Anlage 12
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10583
(A) )
(B) )
Beobachtung, strengster Auflagen und unumgehbarerStrothmann, Lena CDU/CSU 18.06.2004
n
ik eine Risikotechnologie ist. Sie bedarf gründlicher
eine Verhinderungs- und Blockadementalität unterstellt.
Wir halten diese Regelung für falsch, weil Gentech-Seiffert, Heinz CDU/CSU 18.06.2004
Anlage 1
Liste der entschuldigt
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Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 18.06.2004
Dr. Berg, Axel SPD 18.06.2004
Bury, Hans Martin SPD 18.06.2004
Daub, Helga FDP 18.06.2004
Fischer (Frankfurt),
Joseph
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
18.06.2004
Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 18.06.2004
Grotthaus, Wolfgang SPD 18.06.2004
Hagemann, Klaus SPD 18.06.2004
Hüppe, Hubert CDU/CSU 18.06.2004
Dr. Köhler, Heinz SPD 18.06.2004
Kopp, Gudrun FDP 18.06.2004
Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 18.06.2004
Dr. Küster, Uwe SPD 18.06.2004
Dr. Lamers (Heidelberg),
Karl A.
CDU/CSU 18.06.2004*
Laurischk, Sibylle FDP 18.06.2004
Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 18.06.2004
Dr. Lippold (Offenbach),
Klaus W.
CDU/CSU 18.06.2004
Lips, Patricia CDU/CSU 18.06.2004
Matschie, Christoph SPD 18.06.2004
Nickels, Christa BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
18.06.2004
Raidel, Hans CDU/CSU 18.06.2004*
Dr. Rexrodt, Günter FDP 18.06.2004
Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 18.06.2004
Schily, Otto SPD 18.06.2004
Schröder, Gerhard SPD 18.06.2004
Schultz (Everswinkel),
Reinhard
SPD 18.06.2004
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Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO
nlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlin-
burg) und Winfried Hermann (beide BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung
des Gentechnikrechts (Tagesordnungspunkt 22 a)
Zur Abstimmung des Entwurfs eines Gesetzes zur
euordnung des Gentechnikrechts (GenTG-E), Druck-
ache 15/3088, erklären wir:
Der Gesetzentwurf enthält viele wichtige und drin-
end erforderliche Regelungen, um die gentechnikfreie
andwirtschaft vor wesentlichen Beeinträchtigungen
urch gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu
chützen. Er bringt der Landwirtschaft Planungs- und
echtssicherheit.
Leider enthält der zur Abstimmung stehende Gesetz-
ntwurf gegenüber dem ursprünglichen Entwurf eine
nderung des § 16 Abs. 4. War bisher vorgesehen, dass
as für die Genehmigung von Anträgen auf die Freiset-
ung und das Inverkehrbringen von gentechnisch verän-
erten Organismen (GVO) zuständige Bundesamt für
erbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
as Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz
BfN) herzustellen hat, sieht die nun vorgelegte Neufas-
ung hierfür nur noch eine Benehmensherstellung vor.
as bedeutet eine eindeutige Verschlechterung der Stel-
ung des Naturschutzes im Abwägungsprozess unseres
mgangs mit der Gentechnik.
Ich halte diese nicht nur nicht für gerechtfertigt, weil
us ihr ein tiefes Misstrauen gegen den behördlichen Na-
urschutz spricht, dem man offensichtlich immer noch
r. Struck, Peter SPD 18.06.2004
r. Thomae, Dieter FDP 18.06.2004
ellenreuther, Ingo CDU/CSU 18.06.2004
idmann-Mauz,
Annette
CDU/CSU 18.06.2004
istuba, Engelbert SPD 18.06.2004
bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
10584 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
(A) )
(B) )
Schutzmechanismen. Für uns ist es unverständlich, dass
eine Regelung beschlossen wird, bei der die Befugnisse
des BfN bei Inverkehrbringung von GVO hinter denen
zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zurückbleiben.
Vergiftete Böden können wir abtragen, Braunkohle-
tagebaue können wir rekultivieren, verbaute Landschaf-
ten können wir entsiegeln, viele unserer Fehler im Um-
gang mit der Natur können wir korrigieren. In die Natur
entlassene gentechnisch veränderte Organismen können
wir aber nicht wieder zurückrufen, auch nicht mit einem
einstimmigen Beschluss des Bundestages.
Die Diskussionen der vergangenen Wochen im Bun-
destag, Bundesrat und in der Öffentlichkeit haben deut-
lich gemacht, wie bedeutsam es ist, zügig für einen wirk-
samen Schutz der gentechnikfreien Produktion zu
sorgen. Da der Gesetzentwurf hierfür wichtige Instru-
mente bereitstellt und zudem substanzielle Nachbesse-
rungen verankert wurden, stellen wir unsere Bedenken
über die Schlechterstellung des Naturschutzes zurück
und stimmen dem Gesetzentwurf trotzdem zu.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Winfried Hermann, Irmingard Schewe-Gerigk
(alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Hedi
Wegener (SPD) zur Abstimmung über den Ent-
wurf eines Gesetzes zur Einführung der nach-
träglichen Sicherungsverwahrung (Zusatz-
tagesordnungspunkt 15)
Das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Siche-
rungsverwahrung setzt die Entscheidung des Bundesver-
fassungsgerichts vom 10. Februar 2004 – 2 BvR 834/0 –
um. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Ent-
scheidung die Gesetze der Länder Bayern und Sachsen-
Anhalt zur Unterbringung von Straftätern aufgrund feh-
lender Gesetzgebungskompetenz für verfassungswidrig
erachtet. Der Bundesgesetzgeber war vor diesem Hinter-
grund aufgerufen, bis zum 30. September 2004 eine Re-
gelung zu finden, die bei den Personen, die aufgrund der
verfassungswidrigen Landesgesetze in Sicherungsver-
wahrung sitzen und bei denen eine von Sachverständi-
gen gestellte Gefährlichkeitsprognose weiter besteht,
auch für die Zukunft eine Unterbringung in der Siche-
rungsverwahrung ermöglicht. Für diese so genannten
Altfälle bietet der vorliegende Gesetzentwurf eine an
den Sicherheitsinteressen der Bevölkerung orientierte,
angemessene Lösung. Denn es ist nicht verantwortbar,
dass diese Personen allein aufgrund einer fehlenden ge-
setzlichen Grundlage auf freien Fuß gelangen.
Soweit der Entwurf jedoch über den vom Bundesver-
fassungsgericht angemahnten Regelungsbedarf hinaus-
geht, habe ich erhebliche verfassungsrechtliche sowie
völkerrechtliche Bedenken. Grundsätzlich ist zu bezwei-
feln, dass das Gesetz dem gemäß Art. 5 EMRK erforder-
lichen Zusammenhang zwischen Freiheitsentziehung
und Strafverfahren im Falle der nachträglichen Verhän-
gung der Sicherungsverwahrung hinreichend Rechnung
trägt.
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Zudem habe ich Zweifel daran, ob die nunmehr durch
en Entwurf auch bei Ersttätern geschaffene Möglich-
eit einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
erfassungsrechtlichen Grundsätzen, namentlich dem
erhältnismäßigkeitsprinzip bzw. dem Übermaßverbot
es Grundgesetzes, genügt. Das Gesetz lässt die nach-
ägliche Anordnung von Sicherungsverwahrung erst-
als auch für Verurteilte zu, die wegen nur einer Tat zu
iner Strafe von mindestens fünf Jahren verurteilt wur-
en. Damit wird – anders als bisher – Grundlage für eine
rognose der Gefährlichkeit nicht eine „Karriere“ als
traftäter, aus der sich die Neigung zur Begehung von
traftaten ergeben könnte, sondern nur ein einziger Vor-
all, mithin eine sehr eingeschränkte Tatsachenbasis.
em Gesetz liegt bei dieser Ersttäterregelung offensicht-
ch die Annahme zugrunde, dass Menschen – Richter
nd Sachverständige – zuverlässig feststellen können,
ass ein Mensch nach Verbüßung seiner Strafe und der
aftentlassung erneut schwere Straftaten begehen wird.
ies ist jedoch nicht der Fall. Unter Hinweis auf diverse
issenschaftliche Untersuchungen haben auch in der
achverständigenanhörung des Rechtsausschusses des
undestages eine Reihe von Experten diese Annahme
ür nicht haltbar erachtet. Es besteht daher meines Er-
chtens die Gefahr, dass auf Grundlage des Gesetzes
enschen ihrer Freiheit beraubt werden, ohne dass eine
trafrechtliche Schuld dies rechtfertigt und ohne dass
ine objektive Gefahr im Hinblick auf die Begehung
eiterer schwerer Straftaten tatsächlich vorliegt.
Ich verkenne gleichwohl nicht, dass im Rahmen des
esetzgebungsverfahrens eine Reihe von Verbesserun-
en gegenüber dem Ursprungsentwurf erzielt wurden,
ie zu einer gewissen Eingrenzung des Anwendungsbe-
eiches der nachträglichen Sicherungsverwahrung ge-
ührt haben und die den Kreis der potenziell Betroffenen
uf schwerste Fälle begrenzen.
Vor diesem Hintergrund und vor allem, weil das Ge-
etz die eingangs geschilderten Altfälle in der durch das
undesverfassungsgerichtsurteil erforderlich geworde-
en Weise regelt, stimme ich dem Gesetzentwurf trotz
rheblicher verfassungsrechtlicher und völkerrechtli-
her Bedenken zu.
nlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Jutta Dümpe-Krüger
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Hedi
Wegener (SPD) zur Abstimmung über den Ent-
wurf eines Gesetzes zur Einführung der nach-
träglichen Sicherungsverwahrung (Zusatztages-
ordnungspunkt 15)
Das vorliegende Gesetz zur nachträglichen Siche-
ungsverwahrung wird die Entscheidung des Bundesver-
assungsgerichts vom 10. Februar 2004 – 2 BvR 834/0 –
msetzen.
Mit seiner Entscheidung hatte das Bundesverfas-
ungsgericht die Landesgesetze von Sachsen-Anhalt und
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10585
(A) )
(B) )
Bayern wegen ihrer fehlenden Gesetzgebungskompetenz
für verfassungswidrig erklärt.
Mit Fristsetzung bis zum 30. September 2004 sollte
der Bundestag eine bundesgesetzliche Lösung für be-
stehende Altfälle finden. Dieser Aufforderung ist der
Bundesgesetzgeber mit dem vorliegenden Gesetz nach-
gekommen. Dabei verkennt das Gesetz jedoch grund-
legende Prinzipien von Verfassungsrang.
Das Strafrecht stellt hinsichtlich der Strafbarkeit die
Tat in den Vordergrund. Das deutsche Strafrecht basiert
auf dem Schuldprinzip. Allein die Schuld ist Grundlage
dafür, dass der Täter für die von ihm begangene tatbe-
standsmäßige und rechtswidrige Handlung durch staat-
liche Strafe persönlich verantwortlich gemacht werden
kann. Sie ist sowohl Voraussetzung der Strafbarkeit als
auch Maßstab der Strafzumessung.
Auf die Schuld als Voraussetzung der Strafbarkeit be-
zieht sich ferner der bekannte Ausspruch des Bundesver-
fassungsgerichts: Dem Schuldprinzip „kommt verfas-
sungsrechtlicher Rang zu. Er ist im Rechtsstaatsprinzip
begründet“, BVerfGE 20, 323, 331. Das Schuldprinzip
– keine Strafe ohne Schuld, Strafe nur nach dem Maß
der Schuld – steht in Deutschland seit dem 19. Jahrhun-
dert fest und soll nun durchbrochen werden.
Dieser Verfassungsgrundsatz bedeutet, dass es ohne
Straftat keine Strafe geben kann. Ein Täter kann nur für
die Tat bestraft werden, die er begangen hat. Das vorlie-
gende Gesetz bricht mit diesem Grundsatz. Das Grund-
gesetz lässt es auch nicht zu, dass ein Mensch, der seine
Strafe für eine Straftat bereits verbüßt hat, im Nach-
hinein erneut bestraft und weiter weggesperrt wird, weil
er künftig wieder straffällig werden könnte. Ich halte die
Annahme für falsch, dass Richter und Gutachter ohne
Irrtum und zuverlässig feststellen können, dass ein
Mensch nach Verbüßung seiner Strafe und der Haftent-
lassung wieder schwere Straftaten begehen wird.
Das Gesetz über die Einführung der nachträglichen
Sicherungsverwahrung, das auch Ersttäter und Heran-
wachsende einschließt, verstößt zudem gegen
Art. 5 EMRK. Es droht vor dem Europäischen Gerichts-
hof zu scheitern.
Die aufgeführten massiven Verstöße des Gesetzes ge-
gen universelle Bürgerrechte lassen sich mit meinem
Gewissen nicht vereinbaren. Ich stimme deshalb dem
Gesetz nicht zu.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg)
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim-
mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ein-
führung der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung (Zusatztagesordnungspunkt 15)
Ich kann dem Gesetzentwurf nicht zustimmen: Trotz
deutlicher Verbesserungen am Regierungsentwurf wäh-
rend der parlamentarischen Beratungen bleibt der pro-
blematische Kern des Gesetzes: In Zukunft kann Siche-
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ungsverwahrung nachträglich verhängt werden, auch
ür Ersttäter und Heranwachsende.
Erstens. Nach diesem Gesetz werden mehr Men-
chen, die gegen sie verhängte Strafen voll verbüßt ha-
en, für viele Jahre im Gefängnis eingesperrt. Diese
enschen werden zwei, fünf, acht Jahre und länger im
efängnis bleiben, ohne dass eine strafrechtliche Schuld
ies noch rechtfertigt, in diesem Sinne also „schuldlos“.
egründet wird dieses weitere Einsperren im Gefängnis
it ihrer Gefährlichkeit, der Gefahr also, dass sie wieder
chwere Verbrechen begehen werden, unter denen die
pfer, Kinder, Frauen und andere Menschen, schwer zu
eiden haben. Dem Gesetz liegt die Annahme zugrunde,
ass Menschen – Richter und Gutachter – zuverlässig
eststellen können, dass ein Mensch nach Verbüßung sei-
er Strafe und der Haftentlassung wieder schwere Straf-
aten begehen wird. Diese Annahme ist falsch.
In der Anhörung des Rechtsausschusses zu dem Ge-
etzentwurf wurden von sehr vielen Sachverständigen
urchgreifende Zweifel an solchen Prognosen einer spä-
eren Gefährlichkeit von Straftätern geäußert und be-
ründet. Zum Beispiel berichtete der ehemalige Vorsit-
ende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer von
haarsträubenden“ Gutachten aus seiner Richterpraxis,
uf die Gefährlichkeitsprognosen gestützt waren. Des-
alb müssten auch formale Voraussetzungen, wie Vor-
erurteilungen oder mehrere Strafen, eingrenzend wir-
en. Prof. Rasch vermutet in seinem Lehrbuch für
orensische Psychiatrie, dass „60 bis 70 Prozent der Per-
onen, die wegen Gefährlichkeit in Gewahrsam gehalten
erden, überhaupt nicht gefährlich sind.“
Wie unsicher und falsch Prognoseentscheidungen für
traftäter sind, ergibt sich umgekehrt auch daraus, dass
mmer wieder Straftäter vorzeitig aus dem Gefängnis
ntlassen werden, die kurze Zeit später erneut schwerste
traftaten begehen. Auch diese Entlassungen nach Ver-
üßung eines Teiles der Strafe erfolgen aufgrund von
utachten und Entscheidungen von Gerichten, die eine
efährlichkeit für die Zukunft verneinen. Oft eine ver-
ängnisvoll falsche Prognose, wie sich später zeigt.
Das Gesetz lässt die nachträgliche Anordnung von Si-
herungsverwahrung auch für Verurteilte zu, die wegen
ur einer Tat zu einer Strafe von fünf Jahren verurteilt
urden. Damit muss Grundlage für eine Prognose der
efährlichkeit nicht mehr wie bisher eine „Karriere“ als
traftäter sein, aus der sich ein „Hang“ zur Begehung
on Straftaten ergeben könnte, sondern möglicherweise
ur ein einziger Vorfall, also eine sehr eingeschränkte
atsachenbasis.
Zweitens. Ich bin der Auffassung, dass das Gesetz
ber die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Ersttä-
er mit dem Grundgesetz und auch Art. 5 EMRK nicht
u vereinbaren ist. Dr. Kinzig hat dies in der Anhörung
argestellt. Spätestens beim Europäischen Gerichtshof
roht das Gesetz zu scheitern.
Drittens. Sicherungsverwahrung war immer eine sehr
mstrittene Sanktion. Sie wurde durch die Nazis im Ge-
etz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher im
erbst 1933 ins deutsche Strafgesetzbuch eingefügt. In
10586 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
(A) )
(B) )
der DDR wurde diese Sanktion als „inhaltlich faschis-
tisch“ l952 für ungültig erklärt. In der Bundesrepublik
wurde der Anwendungsbereich in den 70er-Jahren ein-
geschränkt. Sicherungsverwahrung konnte nur zusam-
men mit dem Urteil, also nicht nachträglich, angeordnet
werden und auch nur nach mehreren vorangegangenen
Verurteilungen zu Freiheitsstrafen und längeren Straf-
verbüßungen.
Die Grünen waren lange Zeit grundsätzlich gegen
Sicherungsverwahrung und haben wie andere Bürger-
rechtler die Abschaffung gefordert, programmatisch je-
denfalls weitere erhebliche Einschränkungen der An-
wendungsmöglichkeit. Dem fühle ich mich persönlich
verpflichtet.
Viertens. Im Frühjahr 1998 wurde der Anwendungs-
bereich der Sicherungsverwahrung durch die schwarz-
gelbe Regierungskoalition damals erheblich erweitert.
Die nachträgliche Sicherungsverwahrung wurde ge-
nauso wenig ins Gesetz aufgenommen wie die Siche-
rungsverwahrung für Ersttäter.
Einzelne CDU/CSU-geführte Bundesländer haben in
den letzten Jahren die nachträgliche Sicherungsverwah-
rung in Landesgesetze aufgenommen.
Die rot-grüne Regierungskoalition hat kurz vor Ende
der letzten Legislaturperiode nach intensiven internen
Diskussionen eine so genannte Sicherungsverwahrung
ins Gesetz geschrieben. Die Einführung einer nachträgli-
chen Sicherungsverwahrung war diskutiert, aber verwor-
fen worden.
Es gibt seither keine neuen Gründe, die jetzt, andert-
halb Jahre später, die Einführung der nachträglichen Si-
cherungsverwahrung und gar noch für Ersttäter notwen-
dig machen. Die Kriminalität hat nicht zugenommen.
Schwerste Sexualstraftaten, begangen an Kindern, hat es
leider immer geben. Sie waren immer wieder Anlass für
öffentliche Diskussionen und Forderungen nach schärfe-
ren Gesetzen. Solche schwersten Verbrechen, auch Se-
xualmorde, sind nicht häufiger geworden, die Anzahl hat
nicht zugenommen. Sie ist seit 1975 und auch in den
letzten Jahren in Deutschland sogar zurückgegangen.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. Februar
2004 die Regelungen für die nachträgliche Sicherungs-
verwahrung in Ländergesetzen für verfassungswidrig er-
klärt. Eine knappe Mehrheit im Gericht hat die nachträg-
liche Sicherungsverwahrung „nicht von vornherein unter
dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit“ gestellt. Die
Minderheit hat verfassungsrechtliche Bedenken. Die
Mehrheit hat die Regelung der Länder in der Auslegung
durch das Gericht noch bis 30. September 2004 für an-
wendbar erklärt. Bis dahin soll der Gesetzgeber prüfen,
ob er Anlass für ein Gesetz sieht.
Das Bundesverfassungsgericht hat keineswegs ein
Gesetz über die Einführung einer nachträglichen Siche-
rungsverwahrung gefordert und schon gar nicht eine sol-
che für Ersttäter.
Bündnis 90/Die Grünen waren bei der Ausgestaltung
einer gesetzlichen Regelung zu Kompromissen bereit.
So auch dazu, eine nachträgliche Sicherungsverwahrung
für diejenigen Straftäter einzuführen, die nicht von der
vorbehaltenen Sicherungsverwahrung erfasst werden
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onnten, weil bei In-Kraft-Treten dieses rot-grünen
esetzes im Jahr 2002 ihre Verurteilungen schon rechts-
räftig waren. Damit hätte der Forderung ausreichend
echnung getragen werden können, dass von den acht
traftätern, die Anlass der Entscheidung des Verfas-
ungsgerichts waren, niemand in Freiheit kommt, ohne
ass seine Gefährlichkeit geprüft und gegebenenfalls
icherungsverwahrung nachträglich verhängt werden
ann. Wir wären damit über viele Schatten gesprungen;
ber der jetzt vorgelegten wesentlich weiter gehenden
assung kann ich nicht zustimmen.
nlage 6
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim-
mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ein-
führung der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung (Zusatztagesordnungspunkt 15)
Ich kann dem Gesetzentwurf nicht zustimmen: Trotz
eutlicher Verbesserungen am Regierungsentwurf wäh-
end der parlamentarischen Beratungen bleibt der pro-
lematische Kern des Gesetzes: In Zukunft kann Siche-
ungsverwahrung nachträglich verhängt werden auch für
rsttäter und für Heranwachsende.
Erstens. Nach diesem Gesetz werden mehr Men-
chen, die gegen sie verhängte Strafen voll verbüßt ha-
en, für viele Jahre im Gefängnis eingesperrt. Diese
enschen werden zwei, fünf, acht Jahre und länger im
efängnis bleiben, ohne dass eine strafrechtliche Schuld
ies noch rechtfertigt, in diesem Sinne also „schuldlos“.
egründet wird dieses weitere Einsperren im Gefängnis
it ihrer Gefährlichkeit, der Gefahr also, dass sie wieder
chwere Verbrechen begehen werden, unter denen die
pfer, Kinder, Frauen und andere Menschen, schwer zu
eiden haben. Dem Gesetz liegt die Annahme zugrunde,
ass Menschen – Richter und Gutachter – zuverlässig
eststellen können, dass ein Mensch nach Verbüßung sei-
er Strafe und der Haftentlassung wieder schwere Straf-
aten begehen wird. Diese Annahme ist falsch.
In der Anhörung des Rechtsausschusses zu dem Ge-
etzentwurf wurden von sehr vielen Sachverständigen
urchgreifende Zweifel an solchen Prognosen einer spä-
eren Gefährlichkeit von Straftätern geäußert und be-
ründet. Zum Beispiel berichtete der ehemalige Vorsit-
ende Richter am Bundesgerichtshof, Dr. Schäfer, von
haarsträubenden“ Gutachten aus seiner Richterpraxis,
uf die Gefährlichkeitsprognosen gestützt waren. Des-
alb müssten auch formale Voraussetzungen, wie Vor-
erurteilungen oder mehrere Strafen, eingrenzend wir-
en. Prof. Rasch vermutet in seinem Lehrbuch für
orensische Psychiatrie, dass „60 bis 70 Prozent der Per-
onen, die wegen Gefährlichkeit in Gewahrsam gehalten
erden, überhaupt nicht gefährlich sind.“
Wie unsicher und falsch Prognoseentscheidungen für
traftäter sind, ergibt sich umgekehrt auch daraus, dass
mmer wieder Straftäter vorzeitig aus dem Gefängnis
ntlassen werden, die kurze Zeit später erneut schwerste
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10587
(A) )
(B) )
Straftaten begehen. Auch diese Entlassungen nach Ver-
büßung eines Teiles der Strafe erfolgen aufgrund von
Gutachten und Entscheidungen von Gerichten, die eine
Gefährlichkeit für die Zukunft verneinen. Oft eine ver-
hängnisvoll falsche Prognose, wie sich später zeigt.
Das Gesetz lässt die nachträgliche Anordnung von Si-
cherungsverwahrung auch für Verurteilte zu, die wegen
nur einer Tat zu einer Strafe von fünf Jahren verurteilt
wurden. Damit muss Grundlage für eine Prognose der
Gefährlichkeit nicht mehr wie bisher eine „Karriere“ als
Straftäter sein, aus der sich ein „Hang“ zur Begehung
von Straftaten ergeben könnte, sondern möglicherweise
nur ein einziger Vorfall, also eine sehr eingeschränkte
Tatsachenbasis.
Zweitens. Ich bin der Auffassung, dass das Gesetz
über die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Ersttä-
ter mit dem Grundgesetz und auch Art. 5 EMRK nicht
zu vereinbaren ist. Dr. Kinzig hat dies in der Anhörung
dargestellt. Spätestens beim Europäischen Gerichtshof
droht das Gesetz zu scheitern.
Drittens. Sicherungsverwahrung war immer eine sehr
umstrittene Sanktion. Sie wurde durch die Nazis im Ge-
setz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher im
Herbst 1933 ins deutsche Strafgesetzbuch eingefügt. In
der DDR wurde diese Sanktion als „inhaltlich faschis-
tisch“ 1952 für ungültig erklärt. In der Bundesrepublik
wurde der Anwendungsbereich in den 70er-Jahren stark
eingeschränkt. Sicherungsverwahrung konnte nur zu-
sammen mit dem Urteil, also nicht nachträglich, ange-
ordnet werden und auch nur nach mehreren vorangegan-
genen Verurteilungen zu Freiheitsstrafen und längeren
Strafverbüßungen.
Die Grünen waren lange Zeit grundsätzlich gegen
Sicherungsverwahrung und haben wie andere Bürger-
rechtler die Abschaffung gefordert, programmatisch je-
denfalls weitere erhebliche Einschränkungen der An-
wendungsmöglichkeit. Dem fühle ich mich persönlich
verpflichtet.
Viertens. Im Frühjahr 1998 wurde der Anwendungs-
bereich der Sicherungsverwahrung durch die schwarz-
gelbe Regierungskoalition damals erheblich erweitert.
Die nachträgliche Sicherungsverwahrung wurde ge-
nauso wenig ins Gesetz aufgenommen wie die Siche-
rungsverwahrung für Ersttäter.
Einzelne CDU/CSU-geführte Bundesländer haben in
den letzten Jahren die nachträgliche Sicherungsverwah-
rung in Landesgesetze aufgenommen.
Die rot-grüne Regierungskoalition hat kurz vor Ende
der letzten Legislaturperiode nach intensiven internen
Diskussionen eine so genannte vorbehaltene Sicherungs-
verwahrung ins Gesetz geschrieben. Die Einführung ei-
ner nachträglichen Sicherungsverwahrung war disku-
tiert, aber verworfen worden.
Es gibt seither keine neuen Gründe, die jetzt, andert-
halb Jahre später, die Einführung der nachträglichen Si-
cherungsverwahrung und gar noch für Ersttäter notwen-
dig machen. Die Kriminalität hat nicht zugenommen.
Schwerste Sexualstraftaten, begangen an Kindern, hat es
leider immer geben. Sie waren immer wieder Anlass für
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ffentliche Diskussionen und Forderungen nach schärfe-
en Gesetzen. Solche schwersten Verbrechen, auch Se-
ualmorde, sind nicht häufiger geworden, die Anzahl hat
icht zugenommen. Sie ist seit 1975 und auch in den
etzten Jahren in Deutschland sogar zurückgegangen.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. Februar
004 die Regelungen für die nachträgliche Sicherungs-
erwahrung in Ländergesetzen für verfassungswidrig er-
lärt. Eine knappe Mehrheit im Gericht hat die nachträg-
iche Sicherungsverwahrung „nicht von vornherein unter
em Verdikt der Verfassungswidrigkeit“ gestellt. Die
inderheit hat verfassungsrechtliche Bedenken. Die
ehrheit hat die Regelung der Länder in der Auslegung
urch das Gericht noch bis 30. September 2004 für an-
endbar erklärt. Bis dahin soll der Gesetzgeber prüfen,
b er Anlass für ein Gesetz sieht.
Das Bundesverfassungsgericht hat keineswegs ein
esetz über die Einführung einer nachträglichen Siche-
ungsverwahrung gefordert und schon gar nicht eine sol-
he für Ersttäter.
Ich war bei der Ausgestaltung einer gesetzlichen Re-
elung zu Kompromissen bereit, so auch dazu, eine
achträgliche Sicherungsverwahrung für diejenigen
traftäter einzuführen, die nicht von der vorbehaltenen
icherungsverwahrung erfasst werden konnten, weil bei
n-Kraft-Treten dieses rot-grünen Gesetzes im Jahr 2002
hre Verurteilungen schon rechtskräftig waren. Damit
ätte der Forderung ausreichend Rechnung getragen
erden können, dass von den acht Straftätern, die Anlass
er Entscheidung des Verfassungsgerichts waren, nie-
and in Freiheit kommt, ohne dass seine Gefährlichkeit
eprüft werden kann. Ich wäre damit über viele Schatten
esprungen.
Ich habe aber bei allen Gesprächen stets deutlich ge-
acht, dass ich das Gesetz mit der Einführung einer
achträglichen Sicherungsverwahrung für Ersttäter für
icht verantwortbar halte und dem nicht zustimmen
ann.
nlage 7
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Arnold Vaatz, Manfred
Grund, Bernd Heynemann, Vera Lengsfeld,
Uda Carmen Freia Heller, Michael Stübgen,
Günter Nooke, Roland Gewalt, Robert
Hochbaum, Dr. Christoph Bergner, Henry
Nitzsche, Dr. Peter Jahr, Volkmar Uwe Vogel,
Hartmut Büttner (Schönebeck), Veronika
Bellmann, Susanne Jaffke, Marco Wanderwitz,
Michael Kretschmer, Andrea Astrid Voßhoff,
Klaus Brähmig und Ulrich Adam (alle CDU/
CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung
(Zusatztagesordnungspunkt 16)
Der vom Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf greift
ichtigerweise die Thematik der in § 20 Abs. 2 Umsatz-
teuergesetz 1999 geregelten so genannten Soll-Ist-
esteuerung auf. Danach können Unternehmer in den
10588 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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(B) )
neuen Ländern mit einem Gesamtumsatz bis
500 000 Euro auf Antrag die Umsatzsteuer nach verein-
nahmten Entgelten – so genannte Ist-Besteuerung – ab-
führen. Im Hinblick auf die anhaltend schlechte Zah-
lungsmoral sowie den weiterhin schwachen
Konjunkturverlauf ist es insbesondere für die ostdeut-
schen klein- und mittelständischen Unternehmer drin-
gend erforderlich, dass diese bis 31. Dezember 2004 be-
fristete Sonderregelung verlängert wird. Dem kommt
dieser Gesetzentwurf mit der zweijährigen Verlängerung
bis zum 31. Dezember 2006 nach.
Weiter gehend ist jedoch der Gesetzentwurf der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion, dessen erste Lesung und
Überweisung an den Finanzausschuss ebenfalls in der
115. Sitzung des Deutschen Bundestages am heutigen
Tag vorgesehen ist, Drucksache 15/3193, und zwar des-
halb, weil er die oben genannte privilegierende Rege-
lung zeitlich unbefristet und darüber hinaus einheitlich
für alle Unternehmen im gesamten Bundesgebiet schaf-
fen will. Auch aus ostdeutscher Sicht ist der Wegfall der
Befristung unter Rechtssicherheitsaspekten eine Verbes-
serung. Der gesamtdeutsche Blickwinkel gebietet, eine
bisher in den neuen Ländern bewährte Regelung auf
ganz Deutschland zu übertragen. Diese Möglichkeit
wird mit der bloßen Verlängerung nur für die neuen Bun-
desländer vertan.
Außerdem handelt es sich bei dem Gesetz zur Ände-
rung der Abgabenordnung um ein so genanntes Omni-
busgesetz, das heißt, es werden Regelungen aus ver-
schiedenen anderen Steuerfachgebieten einheitlich zur
Abstimmung gestellt.
Insbesondere die vorgeschlagenen steuerlichen Rege-
lungen im Bereich der Ausbildungskosten sind bedenk-
lich. Denn dadurch wird die in den letzten Jahren ent-
wickelte höchstrichterliche Finanzrechtsprechung zur
Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten erheblich
zulasten des Steuerzahlers eingeschränkt. Dies ist ange-
sichts der Bildungsmisere unverständlich und im Hin-
blick auf die von der Bundesregierung angekündigten
„Elite-Universitäten“ geradezu widersprüchlich.
Auch ist die Beratung zur Gesellschafter-Fremdfinan-
zierung gemäß § 8 Körperschaftsteuergesetz noch nicht
abgeschlossen. Eine Gesetzesänderung zur Schaffung
von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird weiterhin
als erforderlich erachtet.
Schließlich bestehen insbesondere gegen die von den
Koalitionsfraktionen kurzfristig eingebrachten Ände-
rungsanträge erhebliche verfahrensrechtliche Bedenken.
So wurde beispielsweise die oben genannte Änderung
des UStG erst am 17. Juni 2004 – also am Vortag der
2./3. Lesung im Bundestag – in den federführenden
Finanzausschuss eingebracht. So hatten nicht alle Mit-
glieder des Deutschen Bundestages die Möglichkeit,
sich mit dem Änderungsbegehren zu befassen. Da kein
unmittelbarer Sachzusammenhang mit der Vorlage des
Bundesrates besteht, steht dieses Verfahren nicht im Ein-
klang mit § 62 GO.
Dem Gesetzentwurf kann daher, trotz der an sich be-
grüßenswerten Verlängerung der Ist-Besteuerung im
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msatzsteuerrecht für die neuen Länder, insgesamt nicht
ugestimmt werden.
nlage 8
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des § 573 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (Tagesordnungspunkt 29)
Rainer Funke (FDP): Die FDP unterstützt die
esetzesinitiative des Bundesrates. Die ablehnende Stel-
ungnahme der Bundesregierung geht an den Realitäten
n diesem Land vorbei. Wir leben in einer Gesellschaft,
ie nicht mehr wächst. Hier wirken langfristige Ursa-
hen, insbesondere der demographische Wandel, hier
irken aber auch Ursachen, die, meine Damen und
erren von der Koalition, im Bereich Ihrer verfehlten
irtschafts- und Finanzpolitik zu suchen sind. Ost-
eutschland ist hiervon ganz besonders betroffen. Umso
edauerlicher ist es, dass Sie die wenigen Wachstums-
ranchen, die es dort gibt, auch noch gezielt schwächen.
as Verbot der Telefonwerbung, das sie jetzt in das
ettbewerbsrecht geschrieben haben, führt zu einer aku-
en Gefährdung von Arbeitsplätzen in Call-Centern, von
enen sich besonders viele in Ostdeutschland angesie-
elt haben. Wer solch eine Politik macht, muss sich über
bwanderung nicht wundern.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates zeigt einen Weg
uf, wie man mit den Problemen der Abwanderung und
es Bevölkerungsrückgangs vernünftig umgehen kann.
ür die Abrisskündigung gibt es sowohl ein rechtliches
ls auch ein praktisches Bedürfnis. Was die rechtliche
eite anbetrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es
is heute keine gefestigte Rechtsprechung zur Abriss-
ündigung gibt. Von der Generalklausel des § 573 Abs. 1
GB sind Abrisskündigungen jedenfalls nur in Extrem-
ällen erfasst. Hier geht es jedoch nicht um die rechtliche
ösung eines Extremfalls, es geht vielmehr darum, die
echtlichen Voraussetzungen für eine Beseitigung des
trukturellen Leerstandes zu schaffen. Ein Stadtumbau
ird nur gelingen, wenn es möglich ist, auch solche
äuser abzureißen, die noch zu einem geringen Teil be-
ohnt sind. Auch der Hinweis der Bundesregierung auf
ie Verwertungskündigung hilft nicht weiter. Die Ver-
ertungskündigung wird von der Rechtsprechung sehr
ng ausgelegt. Der ersatzlose Abriss eines Gebäudes
tellt regelmäßig keine wirtschaftliche Verwertung im
inne einer Verwertungskündigung dar. Eine wirtschaft-
iche Verwertung setzt vielmehr voraus, dass das abge-
issene Gebäude durch einen Neubau ersetzt wird. Unter
iesen engen Voraussetzungen lässt sich das mit dem
briss von Wohngebäuden verfolgte Ziel einer Aufwer-
ung des Wohnquartiers und des Wohnumfeldes nicht
ealisieren. Städteplanerische Konzepte bleiben so zum
cheitern verurteilt.
Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die Mög-
ichkeit, Miet- und Pachtverhältnisse durch die Gemein-
en nach den Vorschriften des Baugesetzbuches auf-
eben zu lassen, hilft nicht weiter. Dieses hoheitlich-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10589
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(B) )
bürokratische Instrument taugt für einen erfolgreichen
Stadtumbau nicht. Auch darf bezweifelt werden, ob ho-
heitliche Maßnahmen, also Zwang, Leitbild einer huma-
nen und bürgerfreundlichen Stadtplanung sein sollten.
Ich glaube nicht, dass man bei der Anwendung von
Zwang die Interessen von Mietern besser wahrt. Ich bin
vielmehr davon überzeugt, dass die Abrisskündigung die
berechtigten Interessen von Mietern effektiver schützt.
Denken Sie daran, dass eine Abrisskündigung nur unter
der Bedingung des Nachweises eines vergleichbaren und
verfügbaren Wohnraums zulässig ist.
Die Abrisskündigung muss kommen, sie ist städte-
baulich vernünftig, wirtschaftlich notwendig und sozial
vertretbar. Sie wird dazu beitragen, dass unsere Städte
auch unter den Bedingungen einer schrumpfenden Ge-
sellschaft lebens- und liebenswert bleiben.
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von
Wagniskapital
– Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von
Wagniskapitalgesellschaften
(Zusatztagesordnungspunkt 17)
Stephan Hilsberg (SPD): Das Gesetz, welches wir
heute gemeinsam verabschieden, ist klein, die Wirkung
aber groß. Es regelt die Besteuerung des Carried Interest.
Carried Interest ist ein wichtiges, aber nicht großes De-
tail moderner Investmentmethoden insbesondere auf
dem weiten Feld des Beteiligungskapitals bzw. des Wag-
niskapitals. Mit dem Carried Interest lassen sich die Ini-
tiatoren, die Vermittler von Wagniskapital ihr Engage-
ment bezahlen. Diese Bezahlung, das liegt in der Natur
der Sache, erfolgt aus dem Gewinn, welcher bei Veräu-
ßerung des zur Verfügung gestellten Kapitals entsteht.
Diese Methode für Firmen, die über Wachstumsaus-
sichten verfügen, aber das dafür notwendige Kapital
nicht besitzen, entspricht modernen Investmentmetho-
den. Auch in Deutschland muss dieses Verfahren funk-
tionieren, sonst koppeln wir uns ab mit erheblichen Fol-
gen für Wachstum und Beschäftigung. Deshalb muss
diese Form der Wagniskapitalfinanzierung in Deutsch-
land klappen. Aber das tut es derzeit nicht genug. Steuer-
systematische Gründe waren es, die zu Schwierigkeiten
geführt haben.
Festzuhalten ist: Auch der erhöhte Gewinnanteil der
Initiatoren von Wagniskapital muss versteuert werden.
In Deutschland wird Gewinn grundsätzlich versteuert.
Das muss auch so sein. Das gilt auch für spezifische Ge-
winne bei der Wagniskapitalfinanzierung. Aber die Form
der Gewinne der Wagniskapitalfinanzierung passte nicht
ins Steuerrecht. Ein typisch deutsches Problem. Sei es,
wie es sei: Dieses steuersystematische Problem wird
heute geklärt. Ab jetzt steht das Steuerrecht der Finan-
zierung von Wagniskapital nicht mehr entgegen.
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Carried Interest heißt: Die Initiatoren von Wagniska-
italfinanzierung bringen ihre besonderen Leistungen
in. Sie sind immaterieller Art: Das ist die Erfindung
elbst, aber auch die Vermittlung zwischen expandieren-
er Firma und den Kapitalgebern. Ohne diese Initiatoren
äme das Wagniskapital nicht zustande. Ohne diese Ini-
iatoren könnten die Firmen nicht wachsen und würden
eine neuen Absatzmärkte erobern. Sie könnten nicht
xpandieren und keine neuen Arbeitsplätze schaffen.
Bezahlen lassen sich die Initiatoren ihre Leistung
urch einen erhöhten Anteil am schließlich realisierten
ewinn bei der Veräußerung der Wagniskapitalanteile
ach erfolgter Expansion. Deshalb ist klar, dass diese
ezahlung von der Natur her selbst ein Gewinn ist. Als
olcher muss er versteuert werden. Das heißt: mit dem
albeinkünfteverfahren. Genau dies regelt unser Gesetz.
In der Anhörung des Finanzausschusses ist diese Re-
elung einhellig begrüßt worden. Diskutiert wurde ein
enig über den steuerrechtlichen Weg, aber nicht über
as Ergebnis dieses Gesetzes. Dem applaudierte die
ranche der Wagniskapitalgeber eindeutig.
Die SPD hat die heute realisierte Lösung schon lange
m Visier gehabt. Schauen sie bei unserem „Masterplan
igh-Tech“ nach oder in unsere einschlägigen Anträge.
ir realisieren heute, was wir versprochen haben.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDU/CSU,
ie sich unserem Verfahren angeschlossen hat, weil sie
n den Zielen mit uns übereinstimmt. Die Zustimmung
es Bundesrates vorausgesetzt, wovon ausgegangen
erden kann, wird diese neue Regelung rückwirkend
um 1. Januar dieses Jahres in Kraft gesetzt.
Damit ist die Reihe nun an den Vertretern des Wagnis-
apitals. Machen Sie ihr Versprechen wahr und führen
ie die Branche zu neuen Erfolgen. Ich weiß, das ist
icht ganz einfach; denn es hat in den zurückliegenden
ahren hier auch manchen Flop gegeben, für den nicht
ie Politik, sondern allein das Management verantwort-
ich zeichnet. Aber auch die Branche scheint mir auf ei-
em guten Weg zu sein. Deshalb stehen jetzt alle Signale
uf Grün, damit der Zug schnell Fahrt gewinnen kann.
arauf warten wir.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU): Die Frage der
igenkapitalausstattung stellt für jeden Unternehmer
inen wichtigen Entscheidungsbereich dar – genauer ge-
agt: Sie ist die zentrale Frage einer jeden Unterneh-
ung.
So unterschiedlich auch die Auffassungen im Einzel-
all und je nach Branche über die angemessene Höhe des
rforderlichen Eigenkapitals sein können, unbestritten
st jedoch die grundsätzliche Bedeutung des Eigenkapi-
als für die Dynamik und das Wachstum von Unterneh-
en.
Der deutsche Begriff „Beteiligungskapital“ entspricht
em englischen Private Equity. Private Equity ist eine
pezielle Anlageklasse, die Produkte wie Venture Capi-
al – zu deutsch so genanntes Wagniskapital – umfasst.
10590 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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Wenn wir uns also heute über die Verbesserung der
steuerlichen Rahmenbedingungen von so genannten
Venture-capital-Private-/Equity-Fonds unterhalten, spre-
chen wir eigentlich darüber, wie wir es als Gesetzgeber
erreichen können, durch klare Regelungen und in Ver-
bindung mit Rechtssicherheit den Finanzplatz Deutsch-
land für Investitionen wieder attraktiver zu machen.
Private Equity hat sich in den vergangenen Jahren zu
einem wesentlichen Instrument der Finanzierung von In-
novations-, Wachstums- und Restrukturierungsprozessen
entwickelt. Forschungsaktivitäten und Innovationen
werden heute zwar immer noch meistens von Großunter-
nehmen oder teilweise vom Staat finanziert; bei der Um-
setzung der Ergebnisse oder von neuen Verfahren in
kommerzielle Produkte und Technologien stehen aller-
dings traditionelle Finanzierungsinstrumente aufgrund
der damit verbundenen hohen Risiken meist nicht zur
Verfügung.
Hier setzen immer häufiger Wagniskapitalgesell-
schaften an! Sie stellen in zunehmendem Maße Betei-
ligungskapital für junge und innovative Unternehmen
bereit.
Venture Capital ist somit ein wichtiger Motor für den
Siegeszug zukunftsweisender Technologien, denn oft
können junge Unternehmen ihre Ideen und Innovationen
nur dank der Finanzierung durch Kapital seitens Dritter
realisieren.
Aber auch für etablierte Unternehmen des Mittelstan-
des spielen Wagniskapitalgesellschaften eine immer
wichtigere Rolle. Mittelständler stehen heutzutage vor
der Herausforderung, ihre eigene Marktstellung und den
Geschäftserfolg durch weiteres Wachstum zu sichern.
Die traditionellen Instrumente der Fremdfinanzierung
reichen zur Deckung des damit verbundenen Kapital-
bedarfs in der Regel bei weitem nicht aus. Weiteres
Eigenkapital ist dann nötig. Private Equity, sprich: Wag-
niskapital, kann diese Finanzierungslücke schließen und
somit beispielsweise Unternehmen mit hohem Wachs-
tumspotenzial die Expansion ermöglichen.
Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass in Zei-
ten des globalen Wettbewerbs Großkonzerne ebenso wie
der Mittelstand zunehmend gezwungen sind, ihr Unter-
nehmen umzustrukturieren oder Strategien neu auszu-
richten. Auch hier sind Wagniskapitalgesellschaften
wichtige Finanzierungspartner. Nur um hier einmal
einige Zahlen zu nennen: Private-Equity-Gesellschaften
haben von 1986 bis 2001 deutschlandweit insgesamt
25 Milliarden Euro in circa 15 000 kleine und mittlere
Unternehmen investiert. Sie waren somit ein nicht unwe-
sentlicher Bestandteil für ein stabiles Wirtschaftswachs-
tum in Deutschland.
Nach dem Aufschwung vor allem in den späten 90er-
Jahren befindet sich der Wagniskapitalmarkt in Deutsch-
land seit 2001 in einer Krise. Gründe hierfür lagen unter
anderem in der allgemeinen Konjunkturschwäche in der
allgemeinen Unsicherheit an den Finanzmärkten und in
dem Einbruch an den Börsen. Ein wesentlicher Grund
für den Einbruch in Deutschland ist jedoch auch die Ver-
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nsicherung der Investoren hinsichtlich der steuerlichen
ehandlung von Venture-Capital-Fonds.
Warum der Einbruch im Jahre 2001? Zunächst gilt es
ier festzuhalten, dass es in Deutschland bisher keine
llgemeingültige Regelung für die steuerliche Behand-
ung von Wagniskapitalfonds gab. Ursprünglich ging der
rivate-Equity-Markt davon aus, dass der erhöhte Ge-
innanteil der Initiatoren – der so genannte Carried
nterest – als Ergebnisanteil zu qualifizieren ist und er
aher nicht voll steuerpflichtig war. Dieses Verständnis
ntsprach der Rechtsprechung des Großen Senats des
undesfinanzhofes und der gängigen Praxis der Finanz-
erwaltung in den meisten Bundesländern.
2001 änderte sich die Situation. Im November 2001
eröffentlichte das BMF seinen Entwurf für einen Erlass
ur einkommensteuerlichen Behandlung von Private-
quity-Fonds. Darin wurde der Carried Interest als ver-
eckte Dienstleistungsvergütung gewertet, der der vollen
teuerpflicht unterliegt. An dieser Rechtsauffassung
ielt das BMF leider auch in seinem Schreiben vom De-
ember 2003 fest.
Man muss feststellen, dass die Besteuerung von Wag-
iskapitalfonds in Deutschland also bisher lediglich
urch eine Verwaltungsanweisung des BMF „geregelt“
st; und ich setze das Wort „regeln“ hier ausdrücklich in
nführungszeichen. Diese Rechtsunsicherheit führte zu
inem deutlichen Standortnachteil Deutschlands im in-
ernationalen Wettbewerb um Kapital zur Unterneh-
ensfinanzierung und sorgte dafür, dass in Deutschland
ittlerweile so gut wie keine neuen Wagniskapitalfonds
ehr aufgelegt werden.
Deutschland bietet hinsichtlich der Qualität der
teuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für
eteiligungskapital und Unternehmertum für institu-
ionelle und private Investoren noch immer kein günsti-
es Klima. Eine erst am 24. Mai 2004 veröffentlichte
tudie der European Private Equity and Venture Capital
ssociation (EVCA) beweist dies mehr als deutlich. Im
ergleich zu 21 von der EVCA bewerteten europäischen
ändern rangiert Deutschland im Bereich Private Equity
uf Platz 18 von 21! Deutschland rangiert damit weit un-
er dem europäischen Durchschnitt. Nur Österreich, Dä-
emark und die Slowakische Republik bieten noch
chlechtere steuerliche und rechtliche Rahmenbedingun-
en für Wagniskapitalfonds als wir. Wir müssen uns aber
n der Spitze orientieren und die wird auf Platz 1 von
roßbritannien, auf Platz 2 von Luxemburg, auf Platz 3
on Irland und auf Platz 4 von Griechenland angeführt;
nd selbst Frankreich liegt vor Deutschland auf Platz 10.
Die Lösung des Problems der Besteuerung von Wag-
iskapitalgesellschaften ist in Deutschland also mehr als
berfällig, wenn wir nicht noch weiter abrutschen wol-
en. Es besteht dringender Handlungsbedarf. CDU und
SU haben dies schon lange erkannt. Seit Juli 2003 liegt
in Gesetzentwurf des Bundesrates vor, der auf Initiative
ayerns im Länderparlament beschlossen wurde. Der
esetzentwurf aus Bayern bietet eine umfassende und
inheitliche Regelung für die Besteuerung des erhöhten
ewinnanteils der Initiatoren eines Wagniskapitalfonds,
es so genannten Carried Interest, und die Anwendung
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10591
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des Halbeinkünfteverfahrens. Der Vorschlag ist steuer-
systematisch klar und stellt eine eindeutige gesetzliche
Regelung für die Steuerbarkeit von Wagniskapitalgesell-
schaften dar.
Nach langem Hin und Her hat nun endlich auch Rot-
Grün die Dringlichkeit dieses Themas erkannt. Am
25. Mai 2004 legten sie einen eigenen Gesetzentwurf zur
Förderung von Wagniskapital vor. Aber wie das bei Rot-
Grün nun mal so ist, ihr Gesetzentwurf regelt mal wieder
nur die Hälfte. Im Bereich des Carried Interest lässt er
nach wie vor eine rechtliche Lücke, weil er die steuer-
liche Qualifizierung des erhöhten Gewinnanteils nicht
eindeutig definiert, sondern sich wieder nur auf die of-
fensichtlich unzureichende Verwaltungsanweisung des
BMF bezieht, dies aber nicht ins Gesetz schreibt.
Der Gesetzentwurf von Rot-Grün hätte die Situation
auf dem Wagniskapitalmarkt demnach nicht verbessert.
Dies wurde uns im Rahmen einer Anhörung am vergan-
genen Montag von allen Experten einvernehmlich bestä-
tigt. Parteiübergreifend wurde jedoch Handlungsbereit-
schaft und der Wille signalisiert, nun endlich eine
einheitliche Regelung für die Besteuerung von Wagnis-
kapitalgesellschaften zu schaffen. In den Gesprächen
und in der Anhörung bestand Einigkeit darüber, dass in
erster Linie möglichst schnell Rechtssicherheit für Wag-
niskapitalgesellschaften geschaffen werden muss.
Der jetzt beschlossene Kompromiss stellt quasi einen
dritten Weg dar, um nun schnellstmöglich eine gesetz-
liche Grundlage zur einheitlichen Besteuerung von Wag-
niskapitalfonds zu schaffen. Der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion ist zwar bewusst, dass die jetzt gefundene
Regelung bei weitem nicht die Qualität des bayerischen
Gesetzentwurfs zur Besteuerung von Wagniskapital-
gesellschaften erreicht. In den Verhandlungen mit Rot-
Grün und dem BMF ist es uns jedoch zumindest gelun-
gen, die unübersehbaren Schwächen des Entwurfs der
Regierungskoalition zu korrigieren. Zu mehr als zum
jetzt beschlossenen gemeinsamen Änderungsantrag war
Rot-Grün jedoch nicht bereit.
Letztlich haben auch die Branchenvertreter im Rah-
men der Anhörung aber zu erkennen gegeben, dass sie
eine vertretbare, wenn auch suboptimale Lösung jetzt
vorziehen und eine weitere Verzögerung der Sache mit
unabsehbarem Ausgang nicht in Kauf nehmen möchten.
Wir glauben, dass der jetzt gefundene überparteiliche
Kompromiss für die Branche nun eine langfristige Pla-
nungssicherheit gewährleistet und den Finanzplatz
Deutschland wieder international wettbewerbsfähig
macht. Der erhöhte Gewinnanteil eines Initiators eines
Venture-Capital-Fonds wird künftig kraft Gesetzes stets
im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit vereinnahmt
und unterliegt damit dem Halbeinkünfteverfahren.
In Bezug auf die so genannten Altfälle gemäß dem
BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003 geht die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion davon aus, dass der heutige
Beschluss deren Behandlung auch für zukünftige Veräu-
ßerungen unberührt lässt. Darüber hinaus erscheint es
uns sinnvoll, im weiteren Verwaltungsverfahren die Wei-
tergeltung der Vertrauensschutzregelung auch unter Gel-
tung des neuen Gesetzes zu betonen.
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Durch diese längst überfällige gesetzliche Regelung
ird der Finanzplatz Deutschland gestärkt; damit wer-
en wir in Zukunft wieder ein attraktiver Standort für
agniskapitalfonds sein.
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
ch bin sehr froh, dass wir bei diesem wichtigen Vorha-
en für den Innovationsstandort Deutschland eine so
reite parlamentarische Mehrheit gefunden haben. Nur
ie FDP kommt mal wieder nicht aus dem Mustopf und
ängt hinten dran. Es bleibt das Geheimnis der FDP, wa-
um sie den gemeinsamen Antrag der Fraktionen nicht
itträgt und stattdessen lieber den Gesetzentwurf des
undesrates, der von der ganzen Systematik her auf dem
tand von vorgestern ist, unterstützt.
Die ursprünglich diskutierten Gesetzentwürfe von
ot-Grün und aus dem Bundesrat lagen ja im Ergebnis
ar nicht weit auseinander. Ich denke, wir haben mit dem
emeinsamen Antrag von Rot-Grün und der Union einen
uten Kompromiss zwischen den beiden Entwürfen ge-
unden, dem auch der Bundesrat zustimmen kann – aus-
ahmsweise mal ohne ein Vermittlungsverfahren, so
offen wir zumindest!
Rechtssicherheit ist absolut vordringlich dafür, dass
n Zukunft wieder mehr Wagnisfonds in Deutschland
ufgelegt werden. Bei Laufzeiten von acht, zehn oder
uch zwölf Jahren wird ein Fonds hier in Deutschland
ur aufgelegt, wenn er international konkurrenzfähige
ahmenbedingungen vorfindet und der Initiator des
onds sich sicher sein kann, dass dies auch in zehn Jah-
en noch so sein wird. Mit unserem gemeinsamen Ent-
urf bekommen wir jetzt eine klare verlässliche Rege-
ung für Wagniskapitalfonds, die dem beginnenden
ufwärtstrend in den Wagniskapitalmärkten Schwung
eben wird.
In den letzten Jahren ist die Anzahl der Neuinvestitio-
en im Wagniskapitalmarkt von fast 2 200 im Jahr 2000
uf knapp 900 im Jahr 2003 drastisch zurückgegangen.
rsache war der Crash an den Kapitalmärkten insgesamt
nd der New Economy im Besonderen. Jetzt hat die Tal-
ahrt einen Boden gefunden und es geht langsam wieder
ergauf.
Steuerlich machen wir mit der geplanten Halbein-
ünftebesteuerung von Carried Interest, also der Tätig-
eitsvergütung für Fondsinitiatoren, einen riesigen
chritt in die richtige Richtung. Das ist nicht nur eine
ute Nachricht für die Fondsinitiatoren, sondern das ist
or allem auch eine gute Nachricht für Gründung tech-
ologieorientierter Unternehmen und für Innovationen
m Mittelstand. Denn gute Ideen und das Kapital, diese
uten Ideen zu verwirklichen, müssen zusammenge-
racht werden. Wir schaffen wachstumsfreundliche Rah-
enbedingungen, verbessern die Chancen für Innovatio-
en hier am Standort und erleichtern die Bedingungen
ür eine bessere Eigenkapitalausstattung für kleine und
ittlere Unternehmen. Das hat positive volkswirtschaft-
iche Wirkungen. So stiegen laut empirischen Unter-
uchungen die Umsätze von Beteiligungsunternehmen
iermal schneller als im Durchschnitt der Wirtschaft, die
eschäftigung stieg in der Vergangenheit um 5 bis
10592 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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15 Prozent pro Jahr. Rund 4,5 Prozent der deutschen Ar-
beitsplätze finden sich mittlerweile in jungen Unterneh-
men. Damit hier noch mehr neue Arbeitsplätze entste-
hen, muss der Gründungsprozess wieder an Dynamik
gewinnen. Das sind die eigentlichen Ziele der Regelung,
die wir heute beschließen.
Zukünftig soll die Tätigkeitsvergütung von Fondsini-
tiatoren nach dem Halbeinkünfteverfahren besteuert
werden. Damit haben wir eine international konkurrenz-
fähige Steuerbelastung erreicht. Nach unserem gemein-
samen Entwurf ist es nun ganz egal, aus welcher Quelle
der Carried Interest kommt, ob aus dem Veräußerungs-
gewinn, aus Dividenden oder Zinsen. Damit haben wir
den Fondsinitiatoren und der Finanzverwaltung ein
schwieriges Abgrenzungsproblem und damit viel Büro-
kratie und Kontrollaufwand erspart und die ganze Rege-
lung praktikabler ausgestaltet.
Allerdings öffnen wir kein Fass ohne Boden. Die Be-
günstigung ist beschränkt auf Gesellschaften, die Anteile
an Kapitalgesellschaften erwerben, halten und veräu-
ßern. Andere vermögensverwaltende Gesellschaften
kommen damit nicht in den Genuss des Halbeinkünfte-
verfahrens. Denn Mitnahmeeffekte auf breiter Front
wollen wir vermeiden.
Mehr Innovationen im Mittelstand und Gründungen
technologieorientierter Unternehmen erreichen wir aber
nicht allein damit, dass wir uns steuerrechtlich interna-
tional wettbewerbsfähig aufstellen. Entscheidend ist
auch, dass Innovationen ganz am Anfang Startfinanzie-
rungen finden, und dabei geht es sowohl um Eigenkapi-
tal als auch um Fremdkapital. Denn private Startfinan-
zierungen haben unter der Krise am Wagniskapitalmarkt
besonders stark gelitten. Das Finanzierungsvolumen ist
auf ein Fünftel gesunken. Die Kreditanstalt für Wieder-
aufbau bietet mit ihren Programmen hier alternative
Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups. Zusätzliche
Chancen bietet der neu geschaffene Dachfonds für Risi-
kokapital.
Eine weiteres entscheidendes Innovationshemmnis
hier in Deutschland sind die vielen bürokratischen Hür-
den, die bei der Neugründung eines Unternehmens erst
einmal überwunden werden müssen. Auf die eine oder
andere Regelung und Vorschrift könnte für kleine Unter-
nehmen sicherlich verzichtet werden, um Gründungen
und Aufbau neuer Unternehmen zu erleichtern. Wir wer-
den hier im Rahmen des Hightech-Masterplans noch ei-
niges zu entrümpeln haben.
Carl-Ludwig Thiele (FDP): Es ist gut, dass wir uns
heute auf Initiative des Bundesrates in dieser Sitzung mit
der Frage der Besteuerung von Wagniskapitalgesell-
schaften beschäftigen.
Wagniskapitalgesellschaften spielen gerade in der au-
ßerbörslichen Unternehmensfinanzierung eine immer
wichtigere Rolle. Vor allem für junge Unternehmen, die
in risikoreichen Wachstumsmärkten agieren, benötigen
wir stabile und berechenbare Rahmenbedingungen auch
auf steuerlichem Gebiet.
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Es ist für den Standort Deutschland beschämend, dass
n den vergangenen zwei Jahren kaum Kapital nach
eutschland geflossen ist. Dies hat viele Arbeitsplätze
ekostet. Deshalb begrüßt es die FDP ausdrücklich, dass
ich beide Gesetzentwürfe mit Vorschlägen zur Behe-
ung dieses Missstandes beschäftigen. Die FDP wäre
erne einem gemeinsamen Antrag beigetreten. Dies
ätte allerdings vorausgesetzt, dass rechtssystematisch
auber vorgegangen worden wäre. Rot-Grün hat jedoch
uf dem Gesetzentwurf bestanden. Deshalb war dies lei-
er ausgeschlossen.
Der Bundesratsentwurf enthält im Wesentlichen die
achgerechten Lösungen. Es kann nicht sein, dass hier
nd heute für die Venture-Capital- und Private-Equity-
ranche ein Sondermaßnahmegesetz geschaffen wird.
s wäre richtig gewesen, dieses über eine richtige syste-
atische Einordnung zu regeln. Wir brauchen kein Son-
errecht für Private Equity und Venture Capital. Diese
esellschaften sollen ganz normal behandelt werden.
ir wollen, dass sich in unserem Lande etwas positiv
erändert, dass auch wieder investiert und Venture Capi-
al zur Verfügung gestellt wird. Hierfür werden wir uns
uch zukünftig einsetzen. Deshalb begrüßen wir, dass es
m Ergebnis einen ersten Schritt in die richtige Richtung
ibt.
Da dieser Schritt allerdings nicht umfassend ist und
echtssystematisch falsch ist, stimmen wir aus gesetzes-
nd ordnungspolitischen Gründen gegen dieses Gesetz.
nlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Unterrichtung: Selbstver-
pflichtungserklärung der Deutschen Post AG
zur Erbringung bestimmter Postdienstleistun-
gen (Tagesordnungspunkt 30)
Klaus Barthel (SPD): Wer erinnert sich nicht: über
acht verschwundene Briefkästen, schwer nachvollzieh-
are Schließungen und Verlagerungen von Postfilialen,
ingeschränktes Leistungsangebot in einzelnen Filialen,
rboste Postkunden und zornige Bürgermeister.
So hatten es die Kritiker der Postprivatisierung stets
efürchtet und vorhergesagt. Die Koalition hatte dem je-
och – gegen Widerstände in der nach Deregulierung
ufenden Opposition – mit der Erarbeitung einer Post-
niversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vorbeu-
en wollen. Diese Verordnung hatten wir 2002 im Lichte
er Erfahrungen nochmals deutlich verbessert.
Manchmal schien es aber so zu sein, als ob bei jeder
andlung des Gesetzgebers bei der Post AG nur ganze
eerscharen von Konzernstrategen nach neuen Lücken
uchten, wie der Wille des Gesetzgebers umgangen wer-
en könnte, wie weitere Leistungen eingeschränkt, noch
ehr Kosten gesenkt und Personal abgebaut werden
önnten.
Von Anfang an haben wir diese Entwicklung sehr auf-
erksam verfolgt, die Hinweise und Beschwerden aus
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10593
(A) )
(B) )
der Bevölkerung und der Kommunalpolitik gesammelt
und ausgewertet.
Unsere permanente Befassung der Regulierungsbe-
hörde für Telekommunikation und Post mit dieser Pro-
blematik hat Ende 2003 dazu geführt, dass die Behörde
erstmals in ihrem Tätigkeitsbericht eine Art Mängelliste
im Postuniversaldienst erstellt und sie mit der Rechts-
lage abgeglichen hat. An dieser Stelle sei den Verant-
wortlichen in der RegTP dafür gedankt, dass sie diese
Arbeit so detailliert geleistet haben.
Das war für uns die Grundlage zu ausführlichen Ge-
sprächen mit der Deutschen Post AG. Für uns war die
Alternative, mit politischen bzw. staatlichen Maßnah-
men, sei es durch Gesetzesänderung oder Handeln der
RegTP, die Missstände abzustellen oder die Post AG von
sich aus zu vernünftigerem Umgang mit ihren Kunden,
Vertragspartnern, Beschäftigten und Kommunen zu be-
wegen.
Letzterer Weg hat nach vielen Gesprächen zum Erfolg
geführt. Das Ergebnis liegt uns heute in Form einer Un-
terrichtung durch die Bundesregierung vor. Diese Unter-
richtung – Bundestagsdrucksache 15/3186 – gibt den In-
halt der Selbstverpflichtung wieder, die die Deutsche
Post AG gegenüber der Öffentlichkeit und der Bundesre-
gierung abgegeben und dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit mitgeteilt hat. Die Details kann
man nachlesen. Für uns besonders wichtig ist die Siche-
rung des Briefkastenbestandes, die Aufwertung von grö-
ßeren Ortsteilen im Filialnetz, die Präzisierung bei den
Öffnungszeiten der Filialen und die besseren Beneh-
mensregelungen den Kommunen gegenüber, aber auch
das neue Informationssystem zwischen Post und Regu-
lierungsbehörde.
Wir sehen die Selbstverpflichtung als innovativen
Schritt in der Postpolitik. So etwas hat es in anderen
Branchen auch noch nicht gegeben. Das Beispiel könnte
Schule machen: auf der Grundlage klarer gesetzlicher
Vorgaben praktikable Regelungen vereinbaren. Beides
gehört aber zusammen: der gute Wille der Beteiligten
auf Basis einer klaren gesetzlichen Regelung.
Ich freue mich besonders, dass das ganze Haus heute
zu einer gemeinsamen Entschließung kommt, in der wir
die Selbstverpflichtung der Deutschen Post AG begrü-
ßen, Kontrolle fordern und gesetzgeberische Initiativen
für den Fall offen halten, dass sich unser nicht ganz risi-
kofreier innovativer Schritt bewährt. Diese Gemeinsam-
keit erhöht die Verbindlichkeit für alle Beteiligten. Vie-
len Dank an alle, die daran beteiligt waren und sind!
Leider wird dieses Bild in den letzten Tagen getrübt
und der mühsam erarbeitete Konsens infrage gestellt.
Qualitativ hochwertigen Universaldienst, wie er in
PUDLV und Selbstverpflichtung festgeschrieben ist, gibt
es nicht zum Nulltarif. Rahmenbedingung dafür sind
verlässliche Marktbedingungen. Wir haben 2002 – Koa-
lition und Bundesratsmehrheit – gemeinsam den Weg
zur weiteren Liberalisierung des deutschen Postmarktes
mit der Postgesetznovelle beschlossen. Zum Umfang des
Universaldienstes gehört ein stufenweise zu reduzieren-
der und voraussichtlich 2007 auslaufender reservierter
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ereich für die Deutsche Post AG im europäischen
leichklang. Da ist es völlig unverständlich, dass die
undesratsmehrheit im gleichen Atemzug, in dem alle
ie Selbstverpflichtung loben, ihr letztlich die Grundlage
ieder entziehen will. Ausgerechnet die Länder Hessen
nd Niedersachsen, die mit spektakulären Gesetzesiniti-
tiven den Universaldienst weiter regulieren wollten und
abei viel Lärm erzeugt haben, kommen jetzt mit Forde-
ungen, den reservierten Bereich der Post AG über das
esetzlich festgelegte Maß hinaus schneller und stärker
bzubauen. Dabei läuft wieder das sattsam bekannte
piel im postpolitischen Bermudadreieck: Lobby – Teile
er EU-Kommission – FDP und CDU/CSU. Hauptziel:
ttacke auf die Deutsche Post, mehr Pflichten einerseits,
eniger Einnahmen und instabile Rahmenbedingungen
ndererseits.
An dieser Stelle nur so viel: Wir werden die europäi-
che Rechtslage genau prüfen und einhalten, aber auch
icht mehr. Weiter gehenden Initiativen zur Aushöhlung
es reservierten Bereichs fehlt jede Legitimation.
Ich bitte alle Seiten dieses Hauses, auf dem gemeinsa-
en Teppich zu bleiben. Unsere heutige Gemeinsamkeit
n der Postpolitik könnte auch ein Zukunftsmodell sein.
er bisherige Erfolg gibt dieser Gemeinsamkeit Recht.
efährden Sie nicht ohne Not diesen Konsens!
Julia Klöckner (CDU/CSU): Eine Selbstverpflich-
ung ist allemal besser als eine gesetzliche Regelung.
äbe es die Selbstverpflichtung nicht, hätte der Gesetz-
eber nachbessern müssen. Nur das hätte – man kennt ja
as Prozedere – ein wenig länger gedauert. Gelitten hätte
arunter der Verbraucher, die Bürgerinnen und Bürger.
urch die Selbstverpflichtung aber gewinnt der Verbrau-
her und mit ihm die Post.
Ich richte meinen herzlichen Glückwunsch an die
eutsche Post, aber auch an alle Fraktionen des Bundes-
ages. Die Selbstverpflichtung der Deutschen Post AG,
ber die Dienstleistungen hinaus, zu denen sie nach dem
ostgesetz verpflichtet ist – zum so genannten Univer-
aldienst –, bestimmte Leistungen anzubieten, ist sehr zu
egrüßen. Deshalb begrüße ich, dass die Erklärung die
esentlichen Punkte, die aufgrund von Empfehlungen
er Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
ost auch im politischen Raum aufgeworfen worden
ind, berücksichtigt. Beglückwünschen möchte ich uns
lle daher, dass wir uns in einer – in diesen Zeiten so sel-
enen – konzertierten Aktion über Fraktionsgrenzen hin-
eg mit sanftem politischem Druck erfolgreich für die
erbraucherinteressen eingesetzt haben.
Die freiwillige Selbstverpflichtung umfasst zwölf
ienstleistungen. So werden Zusatzleistungen wie Ein-
chreiben, Wert- und Nachnahmesendungen auch für Pa-
etsendungen in den Universaldienst einbezogen. Wert-
endungen werden bis zu einer Wertobergrenze von
5 000 Euro angeboten. Das bundesweite Angebot in
indestens 12 000 Postfilialen erstreckt sich auf alle
rief- und Paketbeförderungsleistungen. In zusammen-
ängend bebauten Wohngebieten mit mehr als
000 Einwohnern wird mindestens eine stationäre Post-
inrichtung bereitgestellt.
10594 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
(A) )
(B) )
Weiterhin gewährleistet die Deutsche Post AG, dass
in solchen Wohngebieten mit mehr als 4 000 Einwoh-
nern grundsätzlich eine stationäre Einrichtung in maxi-
mal 2 Kilometern Entfernung für die Kunden erreichbar
ist. Die stationären Einrichtungen werden grundsätzlich
durchgehend ganzjährig an sechs Werktagen geöffnet,
wobei sich die Öffnungszeiten an der Nachfrage orien-
tieren. Die Öffnungszeiten der Kleinstfilialen werden
mindestens 50 Prozent über der tatsächlichen Kunden-
nachfrage liegen. Damit kann sichergestellt werden, dass
auch in ländlicheren Regionen, die infrastrukturell weni-
ger erschlossen sind als städtische Ballungszentren, eine
ausreichende Versorgung vorgehalten wird. Die regel-
mäßigen langen Öffnungszeiten dienen in erster Linie
auch der Versorgung weniger mobiler Bevölkerungs-
teile, wie etwa den Senioren.
Man muss sich bei all dem vergegenwärtigen, dass
die Deutsche Post mittlerweile eine Aktiengesellschaft
ist und damit in erster Linie aus gesetzlicher Verpflich-
tung ihren Aktionären rechenschaftspflichtig ist. In be-
triebswirtschaftlicher Hinsicht sind etliche der durch die
Selbstverpflichtung getroffenen Maßnahmen nicht not-
wendigerweise ertragreich. Schließlich hat sich das Ver-
braucherverhalten mit Blick auf die Postdienstleistungen
gerade auch wegen des Wandels in der Kommunikati-
onstechnologie erheblich verändert.
Besonders hervorheben möchte ich die Einrichtung
regionaler Politikbeauftragter durch die Deutsche Post
AG. Deutschlandweit hat das Unternehmen 14 solcher
Stellen eingerichtet, um eine flächendeckende Betreuung
nach regionalen Besonderheiten zu gewährleisten. Ich
hatte in den vergangenen Tagen Gelegenheit, den für
meinen Wahlkreis zuständigen Beauftragten zu sprechen
und nach den genauen Aufgaben dieser neu geschaffe-
nen Position zu befragen. Bei Veränderungen einer sta-
tionären Einrichtung stellt die Post künftig drei Monate
vor der geplanten Maßnahme das Benehmen mit der zu-
ständigen Gemeinde her. Bei Änderungen im Briefkas-
tennetz wird sie sich ebenfalls mindestens sechs Wochen
mit den Gemeinden in Verbindung setzen. Ich finde es
besonders wichtig, dass bei derartigen Entscheidungen
die Bürger als unmittelbar betroffene Verbraucher mit-
einbezogen werden.
Schließlich garantiert das Unternehmen bis zum Ab-
lauf der Exklusivlizenz, dass bundesweit etwa
108 000 Briefkästen zur Verfügung stehen. Im Jahr 2007
wird diese Zahl unter Berücksichtigung der Nachfrage
überprüft. Die Deutsche Post AG stellt ebenso sicher,
dass die Briefkästen nicht vor der letzten angegebenen
Leerungszeit geleert werden. Damit ist eine Verlässlich-
keit für die Verbraucher bezüglich der pünktlichen Zu-
stellung gewährleistet. Sie verpflichtet sich, der Regulie-
rungsbehörde die notwendigen Informationen zu
überlassen, damit diese die Einhaltung des Leistungsan-
gebots überprüfen kann.
Die Selbstverpflichtung ist eine große Errungenschaft
für die Kunden der Deutschen Post und damit für den
Verbraucherschutz in Deutschland. Wegen der damit ge-
wonnen Verbraucherbindung ist die Selbstverpflichtung
aber in erster Linie auch eine große Errungenschaft für
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ie Deutsche Post selbst. Es freut mich besonders, dass
ir gemeinsam mit einem Entschließungsantrag aller
raktionen diese Errungenschaft absichern konnten.
etzt steht die Bundesregierung in der Pflicht, ihrer in
iesem Antrag festgehaltenen Prüfungspflicht mit der
leichen Verantwortung nachzukommen, mit der die
eutsche Post AG in Vorleistung getreten ist. Die Post
teht in der Pflicht, ihre Selbstverpflichtungserklärung,
it der sie selbst massiv wirbt, auch einzuhalten.
Johannes Singhammer (CDU/CSU): Die Abgabe
er Selbstverpflichtungserklärung durch die Deutsche
ost AG hat dreierlei eindrucksvoll bewiesen:
Erstens. Politischer Druck bewirkt Handeln und
ringt Erfolge für die Kunden der Deutschen Post AG.
weitens. Politik redet nicht lange, sondern bringt rasche
rgebnisse und Verbesserungen zustande. Drittens. Poli-
ik schafft kein zusätzliches Mehr an ausufernder Büro-
ratie, sondern findet pragmatische zeitgemäße Lösun-
en.
Gleichwohl betone ich auch: Sollte die Selbstver-
flichtung vonseiten der Deutschen Post AG nicht auf
unkt und Komma eingehalten werden, wird der Gesetz-
eber unverzüglich eine Änderung des Postgesetzes und
er Postuniversaldienstleistungsverordnung in die Wege
eiten. Dann werden auf diesem Wege die von uns für
en Verbraucher gewünschten Verbesserungen als ge-
etzliche Regelungen festgeschrieben.
Die angemessene und effiziente Versorgung mit Post-
ienstleistungen ist für die deutsche Wirtschaft und die
ürgerinnen und Bürger in unserem Land von hoher
ichtigkeit. Die unter der unionsgeführten Bundesregie-
ung eingeleitete Privatisierung der Deutschen Post AG
ar daher ordnungspolitisch richtig und volkswirtschaft-
ich geboten. Der Erfolg gibt uns recht: Die Deutsche
ost AG ist ein Global Player, weltweit an der Spitze der
m Logistik- und Transportbereich.
Die Deutsche Post AG ist für die Dauer der erteilten
xklusivlizenz bis einschließlich 31. Dezember 2007
erpflichtet, die erforderlichen Infrastruktureinrichtun-
en vorzuhalten und die dafür notwendigen Universal-
ienstleistungen zu erbringen: Mit 13 514 stationären
inrichtungen, von denen 5 513 eigenbetriebene Filialen
ind, übererfüllt die Deutsche Post AG die gesetzlichen
orgaben von 12 000 Einrichtungen. Rund 8 400 Filia-
en werden an Pflichtstandorten gemäß den detaillierten
orgaben der Gemeinde-, Entfernungs- und Flächenre-
eln unterhalten. Die gesetzliche Vorgabe, nach der in
eutschland in zusammenhängend bebauten Gebieten
ein Bürger mehr als 1 000 Meter bis zum nächsten
riefkasten zurücklegen muss, wird derzeit mit einer
urchschnittlichen Entfernung von rund 500 Metern
eutlich unterboten – bei rund 108 000 aufgestellten
riefkästen.
Dennoch hat es in den zurückliegenden Wochen und
onaten erhebliche Verunsicherungen und Klagen aus
er Wirtschaft und der Bevölkerung gegeben: Diese
etreffen die von der Deutschen Post AG betriebene
eduzierung der stationären Posteinrichtungen in
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10595
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Richtung auf die vorgeschriebene Mindestanzahl von
12 000 Standorten, die Neugestaltung der vertraglichen
Beziehungen zwischen den Postagenturunternehmen
und der Deutschen Post AG sowie auch den in einem
nicht unerheblichem Umfang und zudem unangekündig-
ten Abbau von mehreren zehntausenden Briefkästen.
Die Deutsche Post AG verstößt damit nicht gegen die
Postuniversaldienstleistungsverordnung. Dennoch zeigt
gerade dieses Vorgehen, dass der Gesetzgeber sehr ge-
nau darauf achten muss, das derzeit hohe Niveau der
Versorgung mit Postdienstleistungen zu sichern:
Die postalische Versorgung im ländlichen, infrastruk-
turschwachen Raum darf nicht von weiteren Einschrän-
kungen negativ betroffen werden. Die deshalb in den
unionsgeführten Bundesländern und auch in der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion geführte Diskussion über eine
gesetzliche Verschärfung, um eine schleichende Ab-
senkung des Service- und Versorgungsniveaus zu ver-
hindern, war notwendig und richtig. Letztlich nur der
politische Druck, auf gesetzgeberischem Wege einzu-
schreiten, hat in kurzer Zeit dazu geführt, dass vonseiten
der Deutschen Post AG die Bereitschaft signalisiert
wurde, die Forderungen der Unions-Bundesländer Hes-
sen und Niedersachsen in einer Selbstverpflichtungs-
erklärung umzusetzen.
Deutliche Verbesserungen konnten für den Kunden
erreicht werden. Unter anderem: Festschreibung der
deutschlandweit rund 108 000 Briefkästen. Ohne eine
solche Festschreibung wäre es der Deutschen Post AG
möglich gewesen, circa weitere 30 000 bis 35 000 Brief-
kästen abzubauen.
Definition der Öffnungszeiten: ganzjährig, an sechs
Werktagen, orientiert an der Kundennachfrage und zu-
dem in Kleinstfilialen mindestens 50 Prozent über der
Nachfrage. Eine weitere Präzisierung der Mindestöff-
nungszeiten mit detaillierten Vorgaben für Werktage so-
wie Vormittags- und Nachmittagsöffnungszeiten wäre
unpraktikabel und würde zudem weiteren bürokratischen
Mehraufwand mit sich bringen. Insbesondere auch in
den ländlichen Regionen wäre es in der Praxis problema-
tisch, bei Postagenturunternehmen beispielsweise zu
verlangen, auch an einem Mittwoch- oder Montagnach-
mittag geöffnet zu haben, während der restliche Laden
geschlossen ist.
Sicherstellung, dass die Leerungszeiten der Briefkäs-
ten – insbesondere der letzten Leerung – eingehalten
wird, – das heißt nicht verfrüht geleert wird. Der Kunde
kann sicher sein, dass bis zum angegebenen Zeitpunkt
jeder eingeworfene Brief noch abgeholt wird.
Verpflichtung der Deutschen Post AG, bundesweit in
mindestens 12 000 Filialen alle Brief- und Paketbeförde-
rungsdienstleistungen anzubieten.
Und letztens und besonders wichtig: Ausweitung der
Pflichtstandorte für stationäre Posteinrichtungen. Zu-
künftig ist allein die Einwohnerzahl von 2 000 Personen
entscheidend, nicht mehr wie bisher der jeweilige Status
der Gemeinde nach den unterschiedlichen Kommunal-
verfassungen der Länder. Bislang hat das zu Benachteili-
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ungen einzelner Gemeinden geführt. Das konnte nun-
ehr verbessert werden.
Die erreichten Verbesserungen im Service- und Leis-
ungsumfang zeigen sehr deutlich: Politischer Druck, die
ndrohung gesetzgeberisch zu handeln, hat gewirkt: Die
eutsche Post AG hat sich von sich aus verpflichtet, die
eforderten Regelungen umzusetzen. Die gewählte
orm der Selbstverpflichtungserklärung hat eine rasche
erbesserung für den Verbraucher bewirkt und weitere
nnötige Bürokratisierung durch zusätzliche gesetzliche
nderungen verhindert. Mit Unterschrift unter die
elbstverpflichtungserklärung hat diese bereits Geltung
rlangt. Die Regulierungsbehörde für Telekommunika-
ion und Post wendet bereits seit Anfang Mai die konkre-
en Inhalte der Selbstverpflichtungserklärung an.
Kein Gesetz, keine Verordnung hätte so rasch zu einer
msetzung und durchgreifenden Verbesserung geführt!
Weiteres zentrales Element, das die politische Zu-
timmung zu dem gewählten Weg überhaupt erst mög-
ich gemacht hat: Die Bereitschaft der Deutschen Post
G, sich auch in all diesen Bereichen, die über die bishe-
ige Postuniversaldienstleistungsverordnung hinausge-
en, der Überprüfung durch die Regulierungsbehörde für
elekommunikation und Post mit allen entsprechenden
ontrollrechten und umfassenden Informationspflichten
u unterwerfen. Erst damit wird eine weit reichende
bsicherung der Inhalte der Verpflichtungserklärung er-
eicht.
Lassen Sie mich zum Abschluss die wichtigsten noch
arüber hinausgehenden Forderungen kurz aufzählen:
Es ist sicherzustellen, dass flächendeckend in einem
ernünftigen Abstandsraster, das heißt nicht nur in über-
eordneten Filialen, auch die über die Postuniversal-
ienstleistungsverordnung hinausgehenden Dienstleis-
ungen angeboten werden. Das betrifft insbesondere
uch die Aufgabe von Massensendungen usw.
Es ist darauf hinzuwirken, dass in all den stationären
inrichtungen Öffnungszeiten am Morgen vorgesehen
ind, in denen Postschließfächer für Firmen vorhanden
ind.
Um den Wünschen vieler, insbesondere älterer Bürge-
innen und Bürger entgegenzukommen, soll die Deut-
che Post AG das zuletzt 1993 aufgelegte Postleitzahlen-
uch zum Selbstkostenpreis bei Bedarf zur Verfügung
tellen.
Für den Fall eines durch die Regulierungsbehörde für
elekommunikation und Post festgestellten vorsätzli-
hen oder fahrlässigen Verstoßes gegen die Zusagen der
elbstverpflichtungserklärung muss sich die Deutsche
ost AG verpflichten, eine Strafzahlung von bis zu
00 000 Euro zu leisten. Die Festsetzung der Höhe der
ertragsstrafe erfolgt durch die Regulierungsbehörde für
elekommunikation und Post nach pflichtgemäßem Er-
essen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die
elbstverpflichtungserklärung bewährt hat oder ob doch
as scharfe Schwert des Gesetzes zum Einsatz kommen
uss. Bei einem Erfolg könnte dies auch ein Signal sein
10596 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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für Bürokratieabbau und effizientes Verwaltungshan-
deln!
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir begrüßen die Selbstverpflichtung der Deutschen
Post AG zur kundenfreundlichen Bereitstellung von
Postdienstleistungen. Sie verbessert damit den Service
für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die Selbstverpflichtung ist ein wichtiger Schritt in
Richtung mehr Verbraucherschutz bei Postdienstleistun-
gen. Die Kriterien zur Bestimmung der Anzahl von
Filialen und die Vorgaben zu den Öffnungszeiten der
Filialen werden konkretisiert. Die Post garantiert bis
zum Ablauf der Exklusivlizenz im Jahr 2007 den Betrieb
von bundesweit etwa 108 000 Briefkästen; sie geht da-
mit über ihre gesetzlichen Verpflichtungen hinaus und
sichert das derzeitige Niveau. Die Gemeinden sollen
künftig von der Deutschen Post AG stärker in ihre Pla-
nungen zu Veränderungen des Postnetzes oder bei ihren
Postfilialen einbezogen werden. Es ist dringend erfor-
derlich, dass die Post ihre Kommunikation mit politisch
Verantwortlichen vor Ort deutlich verbessert. Es ist gut,
dass die Post sich auch dazu bereit erklärt hat. Die Post
sollte dabei auch Verbraucherverbände, Bürgerinnen und
Bürger sowie örtliche Initiativen einbeziehen.
Wir begrüßen es, dass die Post sich bereit erklärt hat,
verlässlichere Öffnungszeiten für ihre Filialen in der Flä-
che anzubieten. Dabei liegt es im Interesse der Allge-
meinheit, dass die an der Nachfrage orientierten, durch-
gehend ganzjährigen Öffnungszeiten der stationären
Einrichtungen sich an den gewohnheitsmäßigen oder
ortsüblichen Öffnungszeiten zum Beispiel im Einzelhan-
del orientieren. Die Post AG sollte auch für den mobilen
Postservice entsprechende Qualitätszusagen machen.
Natürlich werden wir die weitere Entwicklung genau
beobachten und die Post an den von ihr selbst gesteckten
Zielen messen. Sollte sie dahinter zurückfallen, so wür-
den wir die Regelungen der Selbstverpflichtung in die
Postuniversaldienstleistungsverordnung aufnehmen.
In ihrem Tätigkeitsbericht 2002/03 hat die Regulie-
rungsbehörde für Telekommunikation und Post unter
Bezugnahme auf Bürgereingaben und eigene Auswer-
tungen einen umfangreichen Katalog klärungsbedürf-
tiger Sachverhalte aufgelistet, der deutlichen Handlungs-
bedarf erkennen lässt. Insbesondere die Empfehlungen
zum Umfang und Inhalt der Postdienstleistungen als
Universaldienstleistungen, zu den konkretisierenden
Merkmalen der Briefbeförderung und zur Exklusivlizenz
sind geeignet, Handlungsoptionen hinsichtlich der noch
unerfüllten Qualitätsanforderungen der Allgemeinheit
aufzuzeigen.
Wir begreifen die Bereitstellung von Postdienstleis-
tungen als Leistung der öffentlichen Daseinsvorsorge,
für die der Staat natürlich eine Garantiefunktion hat. Die
Postfiliale in der Nähe und nachfragegerechte Öffnungs-
zeiten zählen genauso dazu wie ein dichtes Briefkasten-
netz. Deshalb wollen wir einen klar definierten staatlich
vorgegebenen Wettbewerbsrahmen. Durch einen solchen
Wettbewerbrahmen lässt sich guter und verlässlicher
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ervice wesentlich besser erreichen als mit staatlichen
onopolstrukturen.
Ein gutes Beispiel für die positiven Folgen des Wett-
ewerbs im Postwesen sind die Kuriere – häufig auf dem
ahrrad. In nur wenigen Jahren haben flexible Wettbe-
erber eine Vielzahl von innovativen Dienstleistungen
ervorgebracht. Das hat auch das Unternehmen Post be-
lügelt und geholfen, Verkrustungen aufzubrechen. Wer
on Ihnen vor einigen Jahren versucht hat, eine Sendung
nnerhalb eines Tages an einen beliebigen Ort Deutsch-
ands zu befördern, weiß um den Fortschritt. Diese breite
uswahl an Dienstleistungen und Wettbewerbern brau-
hen wir auch in anderen Bereichen des Postmarktes.
Wir begrüßen es, dass Bundeswirtschaftsminister
lement für die Bundesregierung kurzfristig mehr Wett-
ewerb auch bei den vorbereitenden Diensten erklärt
at. Wir brauchen im Jahr 2007 endlich die vollständige
iberalisierung aller Postdienstleistungen in Europa.
Die Deutsche Post AG ist heute eines der internatio-
al führenden Logistikunternehmen. Sie braucht keine
onopole mehr. Der Schutz eines Unternehmens vor
ettbewerb führt zu weniger Innovationsdruck und re-
uziert im Laufe der Zeit die Wettbewerbsfähigkeit.
eshalb wäre es gut, den Börsengang mit einer klaren
erspektive zum Auslaufen des Monopols in Deutsch-
and zu verbinden.
Rainer Funke (FDP): Die Deutsche Post AG hat mit
hrer Selbstverpflichtungserklärung Empfehlungen der
egulierungsbehörde aufgegriffen und ist damit einer
öglichen gesetzlichen Regelung zuvorgekommen. Das
egrüße ich nachdrücklich. Ich freue mich, dass alle
raktionen des Deutschen Bundestages einer solchen
elbstverpflichtung den Vorzug vor schärferen Eingrif-
en in den Postmarkt geben.
Ich möchte aber auch betonen: Wenn wir einer sol-
hen Erklärung hier zustimmen, geben wir alle der Deut-
chen Post AG einen gewissen Vertrauensvorschuss, den
ie jetzt auch rechtfertigen muss. In der Vergangenheit
aren wir ja mit den Reaktionen des Postkonzerns auf
nliegen der Politik nicht immer einverstanden. Ich er-
nnere an den mangelhaften Widerhall auf unseren ge-
einsamen Antrag zu den Postagenturen. Dennoch
öchte ich manchen Kollegen hier im Hause sagen:
ine Selbstverpflichtung ist eben kein Gesetz und kann
eshalb nicht ohne weiteres sanktioniert werden. Und
as ist auch gut so; denn ordnungspolitisch dient ein sol-
hes Instrument immer dazu, Gesetze zu verhindern.
Gesetzliche Regelungen haben oft den Nachteil, dass
ie über das Ziel hinausschießen und deshalb Marktent-
icklungen – wenn auch manchmal nur im Kleinen –
ehindern. Insofern bin ich dankbar, dass wir derzeit auf
esonders eifrige Gesetzestexter verzichten können.
enn gerade die Post AG ist erfreulich gut im globalen
ienstleistungs- und Logistikmarkt aufgestellt. Und das
oll so bleiben.
Das zeigt: Die Privatisierung des ehemaligen Staats-
onopolisten, die einst auf den erbitterten Widerstand
er Sozialdemokratie und der Gewerkschaften gestoßen
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10597
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(B) )
ist, ist ein voller Erfolg. Es ist jetzt aber notwendig, mit
der Privatisierung fortzufahren. Die Post AG muss von
fiskalisch motivierter politischer Einflussnahme
schnellstens befreit werden. Die weitere Privatisierung
des Aktienpaketes des Bundes bleibt aus ordnungspoliti-
schen Gründen geboten. Und die Post AG muss konse-
quent in den Wettbewerb gestellt werden, damit sie auch
im eigenen Land für die internationalen Märkte fit ge-
macht wird. Deshalb möchte ich schon an dieser Stelle
alle warnen, die gerade darüber nachdenken, wie sie die
Exklusivlizenz der Post AG im Briefbereich noch einmal
verlängern können. Das wird auf den entschiedenen Wi-
derstand der Liberalen stoßen, weil das Briefmonopol
mit Wettbewerb nichts zu tun hat, die Investitionen ande-
rer entwertet und die Verbraucher unnötig belastet wer-
den.
Mit großem Interesse habe ich zur Kenntnis genom-
men, dass die Bundesregierung jetzt offensichtlich den
Verstoß des Postgesetzes gegen die Postliberalisierungs-
richtlinie beim Sammeln und Sortieren von Briefen „un-
verzüglich“ korrigieren will. Das ist zu begrüßen. Aller-
dings werden wir sehr genau darauf achten, dass mit
dieser Gesetzesanpassung keine neuen Hürden für den
Wettbewerb im Postmarkt aufgebaut werden. Wenn wir
uns hier ähnlich einig sind wie bei der gemeinsamen
Entschließung im Wirtschaftsausschuss zur Selbstver-
pflichtung der Post, dann, aber nur dann sind wir auf ei-
nem guten Weg.
Anlage 11
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“
(Tagesordnungspunkt 31)
Johannes Kahrs (SPD): In den letzten Jahren sind
in der Schwulen- und Lesben-Politik zahlreiche Fort-
schritte gemacht worden. Dies konnte nur mit der SPD
geschehen! Als offen bekennender Schwuler in der SPD-
Fraktion begrüße ich diese Fortschritte ausdrücklich.
Dennoch gibt es noch vieles zu tun, um Gleichberech-
tigung Homosexueller in unserer Gesellschaft zu ver-
wirklichen. Ein Schritt in diese Richtung ist die Aufar-
beitung des Unrechts, das Lesben und Schwulen in der
Zeit nationalsozialistischer Willkürherrschaft widerfuhr,
und das Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten.
Aber auch die wissenschaftliche Erforschung und Dar-
stellung homosexuellen Lebens in unserem Lande, eine
verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und die Förderung von
Bürger- und Menschenrechtsarbeit im In- und Ausland
leisten einen entscheidenden Beitrag. Alle Fraktionen
wollen, dass dem einstimmigen Beschluss dieses Hauses
vom Dezember 2000 nun auch Genüge geleistet wird.
Über Sinn und Zweck der Stiftung, denke ich, ist mitt-
lerweile alles gesagt, und es herrscht vor allem Einigkeit
darüber. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch davon
absehen, nochmals auf die Aufgaben der Stiftung einzu-
gehen.
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Wir Sozialdemokraten haben den Aufbau der
Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ immer unterstützt und
un dies auch weiterhin. Der jetzt vorliegende FDP-Ent-
urf ist von Anfang bis Ende vom rot-grünen Antrag aus
er letzten Legislaturperiode abgeschrieben. Einzig und
llein die Zusammensetzung hat sich hier etwas geän-
ert. Die SPD hat die von der FDP vorgeschlagene Zu-
ammensetzung akzeptiert, um die Stiftung daran nicht
cheitern zu lassen. Heute wird der FDP-Antrag leider
bgelehnt, weil die Finanzierung der Stiftung derzeit
icht möglich ist. In dieser Frage hat es keine Einigkeit
wischen den Koalitionspartnern gegeben.
Ausgesprochen verwunderlich ist aber der Kurswech-
el, den die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP von
er vergangenen zur jetzigen Wahlperiode vollzogen ha-
en. Damals wurde vom Kollegen Carl-Ludwig Thiele
FDP) „eine Belastung der nächsten Haushalte in einer
esamtsumme von 15 Millionen Euro zur Finanzierung
es Stiftungskapitals der ,Magnus-Hirschfeld-Stiftung
ür absolut zu hoch“ gehalten. Dennoch wurde eine sol-
he Belastung im eigenen Gesetzentwurf dann anschei-
end doch für angemessen bewertet. Der Unterschied
wischen damals und heute: In der letzten Wahlperiode
aren die entsprechenden Gelder in den Haushalt einge-
tellt und das Gesetz scheiterte im Bundesrat. Diesmal
ind die Gelder nicht eingestellt und es wurde auf eine
chnelle Abstimmung gedrängt.
Nichtsdestotrotz, mein Angebot zur Zusammenarbeit,
as ich Ihnen in der ersten Lesung dieses Gesetzes im
eptember letzten Jahres gemacht habe, wurde von Ih-
en nicht angenommen. Vielmehr erscheint es mir doch
o, als ob auf beiden Seiten einige Kollegen versucht ha-
en, die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ für sich in An-
pruch zu nehmen und zu ihrem ganz persönlichen
hema zu machen. Auch das ist ein Grund dafür, dass
as Gesetz und damit die Stiftung wieder einmal ge-
cheitert ist!
Die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ ist vorerst ge-
cheitert und ich werde mich weiterhin dafür einsetzen,
ie vielleicht doch noch zum Leben zu erwecken. Den-
och muss auch jenseits dieser Frage noch viel getan
erden für die Gleichberechtigung Homosexueller in
nserer Gesellschaft.
Wir Sozialdemokraten werden deshalb jetzt zusam-
en mit unserem Koalitionspartner in Kürze ein
ebenspartnerschaftsergänzungsgesetz und ein Antidis-
riminierungsgesetz auf den Weg bringen. Die Hinter-
liebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversi-
herung muss erfolgen. Die Angleichung des
nterhaltsrecht und des ehelichen Güterrechts muss er-
olgen. Eine Lösung für kindschaftsrechtliche Fragen
uss gefunden werden. Und das sind nur einige Punkte.
s gibt noch viel zu tun!
Lassen Sie uns diese Vorhaben gemeinsam in Angriff
ehmen. Lassen Sie uns das vermeiden, was mit der
Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ geschehen ist. In der SPD
ind wir bereit zu einer konstruktiven Zusammenarbeit,
amit in unserem Land Gleichberechtigung endlich auch
ür Homosexuelle gilt.
10598 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
(A) )
(B) )
Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für Bündnis 90/Die Grünen war und ist die
Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit
ein wichtiges Feld unserer Politik: das Bewahren der Er-
innerung, die Würdigung der Opfer und vor allem auch
die Entschädigung und die Unterstützung der überleben-
den NS-Opfer. Vieles konnten wir hier schon bewegen.
Ich nenne beispielhaft nur die Stiftung zur Entschädi-
gung für NS-Zwangsarbeit.
Aber immer noch gibt es offene Entschädigungsfra-
gen, sowohl was die Individualentschädigung überleben-
der Opfer, als auch was die Frage einer kollektiven Ent-
schädigung in Form einer Stiftung angeht.
Die aktuelle Haushaltslage stellt uns leider vor die Si-
tuation, dass nicht alles Wünschenswerte auch gleichzei-
tig machbar ist. Von daher müssen Prioritäten gesetzt
werden.
Im Hinblick auf eine mögliche Stiftung, die einen kol-
lektiven Ausgleich für die Gruppe der Homosexuellen
darstellen soll, muss daher zuerst das Verhältnis zur indi-
viduellen Entschädigung heute noch lebender NS-Opfer
geklärt werden.
Es sieht so aus, dass derzeit aus dem Bundeshalt nicht
beides gleichzeitig zu haben ist – Maßnahmen zur Ver-
besserung der individuellen Entschädigung und ein kol-
lektiver Ausgleich.
Wir sehen eine moralische Verpflichtung, jetzt noch
mögliche Hilfen für überlebende Opfer des Nationalso-
zialismus vorrangig zu behandeln. Für Bündnis 90/Die
Grünen hat daher die Verbesserung von Leistungen für
bislang nicht ausreichend entschädigte NS-Opfer Priori-
tät.
Es geht dabei in Deutschland beispielsweise um die
Gruppe der Zwangssterilisierten, denen schwerstes, le-
bensprägendes Unrecht zugefügt wurde, es geht um die
Gruppe der „Euthanasie“-Geschädigten und es geht auch
um die heute noch lebenden Menschen, die im National-
sozialismus wegen ihrer Homosexualität verfolgt wur-
den.
Es handelt sich um hochbetagte Menschen, die oft in
schwierigsten finanziellen Verhältnissen leben müssen.
Wir bemühen uns um eine Verbesserung der Situation
dieser Menschen. Wir befinden uns dazu in intensiven
Gesprächen mit dem Bundesfinanzministerium. Nach
dem aktuellen Stand der Gespräche sind wir sehr opti-
mistisch, dass hier in Kürze Beschlüsse für substanzielle
Verbesserungen zustande kommen.
Unsere Sorge ist, dass mit einem Beschluss über die
Stiftung diese notwendigen Verbesserungen blockiert
werden. Wir hatten daher die FDP gebeten, mit der Be-
schlussfassung über die Stiftung noch etwas zu warten,
bis das Verhältnis zwischen kollektiver und noch verbes-
serungsbedürftiger individueller Entschädigung geklärt
ist. Dem wollte die Opposition nicht folgen. Das ist
schade.
Das Projekt einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ war
2002 von CDU/CSU und FDP gemeinsam im Bundesrat
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u Fall gebracht worden. Ein „window of opportunity“
urde damit mutwillig zugeschlagen.
2004 sehen die finanziellen Rahmenbedingungen lei-
er anders aus. Daher kann dem Gesetzentwurf heute
icht zugestimmt werden.
Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Anliegen, die na-
ionalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erin-
erung zu halten, damit natürlich nicht vom Tisch. Das
eigt schon der im Dezember 2003 auf Antrag der
oalitionsfraktionen zustande gekommene Bundestags-
eschluss auf Errichtung eines Denkmals für die im
ationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Die
msetzung des Beschlusses ist in Arbeit. Mit diesem
edenkort wollen wir die verfolgten und ermordeten
pfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten,
in beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit
nd Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben set-
en.
Die Erforschung der Geschichte der Homosexuellen,
er Kampf gegen Diskriminierung von Lesben und
chwulen, die Unterstützung von Emanzipations-, Bür-
errechts- und Menschenrechtsarbeit im In- und Ausland
ind und bleiben wichtige Aufgaben. Die rot-grüne Bun-
esregierung ist auf diesen Feldern vielfach engagiert.
ie Palette der Aktivitäten reicht vom entstehenden
enkmal bis hin zur Unterstützung schwul-lesbischer
enschenrechtsaktionen im Rahmen der letzten UN-
enschenrechtskonferenz. Wir werden Wege finden,
iese Anliegen auch weiter zu befördern.
nlage 12
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Geset-
zes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgeset-
zes (Tagesordnungspunkt 26)
Uwe Beckmeyer (SPD): Vor sechs Jahren fiel die
lte Marktordnung im deutschen Güterverkehrsmarkt.
as neue Güterkraftverkehrsgesetz war eine notwendige
ntwort auf die Schaffung der Dienstleistungsfreiheit im
uropäischen Binnenverkehr und die damit verbundene
reigabe der Kabotage. Ohne den Wegfall der nationalen
egulierungen, das heißt den Abschied vom System der
ontingentierung und Konzessionierung und der Auf-
paltung des Gewerbes in Güternah-, Güterfern- und
mzugsverkehr, hätten sich die deutschen Transporteure
icht dem grenzenlosen Wettbewerb stellen können. Je-
es Unternehmen aus der EU und den Mitgliedstaaten
es europäischen Wirtschaftsraums hätte unbeschränkt
abotageverkehre in Deutschland durchführen können,
ie Kontingentierung der Genehmigungen hätte aber
leichzeitig den Zutritt zum offenen Markt für deutsche
etriebe verschlossen.
Im neuen Güterkraftverkehrsrecht wird für die Zulas-
ung von Unternehmen als Anbieter von Transport-
ienstleistungen auf Gemeinschaftsebene nur finanzielle
eistungsfähigkeit, fachliche Eignung und Zuverlässig-
eit vorausgesetzt.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10599
(A) )
(B) )
Aber eines ist auch richtig: Das Gewerbe wurde ins
kalte Wasser geworfen. Nach der Deregulierung der
europäischen und nationalen Märkte stand es vor einem
umfassenden Anpassungsprozess, der durch die Auswir-
kungen der Globalisierung auf alle Teile der Logistik-
kette aktuell noch verschärft wird. Die Liberalisierung
des Transportmarktes hat in den zurückliegenden Jahren
einerseits zweifellos zu einem verbesserten Angebot,
mehr Qualität, Produktivität und sinkenden Transport-
kosten geführt. Andererseits gerieten viele Betriebe des
heimischen Gewerbes aufgrund des nicht ausreichenden
Umfangs der Harmonisierung im sozialen, fiskalischen
und technischen Bereich unter starken wirtschaftlichen
Druck.
Seit der Einführung des neuen Güterkraftverkehrs-
rechts hat die Bundesregierung eine Vielzahl von Maß-
nahmen ergriffen bzw. sind Maßnahmen in Vorberei-
tung, welche die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen
Transportgewerbes innerhalb der EU verbessern:
Mit der Einführung der streckenbezogenen Maut für
LKW ab 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht werden
Wettbewerbsverzerrungen zulasten deutscher Betriebe
deutlich reduziert, da alle Lastkraftwagen, die deutsche
Autobahnen befahren, von dieser Abgabe betroffen sind.
Damit verbunden ist – nach einer positiven Prüfung
durch die EU-Kommission – die gesetzliche Zusage ei-
nes Harmonisierungsbeitrags in Höhe von 600 Millionen
Euro.
Die Steuer- und Abgabenbelastung der deutschen
Transportunternehmen wird durch die eingeleiteten Re-
formen spürbar sinken.
Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzent-
wurf passt die Bundesregierung die Vorschriften des Gü-
terkraftverkehrsgesetzes den seit März 2003 geltenden
EU-Verordnungen zur Einführung einer einheitlichen
Fahrerbescheinigung an. Die im Gesetz zur Bekämpfung
der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterver-
kehr vom September 2001 getroffenen nationalen Maß-
nahmen haben diese positive Entwicklung auf europäi-
scher Ebene sicherlich befördert.
Durch die illegale oder missbräuchliche Beschäfti-
gung von Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten, die auf
Fahrzeugen von Unternehmen aus der EU oder dem
europäischen Wirtschaftsraum Transporte durchführen,
können gesetzestreuen Unternehmen gravierende Wett-
bewerbsnachteile entstehen.
Den Fahrern, vor allem aus Osteuropa, werden Bil-
liglöhne ohne jede soziale Sicherung gezahlt. Die Unter-
nehmen sparen Personalkosten in erheblichem Umfang
ein, sie können den Verladern Dumpingangebote vorle-
gen und verdrängen seriöse Betriebe vom Markt. Außer-
dem ist davon auszugehen, dass die schwarzen Schafe
der Branche ihren Angestellten kaum zu erfüllende Vor-
gaben machen und sie unter schlechten Arbeitsbedin-
gungen einsetzen. Übermüdete und unter permanentem
Zeitdruck stehende Fahrer stellen eine ernste Gefähr-
dung der Verkehrssicherheit dar.
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Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Güterkraft-
erkehrsgesetzes dämmen wir illegale Beschäftigung
nd existenzbedrohende Geschäftspraktiken europaweit
in. Die Unternehmer sind verpflichtet, nur Fahrpersonal
us Drittstaaten einzusetzen, die im Besitz einer gültigen
rbeitserlaubnis oder der europäischen Fahrerbescheini-
ung sind. Ausländische Fahrer müssen diese Unterla-
en und ein Ausweispapier mitführen und den Kontroll-
erechtigten zur Prüfung vorlegen.
Daneben ergänzt der Entwurf die bestehende Pflicht
um Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch die
inführung einer Mindestversicherungssumme von
00 000 Euro. Damit können auch Schäden an hochwer-
igen Gütern abgedeckt werden.
Die dritte bedeutende Neuerung betrifft den Transport
andwirtschaftlicher Güter und Erzeugnisse. Wie bisher
inden die Vorschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes
eine Anwendung in der Landwirtschaft. Die Kontrolle,
b im konkreten Fall ein Freistellungsgrund vorliegt
der Transporte durchgeführt werden, die dem gewerbli-
hen Bereich zuzuordnen sind, wird aber durch die buß-
eldbewehrte Pflicht zur Mitführung eines Begleitpa-
iers bei bestimmten landwirtschaftlichen Transporten
rleichtert.
Alle Fraktionen haben sich im Ausschuss für Verkehr,
au- und Wohnungswesen für die Annahme des Gesetz-
ntwurfs der Bundesregierung ausgesprochen. Es ist un-
er gemeinsames Ziel, die Wettbewerbsbedingungen für
ie Unternehmen des Güterkraftverkehrs einheitlich und
air zu gestalten. Fortschritte sind in den letzten Jahren
emacht worden, weitere Anstrengungen werden folgen
üssen.
Renate Blank (CDU/CSU): Mit dem Gesetz werden
ie Vorschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes an die
erordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
ber die einheitliche europäische Fahrerbescheinigung
ür den Einsatz von Fahrpersonal aus Staaten, die nicht
itglied der Europäischen Union bzw. des europäischen
irtschaftsraums sind, im grenzüberschreitenden ge-
erblichen Straßengüterverkehr und im Kabotagever-
ehr angepasst und damit die innerstaatlichen Vorausset-
ungen für die Ausgabe der Fahrerbescheinigung
eschaffen.
Es wird also eine einheitliche europäische Fahrerbe-
cheinigung eingeführt! Die Fahrerbescheinigung wird
nternehmen des gewerblichen Straßengüterverkehrs
uf Antrag erteilt, die nachweisen müssen, dass sie Fahr-
ersonal aus Staaten, die nicht der Europäischen Union
zw. dem europäischen Wirtschaftsraum angehören, ge-
äß den in ihrem Niederlassungsstaat geltenden Rechts-
nd Verwaltungsvorschriften beschäftigen.
Das Gesetz regelt ferner auch neu die Vorschriften
ber die von einem Unternehmer des gewerblichen Stra-
engüterverkehrs abzuschließende Haftpflichtversiche-
ung. Weiter werden die Kontrollmöglichkeiten hinsicht-
ich der Freistellung land- und forstwirtschaftlicher
onderverkehre von den Vorschriften des Güterkraftver-
ehrs verbessert. Dies zum Inhalt des Gesetzentwurfes
10600 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
(A) )
(B) )
der Bundesregierung, der im Ausschuss mit Änderungen
einstimmig angenommen wurde.
Lassen Sie mich aber auch einige Anmerkungen zum
deutschen Güterkraftverkehrsgewerbe machen: Seit der
Regierungsübernahme von Rot-Grün und mit der Ein-
führung der so genannten Ökosteuer haben sich die In-
solvenzen im Gewerbe seit 1999 nahezu verdoppelt,
nämlich von rund 1 000 Insolvenzen in 1999 auf über
1 900 im Jahr 2003. Das ist ein trauriger Rekord und
macht deutlich, dass Sie dem Gewerbe keine Aufmerk-
samkeit entgegenbringen. Auch liegen die Insolvenzen
im Gewerbe um ein Vielfaches höher als in allen anderen
Unternehmen. Das ist unter anderem auf die Einführung
der Ökosteuer, aber auch auf die Vernachlässigung des
deutschen Gewerbes zurückzuführen.
Man denke nur an das Theater um die Einführung der
LKW-Maut! Jetzt erwägt das Bundesverkehrsministe-
rium sogar, am 1. Januar 2005 mit einer höheren LKW-
Maut zu starten, als bisher geplant. Dies wäre ein krasser
Verstoß gegen den Mautkompromiss im Vermittlungs-
ausschuss vom 21. Mai 2003. Wir hatten damals dafür
gesorgt, dass die durchschnittlichen Mautsätze von ur-
sprünglich 15 Cent auf 12,4 Cent pro Kilometer so lange
herabgesetzt wurden, bis der Verkehrsminister für das
deutsche LKW-Gewerbe ein Harmonisierungsvolumen
von 600 Millionen Euro jährlich von der EU-Kommis-
sion genehmigt bekommt. Hintergrund war, dass die
Wettbewerbsbedingungen im europäischen Güterkraft-
verkehrsgewerbe angeglichen werden sollten. Erst nach
Erreichen dieses Harmonisierungsvolumens in Brüssel
sieht der Mautkompromiss vor, dass die Mautsätze auf
15 Cent pro Kilometer angehoben werden dürfen. Nur
unter dieser Voraussetzung haben damals die Bundeslän-
der auch ihre Zustimmung zur Mauthöheverordnung im
Bundesrat gegeben.
Nun sollten eigentlich die Verhandlungen in Brüssel
zur Harmonisierung für das deutsche Güterkraftver-
kehrsgewerbe endlich zum Abschluss gebracht werden.
Der Verkehrsminister kann sich aber anscheinend in
Brüssel nicht durchsetzen, denn er hat die dringend not-
wendige Harmonisierung dem Parlament und dem Ge-
werbe gegenüber bereits zum Ende des Jahres 2003 an-
gekündigt. Es wäre nun wirklich an der Zeit, in Brüssel
zu einem Ergebnis zu kommen, damit es mit dem deut-
schen Gewerbe nicht noch weiter abwärts geht. Es geht
um Tausende von Arbeitsplätzen!
Deshalb ist es ein Skandal, wie gleichgültig und taten-
los Verkehrsminister Stolpe den zunehmenden Schwie-
rigkeiten des mittelständischen Transport- und Spedi-
tionsgewerbes gegenübersteht. Dort, wo eigentlich
zupackende Durchsetzungskraft gefordert ist, versteht er
sich als Moderator, der gerne plaudert und sich in Unver-
bindlichkeiten ergeht. Damit muss endlich Schluss sein!
Zu ernst steht es um einen Gewerbezweig, der in frühe-
ren Jahren weit über Deutschlands Grenzen hinaus Aner-
kennung und Bewunderung gefunden hat. Die von Rot-
Grün betriebenen und ständig wachsenden Kostenbelas-
tungen haben dazu geführt, dass der heimische LKW im-
mer weiter hinter die Auslandskonkurrenz zurückfällt.
Eine Verkehrsverlagerung, wie sie nach Vorstellung der
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rünen Ideologen von der Straße auf die Schiene stattfin-
en soll, vollzieht sich in der Verlagerung der Transporte
om deutschen auf den ausländischen LKW. Während
as Güteraufkommen unserer Fahrzeuge im Binnenver-
ehr ständig sinkt, können die ausländischen Konkurren-
en ein starkes Plus verzeichnen.
Ein weiteres Ärgernis ist die Fortführung der wettbe-
erbsverzerrenden Subventionierung von Dieselkraft-
toffen in Italien und Frankreich, die mit Zustimmung
er Bundesregierung in Brüssel genehmigt wurde! An-
ere EU-Staaten mit noch niedrigeren Mineralölsteuer-
ätzen erhalten langfristige Übergangsregelungen weit
nterhalb der EU-Mindestbesteuerung in der Übergangs-
hase bis 2010. Deutschland sucht man im Katalog der
ielen nationalen Ausnahmeregelungen vergeblich. Im
rassen Gegensatz dazu überschreitet die Mineralölbe-
teuerung in Deutschland bereits heute das für 2010 an-
isierte Mindestniveau um 42 Prozent.
Nachdem nun die Änderung der §§ 7 b und 7 c des
üterkraftverkehrsgesetzes einstimmig den Bundestag
assieren wird, gebe ich die Hoffnung im Interesse unse-
es deutschen Gewerbes nicht auf, dass wir vielleicht
och noch zu einer gemeinsamen Lösung der von mir
enannten Probleme kommen können. Denn jeder deut-
che LKW, der aufgrund der niedrigeren Kosten in ande-
en europäischen Ländern ausflaggt, vergrößert das Loch
n der Kasse des Finanzministers pro Jahr um rund
0 000 Euro. Zudem fährt kein einziger LKW weniger
uf unseren Straßen, sondern nur mit einem anderen
ennzeichen. Im Interesse unseres deutschen Gewerbes
uss die Bundesregierung nun endlich handeln!
Georg Brunnhuber (CDU/CSU): Wir beraten heute
n zweiter und dritter Lesung die Neufassung des Güter-
raftverkehrsgesetzes. Der vorliegende Entwurf der
undesregierung ändert das bestehende Gesetz in fol-
enden Punkten: Die Vorschriften werden an die Vor-
aben des Europäischen Parlaments und des Rates über
ie einheitliche europäische Fahrerbescheinigung für
en gewerblichen grenzüberschreitenden Straßengüter-
erkehr angepasst. Damit soll der Einsatz von Fahr-
ersonal aus Staaten, die nicht der EU oder dem euro-
äischen Wirtschaftsraum angehören, geregelt und
leichzeitig die innerstaatlichen Voraussetzungen für die
usgabe der Fahrerbescheinigungen geschaffen werden.
ie Vorschriften über die von einem Unternehmer des
ewerblichen Straßengüterverkehrs abzuschließende
aftpflichtversicherung werden neu gefasst. Die Kon-
rollmöglichkeiten hinsichtlich der Freistellung land-
nd forstwirtschaftlicher Sonderverkehre von den Vor-
chriften des Güterkraftverkehrsgesetzes werden verbes-
ert. Die Zuständigkeiten des Bundesamtes für Güterver-
ehr, BAG, werden ergänzt.
Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem Gesetzent-
urf der Bundesregierung zu. Gestatten Sie mir aller-
ings, dass ich zu einzelnen Punkten ein paar Anmer-
ungen mache.
Der eigentliche Anlass für das Änderungsgesetz,
ämlich die Einführung der EU-Fahrerbescheinigung,
indet im Gesetz nur geringen Niederschlag. Es ist aller-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10601
(A) )
(B) )
dings davon auszugehen, dass aus Gründen der Rechts-
förmlichkeit ein Wiederholen unmittelbar anwendbaren
EU-Rechts nicht erforderlich ist. Die Einstufung von
Verstößen gegen die Fahrerbescheinigung in dem Buß-
geldrahmen bis 250 000 Euro ist konsequent und wird
von der Union ausdrücklich unterstützt.
Mit der beabsichtigten Neufassung von § 7 a GüKG
und der Neufassung der entsprechenden Ordnungs-
widrigkeitentatbestände in § 19 Abs. 1 Nr. 6 a bis 6 d
wird gegenüber der heutigen Gesetzeslage ein deutliches
Mehr an Rechtssicherheit geschaffen. Die Mindestver-
sicherungssumme von 600 000 Euro je Schadenereignis
ist dabei durchaus angemessen. Die Versicherungspflicht
ist ein wichtiges Element zur Sicherung der gesetzlichen
Haftung des Güterkraftverkehrsunternehmers.
Bei dem derzeitigen Kostendruck und der weitgehend
aufgezehrten Eigenkapitaldecke der deutschen Güter-
kraftverkehrsunternehmer führt nur eine gesetzliche Ver-
sicherungspflicht dazu, dass eine materiell-rechtlich be-
stehende Haftung auch solvent bedient werden kann.
Nach dem jüngsten Branchenbericht „Straßengüter-
verkehr“ des Sparkassen- und Giroverbandes verfügen
56 Prozent der LKW-Unternehmen nicht mehr über ge-
nügend Eigenkapital. Insgesamt ist nach diesem Bericht
die Eigenkapitalquote auf knapp über 1 Prozent gesun-
ken. Ohne Versicherungspflicht könnten insbesondere
die kleineren Unternehmen versucht sein, Versiche-
rungsprämien zu sparen; dies bedeutet, dass die Fracht-
führerhaftpflicht nach einem größeren Schadenfall das
Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz führen
wird. Dieses leicht vorhersehbare Ergebnis kann nicht
im Interesse des Güterkraftverkehrsgewerbes liegen und
erst recht nicht im Interesse der verladenden Wirtschaft,
die im Schadenfall mit Recht ihre Ansprüche auf
Schadenersatz geltend macht.
Auch die Erstreckung der Versicherungspflicht auf
Ansprüche wegen Schäden, die vom Unternehmer oder
seinem Repräsentanten leichtfertig und in dem Bewusst-
sein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintritt,
begangen werden, trägt die Union mit. Dies entspricht
den Vorgaben aus § 152 Versicherungsvertragsgesetz,
der einen Ausschluss des Versicherers für vorsätzliche
Schadenverursachungen vorsieht. Wenn dies für andere
Haftpflichtversicherungen gilt, so sollte sich die Ver-
sicherungswirtschaft auch bei der Güterschadenhaft-
pflichtversicherung mit dieser Regelung einverstanden
erklären können. Den Interessen der Versicherungswirt-
schaft ist dadurch Rechnung getragen, dass eine Jahres-
höchstersatzleistung sowie ein Selbstbehalt in den Ver-
sicherungspolicen festgeschrieben werden dürfen.
Die neu gefasste Regelung begrüßen wir ausdrück-
lich. Sie bedeutet einen wichtigen Schritt zu einer besse-
ren Überwachbarkeit der landwirtschaftlichen Sonder-
verkehre, die mit regulären Lastkraftwagen durchgeführt
werden. Die Freistellung der landwirtschaftlichen Son-
derverkehre ist für die Landwirtschaft von großer Be-
deutung. Das Güterkraftverkehrsgesetz hat deshalb be-
reits 1952 Beförderungen im Straßengüterverkehr, die in
der Landwirtschaft üblich sind, von den Regelungen des
Gesetzes befreit. Diese Freistellungsregelungen waren in
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er Vergangenheit so erfolgreich, weil die Landwirte da-
urch in der Lage sind, ihre Produkte in Eigenregie ge-
en Aufschlag zu den Abnehmern zu bringen und Be-
arfsgüter selbst bei den Lieferanten abzuholen.
llerdings müssen die Voraussetzungen der Freistellung
ür die Überwachungsbehörden plausibel nachzuweisen
ein. Denn inzwischen ist es immer häufiger der Fall,
ass im Rahmen landwirtschaftlicher Verkehre erhebli-
he Beförderungsmengen transportiert werden, ohne
ass der Freistellungstatbestand tatsächlich erfüllt ist.
Eine Kontrolle landwirtschaftlicher Sonderverkehre
ar nach der bisher geltenden Rechtslage nur sehr einge-
chränkt möglich. Durch die Anlehnung an den Nach-
eis im gewerblichen Verkehr und mit der Einführung
ines Begleitpapiers hat die Überwachungsbehörde nun
lle Möglichkeiten, die Plausibilität einer freigestellten
eförderung nachzuvollziehen. Dem Landwirt wird da-
egen keine unzumutbare Bürokratie aufgebürdet, da be-
eits heute ein erheblicher Teil der Beförderungen im
alle des Einsatzes von großvolumigen Kraftfahrzeugen,
ie nicht von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind, mit
inem Begleitpapier durchgeführt werden.
Die Erweiterung der Kontrollbefugnisse des BAG
insichtlich der Vorschriften über die Ladung sowie der
echnischen Unterwegskontrolle ist sinnvoll. Das Recht
es BAG, sich die Zulassungsdokumente des Fahrzeugs
orlegen zu lassen, ist ebenso notwendig wie das Recht,
ei nicht vorhandenen Sozialversicherungsausweisen
der bei anderen Anhaltspunkten für ein illegales Be-
chäftigungsverhältnis die Hauptzollämter zu informie-
en, um zeitnahe Betriebsprüfungen vorzunehmen. Diese
eldungen werden auch heute schon durchgeführt. Aus
ründen der Rechtssicherheit ist es aber begrüßenswert,
enn die Weitergabe dieser Informationen an die Zoll-
ehörden gesetzlich geregelt ist.
Alles in allem hat die Bundesregierung einen durch-
us ausgewogenen Gesetzentwurf vorgelegt, dem die
DU/CSU-Bundestagsfraktion in der Fassung des Än-
erungsantrags der Koalition zustimmt.
Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zu-
egeben, es fällt schon etwas schwer, eine Rede zu
inem Thema zu halten, bei dem ein Konsens zwischen
llen Fraktionen des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
ohnungswesen erreicht wurde. Ich möchte zunächst
em Kollegen Brunnhuber herzlich für die gute und kon-
truktive Berichterstattung danken, die letztlich zu der
instimmigen Annahme des Gesetzentwurfes im Aus-
chuss geführt hat.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf passen wir die
orschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes an die EG-
erordnung 484/2002 des Europäischen Parlamentes
nd und des Rates über die einheitliche europäische
ahrerbescheinigung an. Darüber hinaus werden die
orschriften zur Haftpflichtversicherung der Straßen-
üterverkehrsunternehmen neu geregelt und die Kon-
rollmöglichkeiten hinsichtlich der Freistellung land-
nd forstwirtschaftlicher Sonderverkehre verbessert.
10602 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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Ich bin der Meinung, dass diese Regelungen wichtig
und notwendig sind, denn eines hat mit der Erweiterung
der EU auf 25 Mitgliedstaaten sicherlich nicht aufgehört:
der große Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen des
Straßengüterverkehrs, der tendenziell eher noch zuneh-
men dürfte. Da ist die Verlockung bei dem einen oder
anderen Unternehmen schon groß, sich durch illegale
Beschäftigung und/oder Lohndumping einen Wettbe-
werbsvorteil zu verschaffen. Auch wenn es sich dabei
hoffentlich um Einzelfälle handelt: Wir müssen unser
vordringliches Augenmerk darauf richten, die seriösen
Unternehmen vor einer Verzerrung der Wettbewerbsbe-
dingungen zu schützen.
Durch die Anpassung der §§ 7 b und 7 c des Güter-
kraftverkehrsgesetzes an die europäische Rechtslage
schaffen wir jetzt die Voraussetzungen für die Ausgabe
der Fahrerbescheinigungen. Damit müssen Unterneh-
men des Straßengüterverkehrs auf Antrag nachweisen,
dass ihr Fahrpersonal – falls es nicht aus der EU
stammt – gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschrif-
ten des Niederlassungsstaates und damit nach EU-kom-
patiblen Vorschriften beschäftigt wird. Diese Regelung
fördert einen fairen Wettbewerb und hilft, schwarze
Schafe bei Kontrollen schnell ausfindig zu machen.
Dass hier Handlungsbedarf geboten ist, zeigte das Er-
gebnis von 25 Betriebskontrollen, die durch das Bundes-
amt für Güterverkehr durchgeführt wurden. Sieben Fir-
men führten in großem Umfang verkehrsrechtlich
unzulässige Beförderungen durch deutschlandweit an-
sässige Unternehmen aus. Dabei wurden 19 Ordnungs-
widrigkeitverfahren und fünf Bußgeldverfahren einge-
leitet; in einem Falle führte eine Betriebskontrolle sogar
zu neun Festnahmen in insgesamt sieben beteiligten Un-
ternehmen. Dieses Ergebnis muss ich wohl nicht näher
kommentieren, es zeigt deutlich die Notwendigkeit die-
ser Gesetzesänderung.
Mit der Neuregelung der Höhe der Mindestversiche-
rungssumme bei der Haftpflichtversicherung und einer
Festlegung auf 600 000 Euro je Schadensereignis schaf-
fen wir ebenfalls eine Verbesserung der Wettbewerbsbe-
dingungen. In diesem Zusammenhang ist es von großer
Bedeutung, dass die Verbände des Güterkraftverkehrsge-
werbes dieser Regelung zugestimmt haben, da sie sich
mit ihren Erfahrungen aus der Praxis deckt.
Bezüglich der Freistellung land- und forstwirtschaftli-
cher Sonderverkehre hat sich seit dem In-Kraft-Treten
dieser Regelung vor 50 Jahren einiges in der Branche ge-
ändert. Damals ging es vor allen Dingen um die Freistel-
lung landwirtschaftlicher Betriebe, die noch in Eigenre-
gie ihre Produkte wie zum Beispiel Zuckerrüben zu den
Abnehmern brachten bzw. sich ihre Bedarfsgüter selbst
abholten. Heute werden jedoch erhebliche Transport-
mengen bewegt, die im engeren Sinne der Regelung
nicht mehr den Freistellungstatbestand erfüllen und da-
her auch dem Gewerbe erhebliche Transportmengen ent-
ziehen.
Mit der Einführung eines Begleitpapiers bzw. eines
sonstigen Nachweises im Falle des Einsatzes großvolu-
miger Kraftfahrzeuge und einer Mitführungspflicht für
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iese Papiere wird die Kontrollmöglichkeit des Bundes-
mtes für Güterverkehr deutlich verbessert. Da heute be-
eits viele Transporte, wie zum Beispiel die oben ge-
annten Zuckerrübentransporte, mit Begleitpapieren
urchgeführt werden, hält sich auch der bürokratische
ehraufwand in Grenzen.
Auf eines möchte ich noch aufmerksam machen.
ach der Verordnung hätten wir bereits zum 19. März
003 eine einheitliche europäische Fahrerbescheinigung
inführen müssen. Es ist schon ärgerlich, dass wir offen-
ichtlich immer wieder bei der Umsetzung von EU-
echt in nationales Recht hinterherhinken. Ich möchte
a nur an die Debatte um das Kontrollgerätebegleitge-
etz erinnern, wo wir ähnliche Vollzugsdefizite festge-
tellt hatten. Es wäre sicherlich besser gewesen, wenn
ir die Gesetzesänderung bereits vor der EU-Erweite-
ung verwirklicht hätten. Aber man sollte die Hoffnung
ie aufgeben. Vielleicht gelingt uns ja beim nächsten
al eine zügigere Umsetzung.
Horst Friedrich (FDP): Die Änderung des Güter-
raftverkehrsgesetzes findet zu Recht die Unterstützung
ller Fraktionen. Die Gesetzesänderungen liegen eindeu-
g auch im Interesse unseres Transportgewerbes, das be-
anntlich europaweit schweren wettbewerbsverzerren-
en Benachteiligungen ausgesetzt ist. Die schwersten
enachteiligungen liegen im Bereich der Besteuerung,
er hohen Abgabenbelastung und bürokratischen Aus-
üchsen im Standort Deutschland – aber darum geht es
ier nicht. Es ist in der Vergangenheit zu Missbräuchen
n der Europäischen Union gekommen, indem eine
achsende Zahl von nicht aus der Gemeinschaft stam-
enden Kraftfahrern von Transportunternehmen zu Be-
ingungen beschäftigt wird, die nicht den nationalen und
emeinschaftlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften ent-
prechen. Die Einführung der einheitlichen europäischen
ahrerbescheinigung ist damit eine wirksame Maß-
ahme bei der Bekämpfung des Sozialdumpings, von
em das deutsche Transportgewerbe in besonderer
eise nachteilig betroffen ist. Durch die Fahrerbeschei-
igung wird wirksam überprüft, ob bei Fahrern aus
rittländern, die für Arbeitgeber aus den Mitgliedstaaten
grenzüberschreitenden Güterverkehr tätig sind, ein
rdnungsgemäßes Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
iese Regelung zur europäischen Fahrerbescheinigung
st seit dem 19. März 2003 in Kraft. Mit den Änderungen
um Güterkraftverkehrsgesetz, die wir hier beschließen,
erden wir die notwendigen Anpassungen an diese Ver-
rdnung schaffen.
Im Interesse der deutschen Transportwirtschaft müs-
en wir uns über eines im Klaren sein: Mit der Einfüh-
ung der Fahrerbescheinigung werden keineswegs alle
ettbewerbsverzerrungen beseitigt, die durch den
insatz drittstaatenangehöriger Fahrer entstehen. Das
roblem liegt darin, dass andere EU-Staaten mit der Er-
eilung von Arbeitsgenehmigungen für drittstaatenange-
örige Fahrer wesentlich großzügiger umgehen als
eutschland. Hier ist eine Harmonisierung notwendig,
m Nachteile für das deutsche Transportgewerbe abzu-
auen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10603
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Auch die neue Regelung über eine Mindestdeckung
von 600 000 Euro bei der Güterschadenhaftpflichtversi-
cherung ist sinnvoll. Mit deutlichen Prämienerhöhungen
wird nicht zu rechnen sein, denn schon jetzt sind viele
Güterkraftverkehrsunternehmer mit einer Deckungs-
summe von 1 Million Euro und mehr versichert.
Schließlich geht auch die Verbesserung der Kontroll-
möglichkeiten hinsichtlich der Freistellung land- und
forstwirtschaftlicher Sonderverkehre in die richtige
Richtung. Es ist bisher immer wieder zu Missbräuchen
der GüKG-Freistellung gekommen und es hat sich he-
rausgestellt, dass landwirtschaftliche Sonderverkehre in
ihrer rechtlichen Ausnahmesituation nur schwer zu über-
wachen sind. Es ist zu begrüßen, dass es diesbezüglich
bereits zu einer Verständigung zwischen dem deutschen
Transportgewerbe und dem Deutschen Bauernverband
gekommen ist.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim
Bundesminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen:
Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die Vorausset-
zungen für die Ausgabe der einheitlichen europäischen
Fahrerbescheinigung für den Einsatz von Personal aus
Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union bzw.
des europäischen Wirtschaftsraums sind. Sie gilt im
grenzüberschreitenden und gewerblichen Straßengüter-
verkehr sowie im Kabotageverkehr. Außerdem werden
mit dem Entwurf die Vorschriften über die im gewerbli-
chen Straßengüterverkehr abzuschließenden Haftpflicht-
versicherungen neu geregelt. Zu guter Letzt werden
noch die Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Freistel-
lung land- und forstwirtschaftlicher Sonderverkehre ver-
bessert.
Dieses Paket ist ein Beitrag zu fairen Wettbewerbs-
bedingungen in Europa. Das deutsche Güterkraftver-
kehrsgewerbe wird davon profitieren. Das betrifft insbe-
sondere die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung
und des Sozialdumpings im gewerblichen Straßengüter-
verkehr.
Die Bundesregierung setzt damit ihren Kampf gegen
unfaire Wettbewerbspraktiken zum Wohl des deutschen
Gewerbes fort. Wir haben ihn bereits vor drei Jahren, am
6. September 2001, mit dem Gesetz zur Bekämpfung der
illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterkraftver-
kehr begonnen. Das war damals echte Pionierarbeit, weil
wir mit diesem Gesetz wesentliche Regelungen der euro-
päischen Fahrerbescheinigung bereits vorwegnahmen.
Diese Entschlossenheit hat die Beratungen in Brüssel zur
Einführung der Fahrerbescheinigung beschleunigt. Des-
halb wird die europäische Regelung von der Bundes-
regierung heute auch ausdrücklich begrüßt.
Aber jedes Gesetz ist nur so gut wie die Überwachung
seiner Einhaltung. Die gezielten Straßenkontrollen und
Betriebsprüfungen des Bundesamtes für Güterverkehr,
BAG, in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden der
Länder haben hier sehr viel Gutes geleistet. Sie haben
bereits zahlreichen Güterkraftverkehrsunternehmen, die
sich durch den illegalen Einsatz von Arbeitnehmern un-
gerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschaffen wollten,
das Handwerk gelegt. Die Kontrollbehörden des Bundes
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erden auch in Zukunft hart daran arbeiten, diesen Un-
ernehmern das Leben so schwer wie möglich zu ma-
hen.
Das gilt auch auf einem anderen Gebiet: Land- und
orstwirtschaftliche Beförderungen sind bislang von den
orschriften des Güterkraftverkehrs ausgeschlossen.
iese Freistellung macht Sinn. Sie hat sich bewährt und
eshalb bleibt sie bestehen. Mit der jetzigen Änderung
es Güterkraftverkehrsgesetzes verbessern wir aller-
ings die Möglichkeiten zur Überwachung dieser Frei-
tellung. Denn auch in diesem Bereich hat es in der Ver-
angenheit Missbrauchsfälle gegeben. Auch dies ein
eitrag zur Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen.
Neben der Stärkung des fairen Wettbewerbs trägt die-
es Gesetz auch zu einer Verbesserung der Verkehrssi-
herheit bei. So werden zum Beispiel dem BAG neue
rüfungskompetenzen bei der Ladungssicherung und der
technischen Unterwegskontrolle“ von Lastkraftwagen
bertragen. Das entspricht langjährigen Forderungen
on Experten, etwa des Deutschen Verkehrsgerichtsta-
es. Damit tragen wir dazu bei, dass die von Bund und
ändern gemeinsam durchgeführten Kontrollen des
chwerlastverkehrs noch effizienter werden. Gerade in
iesem Bereich ist diese enge Zusammenarbeit unver-
ichtbar.
Die Stellungnahme des Bundesrates vom 2. April
004 belegt einen breiten Konsens zwischen Bund und
ändern hinsichtlich der Zielsetzung dieses Gesetzent-
urfes. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderun-
en finden fast ausnahmslos auch die Zustimmung der
undesregierung. Lassen Sie uns diese Zusammenarbeit
m Interesse des deutschen Gewerbes und aller vom Gü-
erkraftverkehr betroffenen Verkehrsteilnehmer auch in
ukunft einvernehmlich fortsetzen.
nlage 13
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 800. Sitzung am 11. Juni
004 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-
timmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2
rundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge-
äß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen:
Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG
über ein System für den Handel mit Treibhausgas-
emissionszertifikaten in der Gemeinschaft
Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtli-
chen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen
und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz –
AltEinkG)
Drittes Gesetz zur Änderung des Tierseuchenge-
setzes
Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung
und anderer Gesetze
… Strafrechtsänderungsgesetz – § 201 a StGB (…
StrÄndG)
10604 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
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– Gesetz zur Neuordnung der Gebühren in Handels-,
Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen
(Handelsregistergebühren-Neuordnungsgesetz –
HRegGebNeuOG)
– Gesetz zur Ausführung der im Dezember 2002
vorgenommenen Änderungen des Internationalen
Übereinkommens von 1974 zum Schutz des
menschlichen Lebens auf See und des Internatio-
nalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen
und in Hafenanlagen
– Gesetz zur Sicherung von Verkehrsleistungen (Ver-
kehrsleistungsgesetz – VerkLG)
– Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-
Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau –
EAG Bau)
– Gesetz zu dem Abkommen vom 27. März 2003
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen
– Gesetz zu dem Abkommen vom 3. März 2003 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Republik
Türkei über die Zusammenarbeit bei der Be-
kämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeu-
tung, insbesondere des Terrorismus und der Or-
ganisierten Kriminalität
– Gesetz zu dem Internationalen Maasübereinkom-
men vom 3. Dezember 2002
– Gesetz zur Änderung der Regelungen über Alt-
schulden landwirtschaftlicher Unternehmen und
anderer Gesetze
Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
ßung gefasst:
Der Bundesrat sieht in dem Gesetz zur Änderung der
Regelungen über Altschulden landwirtschaftlicher Un-
ternehmen einen Kompromiss zwischen den verschiede-
nen Interessenlagen. Der Bundesrat stellt fest, dass es
auch im Interesse der Planungssicherheit der betroffenen
landwirtschaftlichen Unternehmen in Ostdeutschland
liegt, eine abschließende Lösung der Altschuldenfrage
herbeizuführen. Der Bundesrat geht dabei davon aus,
dass es im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der
Gemeinsamen Agrarpolitik für einzelne Unternehmen zu
teilweise erheblichen Belastungen kommen kann. Vor
diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesre-
gierung, bei der Durchführung der Ablöseregelung die
gravierenden Gewinnänderungen auch der Wirtschafts-
jahre, die durch den vorgesehenen Prognosezeitraum für
die Ermittlung zukünftiger Zahlungen (fünf Jahre nach
Inkrafttreten des Gesetzes) nicht mehr erfasst werden, zu
berücksichtigen.
Der Abgeordnete Bernd Siebert hat jeweils mit
Schreiben vom 25. Mai 2004 mitgeteilt, dass folgende
Gruppenanträge zurückgezogen werden:
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Finanzierungssicherheit beim Straßenbau – Bun-
desstraße 3 (Ortsumgehung von Friedberg) auf
Drucksache 15/3131
Finanzierungssicherheit beim Straßenbau – Bun-
desstraße 45 (Ortsumgehung von Höchst im
Odenwald) auf Drucksache 15/3132
Finanzierungssicherheit beim Straßenbau – Aus-
bau von zwei Teilstücken der Bundesstraße 49 auf
sechs Fahrstreifen westlich von Weilburg auf
Drucksache 15/3133
Finanzierungssicherheit beim Straßenbau – Bun-
desstraße 277 (Ortsumgehung von Haiger) auf
Drucksache 15/3134
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
achstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla-
mentarischen Versammlung der NATO
über die Herbsttagung der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO vom 7. bis 11. November 2003 in
Orlando, USA
– Drucksachen 15/2463, 15/2790 Nr. 1 –
Finanzausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Er-
wachsenen und Kindern für das Jahr 2005 (Fünfter
Existenzminimumbericht)
– Drucksachen 15/2462, 15/2630 Nr. 1.1 –
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Innovationen und Zukunftstechnologien im Mittel-
stand – Hightech-Masterplan
– Drucksache 15/2551 –
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen
zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Eu-
ropäischen Parlaments 2003
– Drucksachen 15/2547, 15/2630 Nr. 1.3 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
ung abgesehen hat.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004 10605
(A) (C)
(B) (D)
Innenausschuss
Drucksache 15/2447 Nr. 2.19
Drucksache 15/2447 Nr. 2.44
Drucksache 15/2519 Nr. 1.5
Drucksache 15/2519 Nr. 2.45
Drucksache 15/2636 Nr. 2.15
Drucksache 15/2711 Nr. 2.14
Drucksache 15/2793 Nr. 2.10
Drucksache 15/2793 Nr. 2.13
Drucksache 15/2793 Nr. 2.15
Drucksache 15/2793 Nr. 2.19
Rechtsausschuss
Drucksache 15/2447 Nr. 2.45
Drucksache 15/2636 Nr. 2.9
Drucksache 15/2636 Nr. 2.10
Drucksache 15/2793 Nr. 1.1
Drucksache 15/2793 Nr. 1.2
Drucksache 15/2793 Nr. 1.3
Drucksache 15/2793 Nr. 2.7
Finanzausschuss
Drucksache 15/2895 Nr. 1.4
Drucksache 15/2895 Nr. 1.7
Drucksache 15/2895 Nr. 1.8
Drucksache 15/2895 Nr. 2.7
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Drucksache 15/3023 Nr. 2.4
Drucksache 15/3023 Nr. 2.6
Drucksache 15/3023 Nr. 2.11
Drucksache 15/3023 Nr. 2.13
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Drucksache 15/3023 Nr. 2.16
Drucksache 15/3023 Nr. 2.25
Drucksache 15/3023 Nr. 2.27
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Drucksache 15/3023 Nr. 2.2
Drucksache 15/3023 Nr. 2.7
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Drucksache 15/2793 Nr. 2.8
Drucksache 15/2793 Nr. 2.16
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Drucksache 15/3023 Nr. 2.21
Drucksache 15/3023 Nr. 2.22
Drucksache 15/3023 Nr. 2.23
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 15/2793 Nr. 2.27
Drucksache 15/2793 Nr. 2.40
Drucksache 15/2793 Nr. 2.41
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 15/1613 Nr. 1.40
115. Sitzung
Berlin, Freitag, den 18. Juni 2004
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13