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    Plenarprotokoll 15/121 Tagesordnungspunkt 11: Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Berichtigung 118. Sitzung, Seite 10848 (D), dritter Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich nehme zustim- mend zur Kenntnis, dass der Entwurf der Management- antwort auf den Salim-Report bereits eine Reihe von An- regungen konstruktiv aufgreift.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11073 (A) (C) (B) (D) ten Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeits- markt – Hartz IV –, das als Ergebnis der Beratungen des zugewiesenen Aufgaben besonders in den Problemregio- nen des Arbeitsmarktes nicht erwartet werden kann. Ich kann dem Kommunalen Optionsgesetz zum Vier- beschäftigt, dass eine angemessene Verwaltung der neu Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur optionalen Trägerschaft der Kom- munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz- buch (Kommunales Optionsgesetz) (119. Sit- zung, Zusatztagesordnungspunkt 12) Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barthel (Berlin), Eckhardt SPD 07.09.2004 Bindig, Rudolf SPD 07.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 07.09.2004 Kumpf, Ute SPD 07.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 07.09.2004* Meckel, Markus SPD 07.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 07.09.2004** Schauerte, Hartmut CDU/CSU 07.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 07.09.2004 Schöler, Walter SPD 07.09.2004 Schösser, Fritz SPD 07.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 07.09.2004 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 07.09.2004 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 07.09.2004 Schwanitz, Rolf SPD 07.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.09.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Vermittlungsausschusses vom 30. Juni 2004 dem Deut- schen Bundestag zugeleitet wurde, nicht zustimmen. Ich verweise auf die unzureichende Umsetzung des Grund- satzes „Fördern und Fordern“, auf die die CDU/CSU- Fraktion an anderer Stelle aufmerksam macht – Druck- sache 15/3541. Mein Haupteinwand besteht jedoch darin, dass der damit erreichte Stand der Gesetzgebung nicht ausreicht, um einen verantwortbaren Reformverlauf zu sichern. Das vorliegende Gesetz hat insbesondere für Regio- nen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit erhebliche Aus- wirkungen, indem es die Modalitäten der Trägerverant- wortung festlegt, den Finanzausgleich praktisch abschließend regelt und damit auch den Zeitpunkt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 endgültig fixiert. In der kurzen Prüfungszeit, die zwischen Vorlage des Vermittlungsergebnisses und der Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten zur Verfügung stand, bin ich angesichts der weiterreichenden Konsequenzen des Gesetzes zu dem Schluss gekommen, dass die in ihm vorgegebenen Regelungen keine ausreichende Vorsorge für zu erwartende Umsetzungsprobleme liefern. Ich halte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen steuerfinanzierten Leistung für richtig und notwendig und habe diese Auf- fassung im Bundestagswahlkampf 2002 auch gegen Vor- würfe von Sozialdemokraten verteidigt. Dabei war mir stets bewusst, das eine solche Reform einen erheblichen Einschnitt in das soziale Leistungsgefüge unseres Staa- tes bedeutet, der mit Blick auf die Betroffenen nur dann verantwortbar ist, wenn die erforderliche Vollzugssorg- falt gewährleistet werden kann. Dies ist nach Lage der Dinge offenbar nicht gegeben. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Optionsgeset- zes sehr viel später vorgelegt als geplant. Sie war jedoch nicht bereit, den Inkraftsetzungstermin um einige Zeit zu verschieben und hat damit die nachfolgende Umsetzung unter einen Zeitdruck gesetzt, der die Beteiligten zwangsläufig überfordern wird. Die bisherigen Beratun- gen haben keine hinreichende Transparenz in die kom- plexen Finanzströme zwischen Bundesanstalt, Länder und Kommunen gebracht. So bleibt bei dem vorliegen- den Gesetz völlig unklar, ob in Regionen mit hoher Ar- beitslosigkeit angemessene Mittel für die erforderlichen Eingliederungsleistungen zur Verfügung stehen. Die Er- wartung einer aktivierenden Hilfe für erwerbsfähige Ar- beitslose wird damit gerade dort unerfüllt bleiben, wo sie am dringlichsten ist. Die Bundesagenturen für Arbeit, denen nach den Hartz-IV-Regelungen eine Schlüsselverantwortung zu- kommt, sind nach meiner Beobachtung vielerorts so stark mit der Umsetzung der anderen „Hartz-Gesetze“ 11074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 (A) (C) (B) (D) Auch dies wäre ein Argument für eine Verschiebung der Inkraftsetzung gewesen. Für zahlreiche Kommunen sind bei den Unterkunfts- kosten zusätzliche Finanzlasten zu erwarten. Der dafür vorgesehene Ausgleich ist unzureichend geregelt. Um nachfolgende Verteilungskonflikte, die möglicherweise sogar auf dem Rücken der Leistungsempfänger ausgetra- gen werden, zu vermeiden, hätte es eines klaren, gründ- lich geprüften Zuwendungsgesetzes bedurft. Die Betroffenen, die Einkommenskürzungen hinneh- men müssen, werden so zusätzlich zu Opfern eines Um- setzungschaos gemacht. Das kann nicht im Interesse ei- nes Reformanliegens sein, das ich ausdrücklich für notwendig halte und unterstütze. Ich halte die jüngste Verständigung im Vermittlungs- ausschuss für noch nicht ausreichend, um eine verant- wortbare Umsetzung zu ermöglichen, und lehne sie des- halb ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005, hier: Einzelplan 06, Bundesministerium des Innern (Haushaltsge- setz 2005) (Tagesordnungspunkt 1) Petra Pau (fraktionslos): Vor drei Jahren, am 11. September 2001, gab es die verheerenden Attentate in New York und Washington. Der Bundestag reagierte damals parteiübergreifend mit Trauer und mit Solidari- tät. Zugleich wurden die eigenen Gesetze für innere Si- cherheit im Bündel verschärft, zum Teil drastisch. Das Ganze wurde in Anlehnung an den Bundesinnenminister als „Otto-Paket I“ und „Otto-Paket II“ bezeichnet. Die waren, vorsichtig formuliert, nicht unumstritten. Die PDS lehnte sie ab, weil sie tief in verbriefte Bürgerrechte eingreifen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versprach damals, ihre Wirkungen und Nebenwirkungen nach zwei bis drei Jah- ren gründlich zu prüfen. Diese Frist ist um. Allerdings höre ich nichts von der versprochenen parlamentarischen Überprüfung. Deshalb erinnere ich daran, ich fordere sie namens der PDS ein. Stattdessen vernehme ich andere Signale. Sie kom- men nicht mehr kompakt, als Paket daher, sie werden aber permanent versendet. Demnach sollen Sicherheits- behörden zentralisiert, Befugnisse erweitert und Kompe- tenzen vermischt werden. Das Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird immer häufiger in- frage gestellt. Und die Bundeswehr soll im Innern einge- setzt werden – jedenfalls nach dem Willen der CDU/ CSU. Die PDS lehnt das ab. Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Die eigentlichen Fragen sind: Wie viele Bürgerrechte dürfen namens einer realen oder vermeint- lichen Terrorgefahr abgeräumt werden? Und welchen tatsächlichen Nährwert hat das für die versprochene Si- cherheit? Das betrifft auch den Datenschutz. Er ist, er wird massiv gefährdet. Die USA fordern von allen Passagie- ren, die ein- oder überfliegen, mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Bundesinnen- minister Schily, SPD, und Bundesaußenminister Fischer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, indes haben dem Daten- Deal zugestimmt. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Es gibt ein zweites, aktuelles Beispiel: Die 16-seiti- gen Fragebögen für das neue Arbeitslosengeld II werden von offiziellen Datenschützern kritisiert. Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie ihr Vorgehen für recht- lich korrekt hält. Die Antwort lautet im Kern: Nein, aber wir tun es dennoch. – Wer so agiert, darf sich bei nie- mandem über mangelndes Rechtsbewusstsein und bei keinem wegen Parteienverdrusses beschweren. Der Volksmund weiß: Der faule Fisch stinkt am Kopf zuerst. Ein weiteres Thema haben wir im Bundestag hinrei- chend gewälzt, mit schlechtem Erfolg: das Zuwande- rungsrecht. Vor fünf Jahren hatten SPD und Grüne ein modernes Gesetz versprochen. Am Ende aller Kommis- sionen, Kompromisse und Kuhhandel stand ein Papier, das von der CDU/CSU diktiert und von Rot-Grün geseg- net wurde. Bundesinnenminister Schily sattelt noch drauf. Er will Flüchtlingslager an der Küste Afrikas einrichten. Dank der „Süddeutschen Zeitung“ und einem Interview, das Heribert Prantl führte, wissen wir auch, warum. Dort greife weder EU- noch deutsches Recht, meinte der Bun- desinnenminister. So weit sind wir gekommen, so tief gesunken. Mit Vorsatz soll Menschen in Not der wenige Rechtsschutz versagt werden, der sie noch hoffen lässt. Dass CDU-Politiker dieser absurden Idee folgen, wun- dert mich nicht mehr. Dass auch Oskar Lafontaine dem Vorschlag zustimmt, spricht nicht für Otto Schily, son- dern gegen den SPD-Rebellen. Monat für Monat frage ich die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straftaten registriert wurden und verfolgt werden. Wer dies, wie ich, tut, bekommt bestä- tigt, was viele im Lande erfahren – allemal Opfer von rechtsextremen Gewalttaten. Die Gefahr ist real und groß. Leider fragt im Bundestag nur die PDS danach, keine andere Partei. Im Schnitt gibt es täglich 20 rechts- extreme Straftaten und jeden Tag mehr als eine Gewalt- tat. Wer die Materie kennt, weiß auch: Die offizielle Sta- tistik stapelt tief. Die tatsächliche Gefahr ist viel größer. Inzwischen feiern rechtsextreme Parteien Wahl- erfolge. Sie verlassen den Hinter- oder Untergrund, sie präsentieren sich öffentlich. Wie aber reagieren die meisten Parteien des Bundestages darauf? Sie werfen die NPD und die PDS in einen Topf. Wer das tut, hat nichts verstanden. Schlimmer noch: Er beleidigt Zigtausende Antifaschisten und er verharmlost Rassisten und Neofa- schisten. Obendrein wird das ohnehin müde „Bündnis der Anständigen“ gefährdet. So kurzsichtig darf man nicht sein. „Mehr Demokratie“ war ein Slogan Willi Brandts und es war eine Forderung der Grünen seit ihrer Gründung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 11075 (A) (C) (B) (D) Es war auch ein Versprechen, mit dem Rot-Grün 1998 den Regierungswechsel schaffte. Geblieben ist davon fast nichts. Seit nunmehr sechs Jahren pokert Rot-Grün erfolgreich gegen Volksabstimmungen auf Bundesebene. Selbst ein Plebiszit über die künftige EU-Verfassung – ein aktuelles Begehr – scheitert nicht nur an der CDU/ CSU, sondern auch an Rot-Grün. Ich wiederhole für die PDS im Bundestag: Mehr Demokratie ist eine Schlüssel- frage, um die politischen Krise positiv zu wenden. 80 Prozent der Bevölkerung wollen dies. Sie wollen mehr Mitbestimmung und keine Basta-Politik. Sie haben Recht. 121. Sitzung Berlin, Dienstag, den 7. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Es ist geradezu absurd, dass wir jetzt

    eineinviertel Stunden lang eine Haushaltsrede des Bun-
    desfinanzministers gehört haben, die das Thema „Situa-
    tion des Haushalts, Perspektiven des Finanzplans für die
    Zeit ab 2005“ überhaupt nicht tangiert hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Was hat das denn damit zu tun gehabt?)


    Man hatte vielmehr den Eindruck – das wurde auch in
    dem äußeren Auftreten deutlich –, dass er sich mit seiner
    Rede an diese gelangweilten und gescheiterten Froh-
    naturen, die eben noch hier gesessen haben, gerichtet
    hat. Der Finanzminister hat immer nach rechts geschaut.
    Ich vermute, der Kanzler hat ihm vorher gesagt: Hans,
    wenn du über den Haushalt redest, fliegst du gleich raus.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Welch unangemessener Ton!)


    Deshalb hat er gesagt: Ich halte mich zurück und warte
    noch ein bisschen.
    Die Situation ist ziemlich klar. Herr Eichel, Sie wer-
    den es nicht erreichen, dass ich alle die Themen, die Sie
    haben, aufgreife. Ihre Rede war ein ausgesprochener
    Themensalat, aber nichts davon hatte mit dem Haushalt
    zu tun. Ich möchte dennoch einige Bemerkungen zu dem
    machen, was Sie gesagt haben:

    Sie werfen uns vor, wir hätten eine Fülle von Maß-
    nahmen verhindert, und deswegen hätten Sie nicht spa-
    ren können. Ich lese Ihnen einmal aus dem Protokoll des
    Vermittlungsausschusses vom letzten November vor.
    Danach haben Sie Kürzungen in einer Größenordnung
    von 24,5 Milliarden Euro vorgeschlagen. Gemeinsam
    getragen wurden Kürzungen in Höhe von 22,7 Milliar-
    den Euro. Lediglich Kürzungen in Höhe der verbliebe-
    nen Differenz wurden von uns aus den unterschiedlichs-
    ten Gründen nicht mitgetragen. Jetzt zu sagen, wir hätten
    Ihre Sparmaßnahmen blockiert, ist geradezu aberwitzig.

    Wir haben bei der Kürzung der Eigenheimzulage mit-
    gemacht. Erzählen Sie doch nicht den Quatsch, hier sei
    nichts verändert worden. Ich nenne nur die Entfernungs-
    pauschale und die im Rahmen des „Korb II“ durchge-
    führten Änderungen bei der Tabaksteuer und einer gan-
    zen Reihe sonstiger Steuern.

    Auch bei der Umsetzung des Koch/Steinbrück-Pa-
    piers haben wir mitgemacht. Die Liste dieser Sparvor-
    schläge kam ja nicht aus Ihrem Haus, sondern von den
    Ministerpräsidenten. Aber wie sehen die Konsequenzen
    des Koch/Steinbrück-Papiers aus? Das, was darin zum
    Thema Kohle beschlossen worden ist, haben Sie igno-
    riert.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig! Ja!)

    Sie haben weiterhin Hunderte von Millionen Euro in die-
    sen Bereich gesteckt und mittelfristig ein Programm in
    Höhe von über 16 Milliarden Euro als zusätzliche Hilfe
    für die Kohle aufgelegt. Erzählen Sie uns also nicht, wir
    seien zum notwendigen Subventionsabbau nicht bereit
    und hätten die Kürzungsmaßnahmen, die Sie vorgesehen
    haben, nicht verantwortet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Eichel, wenn ich das, was Sie zum Haushalt ge-

    sagt haben, richtig werte, dann komme ich zu folgendem
    Schluss: Sie haben zu wenig Geld und Sie geben es auch
    noch falsch aus. Alles andere, was Sie gesagt haben,
    hatte mit dem Haushalt im Wesentlichen nichts zu tun.

    Herr Eichel, lassen Sie mich, auch wenn die Vergan-
    genheit für Sie sicherlich nicht hilfreich ist, auf das
    Jahr 1998 Bezug nehmen: Im Jahre 1998 betrug das ge-
    samtstaatliche Defizit 2,2 Prozent und es gab steigende
    Beschäftigung, sinkende Arbeitslosenzahlen und spru-
    delnde Steuereinnahmen. Das hat den Bundeskanzler,
    der damals noch Kanzlerkandidat war, veranlasst zu sa-
    gen: Dies ist mein Aufschwung.

    Herr Eichel, was haben Sie daraus gemacht? 1998
    war Deutschland wie ein intaktes Auto mit intaktem Mo-
    tor, gewissermaßen ein Superfahrzeug.


    (Joachim Poß [SPD]: Oh, oh!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dietrich Austermann

    Sie haben gleichzeitig Gas gegeben und die Bremse ge-
    treten und dadurch den Motor ruiniert. Jetzt wundern Sie
    sich, dass das Fahrzeug nicht mehr so gut fährt und stot-
    tert. Genau das ist die derzeitige Situation.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Um das angesprochene Beispiel mit dem Nobelpreisträ-
    ger aufzunehmen: Wenn hier im Hause jemand einen
    Nobelpreis verdient hätte, wären Sie es: wegen Schul-
    denmachens.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Jawohl!)

    In dieser Hinsicht sind Sie in der Tat ungeschlagene
    Spitze.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun komme ich zu den konkreten Zahlen des Haus-

    haltes und zur tatsächlichen Situation in Deutschland.
    Damit reden wir unser Land nicht schlecht. Niemand hat
    daran Interesse. Aber man muss die Situation so be-
    schreiben, wie sie ist: Wir befinden uns in der größten
    Haushalts-, Finanz- und Arbeitsmarktkrise seit 1949.
    Der Haushaltsentwurf, den Sie, Herr Eichel, vorgelegt
    haben, verschärft diese Krise. Als Basis für gemeinsame
    Gespräche ist er ungeeignet. Deswegen sagen wir: Neh-
    men Sie diesen Haushaltsentwurf zurück und legen Sie
    einen neuen vor. Besser wäre, wenn ein anderer Finanz-
    minister einen neuen Entwurf einbringen würde, damit
    ein Papier vorgelegt wird, über das man streiten und ent-
    scheiden kann.

    Jetzt möchte ich zusammentragen, wie die Situation
    bis Ende 2005 tatsächlich aussieht, wenn dieser Haushalt
    gegolten haben wird. 2005 befinden wir uns sechs Jahre
    nach der Übernahme der Regierung durch Rot-Grün und
    zwei Jahre vor dem Ende der rot-grünen Regierungszeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir befinden uns Ende 2005 in einer Situation, in der Sie
    neue Schulden in Höhe von 150 Milliarden Euro ge-
    macht haben werden. Der Schuldenstand wird auf
    890 Milliarden Euro angestiegen sein. Darüber hinaus
    haben Sie Bundesvermögen in Höhe von 100 Milliarden
    Euro verscherbelt. Wenn ich die neuen Schulden von
    150 Milliarden Euro und das verscherbelte Bundesver-
    mögen von 100 Milliarden addiere, entspricht das Ver-
    mögen, das Sie verbrannt haben – 250 Milliarden Euro –,
    exakt der Dimension des Bundeshaushaltes für ein gan-
    zes Jahr. Dies ist in der Tat kein Beweis für eine nachhal-
    tige Politik, die Sie von Rot-Grün – vor allem die
    Grünen – immer wieder anmahnen.

    Diese Situation spüren auch die Bürger in unserem
    Land an vielen Stellen. Die Reallöhne stagnieren auf
    dem Niveau des Jahres 1991. Die Sozialhilfeausgaben
    sind seit 1998 um 3 Milliarden Euro gestiegen.
    1,2 Millionen Kinder leben von der Sozialhilfe. Unter
    Rot-Grün ist Deutschland ärmer geworden. Herr Bun-
    desfinanzminister, Sie sind mit Abstand der größte
    Schuldenmacher und Vermögensminderer, der in der
    Nachkriegszeit in Deutschland tätig geworden ist.

    Man kann ganz grob sagen: Überall dort, wo Rot-
    Grün regiert, ist die Situation gleich. Wo Rot-Grün re-
    giert, ist die Pleite programmiert. Das könnte ich auch
    auf Schleswig-Holstein beziehen; denn hier gibt es Pa-
    rallelen. Man muss bloß ein Fernglas nehmen, es umdre-
    hen und die entsprechenden Zahlen vergleichen. Dann
    stellt man etwa die gleiche Situation fest. Rot-Grün
    bleibt Rot-Grün, ob in Kiel oder Berlin. Nur ein Unter-
    schied ist: Die Zahlen für Kiel sind ein Dreißigstel der
    Zahlen für den Bund. Bei den geplanten Schulden wurde
    zu Beginn des Jahres ein Betrag x angegeben; am Ende
    des Jahres kam der doppelte Betrag heraus. Die Investi-
    tionen sinken ständig. Der Haushalt ist drei Jahre hinter-
    einander verfassungswidrig. Die Investitionen schrump-
    fen. In 16 Jahren wurden in Schleswig-Holstein unter
    Frau Simonis und ihrem Vorgänger mehr Schulden ge-
    macht als in den 39 Aufbaujahren der von der CDU ge-
    führten Regierungen in Kiel.

    Herr Eichel, die neuen Schulden, die Sie in diesem
    Jahr machen, reichen aus, um jeden Schleswig-Holstei-
    ner mit einem neuen Golf-Fahrzeug zu versehen:
    45 Milliarden Euro neue Schulden in diesem Jahr! Al-
    leine die Zinsen auf die Schulden, die Sie seit 1998 ge-
    macht haben, decken das gesamte Ausgabenvolumen
    des Kieler Landesetats ab. Dass es auch besser geht,
    zeigt übrigens das Saarland. Sie können daran sehen: Wo
    die Union regiert, läuft es besser. Das Saarland hatte frü-
    her die rote Laterne, unter Lafontaine – die Älteren wer-
    den sich noch an ihn erinnern –, inzwischen ist diese rote
    Laterne abgegeben worden und Schleswig-Holstein hat
    sie. Wir werden das in Schleswig-Holstein ab 2005 än-
    dern.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der Haushaltsent-

    wurf 2005 ist der Inbegriff des Scheiterns rot-grüner
    Haushalts- und Finanzpolitik: Er ist offensichtlich ver-
    fassungswidrig, verstößt gegen die Maastricht-Kriterien,
    ist ohne Perspektive, enthält keine Konsolidierung, be-
    deutet eine Überforderung künftiger Generationen, ist
    wachstumspolitisch kontraproduktiv und finanzpolitisch
    unsolide. Er enthält eine Fülle von Risiken, die nicht
    verarbeitet worden sind. Wie kann man hier einen Haus-
    haltsentwurf vorstellen und gleichzeitig sagen: „Ich
    weiß, dass verschiedene Ausgaben nicht eingeplant und
    dass verschiedene Einnahmen zu hoch angesetzt worden
    sind“?

    Ich rechne Ihnen das bei Hartz IV einmal vor: Da
    fehlen 5 Milliarden Euro. Sie haben zunächst entgegen
    dem beschlossenen Gesetz den Arbeitslosenhilfe-Emp-
    fängern die Januarzahlung verweigern wollen – 1,9 Mil-
    liarden Euro –; Sie haben den Gemeinden etwas verspro-
    chen, was Sie im Haushalt nicht vorgesehen haben
    – 1,4 Milliarden Euro –; Sie haben nicht berücksichtigt,
    dass für mehr Leute Eingliederungsgeld erforderlich ist
    – das macht 700 Millionen Euro –, und Sie haben nicht
    bedacht, dass unter Ihrer Regierung die Zahl der Lang-
    zeitarbeitslosen leider nicht statisch ist oder zurückgeht,
    sondern dass sie ständig steigt. Insgesamt fehlen alleine
    bei Hartz IV 5 Milliarden Euro. Es fehlen darüber hi-
    naus etwa 5 Milliarden Euro für den Arbeitsmarkt. Es
    fehlen Mauteinnahmen: Mit Sicherheit kommen die
    3 Milliarden Euro im nächsten Jahr wie in diesem Jahr






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dietrich Austermann

    nicht zusammen. Der mit 3,5 Milliarden Euro angesetzte
    Bundesbankgewinn dürfte utopisch sein. 2 Milliar-
    den Euro aus dem ERP-Sondervermögen – darüber
    müssen wir noch einmal reden. Eine Reihe von Detail-
    entscheidungen sind offensichtlich von vornherein
    kontraproduktiv für die weitere wirtschaftliche Ent-
    wicklung. Schauen wir es uns doch einmal an: Der Ver-
    kehrsetat sinkt ständig. Ursprünglich sollten einmal
    3 Milliarden Euro aus Mauteinnahmen draufgelegt wer-
    den – mehr für Schiene, Straße und Wasserstraße. Was
    ist tatsächlich passiert? Sie haben die Mittel gekürzt,
    weil die Mauteinnahmen ausblieben, sodass heute nur
    noch 75 Prozent der Mittel zur Verfügung stehen. Der im
    Juni beschlossene Bundesverkehrswegeplan ist Makula-
    tur.

    Lassen Sie mich auch etwas zur Förderung in den
    neuen Bundesländern sagen, Herr Eichel. Sie haben
    das Thema Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirt-
    schaftsstruktur“ leider nicht angesprochen. Deshalb
    muss ich es tun. Die Förderung der regionalen Wirt-
    schaftsstruktur lag im Jahre 1998 um 1 Milliarde Euro
    höher als heute. Sie ist mehr als halbiert worden. Das be-
    deutet, in den neuen Bundesländern können Anstöße für
    die wirtschaftliche Entwicklung, für Betriebserweiterun-
    gen überhaupt nicht mehr in dem Umfang gegeben wer-
    den. Sie haben, über Koch/Steinbrück hinaus, auch noch
    die Mittel für dieses Jahr bis Mitte des Jahres gänzlich
    gesperrt und damit nur einen Teil zur Verfügung gestellt.
    Milliardeninvestitionen in den neuen Bundesländern lie-
    gen heute auf Eis und können nicht umgesetzt werden,
    weil Sie die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Ver-
    besserung der regionalen Wirtschaftstruktur“ brutal zu-
    sammengestrichen haben. Wenn ich dann noch sehe,
    dass die Bundesagentur für Arbeit in gleicher Weise bei
    den Mitteln für aktive Arbeitsmarktpolitik vor allen Din-
    gen in den neuen Bundesländern kürzt – und das mit Ih-
    rer Unterstützung –, kann ich nur sagen: Pfui Deiwel,
    was hier in den neuen Bundesländern gemacht wird!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Während Sie das tun, wird gleichzeitig ein erhebli-

    cher Betrag für die Kohle zusätzlich draufgesattelt. Ich
    habe die Größenordnung genannt: Über 16 Milliar-
    den Euro zusätzlich bis zum Jahre 2003.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2003? Sie sind ja völlig durcheinander!)


    – 2013, vielen Dank. – Und dann reden Sie von einer In-
    novationsoffensive. Wenn man sich das anschaut, stellt
    man fest: Da wird ein kleiner Kleckerbetrag zusätzlich
    bereitgestellt, unter der Voraussetzung, dass wir einer
    weiteren Kürzung der Eigenheimzulage zustimmen –
    wie im Haushalt ja überhaupt viele Dinge voneinander
    abhängig gemacht werden, damit man hinterher gar
    nicht mehr weiß, woran es gelegen hat, wenn etwas kas-
    siert wird.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir schon alles!)


    In der Tat wird im Etat für Forschung im Jahr 2005 we-
    niger Geld für Innovation bereitgestellt. Und das nennen
    Sie Innovationsoffensive! In der Semantik waren die Ro-
    ten immer groß, in der Realität haben Sie immer versagt.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, Rot-Grün hat die größte

    Wachstums- und Beschäftigungskrise im Land zu ver-
    antworten. Dass wir jetzt nur ein Miniwachstum zu ver-
    zeichnen haben, ist das Ergebnis von sechs Jahren
    wachstumsfeindlicher Politik. Dass es auch anders geht,
    sehen wir in vielen Industrienationen. Dass der Export
    brummt, beweist im Grunde genommen nur, dass es alle
    Länder um uns herum, die unsere exportierten Waren
    kaufen, wesentlich besser können. Sie sind in bescheide-
    nem Maße gewissermaßen ein Trittbrettfahrer der Welt-
    wirtschaft.

    Wie wir wissen, führt das allerdings nicht dazu, dass
    zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Es gibt gewisserma-
    ßen „jobless growth“, das heißt, eine sinkende und keine
    steigende Beschäftigung. Bei den Steuereinnahmen ist
    es genau das Gleiche. Einen Aufschwung können Sie
    aus der Bilanz, die Sie heute vorgelegt haben, nicht ent-
    nehmen. Die Steuereinnahmen stagnieren bestenfalls
    und die Beschäftigung sinkt. Das macht in der Tat große
    Probleme. Es gibt in letzter Zeit 600 000 Beitrags- und
    Steuerzahler weniger. Jeder kann sich vorstellen, was
    das auch für die sozialen Sicherungssysteme bedeutet.
    Die Zahl der Firmenpleiten wird in diesem Jahr ein
    neues Rekordniveau erreichen. Der Stillstand dauert seit
    drei Jahren an. In diesem Jahr wird die Neuverschuldung
    des Bundes zum dritten Mal hintereinander die Verfas-
    sungsgrenze übersteigen und die Maastricht-Kriterien
    verletzen.

    Herr Eichel, Sie werden verstehen, dass ich Aussa-
    gen, die Sie einmal gemacht haben, zitiere, auch wenn
    man sagen kann, dass Sie die Rede, die Sie heute gehal-
    ten haben, auch vor einem, zwei oder drei Jahren hätten
    halten können. Das, was Sie mit Blick nach vorne gesagt
    haben, war relativ dürftig und ist im Übrigen auch in der
    Vergangenheit schon nicht eingetreten. Ende 2001 haben
    Sie gesagt: Auf jeden Fall werden wir unter der Grenze
    von 3 Prozent bleiben. Wir werden den Stabilitätspakt
    auf Punkt und Komma einhalten, allenfalls nicht, wenn
    der Himmel einstürzt.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Man hat den Eindruck, der Himmel sieht ziemlich

    verbeult aus. Er ist schon dreimal eingestürzt – the same
    procedure as every year. Der regelmäßige Einsturz des
    Himmels gehört offensichtlich zur Routine von Rot-
    Grün. Sie haben den Marsch in den Schuldenstaat ange-
    treten. Ich habe darauf hingewiesen, wie groß die Schul-
    den sind, die Sie uns hinterlassen werden. Sie wollen die
    Investitionsausgaben mittelfristig um 10 Milliarden Euro
    herunterfahren. Wir haben die niedrigste Investitions-
    quote der Nachkriegszeit. Die Substanz unserer Volks-
    wirtschaft wird in rasantem Tempo aufgezehrt. Gleich-
    zeitig wird die Staatsverschuldung mit zunehmender
    Geschwindigkeit in die Höhe getrieben. Am Jahresende
    werden gewaltige Beträge fehlen.

    Schauen Sie sich allein die Steuereinnahmen des Bun-
    des in den ersten sieben Monaten dieses Jahres an. Tei-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dietrich Austermann

    len Sie sie durch sieben und multiplizieren Sie sie mit
    13 – also einschließlich des Weihnachtsgeldes, wenn es
    denn noch gezahlt wird –, dann kommen Sie in diesem
    Jahr auf eine Lücke in einer Größenordnung von
    18 Milliarden Euro. Das zeigt die ganze Dramatik der
    Entwicklung. Wir werden in diesem Jahr neue Schulden
    in Höhe von 45 Milliarden Euro – vielleicht sogar we-
    sentlich mehr – statt geplanter 30 Milliarden Euro ma-
    chen.

    Man muss die Fragen stellen, warum diese Entwick-
    lung so eingetreten ist und warum das Geld eigentlich
    fehlt. Zum einen sind die konsumtiven Ausgaben gestie-
    gen. Für die Rente geben wir gegenüber 1998
    50 Prozent mehr aus. Leider kommt das wegen der unbe-
    rechenbaren Rentenpolitik nicht bei den Rentnern an.
    Daneben wird der Umsatzsteuerbetrug nicht entschlos-
    sen bekämpft. Die großen Körperschaften wurden da-
    durch belohnt, dass der Staat jahrelang praktisch auf
    Steuereinnahmen verzichtet hat. 2001 und 2002 wurde
    keine einzige Mark bzw. kein einziger Euro an Körper-
    schaftsteuer eingenommen. Das in den 90er-Jahren übli-
    che Körperschaftsteueraufkommen ist bis heute auf ein
    Drittel geschrumpft. Vor allen Dingen das macht deut-
    lich, weshalb Geld fehlt. Geld fehlt natürlich auch, weil
    es kein Wachstum gibt. Geld fehlt wegen des tölpelhaf-
    ten Vorgehens bei der Maut. Geld fehlt, weil der Staat
    nicht investiert, weder in den Verkehr noch in die For-
    schung. Geld fehlt wegen der immer höheren Steuerbe-
    lastung.

    Es ist schon aberwitzig, dass sich Einzelne in der Re-
    gierung, die 1998 mit dem Vorsatz angetreten sind, den
    Menschen das Autofahren zu verübeln, jetzt darüber ent-
    rüsten, dass Energiekonzerne die Energiepreise nach
    oben treiben. Das muss doch genau die Politik sein, die
    Herr Trittin und Frau Künast immer wollten:


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wo sind sie denn?)


    hohe Energiepreise, um eine entsprechende Entwicklung
    beim Autofahren zu erreichen. Derjenige, der in diesem
    Jahr 18,7 Milliarden Euro an Ökosteuer einkassiert, regt
    sich über die Energiekonzerne auf. Nach dem Rasen für
    die Rente und dem Rauchen für die Gesundheit können
    Sie den Leuten doch nicht deutlich machen, dass Ihre
    Energiepolitik beim Wachstum etwas zur positiven Ent-
    wicklung beiträgt. Genau das Gegenteil ist der Fall.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


    Meine Damen und Herren, die Steuern fehlen aber
    auch deshalb, weil die Politik den Steuerflüchtigen kein
    echtes, vertrauenswürdiges Angebot gemacht hat und
    weil es nicht gelungen ist, die Schwarzarbeit zu be-
    kämpfen. Das Volumen der Schwarzarbeit hat sich auf
    16 Prozent des BIP erhöht.

    Von 1998 bis in dieses Jahr hinein ist das Volumen der
    Schwarzarbeit um 100 Milliarden Euro gestiegen. Wenn
    das, was heute in Deutschland an Schwarzarbeit geleistet
    wird, in legale Arbeit umgewandelt werden könnte, wür-
    den fünf Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstehen
    und die Sozialabgaben um 6 Prozent sinken. Noch ein-
    mal: Wenn es uns gelingen würde, die Schwarzarbeit zu
    bekämpfen, gäbe es zusätzliche Arbeitsplätze für 5 Mil-
    lionen Menschen. Dass Sie es nicht geschafft haben, die
    Schwarzarbeit zu bekämpfen, lag auch an dem Zick-
    zackkurs vom Ende letzten Jahres, der dann von uns in
    eine vernünftige Regelung korrigiert wurde. Es musste
    ständig neu überlegt und neu nachgedacht werden.

    Wenn sich meine Rechnung bestätigen sollte, steht im
    November fest, dass Deutschland nicht weniger, sondern
    mehr Reformen braucht. Sie haben die Reformen übri-
    gens nur am Rande angesprochen. Ich gestatte mir, da-
    rauf hinzuweisen, dass der Bundeskanzler selbst gesagt
    hat: Es war ein Fehler, 1999 im Zusammenhang mit der
    Rente so gehandelt zu haben, wie man gehandelt hat. Er
    hat inzwischen auch eingesehen, dass es ein Fehler war,
    die Reformen im Gesundheitssystem zurückzunehmen.
    Er hat ebenso eingesehen, dass Sie an verschiedenen an-
    deren Stellen entscheidende Fehler gemacht haben, bei-
    spielsweise bei den Sozialabgaben und den Steuern.
    Gleiches gilt für viele andere Reformen, die Sie gemacht
    haben und die in die falsche Richtung gingen.

    Die Menschen bei uns in Deutschland gehen auf die
    Straße, weil sie keine Perspektive haben. Sie haben das
    Problem, ihnen nicht vermitteln zu können, dass es in
    absehbarer Zeit wieder aufwärts gehen wird. Zudem
    müssen die Belastungen jetzt wesentlich schärfer ausfal-
    len, weil man sechs Jahre verschlafen hat – Sie haben
    unsere richtigen Korrekturen nicht beibehalten –, die
    Entwicklung voranzutreiben. Ich glaube, das ist der ent-
    scheidende Punkt, der unser Land in diese Schwierigkei-
    ten gebracht hat: Alle vernünftigen Anstrengungen von
    uns haben Sie konterkariert und damit den Pfad in Rich-
    tung weniger Wachstum und Stagnation eingeschlagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen eine Entlastung bei den Kosten der so-

    zialen Sicherungssysteme. Wir brauchen Flexibilität auf
    dem Arbeitsmarkt. Friedrich Merz hat dafür konkrete
    Vorschläge vorgelegt. Wir brauchen mehr Transparenz
    im Gesundheitswesen. Wir brauchen Verbesserungen im
    Bildungssystem. Wir brauchen eine wachstumsorien-
    tierte Steuerreform und -vereinfachung. Auch dafür
    haben Friedrich Merz und unsere Präsidien Vorschläge
    vorgelegt. All das könnte man sofort übernehmen und
    anfangen. Man könnte sofort Schritte unternehmen, die
    Steuerlast in Deutschland zu senken. Dass es nicht funk-
    tioniert, immer höhere Steuern zu verordnen, sieht man
    am besten am Beispiel Tabaksteuer: Je mehr der Staat
    die Bürger auspresst, umso weniger Einnahmen kom-
    men herein. Das war der falsche Weg. Deswegen sagen
    wir: Runter mit den Steuern! Wir brauchen einfachere
    und niedrigere Steuern.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen bürokratische Investitionshemmnisse besei-
    tigen. All das müssen wir aber heute machen und nicht
    erst in Jahren, nicht erst nach dem Regierungswechsel
    im Jahr 2005 in Schleswig-Holstein und 2006 in Berlin.

    Ich sehe das Problem, dass durch die massive Schul-
    denaufnahme und die rabiate Privatisierung im Jahre 2006
    voraussichtlich kein Vermögen mehr vorhanden ist – es






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dietrich Austermann

    wird sozusagen verbrannte Erde hinterlassen –, welches
    für Investitionen eingesetzt werden und mit dem der
    Bund noch agieren könnte. Das nährt den Verdacht, dass
    Sie all das, was Sie im Jahr 2005 machen, nur tun, um
    die Landtagswahlen zu überstehen, dass Sie hier und
    dort noch ein bisschen schönfärben werden, weil unter
    anderem die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen
    vor der Tür stehen, um dann – nach dem Motto: nach mir
    die Sintflut! – im Jahre 2006 den Offenbarungseid zu
    leisten.

    All das ist nicht neu. Das kennen wir von Ihnen und
    haben es überall dort gesehen, wo Sozialdemokraten
    regieren. Sozis können einfach nicht mit Geld umgehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie können Ihre Plattheit immer noch weiter überbieten! – Weiterer Zuruf von der SPD: So einen dummen Spruch habe ich lange nicht gehört!)


    Mit dem eigenen Geld können Sie schon umgehen, wie
    man an der Abwanderungstendenz Einzelner aus den
    Ministerien sieht, aber nicht mit dem Geld der Bürger.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Im Jahr 2005 verscherbelt die Bundesregierung Bun-

    desvermögen. Das heißt, sie deinvestiert. Damit wird er-
    neut das Maastricht-Kriterium verletzt. Sie haben auf
    den europäischen Vertrag Bezug genommen, Herr
    Eichel. Wir werden 2005 das einzige Land in Europa
    sein, das das Maastricht-Kriterium nicht einhält. Alle an-
    deren Länder haben es geschafft, aus einer schwierigen
    Situation heraus in eine bessere Lage zu kommen; wir
    nicht. Sie haben mit Blick auf die Verschuldung erklärt,
    die schleichende Vergiftung fortzusetzen habe unser
    Land nicht verdient. Ich kann nur sagen: Diese Regie-
    rung und dieses Handeln hat das Land nicht verdient,
    weil es bedeutet, dass die EU-Kommission früher oder
    später aus diesem Handeln die Konsequenzen ziehen
    wird.

    Der IWF hat Sie dazu aufgefordert, endlich mit dem
    Sparen zu beginnen. Wie kann man vom Konsolidieren
    reden, wenn die Ausgaben des Staates ständig weiter in
    die Höhe gehen?

    Maßgeblich ist nicht das, was Sie zu Beginn eines
    Jahres oder Mitte des Vorjahres als Entwurf vorlegen.
    Wenn wir das an dem messen, was davon Ende des Jah-
    res übrig bleibt, müssen wir ständig weitere Ausgaben
    unterstellen, und zwar vor allem im konsumtiven Be-
    reich und nicht bei den Investitionen. Das ist die falsche
    Entwicklung. Herr Eichel, Sie sind nicht der Retter, son-
    dern der Totengräber der Bundesfinanzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Problem ist, dass die Entwicklung der nächsten

    sechs Jahre in die falsche Richtung geht. Das struktu-
    relle Defizit wird in den nächsten Jahren 40 Milliarden
    Euro betragen. Wenn man nicht sofort massive Ein-
    schnitte, Haushaltssicherungsmaßnahmen und Haus-
    haltsbegleitgesetze, vorsieht, werden wir auf absehbare
    Zeit über die von Ihnen geplanten 20 Milliarden Euro
    Schulden hinausgehend bis zum Jahre 2000-X weitere
    20 Milliarden Euro Schulden machen müssen, um über-
    haupt den Konsum der Regierung bezahlen zu können.
    Das ist eine schlimme Entwicklung. Ihre Riege rot-grü-
    ner Maulhelden hat, was Finanz- und Haushaltspolitik
    betrifft, jedes Vertrauen verspielt.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Union akzeptiert diesen Haushalt nicht als Bera-

    tungsgrundlage. Wir fordern Sie auf – wenn der Minister
    nicht die Kraft dazu hat, muss es die Koalition tun –, ei-
    nen neuen Entwurf vorzulegen und den Vorschlag so
    umzustricken, dass daraus ein einigermaßen erträglicher
    und akzeptabler Entwurf wird. Wir sind bereit, daran
    mitzuwirken. Wir haben deutlich gemacht, dass wir be-
    reit sind, auch wenn wir diesen Haushalt in der zurzeit
    vorliegenden Form nicht als Grundlage akzeptieren kön-
    nen, ganz gezielt und pointiert einzelne Kürzungsvor-
    schläge zu machen.

    Uns wurde vorgehalten, dass die von uns vorgeschla-
    gene 3-prozentige Kürzung zu viel sei. Darauf ant-
    worte ich: Hat der Finanzminister eigentlich seinen Job
    verdient, wenn er im Angesicht von 260 Milliarden Euro
    nicht in der Lage ist, ein Kürzungspotenzial von
    3 Prozent zu finden? Man findet jeden Tag, wenn man
    die Zeitung aufschlägt, Negativbeispiele, nämlich Maß-
    nahmen, die offensichtlich ins Leere führen. In der Ver-
    waltung, bei Verfügungsmitteln und Beraterverträgen
    wird das Geld nach wie vor mit den Händen zum offenen
    Fenster hinausgeworfen. Herr Eichel, in Ihrem Umfeld
    streunt seit vielen Jahren ein Berater herum, der Hun-
    derttausende Euro kostet und offensichtlich nur die rich-
    tigen Sprechblasen entwickeln muss. Vorher war er Be-
    rater von Herrn Riester – die Älteren unter uns werden
    sich an ihn noch erinnern –; ihm hat er beigebracht, wie
    man einen Schlipsknoten bindet. Das muss doch nicht
    der Steuerzahler bezahlen. Das muss aufhören. Wir müs-
    sen endlich zu vernünftigen Regelungen kommen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es gibt genügend Sparmöglichkeiten in diesem Haus-

    halt. Das fängt bei der Frage des Umsatzsteuerbetruges
    an, geht über die ideologischen Spielwiesen, von denen
    es gerade in der Haushaltspolitik der Grünen besonders
    viele gibt, über Sonderveröffentlichungen, bis hin zu den
    Gesellschaften, die Sie gründen. Etwa 30 Gesellschaften
    wurden neu gegründet.


    (Zuruf des Abg. Albrecht Feibel [CDU/CSU])

    – Die GEBB zum Beispiel, richtig, Herr Kollege Feibel.
    Die Mitarbeiter dieser 30 Gesellschaften verdienen auf
    höchstem Niveau, deren Geschäftsführer verdienen dop-
    pelt so viel wie der Bundeskanzler. Ihr wirtschaftlicher
    Ertrag ist gleich Null. Das muss der Steuerzahler nicht
    bezahlen. Auch in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit
    und Kohlesubventionen sehen wir gewaltiges Sparpoten-
    zial.

    Wir werden Anträge zu zwei Schwerpunktthemen
    stellen, die unser Konzept abrunden. Erstens brauchen
    wir mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur und zwei-
    tens mehr Geld für die Infrastruktur im Bereich For-
    schung. Diese zwei wesentlichen Bereiche sind für die






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dietrich Austermann

    Zukunft unseres Landes wichtig und werden von uns mit
    besonderer Priorität behandelt.

    Ich komme zum Schluss. Wer die finanziellen Grund-
    lagen unseres Landes ruiniert hat, darf keinen Tag länger
    Finanzminister sein. Herr Eichel, Sie haben den Motor
    des Fahrzeuges Bundesrepublik zu Schrott gefahren. Ein
    neuer Motor, ein neuer Finanzminister und eine neue Re-
    gierung müssen her. In einem Interview haben Sie ängst-
    lich gesagt, dass ein anderer Minister es kaum anders
    machen könnte. Schlechter sicher nicht; besser kann es
    wohl jeder. Packen Sie Ihr Sparschwein in Ihre Akten-
    tasche und gehen Sie ganz leise, mit Anstand. Unser
    Land hat diese Finanzpolitik nicht verdient!

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Joachim Poß,

SPD-Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joachim Poß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dieser

    Rede hat Herr Austermann den Zustand der Opposition
    trefflich charakterisiert:


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    monoton vorgelesen, wüste Beschimpfungen, keine
    Alternativen. Das kennzeichnet die Oppositionspolitik
    der CDU/CSU. Insofern waren Sie eine Idealbesetzung
    für die Art von Opposition, für die Frau Merkel hier
    steht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Herr Austermann, Sie sind der Schwarzredner an sich.
    Dafür gibt es hier keinen Preis. Vielleicht wird er einmal
    ausgelobt. Das ist aber noch nicht alles. Ich finde bedau-
    erlich, was Sie, Herr Austermann, der Öffentlichkeit al-
    les zumuten. Sie sind ein dreister Täuscher. Das muss
    man einmal deutlich sagen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie biegen sich die Realität zurecht und täuschen. Das
    macht sonst keiner, auch wenn er unterschiedlicher poli-
    tischer Auffassung ist. Die Art und Weise, wie Sie hier
    auftreten, ist eine Beleidigung für das Publikum. Das
    muss man einmal ehrlich sagen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deswegen in wenigen Sätzen: Sie sagen, wir hätten die
    Steuern erhöht. Herr Eichel hat doch eindrucksvoll dar-
    stellen können, dass wir die Steuern für Geringverdiener,
    Durchschnittsverdiener, Familien mit Kindern und für
    den wirtschaftlichen Mittelstand gesenkt haben, und
    zwar nachhaltig. Das ist das größte Steuersenkungspro-
    gramm dieser Republik.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das ist mit Zahlen und Fakten belegbar. Sie aber stellen
    sich hier hin und behaupten das Gegenteil. Das
    Schlimme ist, dass viele Leute solchen Täuschungen
    glauben. Man könnte fast von Lügen sprechen.

    Wir haben Schlupflöcher geschlossen und in diesem
    Jahr einen Zuwachs bei der Gewerbe- und Körperschaft-
    steuer. Sie sagten, mit den Erträgen gehe es bergab.
    Nein, wir haben einen Zuwachs. Warum? Weil wir
    Schlupflöcher geschlossen haben, zum Beispiel durch
    die Mindestgewinnbesteuerung, die Sie torpedieren
    wollten. Diese Regelung haben wir – gegen Ihren Wider-
    stand – durchgesetzt, damit sich auch große Unterneh-
    men wieder an der Finanzierung des Gemeinwesens be-
    teiligen.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ihre Unterstützung hatten wir nicht. Es gab einen mühsa-
    men Kompromiss im Vermittlungsausschuss. Wir haben
    Schwarzarbeit verstärkt bekämpft und wollen sie stärker
    bekämpfen. Sie haben das im Deutschen Bundestag ab-
    gelehnt. Dann gab es einen Kompromiss, weil Ihre Län-
    der vernünftiger als Sie agieren, die Sie im Deutschen
    Bundestag eine Fundamentalopposition betreiben. Das
    ist die Wahrheit. Die müssen wir möglicherweise noch
    deutlicher machen, weil Ihre Täuschungen offenkundig
    nach wie vor verfangen.

    Was machen wir mit dem Bundeshaushalt 2005, wel-
    che wichtige Aufgabe hat er? Er hat die Aufgabe, den
    Erneuerungsprozess zu unterstützen, den diese Koalition
    eingeleitet hat. Das ist die zentrale Aufgabe dieses Haus-
    halts. Genau das leistet dieser Entwurf des Bundeshaus-
    halts, den wir gemeinsam in den nächsten Monaten bera-
    ten werden.

    So werden im Bundeshaushalt 2005 für das Arbeits-
    losengeld II, für die damit einhergehenden Eingliede-
    rungsleistungen und für die Beteiligung des Bundes an
    den Unterbringungskosten rund 27 Milliarden Euro zur
    Verfügung stehen. Das ist sehr viel Geld.


    (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr gut!)

    – Das muss aber von uns allen vertreten werden, Herr
    Kollege. Das müsste auf allen Montagsdemonstratio-
    nen gesagt werden: 27 Milliarden Euro zur Bekämp-
    fung der Langzeitarbeitslosigkeit! Das leistet der
    Haushalt 2005.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozial-
    hilfe ist von allen hier beschlossen worden.


    (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber nicht von mir!)


    Aber statt dass sie auch von allen hier vertreten wird,
    schlagen sich einige – vorhin wurden schon Beispiele
    genannt – feige in die Büsche, weil sie mit den Konse-
    quenzen dieses richtigen Schrittes nichts mehr zu tun ha-
    ben wollen, obwohl sie vorher viel härtere Maßnahmen
    gefordert haben. Ich plaudere keine Geheimnisse des
    Vermittlungsausschusses aus, wenn ich darauf hinweise,






    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Poß

    dass Herr Milbradt dort – er hat es auch öffentlich vertre-
    ten – agiert hat, als sei das Sozialhilfeniveau noch zu
    hoch. Derselbe Herr stellt sich heute an die Spitze von
    Demonstrationen. Das ist eine Heuchelei und Verlogen-
    heit, die nicht zu toppen ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lothar Mark [SPD]: Das ist aber christdemokratisch!)


    Das ist aber typisch für die Partei, die er vertritt. Das gilt
    auch für Herrn Müller. Die Einlassung von Herrn Müller
    am Abend der Wahl, die er gut gewonnen hat, war eine
    Täuschung des Publikums. Offenbar ist das Ihr Stilmit-
    tel.


    (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was macht Herr Schreiner?)


    Sie täuschen – nicht nur Einzelne – systematisch die Be-
    völkerung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ein weiteres wichtiges Vorhaben – auch das spiegelt
    sich im Haushalt wider – ist die Sicherstellung einer
    hochwertigen medizinischen Versorgung für alle Bürger
    und nicht nur für die Einkommensstarken. Zur nötigen
    Stabilisierung und Senkung der Krankenversiche-
    rungsbeiträge ist daher ein Bundeszuschuss beschlos-
    sen worden, der im nächsten Jahr 2,5 Milliarden Euro
    umfassen soll.

    Auch diese Mittel sind im Etatentwurf eingestellt, um
    die Gesundheitsversorgung für alle sicherzustellen.

    Zur notwendigen Erneuerung Deutschlands gehören
    nicht nur eine verbesserte Perspektive für Langzeitar-
    beitslose und die Stabilisierung der solidarischen Siche-
    rungssysteme, sondern wir werden auch die notwendi-
    gen gesellschaftlichen Innovationen vorantreiben.

    Sie haben vorhin ein Resümee über den Zustand
    Deutschlands zum Zeitpunkt des Regierungswechsels
    gezogen, Kollege Austermann, und das bildlich mit ei-
    nem Auto verglichen. Gesellschaftliche Innovationen
    waren doch für Sie ein Fremdwort. Davon war bei Ihnen
    nie die Rede. Zu den langen Linien unserer Politik ge-
    hört, dass wir mit gesellschaftlichen Innovationen be-
    gonnen haben, für die wir uns mit Bundesmitteln enga-
    gieren, zum Beispiel mit dem Ganztagsschulprogramm,
    für das wir 4 Milliarden Euro zur Verfügung stellen und
    das in den Bundesländern – auch in den CDU-geführten
    Ländern – erfolgreich angelaufen ist. Die Vereinbarkeit
    von Familie und Beruf als wichtige gesellschaftspoliti-
    sche Aufgabe war für Sie bis 1998 ein Fremdwort.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben dieses Thema aufgenommen und in der
    Koalition gemeinsam fortentwickelt. Wir handeln und
    wir lassen uns das auch etwas kosten. Das ist ein großes
    gesellschaftspolitisches Thema.

    Daneben wollen wir ein weiteres großes gesellschaft-
    liches, aber auch beschäftigungspolitisches Defizit behe-
    ben. Denn insbesondere für unter Dreijährige gibt es viel
    zu wenig Kinderbetreuungsplätze. Um an dieser Stelle
    weiterzukommen, hat die Bundesregierung einen ent-
    sprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Nach Einschät-
    zung der Bundesregierung sollen bis zum Jahr 2010
    230 000 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen wer-
    den. Das wäre ein gewaltiger Fortschritt. Um das zu er-
    möglichen, entlastet der Bund die Kommunen. Auch das
    haben Sie verschwiegen, Herr Austermann. Wir entlas-
    ten die Kommunen im Zusammenhang mit der Zusam-
    menführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, und zwar
    – das ist bombensicher – mit 2,5 Milliarden Euro ab dem
    kommenden Jahr.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Hinzu kommen die Mehreinnahmen aus der Stabili-

    sierung der Gewerbesteuer. Zusammen mit anderen
    Maßnahmen macht das 2006/2007 eine Entlastung in
    Höhe von 7 Milliarden Euro aus. Das heißt, wir haben
    auch für die Investitionsfähigkeit in den Kommunen, die
    unter der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten
    Jahren gelitten hat, eine Trendumkehr erreicht. Das ist
    nicht zu leugnen und betrifft einen wichtigen Bereich für
    die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Wir ha-
    ben die Trendumkehr im Interesse der Bürgerinnen und
    Bürger erreicht. Wir haben für den Erhalt der Gewerbe-
    steuer gekämpft, die Sie abschaffen wollten und noch
    heute abschaffen wollen. Das ist die Wahrheit.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben in Sachen Verlustverrechnung bei Großun-
    ternehmen eine Neuregelung durchgesetzt und die Min-
    destgewinnbesteuerung beschlossen, was zu einer Sta-
    bilisierung der Körperschaft- und Gewerbesteuer führt.
    Wir wollen uns auch weiterhin in diesem Sinne einset-
    zen und entsprechend unserer ursprünglichen Vorlage,
    die Sie verhindert haben, initiativ werden, damit sicher-
    gestellt wird, dass auch Großunternehmen einen ange-
    messenen Beitrag zur Finanzierung unseres Staatswe-
    sens leisten.

    Wenn Sie über den Vodafone-Fall klagen, Herr
    Austermann – Sie waren der Erste aus den Reihen der
    Union, der sich überhaupt dazu geäußert hat –, dann
    müssten Sie unsere Initiative unterstützen. Ich bin ge-
    spannt, ob das der Fall sein wird. Ich kann mich nämlich
    daran erinnern, wie sich die Union verhalten hat, als wir
    die so genannte Teilwertabschreibung verschärft haben.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das war eines Ihrer Reparaturgesetze!)


    Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder ge-
    gen Ihren Widerstand im Bundestag dann doch Maßnah-
    men ergriffen, die in die richtige Richtung gingen, wie es
    die Bevölkerung erwartet. Wenn es im Vermittlungsaus-
    schuss hinter verschlossenen Türen darauf ankommt,
    handeln Sie manchmal anders, als Sie sich hier äußern.
    Das ist Ihre Praxis.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Kleine und mittlere Unternehmen werden von der

    vorgesehenen Regelung nicht betroffen, da wir einen






    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Poß

    Sockelbetrag von 1 Million Euro vorgesehen haben, mit
    dem Unternehmen ihre Verluste vollständig verrechnen
    können.

    Unsere Politik hat sich für die Bürgerinnen und Bür-
    ger in den Kommunen gelohnt. Das müssten langsam
    auch die schwarzen Bürgermeister und Oberbürgermeis-
    ter zur Kenntnis nehmen, die ganz anders reden, die
    Wahlplakate verwenden – wie zurzeit im Kommunal-
    wahlkampf in Nordrhein-Westfalen –, auf denen sie ihre
    leere Taschen vorzeigen, und die beklagen, dass unsere
    rot-grüne Politik dazu geführt habe. Auch denen muss
    die Gegenrechnung aufgemacht werden, auch sie täu-
    schen die Bevölkerung.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Auf dieser Seite des Hauses sitzen die Gegner der Kom-
    munalinteressen, es sind Ihre eigenen Parteifreunde der
    CDU/CSU und FDP. Das ist die Wahrheit, meine Damen
    und Herren!


    (Lothar Mark [SPD]: Aber auch die Medien müssen mal die Wahrheit berichten!)


    Kernbestandteil der Agenda 2010 ist, die Anstrengun-
    gen für Forschung, Entwicklung und Wissenschaft zu
    erhöhen. Dies gilt auch für den Etat 2005. Nur mit mehr
    und besserer Forschung, Wissenschaft und Entwicklung
    sichern wir die Grundlagen des wirtschaftlichen Wachs-
    tums in Deutschland. Deshalb muss sich die Union auch
    hier entscheiden: Will sie angesichts der erkennbaren
    Entspannung auf dem Wohnungsmarkt an überholten
    Instrumenten wie der Eigenheimzulage festhalten oder
    will sie mit der Abschaffung dieser mittlerweile über-
    flüssigen Subvention Haushaltsmittel für eine breit gefä-
    cherte Forschungs- und Innovationsinitiative freima-
    chen? Unsere Haltung ist klar: Wir sind für Bildung und
    hoffen, dass die Union die Zukunftsfähigkeit Deutsch-
    lands nicht durch parteitaktisches Verhalten erneut aufs
    Spiel setzt.

    Wir werden den Etat der Bildungs- und Forschungs-
    ministerin weiter erhöhen und die Etats der außeruniver-
    sitären Forschungseinrichtungen im nächsten Jahr um
    3 Prozent anheben. Der Entwurf des Bundeshaushaltes
    2005 und der Finanzplan bis 2008 enthalten außerdem
    Mittel für das von der Ministerin konzipierte Programm
    zur Förderung der Spitzenforschung in der Bundesrepu-
    blik Deutschland. Dieses Programm ist erforderlich, da-
    mit die deutsche Forschung im internationalen Vergleich
    nicht ins Hintertreffen gerät. Stimmen Sie diesem Pro-
    gramm auf Länderseite doch zu! Sorgen Sie dafür, dass
    Ihre Parteifreunde in den Ländern dies nicht weiter blo-
    ckieren!


    (Beifall bei der SPD)

    Der Forschungsstandort Deutschland würde es Ihnen
    danken.

    Unsere Haushaltspolitik liefert das finanzielle Funda-
    ment für den angestoßenen gesellschaftlichen Um-
    strukturierungsprozess, der aber – das muss man ganz
    deutlich sagen – noch Jahre dauern wird. Das gilt auch
    für die großen Maßnahmen betreffend den Arbeitsmarkt
    und die sozialen Sicherungssysteme, insbesondere das
    Gesundheitswesen, bei dessen Reform wir bereits jetzt
    erste Ergebnisse erkennen können. Man kann nicht
    erwarten, dass solche strukturpolitischen Weichenstel-
    lungen sozusagen auf Knopfdruck umgesetzt werden
    können. Wir sind von der Notwendigkeit und der Wirk-
    samkeit dieser Maßnahmen fest überzeugt. Wir glauben
    zwar nicht, dass sich mit diesen Maßnahmen von heute
    auf morgen, also unmittelbar wünschenswerte Ergeb-
    nisse erzielen lassen. Aber sie werden sicherlich mittel-
    bar positive Ergebnisse zeitigen. Ich glaube, dass es die
    ersten positiven Ergebnisse, die sich auch in der gesamt-
    wirtschaftlichen Entwicklung niederschlagen werden,
    im Jahre 2005 geben wird.

    Wir stabilisieren die wirtschaftliche Entwicklung mit
    weiteren Maßnahmen, die die Konjunkturerholung flan-
    kieren sollen. Wenn wir im kommenden November den
    vorliegenden Haushaltsentwurf in zweiter und dritter Le-
    sung verabschieden werden, sollte jedem klar sein, dass
    wir über einen Wirkungshorizont von 14 Monaten reden.
    Nach dreijähriger wirtschaftlicher Stagnation muss der
    Bundeshaushalt darauf ausgerichtet sein – das hat Priori-
    tät –, dass sich der begonnene wirtschaftliche Erholungs-
    prozess stabilisiert. Das Gleiche sollte auch für die
    Haushalte von Ländern und Kommunen gelten.

    Wir werden deswegen im nächsten Jahr die fünfte
    steuerliche Entlastungsstufe seit 1998 mit einem Volu-
    men von rund 6,8 Milliarden Euro in Kraft setzen. Das
    wird dem privaten Konsum zusätzlich Impulse geben
    und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen erhö-
    hen. Herr Austermann, wenn Sie hier die große Steuer-
    reform von Ihrer Seite ausrufen, dann kann ich Ihnen nur
    sagen: Mehr verkraften die öffentlichen Haushalte nicht.
    Das ist die Wahrheit.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Das ist genau der falsche Ansatz!)


    Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir im Ver-
    mittlungsausschuss eine Entlastung der öffentlichen
    Haushalte von über 20 Milliarden Euro beschlossen. Es
    war Ihre Seite, die beispielsweise an die Subventionen
    für die Landwirtschaft nicht herangehen wollte, die ei-
    nen umfassenderen Subventionsabbau blockiert hat.
    Das ist ebenfalls die Wahrheit, Herr Austermann. Wenn
    es nach uns gegangen wäre, wäre die steuerliche Entlas-
    tung in diesem Jahr noch höher ausgefallen. Aber auch
    das ist an Ihnen gescheitert. Suggerieren Sie deswegen
    nicht, dass das CDU-Steuerkonzept, das berühmte Bier-
    deckelkonzept von Frau Merkel und Herrn Merz, irgend-
    wann in den nächsten Jahren umgesetzt werden kann!
    Ihre eigenen Landesfinanzminister haben Ihnen ins
    Stammbuch geschrieben, dass das illusionär ist. Wecken
    Sie bei den Bürgerinnen und Bürgern doch nicht falsche
    Hoffnungen mit Illusionen, die Sie überhaupt nicht ein-
    lösen könnten, selbst wenn Sie die Regierungsverant-
    wortung erlangen würden. Das ist doch verantwortungs-
    los!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Poß

    Das ist allerdings auch ein Kennzeichen Ihrer Politik.
    Neben der Täuschung ist das, was bei Ihnen hervorsticht,
    die Verantwortungslosigkeit.

    Deswegen sage ich ganz klar – ich weiß ja, in welcher
    Umfragesituation sich die Sozialdemokratie befindet –:
    Wir halten Kurs. Wir täuschen die Menschen nicht. Wir
    müssen mit den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr
    sprechen. Wir verhalten uns verantwortungsvoll. Wir
    büchsen nicht – wie die Populisten von links und von
    rechts; das können wir jeden Tag erleben – verantwor-
    tungslos aus.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir stehen hier nicht mit einem Trotzkopf, weil wir
    wissen, dass wir das machen, was wir unseren Kindern
    und Enkeln schuldig sind. Und wir sind in deren Schuld!


    (Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Und die Schuld wird immer größer!)


    Ich sage das, weil Sie hier noch bis vor kurzem mein-
    ten, wir könnten uns noch weitere massive Steuersen-
    kungen erlauben. Das ist nicht der Fall. Gegen Steuer-
    vereinfachungen hat doch keiner etwas.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie machen Steuererhöhungen!)


    Wir Sozialdemokraten haben aber etwas gegen weitere
    Umverteilungen zugunsten von Spitzenverdienern und
    zulasten von Millionen von Arbeitnehmerinnen und Ar-
    beitnehmern und deswegen machen wir da nicht mit. Da
    setzen wir die Grenzen.


    (Beifall bei der SPD)

    Ihre Vorschläge zur Streichung von Steuersubventionen
    betreffen im Wesentlichen die Subventionen für die Ar-
    beitnehmer.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

    Wenn Sie den Faden also konstruktiv weiterspinnen

    wollen: Wir sind gesprächsbereit. Das haben wir auch im
    Vermittlungsausschuss bewiesen. Da, wo wir nicht wei-
    tergekommen sind, ist es meist an Ihnen gescheitert, zum
    Beispiel weil Sie draufgesattelt haben. Wir kommen auf
    jedem Gebiet weiter. Aber lassen Sie uns bitte realistisch
    sein und im Einklang mit den finanziellen Möglichkeiten
    des Staates vorgehen.

    Bestimmten Vorschlägen folgen wir nicht. Mit Ihnen
    durchaus befreundete Medien schreiben Ihnen fast jeden
    Tag ins Stammbuch, diese Vorschläge fallen zu lassen.
    Sie haben auf Ihrem Leipziger Parteitag große Konzepte
    – nicht nur zur Steuerpolitik – beschlossen, Stichwort
    Kopfpauschalenmodell mit so eben einmal 40 Milliar-
    den Euro. Fast alle haben zugestimmt. Das heißt, Sie ha-
    ben da einen finanzpolitischen Blindflug unternommen.
    Langsam merken die Menschen das. Frau Merkel
    kommt Tag für Tag mehr ins Trudeln und das ist auch
    richtig so.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Das wird sich für die Union auch in den Umfragen be-
    merkbar machen. Ihre Werte werden von Woche zu Wo-
    che sinken, weil die Leute – auch wenn es fast ein Jahr
    gedauert hat – langsam merken, dass sie mit Konzepten,
    die überhaupt nicht zu finanzieren sind, systematisch be-
    trogen wurden.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Diese Konzepte wurden zum Beispiel in der „Welt am
    Sonntag“ durchgerechnet. Dort steht eine gelungene
    Überschrift, die besagt, dass es um eine Lücke von über
    100 Milliarden Euro geht. Die CSU vermutet – so heißt
    es in dem entsprechenden Artikel –, dass sie sogar noch
    größer ist.


    (Lothar Mark [SPD]: Die CDU bezahlt das aus der Portokasse!)


    Deswegen können wir mit Fug und Recht sagen: Frau
    Merkel ist das 100-Milliarden-Euro-Risiko in diesem
    Parlament. Von solchen Risiken müssen wir uns keine
    Empfehlungen geben lassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Frau Merkel ist ein 100-Milliarden-Euro-Risiko. Ich be-
    ziehe mich auf ein Organ, das Ihnen bekanntermaßen
    durchaus nahe steht, nämlich auf die „Welt am Sonntag“.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Auch falsch!)


    Nutzen Sie doch diese Debatte, um all das, was in die-
    sem Artikel, mit guten Argumenten untermauert, zu le-
    sen ist, zu entkräften! Verwirren Sie nicht weiter! Sie
    kündigen Alternativen an.

    Herr Austermann, wenn die Lücke im Bundeshaus-
    halt 2005 nach Ihrer Behauptung 40 Milliarden Euro be-
    trägt, warum kommen Sie dann mit einem Deckungsbei-
    trag von 7,5 Milliarden Euro? Damit werden Sie doch
    Ihren eigenen Ansprüchen überhaupt nicht gerecht. Das
    ist doch die nächste Täuschung, die Sie hier vornehmen.

    Was gilt denn nun? Das, was Sie hier gesagt haben,
    nämlich 7,5 Milliarden Euro, oder die von Herrn Stoiber
    behaupteten 12,9 Milliarden Euro Einsparungen? Wer
    hat denn eigentlich Recht? Herr Stoiber oder Sie, Herr
    Austermann? Was gilt denn in Ihrem Laden? Sie treten
    doch gar nicht geschlossen auf. Sie erzählen dem Publi-
    kum doch jeden Tag etwas anderes.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Vielleicht können Sie da einmal Klarheit herstellen.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schreiner oder Lafontaine? – Gegenruf der Abg. Waltraud Lehn [SPD]: Ach Gott!)


    Möglicherweise wird uns Frau Merkel morgen früh sa-
    gen, was von Ihren Vorschlägen nun gilt.

    Welche Konsequenzen die Umsetzung dieser Vor-
    schläge hätte, das hat Herr Eichel dargestellt. So eben






    (A) (C)



    (B) (D)


    Joachim Poß

    einmal 13 Milliarden Euro streichen, das wäre eine
    Wachstumsbremse und Wachstumsbremsen können wir
    uns nicht erlauben.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Also weg mit Eichel!)


    Es gibt den Vorschlag, bei so beliebten Projekten – sie
    sind besonders in München beliebt – wie der Rüstungs-
    beschaffung zu streichen. Wenn wir das tatsächlich
    machten, dann wäre der Herr Stoiber der Erste, der pro-
    testierte. Genauso wäre es bei den anderen Posten: Land-
    wirtschaft, Eigenheimzulage. Ich müsste mein ganzes
    Weltbild umstellen, wenn Sie hier entsprechende Vor-
    schläge einbrächten.

    Wir sind sehr gespannt darauf, meine Damen und
    Herren, was Sie bei den Beratungen im Haushaltsaus-
    schuss des Deutschen Bundestages in den nächsten Wo-
    chen und Monaten konkret liefern werden.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Da sind Sie Gott sei Dank ja nicht dabei! – Otto Fricke [FDP]: Ein Glück, dass Sie bei den Beratungen nicht dabei sind!)


    Wir werden Sie in jeder Sitzung an das erinnern, was
    Herr Stoiber in Aussicht gestellt hat, nämlich einen Ein-
    sparbeitrag von 13 Milliarden Euro. Auf den sind wir
    alle sehr gespannt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich kann in der Politik, die Sie hier betreiben, leider
    nur ein Ziel erkennen: die bewusste Hinnahme und Ver-
    schärfung der finanziellen Probleme des Staates, um im
    Bund wieder an die Macht zu kommen.


    (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch Stuss!)


    Ich bin aber guten Mutes, dass die Bürgerinnen und Bür-
    ger diese unverantwortliche und egoistische Strategie
    durchschauen und die Absichten der Union im Herbst
    2006 durchkreuzen werden.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Davor gibt es noch ein paar andere Abstimmungen!)


    Mit dem Bundeshaushalt 2005 liegt jedenfalls ein Etat
    vor, der den notwendigen Erneuerungsprozess in
    Deutschland vorantreibt und der uns zuversichtlich nach
    vorne blicken lässt.

    Vielen Dank, insbesondere für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wieso habt ihr eigentlich im Saarland verloren, wenn ihr so gut seid? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Nehmen Sie mal alles auf, was ich gesagt habe!)