricke von
    der FDP. Wir haben uns über die Frage des Jugendstraf-
    vollzuggesetzes unterhalten.


    (Otto Fricke [FDP]: Stimmt!)

    Seit April liegt Ihnen ein Gesetzentwurf vor.


    (Otto Fricke [FDP]: Immerhin!)

    Dazu haben wir noch nichts gehört. Dabei handelt es
    sich um den ersten Gesetzentwurf zu diesem Thema seit
    vielen Jahren. Er stammt von uns, nicht von Ihnen. Sie
    werden sich aber damit auseinander setzen müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Das ist nicht der erste!)


    Zum Schluss will ich noch etwas zu der Frage ausfüh-
    ren, was wir in unserer Rechtspolitik von der Opposition
    übernehmen. Aus der Fülle der Beispiele, die sich dafür
    anbieten, will ich das Justizmodernisierungsgesetz he-
    rausgreifen. Wir haben in diesem Zusammenhang ver-
    nünftige Vorschläge unterbreitet, vernünftig und ruhig
    mit Ihnen diskutiert und Ihnen klar gemacht, dass Ihr
    Justizbeschleunigungsgesetz nicht praktikabel und sinn-
    voll ist. Daraufhin haben Sie Ihren Entwurf zurückgezo-
    gen und unser Justizmodernisierungsgesetz unterstützt.
    Wir haben es als „Erstes Justizmodernisierungsgesetz“
    bezeichnet und sind so zu einem Ergebnis gekommen.
    Eine solche Mitarbeit von Ihrer Seite wünsche ich mir
    auch für die zweite Hälfte.

    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Weil Sie an der ersten Hälfte gar nicht beteiligt waren!)