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ID1512106000

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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Finanzde-

    batte liegen nicht vor.
    Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 1 c: Be-

    schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem
    Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes zur
    Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushalts-
    jahr 2003 – Einzelplan 20 –, Drucksachen 15/2885 und
    15/3388. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
    Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die
    Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b auf:
    a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

    gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
    zung von EU-Richtlinien in nationales Steuer-
    recht und zur Änderung anderer Vorschriften

    (Richtlinien-Umsetzungsgesetz-EURLUmsG)

    – Drucksache 15/3677 –
    Überweisungsvorschlag:
    Finanzausschuss (f)

    Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

    b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
    gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
    sung der Vorschriften über die Amtshilfe im
    Bereich der Europäischen Union sowie zur
    Umsetzung der Richtlinie 2003/49/EG des Ra-
    tes vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame
    Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und
    Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unter-

    (EGAmtshilfe-Anpassungsgesetz)

    – Drucksache 15/3679 –
    Überweisungsvorschlag:
    Finanzausschuss (f)

    Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

    Es handelt sich um Überweisungen in vereinfachten
    Verfahren ohne Debatte.

    Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen zur
    federführenden Beratung an den Finanzausschuss sowie
    gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsaus-
    schuss zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? –
    Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
    schlossen.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf.
    Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,
    zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

    Tagesordnungspunkt 12 a:
    Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
    von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
    eines Gesetzes zur Änderung des VN-Waffen-
    übereinkommens
    – Drucksache 15/2926 –

    (Erste Beratung 108. Sitzung)

    Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
    gen Ausschusses (3. Ausschuss)

    – Drucksache 15/3568 –
    Berichterstattung:
    Abgeordnete Petra Ernstberger
    Ruprecht Polenz
    Dr. Ludger Volmer
    Harald Leibrecht

    Zweite Beratung
    und Schlussabstimmung über den von der Bundesregie-
    rung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des
    VN-Waffenübereinkommens, Drucksache 15/2926. Der
    Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3568,
    den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
    dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
    ben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
    entwurf ist einstimmig angenommen.

    Tagesordnungspunkt 12 b:
    Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
    richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

    (9. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die

    Bundesregierung
    Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur
    Änderung der Richtlinie 77/388/EWG in Be-
    zug auf die mehrwertsteuerliche Behandlung
    von Dienstleistungen im Postsektor
    KOM (2003) 234 endg., Ratsdok. 9060/03
    – Drucksachen 15/1153 Nr. 2.40, 15/3390 –
    Berichterstattung:
    Abgeordneter Johannes Singhammer






    (A) (C)



    (B) (D)


    Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

    Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-

    tung durch die Bundesregierung eine Entschließung an-
    zunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
    lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
    Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
    tionsfraktionen angenommen.

    Wir setzen jetzt die Haushaltsberatungen fort und
    kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministe-
    riums für Gesundheit und Soziale Sicherung.

    Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
    nung um den Antrag der Fraktion der FDP zur sozialen
    Pflegeversicherung auf Drucksache 15/3683 zu erwei-
    tern und diesen jetzt gleich als Zusatzpunkt 5 aufzuru-
    fen. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist so
    beschlossen.

    Sodann rufe ich die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 so-
    wie die Zusatzpunkte 1 und 2 und den soeben aufgesetz-
    ten Zusatzpunkt 5 auf:

    2 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
    und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
    brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Berück-
    sichtigung der Kindererziehung im Beitrags-
    recht der sozialen Pflegeversicherung
    – Drucksache 15/3671 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Rechtsausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Haushaltsausschuss

    3 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
    und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
    brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
    Änderung der Vorschriften zum diagnose-
    orientierten Fallpauschalensystem für Kran-
    kenhäuser und zur Änderung anderer Vor-
    schriften
    – Drucksache 15/3672 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Verteidigungsausschuss
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung

    b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hans
    Georg Faust, Horst Seehofer, Andreas Storm,
    weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
    CDU/CSU
    Versorgungssicherheit für Patientinnen und
    Patienten durch sachgerechte Fallpauschalen
    – Drucksache 15/3450 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung

    4 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
    und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
    brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
    rung des Gesetzes über die Einordnung des
    Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
    – Drucksache 15/3673 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Auswärtiger Ausschuss
    Innenausschuss
    Rechtsausschuss
    Finanzausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Verteidigungsausschuss
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
    Haushaltsausschuss

    5 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
    gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Organi-
    sationsreform in der gesetzlichen Rentenversi-
    cherung (RVOrgG)

    – Drucksache 15/3654 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Innenausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

    ZP 1 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
    und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
    brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
    sung der Finanzierung von Zahnersatz
    – Drucksache 15/3681 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Innenausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Haushaltsausschuss

    ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andreas
    Storm, Annette Widmann-Mauz, Horst Seehofer,
    weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
    CDU/CSU
    Familien entlasten statt Kinderlose bestrafen –
    Grundlegende Reform der Pflegeversiche-
    rung noch in dieser Wahlperiode einleiten
    – Drucksache 15/3682 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

    Rechtsausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Haushaltsausschuss

    ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel
    Bahr (Münster), Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Dieter
    Thomae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
    der FDP
    Familien spürbar durch einen Kinder-Bonus
    entlasten – Keine Beitragserhöhungen in der
    sozialen Pflegeversicherung – Grundlegende
    Reform beginnen
    – Drucksache 15/3683 –

    Das Wort hat nun die Bundesministerin Ulla Schmidt.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

    Soziale Sicherung:
    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Manchmal wird gefragt, was der Begriff „Agenda“
    heiße. Es heißt „das, was zu tun ist“. Die Agenda 2010
    der Bundesregierung beschreibt, was zu tun ist, damit in
    unserem Land der Wohlstand und damit auch die Zu-
    kunft der nachwachsenden Generationen gesichert wird,
    auch im Hinblick darauf, dass auch unsere Kinder und
    unsere Kindeskinder die bestmögliche medizinische Be-
    handlung erhalten und es für die heute Jungen morgen
    noch eine sichere Altersversorgung gibt.

    Manchmal wird unterschätzt, dass hinter den Begrif-
    fen „Mobilität und Flexibilität in der heutigen Welt“,
    „weltweite scharfe Konkurrenz“ und „demographische
    Entwicklung“, mit denen wir gerne operieren, Verände-
    rungen in Staat und Gesellschaft stehen, die von man-
    chen, vielleicht nicht zu Unrecht, mit den Umwälzungen
    am Beginn der Industriegesellschaft verglichen werden.
    Wenn das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann
    ist es umso nötiger, gemeinsam darüber zu sprechen, wie
    notwendige Reformen aussehen können, damit diese Ge-
    sellschaft den neuen Herausforderungen gerecht wird
    und die Menschen befähigt werden, mit diesen neuen
    Herausforderungen zu leben.

    Einer der Bereiche, die wir reformiert haben, ist das
    Gesundheitswesen. Ich glaube, dass wir zu Recht sagen
    können, mit dem Konsens über die Gesundheitsreform
    einen entscheidenden Schritt getan zu haben, um das Ge-
    sundheitssystem zu stabilisieren und die finanzielle Ent-
    wicklung der Krankenversicherungen zu sichern. Durch
    diese Reform finden wir überhaupt erst die Zeit, um über
    eine grundlegende nachhaltige Weiterentwicklung zu re-
    den bzw. darüber, was in den kommenden Jahren noch
    notwendigerweise getan werden muss.

    Wir haben mit der Gesundheitsreform nicht nur Bei-
    tragssatzanhebungen zu Beginn dieses Jahres in einem
    Volumen von 6 bis 8 Milliarden Euro verhindert, son-
    dern darüber hinaus dafür gesorgt, dass die gesetzlichen
    Krankenkassen im ersten Halbjahr 2004 erstmals seit
    über zehn Jahren einen Überschuss erwirtschaftet haben,
    und zwar in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro. 2003
    hatten sie im gleichen Zeitraum ein Defizit von
    2 Milliarden Euro.


    (Beifall bei der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber bei wie viel aufgehäuften Schulden?)


    – Auch die FDP sollte die kleine mathematische Regel
    kennen, dass Schulden erst abgebaut werden können,
    wenn vorher ein Plus erwirtschaftet wurde. Ansonsten
    können die Schulden nie abgebaut werden, meine Kolle-
    gen von der FDP.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dann bauen Sie die Schulden ab!)


    Ein kleines bisschen Mathematik wäre auch für die Libe-
    ralen ganz gut.

    Wir haben uns der Verantwortung gestellt. Sie dage-
    gen sind damals aus den Verhandlungen ausgestiegen,
    weil Sie die pharmazeutische Industrie vor Zumutungen
    bewahren wollten. Das war Ihre Lobbyarbeit.


    (Beifall bei der SPD)

    Erstmals seit langer Zeit haben wir die Entwicklung

    stoppen können, dass die Ausgaben für Arzneimittel
    immer weiter steigen. Die gesetzlichen Krankenversi-
    cherungen konnten in den ersten sieben Monaten dieses
    Jahres 1,7 Milliarden Euro einsparen. In diesen 1,7 Mil-
    liarden Euro ist auch der circa 800 Millionen Euro betra-
    gende Herstellerrabatt enthalten, den die pharmazeuti-
    sche Industrie in diesem Jahr gewährt, um sich an den
    Einsparungen im Gesundheitswesen zu beteiligen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Außerdem profitieren erstmals seit langer Zeit viele Ver-
    sicherte von sinkenden Beiträgen; im ersten Schritt sind
    das rund 27 Millionen Menschen.

    Das sind schnelle, sichtbare Erfolge. Bei Betrachtung
    des Gesamtvolumens stellt man fest, dass wir nicht nur
    Beitragssatzanhebungen in einem Volumen von 6 bis
    8 Milliarden Euro verhindert, sondern im gleichen Zeit-
    raum auch über 5 Milliarden Euro eingespart haben, und
    zwar durch zusätzliche Einnahmen über Betriebsrenten,
    aber auch über Steuergelder, nämlich 500 Millionen Euro
    zur Abdeckung der familienpolitischen Leistungen.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)

    – Nicht „aha“. Wir haben die Entscheidung getroffen,
    die familienpolitischen Leistungen über Steuergelder
    zu finanzieren; denn diese Leistungen sind nicht allein
    Sache der Beitragszahler und Beitragszahlerinnen. Da
    haben wir vielleicht unterschiedliche Auffassungen.

    Ich erwarte – da bitte ich Sie um Unterstützung –,
    dass die Krankenkassen nach diesem ersten Halbjahr die
    Entscheidung treffen, die Beiträge für die Versicherten
    zu senken.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Denn zu den erreichten Einsparungen haben vor allem
    die Versicherten und die Patienten und Patientinnen bei-
    getragen, die für die Inanspruchnahme von Leistungen
    höhere Zuzahlungen leisten mussten.

    Ich habe kein Verständnis dafür, dass wir uns jeden
    Tag von Krankenkassenvertretern anhören müssen, wir
    sorgten für zu viel oder für zu wenig Reform, für zu viel
    oder für zu wenig Wettbewerb. Ich habe kein Verständ-
    nis dafür, dass die Unternehmen tagtäglich fordern, wir
    müssten weitere Einschnitte vornehmen, um die Lohn-
    nebenkosten zu senken, und dass die Gewerkschaften
    behaupten, die Versicherten würden zu sehr belastet, und
    dass aber gleichzeitig weder die Selbstverwaltung noch
    die Arbeitgeber, die Gewerkschaften oder die Vorstände
    der Krankenkassen handeln. Sie sollen jetzt handeln. Ich
    bin überzeugt, dass es richtig ist, jetzt massive Beitrags-
    satzsenkungen zu fordern; denn die Versicherten müs-
    sen sehen, dass Einsparungen durch Beitragssatzsenkun-
    gen an sie zurückgegeben werden. Da bitte ich Sie alle
    um Unterstützung.


    (Beifall bei der SPD)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesministerin Ulla Schmidt

    Zweitens. Wir alle wissen, dass die Bezahlbarkeit des

    Gesundheitswesens eng mit der Qualität zusammen-
    hängt. Die Strukturveränderungen, die auf den Weg
    gebracht wurden, haben Bewegung in das Gesundheits-
    wesen gebracht. Neue Verträge über eine integrierte Ver-
    sorgung werden geschlossen. In Sachsen-Anhalt gibt es
    das erste landesweite Hausarztmodell, an dem sich bis-
    her über 130 000 Versicherte und über 1 100 Ärzte und
    Ärztinnen beteiligten. Auch in Westdeutschland werden
    medizinische Versorgungszentren gegründet. All dies
    sind die Wurzeln einer neuen Entwicklung, die in Zu-
    kunft fortgesetzt werden soll.

    Ich sage hier ganz deutlich: Diese Maßnahmen in An-
    griff zu nehmen und die Instrumente der Strukturverän-
    derungen zu nutzen gehört zu den Aufgaben, die die
    Krankenkassen wahrnehmen und die wir weiter kritisch
    begleiten müssen. Wenn nichts geschieht und wenn sich
    die Strukturen nicht verändern, dann werden wir irgend-
    wann an dem Punkt sein, an dem wir schon letztes Jahr
    standen. Es war deshalb richtig, nicht nur umzufinanzie-
    ren, sondern auch strukturelle Veränderungen hin zu
    mehr Wettbewerb und zu mehr Möglichkeiten der Ver-
    tragsgestaltung im Gesundheitswesen zu schaffen.

    Wir alle wissen aber auch, dass das Prinzip „Vorbeu-
    gen statt Heilen“ in unserem Land noch nicht so durch-
    gesetzt wird, wie es sein sollte. Wenn die Gesellschaft
    immer älter wird, wir also Gott sei Dank immer länger
    leben, dann ist es für das Gesundheitssystem nicht so
    entscheidend, wie alt wir werden, sondern, wie wir alt
    werden. Deshalb ist es richtig, dass wir beschlossen ha-
    ben, ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen. Wir
    wollen, dass in Deutschland Prävention endlich Vorrang
    vor Heilung hat und Prävention Schritt für Schritt zu ei-
    ner eigenständigen Säule im Gesundheitswesen ausge-
    baut wird. Denn was wir für die Prävention ausgeben,
    kann bei der Behandlung eingespart werden. Das ist gut
    für die Menschen, weil sie gesünder leben, und das ist
    gut für die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deshalb bin ich froh, dass wir sowohl mit den Spitzen-
    verbänden der Krankenkassen, der Rentenversicherung,
    der Pflegeversicherung und der Unfallkasse als auch mit
    den Ländern darüber im Gespräch sind. Wir werden in
    diesem Jahr einen entsprechenden Entwurf in den Deut-
    schen Bundestag einbringen – genauso wie wir es vor ei-
    nem Jahr beschlossen haben.

    Wir müssen auch an einer anderen Stelle verhandeln.
    Es handelt sich um den Zahnersatz – ein leidiges
    Thema.


    (Peter Dreßen [SPD]: Ja!)

    Wir werden nicht umhinkommen, darüber zu reden, ob
    die im vergangenen Jahr beschlossene Regelung wirk-
    lich umsetzbar ist. Wenn Politiker merken, dass ein von
    ihnen gefasster Entschluss in der Praxis nur schwer um-
    zusetzen ist, dann bin ich dafür, dass man den Mut zur
    Korrektur hat. Ich sage noch einmal: Die Entscheidung,
    den Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der gesetz-
    lichen Krankenversicherung herauszunehmen und ihn
    durch einen einheitlichen Pauschalbetrag zu finanzieren,
    ist nicht ohne weiteres umzusetzen.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das hat die CDU auch erfunden!)


    Diese Entscheidung ist nicht nur sozial ungerecht, weil
    die Rentnerin mit einer Rente von 500 Euro den gleichen
    Pauschalbetrag zahlen soll wie beispielsweise der Abge-
    ordnete, der 7 000 Euro verdient. Sie ist auch büro-
    kratisch und im Hinblick auf das Solidarprinzip der
    gesetzlichen Krankenversicherung systemfremd. Meine
    Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie müssen sich
    entscheiden und daran mitwirken, dass wir zu einer Re-
    gelung kommen, die sozial gerecht ist, die die Menschen
    nicht überfordert und die gleichzeitig unbürokratisch ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn sich abzeichnet – das haben die Beratungen in-

    nerhalb der gesetzlichen Krankenkassen ergeben –, dass
    der Versicherungsbeitrag für den Zahnersatz eher bei
    10 Euro denn bei 5 Euro liegt und dass in diesem Beitrag
    nur ein Anteil in Höhe von 2 bis 2,50 Euro pro Monat
    und pro Versicherten für den eigentlichen Zahnersatz
    enthalten ist, dann kann man an einer solchen Lösung
    nicht festhalten. Lassen Sie uns daher gemeinsam einen
    anderen Weg finden! Lassen wir alles beim Alten, was
    den Zahnersatz angeht!


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch keine Reform, wenn man alles beim Alten lässt!)


    Er bleibt im Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken-
    versicherung. Die Finanzierung erfolgt einkommensab-
    hängig, sodass niemand überfordert wird.

    Wir müssen alles dafür tun – auch da stehen wir in der
    Verantwortung –, dass die Beitragssatzziele, die wir im
    Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz festgelegt ha-
    ben, tatsächlich erreicht werden. Deshalb bitte ich Sie,
    dem Vorschlag, den ich Ihnen unterbreitet habe, zuzu-
    stimmen. Denn das ist die beste und die praktikabelste
    Lösung.


    (Beifall bei der SPD)

    Man kann nicht alles beim Alten lassen und sich nicht
    für die Senkung der Lohnnebenkosten interessieren.


    (Andreas Storm [CDU/CSU]: Müntefering!)

    – Das ist nicht Müntefering. Das könnten Sie, Herr
    Storm, oder ein anderer aus Ihren Reihen sein. Vielleicht
    wollten Sie sich nur über die nächsten drei Wochen bis
    zu den Wahlen retten. Sie werden dann aber auch sagen
    müssen, wie die Senkung der Lohnnebenkosten ausse-
    hen soll. Ich sage es einmal ganz deutlich: Das alles gilt
    für die Unternehmen ebenso wie für die Rentenversiche-
    rung, aber auch für alle Unternehmungen, die im Bereich
    des Gesundheitssystems tätig sind.

    Ich nenne in diesem Zusammenhang ein paar Zahlen:
    Wenn 160 Millionen Euro in der Gesundheitswirtschaft
    eingespart werden können, dann können dort Arbeits-
    plätze erhalten werden und dann kann es gelingen, die
    Arbeitsbedingungen in diesem Bereich durch die






    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesministerin Ulla Schmidt

    Schaffung neuer Arbeitsplätze zu verbessern. Einsparun-
    gen bei den Lohnnebenkosten haben Auswirkungen auf
    die Kommunen, die Länder und den Bund. Man kann
    nicht sagen: „Macht ihr das mal allein; wir haben mit
    dem Ganzen nichts zu tun“ und anschließend das Hohe-
    lied der Kritik darüber singen, wie sich die Lohnneben-
    kosten entwickeln. Wenn Sie nicht bereit sind, mitzuma-
    chen, müssen Sie die Verantwortung für die Entwicklung
    der Lohnnebenkosten übernehmen, meine Damen und
    Herren von der CDU.


    (Beifall bei der SPD)

    Ein weiterer wichtiger Punkt, der auch in unseren Ge-

    schäftsbereich fällt, ist die Altersvorsorge. Wir haben
    nicht nur in der letzten Legislaturperiode mit der Einfüh-
    rung der kapitalgedeckten Säule der privaten Altersvor-
    sorge einen ersten Schritt getan, sondern auch mit dem
    Nachhaltigkeitsgesetz dafür gesorgt, dass die Altersvor-
    sorge für die Jüngeren bezahlbar und für die Älteren ver-
    lässlich bleibt. Damit leistet die Bundesregierung so-
    wohl einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der
    Rentenversicherung als auch einen Beitrag zur wirt-
    schaftlichen Belebung und zum wirtschaftlichen Auf-
    schwung.

    Über 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben
    mittlerweile eine zweite Säule im Bereich der Betriebs-
    rente aufgebaut oder eine private Zusatzversorgung ab-
    geschlossen. Damit sich diese positiven Zahlen weiter
    verbessern und noch mehr Menschen zusätzlich vorsor-
    gen, haben wir in diesem Jahr wichtige Veränderungen
    verabschiedet. Durch das Alterseinkünftegesetz haben
    die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Zukunft
    mehr Geld zur Verfügung, um die private Altersvorsorge
    wirklich aufbauen zu können. Wir haben gleichzeitig die
    Voraussetzungen der betrieblichen und privaten Alters-
    vorsorge attraktiver und unbürokratischer gestaltet.

    Zu einer attraktiven Rentenversicherung gehört auch,
    dass man die Rentenversicherungsträger fit für die Zu-
    kunft macht. Deshalb bringen wir heute das Gesetz zur
    Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversiche-
    rung ein. Dieses Gesetz überwindet die Trennung von
    Arbeitern und Angestellten. Es trägt mit dazu bei, dass
    die Ressourcen der Rentenversicherung so zielgerichtet
    wie möglich eingesetzt werden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ein letzter wichtiger Punkt, bei dem auch weit rei-
    chende Reformen anstehen, ist die soziale Pflege-
    versicherung. Sie wissen, dass die demographische He-
    rausforderung ganz erhebliche Auswirkungen auch auf
    die Pflegeversicherung hat. Wir brauchen in Deutsch-
    land eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, wie
    wir die Pflegeversicherung weiterentwickeln wollen und
    wir uns das Leben im Alter vorstellen. Wir brauchen
    eine Debatte darüber, was über die Pflegeversicherung
    hinaus getan werden muss, damit die Menschen im Alter
    so selbstbestimmt, so gut wie möglich leben und so
    lange wie möglich in ihrer angestammten Umgebung
    bleiben können. Diese Debatte werden wir anstoßen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie umfasst vieles: die Kommunikation, die Potenziale
    der älteren Generation, den Wohnungsbau oder die Mo-
    bilität älterer Menschen.

    Aber zunächst hat uns das Bundesverfassungsgericht
    aufgegeben, in dem Beitragsrecht der Pflegeversiche-
    rung die Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen. Für
    diejenigen, die Kinder erziehen oder Kinder erzogen ha-
    ben, ist eine andere Beitragsgestaltung vorzusehen als
    für diejenigen, die keine Erziehungsleistungen erbracht
    haben. Mit der Initiative der Koalitionsfraktionen, die
    heute eingebracht wird, wird das Urteil fristgerecht um-
    gesetzt.

    Die momentane finanzielle Situation der Pflegeversi-
    cherung zwingt uns eigentlich, für alle die Beitragssätze
    anzuheben. Wir setzen das Urteil jetzt aber so um, dass
    nur diejenigen, die keinen Beitrag über Erziehungsleis-
    tungen erbracht haben, durch eine Erhöhung des Beitra-
    ges belastet werden. Wir nehmen all diejenigen davon
    aus, die im kommenden Jahr 65 Jahre oder älter sind,
    weil – jetzt bitte ich die FDP, zuzuhören – das Bundes-
    verfassungsgericht gesagt hat, dass der Gesetzgeber die
    Unterscheidung zwischen Kinder Erziehenden und
    Nichterziehenden vernachlässigen kann, wenn eine Ge-
    neration dafür gesorgt hat, dass genügend Kinder gebo-
    ren wurden.


    (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Warum ist das bei den 64-Jährigen nicht der Fall?)


    Die ältere Generation, die heute 65-Jährigen und Älte-
    ren, hat zu ihrer Zeit dafür gesorgt, dass der Generatio-
    nenvertrag eingehalten wurde. Zum Geburtenrückgang
    kam es Mitte der 60er-Jahre. Deshalb werden wir all die-
    jenigen, die nach 1940 geboren wurden und keine Kin-
    der erzogen haben oder erziehen, mit einem zusätzlichen
    Beitrag belasten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich halte das für gerecht. Ich halte das auch für einen

    wirklich gangbaren Weg. Daher bitte ich all diejenigen,
    die sich immer wieder über Bundesverfassungsgerichts-
    urteile äußern, einmal einen Blick in das Urteil zu wer-
    fen. Dieser erleichtert in der Regel die Rechtsfindung.
    Sie würden dann auch erkennen, dass unser Vorschlag
    sehr genau der Begründung des Bundesverfassungsge-
    richts entspricht und wir damit auf dem richtigen Weg
    sind.


    (Andreas Storm [CDU/CSU]: Eben nicht!)

    Mit dem von uns eingeschlagenen Weg werden wir

    die Lohnnebenkosten stabilisieren und dazu beitragen,
    dass Beschäftigung in Deutschland wieder attraktiv wird
    und Arbeit geschaffen werden kann. Ich sage noch ein-
    mal deutlich: Keine Reform der sozialen Sicherungssys-
    teme kann auf Dauer verkraften, wenn es kein Wachstum
    gibt, das zu Wohlstand führt. Die Menschen brauchen
    Arbeit und die sozialen Sicherungssysteme leben von
    Beitragszahlern.


    (Beifall bei der SPD)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesministerin Ulla Schmidt

    Deshalb sind die Reformen notwendig und wir neh-

    men sie vor. Die CDU muss bedenken, dass der Pflege-
    kasse bei ihrem Vorschlag 760 Millionen Euro fehlen
    würden. Darüber hinaus muss sie berücksichtigen, dass
    eine allgemeine Beitragssatzanhebung zu einer Erhö-
    hung der Lohnnebenkosten führen wird.


    (Andreas Storm [CDU/CSU]: Eben nicht!)

    Andere müssen sagen, woher sie das Geld nehmen

    wollen. Man muss schon Butter bei die Fische geben und
    deutlich sagen, wie eine Reform finanziert werden soll.
    Vielleicht machen es sich manche so einfach wie die
    Spitzenverbände der Pflegeversicherungen, die heute ge-
    sagt haben: Nehmt doch einfach Steuergelder und steckt
    sie in die Pflegeversicherung, das wäre am einfachsten;
    denn dann bräuchten wir uns keine Gedanken mehr da-
    rüber zu machen, wie das Ganze finanziert werden soll.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Andreas Storm von der

CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Andreas Storm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

    erleben derzeit fast jeden Tag aufs Neue, woran es der
    Sozialpolitik von Rot-Grün am meisten mangelt: an kon-
    zeptioneller Klarheit, Verlässlichkeit und Berechenbar-
    keit,


    (Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: So ein Quatsch!)


    gestern hü!, heute hott! und morgen gilt schon wieder
    eine neue Parole. Bei einem solchen Zickzackkurs müs-
    sen Sie sich nicht wundern, dass die Unterstützung der
    Menschen für dringend notwendige Reformen von Tag
    zu Tag geringer wird.


    (Waltraud Lehn [SPD]: So ein Heuchler!)

    Beispiel Rente: Noch im Sommer 2003 bei den Ver-

    handlungen zur Gesundheitsreform haben Sie, Frau
    Ministerin, heilige Eide geschworen, dass es für die
    Rentner über die volle Beitragsbelastung von Betriebs-
    renten in der Krankenversicherung ab dem 1. Januar hi-
    naus keine aktuellen weiteren Belastungen geben soll.
    Wie wenig man sich auf diese Zusage verlassen konnte,
    haben die Rentner in diesem Jahr gleich zweimal zu spü-
    ren bekommen: Zuerst gab es die Verdoppelung des
    Pflegeversicherungsbeitrags am 1. April und dann an-
    stelle der jährlichen Rentenerhöhung zur Jahresmitte die
    Nullrunde.

    Damit nicht genug, mit Ihrer im Frühjahr 2004 verab-
    schiedeten Rentenreform haben Sie eine neue Rentenfor-
    mel beschlossen. Damit wir uns nicht falsch verstehen:


    (Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Die wollten Sie schon lange!)

    Im Grundsatz halten wir die Ergänzung der Rentenfor-
    mel um einen Nachhaltigkeitsfaktor für richtig; denn er
    ist im Grunde genommen nichts anderes als der demo-
    graphische Faktor, den wir schon vor der Wahl 1998 ins
    Gesetzblatt geschrieben haben.

    Was wir Ihnen aber vorwerfen, ist, dass Sie den neuen
    Nachhaltigkeitsfaktor einfach auf den vor drei Jahren
    beschlossenen Riester-Faktor draufgesattelt haben. Das
    hat zur Folge, dass die Renten im nächsten Jahr um
    1 Prozent hinter der Lohnentwicklung der Beitragszahler
    zurückbleiben. Im Klartext heißt das: Auch im kommen-
    den Jahr müssen sich die Rentner auf eine weitere Null-
    runde einstellen.


    (Peter Dreßen [SPD]: Beim Demographiefaktor wäre es das Doppelte gewesen!)


    Mit Verlässlichkeit hat eine solche Rentenpolitik nichts
    mehr zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Frau Ministerin, sowenig sich die Rentner auf Ihre

    Zusagen verlassen können, so wenig bietet Ihre im Früh-
    jahr 2004 verabschiedete Rentenreform eine Perspektive
    für die heutigen Beitragszahler, für die junge Genera-
    tion. Erinnern wir uns: Mit Ihrer Rentenreform haben
    Sie einen rentenpolitischen Paradigmenwechsel einge-
    leitet. Die Zusage, dass man nach einem vollen Arbeits-
    leben im Alter ein Nettorenteniveau von 67 Prozent
    erreichen kann, die noch 2001 unter Riester festgeschrie-
    ben wurde, wurde aufgegeben. Das Nettorentenniveau
    sinkt bis zum Jahre 2030 auf etwa 50 Prozent.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das andere war brutto! Jetzt verwechseln Sie brutto mit netto! So ein Vergleich ist unerhört!)


    Angesichts dieser massiven Kürzungen stellt sich die
    Frage: Wie schaffen wir es, dass möglichst jeder Arbeit-
    nehmer eine ergänzende kapitalgedeckte Altersvorsorge
    aufbauen kann?


    (Peter Dreßen [SPD]: Das ist die junge Garde!)


    Die Riester-Rente hat sich als Flop erwiesen. Daran än-
    dert auch das Alterseinkünftegesetz herzlich wenig. Des-
    halb brauchen wir neue Antworten. Wir dürfen nicht un-
    nötig Zeit verlieren und vor allen Dingen nicht auf die
    Vorlage des Alterssicherungsberichts Ende 2005 warten.
    Denn dann passiert in dieser Wahlperiode überhaupt
    nichts mehr und das wissen Sie ganz genau.

    Deshalb mache ich Ihnen heute einen Vorschlag: Las-
    sen Sie uns gemeinsam darüber diskutieren, wie wir jetzt
    schon die richtigen Weichenstellungen treffen können,
    um Altersarmut von morgen zu vermeiden. Unser Vor-
    schlag lautet: Alle Arbeitnehmer sollen bei Abschluss
    ihres Arbeitsvertrages regelmäßig eine Entgeltumwand-
    lung in Höhe von bis zu 4 Prozent ihres Bruttolohnes zu-
    gunsten der betrieblichen Altersversorgung vereinbaren.
    Auf diese Weise würde die Entgeltumwandlung zum Re-
    gelfall. Wer sich bewusst dagegenentscheidet, kann im
    Sinne einer Opting-out-Regelung auf diese Lösung ver-
    zichten. Um das Ganze aber dauerhaft attraktiv zu






    (A) (C)



    (B) (D)


    Andreas Storm

    gestalten, müssen wir schon heute das Signal geben, dass
    wir die Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung auch
    über das Jahr 2008 hinaus aufrechterhalten. Mit der Ent-
    scheidung über diese Fragen dürfen wir aber nicht bis
    zur nächsten Wahlperiode warten, sondern wir sollten
    schon in dieser Wahlperiode ein klares Signal geben.

    Rot-Grün zeigt auch beim Thema „Pflege“ keinerlei
    Berechenbarkeit und Verlässlichkeit. Vielmehr glänzen
    Sie mit konzeptionellem Dilettantismus. Vor nunmehr
    dreieinhalb Jahren hat das Bundesverfassungsgericht
    eine Entlastung von Familien bei den Pflegebeiträgen ab
    dem 1. Januar 2005 gefordert. Heute, nur vier Monate
    vor Torschluss, legen Sie einen Vorschlag vor, der fami-
    lienpolitisch falsch, verfassungsrechtlich bedenklich und
    handwerklich mangelhaft ist. Wie hat das Bundesverfas-
    sungsgericht in seinem Urteil argumentiert? Die Kern-
    aussage des Urteils lautet: Die soziale Pflegeversiche-
    rung basiert auf einem Generationenvertrag, denn
    Pflegebedürftigkeit tritt überwiegend im Alter auf. Eine
    umlagefinanzierte Pflegeversicherung kann nur dann
    funktionieren, wenn genügend junge Beitragszahler
    nachrücken.

    Das Bundesverfassungsgericht spricht davon, dass die
    Erziehung von Kindern konstitutive Bedeutung für das
    Funktionieren der Pflegeversicherung hat. Man braucht
    zwei Beiträge: neben dem Geldbeitrag auch die Kinder-
    erziehung. Erziehungsleistung und Geldbeitrag stehen
    gleichberechtigt nebeneinander.

    Deshalb verstößt es gegen das Grundgesetz, wenn Ver-
    sicherte, die Kinder erziehen, denselben Beitrag leisten
    müssen wie andere Versicherte, die keine Kinder haben.
    Eine verfassungskonforme Lösung, Frau Ministerin, muss
    zwingend eine Besserstellung von Versicherten, die aktu-
    ell Kinder erziehen, vorsehen, und zwar eine Besserstel-
    lung auf der Beitragsseite während der Erziehungsphase.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was Sie vorschlagen, bedeutet keine Besserstellung

    während der Erziehungsphase. Versicherte mit Kindern
    bekommen bei Ihrer Lösung keinen einzigen Cent mehr.
    Der Kinderlosenzuschlag wird ausschließlich zum Stop-
    fen der Löcher in der Pflegeversicherung verwendet.


    (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


    Dieser Vorschlag geht meilenweit an den Anforderungen
    des Verfassungsgerichts vorbei. Es ist kein Wunder, dass
    auch die Grünen massive Bedenken gegen diesen Ge-
    setzentwurf haben. Liebe Kollegin Selg, bleiben Sie an
    dieser Stelle standhaft!


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da wäre ich nicht so optimistisch!)


    Wir haben einen Vorschlag gemacht, der keinen Straf-
    beitrag für Kinderlose, sondern eine echte Entlastung für
    Versicherte mit Kindern vorsieht. Wer ein Kind unter
    18 Jahren erzieht, erhält nach unserem Vorschlag einen
    Beitragsbonus von 5 Euro je Kind und Monat. Auch
    führt unser Vorschlag nicht zu einer Anhebung der
    Lohnnebenkosten, weil dieser zusätzliche Beitrag von
    den Versicherten allein zu finanzieren wäre.

    (Ulla Schmidt, Bundesministerin: Von den Eltern!)


    Dieser Vorschlag sieht die größte Entlastung dort vor,
    wo sie am dringendsten gebraucht wird: bei Menschen
    mit niedrigem Einkommen, bei Familien mit mehreren
    Kindern und bei Alleinerziehenden.

    Aber eines wird an dieser Stelle auch deutlich: Wir
    sind an den Grenzen der umlagefinanzierten Sozialver-
    sicherung angelangt.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)

    Deshalb ist es unsere wichtigste Aufgabe, noch in dieser
    Wahlperiode eine grundlegende Reform der Pflegeversi-
    cherung anzugehen,


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Richtig!)

    auf dem Weg zu einem zumindest in weiten Teilen kapi-
    talgedeckten System.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Haben Sie darüber mal mit Herrn Blüm oder mit Herrn Seehofer diskutiert?)


    Deshalb kann eine solche Lösung nur ein Übergang sein.

    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


    Meine Damen und Herren, ich komme zum unrühmli-
    chen Höhepunkt rot-grüner Unberechenbarkeit. Vor ei-
    nem Jahr haben über 90 Prozent der Mitglieder des Deut-
    schen Bundestages einer Neuregelung beim Zahnersatz
    zugestimmt, die Union, SPD und Grüne gemeinsam ver-
    einbart hatten. Dieser Kompromiss ist keiner Seite leicht
    gefallen. Aber wir stehen zu dem, was wir einmal ver-
    einbart haben. Unser Wort gilt.

    Pacta sunt servanda – das hat der Bundeskanzler vor
    zwei Monaten zum Thema Zahnersatz erklärt. Aber
    heute gilt dieses Wort für die Bundesregierung offenbar
    nicht mehr. Denn uns liegt ein Gesetzentwurf vor, durch
    den die Neuregelung des Zahnersatzes ausgehebelt und
    seine Ausgliederung aus dem Leistungskatalog der
    Krankenkassen vollständig rückgängig gemacht wird.
    Die Argumente, die dafür vorgetragen werden, sind an
    Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Da wird beispielsweise behauptet, der Zahnersatz sei
    plötzlich doppelt so teuer wie vor einem Jahr.

    Doch wie ist die Faktenlage? Bei der Anhörung des
    Gesundheitsausschusses am 30. Juni 2003, also vor Be-
    ginn der Konsensgespräche zur Gesundheitsreform, hat
    der Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen vorgerech-
    net, dass sich die Sachkosten für den Zahnersatz in der
    gesetzlichen Krankenversicherung je Mitglied, also je
    Beitragszahler, auf gut 6 Euro pro Monat belaufen; dazu
    kommen dann noch die Verwaltungskosten.


    (Peter Dreßen [SPD]: Nein! 4 Euro!)

    – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie verwechseln im-
    mer Beitragszahler und Versicherte. Wenn Sie alle Fami-
    lienangehörigen berücksichtigen und die Kosten dann






    (A) (C)



    (B) (D)


    Andreas Storm

    aufteilen, kommen Sie auf nur 4,30 Euro – das haben die
    Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen schon in der
    damaligen Anhörung bestätigt –, aber je Beitragszahler
    sind es über 6 Euro.

    Vor drei Wochen, am 13. August 2004, hat der Chef
    der Barmer Ersatzkasse, Herr Fiedler, auf einer großen
    Pressekonferenz erläutert, die Prämie für den Zahnersatz
    werde im kommenden Jahr inklusive Verwaltungskosten
    voraussichtlich 6,70 Euro pro Monat betragen. Dieser
    Betrag entspricht ziemlich exakt den Erwartungen, die
    man auch im Rahmen der Konsensgespräche des vergan-
    genen Jahres hatte.

    Voraussetzung für diese Prämienhöhe wäre aber gewe-
    sen, dass die Prämien für Rentner und Arbeitslose im
    Quellenabzugsverfahren eingezogen worden wären. Das
    hatten wir Ihnen, Frau Ministerin, im Mai dieses Jahres
    vorgeschlagen. Ihre Antwort lautete damals – ich zitiere –:
    Ich sehe derzeit keine Regelungslücken, die unverzüg-
    lich geschlossen werden müssten.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist allerdings wahr!)


    Frau Ministerin, Sie haben monatelang bewusst eine
    unbürokratische Regelung verschleppt. Die organisatori-
    schen Schwierigkeiten sind einzig und allein dadurch
    entstanden, dass die Bundesregierung es nicht geschafft
    hat, rechtzeitig die Voraussetzungen für einen unbüro-
    kratischen Beitragseinzug zu schaffen.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das macht sie doch gerade! Das lehnen Sie doch ab! Das wollen Sie doch gar nicht!)


    Aber in Wirklichkeit ging es Ihnen um etwas anderes:
    Sie haben seit Monaten alles getan, damit der Kompro-
    miss beim Thema Zahnersatz nicht rechtzeitig umgesetzt
    werden kann.


    (Peter Dreßen [SPD]: Sie wollen doch nur aus ideologischen Gründen handeln! Das ist nur Ideologie, was Sie da machen!)


    Damit ist auch klar: Sie tragen die Verantwortung dafür,
    dass die Neuregelung beim Zahnersatz nicht rechtzeitig
    zum 1. Januar 2005 in Kraft treten kann und dass daher
    auch die angestrebte Beitragssatzsenkung ausbleiben
    muss.

    Meine Damen und Herren, trotz allem sind wir für al-
    ternative Vorschläge offen.


    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Aber nur unter zwei Voraussetzungen: Eine Neuregelung
    beim Zahnersatz muss besser sein als die Lösung, die
    wir letztes Jahr gemeinsam vereinbart haben.


    (Waltraud Lehn [SPD]: Das ist sie doch!)

    Zweitens muss sie zugleich besser sein als die derzeitige
    Lösung im System der GKV.


    (Waltraud Lehn [SPD]: Das ist sie auch! – Peter Dreßen [SPD]: Das trifft alles zu!)


    Ihr heute vorgelegter Gesetzentwurf erfüllt beide Vo-
    raussetzungen erkennbar nicht.

    (Waltraud Lehn [SPD]: Das ist ein Irrtum!)

    Wir wollten mit der Gesundheitsreform gemeinsam den
    Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten für ihren Schutz
    beim Zahnersatz geben. Rot-Grün will jetzt, dass die
    Versicherten mehr bezahlen,


    (Waltraud Lehn [SPD]: Das ist eine eigenwillige Interpretation!)


    aber nicht selbst über Art und Umfang ihrer Versiche-
    rung entscheiden können.


    (Peter Dreßen [SPD]: Sie sind ein richtiger Wahrheitsverdreher! Das ist doch nicht wahr, was Sie erzählen! Ich glaubte, Sie seien seriöser!)


    Schon der Durchschnittsverdiener wird bei Ihrem Vor-
    schlag deutlich höher belastet als bei unserer Prämienlö-
    sung: Gegenüber den 6,70 Euro würde der Durch-
    schnittsverdiener bei einem prozentualen Beitrag von
    0,4 Prozent bereits mit 9,60 Euro belastet. Eine solche
    Mehrbelastung ohne Ziel und Konzept und ohne Vorteil
    für den Versicherten kommt für uns so nicht in Betracht.
    Deshalb werden wir Ihren heutigen Gesetzentwurf ab-
    lehnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie wenig Berechenbarkeit und Verlässlichkeit die

    Politik dieser Bundesregierung aufweist, hat erst am Wo-
    chenende der Bundesfinanzminister verdeutlicht. In ei-
    nem Interview hat er nahe gelegt, dass angesichts der
    einbrechenden Tabaksteuereinnahmen der Bundeszu-
    schuss an die Krankenkassen zur Abgeltung versiche-
    rungsfremder Leistungen wieder infrage gestellt werden
    müsse. Die Koalition debattiert ja seit zwei Tagen wie-
    der darüber, ob man diese Gelder im Bundeshaushalt
    nicht einsparen kann. Es wäre ein weiterer Weg, erneut
    die Beitragszahler zu belasten. Was ist eigentlich ein
    Konsensergebnis wert, wenn Sie noch nicht einmal ein
    Jahr nach In-Kraft-Treten der Reform ein wesentliches
    Stück wieder außer Kraft setzen wollen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Weil es ein Bürokratiemonster ist, deswegen wollen wir es ändern!)


    Die Menschen haben genug von diesem ständigen
    Hickhack; sie wollen eine Politik, die berechenbar ist
    und Vertrauen verdient. Nur dann werden die dringend
    notwendigen Reformen in der Sozial- und in der Ge-
    sundheitspolitik auch gelingen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)