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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Das Wort hat die Kollegin Silke Stokar, Bündnis 90/

    Die Grünen.






    (A) (C)



    (B) (D)



    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

    Philipp, ich habe Ihren Ausführungen zum Thema Polizei
    sehr interessiert zugehört. Ich will Ihnen etwas aus Nie-
    dersachsen, dem Bundesland, aus dem ich komme, er-
    zählen.


    (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Erzählen sollen Sie mir nichts! Und wenn, dann aus Nordrhein-Westfalen!)


    Ihr Innenminister Schünemann ist gerade dabei, die Ver-
    besserungen, die mit Rot-Grün begonnen haben und von
    der SPD fortgesetzt wurden,


    (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Er hat mehr Polizeibeamte eingestellt!)


    zum Beispiel die Einführung der zweigeteilten Laufbahn
    für die Polizei, rückgängig zu machen und die hohen
    Ausbildungsstandards wieder abzusenken.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)

    Zu Recht sagt die Polizei in Niedersachsen: Wir wollen
    keine bayerischen Verhältnisse.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So sind die CDU-Leute in Niedersachsen!)


    Angesichts dessen sollten Sie zuerst in Ihren eigenen Zu-
    ständigkeitsbereich schauen, bevor Sie auf diese Art und
    Weise die Innenpolitik der Bundesregierung angreifen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beatrix Philipp [CDU/ CSU]: Sie sollen mir etwas aus NordrheinWestfalen erzählen!)


    Ich kann und will keine Worte der Beschreibung des
    Terroranschlags in Beslan finden. Ich habe einfach nur
    gesehen, bis heute aber nicht begriffen und realisiert,
    dass Menschen in der Lage sind, Kinder zu erschießen
    bzw. ihnen in den Kopf oder Rücken zu schießen. Mir ist
    erneut klar geworden, dass dieser Terrorismus Hemm-
    schwellen überschreitet und dass wir große Schwierig-
    keiten haben, damit umzugehen.

    Es reicht mir nicht, erneut auszudrücken, wie betrof-
    fen und entsetzt wir sind. Zwar teile ich die Gefähr-
    dungsanalyse, die der Bundesinnenminister hier darge-
    stellt hat.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist schon sehr viel für Sie! – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Erzählen Sie das Herrn Beck!)


    Weil ich allerdings glaube, dass dieser Ansatz falsch ist,
    möchte ich davor warnen, dass wir in Deutschland jetzt
    darüber diskutieren, wie nah oder fern dieser Terroris-
    mus unserem Land ist.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Es ist unsere Pflicht, darüber zu diskutieren!)


    – Sie haben mit dieser Diskussion begonnen.
    Die Zivilbevölkerung jedes Landes ist von diesem

    Terrorismus betroffen und bedroht. Es ist unsere Auf-
    gabe, auf nationaler und internationaler Ebene alle An-
    strengungen zu unternehmen, um diesem Terror ein
    Ende zu setzen. Mich hat – auch das möchte ich zu Be-
    ginn meiner Rede sagen – die kulturelle Geschlossenheit
    beeindruckt, mit der in Frankreich auf die Entführung
    der französischen Journalisten reagiert wurde. Diese ge-
    sellschaftliche Geschlossenheit, dieses Zusammenspiel
    und diese Unterstützung in der Auseinandersetzung mit
    dem Terrorismus wünsche ich mir auch bei uns.

    Es ist zu Recht gesagt worden, dass beim Einsatz der
    Mittel Prioritäten gesetzt werden müssen. Ich möchte
    jetzt nicht nur über die Prioritäten innerhalb des Einzel-
    plans 06 reden; denn ich denke, dass sich auch interna-
    tional die Erkenntnis durchgesetzt hat – das geht auch
    aus dem 9/11-Bericht aus den USA hervor –, dass es für
    eine Lösung mit polizeilichen und militärischen Mitteln
    Grenzen gibt.

    Deswegen ist eine meiner Forderungen an einen rot-
    grünen Bundeshaushalt, genau darauf zu achten, mit
    welchen Mitteln der Repression und des Militärs, aber
    eben auch mit welchen Mitteln der Außenpolitik wir die-
    sem Terrorismus begegnen. Für mich ist dabei ein sehr
    wichtiger Punkt, dass der Bundeskanzler öffentlich zuge-
    sagt hat, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit
    und humanitäre Hilfe bis 2006 auf mindestens
    0,33 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
    Diese Zusage müssen wir auch konkret im Haushalt wie-
    derfinden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wir Grüne – das kann ich

    hier nur anreißen – treten für ein umfassendes und nach-
    haltiges Sicherheitskonzept ein. Wir gehen davon aus,
    dass wir in Europa nur dann in einem Raum der Freiheit
    und Sicherheit leben können, wenn wir auch den Men-
    schen in den Armutsregionen eine Lebensperspektive
    – in einigen Teilen der Welt spricht man sogar von einer
    Überlebensperspektive – geben. Ich glaube, dass ein sol-
    cher Gesamtansatz im Bereich der Sicherheit noch stär-
    ker herausgestellt werden muss.

    Der Herr Innenminister hat hier die Sommerdiskus-
    sion über die Einrichtung von Flüchtlingslagern in
    Nordafrika angesprochen. Ich möchte nur sehr kurz
    darauf eingehen, jedoch aus Sicht meiner Fraktion dazu
    zwei Dinge sagen: Ja, wir tragen Verantwortung dafür,
    dass Tausende Menschen auf der Flucht nach Europa im
    Mittelmeer ertrinken. Ich habe keine Lösung für dieses
    Problem, aber wir tragen hier eine europäische Verant-
    wortung und können nicht wegschauen, wenn diese
    Menschen vor unseren Küsten, vor unseren Grenzen er-
    trinken. Wir werden hier über Konzepte reden müssen.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist aber sehr vage!)


    Auch der andere Punkt ist aus Sicht meiner Fraktion
    ganz klar und eindeutig: In Europa wird Flüchtlingen ein
    Mindestmaß an Schutz gewährt und wir sind an die Stan-
    dards des internationalen Völkerrechts gebunden, was
    wir auch sein wollen.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wer stellt das infrage?)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Silke Stokar von Neuforn

    Unter diesen Rahmenbedingungen sind wir offen für In-
    formation.

    Ich möchte in der Kürze der Redezeit auf ein paar an-
    dere Punkte des Haushaltes oder Punkte, die mit diesem
    Haushalt im Zusammenhang stehen, eingehen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So genau wollten wir es eigentlich nicht wissen!)


    Wir wollen mehr Transparenz in der öffentlichen Verwal-
    tung. Deswegen werden wir in Kürze ein Informations-
    freiheitsgesetz schaffen.


    (Dr. Max Stadler [FDP]: Lange gedauert!)

    – Ja, es hat sechs Jahre gedauert, dafür wird es jetzt rich-
    tig gut und darüber freue ich mich einfach. – Wir gehen
    davon aus, dass eine moderne öffentliche Verwaltung die
    Aktendeckel nicht zuklappt, sondern den Bürgerinnen
    und Bürgern den Zugang per Mausklick ermöglicht. Der
    Zugang zur Information soll grundsätzlich offen sein;
    das ist ein ganz neuer Weg. Dabei sollen schutzwürdige
    Belange natürlich gewahrt bleiben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich glaube, dass dieser Weg in eine offene und transpa-
    rente Verwaltung auch ein Beitrag für mehr und transpa-
    rentere Demokratie in unserem Lande ist.


    (Dr. Max Stadler [FDP]: Das erste Mal, dass Sie den USA etwas nachmachen!)


    Wir haben in den vergangenen Jahren auch den
    Datenschutz modernisiert und ausgebaut. Ich freue
    mich sehr darüber, dass der deutsche Datenschutz wieder
    eine Stimme in Europa hat.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber nicht sehr viel Durchschlagskraft und Einfluss!)


    Dies ist angesichts des unübersichtlich gewordenen In-
    formationsaustauschs auf europäischer und internationa-
    ler Ebene auch von großer Bedeutung. Die Bürgerinnen
    und Bürger sind durchaus bereit, im Interesse von mehr
    Sicherheit Daten bekannt zu geben. Aber die Bürgerin-
    nen und Bürger wollen auch wissen, was mit diesen Da-
    ten geschieht. Sie wollen sich auf eine vernünftige Da-
    tenschutzkontrolle verlassen können und sie wollen
    Rechtssicherheit.

    Ich will gar nicht verhehlen, dass ich es in diesem Zu-
    sammenhang sehr begrüßt habe, dass das CAPPS-II-
    System in Amerika gescheitert ist – auch am Widerstand
    dortiger Bürgerrechtler und Datenschützer – und dass
    der geplante ausufernde Datenaustausch und Datenver-
    bund jetzt erst einmal nicht realisiert werden kann. Im
    Bereich Datenschutz wollen wir das Datenschutzaudit-
    gesetz sowie die überfällige Reform des Bundesdaten-
    schutzgesetzes auf den Weg bringen.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Von Sicherheit ist in Ihrer Rede wenig!)


    Meine Damen und Herren, ich möchte, da wir als Par-
    lament diejenigen sind, die in den Ausschussberatungen
    noch Einfluss auf den Haushalt nehmen werden, zwei
    Punkte ansprechen, die mir sehr wichtig sind: Rot-Grün
    steht dafür, die Zivilgesellschaft zu stärken. Ich kann es
    daher nicht mittragen, dass in diesem Haushalt die An-
    sätze für Projekte gegen rechte Gewalt, die Ansätze im
    Bereich „Bündnis für Demokratie und Toleranz“, die
    Ansätze im Bereich der politischen Bildung und auch die
    Ansätze zu Integrationsmaßnahmen, die nicht zum Zu-
    wanderungsgesetz gehören, in hohem Maße gekürzt
    werden sollen. Ich kündige hier meinen Kolleginnen und
    Kollegen von der SPD-Fraktion Verhandlungs- und Be-
    ratungsgespräche an.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Oh, jetzt aber! Zieht euch warm an! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ich fürchte mich, wer hilft mir?)


    Angesichts der Wahlerfolge der NPD, die für mich in
    erster Linie immer eine politische Herausforderung ge-
    wesen sind, wäre es kurzsichtig, die Mittel in diesem Be-
    reich der zivilgesellschaftlichen Prävention zu streichen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Jetzt sollten Sie aber auch einmal Herrn Schily loben! Das erwartet man von Ihnen!)


    Wir stellten uns auch unserer Verantwortung für die
    deutsche Geschichte. Dazu gehört auch die Aufarbei-
    tung der SED-Diktatur. Für meine Person möchte ich sa-
    gen: Die Stiftung zur Aufarbeitung der SPD – –


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun muss aber gut sein! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ein bisschen Schuld ist immer!)


    – Ich bitte um Entschuldigung. – Die Stiftung zur Aufar-
    beitung der SED-Diktatur findet unsere Unterstützung
    genauso wie die Arbeit der Birthler-Behörde. Wir treten
    auch künftig dafür ein, dass die Behörde, wie im Gesetz
    vorgesehen, dezentral arbeiten kann.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sind Sie jetzt gegen die Kürzungen für die Stiftung?)


    Das heißt konkret: Wir wollen das Außenstellenkonzept
    sichern. Ich denke, ich habe die Ansätze hier sehr deut-
    lich gemacht. In dem einen oder anderen Punkt können
    Sie mich ja durchaus unterstützen.

    Zur Stiftung für ehemalige politische Häftlinge will
    ich ganz deutlich sagen: Ich weiß, dass ich mir hier mit
    meinem Koalitionspartner noch nicht einig bin.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na!)

    Ich habe hier mehrfach gesagt, dass der Zeitpunkt für
    eine Auflösung dieser Stiftung noch nicht gekommen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört! Sehr gut!)


    Ich stehe dazu mit meinem Wort. Die Verhandlungen
    werden ergeben, ob ich das durchhalte. Wir haben die
    Gültigkeit des Gesetzes bezüglich dieser Stiftung bis
    2007 verlängert. Ich verfolge den Ansatz, die Entschädi-
    gung für die Opfer des SED-Regimes in kleinen






    (A) (C)



    (B) (D)


    Silke Stokar von Neuforn

    Schritten zu verbessern. Etwas anderes können wir nicht
    und habe ich auch nie zugesagt.


    (Beifall des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU] – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Ich bin ja gespannt, ob Sie unsere Anträge im Ausschuss unterstützen werden!)


    Meine Damen und Herren, ich wünsche mir muntere
    Beratungen im Innenausschuss. Ich denke, wir haben
    eine Reihe von Dingen zu diskutieren.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir sind sehr gespannt, wie Sie sich im Ausschuss verhalten werden!)


    Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Wir,
    die Fraktionen, haben die Hoheit über diesen Haushalt.
    Ich gehe davon aus, dass der eingebrachte Haushaltsge-
    setzentwurf von uns gemäß unserer Prioritätensetzung
    weiter gestaltet wird.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Max Stadler von

der FDP-Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Stadler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Nach der aus unserer Sicht erfreulichen Zusammen-
    arbeit beim Zuwanderungsgesetz hat die FDP-Fraktion
    heute erneut Anlass, dem Bundesinnenminister Aner-
    kennung zu zollen, und zwar aus folgendem Grund:


    (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Keine Anbiederung! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber nicht auf der Schleimspur ausrutschen!)


    In der nächsten Woche, am 17. September 2004, wird
    Otto Schily im Hotel Adlon in Berlin mit einem Preis
    ausgezeichnet, der seine besonderen Verdienste bei der
    Pflege der transatlantischen Beziehungen würdigt. Wir
    finden es wichtig und richtig, dass es in dieser Bundesre-
    gierung wenigstens einen Minister gibt, der die guten
    Beziehungen zu den USA pflegt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Minister, das müssen Sie zurückweisen!)


    Ich erwähne dies aber auch noch aus einem anderen
    Grund: Die Laudatio wird der amerikanische Minister
    für Heimatschutz, Tom Ridge, halten. Herr Minister, das
    gibt mir den Anlass dafür, zu erwähnen, dass wir als
    Bundesrepublik Deutschland natürlich unsere eigenen
    rechtsstaatlichen Traditionen zu bewahren haben. Das
    ist für uns das Kernthema der Innenpolitik im Jahre
    2004.


    (Beifall bei der FDP)

    Wie gelingt es uns, angesichts der von Ihnen beschriebe-
    nen Bedrohung unserer Sicherheit alles zu tun, um die
    Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu wahren,
    zugleich aber trotzdem auch den freiheitlichen Gehalt
    des Grundgesetzes und die klassische Rechtsstaatlichkeit
    zu bewahren? Das ist das Kernthema.


    (Beifall bei der FDP)

    Über die Differenzen, die wir an manchen Stellen mit

    den amerikanischen Freunden haben, will ich nicht zu
    lange reden. An dem einen Thema, dem sich mein Kol-
    lege Ernst Burgbacher sehr stark angenommen hat, näm-
    lich der Übermittlung von Fluggastdaten,


    (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Immer noch?)

    lässt sich dieser Grundkonflikt aber sehr deutlich aufzei-
    gen, Frau Kollegin Philipp. Es geht darum, einerseits zu
    akzeptieren, dass die Amerikaner bestimmte Sicherheits-
    bedürfnisse haben, andererseits aber auch deutlich zu
    machen, dass für uns bei der Übermittlung an persönli-
    chen Daten vieles zu weit geht.


    (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was geht denn zu weit? Beispiele!)


    Ich erwähne dies auch noch aus einem anderen
    Grund. Frau Kollegin Stokar von den Grünen hat uns
    schon in Verwirrung gestürzt.


    (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu sind wir da!)


    Daniel Cohn-Bendit hat dies im Europawahlkampf zu ei-
    nem seiner Hauptthemen gemacht.


    (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich habe ihn unterstützt!)


    Als wir aber im Bundestag vorgeschlagen haben, dass
    sich die Bundesrepublik Deutschland in der Europäi-
    schen Union gegen die überzogene Übermittlung von
    Passagierdaten wenden solle, haben die Grünen gegen
    unseren Antrag gestimmt. Das müssen Sie einmal erklä-
    ren, Frau Stokar.


    (Beifall bei der FDP)

    Selbstverständlich haben auch wir unsere Sicherheits-

    interessen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Poli-
    zei, Konrad Freiberg, hat in letzter Zeit zu Recht auf ei-
    nige Punkte hingewiesen. Es ist nicht verständlich, dass
    zu einer Zeit, in der alle von einer wachsenden Bedro-
    hung sprechen, die Polizeidichte, also das Verhältnis der
    Polizeibeamten zur Anzahl der Bürgerinnen und Bürger,
    sinkt statt steigt, und zwar auch in Bundesländern wie
    Bayern und Nordrhein-Westfalen.


    (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber nicht in Niedersachsen!)


    Damit sehen wir uns vonseiten eines erfahrenen Prakti-
    kers und Gewerkschafters in unserer Grundposition be-
    stätigt: Die Hauptsache bei der Gewährleistung der inne-
    ren Sicherheit ist ausreichend Personal, modernste
    Technik – Stichwort Digitalfunk – und natürlich genü-
    gende Finanzen für die Polizei und die sonstigen Sicher-
    heitsbehörden.

    Dies allein ist aber nicht das Thema. Herr Minister, es
    ist keine Frage des Feuilletons, darüber nachzudenken,






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Max Stadler

    ob nicht doch manche Vorschläge der letzten Zeit mit er-
    schreckender Leichtigkeit von Grundrechtstraditionen
    abweichen, die wir in Deutschland 50 Jahre lang ge-
    pflegt haben.


    (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wo? Welche denn?)


    Ich nenne einige Beispiele: Das Bundesverfassungs-
    gericht hat eine Entscheidung zum großen Lausch-
    angriff getroffen. Demnach steht die Neuregelung die-
    ses Instruments an. Übrigens wird es interessant sein,
    wie die Grünen im Bundestag abstimmen werden, aber
    das sei nur am Rande bemerkt.


    (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Natürlich zustimmen!)


    Von Ihrer Kollegin Brigitte Zypries von der Bundes-
    regierung kommt als Erstes ein Entwurf, der einen Kern-
    punkt dieses Themas, nämlich die Sicherung der Berufs-
    geheimnisse von Anwälten, Ärzten und auch von
    Journalisten im Verhältnis zu ihren Informanten, in völ-
    lig unzureichender Weise regelt. Es gibt zu denken,
    wenn das die Reaktion der Bundesregierung auf eine
    Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist.

    Wir erleben auch in den Ländern, dass im polizeili-
    chen Bereich die klassische Vorgehensweise, an eine
    konkret begangene Straftat Verfolgungsmaßnahmen an-
    zuknüpfen oder bei konkret bestehenden Verdachtsmo-
    menten einzugreifen, immer mehr in Vergessenheit gerät
    und man stattdessen in die so genannten Vorfeldermitt-
    lungen mit der Folge hineinrutscht, dass polizeiliches
    Eingreifen gar nicht mehr richtig abgrenzbar ist. Dazu
    gehört für mich zum Beispiel die präventive Telefon-
    kontrolle, wie wir sie jetzt aus einigen Bundesländern
    kennen lernen. Es handelt sich dabei um eine Telefon-
    kontrolle, wenn jemand noch gar keine Straftat began-
    gen hat, sondern sie möglicherweise begehen wird. Mein
    Kollege Jörg van Essen bemüht sich immer, das Aus-
    ufern der Telefonüberwachung in Deutschland mit seinen
    Anträgen zu beschneiden. Stattdessen erfahren wir aus
    den Bundesländern, dass es eine gegenteilige Tendenz
    gibt.

    Ich nenne ein nächstes Beispiel, das zeigt, dass Politik
    – das wissen wir alle – natürlich ein Kampf um die Be-
    griffe ist. Der Bundesinnenminister hat im Laufe der Zu-
    wanderungsdebatte die so genannte Sicherungshaft vor-
    geschlagen, sie aber zu Recht gegen unseren, aber auch
    gegen den Widerstand anderer, nicht durchsetzen kön-
    nen.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber er sagt, es bleibt auf der Tagesordnung!)


    – Ich will Sie gerade zitieren, lieber Herr Kollege
    Koschyk. Nun hat der Kollege Koschyk dafür eine neue
    Begrifflichkeit gefunden. Herr Koschyk spricht jetzt
    vom „polizeilichen Abwehrgewahrsam für Topgefähr-
    der“.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Guter Begriff!)

    Das ist sehr geschickt formuliert, Herr Kollege Koschyk;
    denn jeder möchte sich gegen Topgefährder schützen.
    Dass die Polizei hier Abwehrmaßnahmen ergreifen soll,
    ist vermutlich ebenso unstreitig. Gewahrsam hört sich
    auch ein wenig schonender an als Sicherungshaft. Aber
    in beiden Fällen wird vorgeschlagen, Personen für län-
    gere Zeit, für ein, zwei Jahre, zu inhaftieren.


    (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wer sagt das: ein, zwei Jahre?)


    – Das ist in Ihren eigenen Vorschlägen enthalten. Es geht
    darum, Personen, denen man nichts nachweisen konnte,
    was zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hätte,
    für längere Zeit zu inhaftieren. Auch in Zeiten der von
    uns ernst genommenen Bedrohung muss man doch da-
    rüber nachdenken, ob das der richtige Weg ist. Wir glau-
    ben, dass er das nicht ist.


    (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, es kommt noch schlim-
    mer. Mit den Beispielen, die ich Ihnen nenne, will ich
    versuchen, Nachdenklichkeit zu erzeugen. Es ist eigent-
    lich egal, ob sie von der einen oder der anderen Seite
    kommen.

    Das nächste Beispiel stammt aus einem Antrag der
    CDU/CSU, der hier im Bundestag gestellt worden ist.
    Darin insinuieren Sie, dass die Bundesrepublik Deutsch-
    land sich notfalls aus der Europäischen Menschen-
    rechtskonvention verabschieden soll. Es geht um Ihren
    Antrag auf der Drucksache 15/1239 mit dem Ziel, Ab-
    schiebungen zu erleichtern.

    Wir wissen alle, dass es manchmal durchaus schwer
    fällt, Abschiebungsschutz zu gewähren, weil Todesstrafe
    oder Folter drohen. Aber es gehört zu einem Rechtsstaat,
    sich zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu be-
    kennen.


    (Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)