Plenarprotokoll 15/82
a) Abgabe einer Erklärung durch die
Bundesregierung zum Europäischen
Rat in Brüssel am 12./13. Dezember
2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union . . . . . . . . . . .
– zu dem Antrag der Fraktionen der
SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN: Die Errungen-
schaften des Konvents sichern –
das europäische Verfassungspro-
jekt erfolgreich vollenden . . . . . .
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Peter Hintze, Michael Stübgen,
Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr. Werner Hoyer, Rainer Brüderle,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP: Daseinsvorsorge nicht
gegen Wettbewerb ausspielen
(Drucksachen 15/1712, 15/2183) . . . .
Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . .
Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . .
Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . .
Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . .
Anna Lührmann BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
7130 B
7130 B
7130 B
7130 D
7130 D
7135 C
7139 B
7141 B
7143 A
7145 A
Deutscher B
Stenografisc
82. Sit
Berlin, Donnerstag, de
I n h a
Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag
des Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg)
Benennung des Abgeordneten Dr. Dieter
Wiefelspütz als ordentliches Mitglied und
des Abgeordneten Wilhelm Schmidt (Salz-
gitter) als stellvertretendes Mitglied in die ge-
meinsame Kommission zur Modernisierung
der bundesstaatlichen Ordnung . . . . . . . . . . .
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Absetzung des Tagesordnungspunktes 10 . . .
Tagesordnungspunkt 3:
7129 A
7129 B
7129 B
7130 B
weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Für eine
zügige Regierungskonferenz
über die EU-Verfassung . . . . . . . . 7130 C
undestag
her Bericht
zung
n 11. Dezember 2003
l t :
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr. Peter Gauweiler, Klaus
Hofbauer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU:
Gottesbezug im europäischen
Verfassungsvertrag . . . . . . . . . . .
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr. Werner Hoyer, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Preis-
stabilität als Ziel im EU-Verfas-
sungsvertrag festschreiben – Un-
abhängigkeit der Europäischen
Zentralbank sichern
(Drucksachen 15/1878, 15/1694,
15/1695, 15/1801, 15/2188) . . . . . . . .
c) Beschlussempfehlung und Bericht des
7130 C
7130 C
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . .
Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . .
Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
.
.
.
7146 D
7147 B
7147 D
II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . .
Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . .
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP . .
Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa
Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . .
Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . .
Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . .
Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . .
Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . .
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 4:
a) Vereinbarte Debatte: Antisemitismus
bekämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Antrag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der FDP: Antise-
mitismus bekämpfen
(Drucksache 15/2164) . . . . . . . . . . . . .
c) Antrag der Abgeordneten Gert
Weisskirchen (Wiesloch), Wolfgang
Thierse, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD, der Abgeordne-
ten Claudia Nolte, Hans Raidel, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU, der Abgeordneten Claudia
Roth (Augsburg), Dr. Ludger Volmer,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN sowie der Abgeordneten Markus
Löning, Helga Daub, Dr. Wolfgang
Gerhardt und der Fraktion der FDP:
Für eine OSZE-Antisemitismuskon-
ferenz in Berlin 2004
(Drucksache 15/2166) . . . . . . . . . . . . .
Wolfgang Thierse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . .
Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Markus Löning FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU . . . . . . . . . .
7148 A
7149 A
7151 A
7152 B
7154 C
7156 D
7158 C
7159 C
7160 C
7162 B
7163 B
7163 D
7164 C
7168 D
7165 A
7165 A
7165 A
7165 B
7171 A
7172 C
7174 A
7175 B
7177 A
Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . .
Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . .
Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . .
Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . .
Hildegard Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 5:
a) Antrag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der FDP: Schutz
von bedrohten Menschenrechtsver-
teidigern
(Drucksache 15/2078) . . . . . . . . . . . . .
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung:
– Mitteilung der Kommission an
den Rat und das Europäische
Parlament
– Intensivierung der EU-Maßnah-
men für die Mittelmeer-Partner-
länder in den Bereichen
Menschenrechte und Demokrati-
sierung
– Strategische Leitlinien
(Drucksachen 15/1280 Nr. 240,
15/1633) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
c) Antrag der Abgeordneten Hermann
Gröhe, Dr. Egon Jüttner, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Rainer
Funke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger und der Fraktion der
FDP: Den Friedensprozess im Sudan
unterstützen
(Drucksache 15/2152) . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Antrag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stär-
kung der Menschenrechte in Afghanis-
tan
(Drucksache 15/2168) . . . . . . . . . . . . . . .
7178 C
7179 B
7180 B
7181 A
7182 C
7184 B
7184 C
7185 C
7187 B
7189 B
7189 B
7189 C
7189 C
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 III
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Antrag der Abgeordneten Rainer Funke,
Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Gegen eine
Aufhebung des EU-Waffenembargos
gegenüber der Volksrepublik China
(Drucksache 15/2169) . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Antrag der Abgeordneten Rainer Funke,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP: Für eine Reform und Stärkung
der Menschenrechtskommission
(Drucksache 15/2174) . . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 5:
Antrag der Abgeordneten Rainer Funke,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP: Für die Einhaltung der grundle-
genden Menschenrechte und Grund-
freiheiten in Guantanamo Bay
(Drucksache 15/2175) . . . . . . . . . . . . . . . .
Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hermann Gröhe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
Christa Nickels BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . .
Melanie Oßwald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Holger Haibach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
Irmgard Karwatzki CDU/CSU . . . . . . . . . . .
Brigitte Wimmer (Karlsruhe) SPD . . . . . . . .
Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 21:
Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zu dem Änderungsprotokoll vom
22. Juni 1998 zum Europäischen Über-
einkommen zum Schutz der für Versu-
7189 C
7189 D
7189 D
7190 A
7191 D
7192 D
7194 B
7195 D
7197 C
7198 D
7200 A
7201 A
7201 D
7203 C
che und andere wissenschaftliche Zwe-
cke verwendeten Wirbeltiere
(Drucksache 15/2143) . . . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 6:
a) Erste Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu dem Europäischen
Übereinkommen vom 6. November
1997 über die Staatsangehörigkeit
(Drucksache 15/2145) . . . . . . . . . . . . .
b) Antrag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der FDP: Die
deutsch-koreanischen Beziehungen
dynamisch fortentwickeln
(Drucksache 15/2167) . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 22:
a) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zu dem Über-
einkommen aufgrund von Art. K.3
des Vertrags über die Europäische
Union vom 26. Juli 1995 über den
Einsatz der Informationstechnologie
im Zollbereich
(Drucksachen 15/1969, 15/2185) . . . .
b) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Ausführung
des Übereinkommens aufgrund von
Art. K.3 des Vertrags über die Euro-
päische Union vom 26. Juli 1995
über den Einsatz der Informa-
tionstechnologie im Zollbereich, zu
dem Protokoll gemäß Art. 34 des
Vertrags über die Europäische
Union vom 8. Mai 2003 zur Ände-
rung des Übereinkommens über den
Einsatz der Informationstechnologie
im Zollbereich hinsichtlich der Ein-
richtung eines Aktennachweissys-
tems für Zollzwecke sowie zur Ver-
ordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates
vom 13. März 1997 über die gegen-
seitige Amtshilfe zwischen Verwal-
tungsbehörden der Mitgliedstaaten
und die Zusammenarbeit dieser
Behörde mit der Kommission im
Hinblick auf die ordnungsgemäße
Anwendung der Zoll- und Agrarre-
gelung (ZIS-Ausführungsgesetz)
(Drucksachen 15/1970, 15/2130,
15/2186) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7205 A
7205 A
7205 B
7205 B
7205 C
IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
c) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
(Drucksachen 15/1672, 15/2176) . . . .
d) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Aufhebung des
Art. 232 § 2 Abs. 2 des Einführungs-
gesetzes zum Bürgerlichen Gesetz-
buche
(Drucksachen 15/1490, 15/2189) . . . .
e) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Grunderwerb-
steuerbefreiung bei Fusionen von
Wohnungsunternehmen und Woh-
nungsgenossenschaften in den neuen
Ländern
(Drucksachen 15/1407, 15/2187) . . . .
f) – Zweite Beratung und Schlussab-
stimmung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Vertrag vom
6. März 2002 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der
Republik Mosambik über die
Förderung und den gegenseitigen
Schutz von Kapitalanlagen
(Drucksachen 15/1845, 15/2091)
– Zweite Beratung und Schlussab-
stimmung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Vertrag vom
6. August 2001 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland
und dem Königreich Marokko
über die gegenseitige Förderung
und den gegenseitigen Schutz
von Kapitalanlagen
(Drucksachen 15/1846, 15/2091)
– Zweite Beratung und Schlussab-
stimmung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Vertrag vom
18. Oktober 2001 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland
und Bosnien und Herzegowina
über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapital-
anlagen
(Drucksachen 15/1847, 15/2091)
g) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zum Schutz des
olympischen Emblems und der
olympischen Bezeichnungen
(OlympSchG)
(Drucksachen 15/1669, 15/2190) . . . .
7206 A
7206 B
7206 C
7207 A
7207 A
7207 B
7207 C
h) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Kultur und Medien zu
dem Antrag der Abgeordneten Jörg
Tauss, Eckhardt Barthel (Berlin), wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten
Grietje Bettin, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN: Chancengleichheit in der
globalen Informationsgesellschaft si-
chern – VN-Weltgipfel zum Erfolg
führen
(Drucksachen 15/1988, 15/2184) . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 7:
a) – f)
Beschlussempfehlungen des Petitionsaus-
schusses: Sammelübersichten 81, 82, 83,
84, 85 und 86 zu Petitionen
(Drucksachen 15/2177, 15/2178, 15/2179,
15/2180, 15/2181, 15/2182) . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 6:
Beschlussempfehlung und Bericht des
1. Untersuchungsausschusses nach
Art. 44 des Grundgesetzes
(Drucksache 15/2100) . . . . . . . . . . . . . . .
Peter Altmaier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
Klaus Uwe Benneter SPD . . . . . . . . . . . . . . .
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . .
Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . .
Florian Pronold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . .
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . .
Tagesordnungspunkt 7:
Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP: Unterstützung der
Bewerbung der Stadt Leipzig mit dem
Segelstandort Rostock um die Ausrich-
tung der XXX. Olympischen Sommer-
spiele und der XIV. Paralympics 2012
(Drucksache 15/2170) . . . . . . . . . . . . . . .
Jürgen Wieczorek (Böhlen) SPD . . . . . . . . .
Eberhard Gienger CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
7207 D
7208 A
7208 C
7208 D
7210 D
7213 A
7214 C
7216 C
7218 C
7219 C
7221 B
7223 A
7224 A
7224 A
7225 A
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 V
Winfried Hermann BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Götz-Peter Lohmann SPD . . . . . . . . . . . . . . .
Klaus Riegert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Peter Danckert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 8:
Antrag der Abgeordneten Dr. Peter
Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU: Tierversuche in der europäischen
Chemikaliengesetzgebung auf ein Mini-
mum begrenzen
(Drucksache 15/1982) . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Maria Flachsbarth CDU/CSU . . . . . . . . .
Heinz Schmitt (Landau) SPD . . . . . . . . . . . .
Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Maria Flachsbarth CDU/CSU . . . . . .
Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Wilhelm Priesmeier SPD . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 9:
Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP: Neue EU-Wertpa-
pierdienstleistungsrichtlinie
(Drucksache 15/2171) . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusatztagesordnungspunkt 8:
Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Mögliche Inte-
ressenüberschneidungen bei der Ver-
gabe öffentlicher Mittel über die Bun-
desanstalt für Arbeit auf allen Ebenen
nachhaltig vermeiden
(Drucksache 15/771) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hans-Werner Bertl SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Hermann Kues CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
Markus Kurth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
7226 C
7227 C
7228 C
7229 D
7231 A
7232 C
7232 D
7234 A
7235 B
7236 B
7236 C
7237 C
7238 D
7240 A
7240 A
7240 B
7241 C
7243 D
7245 B
7245 D
7246 D
Tagesordnungspunkt 11:
Vereinbarte Debatte zur europäischen
Perspektive für Gesamtzypern
Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Siegfried Helias CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Claudia Winterstein FDP . . . . . . . . . . . .
Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 12:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen zu dem Antrag der
Abgeordneten Renate Blank, Gerhard
Wächter, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU: Interes-
sen des deutschen Verkehrsgewerbes
wirksam erhalten und sichern –
Chancen zur Förderung des deut-
schen Transportgewerbes national
und international ergreifen
(Drucksachen 15/926, 15/1398) . . . . .
b) Antrag der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Rainer Brüderle,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP: Fairer Wettbewerb für
das deutsche Güterkraftverkehrsge-
werbe
(Drucksache 15/1592) . . . . . . . . . . . . .
Uwe Beckmeyer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . .
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin
BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gerhard Wächter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt 13:
Antrag der Abgeordneten Ina Lenke,
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Tagespflege
als Baustein zum bedarfsgerechten Kin-
derbetreuungsangebot – Bessere Rah-
menbedingungen für Tagesmütter und
-väter, Eltern und Kinder
(Drucksache 15/1590) . . . . . . . . . . . . . . . .
7248 A
7249 C
7250 D
7251 C
7252 B
7253 B
7253 C
7253 C
7255 A
7257 A
7258 C
7259 D
7261 D
7263 A
VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
Tagesordnungspunkt 20:
Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Zwölf-
ten Gesetzes zur Änderung des Arznei-
mittelgesetzes
(Drucksache 15/2109) . . . . . . . . . . . . . . . .
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Katrin Göring-Eckardt, Christine Scheel,
Kerstin Andreae, Friedrich Ostendorff,
Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Albert
Schmidt (Ingolstadt) und Dr. Antje Vogel-
Sperl (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur
Abstimmung über die Beschlussempfehlung
und den Bericht zu dem Antrag: Gottesbezug
im europäischen Verfassungsvertrag (Ta-
gesordnungspunkt 3 b) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Dr. Antje Vollmer, Christa Nickels, Werner
Schulz (Berlin), Josef Philip Winkler und
Thilo Hoppe (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung und den Bericht zu dem Antrag:
Gottesbezug im europäischen Verfassungs-
vertrag (Tagesordnungspunkt 3 b) . . . . . . . .
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Michael Roth (Heringen), Rainer Arnold,
Sabine Bätzing, Klaus Uwe Benneter,
Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Peter
Dreßen, Siegmund Ehrmann, Annette Faße,
Gabriele Frechen, Rainer Fornahl, Günter
Gloser, Uwe Göllner, Dieter Grasedieck,
Monika Griefahn, Kerstin Griese, Gabriele
Groneberg, Bettina Hagedorn, Klaus
Hagemann, Michael Hartmann (Wackern-
heim), Reinhold Hemker, Stephan Hilsberg,
Frank Hofmann (Volkach), Klaas Hübner,
Brunhilde Irber, Renate Jäger, Klaus Werner
Jonas, Dr. h. c. Susanne Kastner, Dr. Heinz
Köhler, Karin Kortmann, Volker Kröning,
Horst Kubatschka, Ute Kumpf, Christian
Lange (Backnang), Dr. Elke Leonhard,
7263 C
7263 D
7265 A
7265 B
7265 C
Eckhart Lewering, Gabriele Lösekrug-Möller,
Hilde Mattheis, Markus Meckel, Ulrike
Merten, Dietmar Nietan, Dr. Erika Ober,
Heinz Paula, Dr. Sascha Raabe, Reinhold
Robbe, Dagmar Schmidt (Meschede), Ottmar
Schreiner, Wolfgang Spanier, Dr. Margrit
Spielmann, Jörg-Otto Spiller, Wolfgang
Thierse, Andreas Weigel, Gert Weisskirchen
(Wiesloch), Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker,
Jochen Welt und Engelbert Wistuba (alle
SPD) zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung und den Bericht zu dem Antrag:
Gottesbezug im europäischen Verfassungs-
vertrag (Tagesordnungspunkt 3 b) . . . . . . . .
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Kurt Bodewig, Ute Berg, Heidi Wright und
Helga Kühn-Mengel (alle SPD) zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung und den
Bericht zu dem Antrag: Gottesbezug im eu-
ropäischen Verfassungsvertrag (Tagesord-
nungspunkt 3 b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
Rolf Stöckel (SPD) zur Abstimmung über die
Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem
Antrag: Gottesbezug im europäischen Ver-
fassungsvertrag (Tagesordnungspunkt 3 b)
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Vera Lengsfeld, Günter Nooke, Renate Blank,
Bernd Neumann (Bremen) und Dr. Peter
Gauweiler (alle CDU/CSU) zur Abstimmung
über die Beschlussempfehlung und den Be-
richt zu dem Antrag: Antisemitismus be-
kämpfen (Tagesordnungspunkt 3 b) . . . . . . .
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des Antrags: Neue EU-Wertpapierdienst-
leistungsrichtlinie (Tagesordnungspunkt 9)
Stephan Hilsberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Leo Dautzenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Georg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . .
Hubert Ulrich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . .
7266 A
7266 D
7267 A
7267 B
7267 D
7269 B
7270 A
7271 A
7271 C
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 VII
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des Antrags: Tagespflege als Baustein zum
bedarfsgerechten Kinderbetreuungsange-
bot – Bessere Rahmenbedingungen für Ta-
gesmütter und -väter, Eltern und Kinder
(Tagesordnungspunkt 13)
Caren Marks SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ingrid Fischbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . .
Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur
Änderung des Arzneimittelgesetzes (Tages-
ordnungspunkt 20)
Dr. Marlies Volkmer SPD . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Wolf Bauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
Birgitt Bender BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . .
Marion Caspers-Merk, Parl.
Staatssekretärin BMGS . . . . . . . . . . . . . . . . .
7272 A
7273 D
7275 C
7276 A
7276 D
7277 D
7279 D
7280 C
7281 A
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7129
(A) (C)
(B) (D)
82. Sit
Berlin, Donnerstag, de
Beginn: 9
2) Anlage 10
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7265
(A) (C)
(B) (D)
in der europäischen Verfassung zu verankern, befür-
worte ich.
haben, die Grundlagen jener Werte zu schaffen, die die
europäische Tradition ausmachen.
lich-jüdischen und humanistischen Traditionen Europas
und auch die humanistische Tradition dazu beigetragen
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt,
Christine Scheel, Kerstin Andreae, Friedrich
Ostendorff, Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef
Fell, Albert Schmidt (Ingolstadt) und Dr. Antje
Vogel-Sperl (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung
und den Bericht zu dem Antrag: Gottesbezug
im europäischen Verfassungsvertrag (Tagesord-
nungspunkt 3 b)
Ich stimme dem Antrag auf Drucksache 15/1695
nicht zu.
Die Forderung, einen Bezug auf Gott, auf die christ-
Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Dr. Berg, Axel SPD 11.12.2003
Bollmann, Gerd Friedrich SPD 11.12.2003
Fritz, Erich G. CDU/CSU 11.12.2003
Göppel, Josef CDU/CSU 11.12.2003
Hartenbach, Alfred SPD 11.12.2003
Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 11.12.2003
Hettlich, Peter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11.12.2003
Dr. Hoyer, Werner FDP 11.12.2003
Dr. Mützenich, Rolf SPD 11.12.2003
Nitzsche, Henry CDU/CSU 11.12.2003
Sauer, Thomas SPD 11.12.2003
Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11.12.2003
Steinbach, Erika CDU/CSU 11.12.2003
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11.12.2003
Türk, Jürgen FDP 11.12.2003
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Mit der Erwähnung Gottes in der Präambel der EU-
Verfassung würde ein Maßstab für verantwortliches
Handeln in Politik und Gesellschaft benannt. Der expli-
zite Gottesbezug würde daran erinnern und sicherstellen,
dass weder der Gedanke der Nation noch der Rasse, des
Staates oder einer Ideologie absolute Geltung über Men-
schen beanspruchen darf. Das wäre eine Mahnung, die
vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen wie der eu-
ropäischen Geschichte für sich Verfassungsrang bean-
spruchen kann.
Dem Antragstext einschließlich seiner Begründung
kann ich dennoch nicht zustimmen, da er sich aus-
schließlich auf die christlich-abendländische Wertetradi-
tion bezieht. Damit wird vergessen, dass auch die jüdi-
sche und zu bestimmten Zeiten die islamische und auch
die humanistische Tradition dazu beigetragen haben, die
Grundlagen jener unteilbaren und universalistischen
Werte zu schaffen, die die europäische Tradition ausma-
chen, die Werte der Würde des Menschen, der Freiheit,
der Gleichheit und der Solidarität.
Damit grenzt der Antrag bewusst Religionen oder
Weltanschauungen aus, die Europa eben auch politisch,
kulturell und spirituell geprägt haben.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Christa
Nickels, Werner Schulz (Berlin), Josef Philip
Winkler und Thilo Hoppe (alle BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung und den Bericht zu dem An-
trag: Gottesbezug im europäischen Verfas-
sungsvertrag (Tagesordnungspunkt 3 b)
Wir unterstützen die Forderung, den Gottesbezug im
europäischen Verfassungsvertrag mit der Formulierung
zu verankern:
„In dem Bewusstsein der Verantwortung vor Gott,
den Menschen und dem, was Europa seinem geistig-reli-
giösen Erbe schuldet, gründet sich die Union auf die un-
teilbaren und universellen Werte der Würde des Men-
schen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität.“
Mit der Erwähnung Gottes in der Präambel der EU-
Verfassung wird ein Maßstab für verantwortliches Han-
deln in Politik und Gesellschaft benannt. Der explizite
Gottesbezug erinnert daran, dass weder der Gedanke der
Nation, des Staates, noch einer Rasse oder Ideologie ab-
solute Geltung über Menschen beanspruchen darf.
Wir stimmen aber nicht der Begründung zu, die sich
ausschließlich auf die christlich-abendländische Werte-
tradition bezieht. Demgegenüber betonen wir, dass auch
die jüdische und zu bestimmten Zeiten die islamische
7266 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
„Der eigene Erfahrungshorizont muss sich öffnen für
neues Denken und neues Verstehen, ohne sich zugleich
von den eigenen Grundwerten zu verabschieden oder
sich einem Werterelativismus zu verschreiben.“ Diesem
Verfassungsverständnis, das der Präsident des Deutschen
Bundestages, Wolfgang Thierse, formuliert hat, schlie-
ßen wir uns an und haben deshalb dem Antrag zuge-
stimmt.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Michael Roth (Heringen),
Rainer Arnold, Sabine Bätzing, Klaus Uwe
Benneter, Bernhard Brinkmann (Hildesheim),
Peter Dreßen, Siegmund Ehrmann, Annette
Faße, Gabriele Frechen, Rainer Fornahl,
Günter Gloser, Uwe Göllner, Dieter Grasedieck,
Monika Griefahn, Kerstin Griese, Gabriele
Groneberg, Bettina Hagedorn, Klaus
Hagemann, Michael Hartmann (Wackern-
heim), Reinhold Hemker, Stephan Hilsberg,
Frank Hofmann (Volkach), Klaas Hübner,
Brunhilde Irber, Renate Jäger, Klaus Werner
Jonas, Dr. h. c. Susanne Kastner, Dr. Heinz
Köhler, Karin Kortmann, Volker Kröning,
Horst Kubatschka, Ute Kumpf, Christian
Lange (Backnang), Dr. Elke Leonhard, Eckhart
Lewering, Gabriele Lösekrug-Möller, Hilde
Mattheis, Markus Meckel, Ulrike Merten,
Dietmar Nietan, Dr. Erika Ober, Heinz Paula,
Dr. Sascha Raabe, Reinhold Robbe, Dagmar
Schmidt (Meschede), Ottmar Schreiner,
Wolfgang Spanier, Dr. Margrit Spielmann,
Jörg-Otto Spiller, Wolfgang Thierse, Andreas
Weigel, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Jochen Welt
und Engelbert Wistuba (alle SPD) zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung und den
Bericht zu dem Antrag: Gottesbezug im euro-
päischen Verfassungsvertrag (Tagesordnungs-
punkt 3 b)
Ich stimme dem Antrag auf Drucksache 15/1695 aus
zwei Gründen nicht zu, obwohl auch ich einen Gottesbe-
zug in der europäischen Verfassung, der sich nicht allein
auf eine Religion oder Glaubensgemeinschaft bezieht,
befürworte.
Mit der Erwähnung Gottes in der Präambel der EU-
Verfassung würde ein Maßstab für verantwortliches
Handeln in Politik und Gesellschaft benannt. Der expli-
zite Gottesbezug würde daran erinnern und sicherstellen,
dass weder der Gedanke der Nation noch der Rasse, des
Staates oder einer Ideologie absolute Geltung über Men-
schen beanspruchen darf. Das wäre eine Mahnung, die
vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen wie der eu-
ropäischen Geschichte für sich Verfassungsrang bean-
spruchen kann.
Jedoch verengt der Antrag der CDU/CSU-Fraktion
den Gottesbezug auf die christlich-abendländische Aus-
richtung und verkennt damit andere monotheistische und
weitere Glaubenstraditionen in Europa. Er grenzt damit
bewusst Religionen oder Weltanschauungen aus, die Eu-
ropa eben auch politisch, kulturell und spirituell geprägt
haben.
Zum arideren fehlt es dem Antrag an der bei diesem
Thema nötigen Sensibilität. Ein Gottesbezug stellt keine
gemeinsame Verfassungstradition der jetzigen und zu-
künftigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union dar.
Nur wenige Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten ken-
nen überhaupt einen Gottesbezug. Für andere Staaten ist
hingegen der Laizismus sogar konstitutiv. Dieser gesam-
ten Breite der Verfassungstraditionen ist bei den Ver-
handlungen angemessen Rechnung zu tragen. Daher
kann ich der Aufforderung des Antrags, die Bundesre-
gierung möge zur Durchsetzung dieses Ziels alle ihr zur
Verfügung stehenden Kräfte einsetzen, nicht zustimmen.
Für die Rolle und Stellung der Religionen und Kir-
chen sieht der europäische Verfassungsentwurf und die
in ihm verankerte EU-Charta der Grundrechte erhebliche
Verbesserungen vor. Dies ist im Vergleich zu den gelten-
den europäischen Verträgen ein echter Substanzgewinn.
Die vom Antrag geforderte rigorose Durchsetzung des
Gottesbezuges könnte diesen wie andere wichtige Fort-
schritte für die Demokratie in Europa, die Handlungsfä-
higkeit der Europäischen Union und die Transparenz
ihrer Politik gefährden. Ein Scheitern der Regierungs-
konferenz an dieser Frage darf es daher nicht geben.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Kurt Bodewig, Ute Berg,
Heidi Wright und Helga Kühn-Mengel (alle
SPD) zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung und den Bericht zu dem Antrag: Got-
tesbezug im europäischen Verfassungsvertrag
(Tagesordnungspunkt 3 b)
Ich stimme dem Antrag auf Drucksache 15/1695 aus
zwei Gründen nicht zu, obwohl auch ich einen Gottesbe-
zug in der europäischen Verfassung, der sich nicht allein
auf eine Religion oder Glaubensgemeinschaft bezieht,
befürworte.
Mit der Erwähnung Gottes in der Präambel der EU-
Verfassung würde ein Maßstab für verantwortliches
Handeln in Politik und Gesellschaft benannt. Der expli-
zite Gottesbezug würde daran erinnern und sicherstellen,
dass weder der Gedanke der Nation noch der Rasse, des
Staates oder einer Ideologie absolute Geltung über Men-
schen beanspruchen darf. Das wäre eine Mahnung, die
vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen wie der eu-
ropäischen Geschichte für sich Verfassungsrang bean-
spruchen kann.
Es fehlt dem Antrag an der bei diesem Thema nötigen
Sensibilität. Ein Gottesbezug stellt keine gemeinsame
Verfassungstradition der jetzigen und zukünftigen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union dar. Nur wenige
Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten kennen überhaupt
einen Gottesbezug. Für andere Staaten ist hingegen der
Laizismus sogar konstitutiv. Dieser gesamten Breite der
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7267
(A) (C)
(B) (D)
Verfassungstraditionen ist bei den Verhandlungen ange-
messen Rechnung zu tragen. Daher kann ich der Auffor-
derung des Antrags, die Bundesregierung möge zur
Durchsetzung dieses Ziels alle ihr zur Verfügung stehen-
den Kräfte einsetzen, nicht zustimmen.
Für die Rolle und Stellung der Religionen und Kir-
chen sieht der europäische Verfassungsentwurf und die
in ihm verankerte EU-Charta der Grundrechte erheb-
liche Verbesserungen vor. Dies ist im Vergleich zu den
geltenden europäischen Verträgen ein echter Substanz-
gewinn. Die vom Antrag geforderte rigorose Durchset-
zung des Gottesbezuges könnte diesen wie andere
wichtige Fortschritte für die Demokratie in Europa, die
Handlungsfähigkeit der Europäischen Union und die
Transparenz ihrer Politik gefährden. Ein Scheitern der
Regierungskonferenz an dieser Frage darf es daher
nicht geben.
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Rolf Stöckel (SPD) zur Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung und
den Bericht zu dem Antrag: Gottesbezug im
europäischen Verfassungsvertrag (Tagesord-
nungspunkt 3 b)
Ich lehne einen Gottesbezug in einer europäischen
Verfassung ausdrücklich ab, da der Monotheismus nicht
Teil einer gemeinsamen europäischen Werteordnung ist
und sein kann.
Abzulehnen ist auch die Privilegierung einzelner, be-
stimmter Religionsgemeinschaften, die aus nationalem
Recht in die europäischen Verfassung übernommen wer-
den soll. Alle religions- und Weltanschauungsgemein-
schaften sind gleichzustellen und gleich zu behandeln.
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Vera Lengsfeld, Günter
Nooke, Renate Blank, Bernd Neumann (Bre-
men) und Dr. Peter Gauweiler (alle CDU/CSU)
zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung
und den Bericht zu dem Antrag: Antisemitis-
mus bekämpfen (Tagesordnungspunkt 3 b)
Wir stimmen dem Antrag „Antisemitismus bekämp-
fen“ zu. Wir halten den Antrag aber gemessen an seinem
Punkt 1 für ausgewogen.
Die Behauptung, dass antisemitische Ressentiments
nicht nur bei Randgruppe sondern weit in die Gesell-
schaft hinein spürbar seien, steht im Widerspruch zu der
zutreffenden Feststellung im Antrag, dass „die große
Mehrheit der Menschen in Deutschland“ den Antisemi-
tismus entschieden ablehne. Warum an dieser Stelle
nicht von „den Deutschen“, sondern von den „Menschen
in Deutschland“ die Rede, ist auf den ersten Blick un-
klar. Am bedenklichsten ist, dass der Begriff „Antisemi-
tismus“ im Antrag zwar nicht definiert wird, dass er aber
den Antizionismus“, seine ideologischen und politischen
Motive, seine Vertreter und seine Sympathisanten von
vornherein ausklammert.
Eine 112-seitige EU-Studie, die weiterhin auf Betrei-
ben der in Wien ansässigen Beobachtungsstelle für Ras-
sismus und Xenophobie (EUMC) zurückgehalten wird,
belegt, dass die Gruppen, die vor allem verantwortlich
sind für die jüngsten Übergriffe auf jüdische Einrichtun-
gen in Europa, vor allem aus jungen Zuwanderern beste-
hen. Außerdem zeigt die EU-Studie, dass in Teilen der
Linken und der Globalisierungsgegner antisemitische
Stereotypen benutzt werden, um Israel zu diffamieren.
Damit ist eine Grenze überschritten worden, von der in
einem Antrag gegen den Antisemitismus die Rede sein
müsste.
Es gibt und gab in den letzten Jahren und Jahrzehnten
auf der Seite der politischen Linken eine Mobilisierung
gegen Israel, die oft demagogisch und nicht immer frei
von Vorurteilen ist. Die Antragsteller hätten den Mut ha-
ben müssen, diese unguten Tendenzen beim Namen zu
nennen.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Neue EU-Wert-
papierdienstleistungsrichtlinie (Tagesordnungs-
punkt 9)
Stephan Hilsberg (SPD): In diesen innenpolitisch
so bewegten Zeiten nehme ich gern die Gelegenheit
wahr, mich zu einem gemeinsamen Antrag der Fraktio-
nen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und
der FDP zu äußern. Es gibt eben doch mehr Gemeinsam-
keiten, als dies gelegentlich im Rahmen tagespolitischer
Ereignisse und Meldungen den Anschein hat.
Der Antrag zu dem Entwurf einer neuen EU-Wertpa-
pierdienstleistungsrichtlinie befasst sich mit einem für
einen einheitlichen europäischen Markt wesentlichen
Segment der Finanzdienstleistung. Er ist eingebunden in
die Bemühungen um die Schaffung eines einheitlichen
europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen. Es
geht nicht zuletzt auch um die Position der EU im inter-
nationalen Wettbewerb im Bereich der Finanzdienstleis-
tungen.
Die Vollendung und die Umsetzung des von der EU-
Kommission aufgestellten Aktionsplans Finanzdienst-
leistungen stellt einen fundamentalen Schritt hin zu ei-
nem integrierten europäischen Finanzmarkt dar. Unter
maßgeblicher deutscher Mitgestaltung sind bis heute
36 der 42 Maßnahmen des EU-Aktionsplans abgeschlos-
sen. Dieses Ergebnis wird von allen Beteiligten zu Recht
bereits jetzt als großer Erfolg bewertet. Der Aktionsplan
Finanzdienstleistungen ist in die so genannte Lissabon-
Strategie eingebunden. Hiernach soll die EU bis zum
Jahr 2010 zur weltweit wettbewerbsstärksten wissensba-
sierten Volkswirtschaft der Welt fortentwickelt werden.
7268 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
Der Bereich der Wertpapierdienstleistungen ist zwar
mittels der fast zehn Jahre alten Wertpapierdienstleis-
tungsrichtlinie bereits europaweit einheitlichen Regelun-
gen unterworfen. Die seither an den Finanzmärkten statt-
gefundenen rasanten Entwicklungen haben aber auch
erneuten Regulierungs- und Reformbedarf für die recht-
lichen Rahmenbedingungen des Wertpapierhandels
deutlich gemacht. Die EU-Kommission hat daher im
November 2002 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt.
Dieser sieht neben der Regulierung von Wertpapier-
dienstleistungsunternehmen auch die Regulierung von
Börsen sowie anderen Handelssystemen vor.
Die Verhandlungen zu diesem Richtlinienentwurf
sind unter großem Zeitdruck geführt worden und haben
bereits am 7. Oktober einen vorläufigen Schlusspunkt
mit der im Rahmen einer Ecofin-Tagung erzielten politi-
schen Einigung gefunden. Dieser Zeitdruck resultiert
zum einen aus der Notwendigkeit, möglichst schnell zu
sachgerechten Regelungen für die EU-Mitgliedstaaten
zu kommen. Zugleich ist er allerdings auch dadurch be-
stimmt, dass im nächsten Jahr Neuwahlen zum Europäi-
schen Parlamten stattfinden; soll es noch im kommenden
Jahr zur Verabschiedung einer Richtlinie des Europäi-
schen Parlaments und des Rates kommen, müssen wir
bis spätestens Mai nächsten Jahres eine Lösung haben.
Ungeachtet dieses Zeitdrucks sind die Beratungen
von allen Beteiligten mit großem Ernst und Sorgfalt ge-
führt worden; die deutsche Delegation hat mit großem
Engagement aktiv an diesen Beratungen mitgewirkt. Die
Diskussion zwischen den Mitgliedstaaten – nicht zuletzt
anlässlich der Ecofin-Sitzung am 7. Oktober 2003 – und
das Abstimmungsergebnis haben allerdings auch klar
gezeigt, dass nicht alle Mitgliedstaaten den gefundenen
Kompromiss mittragen wollten: Das Vereinigte König-
reich, Irland, Luxemburg, Finnland und Schweden haben
gegen den unter italienischer Präsidentschaft erarbeite-
ten Kompromiss gestimmt. Die Bundesregierung hinge-
gen hielt und hält den erzielten Kompromiss insgesamt
für tragfähig und hat diesem daher auch zugestimmt.
Die Beratungen über den Kommissionsentwurf haben
sich im Wesentlichen schwerpunktmäßig auf drei The-
menbereiche konzentriert, welche auch zutreffend in
dem vorliegenden Antrag aller Fraktionen kommentiert
sind.
In den Jahren seit In-Kraft-Treten der ersten Wertpa-
pierdienstleistungsrichtlinie haben sich rein bilaterale
Handelssysteme entwickelt. So haben Wertpapierdienst-
leistungsinstitute im Rahmen eines als „Internalisierung“
bezeichneten Verfahrens zunehmend Wertpapierorder
für ihre Kunden nicht mehr an einem offenen, allgemein
zugänglichen Marktplatz – der Börse – abgewickelt,
sondern auf bankintern bilateralen Systemen gegen ihren
eigenen Handelsbestand oder gegen andere Kundenor-
ders ausgeführt.
Die Betreiber dieser Systeme liefern den Anlegern
geringere Transaktionskosten und eine besonders
schnelle Abwicklung. Derartige Angebote können es
dem Anleger reizvoll erscheinen lassen, seine Orders im
Rahmen eines solchen Systems zu tätigen. Zugleich kön-
nen sie auch belebend auf den Wettbewerb im Verhältnis
zu den etablierten Märkten, sprich „Börsen“, wirken.
Nicht zu verkennen ist allerdings die Gefahr, welche
in der Fragmentierung der Wertpapiermärkte bei einem
solchen Nebeneinander verschiedener Transaktionssys-
teme besteht: Der Preisbildungsprozess, der bislang
transparent über die Börsen ablief, könnte negativ beein-
flusst werden; eine möglicherweise sinkende Markteffi-
zienz träfe private und institutionelle Anleger, aber auch
emittierende Unternehmen.
Dieser Gefahr versucht der Richtlinienentwurf da-
durch zu begegnen, dass er ein spezifisches aufsichts-
rechtliches System für Internalisierungssysteme schafft,
dessen zentrales Element die Herstellung von Transpa-
renz – und zwar Vor- und Nachhandelstransparenz –
auch für Internalisierer schafft. In diesem Ansatz sind
sich Europäisches Parlament und Rat im Grunde einig;
die Regelungen in den Entwürfen beider Institutionen
hierzu können als gute Grundlage für die Erarbeitung ei-
ner möglichst einvernehmlichen Lösung dienen.
Allerdings ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen,
dass gerade an der zentralen Frage der „Internalisierung“
die Auseinandersetzungen sowohl in der Rats-Arbeits-
gruppe als auch im Rahmen der Ecofin-Tagung am
7. Oktober kulminierten: Insbesondere das Vereinigte
Königreich und Irland, aber auch die skandinavischen
Länder sehen die im Kompromissvorschlag enthaltenen
Regelungen als zu weit gehend an; sie befürchten eine
Beeinträchtigung der Position ihrer Banken auf diesem
Geschäftsfeld. Aus deutscher Sicht ist hingegen die ge-
fundene Lösung im Grundsatz als Kompromiss tragfä-
hig; da ein Kompromiss immer auch noch Wünsche of-
fen lässt, wären auch aus deutscher Sicht noch
Verbesserungen in den Formulierungen denkbar. Diese
dürfen allerdings nicht zu einer Aufweichung der gefun-
denen Regularien führen. Ausgeklammert bleiben soll-
ten nach wie vor die Teile des Handels mit professionel-
len Investoren, die regelmäßig speziellen bilateralen
Vereinbarungen unterliegen, zum Beispiel der Telefon-
handel; insoweit werden keinerlei Systeme vorgehalten.
Ein weiterer Regelungsbereich der Richtlinie ist die
mit dem Stichwort „best execution“ umrissene Ver-
pflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kunden-
aufträgen. In der Vergangenheit haben die im Einzelfall
auftretenden Konflikte zwischen einzelnen Abteilungen
von Wertpapierhäusern zu negativen Auswirkungen für
Anleger geführt. Der Richtlinienentwurf soll derartigen
Entwicklungen vorbeugen, indem er bestimmte Verfah-
ren zur Ermittlung der bestmöglichen Ausführung vor-
gibt.
In diesem Kontext ist auch die Fallgestaltung zu se-
hen, dass ein Anleger ausdrücklich und ausschließlich an
einer Ausführung von Wertpapieraufträgen ohne Bera-
tung interessiert ist (so genanntes Execution-only-busi-
ness). Dies ist insbesondere in Deutschland ein weit ver-
breitetes und gern praktiziertes Verfahren. Auch hierfür
bietet der erzielte Kompromiss einen geeigneten Rah-
men.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7269
(A) (C)
(B) (D)
Der ursprüngliche Entwurf der Kommission sah eine
Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie
auch auf die Vermittlung von Investmentfondsanteilen
vor. Diesem Ansatz hat das Europäische Parlament in
seiner Stellungnahme im Rahmen einer ersten Lesung
widersprochen. Der nunmehr erarbeitete Kompromiss
sieht die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung durch die
Mitgliedstaaten vor – dies allerdings nur, soweit diese
Vermittlungstätigkeit innerstaatlichen Regelungen unter-
worfen ist. Das ist auch sinnvoll. In Deutschland unter-
liegen Vermittler bereits heute einer Erlaubnispflicht
nach § 34 c der Gewerbeordnung. Die nunmehr im
Richtlinienvorschlag gefundene Lösung lässt es zu, im
Gleichklang mit den derzeit zur Umsetzung anstehenden
Vorschriften der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie
Regelungen auch für Fondsvermittler zu schaffen.
Die hier schwerpunktmäßig herausgegriffenen Ein-
zelregelungen aus dem Entwurf einer Wertpapierdienst-
leistungsrichtlinie werden sicher in den weiteren Ver-
handlungen zur Schaffung eines gemeinsamen Entwurfs
von Europäischem Parlament und Rat im Mittelpunkt
stehen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich aktiv
darum zu bemühen, die in der politischen Einigung be-
reits enthaltenen sachgerechten Lösungen im Sinne des
vorliegenden Antrags zu verbessern.
Der zeitliche Rahmen ist – wie bereits eingangs erläu-
tert – recht eng. Die formale Verabschiedung des ge-
meinsamen Standpunktes des Rates steht noch aus. Das
Europäische Parlament geht davon aus, dass dieser so
rechtzeitig vorliegt, dass die Abstimmung im hierfür zu-
ständigen Ausschuss für Wirtschaft und Währung des
Europäischen Parlaments Ende Februar erfolgen kann;
eine Abstimmung im Plenum wäre dann Ende März
möglich. Dies würde zumindest noch einen weiteren
Monat als Verhandlungszeitraum zur Verfügung stellen,
da Ende April 2004 die letzte reguläre Plenarsitzung des
Europäischen Parlaments stattfinden wird.
In der Abstimmung zur Politischen Einigung hat die
weit überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten ihr In-
teresse am Zustandekommen einer sachgerechten Rege-
lung dokumentiert. Ich gehe davon aus, dass es uns im
gemeinsamen Bemühen mit dem Europäischen Parla-
ment gelingen wird, einen Richtlinienentwurf noch
rechtzeitig zu verabschieden. Unser Bestreben wird da-
hin gehen, auch diejenigen Mitgliedstaaten einzubinden,
die bislang ausweislich des Abstimmungsergebnisses
noch abseits stehen.
Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Ich kann mich noch
sehr gut daran erinnern, wie der Kollege Pronold am 23. Ok-
tober hier gestanden hat und uns ohne jede Detailkennt-
nis fünf Minuten lang erzählt hat, unser Antrag sei we-
gen Zeitablauf überflüssig. Von daher kann man Rot-
Grün wenigstens eine gewisse Lernfähigkeit unterstel-
len; denn inzwischen haben wir uns ja begrüßenswerter-
weise auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt. Dieser
enthält nach wie vor unsere Kernforderungen, sodass wir
auch mit dieser abgespeckten Version gut leben können.
Diese Kernpunkte betreffen die drei Hauptziele der
neuen EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, mit der
die Kommission eine weitere Stärkung der europäischen
Finanzmarktintegration erreichen möchte: Erstens ist
dies die Erweiterung des Anwendungsbereichs der
Richtlinie. Hier sprechen wir uns ganz klar dafür aus,
dass für nicht grenzüberschreitend tätige freie Finanz-
dienstleister entsprechende Ausnahmeoptionen in der
Richtlinie verankert und anschließend auch in Deutsch-
land gezogen werden. Dies sichert den Marktzugang für
kleinere Marktakteure, wodurch der Wettbewerb und
schlussendlich der Verbraucherschutz gestärkt werden.
Zweites Ziel der Richtlinie ist die Stärkung des Anle-
gerschutzes durch eine Garantie der bestmöglichen Order-
ausführung. Diese sollte jedoch auf eine Implementierung
geeigneter Verfahren zur Ermittlung der bestmöglichen
Ausführung, zum Beispiel durch die Definition von
Mindeststandards, beschränkt werden. Eine einzelfallbe-
zogene Sicherstellung einer „best execution“ ist weder
tatsächlich möglich noch aufsichtsrechtlich zu überwa-
chen. Zudem müssen europäische Regelungen nationa-
len Marktstrukturen Rechnung tragen. Die in Deutsch-
land übliche Ausführung von Wertpapieraufträgen ohne
Beratung der Kunden muss weiterhin möglich bleiben.
Drittes Ziel der Richtlinie ist die Sicherung der Markt-
effizienz durch eine Harmonisierung der Anforderungen
an unterschiedliche Handelssysteme.
Der Hintergrund dieses dritten Ziels ist die zuneh-
mende Fragmentierung der Wertpapiermärkte. Diese ist
vor allem darauf zurückzuführen, dass Banken und
Wertpapierdienstleistungsunternehmen verstärkt Wert-
papieraufträge von Kunden nicht an Börsen weiterleiten,
sondern auf institutsinternen, bilateralen Systemen ge-
gen eigenen Handelsbestand bzw. gegen andere Kunden-
aufträge ausführen. Diese so genannte Internalisierung
ist zunächst für Anbieter und Kunden attraktiv. Die Bank
kann mit einer erhöhten Kundenbindung, höheren Erträ-
gen aus der Ausnutzung des Spreads sowie der Einspa-
rung von Börsengebühren rechnen. Der Kunde kann sei-
nerseits mit einer Preisstellung rechnen, die mindestens
so gut ist wie der Referenzpreis an der Börse und er kann
sich gleichzeitig über niedrigere Transaktionskosten
freuen.
Für die Effizienz des Gesamtmarktes kann eine über-
mäßige Ausweitung der Internalisierung jedoch negative
Folgen haben, wenn den Börsen zu viel Liquidität entzo-
gen wird. Dieses Absinken der Markteffizienz würde
sich dann in Form einer Qualitätsverschlechterung der
Referenzpreise, die an der Börse erzielt werden, wider-
spiegeln. Eine solche Verschlechterung würde wiederum
auch die Anbieter, vor allem aber die Kunden von Inter-
nalisierungssystemen treffen. Die Anleger wären im
Endeffekt im Internalisierungssystem – trotz der geschil-
derten Vorteile dieses Verfahrens – insgesamt schlechter
gestellt als bei einer üblichen Börsenabwicklung. Da
nicht nur die Anleger, sondern auch emittierende Unter-
nehmen in Form höherer Kapitalkosten von einem über-
mäßigen Liquiditätsentzug der Börsen betroffen wären,
gilt es, Vorkehrungen zu treffen – Vorkehrungen, welche
die Interessen der Wertpapierdienstleistungsinstitute und
Banken mit denen des Gesamtmarkts und der Börsen in
Einklang bringt.
7270 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
Nach unserer festen Überzeugung ist die grundle-
gende Voraussetzung für diesen Interessenausgleich von
Börsen und Internalisierungssystemen die Schaffung
von Transparenz bei der Internalisierung – vor und nach
einer Transaktion. Deshalb fordern wir die Erfassung
solcher Systeme, wir fordern hohe Transparenz im Vor-
und Nachhandelsbereich. Wir fordern sachgerechte Quo-
tierungsverpflichtungen und die Einschränkung der
Möglichkeit zur Preisnachbesserung. Wir fordern die
Veröffentlichung von Geld- und Briefkursen der Interna-
lisierungssysteme und wir fordern die umgehende Wei-
terleitung von nicht im Internalisierungssystem ausführ-
baren Limit-Orders an den Markt.
Wir sind davon überzeugt, dass wir mit diesem Forde-
rungskatalog gleiche Wettbewerbschancen für Börsen
und außerbörsliche Handelssysteme schaffen. Diese
Chancengleichheit muss zudem durch eine europaweit
koordinierte Regulierung auch zwischen den einzelnen
Finanzplätzen gelten.
Wir geben mit diesem Antrag der Bundesregierung
eine wichtige und richtige Argumentationsgrundlage für
die anstehenden entscheidenden Verhandlungen auf eu-
ropäischer Ebene und sind voll im Einklang mit unseren
Kollegen im Europäischen Parlament. Damit trägt der
Deutsche Bundestag auf Initiative der CDU/CSU-Frak-
tion erneut zur Stärkung des Finanzplatzes im europa-
und weltweiten Wettbewerb bei.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU): Die neue EU-
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie – Investment Ser-
vices Directive, ISD – ist einer der letzten zentralen Ge-
setzgebungsakt zur Realisierung des Financial Services
Action Plans, FSAP, den europäischen Aktionsplan für
Finanzdienstleistungen. Mit diesem Aktionsplan will die
Europäische Kommission den einheitlichen EU-Finanz-
dienstleistungsbinnenmarkt bis 2005 vollenden. Bis
heute wurde bereits ein umfassender Teil der Finanz-
marktgesetzgebung auf europäischer Ebene harmoni-
siert. Mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie geht
der Aktionsplan jetzt auf die Zielgerade.
Die Verhandlungen auf europäischer wie auch auf
bundespolitischer Ebene haben insbesondere bei dieser
Richtlinie wieder einmal verdeutlicht, wie schwierig es
ist, unterschiedliche europäische Marktphilosophien und
Börsentraditionen zusammenzuführen. Hauptstreitpunkt
dabei war und ist – auf Ebene des Europäischen Parla-
ments immer noch – die Konkurrenz zwischen dem
kontinentaleuropäischen Börsenmodell beispielsweise
Deutschlands oder Frankreichs und dem hausinternen
Handelssystem der Investmentbanken, wie es zum Bei-
spiel in Großbritannien gilt.
Diese beiden Systeme auf europäischer Ebene koexis-
tieren zu lassen und einen fairen Wettbewerb zu ermögli-
chen sowie gleichzeitig die Interessen der Anleger zu
schützen ist eine schwierige Aufgabe – nicht zuletzt an-
gesichts der hohen Summen, die tagtäglich auf den euro-
päischen Handelsplätzen umgesetzt werden, und des
großen Einflusses der Finanzmärkte auf die deutsche,
die europäische und auf die weltweite Wirtschaft.
Mit dem vorliegenden interfraktionellen Entschlie-
ßungsantrag, der jetzt – endlich auf der Grundlage eines
Vorschlages der Union gemeinsam mit den anderen
Fraktionen erarbeitet wurde, weisen wir auf europäi-
scher Ebene in die richtige Richtung. Wir gehen einen
weiteren Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung des
EU-Finanzdienstleistungsbinnenmarktes.
Ziel ist es, rechtliche Rahmenbedingungen für einen
transparenten und funktionsfähigen Wettbewerb zwi-
schen den EU-Börsen zu schaffen. Dies ist – vor allem
auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb
zwischen den Börsen und Handelsplätzen dieser Welt –
nicht nur wichtig, sondern unbedingt notwendig. Denn
die Börsen gewinnen auch im täglichen Leben des Nor-
malbürgers zunehmend an Bedeutung. Jeden Tag werden
enorme Summen an den Börsen dieser Welt umgesetzt –
und dies nicht nur von Großspekulanten und Profis, son-
dern in zunehmendem Maße auch von kleinen und priva-
ten Anlegern.
Wollen die europäischen Börsen im globalen Ver-
gleich mit Wall Street und Tokio bestehen, dürfen unhar-
monische, innereuropäische Regelungen und Gesetze
den Handel nicht unnötig bremsen oder gar blockieren.
Denn die europäischen Börsen wirken in zunehmendem
Maße wie kommunizierende Röhren, werden voneinan-
der immer abhängiger. Wird in der London Stock
Exchange ein Knopf gedrückt, spürt man in Frankfurt
die Wirkung und umgekehrt.
André Kostolany hat dies einmal so ausgedrückt:
„Die Börse ist ein Reich wie das des Kaisers Karl V., in
dem die Sonne nie untergeht. Keine Börse ist der ande-
ren gleich. Wenn die europäischen Börsen ihre Pforten
schließen, wacht New York auf. Zu der Stunde, wo in
Amerika Nacht ist und die Wall Street sich zur Ruhe be-
gibt, empfängt die Börse in Tokio am anderen Ende der
Welt die Menschenmenge, die sich täglich über sie er-
gießt. Nach Hongkong folgen Singapur, Sydney, Taiwan,
dann Bombay, und am frühen Morgen übernehmen Tel
Aviv und Athen die Schicht; dann Mailand, auch Ma-
drid, und zu gleicher Zeit Frankfurt, Paris und London.
Einige Stunden später kommt wieder Wall Street, und so
ist der Kreis der 24 Stunden geschlossen.“
Diese Beschreibung verdeutlicht in bildhaften Worten
die Komplexität des weltweiten Börsenhandels. Sie ver-
deutlicht die globale Vernetzung der Handelsplätze auf
einer rein zeitlichen Ebene. Und man muss kein Börsen-
profi wie Kostolany sein, um zu erkennen, dass nicht nur
ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Börsen be-
steht.
Um einen fairen Wettbewerb auf europäischem und
schließlich auch auf globalem Börsenbankett zu ermög-
lichen, ist es wichtig, harmonische Regelungen und
Transparenz zu schaffen. Dies ist in etwa vergleichbar
mit einem Spiel. Halten sich alle am Tisch sitzenden
Spieler an die Regeln, weil sie transparent und offen da-
liegen und einem jeden leicht zugänglich sind, wird es
ein faires Spiel sein, bei dem jeder die gleichen Chancen
hat zu gewinnen. Spielt jeder nach seinen eigenen Re-
geln, stockt das Spiel, bringt es für keinen Spieler einen
guten Ausgang. Dass das Spiel nicht ins Stocken gerät,
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7271
(A) (C)
(B) (D)
ist in unser aller Interesse, denn: Das Spiel an der Börse
bewegt das Kapital und damit auch unsere Wirtschaft.
Die neue EU-Wertpapierdienstleistungrichtlinie passt
sich an die Bedürfnisse und Realitäten der Finanzmärkte
an und wahrt die Interessen aller Marktteilnehmer, vor
allem auch die der nicht professionellen Anleger. Sie
schafft ein „level playing field“ zwischen Börsen und
außerbörslichen Handelssystemen einschließlich bilate-
raler Internalisierungssysteme.
In einer gemeinsamen Anstrengung aller Fraktionen
ist es uns nun gerade noch rechtzeitig gelungen, das Vo-
tum des Deutschen Bundestages auf europäischer Ebene
in die Debatte einzubringen und an diesem Punkt auch
die bisherige Verhandlungsposition der Bundesregierung
ausdrücklich zu unterstützen. Ich betonte hier ausdrück-
lich: gerade noch rechtzeitig! Denn es war wieder einmal
fast zu spät.
Um die Interessen der deutschen Volkswirtschaft auf
europäischer Ebene vertreten zu wissen, ist es unbedingt
nötig, dass wir schneller, flexibler und vor allem zeitna-
her auf Berichte der Kommission reagieren und auch die
Festlegung der Bundesregierung im Europäischen Rat
aktiver verfolgen. Das ist eine unserer Hausaufgaben für
die Zukunft.
Hubert Ulrich (BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN): Wir
beraten heute den interfraktionellen Antrag zur EU-
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, den ich ausdrücklich
unterstütze. Er ist für die Schaffung eines integrierten
europäischen Finanzbinnenmarktes und für die Harmo-
nisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU
von großer Bedeutung. Wir unternehmen darin die not-
wendigen Schritte, um die Markteffizienz zu wahren und
den Anlegerschutz zu sichern.
Gerade in Hinblick auf die Harmonisierung der An-
forderungen für Orderausführungsplätze hat Deutsch-
land in den Verhandlungen eine wichtige Mittlerrolle
eingenommen. Denn da gab es auf der einen Seite die
Südschiene, wie zum Beispiel Frankreich und Italien, in
denen der außerbörsliche Handel verboten war, und der
wie Großbritannien, wo es zuvor keine Einschränkung
gab. Ich meine, dass die Etablierung der Vor- und Nach-
handelstransparenz eine gute Kompromisslösung ist, die
die Internalisierung nicht verbietet, aber die Gefahr der
negativen Folgen für den Preisbildungsprozess abge-
wendet wird.
Auch im Rahmen der Harmonisierung der Anforde-
rungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und
der Sicherung des Anlegerschutzes fahren wir gut damit,
dass im Rahmen der „Best-Execution“ Mindeststandards
definiert werden, aber auf eine Maximalharmonisierung
der Wohlverhaltensregeln im Privatkundenbereich ver-
zichtet wird.
Besonders begrüße ich, dass die Richtlinie nicht auf
die Fondsvermittler ausgeweitet wird. Bei einer Einbe-
ziehung wären zu hohe Anforderungen an die Fondsver-
mittler gestellt worden. Denn bei der Vermittlertätigkeit
steht die Informationsübermittlung und der Fondsbetrieb
von Finanzprodukten im Vordergrund, während es bei
der Wertpapierdienstleistungrichtlinie vor allem auf Ent-
gegennahme, Ausführung und Abwicklung von Wertpa-
pieraufträgen geht. So konnten wir in Deutschland circa
250 000 Arbeitsplätze retten.
Insgesamt ist es vorbildhaft, dass sich bei einem so
wichtigen Thema wie der Richtlinie über Wertpapier-
dienstleistungen die Vertreter aller Fraktionen zusam-
mengesetzt, sachorientiert diskutiert und einen tragfähi-
gen Kompromiss erarbeitet haben. Gerade die Kollegen
aus Union und FDP könnten aus dieser Zusammenarbeit
lernen und in Zukunft, wenn es um andere Themen geht,
nicht mehr aus parteitaktischen Gründen Gesetzesvorha-
ben blockieren, sondern sich ein Beispiel an dieser kon-
struktiven Zusammenarbeit nehmen und in Zukunft im
Sinne Deutschlands handeln.
Dr. Andreas Pinkwart (FDP): Zunächst möchte ich
mich dafür bedanken, dass wir im Parlament zum einen
zu dieser Diskussion gekommen sind und zum anderen
zu einer gemeinsamen Haltung in dieser für die Kapital-
anleger und Finanzdienstleister wichtige Frage gefunden
haben. Dabei werte ich die aus allen Fraktionen ein-
geholten Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge
zum Ursprungsantrag der Union als ein positives Signal
konstruktiver Zusammenarbeit. Die fruchtbare Beratung
sollte uns Parlamentarier ermuntern, die Gesetzgebung
auf europäischer Ebene noch intensiver und vor allem
rechtzeitiger zu begleiten, als wir es bislang tun.
Die FDP unterstützt den vorliegenden Antrag aus
zwei maßgeblichen Gründen. Zum einen ist der Antrag
ein konstruktiver Beitrag zur längst überfälligen Novel-
lierung der fast zehn Jahre alten Wertpapierdienstleis-
tungsrichtlinie, der der Bundesregierung einen deutli-
chen Auftrag zum politischen Handeln aufzeigt. Zum
anderen unterstützen wir ausdrücklich die Zielsetzung
des Antrages: Verbesserung des Anlegerschutzes, Ge-
währleistung der weiteren Tätigkeit der Wertpapierhäu-
ser und ein deutliches Signal für eine weitere Harmoni-
sierung in Europa hin zu mehr Wettbewerb und Effizienz
in diesem wichtigen Wachstumsmarkt.
Ich möchte jedoch, ohne unsere Zustimmung infrage
zu stellen, für die Zukunft zwei Fragen aufwerfen. Ers-
tens. Wir müssen sehr genau beobachten, inwieweit die
– wie im Antrag geforderte – „umfassende Vor- und
Nachhandelstranparenz“ dazu führen wird, dass mit die-
ser Formulierung auch eine Art Kontrahierungszwang
für preissetzende Banken verbunden sein könnte, sodass
diese Transparenz letztendlich zu einem Standortnachteil
in Europa wird – zum einen für die privaten Anleger und
zum anderen gerade auch für den Handel mit großen Pa-
keten.
Zweitens. Wir müssen – nicht nur an diesem Beispiel –
vertiefender darüber diskutieren, in welchem Umfang
die europäische Harmonisierung vorangebracht werden
soll. Dies ist immer ein schwieriger Prozess. Mit den
Usancen, die sich in den jeweiligen Mitgliedstaaten über
lange Zeit herausgebildet haben, muss oftmals gebro-
chen werden. Europa wird aber in der globalisierten Welt
nur bestehen können – und darin liegt auch unsere
Chance –, wenn wir durch weitgehende Rechtsharmoni-
sierung und damit Rechtssicherheit einen chancenge-
rechten Wachstumsmarkt in Europa schaffen.
7272 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
Dieser Antrag und letztendlich die Umsetzung der
EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie werden hierzu
einen wichtigen Beitrag leisten.
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Tagespflege als Bau-
stein zum bedarfsgerechten Kinderbetreuungs-
angebot – Bessere Rahmenbedingungen für Ta-
gesmütter und -väter, Eltern und Kinder
(Tagesordnungspunkt 13)
Caren Marks (SPD): Die Balance von Familien- und
Erwerbsarbeit gehört zu den vorrangigen familienpoliti-
schen Zielen der Bundesregierung in dieser Legislatur-
periode. Die SPD legt dabei den Schwerpunkt auf den
Ausbau qualitativ hochwertiger, bedarfsdeckender und
zeitlich flexibler Bildungs- und Betreuungseinrichtun-
gen, um unserem Ziel einer kinder- und familienfreund-
lichen Gesellschaft näher zu kommen. Der bedarfsge-
rechte Ausbau der Kinderbetreuung spielt eine
herausragende Rolle, da insbesondere in den westlichen
Bundesländern noch erhebliche Lücken im Betreuungs-
angebot bestehen. In den westlichen Bundesländern liegt
der Versorgungsgrad bei unter Dreijährigen lediglich bei
2,8 Prozent, in den östlichen bei 36,3 Prozent. Die Zahl
der Kinderbetreuungsplätze für über 6-Jährige verhält
sich mit 5,9 Prozent (alte Bundesländer) und 47,7 Pro-
zent (neue Bundesländer) nur unerheblich besser.
Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes ist
dieSchaffung und Finanzierung von Angeboten der Ta-
gesbetreuung Aufgabe der kommunalen Gebietskörper-
schaften auf der Grundlage des Achten Buches Sozialge-
setzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) – und
der Kindertagesstättengesetze der Länder. Die Kreise
und Städte werden dabei im Rahmen kommunaler
Selbstverwaltung tätig und unterliegen der Rechtsauf-
sicht der zuständigen Landesbehörden. Der Bund hat nur
begrenzt Möglichkeiten, ihnen Weisungen zu erteilen
oder in sonstiger Weise auf ihre Entscheidungen Einfluss
zu nehmen, dies gilt auchinsbesondere für den schuli-
schen Bereich, der den Kultusministerien der Länder ob-
liegt.
Aber fehlende Zuständigkeit ist für uns kein Grund für
Untätigkeit. Die Regierung beteiligt sich daher am Aus-
bau der Tagesbetreuung durch die Weiterentwicklung der
gesetzlichen Grundlagen im Achten Buch Sozialgesetz-
buch durch Finanzhilfen für Länder und Kommunen so-
wie durch Modellprojekte. So wurde am 12. Mai 2003
die Bund-Länder-Vereinbarung zum Auf- und Ausbau
von Ganztagsschulen unterzeichnet (Investitionspro-
gramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“). Den Län-
dern und Kommunen werden bis 2007 insgesamt 4 Milli-
arden Euro als Finanzhilfe zur Verfügung gestellt.
Wir arbeiten an einem spürbaren Ausbau der Betreu-
ung im Elementarbereich, in erster Linie bei den Kindern
unter drei Jahren. Daher wird die Bundesregierung als
zentrales Projekt in dieser Legislaturperiode das Angebot
in der Tagesbetreuung bedarfsgerecht ausbauen und da-
für eine gesetzliche Regelung schaffen. Ein vielfältiges
und qualifiziertes Angebot ist neben dem Ausbau von Ta-
geseinrichtungen aber ohne eine Erweiterung der Tages-
pflege durch Tagesmütter und Tagesväter nicht zu leisten.
Der FDP-Antrag enthält durchaus richtige Ansätze.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Thema Bildung
und Betreuung auch bei der Opposition angekommen ist.
Der Antrag fokussiert sich allerdings zu einseitig auf die
Tagespflege und übersieht die zahlreichen Maßnahmen,
die die rot-grüne Koalition auf diesem Gebiet bereits ini-
tiiert hat und gleichwertig neben alternativen Kinderbe-
treuungsmöglichkeiten auch in der Zukunft unterstützen
wird. Eltern brauchen eine Vielfalt an Betreuungsmög-
lichkeiten; sie wollen keine Einheitslösung, sondern Al-
ternativen, aus denen sie das für sie passende Angebot
aussuchen können. Eine erste Verbesserung für die Ta-
gespflege wurde so mit der Umsetzung des Hartz-Kon-
zeptes erreicht, in dem Kinderbetreuung in die Liste der
geförderten Tätigkeiten im Bereich haushaltsnaher
Dienstleistungen aufgenommen wurde.
Der Antrag vernachlässigt ebenso, dass die Tages-
pflege in die Zuständigkeit der Kommunen fällt, das
heißt die Einflussmöglichkeiten des Bundes begrenzt
sind. Zur Finanzierung dieser Aufgabe werden den Kom-
munen Einspargewinne verbleiben, die durch die Zusam-
menlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe entste-
hen. Ab 2005 sollen davon 1,5 Milliarden Euro jährlich
für den Betreuungsausbau der unter 3-Jährigen verwen-
det werden. Die rechtlichen Grundlagen der Finanzie-
rung werden in Art. 29 und 30 des Vierten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geschaffen.
Hier appelliere ich eindringlich an die Opposition, die
Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im
Vermittlungsausschuss nicht scheitern zu lassen.
Hervorzuheben ist, dass eine gute Kinderbetreuung
wirtschaftliche und finanzielle Vorteile für eine Kom-
mune bietet. Gute Bildungs- und Betreuungsangebote
sind Wettbewerbs- bzw. Standortvorteile. Deutschland
liegt bei der Betreuung aller Altersgruppen im interna-
tionalen Vergleich deutlich zurück. Darin begründet sich
auch die international vergleichbar niedrigere Erwerbs-
tätigkeit von Frauen mit Kindern. Betonen möchte ich,
dass dies im Wesentlichen auf die eklatante Vernachläs-
sigung dieses Bereichs durch die damalige CDU/CSU-
FDP-Regierung zurückzuführen ist. 16 Jahre wurde die
gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitische Bedeu-
tung der qualitativen und quantitativen Kinderbetreuung
in ihrer Regierungszeit ignoriert, meine Damen und Her-
ren von der Opposition.
Der Ausbau der Kinderbetreuung soll ab 2005 schritt-
weise bis 2010 erreicht werden. In Abstimmung mit den
kommunalen Spitzenverbänden wird es keine starre Ver-
sorgungsquote pro Kommune oder Bundesland geben.
Die Bundesregierung strebt Zielvereinbarungen mit den
Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden an, die
einen an Kriterien orientierten bedarfsgerechten Ausbau
qualifizierter Angebote und die Umwidmung frei-
werdender Kindergartenplätze für Kinder unter drei Jah-
ren regelt.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7273
(A) (C)
(B) (D)
Die Vereinbarungen werden die gesetzliche Regelung
begleiten, die im Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kin-
der- und Jugendhilfe (SGB VIII) – aufgenommen wird.
Schon heute gibt es dort – neben dem Rechtsanspruch
auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren –
die Verpflichtung, für Kinder auch anderer Altersgrup-
pen ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten (§ 24
Satz 2 SGB VIII). Diese Vorhaltepflicht wird durch die
Beschreibung von Ausbauschritten konkretisiert. Im
Zeithorizont bis 2010 sollen für die in Kommunen ermit-
telten Bedarfe Betreuungsangebote vorhanden sein. Da-
neben wird die gesetzliche Regelung über die Tages-
pflege (§ 23 SGB VIII) mit dem Ziel geändert, die
Fachkräfte der Tagespflege zu qualifizieren und sie zu
einem gleichwertigen Angebot für Kinder unter drei Jah-
ren auszubauen.
Die Tagespflege wird in den nächsten Jahren an Be-
deutung deutlich gewinnen. Das heißt aber auch, dass
sich manche Länder und Kommunen mehr bewegen
müssen als bisher. Wir erwarten, dass die Tagespflege
auf eine sichere gesetzliche Grundlage gestellt wird. Sie-
ben Bundesländer haben die Tagespflege in ihren Aus-
führungsgesetzen zum KJHG berücksichtigt; in neun
Länder ist das noch nicht der Fall. Die Tagespflege muss
ein selbstverständlicher Teil der Jugendhilfeplanung
werden.
Internationale Untersuchungen zeigen, dass die Be-
treuungsqualität deutlich steigt, wenn Tagesmütter regis-
triert sind, einen Austausch mit Kolleginnen haben und
fachlich beraten und betreut werden.
Unsere Regierung unterstützt die Qualitätsentwick-
lung in der Tagespflege durch wissenschaftliche Unter-
suchungen und Projekte. Einen großen Schritt hin zu
einheitlichen Ausbildungsstandards für Tagesmütter und
-väter stellt das neue Curriculum „Qualifizierung in der
Kindertagespflege“ dar, welches vom Deutschen Ju-
gendinstitut im Regierungsauftrag erstellt wurde und
Erkenntnisse aus vielen Wissenschaftszweigen, wie Ent-
wicklungspsychologie über Kleinkindpädagogik berück-
sichtigt. Es wird bereits von vielen Fortbildungsträgern
erfolgreich eingesetzt.
Es verwundert mich jedoch, dass wir gerade von der
FDP einen Antrag zur Tagespflege für eine bedarfsge-
rechte Kinderbetreuung zu beraten haben. In Hamburg,
wo die FDP Regierungsverantwortung im mittlerweile
gescheiterten Mitte-Rechts-Senat hatte, ist sie im Be-
reich Bildung und Betreuung kläglich gescheitert. Der
FDP-Bildungssenator Lange musste auf Grund seiner
mangelnden Kompetenz in der Vermittlung von Kinder-
betreuungsplätzen zurücktreten. Senator Lange stand
seit Monaten wegen des von ihm eingeführten Gut-
scheinsystems für Kindertagesstätten und der Defizite
bei der Finanzierung der Kinderbetreuung in der Kritik.
Lange hinterlässt in seinem Hamburger Bildungsressort
eine Finanzlücke von circa 18 Millionen Euro und Tau-
sende geprellter Eltern, die vergeblich auf eine Betreu-
ung für ihre Kinder gewartet haben.
Das von der SPD initiierte Volksbegehren der Initia-
tive „mehr Zeit für Kinder“ sammelte innerhalb von
14 Tagen knapp 170 000 Unterschriften. Zur Abstim-
mung steht ein neues Kita-Gesetz, für das mindestens
ein Fünftel der Wahlberechtigten von Hamburg votieren
müssen, damit der Volksentscheid erfolgreich wird. Ein
Kernpunkt ist die Ausweitung des Rechtsanspruches für
den Kindergartenbesuch der Drei- bis Sechsjährigen von
vier auf fünf Stunden.
Auf kommunaler Ebene bauen wir seit Herbst 2003
„Lokale Bündnisse für Familien“ auf, die unter Beteili-
gung gesellschaftlich wichtiger Partner, insbesondere
der Wirtschaft, der Gewerkschaften, aber auch sozialer
Verbände, die Rahmenbedingungen für Familien verbes-
sern helfen und unter anderem den Ausbau einer guten
Kinderbetreuung begleiten werden. Ebenso benötigen
wir eine umfassende Weiterentwicklung des Bildungsan-
gebotes, das heißt eine Steigerung der Bildungsqualität
in der frühkindlichen Erziehung. Wir verfolgen eine län-
derübergreifende Verständigung über Bildungsstandards
für Kindertageseinrichtungen und fördern Maßnahmen
zur Erstellung von nationalen Qualitäts- und Bildungs-
standards.
Der Ausbau qualifizierter Betreuungsangebote bedeu-
tet zusammengefasst: bessere Balance von Familien-
und Erwerbsarbeit, mehr Bildung, gemeinsame Verant-
wortung für Erziehung, eine höhere Frauenerwerbstätig-
keit und mehr Wirtschaftskraft. Die SPD-Politik stärkt
die Kooperation und Kommunikation zwischen Bund,
Ländern, Kommunen, Eltern, Kitas, Schulen, Wirtschaft
und sozialen Verbänden, um ein kinder- und familien-
freundlicheres Klima in unserem Land zu schaffen. Die
von uns erfolgreich initiierte „Allianz für die Familie“ ist
gesellschaftlich breit verankert, Familienpolitik ist Zu-
kunftspolitik.
Ingrid Fischbach (CDU/CSU): Familienpolitik ist
in aller Munde. Parteiübergreifend wird festgestellt, dass
neben der Familienförderung auch ein entsprechendes
Angebot an Kinderbetreuungsplätzen vorhanden sein
muss. Die Notwendigkeit wird von niemandem bestrit-
ten, der Ausbau der Betreuungsplätze steht oben auf der
Prioritätenliste.
Deutschland gehört im europäischen Vergleich zu den
Ländern, in denen das Betreuungsangebot von Kindern
insgesamt, insbesondere jedoch der unter Dreijährigen,
nur unzureichend vorhanden und ausgebaut ist. Auch ein
deutliches Gefälle zwischen dem Versorgungsgrad der
neuen, Versorgungsgrad 36 Prozent, zu den alten Bun-
desländern, Versorgungsgrad 2,8 Prozent, macht auf das
Problem aufmerksam.
Eine Möglichkeit, zusätzliche Betreuungsplätze zu
gewinnen, besteht durch den Ausbau der Tagespflege als
qualifiziertes Angebot der Erziehung, Bildung und Be-
treuung von Kindern.
Die Tagespflege ist in der Bundesrepublik Deutsch-
land – besonders in den alten Bundesländern – seit vie-
len Jahrzehnten eine bewährte und anerkannte Betreu-
ungsform für Kinder. Sie ist eine familiäre Form der
Kinderbetreuung, welche die elterliche Erziehung er-
gänzt.
7274 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
In den letzten Jahren gewann die Tagespflege immer
mehr an Bedeutung. Aufgrund der flexiblen Betreuungs-
zeiten trägt sie dazu bei, dass Eltern, insbesondere allein
erziehende Elternteile, Familie und Erwerbstätigkeit
besser miteinander vereinbaren können. Beispiele sind
die Krankenschwestern oder Busfahrerinnen, die – trotz
Krippen-, Kindergarten- oder Hortplatz – aufgrund ihrer
besonderen Arbeitszeiten, – nachts, frühmorgens, am
Wochenende – eine ergänzende Kinderbetreuung brau-
chen. Hier zeigt sich gerade ein besonderer Vorteil der
Tagespflege: die flexible Betreuungszeit.
Für die Eltern des Tagespflegekindes ist diese Betreu-
ungssituation überschaubar und verbindlich. Es gibt in
der Regel nur eine Betreuungsperson, die für die Eltern
Ansprechpartner ist. Sie ist grundsätzlich in der Lage,
auf die Wünsche der Eltern einzugehen, zum Beispiel in
Bezug auf die Erziehung des Kindes und die Betreu-
ungszeiten. Insbesondere bei unregelmäßigen Betreu-
ungszeiten oder einem Betreuungsbedarf außerhalb der
Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen sowie bei
gesundheitlicher Beeinträchtigung des Kindes, wenn
zum Beispiel eine besondere Diät oder Pflege nötig ist,
schätzen Eltern die Tagespflege sehr.
Für die Arbeit der Tagespflegepersonen bildet die fle-
xiblere Gestaltungsmöglichkeit der zeitlichen Einteilung
und der pädagogischen Arbeit eine wichtige Rahmenbe-
dingung. Auch die individuellen Ausgestaltungsmög-
lichkeiten, wie zum Beispiel das Treffen bestimmter Er-
ziehungsabsprachen zwischen der Tagesfamilie und den
Eltern, sind Kennzeichen der Arbeitsbedingungen in der
Tagespflege.
Tagespflegepersonen haben den Auftrag, Kinder in
ihrer Entwicklung und Bildung zu fördern. Gerade für
Kinder unter drei Jahren ist nach entwicklungspsycholo-
gischen Erkenntnissen die Erziehung durch eine Tages-
pflegeperson förderlich. Die kontinuierliche Beziehung
durch eine/n Tagesmutter/-vater eröffnet dem Kind mehr
Aufmerksamkeit und Zuwendung nach individuellen Er-
fordernissen. Das Wohl des Kindes sollte immer im Mit-
telpunkt stehen.
Durch Betreuung, Bildung und Erziehung ist die För-
derung der Entwicklung der Tageskinder zu eigenständi-
gen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu leis-
ten. Für die pädagogische Praxis ist es erforderlich, dass
Tagespflegepersonen sich darüber bewusst sind, welches
Bildungsangebot zeitgemäß und für Kinder wichtig ist
und wie sie als Tagesmutter/Tagesvater die Kinder in ih-
ren Bildungsprozessen unterstützen können. Dieser An-
spruch kann nur über die Qualifizierung der Tagespfle-
gepersonen geleistet werden.
Notwendig ist eine Verbesserung der Rahmenbedin-
gungen der Tagespflege insgesamt, speziell wünsche ich
mir erst einmal eine einheitliche Bewertung der Beschäf-
tigungssituation der Tagesmütter. Deshalb freue ich
mich sehr, dass wir heute die Möglichkeit haben, uns in
ersten Lesung mit dem Bereich der Tagespflege zu be-
schäftigen.
Obgleich die Kindertagespflege in § 23 SGB VIII als
gleichrangiges Angebot der Kindertagesbetreuung neben
institutioneilen Angeboten verankert ist und diese zum
Teil auch öffentlich vermittelt und gefördert wird, be-
steht ein großer Teil der Tagespflege aus privat organi-
sierten Betreuungsverhältnissen.
Vor diesem Hintergrund ist die Situation bezüglich
der Mindeststandards in der Tagespflege sowie die Bera-
tung über Tagespflege sowohl für Tagesmütter und -vä-
ter als auch für betroffene Familien teilweise unbefriedi-
gend.
Eine Qualifizierung von Tagespflegepersonen ist bis-
lang nicht obligatorisch, sondern wird lediglich empfoh-
len. Außerdem gelten die Rahmenbedingungen für Ta-
gesmütter und -väter beispielsweise in Bezug auf
Sozialversicherung und Besteuerung in mancher Hin-
sicht als zu kompliziert, uneinheitlich und zu bürokra-
tisch.
Dies ist leider so: Die Situation der Tagespflege ist
durch die bundesweit unterschiedlichen Regelungen in
Bezug auf Qualifizierung, Finanzierung, Fachberatung
und Vermittlung sowohl für die Familien als auch die
Tagespflegepersonen unbefriedigend. Deshalb ist es für
die Tagespflege dringend notwendig, einheitliche Rah-
menbedingungen zu schaffen, die die Tagespflege als
gleichwertige, flexible Form neben den institutionellen
Betreuungseinrichtungen weiter etabliert und stärkt. Da-
rin sind wir uns einig.
Wir sind uns auch einig, dass die geltende Rechtslage
mehr verwirrt als Aufklärung und Rechtssicherheit ver-
mittelt, im Gegenteil. Ist die Tagesmutter selbstständig
tätig oder liegt ein Arbeitsverhältnis vor? Kann sie eine
Ich-AG gründen? Was muss sie beachten: Muss sie eine
zusätzliche Krankenversicherung haben oder reicht die
Familienversicherung? Welche Steuern muss sie worauf
zahlen, was ist steuerfrei? Die Liste ließe sich endlos
verlängern.
Praxisberichte zeigen, dass sehr unterschiedliche
Aussagen zur Sozialversicherungspflicht und zu Steuer-
fragen existieren. Es kann nicht sein, dass Tagesmütter,
je nach Sichtweise und Interpretation des Sachbearbei-
ters der Krankenkasse, Rentenversicherungsanstalt oder
auch des Finanzamtes ganz unterschiedliche Bescheide
erhalten.
Deshalb muss die Regelung des sozial- und steuer-
rechtlichen Status von Tagespflegeeltern grundsätzlich
neu gefasst werden. Die Ungleichbehandlung derjenigen
zum Beispiel, die auf privater Basis, und denen, die im
Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe Tageskinder be-
treuen, sollte aufgehoben werden.
Alle Tagespflegepersonen leisten im öffentlichen In-
teresse eine Dienstleistung. Sie sollten ein leistungsge-
rechtes Entgelt nach Steuern erhalten. Die Höhe der Ent-
gelte muss vergleichbar sein.
Die im Entgelt enthaltenen Beträge zur Sozialversi-
cherung müssen in jedem Fall so hoch sein, dass damit
eine eigenständige Absicherung gewährleistet ist. Es ist
zu klären, inwieweit Beiträge in die gesetzliche Renten-
versicherung oder in eine private Versicherung zu zahlen
sind. Frau Lenke hat in ihrem Antrag sehr ausführlich
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7275
(A) (C)
(B) (D)
auf die unzureichende Rechtslage hingewiesen, sodass
ich an dieser Stelle nur darauf verweisen möchte.
Aber ich möchte im Folgenden auf einige andere
Punkte eingehen, die ebenso einer Regelung bedürfen.
Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch deutlich ma-
chen, dass die Neuregelungen nur in Zusammenarbeit
von Bund, Ländern und Kommunen bzw. kommunalen
Spitzenverbänden erfolgen können und müssen, denn
gerade die desolate finanzielle Situation unserer Kom-
munen ist uns bewusst. Deshalb sollten wir auch hier an
dem Konnexitätsprinzip festhalten: Wer bestellt, muss
auch bezahlen!!
Im Folgenden weitere Eckpunkte:
Mindeststandards. Zur Sicherstellung bundeseinheit-
licher Mindeststandards bei den Tagespflegepersonen
wird eine verbindliche Grundqualifizierung empfohlen.
Diese könnte sich beispielsweise an den Empfehlungen
des DJI oder des Curriculums des Bundesverbandes Ta-
gesmütter orientieren.
Zur Zuverlässigkeit. Um die Zuverlässigkeit des Be-
treuungsangebotes im Sinne einer verbesserten Qualifi-
zierung, Beratung, Vermittlung und Praxisbegleitung zu
gewährleisten, sind die strukturellen Rahmenbedingun-
gen zu schaffen. Dies könnte zum Beispiel in Form von
Tagespflegestützpunkten erfolgen, wie sie in dem in die-
sem Jahr gestarteten bayerischen Modell „Modellprojekt
zur Förderung der qualifizierten Tagespflege“ vorgese-
hen sind. Tagespflegestützpunkte, die mit mindestens ei-
ner sozialpädagogischen Fachkraft und Verwaltungs-
kräften besetzt sind, können entweder am Jugendamt,
aber auch an einem Kindergarten, einer Kinderkrippe
oder einem Mütterzentrum errichtet werden. Sie sollen
die Gewinnung, Qualifizierung und Beratung der Tages-
pflegekräfte sicherstellen sowie die Vermittlung der Ta-
gespflegekräfte übernehmen. Bei Bedarf können sie die
aushilfsweise Mitbetreuung durch eine andere Tages-
mutter organisieren, gegebenenfalls die Kinder im Er-
satzdienst betreuen sowie Verwaltungsaufgaben über-
nehmen.
Zur Begrifflichkeit „Tagespflege“. Gemäß den Emp-
fehlungen des Städtetages Nordrhein-Westfalen sollte in
diesem Zusammenhang über eine neue Begrifflichkeit,
„Tagesbetreuung in Familien“ nachgedacht werden. Der
Begriff „Tagespflege“ beinhaltet mehr die Pflege als die
Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern. Lang-
fristiges Ziel sollte die Anerkennung der Kinderbetreu-
ung in Tagespflege als neues Berufsfeld werden.
Als letzten Punkt möchte ich kurz auf das Thema Eu-
ropa eingehen. Tagespflege ist europaweit eine alternati-
ves und ergänzendes Kinderbetreuungsangebot. Im Rah-
men des Zusammenwachsens der Europäischen Union
sollten daher die Qualitätsmerkmale für die strukturelle
und inhaltlich-fachliche Umsetzung der Kinderbetreu-
ung in Tagespflege in einer EU-Richtlinie verankert wer-
den.
Die Tagesbetreuung von Kindern ist ein entscheiden-
der Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ihre Stärken und Vorzüge sollten weiter ausgebaut und
gefördert werden. Nur so haben Eltern die Wahl zwi-
schen verschiedenen Betreuungsangeboten, die in Quali-
tät und Kosten vergleichbar sind.
Die Bundesministerin hat in den vergangenen Tagen
die große Bedeutung der Tagespflege für den Ausbau der
Kinderbetreuung hervorgehoben und für den Aufbau ei-
nes bedarfsgerechten Betreuungsnetzes und einer besse-
ren Infrastruktur für die Tagespflege plädiert. Ziel müsse
es sein, die Tagespflege zu einem gleichwertigen Ange-
bot für Kinder unter drei Jahren auszubauen. Dem kann
ich nur zustimmen, und bei dieser großen Übereinstim-
mung freue ich mich auf die anstehenden Beratungen.
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
Schaffung einer hochwertigen und bedarfsgerechten
Kindertagesbetreuung ist eine zentrale Aufgabe für die-
ses Jahrzehnt. Daran führt kein Weg vorbei, und zwar
aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Vorneweg möchte ich jedoch bereits sagen: Die Ta-
gespflege spielt eine wesentliche Rolle bei der Schaf-
fung einer besseren Kinderbetreuungsstruktur. Daran ha-
ben wir keinen Zweifel gelassen. Auch und gerade das
Familienministerium hat diesen Aspekt betont und in
seinen Planungen entsprechend berücksichtigt.
Völlig klar ist aber auch: Das Kinderbetreuungssys-
tem muss insgesamt ausgeweitet und, wo nötig, verbes-
sert werden. Die rot-grüne Koalition ist hier auf dem
richtigen Weg. Es macht derzeit keinen Sinn, Einzelas-
pekte isoliert herauszugreifen und den Gesamtkomplex
dabei aus dem Auge zu verlieren. Wir benötigen ein Ge-
samtkonzept, an dem alle politischen Ebenen und alle
Akteure gemeinsam arbeiten. Genau daran arbeitet die
Bundesregierung. Münden wird das dann in einen Be-
treuungsgipfel, der eine klare Richtung für den Ausbau
der Kindertagesbetreuung in den kommenden Jahren be-
siegeln soll.
Bei der FDP ist von einem solchen Gesamtkonzept je-
doch nichts zu erkennen. Als Oppositionspartei mag
man ihr das noch durchgehen lassen. Verantwortliches
Regierungshandeln verlangt aber einiges mehr. Ein
Blick nach Hamburg zeigt, wie es um die liberale Kom-
petenz bei Betreuung, Erziehung und Bildung bestellt
ist. Die dort zuständige FDP hat das Hamburger Kita-
System sehenden Auges an die Wand fahren lassen. Und
das ist nicht mal soeben über Nacht gekommen. Die Ent-
wicklung hatte sich schon lange abgezeichnet. FDP und
die gesamte Senatsregierung waren dem fachlich nicht
gewachsen. Ein solches Desaster ist wohl beispiellos in
Deutschland. Und das Schlimme daran ist das müssen
zahllose Hamburger Kinder und ihre Eltern ausbaden.
Und dabei brauchten gerade Familien verlässliche Rah-
menbedingungen.
Dennoch will ich Ihren guten Willen anerkennen,
dass wir in Deutschland ein gutes, ein hochklassiges
System der Kindertagesbetreuung etablieren können.
Unsere Nachbarländer demonstrieren, dass das durchaus
zu machen ist. Und wir sehen bei ihnen auch, wie sehr
sie davon profitieren. Deshalb mein Appell an die FDP
im Bund, besonders aber in den Ländern: Beteiligen Sie
sich an unserem Ausbauprojekt. Selbstverständlich
7276 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
werden wir ihre Anregungen prüfen. Im Bereich der Ta-
gespflege gibt es natürlich Raum für Verbesserungen.
Ich denke da beispielsweise an das Qualitätsmanage-
ment. Hier gibt es gute Verbesserungsansätze. Die Ta-
gespflege muss mit Nachdruck aus der Grauzone heraus-
geholt werden. Sie hat besondere Vorzüge, die ihr auch
zukünftig einen wichtigen Stellenwert einräumen.
Hier muss aber ein schlüssiges Gesamtkonzept umge-
setzt werden. Das ist eine große Herausforderung für uns
alle. Wenn wir unsere Gesellschaft innovativ umgestal-
ten wollen, müssen wir auch diese Aufgabe lösen. Wir
schaffen damit mehr Chancengerechtigkeit für unsere
Kinder. Wir führen sie an Bildung heran, sodass sie ihr
Leben im 21. Jahrhundert meistern können. Wir ermög-
lichen eine Balance zwischen Familie und Beruf, die
sich schon heute so viele Eltern – vor allem Mütter –
herbeisehnen. Und wir entkommen so vielleicht der de-
mographischen Falle, in der wir fast schon gefangen
sind.
Ina Lenke (FDP): Nach den Bundestagswahlen 1998
und 2002 versprach die rot-grüne Bundesregierung den
Wählern und Wählerinnen mehr Kinderbetreuung. Bis
heute hat sie das Versprechen nicht umgesetzt.
Um die Bundesregierung aufzufordern, die fatale
Kinderbetreuungssituation in Deutschland zu verbes-
sern, hat die FDP-Bundestagsfraktion schon im Jahr
2001 Antworten zur „Einkommensteuerlichen und ren-
tenversicherungsrechtlichen Situation von Müttern und
Vätern in der Tagespflege“ (Drucksache 14/7725 ) ver-
langt und in einer Kleinen Anfrage Ende 2002 Antwor-
ten gefordert, wie die „Realisierung einer bedarfsgerech-
ten Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren“
(Drucksache 15/338) aussehen soll. Die Bundesregie-
rung hat bisher kein Gesamtkonzept vorgelegt, nur Ab-
sichtserklärungen.
Die Familienministerin will nun für Kinder unter drei
Jahren 121 000 Krippenplätze, für 142 000 Kinder indi-
viduelle Tagespflegeplätze schaffen. Das ist bisher ein
ungedeckter Scheck. Zeithorizont: Erst bis zum Jahr
2010.
Die Ankündigung, qualifizierte Tagesmütter in das
Gesamtkonzept einzubinden, begrüßt die FDP ausdrück-
lich. Mit einer Tagesmutter können die Eltern flexible
Betreuungszeiten aushandeln, zum Beispiel unabhängig
von Öffnungszeiten staatlicher Kindergärten. Die Kinder
leben in familienähnlichen Strukturen und haben eine
Kontinuität der Bezugsperson. Für viele Eltern und Al-
leinerziehende ist eine qualifizierte Tagesmutter oft die
einzige Lösung. Die FDP will das auch, aber nicht zu
den heutigen schlechten Rahmenbedingungen.
Meines Erachtens hat der Staat in der Tagespflege
ordnungspolitisch versagt. Die Rahmenbedingungen
sind ein Horror. Für die Tagesmütter und -väter heißt es
heute: Vorsicht, Falle! Undurchschaubare Steuer- und
sozialversicherungsrechtliche Regelungen schaffen fi-
nanzielle Unsicherheit.
Deshalb legt die FDP-Bundestagsfraktion heute ein
Zukunftskonzept für die Tagespflege vor. Was sind die
zentralen Ziele der FDP? Wir wollen die Tagespflege als
zweite Säule neben der institutionellen Kinderbetreuung.
Wir wollen die Tagespflege als qualitativ hochwertiges
und gleichrangiges Kinderbetreuungsangebot. Wir wol-
len einheitliche, einfache und unbürokratische rechtliche
Regelungen, für Eltern und Tagesmütter verständlich
und attraktiv. Wir wollen eine Pflicht zur Altersvorsorge
für selbstständige Tagesmütter und die Wahlfreiheit zwi-
schen staatlicher und privater Rentenversicherung.
Wo sind die Defizite? Die Vorschriften im Steuer- und
Sozialversicherungsrecht für eine selbstständige Tages-
mutter oder einen selbstständigen Tagesvater, aber auch
bei einer Arbeitnehmertätigkeit sind undurchschaubar.
Die finanziellen Folgen sind zum Beispiel hohe Nach-
forderungen bei Rentenbeiträgen. Rechtliche Unsicher-
heit verursacht Schwarzarbeit. Die Nachfrage ist größer
als das Angebot an qualifizierten Tagesmüttern. Es gibt
keine umfassende Professionalisierung und bundesweite
Qualitätssicherung.
Wie können Defizite beseitigt werden? Die Tages-
pflege für Kinder unter drei Jahren wird als gleichran-
gige Betreuungsform in die neue öffentliche Förderung
einbezogen. Die Bundesregierung stellt mit den Ländern
und den kommunalen Spitzenverbänden sicher, dass bei
der Umsetzung des Betreuungskonzeptes den Kommu-
nen dauerhaft Finanzmittel zur Verfügung gestellt wer-
den. Die Bundesregierung lässt von Fachleuten aus Wis-
senschaft und Praxis gemeinsame Qualitätsstandards
und bundeseinheitliche Mindestvorgaben für die öffent-
lich geförderte Tagespflege erarbeiten. Die Zahlung des
Jugendamtes oder privater Auftraggeber an Tagesmütter
oder -väter sollen steuerlich gleich behandelt werden.
Wiedereinführung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von
legalen Beschäftigungsverhältnissen im Privathaushalt.
Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten absetzbar für
Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen als Werbungs-
kosten und für Selbstständige als Betriebsausgaben.
Die Zahl der Tagespflegestellen wird in Deutschland
auf circa 300 000 geschätzt. Wenn wir eine Weiterent-
wicklung der Tagespflege politisch wollen, müssen wir
handeln, und zwar jetzt. Junge Frauen und Männer su-
chen Familie und Beruf zu vereinbaren. Eltern brauchen
eine verlässliche Lebensperspektive von Erwerbstätig-
keit und zuverlässiger Tagesbetreuung.
Für die Beratungen im Familienausschuss schlage ich
jetzt schon eine öffentliche Anhörung dazu vor. Ich freue
mich auf eine produktive und konstruktive Beratung.
Anlage 10
Zu Protkoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Zwölften Ge-
setzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
(Tagesordnungspunkt 20)
Dr. Marlies Volkmer (SPD): Mit der 12. AMG-No-
velle steht heute eine der weitreichendsten und wichtigs-
ten Reformen des deutschen Arzneimittelrechts zur De-
batte. Der vorliegende Gesetzentwurf dient vor allem der
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7277
(A) (C)
(B) (D)
Verbesserung der Arzneimittelsicherheit und enthält im
wesentlichen die zur Umsetzung von EU-Recht notwen-
digen Regelungen zur klinischen Prüfung von Arzneimit-
teln an Menschen. Damit verbessern wir die Konkurrenz-
fähigkeit des Pharmastandorts Deutschland innerhalb
eines starken Pharmastandorts Europa.
Klinische Forschung findet im Spannungsfeld zwi-
schen langfristig therapeutisch nutzbaren Forschungsin-
teressen und dem Schutz der Patienten statt. Gleichzeitig
die klinische Forschung durch eine Beseitigung von Ver-
fahrenshemmnissen zu erleichtern und die Patientensi-
cherheit zu erhöhen, das ist das Anliegen des vorliegen-
den Gesetzentwurfs. Hohe qualitative Anforderungen an
die klinische Forschung stehen dabei in keinem Gegen-
satz zu industriepolitischen Zielen. Im Gegenteil: Gerade
eine gute Qualität der Forschung und der aus ihr resultie-
renden Arzneimittel stärkt im internationalen Maßstab
die Wettbewerbsfähigkeit, vor allem durch ein stärkeres
Vertrauen der Patientinnen und Patienten.
Insbesondere in den die Ethik-Kommissionen betref-
fenden gesetzlichen Regelungen manifestiert sich die
Gleichzeitigkeit von Patientenschutz und Forschungser-
leichterung. Durch das Gesetz wandelt sich die Rolle der
Ethik-Kommission vom berufsrechtlichen Beratungsgre-
mium zu einer Patientenschutzorganisation mit Behör-
dencharakter. Künftig darf ein Prüfer erst mit einer klini-
schen Prüfung beginnen, wenn die zuständige Ethik-
Kommission sein Vorhaben zustimmend bewertet und
die zuständige Bundesoberbehörde dieses genehmigt
hat. Bislang konnte im Falle eines negativen Votums
gleichwohl die klinische Prüfung begonnen werden,
wenn eine Zustimmung der zuständigen Bundesoberbe-
hörde vorlag.
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
pharmazeutischen Forschung werden mit der 12. AMG-
Novelle aber auch Schritte zu einer Straffung des Ver-
fahrens und einer deutlichen Verkürzung der Zulas-
sungsfristen unternommen. In Zukunft wird nur noch
eine Ethik-Kommission federführend zuständig sein, die
anderen Kommissionen arbeiten ihr zu. Zudem hat die
zuständige Ethik-Kommission eine Entscheidung über
einen Antrag auf Genehmigung innerhalb einer Frist von
höchstens 60 Tagen zu treffen, die verlängert oder auch
verkürzt werden kann. Das Nähere hierzu soll eine Ver-
ordnung regeln, in der alle Spielräume der EU-Richtlinie
ausgenutzt werden sollen.
Ein wesentliches Anliegen des Gesetzes ist die Ver-
besserung der Arzneimittelsicherheit. Zwar sind bereits
nach bestehendem Recht die Herstellung und das Inver-
kehrbringen gefälschter Arzneimittel sanktioniert. Neu
ist jedoch die Aufnahme eines Verbotes der Herstellung
oder des Inverkehrbringens von Arzneimitteln, die in
Bezug auf ihre Identität oder Herkunft falsch gekenn-
zeichnet sind. Damit werden die Regelungen des bisheri-
gen AMG verschärft, die lediglich auf eine mindere
Qualität gefälschter Arzneimittel abhoben. Für einen
solchen Verstoß wird das Strafmaß mit einer Androhung
von drei Jahren Freiheitsentzug deutlich verschärft.
Ein Einfallstor für Arzneimittelfälschungen scheint
bisher der Großhandel zu sein. Denn bislang reichen ein
Gewerbeschein und eine einfache Anmeldung aus, um
Handel mit Arzneimitteln zu betreiben. Mit der Einfüh-
rung einer behördlichen Erlaubnispflicht für den Groß-
handel wird nun einer langjährigen Forderung des Bun-
desverbandes des pharmazeutischen Großhandels
entsprochen. Durch die Überwachung aller zugelassenen
Marktteilnehmer und die damit verbundene Transparenz
der Vertriebswege wird diese Maßnahme maßgeblich zur
Verbesserung der Arzneimittelsicherheit beitragen.
Ein zentrales Anliegen des Gesetzentwurfes ist die
Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei Kindern
und Jugendlichen. Denn noch immer ist ein Großteil der
bei Kindern angewendeten Arzneimittel ohne arzneimit-
telrechtliche Zulassung für die spezifische Anwendung
bei Kindern. Ja, für etliche Krankheiten, von denen Kin-
der betroffen sind, gibt es überhaupt keine zugelassenen
Arzneimittel.
Die Ursachen dafür sind vielschichtig Eine Ursache
ist die bisherige gesetzliche Regelung der Forschung an
Minderjährigen, die teilweise missverstandlich und un-
klar war und damit zu einer erheblichen Rechtsunsicher-
heit geführt hat. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen
ließen zudem Forschung nur dann zu, wenn durch die
Teilnahme an einer Studie für das Kind ein individueller
Nutzen vermutet werden konnte.
Rechtssicherheit herzustellen und die klinische For-
schung für Arzneimittel für Kinder zu erleichtern ist das
Ziel des Gesetzentwurfes. Künftig soll auch solche For-
schung an kranken Minderjährigen unter strengen Aufla-
gen zugelassen werden, wenn ein so genannter Gruppen-
nutzen vorliegt. Dieser liegt beispielsweise vor, wenn
nach einem erfolgreichen Abschluss einer Therapie etwa
eine zusätzliche Blutuntersuchung vorgenommen wird,
von der ein individueller Nutzen für die betreffende Per-
son nicht erwartet werden kann, wohl aber ein künftiger
Nutzen für die jeweilige Patientengruppe. Für solche
Untersuchungen muss selbstverständlich immer die Ein-
willigung des gesetzlichen Vertreters vorliegen und – so-
fern Einsichtsfähigkeit vorliegt – auch die des Kindes.
Natürlich wirft eine solche Liberalisierung bei min-
derjährigen und damit besonders schutzbedurftigen Pro-
banden ethische Fragen nach der Zulässigkeit solcher
Forschung auf. Mit diesen Fragen befasst sich derzeit die
Enquete-Kommission „Ethik und Recht in der modernen
Medizin“, die noch im laufenden Gesetzgebungsverfah-
ren eine Gutachterliche Stellungnahme vorlegen wird
Die Zeit für die Verabschiedung des AMG drängt.
Der Zeitdruck sollte uns aber nicht daran hindern, die
gefundenen Regelungen daraufhin zu überprüfen, ob un-
sere Ziele erreicht werden: die Arzneimittelsicherheit zu
verbessern und bei klinischen Prüfungen Rechtssicher-
heit sowie einen umfassenden Probandenschutz, insbe-
sondere bei nicht einwilligungsfähigen Personen, herbei-
zuführen.
Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU): In dieser Legislaturpe-
riode steht heute bereits zum fünften Mal unmittelbar
und mittelbar das Thema Arzneimittel auf der Tagesord-
nung des Deutschen Bundestages. Im Wesentlichen
7278 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
(A) (C)
(B) (D)
handelte es sich bisher um Kostendämpfungsgesetze: um
das Beitragssatzsicherungsgesetz, das Positivlistenge-
setz und das GKV-Modernisierungsgesetz.
Bei der 12. AMG-Novelle hingegen geht es aus-
nahmsweise einmal nicht um die Diskriminierung der
Arzneimittel als den Kostentreiber Nummer eins in der
GKV; es geht vielmehr um die Entwicklung und Prüfung
von Arzneimitteln sowie um die Arzneimittelsicherheit.
Was die Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln
betrifft, haben wir uns bereits bei der Diskussion des An-
trags der CDU/CSU-Fraktion „Klinische Prüfung in
Deutschland entbürokratisieren“ intensiv damit beschäf-
tigt. Leider haben damals SPD und Grüne unseren An-
trag abgelehnt.
In dem Bericht des Ausschusses für Bildung, For-
schung und Technologiefolgenabschätzung zu diesem
Antrag habe ich etwas Interessantes gelesen: „Vonseiten
der Berichterstatterin der Fraktion der SPD wird kriti-
siert, dass der Antrag alles ignoriere, was von der Bun-
desregierung auf dem Gebiet der Förderung der pharma-
zeutischen Forschung bereits getan worden sei, um die
Rahmenbedingungen der pharmazeutischen Unterneh-
men in Deutschland zu verbessern.“
Ich weiß nicht, was die SPD unter Verbesserung der
Rahmenbedingungen versteht; ich weiß nur, dass ich
noch niemanden gefunden habe, der eine Verbesserung
erkennen konnte. Eine Verschlechterung hingegen ist na-
hezu überall zu spüren.
Auch die Umsetzung der der 12. AMG-Novelle zu-
grunde liegenden EU-Richtlinien zur klinischen Prüfung
und zur Pharmakovigilanz bzw. zur Arzneimittelsicher-
heit führt nicht zur Verbesserung der Standortbedingun-
gen in Deutschland. Nun muss zugegebenermaßen einer-
seits vieles umgesetzt werden, da es europäisches Recht
so vorgibt. Andererseits aber wurde in vielen Punkten
der Rahmen, den die Richtlinien vorgeben, entweder
nicht ausgeschöpft oder aber überzogen. So oder so steht
fest, dass die Umsetzung zu mehr Bürokratismus und zu
einer stärkeren Belastung insbesondere mittelständischer
Unternehmen führt.
Insbesondere die Richtlinie zur klinischen Prüfung
soll so umgesetzt werden, dass wir in Deutschland kräf-
tige Standortnachteile hinnehmen müssen. Mit unserem
bereits angesprochenen Antrag „Klinische Prüfung in
Deutschland entbürokratisieren“ wollten wir dem entge-
gentreten. Da aber die Koalitionsfraktionen mit ihrer
Mehrheit diesen Antrag abgelehnt haben, finden sich
viele wichtige Punkte, die in die richtige Richtung ge-
führt hätten, nicht in der Novelle wieder.
So wollten wir zum Beispiel erreichen, dass als Vo-
raussetzung für den Beginn einer klinischen Prüfung nur
ein zustimmendes Votum erforderlich ist – auch bei mul-
tizentrischen Prüfungen. Ziel war, eine dringend erfor-
derliche Vereinfachung des komplexen Ethik-Kommis-
sionsverfahrens zu erreichen. Das ist übrigens auch eine
Forderung des Bundesrates. Denkt man daran, dass es in
Deutschland 52 verschiedene Ethik-Kommissionen gibt,
so kann man nur zu dem Schluss kommen, dass dem Bü-
rokratismus keine Grenzen gesetzt sind. Das Traurige
dabei ist, dass trotz mehr Bürokratismus der Schutz der
Prüfungsteilnehmer nicht verbessert wird.
Hinzu kommt noch, dass dadurch, dass ein Auftrag-
geber einer klinischen Prüfung eine Vielzahl von Anträ-
gen an die verschiedenen Ethik-Kommissionen stellen
muss, ihm nicht nur erhebliche Kosten entstehen, son-
dern es auch zu unnötig langen Verzögerungen kommt.
Auch das stellt einen erheblichen Standortnachteil dar.
Deswegen sollte unbedingt Art. 7 der Good-Clinical-
Practice-Richtlinie umgesetzt werden. Danach ist für
multizentrische klinische Prüfungen die Stellungnahme
nur einer einzigen Ethik-Kommission pro Mitgliedstaat
– und dies ungeachtet der Anzahl der Ethik-Kommissio-
nen – ausreichend.
In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass
es mehr als sinnvoll ist, dass die Kontaktstelle für die
Probanden beim Bundesgesundheitsministerium bzw.
dessen Untergliederungen angesiedelt wird. Sie darf sich
nicht auf Länderebene befinden, wie es in der 12. AMG-
Novelle festgelegt ist. Denn Informationen und Unterla-
gen über die klinischen Prüfungen laufen nach neuem
Recht beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizin-
produkte bzw. beim Paul-Ehrlich-lnstitut zusammen.
Den Ländern liegen also diese Informationen gar nicht
vor, sodass eine Ansiedlung der Kontaktstellen auf Län-
derebene nur der Bürokratie dient, ansonsten aber ganz
offensichtlich keinen Sinn macht.
Völlig unverständlich ist auch, dass für einige Arznei-
mittel neue Hindernisse für die Zulassung zur klinischen
Prüfung errichtet werden. Während grundsätzlich für die
Genehmigung der klinischen Prüfung eine Anzeige bei
der zuständigen Behörde ausreicht und bei fehlender Re-
aktion die Genehmigung als erteilt gilt, muss bei be-
stimmten Arzneimitteln eine schriftliche Genehmigung
erteilt werden. Das mag in einigen Fällen vernünftig
sein.
Bemerkenswert ist, dass das grundsätzlich bei Arznei-
mitteln gefordert wird, deren Wirkstoff ein biologisches
Produkt tierischen Ursprungs ist oder biologische Be-
standteile tierischen Ursprungs enthalten. Dies wird von
der Richtlinie nicht verlangt. Und es führt dazu, dass bei-
spielsweise alle Arzneimittel mit Laktose, Milchzucker,
unter die schriftliche Genehmigungspflicht fallen.
In der 12. AMG-Novelle wird auch die gruppennüt-
zige Forschung an Minderjährigen geregelt. Dieses
Thema beinhaltet für viele von uns – ich glaube, unab-
hängig von der Parteizugehörigkeit – gewaltigen Kon-
fliktstoff. Denn auf der einen Seite steht der Wunsch der
Eltern von erkrankten Kindern nach neuen Behandlungs-
möglichkeiten und neuen Arzneimitteln; auf der anderen
Seite aber kommt es zu Eingriffen nicht nur in die
Grundrechte minderjähriger Probanden, sondern auch zu
Verletzungen der Menschenwürde und des Rechts der
allgemeinen bzw. der körperlichen Selbstbestimmung.
Deswegen ist es sehr bedauerlich, dass bei einem so sen-
siblen Thema wie der klinischen Prüfung von Arzneimit-
teln bei Kindern nicht die gutachterliche Stellungnahme
der Enquetekommission „Recht und Ethik in der moder-
nen Medizin“ abgewartet wird.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003 7279
(A) (C)
(B) (D)
Da sich die Bundesregierung zweieinhalb Jahre Zeit
mit der Umsetzung der Richtlinie gelassen hat und die
Stellungnahme der Enquete-Kommission im Januar des
nächsten Jahres vorliegen soll, wäre es fair und vernünf-
tig, die Ergebnisse abzuwarten, um sie dann in entspre-
chender Form berücksichtigen zu können.
Aber neben der klinischen Prüfung enthält die
12. AMG-Novelle auch viele andere Änderungen, die
zum großen Teil – aber nicht immer – auf europarechtli-
chen Vorgaben beruhen.
Dabei sind einige Regelungen des Gesetzentwurfs,
die der Arzneimittelsicherheit dienen, durchaus zu be-
grüßen, so zum Beispiel die Bildung einer Kommission
„Arzneimittel für Kinder und Jugendliche“, die Stärkung
der Sanktionsmöglichkeiten bei Arzneimittelfälschun-
gen oder die Einführung eines Erlaubnisvorbehalts für
den pharmazeutischen Großhandel. Allerdings steckt
hier der Teufel im Detail. Beim näheren Hinsehen stellt
sich nämlich heraus, dass durch die Änderungen beson-
ders kleinere und mittlere Betriebe unverhältnismäßig
stark belastet werden. Deswegen muss jede Regelung
genauestens überprüft werden, ob die Vorgaben so um-
gesetzt sind, dass der Standort Deutschland gegenüber
anderen Ländern nicht benachteiligt wird und die Rege-
lungen nicht besonders mittelständische Betriebe belas-
ten. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen:
Erstens: Die Neudefinition des Begriffs „Wirkstoff“.
Nach dem geltenden AMG sind Wirkstoffe Stoffe, die
dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimit-
teln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu
werden.
Die Intention der EU-Richtlinie ist, zukünftig die De-
finition „Wirkstoff“ um Bestandteile von Gentransfer-
Arzneimitteln zu erweitern. So weit, so gut. Was aber
macht die Bundesregierung? Sie erweitert die Definition
um die Stoffe, die bei ihrer Verwendung in der Arznei-
mittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen
der Arzneimittel werden. Letztendlich bedeutet das, dass
zukünftig insbesondere pflanzliche, homöopathische
und anthroposophische Inhaltsstoffe als Wirkstoffe gel-
ten, da sie durch die Verwendung zu arzneilich wirksa-
men Bestandteilen werden. Und das wiederum bedeutet,
dass für die Hersteller von Naturarzneimitteln zukünftig
strengere Herstellungs- und Handhabungsanforderungen
gelten, die mit weit reichenden finanziellen und organi-
satorischen Konsequenzen verbunden sind.
Zweitens: Als weiteres Beispiel möchte ich die Belas-
tung der kleineren und mittleren Hersteller durch die
Verschärfung der Regeln zur Qualifikation von Herstel-
lungs- und Kontrollleitern nennen. Bisher war es so, dass
Herstellungs- und Kontrollleitung bei Betrieben, die
Wirkstoffe herstellen, in einer Person – sozusagen in
Personalunion – vereint sein konnten. Zukünftig soll es
aber in den Betrieben neben dem Herstellungsleiter auch
einen Kontrollleiter geben, also wieder einmal ein deut-
scher Sonderweg. Denn EU-Recht spricht nur von einer
„qualified person“. Auch damit werden vor allem klei-
nere und mittlere Firmen belastet, da sie sich in aller Re-
gel zusätzliches hoch qualifiziertes Personal nicht leisten
können.
Eine weitere Änderung durch die 12. AMG-Novelle
zeugt meiner Meinung nach sogar von einer völligen
Unkenntnis der üblichen Praxis in den Betrieben. Denn
bisher war für Herstellungs- und Kontrollleiter eine
zweijährige Erfahrung in Herstellung oder Prüfung not-
wendig. Nun wird verlangt, dass der Herstellungsleiter
zweijährige Erfahrung in der Herstellung und der
Kontrolleiter zweijährige Erfahrung in der Arzneimittel-
prüfung haben muss. Einerseits ist ein Austausch der
Positionen im Rahmen von Jobrotationen durchaus üb-
lich. Und andererseits wird durch eine ganzheitliche Be-
urteilung des Gesamtgeschehens in der Produktion eine
optimale Arzneimittelsicherheit gewährleistet. Festzu-
halten bleibt, dass diese Änderung weder unter dem Ge-
sichtspunkt der Arzneimittelsicherheit noch unter den
Erfordernissen des EU-Rechts zwingend erforderlich ist.
Für sehr bedenklich halte ich auch, dass durch die
12. AMG-Novelle in einigen Fällen die Zustimmungs-
pflicht des Bundesrates ausgehebelt wird. Insbesondere
im Zusammenhang mit der Herausnahme der OTC-
Präparate aus der Erstattungspflicht erscheint es äußerst
bedenklich, dass bestimmte Kriterien, die zur Verschrei-
bungspflicht führen, allein vom BMGS per Rechtsver-
ordnung festgelegt werden können. Das BMGS kann
also hier zukünftig ohne Zustimmung des Bundesrates
schalten und walten.
Ganz offensichtlich will sich die Bundesregierung da-
mit künftig ein Steuerungsinstrument schaffen, durch
das sie die Ausgaben der GKV nach Belieben beeinflus-
sen kann. Denn dadurch, dass nach dem GKV-Moderni-
sierungsgesetz ab Anfang des nächsten Jahres nicht ver-
schreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr erstattet
werden, kann das BMGS relativ einfach durch Verord-
nung den Kreis der nicht erstattungsfähigen Präparate
– und zwar ohne Zustimmung des Bundesrates – erwei-
tern und so die Ausgaben der GKV regulieren.
Sollte es im Laufe des parlamentarischen Verfahrens
nicht noch zu wesentlichen Verbesserungen der
12. AMG-Novelle kommen, werden wir ihr unsere Zu-
stimmung verweigern.
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
heute noch sehr unterschiedlichen rechtlichen Bestim-
mungen in den EU-Mitgliedstaaten erschweren und ver-
zögern vor allem die Durchführung multinationaler Prü-
fungen. Zudem ist der Patienten- und Probandenschutz
innerhalb der EU sehr unterschiedlich weit ent-wickelt.
Im Jahr 2001 hat die EU mit der Richtlinie zur guten kli-
nischen Praxis auf diese unbefriedigende Situation rea-
giert.
Mit dem nun vorliegenden 12. AMG-Änderungsge-
setz wird diese Richtlinie in das deutsche Arzneimittel-
recht übertragen. Der vorliegende Gesetzesentwurf ver-
bessert die Rahmenbedingungen für die forschende
Industrie, insbesondere durch die Vereinfachung des Ver-
fahrens vor den Ethikkommissionen und die Verkürzung
der Genehmigungsfristen. Damit können Arzneimittelin-
novationen auch schneller den Patientinnen und Patien-
ten zugute kommen. Gleichzeitig geht der Gesetzesent-
wurf über einige Anforderungen der EU-Richtlinie sogar
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noch hinaus und leistet so einen wichtigen Beitrag zu
mehr Patienten- und Probandensicherheit.
Diskussionsbedarf innerhalb des Gesetzgebungsver-
fahrens wird es aus unserer Sicht vor allem in zwei Fel-
dern geben:
Heute ist über die Hälfte der bei Kindern angewende-
ten Arzneimittel ohne eine arzneimittelrechtliche Zulas-
sung für die Anwendung bei dieser Altersgruppe. Dieser
„off-licence-use“ kann mit erheblichen Risiken verbun-
den sein. Für etliche Krankheiten, von denen Kinder be-
troffen sind, gibt es sogar überhaupt keine Arzneimittel.
Der vorliegende Gesetzesentwurf soll dazu beitragen,
das Arzneimittelangebot und die Arzneimittelsicherheit
für Kinder deutlich zu verbessern. Erstmals – und in sehr
eingeschränktem Umfang – soll die gruppennützige For-
schung mit nichteinwilligungsfähigen Kindern und Ju-
gendlichen erlaubt werden.
Die fremdnützige Forschung an nichteinwilligungsfä-
higen Menschen ist seit Jahren in Deutschland Gegen-
stand heftiger gesellschaftspolitischer Diskussionen. Sie
haben dazu geführt, dass Deutschland das „Übereinkom-
men über Menschenrechte und Biomedizin“ des Europa-
rats nicht unterzeichnet hat. Ich begrüße es daher sehr,
dass sich die Enquete-Kommission „Ethik und Recht in
der modernen Medizin“ mit diesem Themenkomplex be-
schäftigt und ihre Position in die weiteren Verhandlun-
gen einbringen wird.
Aus meiner Sicht sollte der berechtigte Vorbehalt ge-
gen Forschungen an Menschen mit Behinderungen oder
an Demenzkranken nicht zu einem umfassenden Tabu
der Forschung an und zugunsten von kranken Kindern
und Jugendlichen führen. Dies gilt einerseits wegen der
erwähnten Therapieunsicherheit. Andererseits lassen
Berichte aus der Praxis vermuten, dass längst gruppen-
und auch fremdnützige Untersuchungen mit Kindern
und Jugendlichen durchgeführt werden. Wir brauchen in
diesem Bereich dringend Rechtssicherheit.
Nach dem Gesetzentwurf soll die Forschung für die
minderjährigen Probanden nur mit einem „minimalen
Risiko“ und einer „minimalen Belastung“ verbunden
sein. Das ist eine sehr vernünftige Regelung – wir sollten
uns aber darum bemühen, diese Begriffe noch eindeuti-
ger und rechtssicher zu definieren.
Ein Augenmerk werden wir auch darauf haben müs-
sen, dass künftig Frauen in ausreichender Zahl an klini-
schen Studien beteiligt werden. Unterschiede in Körper-
größe, Gewicht und Stoffwechsel führen dazu, dass
Arzneimittel bei Frauen und Männern häufig sehr unter-
schiedliche Wirkungen hervorrufen. In den klinischen
Studien sind aber Frauen meistens deutlich unterreprä-
sentiert. Diese mangelnde Berücksichtigung von Frauen
werden wir beenden müssen. Auch hier können wir et-
was aus dem Ausland lernen: In den USA und Schweden
ist die gleichrangige Teilnahme von Frauen an klini-
schen Arzneimittelstudien per Gesetz vorgegeben. Euro-
päische Arzneimittelunternehmen, die in den USA – auf
dem größten Arzneimittelmarkt der Welt – operieren
wollen, müssen sich auf diese Anforderungen einstellen.
Der vorliegende Gesetzesentwurf kündigt an, dass die
angemessene Einbeziehung von Frauen in klinische Prü-
fungen, insbesondere dann, wenn „geschlechtssensible“
Arzneimittel zu prüfen sind, über eine Rechtsverordnung
vorgenommen soll. Ob diese Ankündigung ausreicht,
werden wir zu diskutieren haben.
Bei der Weiterentwicklung des Arzneimittelrechts
sind sowohl Interessen des Patientenschutzes als auch
der Industriepolitik zu beachten und so weit wie möglich
miteinander zu verbinden. Dazu leisten die EU-Richtli-
nie und der vorliegende Gesetzesentwurf einen wichti-
gen Beitrag. Kommt es allerdings zu Konflikten
zwischen dem gesundheitspolitischen und dem wirt-
schaftspolitischen Ziel, gilt der Grundsatz: Die Sicher-
heit und der Schutz der Patienten und Probanden haben
absolute Priorität!
Dr. Dieter Thomae (FDP): In vielen Punkten dieser
12. AMG-Novelle dürfte Einigkeit bestehen. Es ist sinn-
voll, die durch die EU getroffenen Regelungen in
deutsches Recht zu übertragen. Zu begrüßen ist, dass
gegenüber dem Referentenentwurf mittlerweile darauf
Rücksicht genommen worden ist, dass pharmazeutische
Unternehmen bei klinischen Prüfungen darauf angewie-
sen sind, dass keine unabwendbaren Verzögerungen ein-
treten. Die nun im Gesetzentwurf vorgesehenen Fristen
scheinen diesem Tatbestand Rechnung zu tragen.
Zu einigen weiteren Punkten werden wir in der Anhö-
rung nähere Informationen benötigen, so zum Beispiel
zu der Frage der Sinnhaftigkeit, dass Herstellungs- und
Kontrollleiter zukünftig nicht mehr personenidentisch
sein dürfen. Das europäische Recht kennt da nur eine
qualifizierte Person Es mag mir auf den ersten Blick
nicht einleuchten, warum das bei uns anders gehandhabt
werden soll. Ob die Ansätze, die jetzt in der 12. AMG-
Novelle enthalten sind, um Arzneimittel fälschungs-
sicherer zu machen, ausreichend sind oder ob nicht noch
Anregungen, wie sie zum Beispiel der Bundesrat ge-
macht hat, aufgenommen werden sollten, wird ebenfalls
zu klären sein.
Der Punkt allerdings, der uns vermutlich am meisten
beschäftigen wird, ist die Frage, inwieweit klinische
Studien mit nicht einwilligungsfähigen Personen durch-
geführt werden können. Wir stecken da in einem
Dilemma. Einerseits möchten wir, dass Arzneimittel
speziell auf die Belange von Kindern bei ihrer Behand-
lung ausgerichtet werden und dass es auch für Menschen
medizinischen Fortschritt gibt, die nicht in der Lage
sind, selbst zu beurteilen, ob sie an einer klinischen Stu-
die teilnehmen wollen. Andererseits wollen wir diese
Menschen aber auch davor schützen, dass jemand ande-
res ihnen einen Schaden zufügen kann.
Ich denke, dass die Formulierungen in der jetzt vorlie-
genden Novelle eine gute Grundlage für eine intensive
Diskussion zu diesem Thema liefert. Die Enquete-
Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“
hat sich ja bereits mit dem Thema beschäftigt und wird
noch vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens eine
Stellungnahme hierzu abgeben. Ich bin überzeugt davon,
dass wir in dieser Hinsicht keine radikal ablehnende
Position einnehmen dürfen Wir müssen die Tür ein
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wenig öffnen, damit auch nicht einwilligungsfähige
Menschen in den Genuss medizinischer Weiterentwick-
lungen kommen können.
Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Siche-
rung: Unser Entwurf für das 12. Gesetz zur Änderung
des Arzneimittelgesetzes ist ein wichtiger Schritt hin zu
mehr Arzneimittelsicherheit in Deutschland.
dikamente – genauso wie Alkohol – bei Frauen anders
wirken als bei Männern. Wir setzen uns dafür ein, dass
frauenspezifische Fragestellungen in der Arzneimittel-
forschung stärker berücksichtigt werden. Eine entspre-
chende Rechtsverordnung soll – so sieht es der Gesetz-
entwurf ausdrücklich vor – möglichst bald geschaffen
werden.
Das Gesetz schafft außerdem bessere Rahmenbedin-
gungen für die Beteiligung der Ethik-Kommission und
Der Entwurf enthält die für die Umsetzung der euro-
päischen Richtlinie notwendigen Änderungen der Rege-
lungen zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln bei
Menschen. Damit werden einheitliche Rahmenregelun-
gen für die klinische Forschung mit Arzneimitteln in Eu-
ropa geschaffen.
Von allen Seiten wurde immer wieder gefordert, die
Arzneimittelsicherheit gerade für Kinder zu verbessern.
Es darf nicht sein, dass Kinderärzte Medikamente für Er-
wachsene bei Kindern anwenden müssen, obwohl sie
nicht für den Einsatz bei Kindern erforscht sind.
Wir haben darum die Möglichkeiten für klinische
Prüfungen bei Kindern erheblich verbessert. Nach den
bisherigen Bestimmungen musste ein Kind einen direk-
ten Nutzen von einer klinischen Prüfung haben. Der Ge-
setzentwurf sieht vor, dass die klinische Prüfung bei
Kindern unter bestimmten Voraussetzungen auch dann
gestattet wird, wenn ein so genannter Gruppennutzen
vorliegt.
Dies wird die Entwicklung von kindgerechten Arz-
neimitteln erheblich verbessern.
Zu Recht ist die Teilnahme von Kindern an klinischen
Prüfungen ein hochsensibles Thema. Niemand will, dass
sein Kind als „Versuchskaninchen“ gebraucht wird. So
muss für diese Untersuchungen – wie generell bei klini-
schen Prüfungen an Kindern – immer die Einwilligung
des gesetzlichen Vertreters vorliegen und – sofern Ein-
sichtsfähigkeit besteht – auch die des Kindes.
Zur weiteren Verbesserung der Arzneimittelsicherheit
für Kinder und Jugendliche sieht der Entwurf eine Kom-
mission „Arzneimittel für Kinder und Jugendliche“ beim
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
vor. Diese kann insbesondere bei Zulassungsverfahren
Stellungnahmen zur Anwendung von Arzneimitteln bei
Kindern und Jugendlichen abgeben.
Nicht nur Kinder, sondern auch Frauen werden bisher
unzureichend in die Arzneimittelforschung einbezogen.
Neue Medikamente werden meistens an jungen gesun-
den Männern erprobt. Dabei ist längst bekannt, dass Me-
der zuständigen Bundesoberbehörde. Außerdem wird
ein Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen
beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro-
dukte bzw. dem Paul-Ehrlich-Institut eingeführt.
In den vergangenen Monaten ist in der Öffentlichkeit
mit Recht auf Todesfälle durch unerwünschte Arzneimit-
telwirkungen hingewiesen worden. Auch wenn die Zah-
len umstritten sind, steht für uns fest: Das Auftreten von
unerwünschten Arzneimittelwirkungen führt jedes Jahr
zu einer nicht geringen Zahl von Todesfällen.
Mit den neuen Pharmakovigilanzbestimmungen wer-
den die Voraussetzungen zur Vermeidung von uner-
wünschten Arzneimittelwirkungen verbessert. So enthält
der Entwurf geänderte Melde- und Berichtspflichten zur
besseren Erfassung und Auswertung unerwünschter Arz-
neimittelwirkungen.
Von großer Bedeutung ist dabei der Aufbau einer EU-
weiten Datenbank, die einen effektiveren Informations-
austausch über schwerwiegende unerwünschte Arznei-
mittelwirkungen zwischen den Mitgliedstaaten sicher-
stellt.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns die Bekämp-
fung von Arzneimittelfälschungen. Durch den Gesetz-
entwurf wird die Verbreitung von Arzneimittelfälschun-
gen deutlich erschwert.
Bisher konnte nichts gegen die Werbung für nicht zu-
gelassene Arzneimittel unternommen werden. Durch
eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes schließen
wir diese Lücke. Künftig kann in solchen Fällen ein
Bußgeld erhoben werden.
Das 12. AMG-Änderungsgesetz ist ein wichtiger
Meilenstein für die Arzneimittelsicherheit in Deutsch-
land. Die Patientinnen und Patienten können sich zu-
künftig darauf verlassen, dass die Medikamente, die sie
verschrieben bekommen, umfassend erforscht und auf
Nebenwirkungen geprüft wurden.
Dies gilt gerade für Frauen und Kinder, die in der
Arzneimittelforschung bisher viel zu wenig berücksich-
tigt wurden.
82. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 11. Dezember 2003
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10