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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/117 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 117. Sitzung zugleich 801. Sitzung des Bundesrates Berlin, Donnerstag, den 1. Juli 2004 I n h a l t : Eidesleistung des Bundespräsidenten gemäß Art. 56 Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprache des Präsidenten des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse . . . . . . . . . . Eidesleistung des Bundespräsidenten Professor Dr. Horst Köhler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprache des Bundespräsidenten Professor Dr. Horst Köhler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10695 C 10689 A 10695 C 10695 C Ansprache des Präsidenten des Bundesrates Dieter Althaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprache des scheidenden Bundespräsiden- ten Dr. h. c. Johannes Rau . . . . . . . . . . . . . . A L 10691 D 10694 A nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 10703 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Juli 2004 10689 (A) ) (B) ) 117. Sitz zugleich 801. Sitzung Berlin, Donnerstag, Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Juli 2004 10703 (A) (C)Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bertl, Hans-Werner SPD 01.07.2004 Hohmann, Martin fraktionslos 01.07.2004 Janssen, Jann-Peter SPD 01.07.2004 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 01.07.2004 Parr, Detlef FDP 01.07.2004 Dr. Rexrodt, Günter FDP 01.07.2004 Strässer, Christoph SPD 01.07.2004 Dr. Struck, Peter SPD 01.07.2004 Dr. Thomae, Dieter FDP 01.07.2004 Wolf (Frankfurt), Margareta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01.07.2004 (B) (D) 117. Sitzung zugleich 801. Sitzung des Bundesrates Berlin, Donnerstag, den 1. Juli 2004 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage 1
Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne

die Sitzung nach Art. 56 des Grundgesetzes.
Im Namen des Deutschen Bundestages und des Bun-

desrates begrüße ich alle Gäste aus dem In- und Aus-
land, die Besucher auf den Tribünen und die Bürgerin-
nen und Bürger, die im Fernsehen diese besondere
Sitzung verfolgen. Ich heiße sie alle willkommen. Be-
sonders herzlich begrüße ich den scheidenden Bundes-
präsidenten Dr. Johannes Rau und seine Frau Christina
Rau.


(Beifall)

Ebenso herzlich begrüße ich den neuen Bundespräsiden-
ten Professor Horst Köhler und seine Frau Eva Köhler.


(Beifall)

Wir haben uns hier zur Vereidigung und Amtseinfüh-

rung des neu gewählten Bundespräsidenten versammelt.
Gleichzeitig wollen wir Johannes Rau danken, der nach
fünf Jahren aus dem Amt scheidet – nach fünf überaus

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Redet
bewegten, schwierigen Jahren für unser Land und für die
ganze Welt.

Als Johannes Rau am 1. Juli 1999 – übrigens noch im
Bonner Plenarsaal – in sein Amt eingeführt wurde, da
hielten wir die Jahrtausendwende für die bevorstehende
große Zäsur. Wir konnten nicht wissen, dass uns Monate
danach eine Zeitenwende ganz anderer Art einholen
würde – unerwartet, brutal und heimtückisch –: durch
die menschenverachtenden Terroranschläge von New
York und Washington. Sie stehen für eine neue Qualität
von Hass und Gewalt, Angst und Unsicherheit: in den
internationalen Beziehungen, aber auch im Alltag der
Menschen überall auf der Welt.

Angesichts dieser neuen, unerwarteten Herausforde-
rungen war es umso wichtiger, dass wir in I
Bundespräsidenten hatten, der den Menschen
Orientierung und Halt gegeben hat, einen Bu
denten, der einen reichen Schatz an politische

(C (D ung des Bundesrates den 1. Juli 2004 0 Uhr ationaler Erfahrung mitgebracht hat und der auch im usland hohes, ja höchstes Ansehen genießt. Herr Bundespräsident Rau, dank Ihrer Offenheit, Sen ibilität und Herzlichkeit hatten Sie bereits Freunde in ller Welt, als Sie das höchste Staatsamt angetreten haen. In den letzten fünf Jahren sind unzählige Zeichen on Respekt und Vertrauen hinzugekommen. Ich will ur zwei besonders erwähnen, die herausragend waren: ie Einladungen aus Israel und aus Polen, vor den Parlaenten beider Länder zu sprechen, eine Ehre, die Ihnen ls erstem deutschen Politiker zuteil wurde und die Sie enutzt haben, das Vertrauen in unser Land zu stärken. Die Beziehungen zu Israel und zu Polen werden we en unserer schwierigen, belasteten Vergangenheit imer ganz besondere Beziehungen sein. Obwohl Sie sich ieser historischen Verantwortung bewusst waren, haben ie die Entscheidung getroffen, vor der Knesset in deutcher Sprache zu reden. Sie haben diesen mutigen chritt damit begründet, dass es weniger darauf anommt, in welcher Sprache man spricht, als darauf, was ext man sagt. Und Sie haben die richtigen Worte gefunden – in Israel, auch in Polen und in den vielen anderen Ländern, die Sie bereist haben. In Polen waren Sie so oft wie in keinem anderen Land, zuletzt am Vorabend der Osterweiterung der Europäischen Union. Es war richtig, dass der deutsche Bundespräsident in dieser historischen Stunde vor den polnischen Parlamentariern deutlich gemacht hat, dass uns die Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen eine Herzensangelegenheit ist. Das ist sie auch für Johannes Rau ganz persönlich, der sich dem Motto Willy Brandts verpflichtet fühlt, dass wir ein Volk guter Nachbarn sein wollen. Es ist ein großartiger Beweis für die Kraft des europäischen Gedankens, dass Polen und Deutsche, nd Osteuropäer unter dem einen Dach n Union vereint und freundschaftlich zuJohannes Rau hat das in Polen als ein ichnet. hnen einen im Lande ndespräsir und inter Westeuropäer u der Europäische sammenleben. „Wunder“ beze Präsident Wolfgang Thierse Johannes Rau war kein Präsident diplomatischer Un verbindlichkeit. So wie er aus Überzeugung in Polen für gute Nachbarschaft warb, so mahnte er aus Überzeugung in China die Einhaltung der Menschenrechte an. Als Bundespräsident war er versöhnlich, aber nicht anbiedernd. Auch im eigenen Land hat er stets gesagt, was gesagt werden musste, auch wenn es unbequem war; ich denke etwa an seine öffentliche Rüge für die politisch Handelnden nach dem Scheitern des Zuwanderungsgesetzes. In Fragen, die ihm wichtig waren, hat er deutlich Position bezogen. Dazu hat er nicht zuletzt die alljährliche Berliner Rede genutzt, die von seinem Vorgänger Roman Herzog initiiert und von ihm selbst dann institutionalisiert wurde. Die notwendige Überparteilichkeit dieses Bundespräsidenten, so wie Johannes Rau sie interpretiert hat, ist weit entfernt von Überzeugungslosigkeit. Alle Berliner Reden von Johannes Rau zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausgewogen argumentieren, aber zugleich auch klar Position beziehen. Am frischesten dürfte uns noch seine letzte Mahnung und Ermunterung in Erinnerung sein, dass wir Politiker uns stärker um Wahrhaftigkeit, um Glaubwürdigkeit, um Anstand bemühen sollten, um das Vertrauen der Bürger immer neu zu gewinnen. Nachhaltige Wirkung hat gewiss auch seine große Rede zu Fragen der Biound Gentechnik hinterlassen, in der er für mehr Behutsamkeit und Besonnenheit im Umgang mit den ethischen Problemen der wissenschaftlichen Forschung plädierte, für einen Fortschritt nach menschlichem Maß eintrat – aus einer religiös fundierten Ehrfurcht vor der menschlichen Würde heraus. Denn für Johannes Rau ist Politik nie von den Werten zu trennen, die er für sein Leben und für den Zusammenhalt der Gesellschaft für unersetzlich hält. Schon in seiner Antrittsrede hat er keinen Hehl daraus gemacht, dass der christliche Glaube das Fundament ist, auf dem seine politischen Überzeugungen ruhen. Wer Stoff für das Nachdenken, wer Wegweisung sucht, der lese Johannes Raus Berliner Reden nach! Johannes Rau war ein ausgesprochen fleißiger Präsi dent. Rund 900 Besuchstermine im Inund Ausland hat er während seiner Amtszeit absolviert, über 700 Reden gehalten, Tausende von Briefen geschrieben, unzählige Gespräche mit den Bürgern geführt – ein immenses Arbeitspensum, eine stolze Bilanz. Doch Zahlen allein sagen nur wenig darüber aus, was der scheidende Bundespräsident geleistet und bewirkt hat. Sie sagen nicht, wie vielen Menschen er Mut gemacht hat, wie vielen er Vertrauen in unseren Staat und in unsere Demokratie geschenkt hat, wie vielen er neue Sichtweisen eröffnet hat. In Zeiten der lauten Töne, der aggressiven Häme ist er durchs Land gereist, hat Menschen zugehört und sie das Zuhören gelehrt. Er hat seine beneidenswerte Gabe, ein Menschenfischer zu sein, dazu verwandt, ein guter Botschafter der Bürgergesellschaft zu werden, mit Humor, mit Seele, mit Empathie für die Menschen und ihre Ängste und Hoffnungen. Ich danke Ihnen besonders für Ihre eindrucksvoll-sensible Rede in Erfurt nach der entsetzlichen Bluttat. w Ü t J 5 V z a S t W w t e d p S f O E u d u g d s d i A I d k s Z c M M s w s z – L A n a g W A A g ü e (C (D Den Zusammenhalt der Menschen zu fördern – soohl in Zeiten politischer Trennung als auch nach der berwindung der deutschen und europäischen Spalung –, das war und ist ein lebensprägendes Motiv ohannes Raus. Seine politische Laufbahn begann in den 0er-Jahren. Damals trat er in die Gesamtdeutsche olkspartei Gustav Heinemanns ein, weil er davon übereugt war, dass wir uns nicht mit der deutschen Teilung bfinden dürften. Auch in den späteren Jahren – als PD-Abgeordneter im Landtag, als Wissenschaftsminiser und schließlich als Ministerpräsident von Nordrheinestfalen – hielt er an diesem Ziel fest und reiste immer ieder nach Ostdeutschland. Er pflegte den Kontakt rotz aller Widrigkeiten und Spitzeleien. Er war vielen in treuer und verlässlicher Freund. Ganz offenbar haben ie Ostdeutschen das nicht vergessen und sie haben das ersönliche Interesse des Bundespräsidenten an ihren orgen und Problemen gespürt. Johannes Rau hat jedenalls die Zustimmung von mehr als zwei Dritteln aller stdeutschen. In diesem Fall bin ich gerne bereit, den rgebnissen von Meinungsumfragen zu glauben. Seinen Anspruch, Präsident aller Deutschen zu sein nd den Zusammenhalt von Ost und West zu stärken, hat er scheidende Bundespräsident in unzähligen Besuchen nd Gesprächen mit den Menschen in Ost und West einelöst. Damit hat er nicht zuletzt auch gezeigt, dass sich ie Eignung zu diesem Amt nicht in der Erfüllung betimmter formaler Kriterien wie Mann oder Frau, Osteutscher oder Westdeutscher erweist, sondern vor allem n der Persönlichkeit und den Leistungen des jeweiligen mtsinhabers. Herr Bundespräsident, verehrter Johannes Rau, mit hnen hatten die Menschen in Deutschland einen Präsienten, der die Lebenserfahrung und die Glaubwürdigeit hatte, „moralische Instanz“ zu sein. Sie konnten in chwieriger Zeit Rat und Orientierung, Zuspruch und uversicht geben; denn Sie vereinen in sich in glückliher Weise politische Erfahrung, Lebensklugheit und enschenfreundlichkeit. Ihre Fähigkeiten und Gaben haben nicht nur anderen enschen Vertrauen eingeflößt, sondern auch Ihnen perönlich geholfen, schwierige Zeiten durchzustehen. Ich ill hier nicht von Krankheit und anderen Schicksalschlägen reden; auch die haben Sie zu überwinden und u verkraften gehabt. Ich will daran erinnern, dass Ihnen auch das ein Ausdruck der veränderten Stimmung im ande – die Zeit Ihrer Kandidatur und der Anfang Ihrer mtszeit von einer skandalsüchtigen Öffentlichkeit icht gerade leicht gemacht worden sind. Ich halte es uch im Rückblick für einen höchst bedenklichen Vorang, dass einige Medien nicht einmal mehr vor der ürde des höchsten Staatsamtes Halt gemacht haben. ber Sie haben diejenigen, die Sie zu Beginn Ihrer mtszeit eher abschätzig behandelt haben, auf überzeuende Weise widerlegt, auf eine Weise, die Ihnen die berwältigende Zustimmung der Bürger unseres Landes ingebracht hat. Präsident Wolfgang Thierse So hat Johannes Rau auch die schwierigen Seiten die ses gewiss schönen Amtes erlebt und erfahren. Zwischen dem in unserer Mediengesellschaft immer stärker werdenden Zwang zur Unterhaltung und dem unausweichlichen Ernst der Politik besteht ein Zwiespalt, der den Bundespräsidenten, der doch vor allem über das gesprochene Wort wirkt, in besonderer Weise betrifft. Wie soll, wie kann er sich Gehör verschaffen, wenn auf 40 Kanälen rund um die Uhr geredet wird? Wie soll er Gedankentiefe weitergeben, wo alles auf oberflächliche Zerstreuung ausgerichtet scheint? Johannes Rau hat sich diesem Dilemma auf eine für ihn typische Art und Weise entzogen: indem er nicht auf Kameras, sondern auf Menschen zuging. Wie oft ist gerade diese seiner Fähigkeiten, auf Menschen zuzugehen, beschrieben und bewundert worden! Die Nähe zu den Menschen war ihm ein Bedürfnis und es war ihm ernst mit dem von ihm oft zitierten Diktum Hannah Arendts, Politik sei angewandte Liebe zur Welt. Den scheidenden Bundespräsidenten hat immer die Frage bewegt, welches Bild vom Menschen und welches Bild vom menschlichen Zusammenleben wir haben und vermitteln. Das Wohl der Menschen gilt ihm als der Maßstab, an dem sich Politik zu orientieren hat. In seiner Antrittsrede hat er gemahnt, diesen Maßstab auch anzulegen, wenn es um die große politische Gestaltungsaufgabe der Gegenwart geht, die Globalisierung. Die entscheidenden Fragen dabei waren für ihn, wie privates Wirtschaften und öffentliche Verantwortung im Interesse aller in ein neues Gleichgewicht gebracht werden könnten und wie das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität bei uns zu Hause und auf unserem Globus gelöst werden solle. Mit Sorge beobachtet er, dass gewachsene Werte an Verbindlichkeit, bewährte Institutionen an Bindekraft verlieren und viele von allem den Preis kennen und von nichts mehr den Wert. So hat Johannes Rau davor gewarnt, über dem Streben nach wirtschaftlichem Erfolg den Wert von Solidarität für den Zusammenhalt einer Gesellschaft zu unterschätzen. Deshalb verteidigt er vehement die Schutzfunktion des Staates und das Modell des europäischen Sozialstaates. Ich bin sicher, dass dieses Thema, das Sie so bewegt hat, noch lange über Ihre Amtszeit hinaus aktuell bleibt. Das gilt auch für die Fragen der Zuwanderung und der Integration, das Thema Ihrer ersten Berliner Rede. Es ist leider nicht mehr gelungen, vor Ablauf Ihrer Amtszeit das Zuwanderungsgesetz zu beschließen. Wir alle wissen, dass Sie es gerne noch selbst unterzeichnet hätten. Auch dies ist eine Aufgabe, die uns weiter beschäftigen wird. Herr Bundespräsident Rau, in vielen Gesten haben Sie gezeigt, wie gern Sie dieses Amt ausgeübt haben – weil Sie darin mehr bewirken und gestalten konnten, als man dem Amt gemeinhin zuschreibt. Johannes Rau, wir haben es bemerkt: Das Amt hat Sie ausgefüllt und Sie haben das Amt ausgefüllt – als ein wirklicher Bürgerpräsident! s b e N e I W l W h ü w b k f u l h s d u d h g B k I i H b D G f t D E L d K i r s n d (C (D Vor kurzem haben Sie erzählt, Sie läsen von Verfasungsrechtlern, dieses Amt sei „ärmlich“ ausgestattet daei hätten Sie selbst es als eine überaus reiche Erfahrung rlebt. Auch für uns Deutsche war – das darf ich wohl im amen aller sagen – die Amtszeit von Johannes Rau ine Bereicherung. Viel dazu beigetragen hat Ihre Frau Christina, die mit hnen gemeinsam unser Land stets mit der gebotenen ürde, aber auch mit der ihr eigenen frischen und herz ichen Art vertreten hat. ie es inzwischen gute Tradition ist, verehrte Frau Rau, aben Sie Ihre bis dahin geübte Zurückhaltung gegenber der Öffentlichkeit aufgegeben und sich dankenserterweise für viele gute Zwecke engagiert eingesetzt – esonders vehement für die Kinderund Jugendarbeit. Sehr geehrter Herr Rau, verehrte Frau Rau, wir dan en Ihnen von Herzen für alles, was Sie für unser Land, ür die Demokratie und für die Menschen getan haben, nd wünschen Ihnen für die Zukunft alles, alles erdenkich Gute. Sehr geehrter Herr Köhler, heute übernehmen Sie das öchste deutsche Staatsamt, in das Sie die Bundesverammlung am 23. Mai gewählt hat. Jede Persönlichkeit, ie dieses Amt innehat, führt es auf ihre individuelle Art nd Weise. Ein solcher Wechsel des Amtsinhabers ist aher immer ein Neuanfang; doch vielleicht ist er es eute in besonderem Maße. Der scheidende und der neu ewählte Bundespräsident kommen aus verschiedenen erufen, Traditionen, Generationen. Was das für die kommende Amtsperiode bedeutet, önnen wir natürlich noch nicht absehen. Auch habe ich hnen heute noch keine Laudatio zu halten. Doch möchte ch Ihnen sagen, wie sehr wir gespannt sind, wie Sie die erausforderungen meistern, die mit diesem Amt verunden sind. Groß sind auch die Erwartungen an Sie. eshalb wünscht Ihnen das deutsche Parlament gutes elingen und eine glückliche Hand. Ich wünsche Ihnen ür Ihre große Aufgabe viel Kraft und Klugheit und Gotes Segen. Das Wort hat nun der Präsident des Bundesrates, ieter Althaus. Dieter Althaus, Präsident des Bundesrates: Meine Herren Präsidenten! Herr Bundeskanzler! xzellenzen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Bundestag und Bunesrat sind heute zusammengetreten, um Professor Horst öhler als neuen Bundespräsidenten zu vereidigen und n sein Amt einzuführen. Doch zunächst habe ich die ehenvolle Aufgabe, im Namen des Bundesrates dem cheidenden Bundespräsidenten Johannes Rau und seier Frau Christina herzlich zu danken. Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident Rau, haben as höchste Amt in unserem Staat geprägt – mit Humor Präsident des Bundesrates Dieter Althaus und Bibelfestigkeit. Dabei konnten Sie auf einen immensen politischen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Sie zählen zu den Persönlichkeiten, die das politische Leben in unserem Land über Jahrzehnte maßgeblich mitgestaltet haben: als engagierter Kommunalpolitiker und Oberbürgermeister von Wuppertal, als langjähriger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Die beruflichen Stationen haben gewechselt; Ihr ganz persönlicher, auf Ausgleich und Vermittlung setzender Politikstil und Ihre Motivation blieben unverändert: Sie wollten Politik aus christlicher Verantwortung gestalten. Ihre Bereitschaft, sich in Politik und Gesellschaft aktiv einzubringen, geht auf eine Art Pfingsterlebnis im Jahr 1950 zurück, ein Erlebnis, das Sie für Ihr ganzes Leben geprägt hat: Sie waren 19 Jahre alt, als der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann bei einer Tagung der Schülerbibelkreise in Marburg die These vertrat, Christen sei der Verzicht auf politische Verantwortung nicht erlaubt, ja, er sei gar nicht möglich, wörtlich: … denn der, der nicht handelt, lässt sich behandeln und der, der nicht handelt, ist dem Mitmenschen kein Nächster. Dem Mitmenschen ein Nächster sein – diesem Leitsatz sind Sie stets treu geblieben. Herr Bundespräsident Rau, Ihr jahrzehntelanges politisches und gesellschaftliches Engagement ist auch daraus erwachsen, dass Sie sich mit der deutschen Teilung nicht abfinden wollten. Ich erinnere zum Beispiel an Ihr Engagement in der Gesamtdeutschen Volkspartei Anfang der 50er-Jahre, als Ihr Mentor Gustav Heinemann sowie Helene Wessel und andere Mitstreiter überzeugt waren, der Weg zur Wiedervereinigung könne nur unter Verzicht auf die Wiederbewaffnung und die Westbindung der Bundesrepublik Deutschland offen gehalten werden. Der spätere Wechsel zur Sozialdemokratie ist Ihnen nach eigener Aussage – wörtlich – „sehr schwer gefallen“. Es ist Ihnen und Ihrer Frau Christina gelungen – so hat es Wolfgang Thierse am 23. Mai 2004 in der Bundesversammlung wörtlich gesagt –, „unseren Blick immer wieder neu dafür zu schärfen, welche Bereicherung die Einheit unseres Landes und das Zusammenwachsen Europas für uns bedeutet“. In der Tat: Die Einheit unseres Vaterlandes und das Zusammenwachsen Europas in Frieden und Freiheit bereichern uns alle. Frieden und Freiheit sind eben keine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist und bleibt es wichtig, immer wieder an die Bedeutung dieser Werte zu erinnern, gerade in einer Zeit des Umbruchs, in der sich Deutschland gegenwärtig befindet. Z f l L s e n i t d d s m s H L s g w c o b u e d D b e n m t b H k g d E s m f u s z u c d f h w d G t (C (D Sehr geehrter Herr Bundespräsident Rau, vor Ihrer eit im höchsten Staatsamt dieser Republik gehörten Sie ast drei Jahrzehnte dem Bundesrat an, davon 20 Jahre ang als Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten andes. Sie haben es in dieser Zeit sogar zweimal gechafft, Präsident des Bundesrates zu sein. Es ist unbestritten, dass der föderale Staatsaufbau inen wichtigen Beitrag zu unserer freiheitlichen Ordung leistet. Wo subsidiär gedacht und gehandelt wird, st die Gefahr geringer, dass sich einseitige und unkonrollierbare Machtpotenziale bilden, die die Freiheit berohen oder zumindest einschränken. Nicht umsonst ließ ie SED in der damaligen DDR zuerst die Länder zerchlagen – ein Willkürakt, der von der Bevölkerung nieals akzeptiert wurde. Es war deshalb keine Überrachung, dass mit dem Ruf nach der deutschen Einheit im erbst 1989 auch der Ruf nach der Wiedergründung der änder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen laut wurde. Sie, verehrter Herr Bundespräsident Rau, sind ein en agierter Verfechter des föderalen Prinzips. Aber Sie eisen auch darauf hin, dass die politisch Verantwortlihen – das geht vom Bund bis zu den Kommunen – zu ft in einer „Verflechtungsfalle“ gefangen sind. Wir haen die Aufgabe, den Föderalismus lebendig zu halten nd weiter zu stärken, „weil aus der Vielfalt eine Stärke rwächst, von der alle Länder profitieren können“. In den letzten Jahren ist die Einsicht gewachsen, dass er Föderalismus, unbestreitbar ein Eckpfeiler unserer emokratie, aus der Symmetrie geraten ist. Deutschland raucht weniger Kompetenzwirrwarr und schnellere, infache Entscheidungsprozesse, die für die Menschen achvollziehbar sind. Die Vorteile liegen auf der Hand: ehr Bürgernähe und Transparenz, eine stärkere Orienierung an regionalen Besonderheiten, ein offener Wettewerb um die beste Politik. Die föderale Ordnung, so haben Sie einmal gesagt, err Bundespräsident, erwachse aus Zusammengehörigeitsgefühl, Vertrauen, Solidarität und gegenseitigen Zueständnissen. Sie haben darauf aufmerksam gemacht, ass den Vätern und Müttern des Grundgesetzes etwas ntscheidendes gemeinsam gewesen ist: das Bewusstein, nicht bloß für Einzelinteressen, sondern für das Geeinwesen als Ganzes verantwortlich zu sein, und der este Wille, dieser Verantwortung nach bestem Wissen nd Gewissen gerecht zu werden. Es ist richtig: Eine Reform unserer föderalen Verfas ung kann nur in einem solchen Geist gelingen. Ich bin uversichtlich, dass sich die Kommission von Bundestag nd Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlihen Ordnung genau von diesem Geist leiten lässt und eshalb zu greifbaren Ergebnissen gelangt. Sie, verehrter Herr Bundespräsident Rau, haben Re ormen in Politik und Gesellschaft angemahnt und Sie aben in Ihrer letzten Berliner Rede auch gesagt, auf elcher Basis dies geschehen muss. Die Grundlage für ie notwendigen Veränderungen, für eine menschliche estaltung der Zukunft sind Vertrauen und Verantworung. Sie haben wörtlich gesagt: „Vertrauen in die, die Präsident des Bundesrates Dieter Althaus für uns Verantwortung tragen, und die Bereitschaft, selber Verantwortung zu übernehmen“. Was tun wir, die politisch Verantwortlichen, um verloren gegangenes Vertrauen bei den Menschen zurückzugewinnen? Werden wir unserem Auftrag gerecht? Das sind Fragen, denen sich nicht nur die politische Klasse, sondern auch die Wirtschaftselite stellen muss, wenn sie glaubwürdig bleiben will. Die anhaltende Wachstumsschwäche und die damit verbundene Krise auf dem Arbeitsmarkt ist, so meine ich, die größte Bewährungsprobe. Die Arbeitslosigkeit ist, um es mit Ihren Worten auszudrücken, die „größte Wunde der Gesellschaft“. Sie gefährdet auf Dauer den inneren Zusammenhalt der Nation. Um der Zukunft unseres Landes willen sind substanzielle Reformen zwingend. Herr Bundespräsident Rau, Sie haben in zahlreichen öffentlichen Reden und Stellungnahmen wichtige Akzente gesetzt. Ihre Position zur Genforschung hat mich besonders beeindruckt. Wenn der Mensch eben nicht das Maß aller Dinge ist, dann gibt es auch Grenzen in der Politik, Grenzen wirtschaftlicher, technischer und medizinischer Machbarkeit. Was ethisch unvertretbar ist, wird nicht dadurch zulässig, dass es wirtschaftlichen Nutzen bringt. Ihre eindringliche Mahnung ist aktueller denn je. Sie wollten Schritt für Schritt Menschen zusammenführen. Dabei lag Ihnen das Verhältnis zwischen Deutschen und ausländischen Mitbürgern besonders am Herzen. In Ihrer ersten „Berliner Rede“ haben Sie dazu aufgerufen, „ohne Angst und ohne Träumereien“ aufeinander zuzugehen. Dabei haben Sie mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass Integration zweierlei voraussetzt: die Offenheit der angestammten Bevölkerung und die Bereitschaft der neu Dazugekommenen, auch dazugehören zu wollen. Dass Deutschland eine grundlegende Neuregelung der Zuwanderungspolitik braucht, war stets Ihre feste Überzeugung. Es ist gut, dass eine Lösung gefunden ist, dank einer gemeinsamen erfolgreichen Arbeit. In Ihre Amtszeit fallen Konflikte in Europa und anderen Teilen der Welt, die viele Opfer gefordert haben. Ich denke etwa an den Balkan, an Afghanistan und den Irak, aber auch an die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, der vor keinem Land Halt macht. Sie haben deutlich gemacht, dass es in unserem eigenen deutschen Interesse liegt, Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Wo zivile Mittel zur Konfliktlösung nicht mehr greifen – wie das Beispiel Milosevic gezeigt hat –, müssen wir bereit sein, Gewalt auch mit militärischen Mitteln zu begegnen – und diese Bereitschaft muss glaubwürdig sein. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir Deutsche eine besondere Verantwortung für den Staat Israel und das jüdische Volk tragen. Als erstes deutsches Staatsoberhaupt durften Sie vor dem israelischen Parla m c a m d i D B p d E s d v n S d H n „ d t s D d w g P d w t d u v w G h u ü d t D k e d W h (C (D ent sprechen und haben um Vergebung für die Verbrehen des Holocaust gebeten. Herr Bundespräsident Rau, die Menschen haben Sie ls volksnahen Präsidenten erlebt, der seine Aufgaben it Lebensfreude und Humor wahrgenommen hat. Ich anke Ihnen im Namen des Bundesrates und, so denke ch, im Namen aller Menschen in der Bundesrepublik eutschland ganz herzlich für diesen Dienst. Sehr verehrte Frau Rau, Sie haben als First Lady die elastungen mitgetragen, die mit dem Amt des Bundesräsidenten verbunden sind. Als Schirmherrin verschieener Organisationen haben Sie sich besonders für die ntwicklungschancen von Kindern und jungen Menchen eingesetzt. Ihr vielfältiges soziales Engagement, as mit dem heutigen Tag nicht beendet sein wird, hat ielen geholfen und Zeichen gesetzt. Mit Ihrer ebenso atürlichen wie den Menschen zugewandten Art haben ie die Herzen gewonnen. Auch Ihnen gebührt der Dank es Bundesrates, den ich an dieser Stelle von ganzem erzen ausspreche. Sie, verehrter Herr Bundespräsident Köhler, haben ach Ihrer Wahl dazu aufgerufen, wieder mehr auf die Kraft der Freiheit“ zu vertrauen. Es ist die Kraft, die azu beigetragen hat, die Wiedervereinigung unseres Vaerlandes zu erreichen, einen föderalen Bundesstaat mit tarken, selbstbewussten Ländern zu vollenden. Sie verstehen sich nicht nur als Bundespräsident aller eutschen. Sie möchten als Präsident aller Menschen, ie in Deutschland leben, etwas von dem zurückgeben, as Ihnen die Heimat geschenkt hat. Mit Ihnen ist eine Persönlichkeit zum Staatsoberhaupt ewählt worden, die in den letzten Jahren herausragende ositionen im Ausland bekleidet hat: zunächst als Präsient der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Enticklung in London, anschließend als Direktor des Inernationalen Währungsfonds in Washington. Ich sehe arin eine große Chance: Sie verfügen über den klaren, nverfälschten Blick, der sich häufig erst durch die Sicht on außen, aus einiger Distanz ergibt. An Ihrem Beispiel ird deutlich, dass Weltoffenheit und Patriotismus keine egensätze sind, sondern sich gegenseitig bedingen. Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Sie aben sie nach Ihrer Wahl vor der Bundesversammlung mrissen. Eine grundlegende Erneuerung des Landes ist berfällig. Antworten müssen auch auf die neuen Anforerungen gegeben werden, die im europäischen und inernationalen Kontext auf Deutschland zukommen. Was eutschland im 21. Jahrhundert sein will, was es sein ann und wohin dieses Land will, darüber müssen wir rnsthaft diskutieren. Herr Bundespräsident Köhler, Sie gelten als ein Mann es klaren Wortes, der offenen und notfalls unbequemen orte, dem bereits in seinen früheren Funktionen ein ohes Maß an politischer Unabhängigkeit bescheinigt Präsident des Bundesrates Dieter Althaus worden ist. Damit verfügen Sie über eine wichtige Eigenschaft, die Sie für das höchste deutsche Staatsamt geradezu prädestiniert. In der notwendigen Auseinandersetzung um die richtigen Lösungen für unser Land sind die Menschen dankbar für jedes mutige und klare Wort, das zu mehr Entschlossenheit, Tatkraft, Stetigkeit und Orientierung bei den sozialen und wirtschaftlichen Reformen führt. Im Namen des Bundesrates wünsche ich Ihnen und Ihrer Frau, die Sie bei Ihren Aufgaben unterstützen und begleiten wird, Gottes Segen und eine glückliche Hand für unser Vaterland. Herr Präsident Rau, nun haben Sie das Wort. Dr. h. c. Johannes Rau: Herr Bundestagspräsident! Herr Bundesratspräsi dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in den vergangenen Wochen oft gefragt worden, ob ich im Hinblick auf das Ende meiner Amtszeit wehmütig sei. Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet: Nein. Der Wechsel ist ein Wesenszug der Demokratie. So wie meine Vorgänger ihre ganz besonderen Begabungen in das Amt des Bundespräsidenten eingebracht haben, so habe auch ich das zu tun versucht und so werden es auch Sie, Herr Bundespräsident Köhler, tun; dessen bin ich mir sicher. Es ist aber doch ein ganz besonderer Tag für mich, denn heute geht eine lange politische Wegstrecke zu Ende. Die beiden Präsidenten haben es schon angesprochen. Im Dezember 1952 gewann mich Gustav Heinemann für seine neue Partei. Heute übergebe ich das Amt, das er einst innegehabt hat, an meinen Nachfolger. Ich habe in diesen Jahren viel erlebt. Ich durfte an entscheidenden Entwicklungen und Ereignissen in der Geschichte unseres Landes teilhaben. Darum empfinde ich in diesem Augenblick vor allem Dankbarkeit. Ich will deshalb zunächst Dank sagen: zuallererst meiner Frau, die mich zusammen mit meiner Familie in den vergangenen Jahren so großartig unterstützt und dabei so viel Verständnis für manche Zumutung gezeigt hat. Ich möchte ihr ganz besonders dafür danken, dass sie mit so viel Einsatz und Erfolg das in der Verfassung gar nicht vorgesehene Amt der Frau des Bundespräsidenten mit ihrem eigenen Stil ausgefüllt hat. Ich danke meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundespräsidialamt, die mir in diesen Jahren zur Seite standen, und den vielen Menschen, die mir in ganz unterschiedlichen Funktionen geholfen haben, die mich beraten, die mich begleitet, die mich beschützt haben. Sie alle sind auch gemeint, wenn ich selber in diesen Tagen den Dank anderer erfahre. v s d s z s f e l s d l w d a z d d D b J s N w f a u b E r M t ü g n w r f d D s a z A T c d w a u t m (C (D Meine Damen und Herren, ich will keine Bilanz der ergangenen fünf Jahre ziehen. Aber zwei Gedanken ind mir doch wichtig. Im kommenden Jahr werden wir en 60. Jahrestag des Kriegsendes begehen. Viele Menchen haben inzwischen ein sehr nüchternes Verhältnis u solchen Gedenktagen. Für mich und für viele Menchen meiner Generation ist das anders. Ich habe die Bereiung von der Diktatur noch selber erlebt und ich habe rfahren, wohin diese Diktatur geführt hat. Ich habe erebt, wie sich ein Volk veränderte, wie verführbar Menchen sind und wie ein menschenverachtendes Regime ie Welt mit Krieg und Zerstörung überzog. Ich habe erebt, wie Menschen verschleppt wurden und nie mehr iederkehrten. Ich habe furchtbare menschliche Tragöien erlebt und war selber Zeuge schrecklicher Bombenngriffe. Ich sage das, weil die Erinnerung an diese Zeit häufig um bloßen Ritual geworden ist und weil wir dadurch en Blick verlieren könnten für ein großes Geschenk, as mich bis heute mit großer Dankbarkeit erfüllt: eutschland hat eine zweite Chance erhalten und wir haen diese Chance genutzt. Unser Volk lebt seit sechs ahrzehnten in Frieden. Wir leben zum ersten Mal in unerer Geschichte in Freundschaft mit allen unseren achbarn und gestalten ein Europa des Friedens. Ich wünsche mir, dass wir daran gelegentlich denken, enn uns im politischen Tagesgeschäft Kleinmut überällt oder wenn die politischen Auseinandersetzungen llzu kleinlich werden. Ich wünsche mir auch, dass wir ns der Lehren aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts ewusst bleiben. Rechtsstaatlichkeit, der unbedingte insatz für Menschenrechte und die Bereitschaft zu faiem Ausgleich haben uns zu einem weltweit geachteten itglied der Völkergemeinschaft werden lassen. Wir ragen Verantwortung. Das ist eine Verpflichtung, die ber die Wahrung der eigenen Interessen weit hinauseht. Das hat uns viel Vertrauen eingebracht. Dabei liegt mir ein Land und die Freundschaft zu sei en Menschen besonders am Herzen. Sie haben es erähnt. Ich will heute wiederholen, was ich vor vier Jahen vor der Knesset gesagt habe: Die Mitverantwortung ür Israel ist ein Grundgesetz deutscher Außenpolitik seit er Gründung unseres Staates. as galt ganz unabhängig von Regierungen und politichen Entscheidungen und Handlungen und das muss uch in Zukunft gelten. Der zweite Gedanke hat ebenfalls mit Verantwortung u tun, mit der Verantwortung füreinander. Nach dem moklauf eines Schülers in Erfurt habe ich bei der rauerfeier für die Opfer dieses unfassbaren Verbrehens gesprochen. Es war eine der schwierigsten Reden, ie ich je gehalten habe. Ein Satz war mir besonders ichtig: Wir müssen einander achten und wir müssen ufeinander achten. Viele haben mir damals zugestimmt. Wir sollten uns aber nicht nur in Zeiten von Unglück nd Krisen, nicht nur bei Hochwasser oder anderen Kaastrophen an das erinnern, was eine Gesellschaft erst enschlich macht. Unser Land lebt vom Fleiß und vom Dr. h. c. Johannes Rau Einfallsreichtum seiner Menschen. Unser Land lebt aber auch von Solidarität und Mitgefühl, von praktizierter Nächstenliebe. Es ist schrecklich, wenn Menschen keine Arbeit finden. Es muss die wichtigste Aufgabe der Politik bleiben, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Noch schlimmer aber ist es, wenn Menschen keinen Platz in der Gesellschaft finden. Wir tragen Verantwortung füreinander und es gibt keine menschliche Gesellschaft ohne Solidarität. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Solidarität ist mehr als das Bündnis der Schwachen mit den Schwachen. Solidarität heißt, dass die Starken für die Schwachen einstehen. Solidarität heißt, dass wir Verantwortung füreinander übernehmen: Junge und Alte, Gesunde und Kranke, Einsame und Gesellige, Arbeitende und Arbeitslose. Solidarität heißt, dass jeder dem Land gibt, was er kann. Das bedeutet, dass wir gelegentlich das Wohl der ganzen Gesellschaft über die eigenen Belange stellen: in Ost und West, in den starken und in den schwächeren Regionen unseres Landes. Dieser Zusammenhalt in Deutschland war mir eine Herzenssache. Ich habe mich in den vergangenen fünf Jahren bemüht, für die Mehrheit zu sprechen und zugleich den Minderheiten zur Sprache zu verhelfen. Ich bin unendlich vielen Menschen mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen, Begabungen, Stärken und Talenten begegnet. Jeder Mensch in unserem Land – ganz gleich, woher er kommt, was er glaubt, was er leistet oder verdient – hat seine eigene Geschichte und seine eigene Würde. Ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir so viele Menschen entgegengebracht haben, und für die Offenheit, mit der sie mir begegnet sind. Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Bundespräsident Köhler, dass Sie die gleiche Offenheit und das gleiche Vertrauen erfahren. Bei aller Kritik: Es ist ein wunderbares Land, in dem wir leben. Ich wünsche unserem Land Mut, Zuversicht und Gottes Segen. (Die Anwesenden erheben sich – Anhaltender Beifall)


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(Teilweise Beifall)


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(Zurufe von der CDU/CSU)


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(Beifall – Die Anwesenden erheben sich)


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  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


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