Rede:
ID1512107200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. jetzt: 1
    5. der: 1
    6. Kollege: 1
    7. Daniel: 1
    8. Bahr: 1
    9. von: 1
    10. derFDP-Fraktion.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
  • folderAnlagen
    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Birgitt Bender


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Natürlich ist das in der Konstruktion ein Unterschied.

    Viele Menschen, durch tarifliche Regelungen angeregt,
    entscheiden sich für die Entgeltumwandlung. Aber wenn
    man von Eigenvorsorge und Eigenverantwortung
    spricht, gleichzeitig jedoch die Eigenverantwortung per
    Entgeltumwandlung für alle verpflichtend machen will,
    halte ich das für einen Widerspruch in sich. Dieses Pro-
    blem haben Sie nicht gelöst.

    Ich schaue mir einmal an, was zurzeit vorliegt. Da
    gibt es zum Beispiel die Organisationsreform in der Ren-
    tenversicherung. Es hat zwar lange gedauert, bis man
    sich mit den Ländern geeinigt hat, aber immerhin ist das
    jetzt der Fall. Wir werden gemeinsam eine Reform auf
    den Weg bringen, die Verwaltungsvereinfachungen er-
    möglicht und hilft, 350 Millionen Euro im Jahr einzu-
    sparen. Auch das sollte man einmal im Auge behalten.

    Schauen wir uns einmal die Nachbesserungen beim
    Preissystem für die Krankenhäuser an. Dass Sie dazu ei-
    nen eigenen Antrag vorlegen, ist okay. Aber die Diffe-
    renzen sind doch nicht unüberbrückbar. Wir sind uns je-
    denfalls einig, dass durch das Fallpauschalensystem in
    den Krankenhäusern erstmals das Leistungsgeschehen
    transparent wird, Preisvergleiche möglich werden und
    damit auch die Qualität und Wirtschaftlichkeit in den
    Krankenhäusern steigt. Das ist uns ein gemeinsames An-
    liegen.

    Oder nehmen wir die Pflege. Den großen Wurf, die
    große Strukturreform, von der wir alle wissen, dass sie
    notwendig ist, legen auch Sie nicht vor.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wer regiert denn eigentlich? – Gegenruf des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das weiß Rot-Grün auch nicht!)


    Was die Umsetzung des Urteils zur Entlastung von Fa-
    milien angeht, so kann man sich über die Ausgestaltung
    streiten. Auch bei uns in der Koalition besteht noch Ge-
    sprächsbedarf. Sie aber halten uns auf der einen Seite
    entgegen, wie schrecklich es sei, manche Menschen stär-
    ker zu belasten, schlagen auf der anderen Seite jedoch
    selber vor, erst einmal einen erhöhten Beitrag von allen
    zu erheben und dann Eltern mit Kindern wieder etwas
    zurückzugeben, was ja letztlich auch nichts anderes be-
    deutet als eine Belastung aller, wobei ein Teil der Entlas-
    tungen von den Entlasteten selbst finanziert wird. Wis-
    sen Sie: So schrecklich überzeugend ist auch das nicht
    und vor allem in der Wirkung nicht so unterschiedlich.

    Bei den aktuellen Fragen liegen nicht unbedingt Wel-
    ten zwischen Rot-Grün auf der einen Seite und der Op-
    position auf der anderen Seite.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sind Galaxien!)

    Anders sieht es allerdings bei den längerfristigen Re-
    formoptionen aus. Da sind wir manchmal Horst
    Seehofer näher als der Union insgesamt. Immerhin hat
    die Debatte um den Zahnersatz deutlich gemacht – das
    ist vielleicht das Verdienst dieser Debatte –, dass wir in
    der Gesundheitsversorgung zwei Systeme nebeneinan-
    der haben, die ganz unterschiedlich funktionieren, und in
    dem diejenigen, die gut verdienen, nur ihr privates Ri-
    siko absichern, sich der Solidarität legal entziehen und
    damit die Nachhaltigkeit der Finanzierung infrage stel-
    len.

    Deshalb werden wir über die Frage „Kopfgeld nach
    Frau Merkel oder Bürgerversicherung als eine Versiche-
    rung für alle mit Wettbewerb?“ noch heftig streiten müs-
    sen.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Welche Bürgerversicherung? Von welcher reden Sie?)


    Also: nicht kleinliche Streitereien, sondern Debatten
    über die Grundlinien der Sozialpolitik, das halten wir für
    wichtig und notwendig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Daniel Bahr von der

FDP-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Daniel Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Frau Ministerin Schmidt hat gerade gesagt, sie fordere
    eine Politik nach den Regeln der Mathematik. Bei den
    Annahmen, nach denen diese Bundesregierung Gesund-
    heits- und Sozialpolitik betreibt, frage ich mich, ob diese
    Regierung eigentlich noch nach den Regeln der Mathe-
    matik handelt. Bei der Tabaksteuererhöhung hatten Sie
    eine viel zu hohe Erwartung, die Beitragssätze, die Sie
    versprechen, sind viel zu niedrig, die Pauschale für den
    Zahnersatz haben Sie mit 6 Euro kalkuliert und erst ein
    Jahr später haben Sie festgestellt, dass auch das zu ge-
    ring ist. Meine Damen und Herren, diese Bundesregie-
    rung betreibt eine Politik gegen alle Regeln der Mathe-
    matik und deswegen beteiligt sich die FDP-Opposition
    nicht an dieser Politik.


    (Beifall bei der FDP)

    Betrachten wir einmal die Zahlen der Pflegeversiche-

    rung. Wir haben heute etwa 1,9 Millionen Pflegebedürf-
    tige und werden im Jahre 2030 vermutlich 3 Millionen
    Pflegebedürftige haben. Wir haben heute einen Beitrags-
    satz von 1,7 Prozent, im Jahre 2050 wird er im schlimms-
    ten Fall bei 6 Prozent liegen. Obwohl die Pflegeversiche-
    rung vor ein paar Monaten erst zehn Jahre alt geworden
    ist, erleben wir, dass die Probleme immer weiter steigen,
    weil die Leistungen nicht weiter angepasst werden. Die
    Zahl der Pflegebedürftigen, die auf Sozialhilfe angewie-
    sen sind, wird weiter steigen. Die Pflegeversicherung ist
    einmal eingeführt worden, um gerade das zu verhindern.

    Meine Damen und Herren, die Probleme in der Pfle-
    geversicherung werden weiter zunehmen. Seit 1999 jagt






    (A) (C)



    (B) (D)


    Daniel Bahr (Münster)


    ein Rekorddefizit das nächste. Vermutlich wird das Defi-
    zit in diesem Jahr erstmals 1 Milliarde Euro betragen,
    aber diese Regierung erkennt immer noch nicht, dass bei
    dieser Pflegeversicherung ein akuter Reformbedarf be-
    steht.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Dann können Sie sie ja gleich abschaffen und privatisieren!)


    Die Reform ist dringend nötig. Die Pflegeversicherung
    muss auf eine neue, solide finanzielle Basis gestellt wer-
    den, damit wir den Pflegekollaps verhindern und damit
    wir auch künftigen Pflegebedürftigen noch eine solide
    finanzierte Pflegeversorgung gewährleisten können.

    Meine Damen und Herren, es lohnt nicht, die Reform
    der Pflegeversicherung immer weiter aufzuschieben,
    nicht mit einem Basta des Kanzlers und nicht mit dem
    vorliegenden Gesetzentwurf, der die notwendige Reform
    nur in die Zukunft schieben will. Im Ergebnis ist Ihr Ge-
    setzentwurf, liebe rot-grüne Bundesregierung, doch
    nichts anderes als eine Beitragserhöhung für alle mit
    Ausnahme derjenigen, die Kinder erziehen, und der
    Rentnerinnen und Rentner. Sie wollen damit nur ein paar
    Jahre Zeit gewinnen und die Reform auf die Zeit nach
    der Wahl schieben, weil Sie selbst nicht mehr die Kraft
    für die Reform der Pflegeversicherung haben und das ei-
    ner anderen Bundesregierung überlassen wollen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Ich denke, Sie sind gegen Schnellschüsse!)


    Meine Damen und Herren, mit dem Gesetz, das Sie
    hier vorgelegt haben, setzen Sie doch gar nicht das Ur-
    teil des Verfassungsgerichts um. Dieses Gesetz ist
    nichts anderes als ein Kinderlosenbelastungsgesetz.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das Bundesverfassungsgericht, Frau Schmidt, hat

    – ich kann Ihnen nur vorschlagen, es einmal nachzu-
    lesen – in seinem Urteil betont – ich zitiere –: Die Rege-
    lung muss den Eltern während der Zeit zugute kommen,
    in der sie Kinder betreuen und erziehen. – Dann machen
    wir das doch genauso: Führen wir eine spürbare Entlas-
    tung derjenigen ein, die in der Zeit der Kindererziehung
    eine besondere Belastung zu schultern haben! Die FDP
    hat eine spürbare Entlastung von 150 Euro pro Jahr in
    den ersten drei Lebensjahren des Kindes vorgeschlagen,
    die über Steuermittel finanziert wird.


    (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Gegenfinanzierung?)


    Das ist finanziell für den Haushalt zu schultern. Es kos-
    tet im ersten Jahr 100 Millionen Euro.

    Schon im letzten Haushaltsjahr haben wir genug Ge-
    genvorschläge für Einsparungen gemacht und die FDP
    wird auch bei den kommenden Haushaltsberatungen
    wieder Einsparvorschläge machen, anders als andere
    Oppositionsparteien. Warten Sie auf die Haushaltsbera-
    tungen!

    (Peter Dreßen [SPD]: Die kennen wir doch! Außer Privatisierung kennen Sie doch nichts!)


    100 Millionen Euro im ersten Jahr kostet dieser Vor-
    schlag, der unbürokratisch und einfach ist und der für
    Familien eine spürbare Entlastung bringt. Das ist etwas
    anderes als weitere Beitragserhöhungen, wie sie die Re-
    gierung vorschlägt. Tun Sie, Frau Schmidt, nicht so, als
    sei eine steuerfinanzierte Lösung nur ein Hirngespinst
    der FDP. Ihr eigener Regierungsberater Rürup hat eine
    steuerfinanzierte Lösung vorgeschlagen, die Pflege-
    kassen haben eine steuerfinanzierte Lösung vorgeschla-
    gen, alle Wirtschaftswissenschaftler, die sich mit dieser
    Frage beschäftigt haben, haben eine steuerfinanzierte
    Lösung vorgeschlagen. Der VdK hat sich ebenfalls für
    eine steuerfinanzierte Lösung ausgesprochen und auch
    der Deutsche Familienverband hat dafür plädiert, eine
    spürbare Familienentlastung über die Steuer zu errei-
    chen.

    Wir haben doch nichts anderes in der Rentenversiche-
    rung. Die Kindererziehungszeiten, die eine besondere
    Berücksichtigung und Anerkennung der Familienleis-
    tung sind, sind ebenfalls über einen Haushaltszuschuss
    steuerfinanziert. Warum gehen wir diesen Weg, der fi-
    nanziell beherrschbar ist, nicht auch in der Pflegeversi-
    cherung, damit es wirklich eine spürbare Entlastung für
    Familien gibt? Das ist unbürokratisch, einfach und
    kommt den Familien in der Zeit zugute, in der sie die
    höchsten Belastungen haben.


    (Beifall bei der FDP)

    Ich kann auch dem CDU-Vorschlag nicht viel abge-

    winnen. Letztlich schlagen auch Sie von der CDU/CSU
    nichts anderes als Beitragserhöhungen vor, nur dass Sie
    die Familien erst in einem zweiten Schritt entlasten wol-
    len. Herr Kollege Seehofer, Sie haben noch am 30. Ja-
    nuar in der Aktuellen Stunde selbst Frau Schmidt vorge-
    worfen, dass man nicht die Rentnerinnen und Rentner
    belasten kann, die früher einmal einen Beitrag erbracht
    haben, indem sie Kinder erzogen haben. Ich zitiere wört-
    lich:

    Aber, Frau Schmidt, eines kann man nicht machen,
    nämlich Familien, die in der Vergangenheit Kinder
    großgezogen haben und deren Kinder aus dem
    Haus sind, jetzt einen höheren Pflegeversicherungs-
    beitrag zumuten, wie Sie es beabsichtigt haben.
    Denn diese Familien hatten niemals den Vorteil ei-
    nes Kinderbonus in der Vergangenheit.

    (Peter Dreßen [SPD]: Damit hat der Mann Recht! Deshalb machen wir es nicht!)


    Genau das ist der Vorschlag der CDU/CSU, den Sie jetzt
    vorlegen. Sie entlasten nur die Familien und schaffen
    eine Beitragserhöhung für alle. Das lehnt die FDP ab.
    Daran wollen wir uns nicht beteiligen.


    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, vor

    noch nicht einmal zwei Monaten haben Sie selbst in Pres-
    seerklärungen erklärt, dass Sie gegen Beitragserhöhungen
    seien. Ich verweise auf die Presseerklärung von Andreas
    Storm und Annette Widmann-Mauz vom 5. Juli 2004:






    (A) (C)



    (B) (D)


    Daniel Bahr (Münster)


    Um die Einnahmen der Pflegeversicherung zu sta-
    bilisieren, will Rot-Grün nun das Karlsruher Urteil
    zur Beitragsentlastung von Familien als Deckman-
    tel für Beitragserhöhungen missbrauchen. Diese
    Verknüpfung ist nicht akzeptabel.

    (Andreas Storm [CDU/CSU]: Was ist daran falsch?)

    Ich stelle fest: Sowohl die CDU/CSU als auch die rot-

    grüne Regierung missbrauchen das Urteil des Bundes-
    verfassungsgerichts für Beitragserhöhungen,


    (Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch ein Witz!)

    um den Reformbedarf in der Pflegeversicherung zwei
    Jahre hinauszuschieben. Die Probleme in der Pflegever-
    sicherung löst das nicht.


    (Beifall bei der FDP)