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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Jürgen Koppelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

    fällt mir sehr schwer, heute an das Rednerpult des Deut-
    schen Bundestages zu treten und als erster Redner für die
    FDP-Fraktion zur Einbringung des Haushalts zu spre-
    chen. Sechs Jahre lang hat mein Kollege Günter
    Rexrodt diese Funktion gehabt und hier gesprochen.
    Seine große Sachkenntnis war nicht nur in unserer Frak-
    tion, sondern auch im Haushaltsausschuss über Par-
    teigrenzen hinweg anerkannt – trotz unterschiedlicher
    Auffassungen. Sein plötzlicher Tod ist für die FDP-Frak-
    tion und für unsere gemeinsame Arbeit im Haushaltsaus-
    schuss ein großer Verlust. Wir vermissen ihn sehr.

    Sie gestatten, dass ich meine Ausführungen deshalb
    mit einem Zitat aus einer haushaltspolitischen Rede von
    Günter Rexrodt beginne. Er sagte zur Bundesregierung:

    Betreiben Sie eine berechenbare Politik, eine Poli-
    tik die darauf hinausläuft, unser Land zu moderni-
    sieren. Dann kommen wir auch bei den Arbeitsplät-
    zen vorwärts. Dann können wir Vertrauen bei
    unseren Bürgern und ausländischen Investoren fin-
    den. Dazu ist aber eine Veränderung der Politik not-
    wendig.

    Dieses Zitat, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat nichts
    an Aktualität eingebüßt.

    Herr Bundesfinanzminister, wenn ich Ihre Rede Re-
    vue passieren lasse, muss ich sagen: Das war keine
    Haushaltsrede.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein!)

    Das war eine Rede an Ihre eigene Fraktion, an eine zö-
    gerliche SPD-Fraktion. Sie treten für Reformen ein, aber
    Sie haben dort eine Fraktion, die zu Reformen nicht fä-
    hig ist,


    (Widerspruch bei der SPD)

    die Reformen teilweise zu spät eingeleitet hat oder die
    die Notwendigkeit von Reformen gar nicht anerkennen
    will.


    (Waltraud Lehn [SPD]: So ein Quatsch!)

    Sie haben davon gesprochen, dass wir ein starkes

    Land sind. Diese Auffassung teile ich. Nur: Wir sind ein
    starkes Land und haben eine schwache Regierung. Das
    ist unser Problem.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir haben den Eindruck, dass, was die Reformen an-

    geht, nicht nur die Regierung, sondern auch die Koaliti-
    onsfraktionen über viele Jahre Urlaub von der Realität
    gemacht haben. Nichts anderes können wir hier heute
    feststellen.


    (Beifall bei der FDP)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sieht die Bilanz

    der rot-grünen Koalition heute aus? Schauen wir uns den
    Haushalt 2005 an! Beim Wirtschaftswachstum belegt
    Deutschland in der EU seit 1999 den letzten Platz. Die
    Arbeitslosigkeit ist mit 4,3 Millionen inakzeptabel hoch.
    Eine Trendumkehr ist überhaupt nicht in Sicht. Die






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jürgen Koppelin

    Abgabenlast beträgt 42,1 Prozent, ist also unvermindert
    hoch. Hinzu kommt – das ist das Allerschlimmste; das
    fällt in Ihre Verantwortung, Herr Eichel –: 190 Milliar-
    den Euro zusätzliche Schulden sind seit der Regierungs-
    übernahme durch Rot-Grün zu verantworten. Das liegt
    in Ihrer Verantwortung.

    Der Bundeshaushalt 2005 wird erneut verfassungs-
    widrig sein, gegen Art. 115 des Grundgesetzes verstoßen
    und – auch dieser Punkt muss hier angesprochen wer-
    den – der Stabilitätspakt als völkerrechtlicher Vertrag
    wird zum dritten Mal hintereinander gebrochen. Das ist
    die Bilanz Ihrer Politik.

    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eine
    Bemerkung machen. Sie haben von Reformen gespro-
    chen, auch in Richtung Ihrer Fraktion. Aber Sie haben
    als Bundesfinanzminister keinerlei Initiativen ergriffen,
    um die Reformen voranzutreiben. Sie sind nicht im Ka-
    binett aufgestanden und haben gesagt: So geht es nicht
    weiter. So komme ich mit meinem Haushalt nicht klar.

    Sie haben in Ihrer Haushaltsrede nebenbei auch den
    Zahnersatz angesprochen. Da hatte man den Eindruck:
    Nicht nur Sie, sondern auch Ihre Fraktion hat am Zahn-
    ersatz schwer zu kauen.


    (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Frau Merkel!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, unternehmerisch
    betrachtet treibt Deutschland in die Pleite, Rot-Grün
    macht neue Schulden, der Schuldenberg wächst ständig
    und ein Konzept, wie wir aus der Schuldenfalle heraus-
    kommen, fehlt völlig. Der Etatentwurf 2005 ist nur auf
    dem Papier verfassungskonform. Es sind Haushaltsrisi-
    ken da, die Sie hier einfach herunterspielen, wichtige Fi-
    nanzdaten werden einfach zu optimistisch angesetzt und
    die Einhaltung des Stabilitätspaktes ist reine Illusion.
    Auch beim Haushaltsentwurf 2005 verfahren Sie nach
    dem Motto: tarnen, täuschen und beschwichtigen. Das
    scheint mir, nachdem ich Ihre Rede heute gehört habe,
    die Grundaussage Ihrer Politik zu sein.

    Ihr Haushalt 2005 ist wie ein Kartenhäuschen: Der
    kleinste Windstoß und das Ganze fällt um. Im Entwurf
    liegt die Nettokreditaufnahme in Höhe von 22 Milliar-
    den Euro gerade einmal 800 Millionen Euro unter der
    Höhe der Investitionen. Betrachtet man die gesamtwirt-
    schaftliche Annahme, so geht die Bundesregierung in ih-
    rer Planung für 2005 von einem realen Wachstum von
    1,8 Prozent aus. Wir sagen, das ist zu optimistisch, ins-
    besondere wenn man sie mit den Aussagen der For-
    schungsinstitute vergleicht. Das heißt, Sie haben bereits
    die Steuereinnahmen viel zu hoch angesetzt, die Ausga-
    ben für den Arbeitsmarkt aber zu niedrig. Da liegt das
    Risiko hinsichtlich Art. 115 Grundgesetz. Ich empfehle
    auch den Abgeordneten der Koalition, noch einmal
    nachzulesen, was in Art. 115 des Grundgesetzes steht,
    denn darin wird Ihnen ganz deutlich vor Augen geführt,
    dass Ihr Haushaltsentwurf für 2005 gegen die Verfas-
    sung verstößt. Hartz IV kommt ja auch noch dazu; ich
    will gerne anerkennen, dass die Koalitionsabgeordneten
    zugegeben haben, dass hier noch eine erhebliche Lücke
    besteht.
    Wenn ich nun in Ihrem Haushalt, Herr Eichel, lese,
    dass Privatisierungserlöse in Höhe von 15 Milliarden
    Euro eingeplant werden – plötzlich, auf einmal soll das
    gehen –, dann frage ich mich, was Sie in den vergange-
    nen Jahren gemacht haben. Sie hätten doch diese Erlöse
    längst erzielen können, damit hätten Sie uns die Auf-
    nahme vieler Schulden ersparen können. Ihr Haushalts-
    ansatz zu den Privatisierungserlösen ist blanke Theorie.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Weiterhin rechnen Sie mit einer globalen Minderaus-
    gabe von 1 Milliarde Euro und der Auflösung des ERP-
    Sondervermögens. Sie wissen doch genau, dass diese
    Punkte so nicht eintreten werden. Ich muss Ihnen ganz
    offen sagen: Man gewinnt den Eindruck, Sie würden
    Haushaltspolitik in einer Bananenrepublik betreiben. Sie
    haben nichts anderes gemacht, als die Bilanzen manipu-
    liert.


    (Widerspruch des Abg. Joachim Poß [SPD])

    Viele Ansätze auf der Einnahmeseite entspringen ein-
    fach Wunschdenken und sind geschönt.


    (Beifall der FDP und der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich, Kollege Poß, eine Anmerkung machen:
    Sie haben der Rede des Kollegen Austermann Schwarz-
    färberei vorgeworfen – gut, das können Sie machen –,
    aber Ihre Rede beinhaltete nur Schönfärberei, nichts an-
    deres.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Kolleginnen und Kollegen Haushälter der Koali-
    tion haben eine Klausurtagung durchgeführt. Da haben
    sie schon festgestellt, dass eine erhebliche Finanzie-
    rungslücke besteht. Das wollen sie durch Ausgabenkür-
    zungen ausgleichen. Wenn dies in vernünftiger Weise
    geschieht, werden sie uns dabei an ihrer Seite finden.
    Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.

    Dann – das ist das Interessante – habe die Koalition
    beschlossen, wie man in verschiedenen Zeitungen liest,
    Einnahmeverbesserungen durchzuführen. Sie müssen
    mir allerdings einmal erklären – Kollege Poß ist nicht
    darauf eingegangen –, wie Sie von der Koalition Einnah-
    meverbesserungen durchführen wollen. Die Einnahme-
    verbesserungen durch die Koalition, die ich in den letz-
    ten sechs Jahren erlebt habe – Kollegin Hermenau wird
    das ja gleich in Ihrer Rede bestätigen können –, bestan-
    den in nichts anderem als Abkassieren bei den Bürgern.
    So sehen Ihre Einnahmeverbesserungen aus.


    (Beifall bei der FDP)

    Sagen Sie uns jetzt einmal ganz deutlich, wo Sie bei

    den Bürgern kassieren wollen. Ich sage Ihnen, was Sie
    vorhaben und was kommen wird – in der Antwort des
    Finanzministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundes-
    tagsfraktion war es zu lesen –: Im Stillen träumt nämlich
    Hans Eichel so, wie er da sitzt, genau wie Heide Simonis
    von einer Mehrwertsteuererhöhung. Die Pläne dazu
    hat er bereits in der Schublade. Das ist ja in der Antwort






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jürgen Koppelin

    auf die Anfrage der FDP-Fraktion auch bestätigt wor-
    den. Das wird kommen; davon träumt er.


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Das steht doch in der Antwort gar nicht drin!)


    Erinnern wir uns daran – ich kann das nur wiederho-
    len –: Die FDP hat bei den letzten Haushaltsberatungen
    erhebliche Spar- und Kürzungsvorschläge gemacht.
    Diese beruhten auf Gedanken von Günter Rexrodt. Wir
    haben diese Forderung nach Kürzung bei allen Subven-
    tionen und Zuwendungen konsequent aufrechterhalten.
    Daraus würden sich Einsparungen in Höhe von
    2,5 Milliarden ergeben. Die FDP hat vorgeschlagen, nur
    im Bereich Bildung draufzusatteln. Dazu stehen wir
    auch weiter, denn das ist notwendig. Ansonsten werden
    wir erneut Kürzungsanträge stellen; nicht in der Art, wie
    Sie es früher gemacht haben: dieses oder jenes Großpro-
    jekt wie Eurofighter. Wir haben vielmehr über 200 ein-
    zelne Anträge gestellt. Das ist uns gar nicht so leicht ge-
    fallen, da es auch die Klientel der FDP getroffen hätte.
    All diese von uns gestellten Anträge sind von der rot-
    grünen Koalition abgelehnt worden, obwohl sie eine Er-
    sparnis von über 2,5 Milliarden gebracht hätten. Erklä-
    ren Sie doch einmal, Herr Eichel, warum die Abgeordne-
    ten der Koalitionsfraktionen dem nicht zugestimmt
    haben. Wenn Sie jetzt kürzen wollen, empfehle ich Ihnen
    wieder unsere Anträge.

    Kommen Sie uns, Herr Eichel, nicht mit Ihrem Ge-
    jammer über die Tabaksteuer. Dass Sie durch eine Er-
    höhung keine Mehr-, sondern Mindereinnahmen erzielen
    würden, haben wir Ihnen doch im Ausschuss gesagt,
    aber Sie haben diese Argumente einfach vom Tisch ge-
    wischt.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nein, Sie haben ein Problem, Herr Eichel: Sie laufen in
    jede Falle, die Sie sich vorher selber aufgestellt haben,
    hinein.

    Wir haben weitere Probleme; das haben Sie richtig
    angesprochen, Herr Eichel. Die Sozialausgaben und die
    Zinsausgaben machen bereits 60 Prozent der Gesamt-
    ausgaben im Bundeshaushalt aus. Jedem Haushälter,
    aber auch jedem anderen Politiker muss klar sein, dass
    es so nicht weitergeht. Die Sozialausgaben und die Zins-
    ausgaben haben ein Volumen von 150 Milliarden Euro;
    damit sind drei Viertel der Steuereinnahmen des Bundes
    belegt. So geht es auf die Dauer nicht weiter; hier muss
    umgesteuert werden. Ich denke, darüber werden wir
    auch in den Beratungen des Haushaltsausschusses spre-
    chen müssen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber so richtig konkret ist das alles nicht!)


    Wir müssen auch darüber sprechen, dass die Investi-
    tionsausgaben des Bundes seit 1999 zurückgegangen
    sind. Jahr für Jahr haben Sie die Investitionsausgaben
    des Bundes gekürzt. Das ist ein Tatbestand. Die Kürzun-
    gen bei den Investitionsausgaben im Bundeshaushalt in
    Ihrer Regierungszeit betragen im Vergleich zu dem letz-
    ten Haushalt, den die CDU/CSU-FDP-Regierung damals
    vorgelegt hat, 30 Prozent. Das ist unverantwortbar. Es
    zeigt auch, wie Sie wirtschaftspolitisch denken und dass
    Sie gar kein Interesse haben, die Konjunktur anzukur-
    beln; denn durch höhere Investitionsausgaben hätten Sie
    ein Signal geben können. Im Übrigen hätten Sie dann
    nicht gegen Art. 115 des Grundgesetzes verstoßen.

    Das ist unser Problem: Wir haben eine enorme Zu-
    nahme bei der Neuverschuldung, aber eine Reduzierung
    der Investitionsausgaben. Das ist die Dramatik der rot-
    grünen Haushalts- und Finanzpolitik.

    Wenn ich unser Wirtschaftswachstum im Vergleich
    zum Beispiel zu dem Amerikas oder Asiens sehe, muss
    ich feststellen, dass wir kein Wachstum haben, sondern
    einen jämmerlichen Stillstand bzw. Rückschritt. Das
    können Sie doch hier nicht besonders hervorheben!


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist, Herr Eichel, ein Verharren auf trostlosem Ni-
    veau. Einen Aufschwung kann ich hier nicht sehen.

    In unserem Lande sind weitere Reformen notwendig;
    das wissen wir. Die Agenda 2010 wird nicht viel brin-
    gen, zumindest nicht auf dem Arbeitsmarkt selber. Auch
    wenn solche Schritte vielleicht notwendig sind, zur
    Schaffung von Arbeitsplätzen werden sie aber nicht die-
    nen. Wir werden dringend eine Steuerreform, vor allem
    eine Vereinfachung des Steuerrechts brauchen. Mein
    Kollege Solms wird gleich noch darauf eingehen. Auf
    dem Arbeitsmarkt benötigen wir eine Deregulierung.
    Auch die Sozialsysteme werden wir uns weiterhin an-
    schauen müssen. Wir brauchen mehr Eigenverantwor-
    tung im Gesundheitswesen. Das ist Bestandteil der Vor-
    schläge der FDP, die auch auf dem Tisch liegen. Das
    gehört dazu, wenn man einen realistischen Bundeshaus-
    halt vorlegen will. All das haben Sie nicht gemacht.

    Insofern kann ich nur feststellen: Mit dem Bundes-
    haushalt 2005 kann die Vertrauenskrise in Deutschland
    nicht überwunden werden. Seriosität und Signale für ei-
    nen finanzpolitischen Aufbruch in bessere Zeiten gehen
    von diesem Haushalt auf keinen Fall aus.

    Herr Eichel, ich kann nur feststellen, dass der Entwurf
    2005, den Sie uns hier vorgelegt haben, deutlich doku-
    mentiert: Ihnen fehlt die Kraft zur Gestaltung. Der Bun-
    deshaushalt 2005 gestaltet überhaupt nichts. Sie sind
    kein Gestalter, Herr Eichel, Sie sind ein schlechter Buch-
    halter, der die Bilanzen auch noch frisiert hat. Sie setzen
    in Ihrer Politik eigentlich das fort, was Ihr Vorgänger
    Oskar Lafontaine begonnen hat: eine Haushaltspolitik
    auf Kosten kommender Generationen, die zukünftig all
    das zahlen müssen, was Rot-Grün in den letzten Jahren
    an unsolider Haushaltspolitik gewagt hat.

    Ich komme zum Schluss.

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Gott sei Dank!)

    Herr Eichel, Ihr Haushaltsentwurf ist unseriös und un-
    realistisch; er verstößt gegen das Grundgesetz und gegen
    internationale Verträge. Nehmen Sie ihn zurück und






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jürgen Koppelin

    legen Sie einen realistischen Haushaltsentwurf vor. Für
    so eine Politik kann die FDP-Fraktion nicht die Hand he-
    ben.

    Vielen Dank für Ihre Geduld.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Ich erteile das Wort der Kollegin Antje Hermenau,

Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

    Auch bedeutungsschwangeres Tremolo, Herr Kollege
    Koppelin, macht nicht richtiger, was Sie gesagt haben.
    Natürlich ist der Bundeshaushalt 2005 eine Zustandsbe-
    schreibung der Baustelle; das ist ganz klar. Natürlich hat
    Deutschland wenig Erfahrung damit, wie Haushalte
    funktionieren und präzise berechnet werden können,
    wenn man mehrere Reformen gleichzeitig in diesem
    Land vorantreibt, was wir tun.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    30 Jahre Kollektivleistung in trauter Eintracht von
    Parteien, die in Deutschland einmal regiert haben – die
    FDP war übrigens 24 Jahre lang dabei; das muss man ab
    und zu erwähnen –,


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 29 Jahre!)


    haben das zur Folge, was wir in Deutschland als Pro-
    blem und Reformstau zu bewältigen haben. Da ist es
    nicht sinnvoll, sich gegenseitig immer nur die Schuld in
    die Schuhe zu schieben. Sinnvoller wäre, sich selber ein-
    fach einzugestehen – das fehlt auf Ihrer Seite noch –,
    dass über Jahre hinweg in Deutschland ein Anspruchs-
    denken aufgebaut worden ist, das so nicht mehr haltbar
    und nicht mehr finanzierbar ist, und dass wir mit der Si-
    tuation jetzt klug und weise umgehen müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wenn Ihnen die Haushaltsberatungen in diesem Jahr
    so ähnlich vorkommen wie die im letzten oder im vor-
    letzten Jahr, dann liegt es nicht nur daran, dass es diesel-
    ben Redner sind, sondern auch daran, dass wir die glei-
    che Baustelle weiter bearbeiten müssen. Dazu gehört das
    strukturelle Defizit und die Tatsache, dass die Ausga-
    benstruktur des Bundeshaushaltes viel zu stark konjunk-
    turabhängig ist. Der Bundeshaushalt ist eigentlich so
    aufgebaut, dass er nur in guten Zeiten wirklich funktio-
    nieren kann. Um es einmal sozialstaatlich auszudrücken:
    Es müssen besonders gute Zeiten sein, damit der Haus-
    halt auch im sozialstaatlichen Bereich funktionieren
    kann. Von diesen Zeiten können wir aber auch in den
    nächsten Jahren nicht ausgehen.

    Dieses angehäufte strukturelle Defizit ist sehr hoch.
    Es beträgt deutlich mehr als der Betrag, der in den letz-
    ten drei Jahren für die Anhebung der Neuverschuldung
    nötig war. Es ist vonseiten des Finanzministers Eichel
    schon vor zwei Jahren der Versuch gemacht worden, an
    der Problematik des strukturellen Defizits zu arbeiten.
    Die zwei Stellschrauben, auf die es dabei ankommt, sind
    die Reform des Sozialstaates und die Rückführung der
    Staatsausgaben.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wie war das mit der Tabaksteuer?)


    Nun kommen wir einmal zur Rolle der Union, die im-
    mer versucht, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu er-
    wecken, sie würde im Bundesrat kooperieren. Als Herr
    Eichel vor zwei Jahren das Steuervergünstigungsabbau-
    gesetz vorlegte, in dem alle Maßnahmen bis auf das letz-
    ten Komma klipp und klar beschrieben waren,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das war ein Steuererhöhungsgesetz!)


    da hat die Union insgesamt sechs Monate Zeit ge-
    braucht, um zu entscheiden, dass sie diesem Gesetz nicht
    zustimmen möchte. Das alleine hat also schon viel Zeit
    gekostet. Unabhängig davon haben Sie natürlich eine
    strukturelle Entlastung in Höhe von 17 Milliarden Euro
    für die gesamte öffentliche Hand verhindert, die drin-
    gend nötig gewesen wäre. Mit der Umsetzung dieses
    Steuervergünstigungsabbaugesetzes hätten wir einen
    Teil unseres strukturellen Defizits in den Griff bekom-
    men.

    Aktuell höre ich zur Eigenheimzulage, dass die
    Union einem Abbau erneut nicht zustimmen möchte.
    Das ist weltfremd; denn aufgrund des demographischen
    Wandels gehen die Bevölkerungszahlen zurück, sodass
    – nicht nur im Osten – immer mehr Wohnungen leer ste-
    hen. Ich kann nicht nachvollziehen, wie Sie hier vorge-
    hen. Genauso wenig kann ich nachvollziehen, dass Herr
    Stoiber deutlich gemacht hat, ein Subventionsabbau in
    der Landwirtschaft komme für ihn nicht infrage. Ich
    finde es unglaublich, dass Sie uns in archaischen Struk-
    turen festnageln wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Zu dieser, wie ich finde, relativ perfiden Strategie, im-
    mer wieder den Versuch zu unternehmen, die rot-grüne
    Bundesregierung finanzpolitisch gegen die Wand knal-
    len zu lassen, kommt hinzu, dass Sie zunehmend Muf-
    fensausen entwickeln. Ich stelle das mit einer gewissen
    inneren Zufriedenheit fest, weil es nämlich wirklich gro-
    ßen Mut erfordert – SPD und Bündnis 90/Die Grünen
    haben ihn bewiesen –, jemandem etwas wegzunehmen,
    woran er sich gewöhnt hat. Das müssen wir hier und da
    tun. Sie kriegen langsam Muffensausen. Nach Ihrem neo-
    liberalen Rausch vom Herbst letzten Jahres, als Sie auf
    Regionalkonferenzen Überlegungen zur Einführung ei-
    ner Kopfpauschale angestellt haben, holt Sie die Realität
    ein.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Tabaksteuer!)

    Wenn man sich einmal Ihr Existenzgrundlagen-

    sicherungsgesetz – das war Ihr Vorschlag zum Arbeits-
    losengeld II – anschaut,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das war ein gutes Gesetz!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Antje Hermenau

    das Sie im Herbst des letzten Jahres anstelle von
    Hartz IV vorgelegt haben, dann kann man die Unionsli-
    nie erkennen, nämlich dass Sie den vollen Unterhalts-
    rückgriff wollen. Das heißt, Kinder haften für ihre Eltern
    und Eltern haften für ihre Kinder. Das ist Sippenhaft im
    Falle von Arbeitslosigkeit.

    Sie wollten, dass das Auto verkauft werden muss.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie disqualifi zieren sich gerade, Frau Kollegin!)

    Wir sind der Meinung, dass die Menschen ein Auto
    brauchen, weil sie sonst keine Arbeit finden. Sie wollten
    die Zuverdienstmöglichkeiten auf null herunterfahren.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau so ist es!)


    Vielleicht haben ein paar ostdeutsche Abgeordnete in Ih-
    ren Reihen begriffen, dass die Zuverdienstmöglichkeiten
    enorm wichtig sind, damit Hartz IV im Osten überhaupt
    funktionieren kann.

    Aber nein, Sie kneifen. Herr Milbradt war sogar da-
    für, Ihre viel schärfere Variante umzusetzen.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


    Er hat sich deswegen gegen Hartz IV und für das Exis-
    tenzgrundlagensicherungsgesetz im Bundesrat ausge-
    sprochen. Dann hat er aber mitbekommen, dass die Zu-
    verdienstmöglichkeiten in einem Land wie Sachsen, wo
    es so viele Arbeitslose gibt, eine Rolle spielen könnten,
    und er hat sich aufgeschwungen, eventuell an einer
    Demo teilzunehmen.


    (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Opportunist!)


    Ich sage Ihnen: Mich ärgert das. Wir brauchen viel
    mehr mutige ostdeutsche Politiker, die in der Lage sind,
    sich in ihren eigenen Parteien durchzusetzen. Herr
    Milbradt hat weder Herrn Koch noch Herrn Stoiber ge-
    stoppt. Deswegen haben Sie eine so schlechte Grundlage
    für den Kompromiss geliefert. Die Auswirkungen müs-
    sen wir jetzt ausbaden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Damit Sie nicht denken, ich würde einfach nur von
    den mutigen ostdeutschen Politikern daherreden, will ich
    Ihnen sagen: Ich habe gegen den Willen meiner Frak-
    tionsspitze damals gegen das Maßstäbegesetz zum Län-
    derfinanzausgleich gestimmt, das die entsprechenden
    Berechnungsformeln beinhaltet, weil ich der Meinung
    war, dass es für die ostdeutschen Kommunen und für die
    ostdeutschen Länder eine große Benachteiligung dar-
    stellt. Man kann sich als ostdeutscher Politiker innerhalb
    seiner Partei und Fraktion schon trauen, seine eigene
    Meinung durchzuhalten.

    Kommen wir zu Herrn Merz. Er ist mit einer, wie ich
    finde, interessanten Vorlage gestartet, was das Thema
    Subventionsabbau im Steuerrecht betrifft. Was ist da-
    raus geworden? Es gab in Bayern eine Beerdigung zwei-
    ter Klasse.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist doch nicht der Landtag, Frau Kollegin!)

    Herr Austermann hat sich vorhin künstlich darüber
    aufgeregt, dass wir im Bereich der Arbeitsmarktmaßnah-
    men, der ABM, und im Bereich der GA bzw. der Infra-
    strukturförderung Kürzungen vornehmen. Erstens war
    die Rückführung der Mittel für ABM immer ein gemein-
    sames Diskussionsgut im Haushaltsausschuss,


    (Joachim Poß [SPD]: Eine Forderung in den Reihen dort drüben! Von Merz: Alles abschaffen! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Forderung der Union!)


    weil klar geworden war, dass ABM keine Dauerlösung
    der strukturellen Arbeitslosigkeit darstellen. Zweitens
    haben die Kürzungen im Bereich der Infrastrukturförde-
    rung etwas mit der Koch/Steinbrück-Liste zu tun. Man
    kann nicht auf der einen Seite einen Ministerpräsidenten
    der Union wie Herrn Koch – er gehört ja wahrscheinlich
    noch zur Union – vorschicken und im Hinblick auf den
    Subventionsabbau eine kleine Vorzeigeliste erstellen las-
    sen und hinterher auf der anderen Seite so tun, als ob ge-
    nau diese Kürzungen nicht hinhauen würden. Herr
    Austermann, Sie beklagen immer die gesunkene Investi-
    tionsquote im Haushalt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!)

    Auch das hat mit der Koch/Steinbrück-Liste zu tun; Sie
    wissen das ganz genau.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Weil wir gerade dabei sind, Dinge aufzuarbeiten, die
    deutlich machen, wer alles am wirklichen Leben vorbei-
    denkt:


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zwar ziemlich weit vorbei!)


    Ich habe darüber nachgedacht, wie das Steuersenkungs-
    konzept der FDP mit dem zusammenpasst, was Herr
    Koppelin gerade mit bedeutungsschwangerem Tremolo
    in der Stimme vorgetragen hat. Ich würde es vorziehen,
    wir würden uns in Wirtschaftsberatungs- und Steuerbe-
    ratungsfragen auf die Lobbyisten verlassen. Für Ihre
    Partei müssten wir dann vielleicht eine andere Aufgabe
    finden.


    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)


    Sie haben in der letzten Zeit versucht, sich mit dem
    Nachhaltigkeitsdeckmäntelchen zu behängen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Frau Hermenau, platt für jemanden, der auf der Flucht nach Sachsen ist!)


    Sie haben versucht, deutlich zu machen, dass Sie in Zu-
    kunft mehr Kompetenz in der Ökologie und im Umwelt-
    schutz zeigen wollen. Echte Nachhaltigkeit – ich spreche
    da aus der Praxis – braucht einen langen Atem, Geduld,
    Zähigkeit und Klarheit in der Meinung. Dies müsste man
    dann auch länger als ein halbes Jahr durchhalten. Sie ha-
    ben am 19. Dezember 2003 Hartz IV zugestimmt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die Grünen auch!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Antje Hermenau

    Ihre Truppenteile in Sachsen tun so, als ob das nicht so
    wäre, und behaupten, sie seien gegen Hartz IV. So kann
    man nicht arbeiten!

    Was die rot-grüne Koalition in den letzten fünf Jahren
    geschafft hat – darauf bin ich sehr stolz –, ist die Stigma-
    tisierung der Verschuldung. Es ist in Deutschland nicht
    mehr, wie es in den letzten 25 Jahren und besonders
    während Ihrer Regierungszeit zur Gewohnheit wurde,
    ganz normal und selbstverständlich, dass man Schulden
    aufnimmt, weil das mit dazugehört. Diese Denkschule
    hat in Deutschland ausgedient.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie machen aber einfach Schulden!)


    Dieser Realität werden auch Sie sich stellen müssen,
    wenn Sie in der nächsten Zeit zufällig an die Regierung
    kommen sollten.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nicht zufällig!)


    Denn die Bevölkerung hat mehrheitlich akzeptiert, dass
    Verschuldung kein Weg ist, der in die Zukunft führt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Bravo! – Jürgen Koppelin [FDP]: Allseits Zustimmung! Sehr gut!)


    – Liebe Kollegen, wir alle kennen uns schon länger:
    Bitte kein Pharisäertum!


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wenn Sie Eichel kritisieren, haben Sie unsere Unterstützung!)


    Wir waren gerade bei den Dauerbaustellen. Das Ren-
    tensystem, das im Wesentlichen entweder eine sozial-li-
    berale oder eine christlich-liberale Ausgestaltung erfah-
    ren hat, hinkt 30 Jahre hinter den Realitäten in diesem
    Land hinterher.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

    Nun kann man das Rentensystem aus Vertrauensschutz-
    gründen nicht zu einer Grundrente ummodellieren; dem
    kann ich folgen. Aber das heißt natürlich trotzdem, dass
    man weiter daran arbeiten muss.

    Ich mache es nachher im Hinblick auf die Verschul-
    dung insgesamt noch einmal deutlich: Es kann nicht
    sein, dass wir die implizite Verschuldung immer ver-
    schweigen. Wir regen uns über den ausgewiesenen
    Schuldenstand in Höhe von 66 Prozent des Bruttoin-
    landsprodukts auf. Dazu kommt aber die implizite Ver-
    schuldung von 270 Prozent des Bruttoinlandsprodukts,
    wenn man die Verpflichtungen in Bezug auf die Pensio-
    nen für Beamte und unsere Rentenverpflichtungen mit
    einrechnet. Das ergibt eine unglaublich hohe Summe.
    Das sind insgesamt mehr als 7 000 Milliarden Euro
    Schulden, die wir alle eigentlich noch verdienen müssen,
    weil dieses Geld nicht auf der Bank gelagert ist. Ich halte
    dies für ein großes Problem, das immer totgeschwiegen
    wird. Wir halten uns hier mit Debatten auf, in denen Sie
    von der Opposition Nickeligkeiten vortragen, anstatt
    dass Sie tatkräftig mit anpacken, das Problem, das Sie
    selber mit geschaffen haben, abzutragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich habe davon gesprochen, dass wir im Bund eine
    Ausgabenstruktur haben, die massiv davon abhängt, wie
    die Konjunktur verläuft. Wie gesagt, in den fetten 70er-
    Jahren konnte man es sich vielleicht leisten, einen ris-
    kanten Haushalt aufzustellen. Aber den Haushalt umzu-
    steuern – das erkennen wir alle selbst – ist ausgespro-
    chen schwer. Wenn die Lohnnebenkosten den Faktor
    Arbeit bestimmen, wenn die sozialen Sicherungssysteme
    die Beschäftigungssituation bestimmen, dann brauchen
    wir als Erstes Arbeitsmarktreformen, damit der Bundes-
    haushalt nicht mehr so konjunkturanfällig ist.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na, na! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber nicht nur reden! Tun!)


    Diese Arbeitsmarktreformen haben wir durchgeführt,
    obwohl Sie beim Kompromiss des Vermittlungsaus-
    schusses den Hinzuverdienstmöglichkeiten der Men-
    schen nicht zustimmen wollten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sagen Sie das Herrn Schreiner und Herrn Lafontaine!)


    Die explizite Verschuldung – das hatte ich gesagt –
    beträgt offensichtlich 66 Prozent des BIP. Aber wenn Sie
    sich einmal anschauen, was an Renten und Pensionen
    noch hinzukommt, dann ist es eine unglaubliche Ver-
    harmlosung des Problemes, wenn Ministerpräsident
    Stoiber aus Bayern sagt: Spart 5 Prozent der Verwal-
    tungsausgaben ein! Das ist eine Verharmlosung des Pro-
    blems, man könnte es auch als Nebelkerzenwerfen be-
    zeichnen, aber so weit will ich gar nicht gehen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ansonsten hat er offensichtlich den Kern des Problems
    nicht erkannt und seine Lösungsansätze nicht verfolgt.
    Er brüstet sich immer damit, ein großer Finanzexperte zu
    sein. Wenn er das wäre, könnte er einen solchen Vor-
    schlag nicht machen. Das ist wirklich eine Verdum-
    mungsstrategie. Die Menschen werden in dieser Frage
    verdummt und können nicht erkennen, worauf es wirk-
    lich ankommt: Wir müssen uns den in Zukunft fälligen
    Zahlungsleistungen, auch denen der Rentenkasse, stel-
    len.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist typisch Bayerische Staatsregierung!)


    – Ich kenne mich mit Herrn Stoiber nicht so genau aus,
    aber ich habe gerade aus berufenem Mund gehört, das
    sei öfter so.

    Es bleibt noch die Frage der Reform des Stabilitäts-
    paktes offen. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich






    (A) (C)



    (B) (D)


    Antje Hermenau

    mich immer dafür stark gemacht habe, dieses Regelwerk
    so streng wie möglich zu befolgen. Ich bin auch weiter-
    hin der Meinung, dass das nötig ist; das ist gar keine
    Frage. Den Vorschlägen, die bisher vonseiten der Kom-
    mission zu mir gedrungen sind, habe ich entnommen,
    dass es bei den bisherigen Kriterien – maximal 3 Prozent
    des Bruttoinlandsprodukts Neuverschuldung und 60 Pro-
    zent des Bruttoinlandsprodukts Gesamtverschuldung –
    bleiben soll. Ich finde es richtig, dass wir bei dieser For-
    mel bleiben.

    Ich habe darüber hinaus gehört, dass man versuchen
    will, den Ländern, die große Schwierigkeiten bei der
    Umstellung haben – wir merken das gerade in der
    Politik –, beim Defizitverfahren entgegenzukommen.
    Das kann ich nachvollziehen und akzeptieren; das halte
    ich für richtig. Das Entgegenkommen ist sehr vernünftig
    ausgehandelt worden; denn im Gegenzug dafür bekom-
    men wir eine strengere Überwachung der nationalen
    Staatshaushalte in wirtschaftlich guten Zeiten. Darauf
    kam es eigentlich immer an. Es kann nicht sein, dass ein
    Land, wenn sein Wachstum einmal 2 Prozent oder
    2,5 Prozent ausmacht, sofort beginnt, sich weiter zu ver-
    schulden, oder Reformen aussetzt,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Diese Probleme hätten wir gern!)


    nach dem Motto: Wir haben jetzt mehr Wachstum und
    mehr Geld, die Reformen sind nicht mehr nötig.

    Ich sage immer salopp: John Maynard Keynes und
    Adam Smith sind längst tot. Beide haben in ihren Wirt-
    schaftsmodellen zwei Aspekte nicht berücksichtigen
    können, weil es sie zu ihrer Zeit noch nicht gab. Das eine
    ist die demographische Entwicklung in Europa – die
    Bevölkerungszahlen sind rückläufig –, das zweite ist die
    globalisierte Wirtschaft. Diese beiden Aspekte sind in
    ihren Wirtschaftsmodellen noch nicht unterstellt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Für Adam Smith würde ich das in Abrede stellen!)


    Europa steht vor der Aufgabe, selber eine neue Wirt-
    schafts- und Finanzstrategie zu entwickeln. Das halte ich
    für eine ganz große Herausforderung. Ich glaube auch,
    dass die Europäer dem gewachsen sind. Wer jetzt Angst
    hat, es könnte zu einer Verwässerung des Stabilitätspak-
    tes kommen, dem sei gesagt: Im ersten Halbjahr 2005
    soll auf EU-Ebene reformiert werden. Die meisten, die
    sich für dieses Thema interessieren, kennen Monsieur
    Jean-Claude Juncker und wissen, dass er zuverlässiger
    Architekt des alten Vertrags gewesen ist. Jean-Claude
    Juncker wird dem Ecofin, dem Rat der Finanzminister
    der Nationalstaaten der Europäischen Union, vorsitzen.
    Das heißt, derjenige, der als wesentlicher Architekt des
    ersten Vertrags galt, wird auch dafür sorgen, dass die Re-
    form im Geiste des ersten Vertrags durchgeführt wird.
    Für mich ist das Vertrauensbeweis genug. Da Sie das er-
    heitert, möchte ich Ihnen sagen: Herr Juncker ist, glaube
    ich, ein konservativer Politiker. Ich möchte ihn nicht rot-
    grünen Verdächtigungen aussetzen.

    Wem das als Autoritätsbeweis noch nicht genügt, dem
    sei hinzugefügt, dass der Verwaltungs- und Beamtenap-
    parat, der früher Herrn Solbes beraten hat, jetzt auch
    Herrn Almunia beraten wird. Dieser Beamtenapparat
    hat erkennen lassen, dass er die Reformbemühungen, die
    jetzt auf europäischer Ebene anstehen, durchaus im
    Geiste der ersten Vereinbarung von Maastricht sieht. Für
    mich ist das Autoritätsbeweis genug.

    Wem das aber immer noch nicht genügt – Sie aufsei-
    ten der Union lästern immer noch herum –, sei gesagt:
    Herr Braun vom DIHT, der kein verdächtiger rot-grüner
    Linker ist, hat deutlich gemacht, dass jetzt endlich ein
    brauchbarer Vorschlag vorliegt, der der Wiederbelebung
    des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auf europäischer
    Ebene dienen kann. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)