Plenarprotokoll 15/111
Absetzung des Tagesordnungspunktes 26 a . .
Tagesordnungspunkt 4:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wirtschaft und Arbeit
– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN: Offensive für den Mittelstand
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar
Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Hartmut
Schauerte, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche
Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik
statt neue Sonderregeln – Mittelstand
(Drucksachen 15/351, 15/349, 15/357, 15/752,
15/1134, 15/3221) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dagmar Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär BMWA
Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär BMWA
Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD) . . . . . . . . .
Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . .
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) .
10072 A
10021 C
10021 D
10024 B
10026 D
10028 D
10029 A
10029 C
10030 D
10032 D
10034 C
10035 C
Deutscher B
Stenografisc
111. Si
Berlin, Donnerstag
I n h a
Nachruf auf den Abgeordneten Matthias
Weisheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Begrüßung der neuen Abgeordneten Elvira
Drobinski-Weiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wahl der Abgeordneten Rita Streb-Hesse als
stellvertretendes Mitglied der Parlamentari-
schen Versammlung des Europarates . . . . .
Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
neten Hans-Peter Kemper, Wilhelm
Schmidt (Salzgitter) und Gert Weisskirchen
(Wiesloch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Absetzung der Tagesordnungspunkte 13 und
15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10019 A
10019 B
10019 C
10019 D
10019 D, 10128 C
10021 B
umfassend stärken
– zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms,
undestag
her Bericht
tzung
, den 27. Mai 2004
l t :
Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Neue Chancen für
den Mittelstand – Rahmenbedingungen
verbessern statt Förderdschungel aus-
weiten
– zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit
Homburger, Rainer Funke, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Statistiken reduzie-
ren – Unternehmen entlasten – Büro-
kratie abbauen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit
Homburger, Joachim Günther (Plauen),
Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Modellregionen
für Deregulierung und Bürokratieab-
bau
Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .
Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . .
Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . .
.
.
.
10037 A
10038 A
10039 B
II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . .
Walter Hoffmann (Darmstadt) (SPD) . . . . . . .
Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 5:
a) Antrag der Abgeordneten Arnold Vaatz,
Werner Kuhn (Zingst), Ulrich Adam, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU: Ostdeutschland eine Zu-
kunft geben
(Drucksache 15/3047) . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Zweite und dritte Beratung des vom Bun-
desrat eingebrachten Entwurfs eines …
Gesetzes zur Änderung des Bundesna-
turschutzgesetzes
(Drucksachen 15/776, 15/2956) . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Antrag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nachhal-
tiges Wachstum in Ostdeutschland sichern
(Drucksache 15/3201) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Antrag der Abgeordneten Joachim Günther
(Plauen), Eberhard Otto (Godern),
Dr. Karlheinz Guttmacher, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP: Ostdeutsch-
land als Speerspitze des Wandels – Leitli-
nien eines Gesamtkonzepts für die neuen
Länder
(Drucksache 15/3202) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 5:
Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich
(Bayreuth), Joachim Günther (Plauen),
Eberhard Otto (Godern), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP: Keine Kürzun-
gen bei den Verkehrsprojekten in Ost-
deutschland
(Drucksache 15/3203) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
Stephan Hilsberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister
BMVBW. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . .
Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister
BMVBW. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10041 A
10042 A
10043 C
10045 C
10045 C
10045 D
10045 D
10046 A
10046 A
10047 C
10048 D
10050 C
10050 D
Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Georg Milbradt, Ministerpräsident (Sachsen)
Christoph Matschie (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bernward Müller (Gera) (CDU/CSU) . . . . . .
Siegfried Scheffler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
Siegfried Scheffler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU) . . . . . . . .
Harald Wolf, Senator (Berlin) . . . . . . . . . . . .
Ludwig Stiegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 26:
b) Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes
(Drucksache 15/2722) . . . . . . . . . . . . . . .
c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf-
ten Gesetzes zur Änderung des Futter-
mittelgesetzes
(Drucksache 15/3170) . . . . . . . . . . . . . . .
d) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Abkommen vom 14. Mai
2003 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Polen
zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen
(Drucksache 15/3171) . . . . . . . . . . . . . . .
e) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Abkommen vom 8. Juli 2003
zwischen der Regierung der Bundesre-
publik Deutschland und der mazedoni-
schen Regierung über soziale Sicherheit
(Drucksache 15/3172) . . . . . . . . . . . . . . .
f) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Übereinkommen vom
14. Oktober 2003 über die Beteiligung
der Tschechischen Republik, der Repu-
blik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik
Litauen, der Republik Ungarn, der Re-
publik Malta, der Republik Polen, der
Republik Slowenien und der Slowaki-
10051 A
10053 D
10056 A
10059 C
10060 C
10062 A
10063 C
10064 C
10066 B
10066 C
10066 D
10068 C
10070 B
10072 B
10072 B
10072 B
10072 C
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 III
schen Republik am Europäischen Wirt-
schaftsraum
(Drucksache 15/3173) . . . . . . . . . . . . . . . .
g) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Fakultativprotokoll vom
25. Mai 2000 zum Übereinkommen
über die Rechte des Kindes betreffend
die Beteiligung von Kindern an bewaff-
neten Konflikten
(Drucksache 15/3176) . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusatztagesordnungspunkt 6:
a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung der Bundesnotarordnung
(Drucksache 15/3147) . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Abkommen vom 7. April
2003 zwischen der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland und der Re-
gierung der Tunesischen Republik über
die Zusammenarbeit bei der Bekämp-
fung von Straftaten von erheblicher Be-
deutung
(Drucksache 15/3177) . . . . . . . . . . . . . . . .
c) Erste Beratung des von den Fraktionen der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Förderung von Wagniska-
pital
(Drucksache 15/3189) . . . . . . . . . . . . . . . .
d) Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,
Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU: Den Tourismus stärken – Chan-
cen der EU-Erweiterung nutzen
(Drucksache 15/3192) . . . . . . . . . . . . . . . .
e) Antrag der Abgeordneten Gabriele
Lösekrug-Möller, Annette Faße,
Brunhilde Irber, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abge-
ordneten Undine Kurth (Quedlinburg),
Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck
(Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Internationale Richtlinien
für biologische Vielfalt und Tourismus-
entwicklung zügig umsetzen
(Drucksache 15/3219) . . . . . . . . . . . . . . . .
f) Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP: Verschiebung des Zeitpunktes
für das In-Kraft-Treten des Vierten Ge-
setzes für moderne Dienstleistungen am
10072 C
10072 C
10072 D
10072 D
10073 A
10073 A
10073 A
Arbeitsmarkt (SGB II) auf den 1. Ja-
nuar 2006
(Drucksache 15/3105) . . . . . . . . . . . . . . .
g) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Selbstverpflichtungserklärung der
Deutschen Post AG zur Erbringung be-
stimmter Postdienstleistungen
(Drucksache 15/3186) . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 27:
a) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Regelung von
Rechtsfragen hinsichtlich der Rechts-
stellung von Angehörigen der Bundes-
wehr bei Kooperationen zwischen der
Bundeswehr und Wirtschaftsunterneh-
men sowie zur Änderung besoldungs-
und wehrsoldrechtlicher Vorschriften
(Drucksachen 15/2944, 15/3124) . . . . . . .
b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen vom 9. September 2002
über die Vorrechte und Immunitäten
des Internationalen Strafgerichtshofs
(Drucksachen 15/2723, 15/3217) . . . . . . .
c) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Protokoll vom
16. Mai 2003 zum Internationalen
Übereinkommen von 1992 über die Er-
richtung eines Internationalen Fonds
zur Entschädigung für Ölverschmut-
zungsschäden
(Drucksachen 15/2947, 15/3215) . . . . . . .
d) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung von Vor-
schriften über die Entschädigung für
Ölverschmutzungsschäden durch See-
schiffe
(Drucksachen 15/2949, 15/3220) . . . . . . .
e) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit zu der Verordnung der
Bundesregierung: Verordnung zur Ände-
rung der Versatzverordnung und zur
Zweiten Änderung der Deponieverord-
nung
(Drucksachen 15/2814, 15/2886 Nr. 1,
15/3141) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
f) – l)
Beschlussempfehlungen des Petitionsaus-
schusses: Sammelübersichten 117, 118,
119, 120, 121, 122 und 123 zu Petitionen
10073 C
10073 C
10073 C
10074 A
10074 A
10074 C
10074 D
IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(Drucksachen 15/3089, 15/3090, 15/3091,
15/3092, 15/3093, 15/3094, 15/3095) . . . .
Zusatztagesordnungspunkt 7:
Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der FDP: Den Rechtsweg in der Regu-
lierung des Telekommunikationsmarktes
ändern
(Drucksache 15/3218) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 6:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Bundesregierung: Fortsetzung der
deutschen Beteiligung an der Interna-
tionalen Sicherheitspräsenz im Kosovo
zur Gewährleistung eines sicheren
Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr
und zur militärischen Absicherung der
Friedensregelung für das Kosovo auf
der Grundlage der Resolution 1244
(1999) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen vom 10. Juni 1999 und des
Militärisch-Technischen Abkommens
zwischen der Internationalen Sicher-
heitspräsenz (KFOR) und den Regie-
rungen der Bundesrepublik Jugosla-
wien und der Republik Serbien vom
9. Juni 1999
(Drucksachen 15/3175, 15/3235, 15/3236)
b) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer
Stinner, Dr. Werner Hoyer, Daniel Bahr
(Münster), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Status des Kosovo als
EU-Treuhandgebiet
(Drucksache 15/2860) . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 8:
Antrag der Abgeordneten Gernot Erler, Gert
Weisskirchen (Wiesloch), Rainer Arnold,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Winfried
Nachtwei, Dr. Ludger Volmer, Volker Beck
(Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:
Fortsetzung und Anpassung der Arbeit der
Internationalen Sicherheitspräsenz im
Kosovo
(Drucksache 15/3204) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
10075 A
10075 C
10075 D
10076 A
10076 A
Zusatztagesordnungspunkt 9:
Antrag der Abgeordneten Dr. Friedbert
Pflüger, Dr. Christian Ruck, Christian
Schmidt (Fürth), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU: Der Kosovo-
politik eine Perspektive geben
(Drucksache 15/3188) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . .
Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . .
Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . .
Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . .
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Siegfried Helias (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . .
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 7:
Antrag der Abgeordneten Dietrich
Austermann, Friedrich Merz, Steffen
Kampeter, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Umkehr in der
Finanz- und Haushaltspolitik – Haushalts-
sicherungsgesetz und Nachtragshaushalt
jetzt
(Drucksache 15/3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 10:
Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt,
Jürgen Koppelin, Otto Fricke, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Nach-
tragshaushalt und Haushaltssicherungsge-
setz zur Korrektur der Bundesfinanzen
notwendig
(Drucksache 15/3216) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . .
Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . .
Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ilse Aigner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . .
10076 B
10076 B
10078 A
10079 C
10079 D
10081 C
10082 C
10083 D
10085 A
10085 B
10085 B
10086 A
10087 A
10090 A
10087 B
10087 C
10087 D
10093 A
10096 C
10097 D
10099 B
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 V
Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Steffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 8:
a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Neuordnung des Gentechnik-
rechts
(Drucksache 15/3088) . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verbraucherschutz, Er-
nährung und Landwirtschaft zu dem An-
trag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wahl-
freiheit für die Landwirte durch Rein-
heit des Saatgutes sicherstellen
(Drucksachen 15/2972, 15/3209) . . . . . . .
Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . .
Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . .
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . .
Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . .
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . .
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . .
Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 9:
a) Zweite und dritte Beratung des von den
Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Än-
derung des Betriebsprämiendurchfüh-
rungsgesetzes
(Drucksachen 15/3046, 15/3223) . . . . . . .
b) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Ernährungs- und agrarpolitischer Be-
richt 2004 der Bundesregierung
(Drucksache 15/2457) . . . . . . . . . . . . . . . .
Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . .
Albert Deß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter H. Carstensen (Nordstrand)
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10100 D
10101 B
10101 D
10102 C
10103 C
10103 C
10103 D
10104 D
10104 B
10106 B
10108 B
10110 A
10111 C
10113 A
10113 D
10114 D
10116 C
10116 D
10117 A
10118 A
10118 D
10120 B
Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . .
Jella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär
BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter H. Carstensen (Nordstrand)
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 10:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Erich G. Fritz, Karl-Josef Laumann,
Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU: Für
ein höheres Liberalisierungsniveau
beim Welthandel mit Dienstleistun-
gen – GATS-Verhandlungen zügig
voranbringen
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dirk
Niebel, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Internationale
Rechtssicherheit und transparente
Regeln für den Dienstleistungshan-
del – GATS-Verhandlungen voran-
bringen
(Drucksachen 15/1008, 15/1010, 15/3101) . .
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Erich G. Fritz, Dagmar Wöhrl, Karl-
Josef Laumann, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU:
Doha-Verhandlungen nach dem
Scheitern von Cancun konstruktiv
und zügig voranbringen
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Gudrun Kopp, Markus Löning, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Doha-Runde
bis 2005 zum Erfolg führen – Mehr
Entwicklung, Armutsbekämpfung
und Wohlstand durch Freihandel
(Drucksachen 15/1567, 15/1931, 15/3222) . .
c) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zu dem An-
trag der Abgeordneten Katherina Reiche,
Thomas Rachel, Günter Nooke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der
10121 B
10122 C
10123 D
10125 A
10125 B
10126 C
10128 B
10128 B
VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
CDU/CSU: Qualitätssicherung im Bil-
dungswesen und kulturelle Vielfalt bei
GATS-Verhandlungen garantieren
(Drucksachen 15/1095, 15/1844) . . . . . . .
Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marion Seib (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 11:
Beschlussempfehlung und Bericht des Innen-
ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten
Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Passagier-
datensammlungen und Datenschutzrechte –
EU-Abkommen mit den Vereinigten Staa-
ten von Amerika
(Drucksachen 15/2761, 15/3120) . . . . . . . . . .
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär
BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . .
Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 12:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung des Anlegerschutzes (Anleger-
schutzverbesserungsgesetz – AnSVG)
(Drucksache 15/3174) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . .
Hubert Ulrich (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .
Simone Violka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 17:
Antrag der Abgeordneten Renate Gradistanac,
Sabine Bätzing, Ute Berg, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD sowie der
Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard
Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des
10128 C
10128 D
10129 D
10130 C
10131 D
10133 A
10133 B
10134 B
10136 C
10137 B
10138 A
10138 B
10139 C
10139 D
10140 D
10142 A
10143 A
10144 A
10145 A
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kinder
und Jugendliche wirksam vor sexueller
Gewalt und Ausbeutung schützen
(Drucksache 15/3211) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 16:
Antrag der Abgeordneten Ursula Lietz, Anita
Schäfer (Saalstadt), Christa Reichard (Dres-
den), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU: Frauen und Familien in der
Bundeswehr stärken und fördern
(Drucksache 15/3049) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ursula Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . .
Petra Heß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 19:
a) Antrag der Abgeordneten Karin
Kortmann, Rudolf Bindig, Lothar Binding
(Heidelberg), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Thilo Hoppe, Hans-Christian
Ströbele, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Un-
terstützung der neuen Regierung Boli-
viens bei der demokratischen Stabilisie-
rung des Landes
(Drucksache 15/2975) . . . . . . . . . . . . . . .
b) Antrag der Abgeordneten Peter Weiß
(Emmendingen), Dr. Christian Ruck, Dr.
Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU: Chance
zum demokratischen Neubeginn in
Haiti unterstützen
(Drucksache 15/2746) . . . . . . . . . . . . . . .
c) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung zu dem An-
trag der Abgeordneten Peter Weiß (Em-
mendingen), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf
Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU: Nach der
Neuwahl in Argentinien: Entwicklungs-
zusammenarbeit mit Argentinien und
Uruguay zielgerichtet fortführen
(Drucksachen 15/1015, 15/2706) . . . . . . .
10146 A
10146 B
10148 A
10149 C
10150 A
10151 B
10151 D
10153 A
10153 B
10155 A
10157 D
10159 A
10159 A
10159 B
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 VII
Tagesordnungspunkt 14:
a) Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Bosbach, Erwin Marschewski (Reckling-
hausen), Günter Nooke, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU:
Das gemeinsame historische Erbe für
die Zukunft bewahren
(Drucksache 15/2819) . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Bericht der Bundesregierung über die
Maßnahmen zur Förderung der Kul-
turarbeit gemäß § 96 Bundesvertriebe-
nengesetz in den Jahren 2001 und 2002
(Drucksache 15/2967) . . . . . . . . . . . . . . . .
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . .
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . .
Gisela Hilbrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Matthias Sehling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 18:
Antrag der Abgeordneten Julia Klöckner,
Peter H. Carstensen (Nordstrand), Albert Deß,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU: Dreizehntes Gesetz zur Ände-
rung des Arzneimittelgesetzes für Tierärzte
und Landwirte praxisgerecht und verbrau-
cherfreundlich gestalten
(Drucksache 15/3112) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . .
Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . .
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 20:
Antrag der Abgeordneten Lothar Mark, Ute
Kumpf, Dr. Christine Lucyga, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD sowie der
Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian
Ströbele, Dr. Ludger Volmer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Intensivierung der
Beziehungen zwischen der Europäischen
Union, Lateinamerika und der Karibik
(Drucksache 15/3205) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10159 C
10159 D
10159 D
10161 C
10162 D
10163 D
10165 A
10165 D
10166 A
10168 C
10169 C
10170 D
10172 A
10173 D
10174 B
10174 A
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Claudia Roth (Augsburg), Marianne Tritz,
Werner Schulz (Berlin), Fritz Kuhn,
Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar von
Neuforn, Ulrike Höfken, Marieluise Beck
(Bremen), Undine Kurth (Quedlinburg), Josef
Philip Winkler, Petra Selg, Christine Scheel,
Jutta Dümpe-Krüger, Albert Schmidt (Ingol-
stadt), Winfried Hermann, Cornelia Behm,
Franziska Eichstädt-Bohlig, Thilo Hoppe,
Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Dr. Ludger
Volmer, Jerzy Montag, Grietje Bettin, Christa
Nickels, Alexander Bonde, Dr. Thea Dückert,
Hubert Ulrich, Winfried Nachtwei, Anna
Lührmann, Hans-Christian Ströbele, Peter
Hettlich und Markus Kurth (alle BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) sowie Rüdiger Veit, René
Röspel, Uta Zapf, Hans Büttner (Ingolstadt),
Karin Kortmann, Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast, Christoph Strässer und Eckhardt
Barthel (Berlin) (alle SPD) zur Abstimmung
über die Beschlussempfehlung: Fortsetzung
der deutschen Beteiligung an der Internati-
onalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur
Gewährleistung eines sicheren Umfeldes
für die Flüchtlingsrückkehr und zur mili-
tärischen Absicherung der Friedensrege-
lung für das Kosovo auf der Grundlage der
Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999
und des Militärisch-Technischen Abkom-
mens zwischen der Internationalen Sicher-
heitspräsenz (KFOR) und den Regierun-
gen der Bundesrepublik Jugoslawien und
der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Ta-
gesordnungspunkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
Jürgen Koppelin (FDP) zur Abstimmung über
die Beschlussempfehlung: Fortsetzung der
deutschen Beteiligung an der Internationa-
len Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Ge-
währleistung eines sicheren Umfeldes für
die Flüchtlingsrückkehr und zur militäri-
schen Absicherung der Friedensregelung
für das Kosovo auf der Grundlage der Re-
solution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und
des Militärisch-Technischen Abkommens
zwischen der Internationalen Sicherheits-
präsenz (KFOR) und den Regierungen der
Bundesrepublik Jugoslawien und der Re-
publik Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesord-
nungspunkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10175 A
10175 A
10175 D
VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der
Anträge:
– Für ein höheres Liberalisierungsniveau
beim Welthandel mit Dienstleistungen –
GATS-Verhandlungen zügig voranbringen
– Internationale Rechtssicherheit und trans-
parente Regeln für den Dienstleistungs-
handel – GATS-Verhandlungen voranbrin-
gen
– Doha-Verhandlungen nach dem Scheitern
von Cancun konstruktiv und zügig voran-
bringen
– Doha-Runde bis 2005 zum Erfolg führen –
Mehr Entwicklung, Armutsbekämpfung
– Chancen zum demokratischen Neubeginn
in Haiti unterstützen
– Nach der Neuwahl in Argentinien: Ent-
wicklungszusammenarbeit mit Argenti-
nien und Uruguay zielgerichtet fortführen
(Tagesordnungspunkt 19 a bis c)
Karin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . .
Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . .
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung:
10179 D
10180 D
10182 B
10182 D
und Wohlstand durch Freihandel
– Qualitätssicherung im Bildungswesen und
kulturelle Vielfalt bei GATS-Verhandlun-
gen garantieren
(Tagesordnungspunkt 10 a bis c)
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD) . . . . . . . . . .
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des
Antrags: Frauen und Familien in der Bundes-
wehr stärken und fördern (Tagesordnungs-
punkt 16)
Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
der Anträge:
– Unterstützung der neuen Regierung Boli-
viens bei der demokratischen Stabilisie-
rung des Landes
10176 C
10178 D
– des Antrages: Das gemeinsame historische
Erbe für die Zukunft bewahren
– der Unterrichtung: Bericht der Bundesre-
gierung über die Maßnahmen zur Förde-
rung der Kulturarbeit gemäß § 96 Bundes-
vertriebenengesetz in den Jahren 2001 und
2002
(Tagesordnungspunkt 14)
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des Antrags: Intensivierung der Beziehungen
zwischen der Europäischen Union, Latein-
amerika und der Karibik (Tagesordnungs-
punkt 20)
Lothar Mark (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Claudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) .
Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . .
10183 C
10184 B
10186 C
10187 C
10189 A
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10019
(A) (C)
(B) (D)
111. Si
Berlin, Donnerstag
Beginn: 9
1) Anlage 8
Berichtigung
110. Sitzung, Seite 9999 (B), erster Absatz, der erste
Satz ist wie folgt zu lesen: „Nicht nur Simbabwe, son-
dern auch der Sudan ist jetzt zur Nagelprobe für Afrikas
Bekenntnis zur Einhaltung der Menschenrechte, zu
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geworden.“ Seite
10007 (B), erster Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu
lesen: „Unsere Regierung und auch der Deutsche Bun-
destag tun das seit langem, nämlich seit dem letzten Jahr,
Kollege Büttner.“
(D)
(B)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10175
(A) (C)
(B) (D)
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom
10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen
Fortsetzung der Deutschen Beteiligung an der
Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo
der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des
Abstimmung über die Beschlussempfehlung:
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg),
Marianne Tritz, Werner Schulz (Berlin), Fritz
Kuhn, Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar
von Neuforn, Ulrike Höfken, Marieluise Beck
(Bremen), Undine Kurth (Quedlinburg), Josef
Philip Winkler, Petra Selg, Christine Scheel,
Jutta Dümpe-Krüger, Albert Schmidt (Ingol-
stadt), Winfried Hermann, Cornelia Behm,
Franziska Eichstädt-Bohlig, Thilo Hoppe,
Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Dr. Ludger
Volmer, Jerzy Montag, Grietje Bettin, Christa
Nickels, Alexander Bonde, Dr. Thea Dückert,
Hubert Ulrich, Winfried Nachtwei, Anna
Lührmann, Hans-Christian Ströbele, Peter
Hettlich und Markus Kurth (alle BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) sowie Rüdiger Veit, René
Röspel, Uta Zapf, Hans Büttner (Ingolstadt),
Karin Kortmann, Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast, Christoph Strässer und Eckhardt
Barthel (Berlin) (alle SPD) zur Abstimmung
über die Beschlussempfehlung: Fortsetzung der
deutschen Beteiligung an der Internationalen
Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleis-
tung eines sicheren Umfeldes für die Flücht-
lingsrückkehr und zur militärischen Absiche-
rung der Friedensregelung für das Kosovo auf
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Barthle, Norbert CDU/CSU 27.05.2004
Borchert, Jochen CDU/CSU 27.05.2004
Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 27.05.2004
Haack (Extertal), Karl
Hermann
SPD 27.05.2004
Hagemann, Klaus SPD 27.05.2004
Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 27.05.2004
Dr. Rexrodt, Günter FDP 27.05.2004
Scheuer, Andreas CDU/CSU 27.05.2004
Schröder, Gerhard SPD 27.05.2004
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Abkommens zwischen der Internationalen Si-
cherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen
der Bundesrepublik Jugoslawien und der Repu-
blik Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungs-
punkt 6 a)
Wir erklären: Angesichts der dramatischen Entwick-
lung in den vergangenen Wochen und der gezielten An-
griffe gegen Minderheitenangehörige im Kosovo sind
deren Leben und Grundrechte im Kosovo massiv gefähr-
det. Es ist zu gezielten Übergriffen auf Rückkehrersied-
lungen von ethnischen Minderheiten im Kosovo gekom-
men. Für uns ergibt sich daraus die Konsequenz, dass
auf absehbare Zeit alle Rückführungsmaßnahmen unter-
bleiben müssen. Wir begrüßen daher die Entscheidung
von UNMIK, seit dem 17. März 2004 alle Abschiebun-
gen von ethnischen Minderheiten zu stoppen.
Aus unserer Sicht kommt es bei der Frage der Rück-
kehr von Minderheitenangehörigen ins Kosovo darauf
an, ob Gefahren für Leib und Leben ausgeschlossen wer-
den können. Dies wird übereinstimmend von UNMIK,
UNHCR, OSZE für die nahe Zukunft verneint. Sowohl
KFOR als auch UNMIK verweisen darauf, dass es in der
angespannten Lage sicherheitspolitisch kontraproduktiv
wäre, ethnische Minderheiten in das Kosovo zurückzu-
führen und damit möglicherweise die ethnischen Span-
nungen zu verschärfen. Die Bundesregierung unter-
nimmt größte Anstrengungen, die Lage im Kosovo zu
stabilisieren und dauerhaft zu verbessern. Die Absicht
von Landesinnenministern, aus innenpolitischen Erwä-
gungen Abschiebungen in das Kosovo durchzuführen,
ist nicht nur menschlich, sondern auch sicherheitspoli-
tisch fatal. Damit würde deutsche Innenpolitik außen-
politische Ziele konterkarieren.
Die Konsequenz sollte nunmehr – nach Jahren der
Duldungen für den Personenkreis der Minderheitenange-
hörigen aus dem Kosovo – die Gewährung eines recht-
mäßigen Aufenthaltes und damit die Ermöglichung einer
Zukunftsperspektive sein. In diesem Sinne sollte sich der
Bundesinnenminister intensiv gegenüber seinen Länder-
kollegen und der Innenministerkonferenz einsetzen.
Weiterhin fordern wir das BMI auf, gegenüber dem
Bundesamt für Flüchtlinge klarzustellen, dass unverzüg-
lich die Praxis der generellen Einleitung von Widerrufs-
verfahren gegen anerkannte Flüchtlinge aus dem Kosovo
eingestellt wird. Die neuerliche Gewalteskalation im
Kosovo zeigt, dass an eine Beendigung des Flüchtlings-
schutz-Status noch lange nicht zu denken ist. Ist eine
Rückkehr nicht zumutbar, dann darf der Flüchtlingssta-
tus nicht widerrufen werden.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur
10176 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
(B) (D)
zur Gewährleistung eines sicheren Umfeldes für
die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen
Absicherung der Friedenregelung für das Ko-
sovo auf der Grundlage der Resolution 1244
(1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio-
nen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-
Technischen Abkommens zwischen der Interna-
tionalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den
Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien
und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Ta-
gesordnungspunkt 6 a)
Ich werde der Fortsetzung der deutschen Beteiligung
im Kosovo zustimmen, auch wenn ich dazu erhebliche
Bedenken habe.
Seit dem Einsatz deutscher Soldaten im Kosovo hat
die deutsche Außenpolitik keine nennenswerten Aktivi-
täten übernommen, damit der Einsatz im Kosovo poli-
tisch erfolgreich abgeschlossen werden kann. Dazu hätte
gehört, alle diplomatischen Möglichkeiten auszuschöp-
fen und alle Kräfte zu bündeln, damit eine Aussöhnung
stattfinden kann.
Viele Zusagen, die Bundesaußenminister Fischer in
seinem Wortbeitrag am 11. Juni 1999 gegenüber dem
Deutschen Bundestag gemacht hat, sind nicht erfüllt
worden. Der Wille, diese Zusagen zu erfüllen, ist nicht
erkennbar. Die Bundesregierung bleibt auch den deut-
schen Soldaten im Kosovo die Antwort schuldig, wie
lange dieser Einsatz zeitlich noch dauern soll.
Bundesaußenminister Fischer hatte versprochen, dass
der Frieden im Kosovo dann eintreten wird, wenn die in-
ternationale Friedenstruppe im Kosovo steht. Seit fünf
Jahren ist die internationale Friedenstruppe im Kosovo
präsent und Frieden ist immer noch nicht eingekehrt.
Der vom deutschen Außenminister versprochene Frie-
densprozess für den Kosovo ist nach fünf Jahren militä-
rischem Einsatz immer noch weit entfernt.
Diese negative Bilanz ist leider auch auf eine deut-
sche Außenpolitik zurückzuführen, deren Interesse für
das Kosovo längst nur noch auf ein Minimum be-
schränkt ist.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Anträge:
– Für ein höheres Liberalisierungsniveau
beim Welthandel mit Dienstleistungen –
GATS-Verhandlungen zügig voranbringen
– Internationale Rechtssicherheit und trans-
parente Regeln für den Dienstleistungshan-
del – GATS-Verhandlungen voranbringen
– Doha-Verhandlungen nach dem Scheitern
von Cancun konstruktiv und zügig voran-
bringen
– Doha-Runde bis 2005 zum Erfolg führen –
Mehr Entwicklung, Armutsbekämpfung
und Wohlstand durch Freihandel
– Qualitätssicherung im Bildungswesen und
kulturelle Vielfalt bei GATS-Verhandlun-
gen garantieren
(Tagesordnungspunkt 10 a bis c)
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Das Allgemeine
Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen,
GATS, ist zweifelsohne eine der wichtigsten Vertrags-
verhandlungen, die im letzten Jahrzehnt international ini-
tiiert wurden. Dienstleistungen sind ein wichtiger Wirt-
schaftszweig mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten
und stetig steigendem Anteil am Welthandel. Wie hoch
der Anteil sein wird, hängt wesentlich von den Inhalten
und Modalitäten der GATS-Verhandlungen ab.
Beim GATS geht es dabei nicht allein um private,
wirtschaftsnahe Dienstleistungen. Es geht auch um Bil-
dung, medizinische und soziale Dienstleistungen, Um-
weltdienste, Kultur und Sport. Nur die „in Ausübung ho-
heitlicher Gewalt“ erbrachten Dienstleistungen sind
ausgenommen – aber was die sind, darüber gibt es kei-
nen weltweiten Konsens.
Bei den Verhandlungen geht es entscheidend darum,
was an Leistungen künftig öffentlich erbracht wird bzw.
erbracht werden darf und welche Kriterien außer der rei-
nen Gewinnerzielung Geltung haben sollen. Gerade in
der Daseinsvorsorge, bei den Leistungen, die in unseren
Städten und Gemeinden erbracht werden, sind die Fra-
gen existenziell, wie viel Gestaltungsspielraum die öf-
fentliche Hand noch haben wird, wie viel Zuschüsse
noch erlaubt sind bzw. ob jeder private Anbieter ebenso
Anspruch auf öffentliche Subventionen hat wie gemein-
nützige Organisationen.
Beim GATS geht es mit einer internationalen Markt-
ordnung für Dienstleistungen nicht nur um eine neue
Ordnung des globalen Arbeitsmarktes, sondern es wird
eine neue globale, soziale Ordnung vorgezeichnet, die
tief in die bisherigen politischen, sozialen und kulturel-
len Wertvorstellungen und Ordnungssysteme der meis-
ten Nationalstaaten eingreift und die schon bisher die
Handlungsspielräume für politische Gestaltung in der
Vergangenheit eingeschränkt hat und zukünftig erheb-
lich einschränken kann. Dies ist in der nationalen und in-
ternationalen Debatte immer mehr bewusst geworden.
Das GATS ist nur scheinbar ein exotisches Spezialthema –
in Wirklichkeit geht es uns alle an.
Das Scheitern der WTO-Verhandlungen in Cancun
hatte auch zu einem weit gehenden Stillstand der GATS-
Verhandlungen geführt.
Auf den ersten Blick scheint der Verhandlungsprozess
wieder da, wo er vor einem Jahr bereits stand. Allerdings
wurden – von der Öffentlichkeit weitgehend unbe-
merkt – die GATS-Verhandlungen mit einer Sondersit-
zung des WTO-Dienstleistungsrates am 2. April wieder
aufgenommen. Damit stellt sich die Frage, ob wir, die
Industrieländer, die Europäische Union und die deutsche
Bundesregierung aus dem Scheitern in Mexiko und der
öffentlichen Debatte in unserem Land die nötigen Leh-
ren gezogen haben.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10177
(A) (C)
(B) (D)
Aus Sicht von uns Sozialdemokraten waren die
Gründe für ein Scheitern lange absehbar gewesen: Die
fragile Lage der Weltwirtschaft zeigt zwar milde Zei-
chen von Erholung, dies jedoch regional begrenzt.
Ganze Kontinente wie Lateinamerika und Afrika konn-
ten und können von den positiven Impulsen der Welt-
konjunktur nicht profitieren, auch in Europa sind die
Perspektiven eher mäßig.
Dies erlaubt vielen Regierungen nicht, großzügige
Handelszugeständnisse im Verhandlungsprozess zu ma-
chen – schon gar nicht wenn sie vor bedeutsamen Wah-
len stehen wie zum Beispiel den Präsidentschaftswahlen
in den USA.
Die US-Debatte macht auch deutlich, dass die Beant-
wortung der Frage, was mehr Welthandel und Marktöff-
nung wirklich für Arbeitsplätze und Wohlstand bringen,
unausweichlich ist und von der Politik beantwortet wer-
den muss. Die optimistischen Aussagen der Opposition
entsprechen jedenfalls nicht den Tatsachen.
Dass bisher in der WTO die soziale Dimension völlig
und die ökologische nahezu völlig gefehlt haben, war
und ist für die Handelsexperten kein Grund zur Beunru-
higung – wohl aber für Hunderte von Millionen Men-
schen. Ohne die soziale Frage wird es aber keine „Glo-
balisierung mit menschlichem Gesicht“ geben, sondern
Globalisierung wird ein Prozess bleiben bzw. werden,
der auf dem Rücken breiter Schichten zugunsten Weni-
ger durchgesetzt wird.
Wenn man sich die hier eingebrachten und zur Ab-
stimmung gestellten GATS-Anträge der CDU/CSU- so-
wie der FDP-Fraktion ansieht, ist klar zu sehen, dass sie
eine Globalisierung auf dem Rücken der Menschen zu-
gunsten weniger Reicher durchsetzen wollen. In Ihren
hier vorliegenden Anträgen tauchen erneut die gleichen
weltpolitisch gescheiterten, neokonservativen Forderun-
gen auf, wie sie schon vor Cancun von Ihnen zu hören
waren. Es sind die gleichen Allgemeinplätze zu Proble-
men, die vielfältiger sind, als Sie sie wahrzunehmen be-
lieben. Dass Handel die Weltprobleme löst, ist für große
Regionen der Welt eine Schimäre oder besser ein trojani-
sches Pferd, in dessen Gefolge sich Deindustrialisierung
und Sozialdumping verbreitet haben.
Dass im Vorfeld einer neuen Liberalisierungsrunde,
zunächst tief greifende Reformen der WTO hin zu mehr
Gleichberechtigung der verhandelnden Staaten, zu einer
sozialen und ökologischen Dimension im Mittelpunkt
stehen müssen, diese Erkenntnis ist an Ihnen vorbeige-
gangen.
Der in dem Antrag der FDP-Fraktion eröffnete Forde-
rungskatalog lässt darüber hinaus einen geradezu leicht-
sinnigen Umgang mit den Interessen unseres Landes er-
kennen.
Sie behaupten zum Beispiel, dass das GATS keinerlei
Implikationen für hoheitlich erbrachte Dienstleistungen
habe, und versuchen damit, Bedenken bei der öffentli-
chen Daseinsvorsorge wie Bildung, Gesundheit und
Kultur zu zerstreuen. Das heißt, sie haben entweder nicht
verstanden, dass das GATS keine hinlängliche Defini-
tion für hoheitlich erbrachte Dienstleistung enthält, oder
Sie haben es bewusst ignoriert.
Sie wissen doch, dass gerade bei uns viele Leistungen
öffentlich finanziert und reguliert sind, die in anderen
Ländern privat erbracht oder outgesourced sind: vom
Gefängnisbetrieb bis zum Gefangenenverhör, die bei uns
klassisches Gewaltmonopol des Staates sind und bleiben
müssen.
Wer mit soviel Dilettantismus zu Werke geht und
gleichzeitig lauthals das konzeptionelle Ende dieser Re-
gierung verkündet, hat fundamentale Probleme mit der
Wahrnehmung von Realität.
Wo wir gerade bei Realität sind: Der FDP-Antrag
geht zudem noch völlig am politischen Konsens in der
EU vorbei. Dort war bisher Gott sei Dank Einigkeit da-
rüber, dass die wesentlichen Bereiche der Daseinsvor-
sorge wie zum Beispiel Bildung, Gesundheit und Kultur
von der Liberalisierung ausgeklammert werden und eben
nicht, wie von Ihnen gefordert, den Interessen einiger
großer Dienstleistungskonzerne geopfert werden. Sie ha-
ben mit Ihren Ansichten weder in der EU-Kommission
noch im Europäischen Parlament noch in diesem Lande
die Mehrheit.
Viel gravierender ist jedoch die FDP- und CDU/CSU-
Forderung, keine Sozialstandards im GATS, aber auch
bei der WTO zu verankern. Lassen Sie es sich gesagt
sein: Der Arbeitsmarkt ist kein Markt wie jeder andere.
Und wenn Sie so tun, als sei zwischen Menschen, die
ihre Arbeit verkaufen, und dem Handel mit Socken oder
Kartoffelchips kein Unterschied, dann zeigt das einen
Zynismus, der dem Kapitalismus vergangener Jahrhun-
derte entstammen könnte.
Das Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit, Lohn-
sklaverei, gewaltsamer Unterdrückung der Koalitions-
freiheit und der massiven Diskriminierung von Frauen
und zum Beispiel Andersfarbiger soll auf dem Altar des
„Freihandels um jeden Preis“ geopfert werden. Selbst
die großen multinationalen Konzerne – zumindest die
mit Sitz im kontinentalen Europa – sind da schon deut-
lich weiter.
Ihr Hinweis, Sozial- und Arbeitsstandards sollten
doch bitte von der Internationalen Arbeitsorganisation
– der ILO – durchgesetzt werden, ist nur noch zynisch.
Sie wissen doch genau, dass die ILO im Gegensatz
zur WTO über keinerlei wirksame Durchsetzungsmittel
verfügt. In Wirklichkeit wollen Sie nur verhindern, dass
es weltweit durchsetzbare und einklagbare Arbeitneh-
merrechte und Sozialstandards gibt, damit der Druck auf
die Löhne und Arbeitsbedingungen in Deutschland an-
hält.
Sie verstehen die WTO offenbar nur als einen Club,
der völlig frei von Rücksichtnahme auf die ökologische
und soziale Dimension des Wirtschaftens, lediglich als
„Sesam, öffne Dich!“ für die großen Unternehmen auf
den Weltmärkten wirken soll.
Wir Sozialdemokraten stehen für eine weltoffene, ex-
portstarke Wirtschaft; Ihr einseitiges und verengtes Ver-
ständnis von Globalisierung können wir nicht akzeptieren.
10178 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
(B) (D)
Die historische Wahrheit ist im letzten Bericht der ILO-
Weltkommission nachzulesen; sorgfältig geprüft und
vorbereitet von Unternehmen, Wissenschaftlern und Po-
litikern.
Dort wurde festgestellt, dass in der bisherigen Form,
das heißt ohne Gewährleistung von Arbeitnehmerrech-
ten, Liberalisierung und Globalisierung eben nicht zu
mehr Wohlstand und Arbeitsplätzen geführt haben und
auch nicht führen werden. Vielmehr sind im Zuge dieser
Art von Globalisierungsprozessen verstärkt Sozial- und
Ökologiedumpings zu beobachten. Im Gegensatz zu Ih-
nen haben die rot-grünen Koalitionsfraktionen erkannt
und mit ihren im Parlament verabschiedeten Anträgen
klargestellt, dass die GATS-Verhandlungen eine einma-
lige Gelegenheit bieten, nicht nur ökonomische Perspek-
tiven für Unternehmen völkerrechtlich zu öffnen, son-
dern gleichzeitig grundlegende ökologische und soziale
Standards in der internationalen Welthandelsordnung zu
verankern. Die ILO-Arbeitsnormen bilden dafür einen
ersten Anfang, eine von den meisten Völkern der Welt
ratifizierte Ausgangsbasis.
Im Gegensatz zu Ihnen haben wir bei den derzeitigen
GATS-Verhandlungen drei Prioritäten:
Ersten. Im Gegensatz zur CDU/CSU und insbeson-
dere zur FDP sehen wir gerade jetzt – im Zuge der Ost-
erweiterung der Europäischen Union – grundsätzlich
keinen Bedarf für eine allgemeine Öffnung der Dienst-
leistungsmärkte, auch nicht für grenzüberschreitende,
zeitlich befristete Dienstleistungen für Selbstständige
oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausnah-
men im Bereich von Managern, Geschäftsreisenden,
Wissenschaftlern und Forschern sowie bei der Weiterbil-
dung von Akademikern sehen wir dagegen als eher un-
problematisch an. Was würde es auch für einen Sinn ma-
chen, bis zu siebenjährige Übergangsfristen für die
völlige Freizügigkeit auf dem europäischen Arbeits-
markt aus Arbeitsmarktgründen durchzusetzen und in-
ternational quasi über die Hintertür einen kaum kontrol-
lierbaren Zustrom zuzulassen, wie es die FDP fordert
und dem die CDU/CSU offensichtlich nicht wider-
spricht?
Zweitens. Wir wollen im Rahmen von allen Handels-
abkommen soziale, ökologische und Verbraucherstan-
dards systematisch einbezogen sehen. Und es darf auf
keinen Fall – über welches Kleingedruckte auch immer –
ein Zwei- oder Dreiklassensystem von Beschäftigten ge-
ben. Das entsteht aber fast zwangsläufig, wenn nicht von
Anfang an klargestellt wird, dass auf unserem Boden das
Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht geregelt ist. Wir
wollen keine Lohnsklaven zum Beispiel aus Entwick-
lungsländern in der Europäischen Union und in Deutsch-
land, die unter unsäglichen Arbeitsbedingungen und zu
Minimallöhnen bei uns arbeiten, wie das zum Beispiel in
den Golfstaaten der Fall ist. Das, was sich heute schon in
Deutschland auf vielen Baustellen abspielt, ist schlimm
genug – eine Ausweitung darf es nicht geben. Und die
Gefahr ist nicht gering. Denn in Deutschland gibt es
keine verbindlichen Mindestlöhne wie in den meisten
europäischen Ländern und – außer im Baubereich –
keine Entsenderichtlinie, die Mindestlöhne und Mindest-
standards verbindlich regelt.
Drittens. Wir wollen den Bereich der öffentlichen Da-
seinsvorsorge im weiteren Sinne nicht in die Liberalisie-
rung des Dienstleistungshandels einbeziehen. Deswe-
gen ist es gut, dass die Europäische Kommission in den
Bereichen Bildung, audiovisuelle Dienstleistungen, Ge-
sundheit sowie Wasser, um nur einige Bereiche zu nen-
nen, keine Angebote gemacht hat. Dabei soll es im Laufe
des GATS-Verhandlungsprozesses auch verbindlich blei-
ben. Wir sollten uns hier auf eine möglichst weite Defi-
nition der Public Services und der öffentlichen Daseins-
vorsorge einigen, um bei Streitigkeiten im Rahmen der
WTO klarzustellen, dass diese Bereiche allein der politi-
schen Entscheidung der souveränen Staaten vorbehalten
sind und bleiben. Das muss auch Umweltdienstleistun-
gen und den Verkehrsbereich mit einschließen. Für die
Entscheidung über Qualität und ihre Sicherung sowie die
Frage der Gewährung öffentlicher Subventionen muss
das Gleiche gelten.
Wir befinden uns als Deutscher Bundestag erst am
Anfang der Diskussion darüber, wie wir Globalisierung
sozial, ökologisch und fair gestalten können. Die An-
träge der Opposition haben dazu leider weder neue Er-
kenntnisse noch Anregungen gebracht. Im Gegenteil, sie
zeigen Wegmarkierungen in eine Richtung, die wir poli-
tisch nicht gehen wollen: in eine Welt, die in Arm und
Reich gespalten ist, in der die Reichen noch reicher wer-
den sollen und die souveränen Nationalstaaten als
Nachtwächter und Bereitsteller von Polizisten, Armeen
sowie Infrastruktur gerade noch zugelassen sind – aber
schon kaum mehr als Schiedsrichter zwischen den gro-
ßen weltweiten Konzernen. Diese Rolle übernehmen ja
immer mehr die hinter verschlossenen Türen tagenden
Schiedsgerichte der WTO.
Ein solches Modell einer weltweiten sozialen Eiszeit
lässt uns schaudern. Wir wollen eine andere, eine so-
ziale, ökologische und faire Welt. Dies ist dringend und
auch möglich – nur offensichtlich nicht mit Ihnen. Ihre
Anträge lehnen wir deswegen entschieden ab.
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung des Antrags: Frauen und Fami-
lien in der Bundeswehr stärken und fördern
(Tagesordnungspunkt 16)
Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
Förderung von Frauen und die Verbesserung der Verein-
barkeit von Beruf und Familie ist für uns ein zentrales
Anliegen. Dieses Anliegen forcieren wir Grünen inten-
siv und seit langem in allen gesellschaftlichen Bereichen
und natürlich auch in der Bundeswehr.
Die Stärkung und Förderung von Frauen und Fami-
lien in der Bundeswehr ist ein wichtiges Thema. Inso-
fern kann ich die Initiative der CDU/CSU begrüßen. Al-
lerdings kommt Ihr Antrag leider einige Zeit zu spät.
Vielleicht haben Sie gedacht: Besser spät als nie.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10179
(A) (C)
(B) (D)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU;
ich finde es ja ganz wunderbar, dass sie sich gerade jetzt
dieses Themas annehmen. Wir alle wissen, dass ein ent-
sprechender Gesetzentwurf des Verteidigungsministe-
riums zur Durchsetzung der Gleichstellung von Solda-
tinnen und Soldaten bereits die Endabstimmung
zwischen den beteiligten Ressorts passiert hat. In Kürze
wird der abgestimmte Entwurf im Bundestag zur Bera-
tung vorliegen.
Aber Ihr Antrag zur Stärkung und Förderung von
Frauen und Familien in der Bundeswehr kommt auch
aus einem anderen Grund zu spät. Ihre Forderungen hät-
ten letztes Jahr vielleicht noch Sinn gemacht, sie sind
aber heute leider absolut überholt. Die wesentlichen For-
derungen der CDU/CSU haben sich längst erledigt, weil
sie heute schon Realität oder mit dem neuen Gleichstel-
lungsgesetz auf dem Weg der Realisierung sind. Erstens.
Es wird ein Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung
von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr geben.
Zweitens. Es wird Teilzeitarbeit und Verbesserungen für
Alleinerziehende und Soldatinnen und Soldaten mit Kin-
dern geben. Drittens. Auch die Verkürzung der Auslands-
einsätze ist längst beschlossen. Sie sind leider etwas spät
dran. Es macht wenig Sinn, über Dinge zu sprechen, die
bereits Realität sind.
In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen von der CDU/
CSU, scheint ein Frauenbild durch, das ich bedenklich
finde. Da zeigt sich die verengte Sichtweise. Denn Ihnen
scheint es doch wieder nur darum zu gehen, Frauen über
ihre Rolle als Mutter zu definieren und also auch in die-
sem Sinne zu fördern. Bei Ihnen geht es hauptsächlich
darum, dass Soldatinnen Mütter sind und wie sie Dienst
und Kinder besser miteinander vereinbaren können. Die
Frage ist jedoch, ob dies derzeit wirklich das Hauptpro-
blem ist oder ob wir uns nicht zuvorderst darum küm-
mern müssen, dass Frauen in alle Strukturen der Bundes-
wehr vollständig integriert werden? Die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie steht auch in dieser Frage ganz
oben auf der Agenda. Aber gleichzeitig sollten wir auch
die Förderung der gleichberechtigten Integration von
Frauen in die Bundeswehr nicht aus dem Blick verlieren.
Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen will ein
modernes Gleichstellungsgesetz für die Bundeswehr. Es
soll unsere beiden Hauptzielrichtungen miteinander ver-
binden: erstens die Integration von Frauen in der Bun-
deswehr verbessern und zweitens die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie fördern. Der zweite Punkt, die Verein-
barkeit von Dienst und Familie, betrifft aber nicht nur
die Mütter unter den Soldatinnen, sondern ausdrücklich
auch die Väter unter den Soldaten. Hierzu gehören neue
Angebote von familiengerechten Arbeitszeiten.
Wir wollen, dass Soldaten und Soldatinnen mit Fami-
lienpflichten die Möglichkeit bekommen, ihren Dienst
als Teilzeitbeschäftigung auszuüben. Auch Soldaten sol-
len die Chance haben, sich an der Erziehung der Kinder
zu beteiligen. Mit der Einrichtung der Teilzeit schaffen
wir dafür die Grundlage. Wir Grünen unterstützen vor
allem flexible Regelungen. Denn die diversen privaten
und familiären Situationen der Soldaten lassen sich nicht
in zwei oder drei Schubladen einsortieren. Wir hören
hin, wo der Schuh am meisten drückt. Aus dem Jahres-
bericht des Wehrbeauftragten wurde insbesondere das
Problem der Länge der Auslandseinsätze deutlich. Ge-
rade weil Auslandseinsätze durch das veränderte Ein-
satz- und Aufgabenspektrum der Bundeswehr immer
mehr zur Normalität des Dienstes werden, wird die Ver-
kürzung der Einsatzdauer der Auslandseinsätze von
sechs Monate auf nunmehr vier Monate die Soldaten und
Soldatinnen diesbezüglich ein großes Stück entlasten.
Neben den Verbesserungen für Dienst und Familie set-
zen wir uns aber auch ein für Gesetze und Regelungen,
welche die Bundeswehr speziell für Frauen attraktiver
macht. Vorbild für das Soldatinnen und Soldaten-
Gleichstellungsgesetz ist das Bundesgleichstellungsge-
setz für den öffentlichen Dienst. Viele Regelungen zur
Gleichstellung und Förderung von Frauen können aus
diesem Gesetz übernommen werden. Allerdings gibt es
auch Bereiche und besondere Anforderungen an den mi-
litärischen Dienst bei der Bundeswehr, denen besonders
Rechnung getragen werden muss, zum Beispiel keine
Teilzeit bei Auslandseinsätzen und auf Schiffen. Wir
müssen eine Brücke schlagen zwischen den besonderen
Erfordernissen bei den Streitkräften auf der einen Seite
und den Belangen von Frauen und Familien auf der an-
deren Seite. Frauen leisten erst seit dem 1. Januar 2001
freiwillig Dienst in der Bundeswehr. Seitdem stehen ih-
nen auch dort alle Laufbahnen offen. Nur etwa
9 000 Soldatinnen sind bei der Bundeswehr, lediglich
etwa die Hälfte, 43 Prozent, ist im Truppendienst. Es
gibt nicht nur relativ wenige Frauen, sondern wegen der
späten Öffnung auch erst wenige Jahrgänge bei den nor-
malen Verwendungen. Deshalb müssen wir auch weiter-
hin Erfahrungen sammeln, um den speziellen Bedürfnis-
sen der Frauen tatsächlich Rechnung tragen zu können.
Keinesfalls dürfen wir die Integration der erst wenigen
Frauen bei der Bundeswehr durch zu viele Regelungen
gefährden und die betroffenen Frauen überfrachten und
überfordern. Wir werden dem Prozess der Integration
weiterhin hohe Aufmerksamkeit widmen.
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge:
– Unterstützung der neuen Regierung Boli-
viens bei der demokratischen Stabilisierung
des Landes
– Chancen zum demokratischen Neubeginn in
Haiti unterstützen
– Nach der Neuwahl in Argentinien: Entwick-
lungszusammenarbeit mit Argentinien und
Uruguay zielgerichtet fortführen
(Tagesordnungspunkt 19 a bis c)
Karin Kortmann (SPD): Als wir am 15. Januar hier
im Parlament über die jüngsten Entwicklungen in Boli-
vien debattierten, waren wir gemeinsam der Auffassung,
dass der neu gewählte bolivianische Präsident Carlos
10180 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
(B) (D)
Mesa der besonderen Unterstützung der internationalen
Gemeinschaft bedürfe, um das krisengeschüttelte arme
Land regieren zu können und ihm soziale und wirtschaft-
liche Perspektiven zu geben.
In den letzten vier Monaten blieben aber die erhofften
Befriedigungen der inneren Unruhen aus. Die politische
Lage hat sich weiter verschärft. Während der Karnevals-
zeit kursierte in Bolivien gar eine Frage, die die Destabi-
lität der Regierung offenbart: Was haben Präsident Mesa
und der Fasching gemeinsam? Die Antwort: No se sabe,
cuando cae. Man weiß nie, auf welches bzw. an welchem
Datum er fällt.
Der Verlust des Vertrauens in die Demokratie, die ge-
ringe Anerkennung parteipolitischer Arbeit in der Bevöl-
kerung, Korruption, Klüngel und mangelnde Transpa-
renz der Abgeordneten haben Bolivien auf dem Weg zu
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schweren Schaden
zugefügt. Das weiß auch Carlos Mesa, der nicht einem
der etablierten Parteiengeflechte entstammt und der
weiß, wie dünn das Fundament der parlamentarischen
Unterstützung für seine Regierungsarbeit ist. Mehr als
die Hälfte der Bevölkerung gibt in jüngsten Umfragen
die Meinung wieder, auch ohne Parlament und ohne Par-
teien zurechtzukommen. Sie erteilen einer zentralisti-
schen Regierungsführung, wie sie sie bis zum Amtsan-
tritt von Präsident Mesa erfahren haben, eine klare
Absage. Sie plädieren für regionale transparente Ent-
scheidungsprozesse.
Die prekäre Haushaltslage schränkt den ohnehin ge-
ringen Gestaltungsspielraum der Regierung bedrohlich
ein. Es fehlt an Geldern für die soziale Sicherung, die
Gehälter der Lehrer, die Altersversorgung der Men-
schen. Carlos Mesa hat einen defizitären Staatshaushalt
übernommen, den die Vorgängerregierung durch Auf-
nahme von großen Krediten dahin geführt hat, dass Boli-
viens Auslandsverschuldung heute fast wieder die Ver-
schuldungsrate erreicht hat wie vor dem Schuldenerlass.
Die unkonditionierten Mittel, die beim multilateralen
Schuldenerlass frei wurden, sollten in Bildung, Gesund-
heit investiert werden, also im partizipativen Prozess die
Bevölkerung erreichen. Stattdessen warteten die Munizi-
pien, die Kommunen, vergeblich auf die zugesagten
Haushaltsmittel. Das Geld wurde nicht investiert, son-
dern für die Deckung der Staatsschulden verbraucht. Al-
lein für das erste Quartal des Jahres 2004 fehlen bereits
60 Millionen US-Dollar, um den laufenden Haushalts-
verpflichtungen, der Auszahlung von Renten und Gehäl-
tern nachzukommen.
Die groß angelegte Beteiligung der Zivilgesellschaft
bei der Erstellung von Bürgerhaushalten ist damit zur
Farce geworden. Der Verlust an Glaubwürdigkeit ist so
schnell nicht zurückzugewinnen, aber dennoch so ent-
scheidend für die Demokratie.
Das Militär tut ein Weiteres, den Ordnungsrahmen zu
verlassen. Die politische Analystin Maria Teresa Zegada
warnt gar davon, dass die Haltung des Militärs die De-
mokratie bedrohe. Grundlage für diese Aussage ist, dass
sich die Armeeführung gegen die Entscheidung des Ver-
fassungsgerichts wehrt, das eine Rechtsprechung des
Militärgerichts aufgehoben hat, in dem vier wegen Mor-
des angeklagte Offiziere freigesprochen wurden. Nach-
dem das weitere Verfahren in die Zuständigkeit der Zi-
vilgerichte gelegt wurde, riefen die Generäle ihre
Soldaten Anfang Mai in die Kasernen zurück und ver-
setzten die Armee in Alarmbereitschaft.
Fast zu ähnlich drastischen Maßnahmen haben sich
Rentner zusammengeschlossen, um ihre Rentenansprü-
che durchzusetzen. Ihr Protest, mit Selbstmordattentä-
tern bekräftigt, hat die Regierung gezwungen, den Ren-
tenhöchstsatz abzusenken. Ehemalige Richter des
Obersten Gerichtshofes sollen bis zu 3 506 Dollar mo-
natlich an Rente erhalten haben – ein Betrag, der zwan-
zigmal höher ist als der Mindestlohn von monatlich
50 Dollar. Korruptionsbekämpfung und gerechte Alters-
versorgung, Einführung sozialer Sicherungssysteme sind
die zentralen Erwartungen der Bevölkerung an ihre Re-
gierung.
Die deutsche bilaterale Entwicklungszusammenar-
beit hat Bolivien zu ihrem Schwerpunktland und zum Pi-
lotland des Aktionsprogramms 2015 erklärt. Damit sind
besondere Erwartungen und wirksame Unterstützung
verbunden. Die Erlasszusagen von bilateralen und multi-
lateralen Schulden in Höhe von insgesamt 1,3 Milliarden
US-Dollar und weiteren 347 Millionen Euro aus
Deutschland waren ein erster wichtiger Schritt, der aber
mit einer klaren Konditionierung wirkungsvoller hätte
sein können.
Mit unserem Antrag legen wir einen umfassenden
Katalog für die weitere Schwerpunktsetzung in der ent-
wicklungspolitischen Zusammenarbeit vor, der die mit
der bolivianischen Regierung vereinbarten Schwer-
punkte – Verwaltungs- und Justizreform, Unterstützung
der Zivilgesellschaft, Wasser- und Abwasserentsorgung
und nachhaltige Landwirtschaft – umfasst.
Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Lateiname-
rika steht nicht im Mittelpunkt des Interesses einer breiten
internationalen Öffentlichkeit. Die rot-grüne Bundesre-
gierung gibt zudem zu erkennen, dass Lateinamerika
nicht zu den Prioritäten ihres außen- und entwicklungs-
politischen Handelns gehört: Die deutsche Entwicklungs-
zusammenarbeit mit den Staaten Lateinamerikas ist in
den letzten Jahren stark zurückgefahren worden. Das ma-
nifestiert sich in gesunkenen Haushaltsmitteln. Es sind
zahlreiche Goethe-Institute in Lateinamerika geschlossen
worden. Das Hörfunkprogramm der Deutschen Welle für
Lateinamerika ist – trotz bestehenden Interesses an deut-
schen Medienangeboten – eingestellt worden.
Deshalb zuallererst: Wenn wir uns heute über Latein-
amerika unterhalten und die Koalitionsfraktionen in ih-
rem Antrag am Vorabend des EU-Lateinamerikagipfels
tönend von der Intensivierung der Beziehungen mit La-
teinamerika sprechen, dann zeigt dagegen ein Blick auf
die Realitäten: Lateinamerika ist zum haushälterischen
Steinbruch der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
geworden. Der Abwärtstrend bei den sektoralen Mitteln
in der finanziellen und der technischen Zusammenarbeit
weist jetzt schon deutlich genug darauf hin, dass Ihnen
Lateinamerika, wenn es wirklich darauf ankommt, nicht
so sehr am Herzen liegt, wie Sie uns hier und heute glau-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10181
(A) (C)
(B) (D)
ben machen wollen. Diesen Trend müssen Sie schleu-
nigst umkehren, denn allein Ihre schönen Worte helfen
in Südamerika niemandem.
Tatsächlich gibt es eine Vielzahl gewichtiger Gründe,
Lateinamerika und die Karibik zu einem vordringlichen
Handlungsfeld der Außen-, Entwicklungs- und Sicher-
heitspolitik Deutschlands zu machen.
Erstens. Lateinamerika ist für uns in Europa ein natür-
licher Partner. Gemeinsame ideelle Wurzeln und eine
eng verbundene Geschichte machen die Länder Latein-
amerikas und Europas zu einer Wertegemeinschaft. Wir
stehen in der Politik vor der zentralen Frage, wie wir die
Globalisierung nach diesen gemeinsamen Wertmaßstä-
ben gestalten wollen. Mit dem Blick auf diese Heraus-
forderung können wir es uns nicht leisten, mit Latein-
amerika auf einen wichtigen Verbündeten zu verzichten
und ihn stattdessen nur als einen armen Verwandten am
Katzentisch sitzen zu lassen.
Aufseiten der Europäischen Union, die in der Zusam-
menarbeit mit Lateinamerika die zentrale Rolle spielen
muss, sind die Voraussetzungen für eine enge Zusam-
menarbeit ausbaufähig. Allerdings ist eine umfassend
denkende Lateinamerikapolitik so lange erschwert, wie
die Karibik nach dem AKP-Vertrag und Lateinamerika
nach der ALA-Richtlinie in den Zuständigkeitsbereichen
von zwei unterschiedlichen Kommissaren liegen.
Zweitens. Lateinamerika ist für uns ein wichtiger
Wirtschaftspartner. Der Mercosur, der Andenpakt und
die San-Jose-Gruppe sind neben den direkten Wirt-
schaftsverflechtungen deutscher Unternehmen interes-
sante Anknüpfungspunkte für engere Wirtschaftsbezie-
hungen zwischen Europa und Lateinamerika. Im
weltweiten Wettbewerb riskieren wir nicht zuletzt eigene
wirtschaftliche Nachteile, wenn wir Lateinamerika nur
der wirtschaftlichen und politischen Einflusssphäre der
USA überlassen.
Drittens. Auch in sicherheitspolitischer Hinsicht sind
die Staaten Lateinamerikas wichtige Partner. Der Terro-
rismus ist eben nicht nur die Sache muslimischer Länder.
In Lateinamerika ist der Terrorismus tagtägliche brutale
Realität. Der Zufall will es, dass sich genau heute vor
40 Jahren – am 27. Mai 1964 – die so genannten „Revo-
lutionären Streitkräfte Kolumbiens“ zusammengeschlos-
sen haben. Tausende Zivilisten sind ihrem Terror seither
zum Opfer gefallen. Abertausende wurden verschleppt.
Die FARC-Terroristen und andere vernetzen sich immer
mehr mit der international operierenden Drogenmafia.
Unter dem Einfluss von Drogenanbau und -handel, von
Geldwäsche und Korruption geraten viele Staaten La-
teinamerikas zunehmend unter Druck und werden desta-
bilisiert. Die unselige Allianz zwischen den kriminellen
Guerilleros und dem großen Drogengeschäft ist auch
ganz unmittelbar unser – Europas – Nachteil.
Unsere Verantwortung für Lateinamerika ist beson-
ders groß – sowohl aufgrund der Erfahrungen mit der
Zusammenarbeit in den vergangenen Jahrzehnten als
auch aufgrund der jüngsten zum Teil dramatischen
Destabilisierungstendenzen. Für uns muss es ganz ent-
schieden darum gehen, Lateinamerika im Hinblick auf
seine soziale, wirtschaftliche und politische Stabilisie-
rung nicht zu vernachlässigen. Die Zusammenarbeit mit
Lateinamerika ist vor allem und zuerst auch im deut-
schen Interesse.
Handlungsbedarf für diese Zusammenarbeit ist in
vielfältiger Weise gegeben. Die Krisen und Gefährdun-
gen demokratischer Systeme in Lateinamerika gehören
zu den wichtigsten Ansatzpunkten. Unzureichende Ge-
waltenteilung, mangelnde Institutionalisierung und poli-
tische Ineffizienz sind augenscheinliche Merkmale des
politischen Lebens. Korruption, die lückenhafte Aus-
übung der Staatsgewalt und gewaltbereite außerparla-
mentarische Gruppen schwächen die demokratischen In-
stitutionen ganz erheblich.
Die unklare und konzeptionslose Politik der rot-grü-
nen Bundesregierung wird beispielhaft durch die heute
zu behandelnden Anträge verdeutlicht:
Erstens. Die so genannte Konzentration der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit durch Rot-Grün führt
dazu, dass eine Reihe von Staaten Lateinamerikas von
deutscher Entwicklungskooperation gänzlich abge-
schnitten werden, darunter ein so großes und bedeuten-
des Land wie Argentinien. Wenn Armutsbekämpfung
weiterhin ein zentrales Ziel deutscher Entwicklungszu-
sammenarbeit ist, dann müsste man wenigstens zur
Kenntnis nehmen, dass die Zahl der in Armut lebenden
Menschen in Argentinien als Folge der Krisen der ver-
gangenen Jahre drastisch zugenommen hat. Deshalb ha-
ben wir beantragt, die Entwicklungszusammenarbeit mit
Argentinien und dem ebenfalls betroffenen Uruguay
über 2004 hinaus fortzuführen. Rot-Grün lehnt dies lei-
der ab.
Zweitens. Geradezu absurd gestaltet sich die rot-
grüne Politik in der Karibik. Es ist bezeichnend, mit wel-
cher Inbrunst über Jahre hinweg Bundesministerin
Wieczorek-Zeul den greisen kubanischen Diktator Fidel
Castro unter Missachtung der angeblich weiter geltenden
Kriterien deutscher Entwicklungspolitik direkte staatli-
che Hilfe aus Deutschland andienen wollte, bis dieser
von sich aus absagte. Gleichzeitig soll Haiti, das ärmste
Land der Region, sogar den Status eines potenziellen
Kooperationslandes verlieren. Frankreich, das für Haiti
eine besondere Verpflichtung empfindet, hat die Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union aufgefordert, die
politische und wirtschaftliche Konsolidierung und Ent-
wicklung Haitis zu unterstützen. Ich fordere Sie auf:
Schließen Sie sich dem französischen Vorstoß an! Hel-
fen Sie Haiti aus seinem Chaos, das nicht erst durch die
Überschwemmungen dieser Tage eine Katastrophe für
das Land und seine Menschen ist.
Drittens. Am 15. Januar 2004 wurde im Plenum der
Antrag der CDU/CSU zu Bolivien diskutiert. Die Koali-
tion kündigte damals einen eigenen Antrag an, der jetzt
vorliegt. Gemeinsam wollen wir den neuen Präsidenten
Carlos Mesa und seine Politik unterstützen. Aber ein
Antrag zum jetzigen Zeitpunkt hätte angesichts aktueller
Entwicklungen doch ein paar klare Worte erfordert.
Wir wollen gemeinsam, dass im angeblichen Muster-
land der HIPC-Entschuldung die frei gewordenen Mittel
10182 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
(B) (D)
ausschließlich den Armen und der Entwicklung des Lan-
des zugute kommen. Der entscheidende Punkt ist, dass
dies nicht nur für die international, sondern auch für die
bilateral, zum Beispiel von Deutschland, erlassenen
Schulden gelten muss. Darüber bestand in Bolivien Dis-
sens. Und deshalb sollte der Deutsche Bundestag sich
klar für eine einheitliche Behandlung des Schuldenerlas-
ses und einen wirksamen Kontrollmechanismus ausspre-
chen.
Gas kann zu einer neuen bedeutenden Einkommens-
quelle für Bolivien werden. Deshalb sollten wir zum
Gasexport Boliviens ein klares Ja sagen. Aber gleichzei-
tig ist davor zu warnen, wegen des Gasexportes einen
neuen Regionalkonflikt um die Grenzziehung zwischen
Chile, Peru und Bolivien anzuzetteln. Nur um Mehrhei-
ten beim angekündigten Referendum über den Gas-
export zu erzielen, darf nicht mit dem Feuer gespielt
werden.
Angesichts der Tatsache, dass der bolivianischen Op-
positionsführer Evo Morales sich als Patron der Drogen-
bauern versteht, bedarf es einer klaren Positionierung als
Bedingung für unsere Hilfe, dass wir auf einer eindeuti-
gen Anti-Drogen-Politik bestehen.
Lateinamerika wartet auf eindeutige Signale aus
Europa. Ob Rot-Grün diese aber auszusenden gewillt ist,
ist mehr als fraglich. Beweisen Sie, dass es Ihnen Ernst
ist mit der Intensivierung der Beziehungen zu Latein-
amerika! Weisen Sie dieser Region in Ihrer Politik die
Bedeutung zu, die ihr auch nach allen objektiven Ge-
sichtspunkten zukommt, und überzeugen Sie uns davon,
dass sogar Ihre Entwicklungspolitik mehr sein kann als
Schall und Rauch!
Harald Leibrecht (FDP): Unser neu gewählter Bun-
despräsident Horst Köhler hat vor wenigen Tagen, von
dieser Stelle aus gesagt – ich zitiere –: Wir sollten uns
bewusst werden, dass die Globalisierung den Armen die-
ser Welt zugute kommt. „Dies wird nur gelingen, wenn
sich die Industrieländer, also auch Deutschland, in ihrem
Verhalten ändern und vor allem ihre Märkte für die Ent-
wicklungsländer öffnen.“
Heute Abend debattieren wir über drei Länder, die ei-
nen Neuanfang machen und ihren Weg zu mehr Freiheit
und Demokratie beginnen oder weiterentwickeln.
Deutschland und die EU müssen ihren Beitrag zum Er-
folg dieser Länder beisteuern.
Dass die Staatengemeinschaft hierbei Hilfe leisten
muss, zeigt sich am Beispiel Haitis. Haiti gehört heute
zu den ärmsten Ländern der Welt. Aus eigener Kraft
kann es die neue Regierung nicht schaffen, das Land po-
litisch und wirtschaftlich zu stabilisieren. Die zum Teil
traumatisierten Menschen dort brauchen dringend eine
Lebensperspektive, sonst stürzt dieser Staat weiter ab
und es besteht die Gefahr, dass Haiti zu einem so ge-
nannten failed state wird. Die Sicherheitslage in Haiti ist
katastrophal, die Wirtschaft am Boden. Soziale Unruhen
und ein weit gehend rechtsfreier Raum sind die Wurzeln
neuer Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Eine
Verlängerung des Mandats der internationalen Schutz-
truppe wird unvermeidlich sein; drei Monate sind ein-
fach viel zu kurz.
Im Vergleich zu Haiti ist die Entwicklung in Bolivien
– auch Dank internationaler Bemühungen – ein Erfolg.
Dank des Schuldenerlasses bleibt mehr Geld im eigenen
Land und trägt zum Wirtschaftswachstum bei; das Land
hat sich seitdem auch politisch stabilisiert.
Allerdings dürfen wir den Blick für die gesamte Re-
gion nicht verlieren. Zwar ist im rot-grünen Antrag von
regionalen Lösungen oder der gemeinsamen Bekämp-
fung des Drogenanbaus die Rede. Umgesetzt werden
sollen jedoch weiterhin nur Insellösungen, die oft das
Problem von einem Land in das andere verschieben. Be-
kämpft ein Land den Drogenanbau effektiv, verlagert
sich der Anbau über die grüne Grenze ins Nachbarland.
Dies kann nicht die angestrebte Lösung sein. Ein richti-
ger Lösungsansatz wäre, dass die Länder dieser Region
endlich im Kampf gegen die Drogen enger zusammen-
arbeiten. Diese Länder müssen dann aber auch die
Chance bekommen, ihre Produkte auf dem Weltmarkt
absetzten zu können. Protektionismus hilft uns da nicht
weiter. Wir Außen- und Entwicklungspolitiker haben
dies längst erkannt.
Politische Stabilität und wirtschaftliches Wachstum in
Haiti und Lateinamerika können nur im gegenseitigen
Einvernehmen gelingen. Lateinamerika wird in Zukunft
eine wichtige Rolle im Welthandel spielen. Leisten wir
deshalb unseren Beitrag zur demokratischen Entwick-
lung dort.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt: Morgen beginnt in Guadalajara das 3. Gipfeltreffen
der Staats- und Regierungschefs der EU, Lateinamerikas
und der Karibik. Bundeskanzler Schröder selbst ist zu
diesem Treffen nach Mexiko gereist und unterstreicht
damit die besondere Bedeutung, die die Bundesregie-
rung den Beziehungen zu Lateinamerika beimisst. Schon
dies ist ein klarer Beleg dafür, dass die gegenteilige Kri-
tik der Opposition, wie sie in ihrer kleinen Anfrage zur
Bilanz deutscher Lateinamerikapolitik zum Ausdruck
kommt, unzutreffend ist.
Im Gegenteil: Europa und die Länder Lateinamerikas
und der Karibik unterhalten ein enges Geflecht politi-
scher, wirtschaftlicher, entwicklungspolitischer und kul-
tureller Beziehungen, einschließlich der Zusammen-
arbeit zwischen den Zivilgesellschaften.
Die strategische Partnerschaft zwischen beiden Re-
gionen ist gekennzeichnet durch eine beispiellose Dichte
umfassender biregionaler Abkommen und Begegnun-
gen, zu denen auch das Treffen in Guadalajara gehört.
Insgesamt sind dort in Mexiko 58 Staaten vertreten, also
fast ein Drittel aller Mitglieder der Vereinten Nationen.
Die Bundesregierung sieht die fortschreitende regio-
nale Integration in Lateinamerika als eine richtige Ant-
wort auf die Globalisierung. Sie unterstützt daher die
Schaffung effektiver Regionalorganisationen, unter an-
derem durch Förderung von Regionalabkommen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10183
(A) (C)
(B) (D)
Wir, die Bundesregierung, machen uns die Aussage
einer vermeintlichen „Erschöpfung der Demokratie“ in
Lateinamerika nicht zu Eigen. Gerade die von Ihnen an-
geführte UNDP-Studie belegt: 43 Prozent der befragten
Lateinamerikaner befürworten uneingeschränkt die De-
mokratie, weitere 30,5 Prozent befürworten sie unter
Vorbehalt. Dies ist deutlicher Beleg für die erfolgreiche
Überwindung der Militärdiktaturen der 80er-Jahre. Den-
noch unterstützen wir auch weiterhin Maßnahmen, um
den Zuspruch zur Demokratie noch zu vergrößern.
Konkret heißt das: Wir führen einen politischen Dia-
log, wir fördern Maßnahmen der Armutsbekämpfung
und der Menschenrechtspolitik, wir leisten Hilfe beim
Aufbau moderner Rechtsstaatlichkeit, der Förderung der
Gleichstellung der Frau und dem Schutz von marginali-
sierten bzw. sozial schwachen Gruppen, wir bieten poli-
tische Beratung zur Erweiterung der Partizipation von
Zivilgesllschaft an, und wir helfen bei Reformen von
Verwaltung und Justiz in den Zielländern.
Wie und mit welchen Maßnahmen das im Einzelnen
geschieht, hat die Bundesregierung gerade in ihrer Ant-
wort auf die Kleine Anfrage dargelegt.
Lateinamerika und die Karibik sind durch eine Mi-
schung aus armen Entwicklungsländern und fortge-
schrittenen Schwellenländern gekennzeichnet. Unsere
Entwicklungspolitik, die auf Nachhaltigkeit angelegt
und an Armutsbekämpfung orientiert ist, berücksichtigt
diese unterschiedlichen Entwicklungsstadien beim Ein-
satz ihrer Instrumente.
Zum Beispiel in Argentinien und Uruguay: Seit An-
fang 2003 erholt sich Argentiniens Wirtschaft wieder
spürbar; die wirtschafts- und finanzpolitischen Risiken,
die von Argentinien auf die Mercosur-Staaten und das
übrige Lateinamerika ausgehen, haben sich verringert.
Die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit
läuft aus, was in Argentinien übrigens erst nach 2006
zum Tragen kommt. In Zukunft sind also neben den
nichtstaatlichen vor allem die regionalen Förderansätze
von Bedeutung. Denn in diese sind beide Länder weiter-
hin einbezogen, insbesondere im Kontext des Mercosur.
In Bolivien kommt es trotz seines Reichtums an Bo-
denschätzen immer wieder zu gewalttätig aufflammen-
den sozialen Konflikten, wie zuletzt am vergangenen
Wochenende. Die Bundesregierung trägt dieser Situation
Rechnung, denn Bolivien ist Schwerpunktland unserer
Entwicklungszusammenarbeit und derzeit größter Emp-
fänger deutscher Leistungen in Südamerika. Zusammen
mit dem von der Weltbank eingeleiteten Konsultativpro-
zess und der auf US-Initiative gegründeten „Bolivia
Support Group“, ist unsere Kooperation auf mittel- und
langfristige strukturelle Reformen ausgerichtet und aus-
drücklich armutsorientiert.
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Halbkugel.
Eine Wiederaufnahme unserer Entwicklungszusammen-
arbeit ist notwendig; aber dies setzt zunächst eine wei-
tere Stabilisierung der Sicherheitslage und dann auch ein
national wie international abgestimmtes Autbaukonzept
voraus. Zurzeit bewertet in Haiti eine Evaluierungsmis-
sion die dringendsten Bedürfnisse und erarbeitet darauf
aufbauend tragfähige Perspektiven. Die momentane Ent-
wicklung gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus und
Hoffnung auf einen echten politischen Neubeginn.
Deutschland wird – gerneinsam mit seinen europäischen
Partnern – zu diesem Aufbau Haitis mit beitragen. Die-
ser Aufbau kann aber nur gelingen, wenn die Haitianer
selbst ihn tragen.
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung:
– des Antrags: Das gemeinsame historische
Erbe für die Zukunft bewahren
– der Unterrichtung: Bericht der Bundesre-
gierung über die Maßnahmen zur Förde-
rung der Kulturarbeit gemäß § 96 Bundes-
vertriebenengesetz in den Jahren 2001 und
2002
(Tagesordnungspunkt 14)
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Zuerst möchte ich der Bundesregierung für den vorge-
legten Bericht über die Maßnahmen zur Förderung der
Kulturarbeit gemäß § 96 des Bundesvertriebenengeset-
zes danken. Der Bericht zeigt, dass viele wichtige Vorha-
ben aus der „Konzeption zur Erforschung und Präsenta-
tion deutscher Kultur und Geschichte im östlichen
Europa“ umgesetzt werden konnten. Die Kulturarbeit in
Osteuropa wurde neu und besser geordnet – vor allem
wurde die bestehende Institutionenlandschaft straffer or-
ganisiert, damit Dopplungen bei der Bearbeitung einzel-
ner Themen vermieden werden. Dies war dringend
notwendig. Die institutionellen Änderungen, die Einfüh-
rung des Regionalprinzips und die effizientere Vertei-
lung der Gelder wirken sich positiv auf die inhaltliche
Gestaltung der Kulturarbeit aus. Dadurch, dass die Mu-
seen gestärkt und besser organisiert wurden, kann die
deutsche Kultur Osteuropas jetzt zugänglicher und öf-
fentlichkeitswirksamer präsentiert werden. Das öffentli-
che Interesse hat sich erhöht, die Zuschauerzahlen bei
vielen Ausstellungen zeigen das.
Auch die Umsetzungsprobleme in einzelnen Fällen
ändern nichts daran, dass die Neugestaltung der Kultur-
förderung in Osteuropa überfällig war. Deshalb kann ich
die pauschale und polemische Kritik in dem vorliegen-
den CDU/CSU-Antrag überhaupt nicht verstehen. Wenn
Sie, liebe Kollegen von der CDU/CSU, in Ihrem Antrag
allen Ernstes die – wenn auch vorübergehende – Rück-
kehr zu den alten Regelungen vor 2000 fordern, dann
verkennen Sie die Situation grundlegend. Ich habe den
starken Verdacht, dass dahinter eher wahltaktisches
Kalkül als ein ehrliches Interesse am Thema steckt. So
fordern Sie zum Beispiel eine stärkere Rolle der Vertrie-
benenverbände. Dabei war doch die Selbstbezüglichkeit
in der Kulturarbeit der Vertriebenengruppen ein zentra-
les Problem, das wir bei der Neukonzeption im Jahr
2000 angehen mussten. Deshalb wird nun stärker mit
Trägern der allgemeinen Kulturarbeit kooperiert.
10184 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
(B) (D)
Selbstverständlich werden jene Vertriebenenorganisatio-
nen, die eine engagierte Verständigungsarbeit mit unse-
ren östlichen Nachbarn leisten, weiterhin großzügig ge-
fördert. Aber: Viele Vertriebenengruppen wenden sich
immer noch nur an ihre eigene, immer kleiner werdende
Klientel – anstatt sich für eine größere Öffentlichkeit zu
öffnen. Einige der geförderten Einrichtungen mussten
deshalb neu konzipiert werden, denn nur durch eine zeit-
gemäße Präsentation können auch junge Menschen für
das Thema „Deutsche Kultur in Osteuropa“ interessiert
werden. Dazu trägt übrigens auch die verstärkte kultu-
relle Jugendarbeit bei. Die Neukonzeption der Kulturför-
derung macht das Thema auch für zukünftige Generatio-
nen attraktiv – und erfüllt damit in einem viel tieferen
Sinn die CDU/CSU-Forderung nach einer „in die Zu-
kunft ausgerichteten Neuausrichtung der Kulturpflege“.
Wenn die Kollegen von CDU und CSU schlichtweg
ignorieren, dass ein anderes Selbstverständnis der Ver-
triebenengruppen und eine andere Außendarstellung der
Vertriebenenkultur und -geschichte notwendig ist, dann
schaden sie damit genau genommen sich selbst. Die De-
batte um das „Zentrum gegen Vertreibungen“ zeigt es ja
deutlich: In einem gemeinsamen Europa kann man das
Thema der kulturellen Erinnerung nicht durch unilate-
rale Kampagnen vorantreiben. Damit beschädigt man
nicht zuletzt das große Interesse, das die Menschen aus
osteuropäischen Ländern längst an deutscher Kultur ent-
wickelt haben. Die kürzlich eingereichte Entschädi-
gungsklage von Sudetendeutschen vor dem Europäi-
schen Gerichtshof für Menschenrechte zeigt zudem, dass
das legitime Eintreten für die eigene Kultur und Ge-
schichte immer wieder zur Tarnung zweifelhafter politi-
scher Forderungen missbraucht wird.
Nicht zuletzt weil er all diese Probleme nicht benennt,
lehne ich den CDU/CSU-Antrag und die Forderung nach
einer Neukonzeption der Kulturarbeit ab und unterstütze
ausdrücklich die Position der Bundesregierung. Denn
die Kulturarbeit in Osteuropa darf nicht für durchsich-
tige Interessenpolitik missbraucht werden, sondern muss
das kulturelle Erbe Deutschlands wahren und der Aus-
söhnung und Verständigung zwischen den Völkern die-
nen.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Intensivierung der
Beziehungen zwischen der Europäischen Union,
Lateinamerika und der Karibik (Tagesord-
nungspunkt 20)
Lothar Mark (SPD): Morgen treffen sich in Guadala-
jara/Mexiko zum dritten Mal die Staats- und Regierung-
schefs Lateinamerikas, der Karibik und der Europäi-
schen Union. Erstmalig werden die zehn Repräsentanten
der neuen Beitrittsländer der EU dabei und somit insge-
samt 58 Staaten vertreten sein.
Wenn man sich vor Augen hält, dass damit über ein
Viertel der Staaten der Welt an diesem intensiven Pro-
zess teilnimmt, ist dies allein schon als Erfolg zu werten:
Mit keiner anderen Weltregion außerhalb Europas und
der Gruppe hoch entwickelter Industrieländer unterhält
die EU einen derart umfassenden Dialog. Die Gipfeltref-
fen sind somit ein in dieser Art einzigartiges biregionales
Forum, welches den traditionell engen, auf einer Werte-
gemeinschaft basierenden Beziehungen zu den Ländern
Lateinamerikas und der Karibik Ausdruck verleiht.
Unter den Leitthemen „Effektiver Multilateralismus“
und „soziale Kohäsion“ soll die auf dem ersten Gipfel
1999 in Rio de Janeiro ins Leben gerufene Strategische
Partnerschaft zwischen beiden Regionen weiter ausge-
baut werden.
Lateinamerika/Karibik ist für Europa keine prioritäre
Region. Der Fall des Eisernen Vorhangs und das Ende
des Kalten Kriegs haben einschneidende Veränderungen
mit sich gebracht, die sich natürlich auf die Außenbezie-
hungen Deutschlands bzw. der EU ausgewirkt haben:
Die Öffnung Europas nach Osten und die konsequente
Hinwendung zu den Staaten des ehemaligen Warschauer
Paktes haben vermehrt Ressourcen gebunden. Auch die
weltpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre haben
bewirkt, dass wir verstärkt gen Osten und nicht so sehr
über den Südatlantik geblickt haben.
Dies spiegelt sich in den Wirtschaftsbeziehungen
deutlicher wider als in anderen Bereichen: Bis 1989 gin-
gen zwei Drittel aller deutschen Direktinvestitionen au-
ßerhalb der G-7-Länder nach Lateinamerika, heute sind
es weniger als ein Drittel. Wenngleich in Lateinamerika
ein gewisses Verständnis für diese Prozesse vorhanden
ist, so wachsen doch die Erwartungen gerade in Anbe-
tracht der strategischen Partnerschaft erneut.
Mit dem vorliegenden Antrag sprechen sich die Koa-
litionsfraktionen dafür aus, das enorme Potenzial einer
intensivierten Zusammenarbeit mit der Region Latein-
amerika/Karibik auszuschöpfen. Die Voraussetzungen
dafür sind denkbar günstig: Zu keiner anderen Weltre-
gion unterhält Deutschland ein derart enges und vielfälti-
ges Beziehungsgeflecht unterhalb der staatlichen Ebene,
wie zum Beispiel über die Parteien, Kirchen oder Nicht-
regierungsorganisationen.
Auf dem letzten Gipfeltreffen in Madrid 2002 haben
die Teilnehmer vereinbart, den politischen Dialog auf
staatlicher Ebene zu intensivieren. So sollen die europäi-
schen und lateinamerikanischen Positionen vor interna-
tionalen Konferenzen künftig besser abgestimmt wer-
den. Wenn dies in den letzten zwei Jahren auch noch
nicht zur Zufriedenheit geschah, so sind doch Europa
und Lateinamerika im Vorfeld und im Verlauf des Irak-
kriegs wieder enger zusammen gerückt. Dies gilt insbe-
sondere für das „alte Europa“, das für Lateinamerika ein
zunehmend attraktiver Partner wird. Es steht für ein
Wertesystem, das sich von dem der USA unterscheidet,
nämlich durch eine stärkere Akzentuierung von Dialog-
förderung, ein starkes internationales Recht, Wandel
durch Engagement oder friedliche Konfliktbeilegung
und Krisenprävention.
Zusammen machen die beiden Regionen einen be-
achtlichen Stimmenanteil in der Generalversammlung
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10185
(A) (C)
(B) (D)
der Vereinten Nationen aus, fast 30 Prozent. Daraus er-
gibt sich ein nicht zu unterschätzendes Gestaltungspo-
tenzial für eine künftige friedlichere und sozial gerech-
tere globale Ordnung. Lateinamerika und Europa
müssen hier unserer Meinung nach noch aktiver als mä-
ßigende und konstruktive Kräfte in Erscheinung treten.
Beide haben zum Beispiel die gleiche Auffassung über
die Notwendigkeit eines starken Multilateralismus, wie
er ja deshalb auch als eines der Leitthemen für den Gip-
fel gewählt wurde. Wir befürworten eine internationale
Rechtsordnung, die in dem Internationalen Gerichtshof
und dem Internationalen Strafgerichtshof institutionali-
siert ist. Wir haben ähnliche Vorstellungen von einer Re-
form der Vereinten Nationen und ihrer zukünftigen
Rolle. Unserer Auffassung nach müssen Europäer und
Lateinamerikaner dieses politische Pfund noch mehr in
die Waagschale werfen.
Bei all den angeführten Argumenten lässt sich aber
auch nicht übersehen, dass die Erwartungen an die stra-
tegische Partnerschaft auf beiden Seiten des Atlantiks
nicht einheitlich sind. Dies lässt sich kaum besser aufzei-
gen als anhand des zweiten gewählten Leitthemas „so-
ziale Kohäsion“:
Die europäische Seite möchte diese Thematik vorwie-
gend vor dem Hintergrund eines biregionalen politischen
Dialogs um „gute Regierungsführung“ und Stärkung der
staatlichen Institutionen verstanden wissen. Dieser soll
dazu beitragen, die Korruption zu bekämpfen, die latein-
amerikanischen Eliten auf das Gemeinwohl zu verpflich-
ten und somit die Teilhabe breiter Bevölkerungsschich-
ten am Wohlstand zu gewährleisten.
Die lateinamerikanische Seite möchte diesen Begriff
der „sozialen Kohäsion“ aber auch im Zusammenhang
mit verstärktem Handel mit und Investitionen aus Euro-
pa ausgelegt sehen. Das damit einhergehende Wirt-
schaftswachstum und die folgenden Beschäftigungsim-
pulse werden als eigentliche Voraussetzung für soziale
Entwicklung und Armutsbekämpfung angesehen. In den
vergangenen Monaten, insbesondere seit dem Scheitern
der WTO-Ministerkonferenz in Cancún und der Bildung
der G 20 unter der Führung Brasiliens, ist deutlich ge-
worden, dass die lateinamerikanischen Partner nun be-
ginnen, das einzufordern, was ihrer Ansicht nach auch
eine strategische Partnerschaft ausmacht: nämlich privi-
legierte Handelsbeziehungen und Marktzugänge.
Beide Seiten argumentieren nachvollziehbar. Wir Eu-
ropäer müssen uns in der Tat fragen, ob wir die diesbe-
züglichen Forderungen aus Lateinamerika ernst genug
nehmen. So geben wir einerseits Anreize dazu, dass die
Volkswirtschaften der lateinamerikanischen und karibi-
schen Länder sich industrialisieren. Andererseits aber
schotten wir unsere Märkte mit umso höheren Zolltari-
fen ab, je höher die Verarbeitungsstufe eines Produktes
ist. Auf diese Weise wird Deutschland zu einem der
größten Produzenten gerösteten Kaffees, ohne überhaupt
nur eine Kaffeebohne anzubauen. Die lateinamerikani-
schen Länder werden aber auf die Rolle der Rohstoffpro-
duzenten festgelegt.
Wir haben daher in unserem Antrag die Bundesregie-
rung dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die
nach wie vor bestehenden Marktzugangsbeschränkun-
gen zwischen der Europäischen Union und den Ländern
Lateinamerikas schnellstmöglich, über die WTO-Verein-
barungen hinausgehend, abgebaut werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich meine Hoff-
nung zum Ausdruck bringen, dass nun – nach acht Jah-
ren zäher Verhandlungen – das Assoziationsabkommen
mit dem Mercosur bis zum kommenden Oktober einen
für alle zufrieden stellenden Abschluss findet. Dieses
Abkommen ist für beide Seiten von strategischer Bedeu-
tung: Mercosur ist der mit Abstand wichtigste Partner
der EU in Lateinamerika. Die Hälfte ihres gesamten Wa-
renaustausches mit dieser Region wickelt die Europäi-
sche Union mit den Mercosur-Mitgliedstaaten ab; dort-
hin fließen zudem etwa 60 Prozent der europäischen
Direktinvestitionen in Lateinamerika. Für Mercosur ent-
fällt rund ein Viertel seines Gesamthandels auf die EU.
Noch – ist man geneigt zu sagen, wenn man sich den ra-
santen Aufschwung des lateinamerikanischen Handels
mit Fernost, insbesondere mit China, vergegenwärtigt.
Im Zeitraum 2002 bis 2003 konnte der Mercosur seine
Exporte nach China beispielsweise um 96,5 Prozent stei-
gern. Allein Brasilien exportierte in 2003 für 4,5 Milliar-
den US-Dollar Waren dorthin, was China zum zweit-
wichtigsten Abnehmer werden lässt.
Ein Assoziierungsabkommen zwischen Mercosur und
der EU ist also mehr als überfällig. Bisher waren die
Verhandlungen am Interessenkonflikt im Agrarsektor
gescheitert, in den circa 50 Prozent der Mercosur-Ex-
porte fallen. Wir alle wissen um die Reformbedürftigkeit
der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik. Erste
Schritte wurden in diesem Jahr eingeleitet. Umso weni-
ger ist es für mich nachvollziehbar, dass ein Abkommen,
welches von eminenter Wichtigkeit für die Wettbewerbs-
fähigkeit der europäischen Wirtschaft ist, womöglich zu-
gunsten eines wirtschaftlich vergleichsweise unbedeu-
tenden Sektors geopfert wird.
In diesem Zusammenhang haben wir uns im Antrag
auch dafür ausgesprochen, zügig Verhandlungen über
Assoziierungsabkommen mit der Andenregion und den
Ländern Zentralamerikas in Aussicht zu stellen. Auf
diese Weise können die Integrationsprozesse in diesen
Regionen beschleunigt und kann ihre Einbindung in die
Weltwirtschaft vorangetrieben werden. Gleichzeitig wird
der deutschen und europäischen Wirtschaft ein verlässli-
cher Rahmen geboten, in dem sie ermuntert wird, sich
noch stärker in Lateinamerika zu engagieren.
Denn meiner festen Überzeugung nach ist wirtschaft-
licher Austausch die beste Hilfe zur Entwicklung und
kann einen großen Anteil zur Armutsbekämpfung beitra-
gen. In den vergangenen Jahren ist die Entwicklungs-
schere in der Region weiter auseinander gegangen. Noch
immer ist Lateinamerika die Region mit der ungerech-
testen Einkommensverteilung der Welt. Dies hat einer-
seits ganz sicher mit dem Versagen der Verteilungsme-
chanismen zu tun. Ansprechen möchte ich in diesem
Zusammenhang auch eine in vielen Ländern überfällige
Landreform. Andererseits muss man aber auch sehen,
dass dort, wo wenig zu verteilen ist, wenig Spielraum für
soziale Akzente bleibt. Viele Staaten der Region sitzen
10186 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
(A) (C)
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tief in der Schuldenfalle: Sie wenden teilweise bis zu
40 Prozent ihres Haushalts auf, um ihren Rückzahlungs-
verpflichtungen nachzukommen. In Brasilien machten
2003 die Zinszahlungen allein auf Auslandsverbindlich-
keiten eine Summe aus, die 60 Prozent der Exporterlöse
entsprach. Die öffentliche Verschuldung gemessen am
BIP betrug hier 58,2 Prozent. Gerade die internationalen
Finanzinstitutionen fordern von diesen Staaten aber eine
strenge Sparpolitik, sodass wenige Ressourcen für Bil-
dung und Forschung, Sozialpolitik und Infrastruktur üb-
rig bleiben.
Angesichts der Tatsache, dass im vergangenen Jahr
mehr als 40 Prozent der Lateinamerikaner unterhalb der
Armutsgrenze lebten, also mit etwa zwei US-Dollar am
Tag auskommen mussten, ist es meines Erachtens haar-
sträubend, dass wir zum Beispiel jedes europäische Rind
mit über zwei US-Dollar am Tag subventionieren. Diese
Vergleiche, von denen sich unzählige anstellen ließen,
machen deutlich, dass auch wir unsere Strukturreformen
entschlossener angehen müssen.
Lassen Sie mich also nochmals auf das zweite Leit-
thema „soziale Kohäsion“ zurückkommen: Wenn als Er-
gebnis des morgigen Gipfels die lateinamerikanischen
Staaten ihre politische Verantwortung akzeptieren und
noch größere Anstrengungen als bisher zugunsten einer
Lösung der sozialen Probleme und zum Erreichen von
sozialer Kohäsion unternehmen und wenn wir Europäer
diese Anstrengungen nicht nur durch politischen Dialog,
Erfahrungsaustausch und verstärkte Entwicklungszu-
sammenarbeit, sondern darüber hinaus auch durch unse-
ren notwendigen Beitrag zu gerechteren Handelsbezie-
hungen zwischen unseren beiden Regionen leisten
wollen, dann haben wir die strategische Partnerschaft
entscheidend belebt.
Wir fordern die Bundesregierung in unserem Antrag
daher auf, durch wirtschafts-, handels-, finanz- und ent-
wicklungspolitische Weichenstellungen – auch innerhalb
der EU – viel versprechende Ansätze demokratischer
und sozial ausgerichteter Regierungsführung in Latein-
amerika zu fördern. Sind diese erfolgreich, so wirken sie
modellbildend für die gesamte Region. Dies scheint
umso nötiger, als zahlreiche Staaten derzeit eine tief
greifende Krise ihrer politischen Institutionen erleben
und populistische, autoritäre Führer verstärkt Zulauf fin-
den. Wie eine Studie des UN-Entwicklungsprogramms
jüngst feststellte, würden 55 Prozent der Befragten ein
autoritäres Regime anstelle einer demokratisch gewähl-
ten Regierung unterstützen, wenn dieses ihre wirtschaft-
lichen und sozialen Probleme lösen würde.
Auch für Lateinamerika gilt, dass die regionale Inte-
gration ein Weg hin zu Frieden, politischer Stabilität,
wirtschaftlichem Wachstum und Wohlstand ist. Deshalb
sollte die EU die Integrationsprozesse in Lateinamerika
nach Kräften fördern. Kein Integrationsansatz verspricht
derzeit so viel Erfolg wie der Mercosur, der sich stark
am europäischen Vorbild orientiert. Seit den Regierungs-
wechseln in Brasilien und Argentinien hat sich im
Mercosur eine neue Dynamik entfaltet, die auf eine Ver-
tiefung und Erweiterung der Wirtschaftsgemeinschaft
abzielt. Brasilien mit der immer noch hohen Glaubwür-
digkeit seines Präsidenten Lula da Suva wird immer
mehr zum Gravitationszentrum Lateinamerikas. Diese
Entwicklung verdient die besondere Sympathie und Un-
terstützung Europas.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Thema an-
sprechen, das im Vorfeld zum Gipfel hohe Wellen ge-
schlagen hat. Die geplante Einstellung des spanischspra-
chigen TV-Programms der Deutschen Welle halte ich
vor dem Hintergrund der geschilderten Notwendigkeit,
die Beziehungen zu Lateinamerika zu intensivieren, für
absolut fatal und kontraproduktiv. Es würde eine wich-
tige Brücke zwischen Deutschland, Europa und über
330 Millionen spanischsprachigen Lateinamerikanern
abbrechen. Das Bekanntwerden der Streichpläne hat be-
reits großen Schaden angerichtet. Ich hoffe sehr, dass es
der Leitung des Senders und dem Rundfunkrat gelingt,
andere Einsparpotenziale zu heben, um die Fortführung
des Programms zu gewährleisten. Ich werde weiterhin
für den Erhalt des spanischsprachigen DW-TV-Pro-
gramms kämpfen.
Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus den
vorgetragenen Gründen um Zustimmung zu unserem
Antrag.
Claudia Nolte (CDU/CSU): In dem Antrag der
Koalitionsfraktionen zum 3. Gipfel von Lateinamerika,
Karibik und EU steht nicht viel Falsches. Das ist schon
einmal gut. Ich bin auch davon überzeugt, dass Sie nicht
selber glauben, in der Sache damit neue Impulse zu set-
zen. Man könnte diesen Antrag eher als einen höflichen
Begleitantrag bezeichnen.
Schon die Analyse ist in meinen Augen zu schnell
nach Schema F runtergeschrieben worden. Es geht bei
den Beziehungen zwischen Lateinamerika und der EU
um eine strategische Partnerschaft. So zumindest ist es
in Rio vereinbart worden. Woran kann man das denn nun
erkennen? Versteht man nicht unter „Strategie“ ein lang-
fristig gezieltes Vorgehen, gegenseitig die jeweiligen
Vorzüge nutzend, um gemeinsam vereinbarte Ziele zu
erreichen? Das heißt dann aber, dass man sich genau im
Klaren darüber ist, wo die jeweiligen Vorzüge liegen,
aufwelchen Gebieten man welche Ziele vereinbart und
in welcher Weise man miteinander vorgeht. Für
Deutschland müsste das bedeuten, dass wir unsere Akti-
vitäten daran anpassen.
Ich verzichte aufgrund der Kürze der Redezeit darauf,
zu betonen, was uns alles mit Lateinamerika verbindet.
Da gibt es in diesem Hohen Hause auch keinen Dissens.
Schauen wir einfach auf einige Dinge, wie sie im Mo-
ment nun einmal sind:
Verstärkung der Kulturarbeit Deutschlands in Latein-
amerika – so haben Sie es sogar in Ihrem Antrag gefor-
dert. Richtig, das könnte solch ein Gebiet der Zusam-
menarbeit sein. Die Realität ist: Die Deutsche Welle
beschließt die Einstellung ihres spanischsprachigen Pro-
gramms. Begründung: keine strategische Bedeutung.
Und da die Mittel knapp sind, kann darauf verzichtet
werden.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10187
(A) (C)
(B) (D)
Im Januar hat das Ibero-Amerikanische Forschungs-
seminar der Universität Leipzig zusammen mit anderen
Experten auf eine weitere alarmierende Entwicklung
hingewiesen: Deutschland ist dabei, seine traditionsrei-
che Lateinamerika-Kompetenz und wirtschaftlichen
Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu verspielen.
Lateinamerikanische Lehrstühle werden an den deut-
schen Unis gestrichen. Offensichtlich hat auch in der Po-
litik Lateinamerika keine Priorität mehr. So das Fazit der
Professoren.
Vor dem WTO-Gipfel in Cancun wurde zu Recht mit
unserem strategischen Partner im Norden Amerikas ge-
sprochen und eine Linie vereinbart, aber nicht mit dem
Süden. Dass sich die Länder dort ausgeschlossen fühl-
ten, ist nur verständlich.
Bei wichtigen außenpolitischen Fragen wie im Vor-
feld zum Irakkrieg war es nicht einmal möglich, inner-
halb Europas zu einer gemeinsamen Haltung zu kom-
men, ganz zu schweigen von Gesprächen mit den
strategischen Partnern.
Sie schreiben in Ihrem Antrag: In der bilateralen Ent-
wicklungszusammenarbeit ist Lateinamerika keine
Schwerpunktregion. Mir fällt dazu nur ein: Genau das
Gefühl hat man. Eben fand unter anderem die Debatte zu
Argentinien statt. Hat es mit unserem Verständnis von
Partnerschaft zu tun, dass man anhand verengter Krite-
rien Entwicklungshilfe einstellt und damit den Übergang
über die Schwelle erschwert? Hier ist doch vielmehr eine
angepasste Form der Zusammenarbeit für Schwellenlän-
der nötig, um Fortschritte nicht zu gefährden.
In diesem Zusammenhang erscheinen mir Ihre Aussa-
gen zu Argentinien in Ihrem Antrag ein wenig zu positiv.
Mir sind jedenfalls keine nennenswerten Reformen der
Regierung Kirchner, die die Wirtschaft oder die Sozial-
und Steuersysteme betreffen, bekannt. Allerdings finde
ich es erstaunlich, wenn bis heute noch nicht eine ein-
zige Kabinettsitzung stattgefunden hat.
Das sind nur einige Schlaglichter zum Istzustand. Wir
müssen zum einen deutlich sehen, dass Lateinamerika
und die Karibik keine homogene Region darstellt. Das
macht eine strategische Partnerschaft per se schon
schwer. Zum anderen haben wir sehr unterschiedliche
Entwicklungsgrade unserer Volkswirtschaften und somit
in Teilen auch unterschiedliche Interessen und Möglich-
keiten. Deshalb gehört es zur ehrlichen Debatte, genau
zu analysieren, auf welchen Feldern wir wie zusammen-
arbeiten wollen und welchen Beitrag Deutschland leisten
kann.
Ich denke, wenn wir die strategische Partnerschaft mit
Leben erfüllen wollen, muss das Treffen von Guadala-
jara konkrete Ergebnisse hervorbringen. Es ist wichtig,
dass ergebnisorientierte Gespräche geführt werden, die
in konkrete Projekte zum Ausbau der Beziehungen mün-
den.
Die beiden Themenschwerpunkte Multilateralismus
und soziale Kohäsion sind ganz sicher wichtige Themen.
Der Begriff „soziale Kohäsion“ ist dabei allerdings et-
was schwammig, weil jeder etwas anderes darunter ver-
steht. Es muss schon noch zu einer Konkretisierung
kommen, wobei es sicher vor allem um die Überwin-
dung der Armut gehen muss. Entscheidend ist für mich,
dass vor allem die Regierungen in den lateinamerikani-
schen und karibischen Ländern erkennen, dass es ihre
politische Aufgabe ist, Lösungen für die Armutsbe-
kämpfung zu finden.
Die Themen sind natürlich vor allem auf Wunsch der
EU auf der Tagesordnung. Aber auch die lateinamerika-
nischen Länder haben Erwartungen, vor allem im Hin-
blick auf Handelsliberalisierung und Subventionsabbau.
Es wird notwendig sein, auch diesen Fragen Raum zu
geben.
Der politische Dialog ist für eine strategische Partner-
schaft unabdingbar. Es kann nicht ausreichen, sich nur
alle Jahre zu einem Gipfel zu treffen, zumal durch die
EU-Erweiterung der Kreis noch größer geworden ist.
Meines Erachtens ist es unabdingbar, Formen zu entwi-
ckeln, die einen kontinuierlichen Dialog ermöglichen.
Themen für ein strategisches Zusammenarbeiten gibt es:
beispielsweise die Erarbeitung von Vorschlägen für Re-
formen der multilateralen Organisationen, der Erfah-
rungsaustausch über Integrationsprozesse, Fragen zu
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen bis hin zu Bil-
dungsfragen und Kulturaustausch. In diesem Sinne wün-
schen wir dem Gipfel viel Erfolg.
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Latein-
amerika hat in den vergangenen 20 Jahren Bemerkens-
wertes geleistet. Der Subkontinent konnte sich seiner
Diktatoren entledigen und demokratische Institutionen
aufbauen und festigen. Dies ist umso bewundernswerter,
als diese großen politischen Fortschritte nicht durch
wirtschaftliche Erfolge begleitet waren. Im Durchschnitt
verdienen die Menschen in Lateinamerika heute kaum
mehr als im Jahr 1980, die Zahl der Armen ist auf
227 Millionen angewachsen und die Einkommensvertei-
lung hat sich weiter verschlechtert.
Die EU hat dagegen durch schrittweise Erweiterun-
gen die Integration des Kontinents vorangetrieben und
war damit sowohl wirtschaftlich als auch politisch er-
folgreich.
Wenn sich die EU der 25 an diesem Freitag mit den
Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas und der Ka-
ribik trifft, dann sind dort Repräsentanten von 58 Staaten
vertreten. Es gilt das einzulösen, was der erste EU-LA-
Gipfel in Rio 1999 versprochen hatte: eine „strategische
Partnerschaft für das 21. Jahrhundert“.
Der dritte Gipfel in Guadalajara muss zeigen, ob La-
teinamerika für Europa heute überhaupt noch „zeitge-
mäß“ ist. Ist die EU in der Lage ihren Blick vom Osten
– Osterweiterung – und vom Nahen Osten – Terroris-
musbekämpfung – noch in eine andere Richtung zu wen-
den?
Aus meiner Sicht besteht kein Zweifel daran, dass sie
dies tun sollte. Und es gibt eine Reihe guter Gründe für
eine substanzielle strategische Partnerschaft mit Latein-
amerika. Auf der politischen Ebene ziehen die EU und
die Ländern Lateinamerikas als entschiedene Unterstüt-
zer eines multilateralen Systems am gleichen Strang.
10188 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
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(B) (D)
Dies hat sich in den vergangenen Jahren sowohl in der
Umwelt- als auch in der Sicherheitspolitik immer wieder
gezeigt. Im Umweltbereich, beim Schutz der tropischen
Regenwälder, ist Deutschland im Rahmen des Pilotpro-
gramms der G 7 an vorderster Stelle in Brasilien aktiv.
Viele Länder vor allem in Südamerika sind durch die
deutsche, italienische und polnische Migration aus dem
19. und 20. Jahrhundert geprägt. Ganz zu schweigen von
dem jahrhundertealten schweren Erbe der Eroberung
durch die Spanier und Portugiesen. Es gibt eine kultu-
relle Nähe zu Europa, die sich nicht auf die Vergangen-
heit beschränkt. Für viele Entscheidungsträger der Me-
cosur-Staaten strahlt das europäische Integrationsmodell
eine enorme Anziehungskraft aus. Nur, aus dieser politi-
schen Anziehungskraft allein lässt sich noch keine „Jahr-
hundertpartnerschaft“ begründen. Dafür liegt die Mess-
latte höher.
Und diese Messlatte ist vor allem ökonomischer Art.
Der wirtschaftliche Druck, unter dem die Regierungen in
Lateinamerika, vor allem in den großen Ländern Brasi-
lien und Argentinien, stehen, ist vergleichbar mit dem ei-
nes Heizkessels kurz vor der Explosion. Ohne populisti-
sche Heilsversprechen sind deren Regierungsführer
gewählt worden, um die Region aus einer lang anhalten-
den wirtschaftlichen Misere herauszuführen. Brasilien
verzeichnet seit 20 Jahre kein signifikantes Wachstum
mehr und Argentinien befindet sich seit der zweiten
Hälfte der 90er-Jahre im freien Fall, der erst mit der Re-
gierung Kirchner abgebremst wurde.
Die katastrophale Wirtschaftsentwicklung nahm ihren
Ausgang Anfang der 80er-Jahre mit der Schuldenkrise.
Die von den internationalen Finanzorganisationen ver-
ordneten Rezepte haben die Lage teilweise noch ver-
schlimmert. Der Washington-Konsensus mit seinem „li-
beralisiere umfassend, privatisiere alles und beschneide
den Staatshaushalt, wo immer du kannst“ ist gescheitert.
Er war speziell für das schuldengerüttelte Lateinamerika
erfunden worden. Für die Musterschüler hat sich die
Wundertüte aus dem Norden als Mogelpackung heraus-
gestellt. Die negativen Ergebnisse der Politik des
Washingtoner Konsenses haben in vielen Ländern zu po-
litischen Umbrüchen und zu Regierungswechseln ge-
führt, von denen sich die Menschen eine effektive Ar-
mutsbekämpfung durch eine neue Wirtschaftspolitik
versprechen.
In diesem Umfeld ist es von besonderer Bedeutung,
durch die europäische Politik einen Beitrag zu Entwick-
lung und wirtschaftlichem Wachstum in der Region zu
leisten. Ziel muss es sein, die wirtschaftliche und finan-
zielle Stabilität, ein ökologisch und sozial nachhaltiges
Wirtschaftsmodell und die Konsolidierung der demokra-
tischen Institutionen zu fördern.
Der Beitrag besteht kurz zusammengefasst darin,
durch Erleichterungen im Schuldenmanagement und bei
der Entschuldung finanziellen Spielraum zu schaffen
und im internationalen Handel kurzfristig Zugeständ-
nisse zu gewähren, die sich dann mittel- und langfristig
auch für Europa bezahlt machen.
Zur Entschuldung: Vor wenigen Wochen hat bei einem
Studientag der Kirchen zur Finanzsituation Argentiniens
der Vertreter einer Interessengemeinschaft von An-
leiheninhabern einen bestechenden Vorschlag gemacht.
Er setzte, sich im Rahmen der Umschuldungsverhandlun-
gen für die Ausgabe einer BIP-indexierten Anleihe ein,
deren Inhaber damit zu Aktionären Argentiniens werden.
Diese profitieren am meisten, wenn es dem Land gut geht.
Der Vorschlag steht in klarem Kontrast zur Finanzmarkt-
spekulation mit staatlichen Anleihen. Anleger kaufen sie,
weil sie im Vergleich zu US- oder europäischen Staats-
titeln eine um 10 bis 20 Prozent höhere Verzinsung brin-
gen. Die Länder geben die Finanztitel aus, weil ihnen das
Wasser bis zum Halse steht. Nachdem die internationalen
Anleger über Jahre die Sahne abgeschöpft haben, rufen
sie bei Zahlungsunfähigkeit nach der Hilfe des IWF.
An der EU liegt es, sich konstruktiv an der Entwick-
lung von fairen und transparenten Verfahren zur Bewäl-
tigung akuter Verschuldungskrisen in hoch verschulde-
ten lateinamerikanischen Ländern zu beteiligen. Es gilt
ein Konzept der Schuldentragfähigkeit zu unterstützen,
das die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leis-
tungsfähigkeit erlaubt und die sozialen Lebensbedingun-
gen der Menschen berücksichtigt.
Beim Handel besteht die große Herausforderung da-
rin, dass sich die EU schrittweise für wettbewerbsstarke
Agrarprodukte aus Lateinamerika öffnet, ohne diese Öff-
nung gleich wieder durch noch umfangreichere Zu-
geständnisse der anderen Seite bei Investitionen,
Dienstleistungen und öffentlichem Beschaffungswesen
zunichte zu machen. Nur so kann eine positive Außenbi-
lanz der schwächeren Länder zu deren finanziellen
Stabilität beitragen. Wir sollten alle Anstrengungen un-
ternehmen, dass das seit 1999 verhandelte EU-Merco-
sur-Assoziierungsabkommen noch in diesem Jahr er-
folgreich abgeschlossen werden kann.
Schließlich sollte die EU neben den ökonomischen
Haurausforderungen aber auch den Erwartungen gerecht
werden, die an sie als Friedensmacht gestellt werden.
Dies ist insbesondere in Hinblick auf den kolumbiani-
schen Konflikt von großer Bedeutung.
Präsident Uribe setzt einseitig auf militärische Aktio-
nen und auf Zugeständnisse an die Paramilitärs. Soll ein
tragfähiger Frieden und keine Friedhofsruhe geschaffen
werden, dann führt der Weg nur über Verhandlungen mit
allen Konfliktparteien. Die EU sollte sich hier aktiver
einschalten, politisch und finanziell.
Wenn Krisenprävention und Friedensentwicklung er-
folgreich sein wollen, dann müssen die Gemeinden und
die zivilen Akteure in den Konfliktregionen in die Pla-
nung und Durchführung von Friedensmaßnahmen einbe-
zogen werden. Unterstützungsprogramme sollen auf zu-
kunftsfähige und ökologisch nachhaltige Entwicklung in
den Regionen zielen. Durch ein unabhängiges Monito-
ring gilt es Transparenz und effizienten Mitteleinsatz zu
gewährleisten.
Als Garcia Marquez 1982 den Nobelpreis für Litera-
tur erhielt, unterstrich er die Eigenverantwortung des
Subkontinents: „Die maßlose Gewalt und der maßlose
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004 10189
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Schmerz unserer Geschichte sind das Ergebnis von jahr-
hundertealten Ungerechtigkeiten und Bitternissen ohne
Zahl und nicht eine dreitausend Meilen von unserem
Haus entfernt ausgeheckte Verschwörung“.
Die Verantwortung Kolumbiens für eine Landreform,
für eine Säuberung der Sicherheitsorgane, für Steuerge-
rechtigkeit und den Schutz der indigenen Völker kann
nicht nach außen verlagert werden. Gleiches trifft für
eine verantwortungsvolle Regierungsführung in allen
anderen lateinamerikanischen Ländern zu. Gleichzeitig
bedarf es aber der internationalen Unterstützung, einer
konstruktiven Solidarität, die Spielraum für die Erledi-
gung der eigenen Hausaufgaben lässt. Europa sollte
klare Zeichen dafür setzen, dass Carlos Fuentes Unrecht
hat, wenn er düster befürchtet: „Niemand denkt an LA,
niemand interessiert sich dafür. Würden wir hundert
Prioritäten aufstellen, stünde LA an letzter Stelle“.
Dr. Claudia Winterstein, (FDP): Es ist mittlerweile
fünf Jahre her, dass auf der Konferenz von Rio eine neue
„strategische Partnerschaft“ zwischen der EU einerseits
und den lateinamerikanischen Ländern und der Karibik
– künftig: Lateinamerika – andererseits beschlossen
worden ist. Diese sollte eine breite Grundlage für die In-
tensivierung und Weiterentwicklung der beiderseitigen
Beziehungen schaffen.
Die Euphorie war zunächst groß, aber die Ernüchte-
rung folgte bald. Die praktische Umsetzung gemeinsa-
mer Projekte bleibt bescheiden; daran konnte auch die
Folgekonferenz 2002 in Madrid nichts ändern. Bis heute
existiert keine kohärente Lateinamerikastrategie der EU;
eine entsprechende Resolution des Europäischen Parla-
ments aus dem Jahr 2001 ist bisher ungehört geblieben.
Lateinamerika findet leider in der europäischen, aber
auch in der deutschen Politik so gut wie nicht statt. Da-
bei ist die soziale und politische Stabilität in Lateiname-
rika unabdingbar für Frieden und Sicherheit weltweit.
Aus anderen Regionen der Welt ist uns der fatale Zusam-
menhang zwischen Drogenanbau und -handel, organi-
sierter Kriminalität bis hin zum Terrorismus und man-
gelnder Rechtsstaatlichkeit schon bekannt. Gerade
deshalb ist es im außenpolitischen Interesse Deutsch-
lands, dass die in Rio 1999 beschworene und in Madrid
2002 bestätigte strategische Partnerschaft endlich Ge-
stalt annimmt und dass die Zusammenarbeit zwischen
Europa und Lateinamerika und der Karibik zu einer zen-
tralen Säule der transatlantischen Beziehungen wird.
Ich sehe sowohl die EU als auch die Bundesregierung
in der Pflicht, auf dem Gipfel von Guadalajara darauf
hinzuwirken, das bisher Versäumte endlich nachzuholen.
Erstens. Der Gipfel findet zu einer Zeit statt, in der
viele Staaten der Region eine schwere Krise ihrer demo-
kratischen Institutionen erleben. Mangelnde Gewalten-
teilung, fehlende Transparenz demokratischer Prozesse,
Korruption, Ungleichheit und Armut mit der Folge des
Ausschlusses breiter Bevölkerungsschichten von der
Teilhabe am politischen und wirtschaftlichen Leben
schwächen die Demokratie und bedrohen Frieden und
Stabilität. Eine Umfrage des UNDP belegt, dass bei gro-
ßen Teilen der Bevölkerung das Vertrauen in die demo-
kratischen Institutionen und in demokratisch gewählte
Politiker bereits tief erschüttert ist. Es wird eine der vor-
dringlichen Aufgaben des kommenden Gipfels sein, den
lateinamerikanischen Staaten bei der Überwindung die-
ser Krise der demokratischen Institutionen und Verfah-
ren zu helfen.
Ich sehe uns Europäer hier in einer besonderen Ver-
antwortung. Wir haben in den 90er-Jahren die lateiname-
rikanischen Länder beim Aufbau der demokratischen In-
stitutionen unterstützt. Dass wir es unterlassen haben,
gleichzeitig ebenso nachdrücklich auf den Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen hinzuwirken und die jungen
Demokratien auch über die ersten Schritte hinaus weiter-
hin zu fördern und zu unterstützen, rächt sich heute bit-
ter. Diese Erfahrung sollte uns für die Zukunft Latein-
amerikas und anderer Länder der Welt, wie zum Beispiel
Afghanistans und des Irak, eine Lehn; sein.
Zweitens. Selbstverständlich liegt der Schlüssel zum
wirklichen Wandel in den Händen der lateinamerikani-
schen Staaten selbst. Dennoch gibt es einiges, was die
EU tun kann. In der extremen Armut und Ungleichheit
liegt eine oft unterschätzte politische Sprengkraft. La-
teinamerika weist das größte soziale Gefälle aller Regio-
nen der Welt auf. Der Gipfel von Guadalajara wird sich
mit diesem Problem auseinander setzen, und es ist zu
hoffen, dass es diesmal nicht bei schönen Worten allein
bleibt. Die von der Europäischen Kommission und den
Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des sozialen Zusammen-
halts gesammelten Erfahrungen, ihre Arbeitsmethoden
und Konzepte könnten für Lateinamerika von großem
Nutzen sein. Zum Austausch von Know-how und Erfah-
rungen sollte insbesondere die Zusammenarbeit zwi-
schen den für diese Politikbereiche zuständigen öffentli-
chen Verwaltungen intensiviert werden.
Die noch unzureichende regionale Integration stellt
ebenfalls eine maßgebliche Hürde für die Entwicklung
der Region dar. Sie erschwert nicht nur die Vertiefung
der Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika,
sondern hindert die Region auch, sich besser gegen ex-
terne wirtschaftliche Schocks zu wappnen und diese bes-
ser aufzufangen. Die Vertiefung der regionalen Zusam-
menarbeit wird die Region in die Lage versetzen, ihr
wirtschaftliches Potenzial voll auszuschöpfen und die
Eingliederung der einzelnen Länder in die internationa-
len Märkte erleichtern. Auch in diesem Bereich sollte
die Zusammenarbeit zwischen der EU und den bestehen-
den subregionalen Initiativen – Mercosur, Andenge-
meinschaft, Zentralamerika –, zum Beispiel durch tech-
nische Hilfe und den Aufbau von Humankapital,
erheblich verstärkt werden.
Die konkreteste Hilfe leisten die europäischen Staaten
über die Entwicklungszusammenarbeit. Noch vor den
USA ist Europa der größte Geber von Entwicklungshilfe
für die Region. In der Entwicklungszusammenarbeit der
Kommission nimmt die Region allerdings den letzten
Rang ein – weit hinter den AKP-Staaten. Hier sind Kor-
rekturen dringend erforderlich. Diese müssen einherge-
hen mit einer engeren Zusammenarbeit der EU bei den
notwendigen Strukturreformen und einer noch stärkeren
(A) (C)Koppelung der Hilfe an Good Governance, die Beach-
tung der Menschenrechte und Programme zur Armutsbe-
kämpfung.
Drittens. Eine intensivere Zusammenarbeit ist aber
auch im Sicherheitsbereich in beiderseitigem Interesse.
Internationaler Terrorismus, die Verbreitung von Mas-
senvernichtungswaffen und das Problem zerfallender
Staaten sind Bedrohungen, denen sich kein Staat alleine
stellen kann. Auf dem Gipfel in Guadalajara wird das
Thema „effektiver Multilateralismus“ deshalb einer der
Schwerpunkte der Beratungen sein. Die Voraussetzun-
gen für eine enge biregionale Kooperation sind günstig.
Europa und Lateinamerika bilden eine Werte- und Inte-
ressengemeinschaft, die mit einer Übereinstimmung in
wichtigen sicherheitspolitischen Fragen einhergeht. Ein
effektives multilaterales System, mit den Vereinten Na-
tionen im Zentrum ist gemeinsames Ziel. Bereits in der
Abschlusserklärung des Gipfels von Madrid haben die
Teilnehmer eine breite Übereinstimmung erklärt, was
die Themen Sicherheit, Abrüstung, Terrorismus, Be-
kämpfung des Drogenhandels und des organisierten Ver-
brechens sowie die Ächtung von Kleinwaffen angeht. Es
mangelt jedoch immer noch an belastbaren Strukturen,
die es uns ermöglichen, eine gemeinsame Antwort auf
diese Herausforderungen zu geben. Hier müssen auf
dem Gipfel Initiativen ergriffen werden. Langfristiges
Ziel muss die Schaffung einer euro-lateinamerikani-
schen Sicherheitspartnerschaft sein.
Viertens. Der Gipfel von Guadalajara wird in einem
wirtschaftlich günstigeren Klima stattfinden als der Gip-
fel von Madrid 2002. Dies lässt hoffen, dass in die wirt-
schafts- und handelspolitische Zusammenarbeit beider
Regionen endlich neuer Schwung kommt. Nach fast
neunjährigen Verhandlungen ist es immer noch nicht ge-
lungen, ein Freihandelsabkommen mit dem Mercosur,
unserem mit Abstand wichtigsten Handelspartner in La-
teinamerika zu unterzeichnen. Dies liegt zum einen an
der nicht hinreichenden regionalen Integration im Block
der Mercosur-Staaten. Der freie Verkehr von Waren,
Dienstleistungen und Kapital muss zum einen intraregio-
nal gewährleistet sein, bevor interregional dazu verhan-
delt werden kann. Ein erfolgreicher Abschluss der Ver-
handlungen setzt zum anderen aber auch Zugeständnisse
der EU im Agrarbereich voraus. Solche werden von den
Mercosur-Staaten berechtigterweise als notwendige Ge-
genleistung für die Öffnung ihrer Industrie- und Dienst-
leistungsmärkte gefordert. Wir können uns nicht welt-
weit für Freihandel einsetzen, den eigenen Markt aber
abschirmen. Ein Ziel des Gipfels in Guadalajara muss es
deshalb sein, ein günstiges Klima für eine rasche und er-
folgreiche Beendigung der Doha-Runde der WTO-Ver-
handlungen zu schaffen.
Der erfolgreiche Abschluss des Abkommens mit den
Mercosur-Staaten ist auch für die deutsche Wirtschaft
von strategischem Interesse, da er uns langfiistig –
ebenso wie der mittelfristig geplante Abschluss von As-
soziationsabkommen mit der Andengemeinschaft und
Zentralamerika, den Zugang zum zukünftigen, von den
USA angestrebten gesamtamerikanischen Markt, FTAA,
erleichtern wird.
sellschaft mbH, Amsterdamer Str. 19
(B)
2
(D)
10190 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
nd 91, 1
2, 0, T
2
111. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 27. Mai 2004
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8