1) Anlage 10
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6271
(A) )
(B) )
Winfried Hermann, Peter Hettlich, Friedrich sollte bei der nächsten Revision der europäischen
(Quedlinburg), Marieluise Beck (Bremen), s
chen Verfassung eigentlich angemessen sind. Vielmehr
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung
der Abgeordneten Christel Humme (SPD) zur
Abstimmung über den Entwurf eines Dritten
Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches So-
zialgesetzgebung und anderer Gesetze (Druck-
sachen 15/1831, 15/1893) (Tagesordnungs-
punkt 3a)
In der Abstimmungsliste ist mein Name nicht aufge-
führt. Mein Votum lautet Ja.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Anna
Lührmann, Ulrike Höfken, Werner Schulz
(Berlin), Silke Stokar von Neuforn, Margareta
Wolf (Frankfurt), Ursula Sowa, Grietje Bettin,
Michaele Hustedt, Dr. Ludger Volmer, Hans-
Josef Fell, Winfried Nachtwei, Undine Kurth
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Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Dörmann, Martin SPD 06.11.2003
Fischbach, Ingrid CDU/CSU 06.11.2003
Goldmann, Hans-Michael FDP 06.11.2003
Griese, Kerstin SPD 06.11.2003
Grill, Kurt-Dieter CDU/CSU 06.11.2003
Gröhe, Hermann CDU/CSU 06.11.2003
Kopp, Gudrun FDP 06.11.2003
Kraus, Rudolf CDU/CSU 06.11.2003
Mantel, Dorothee CDU/CSU 06.11.2003
Mehl, Ulrike SPD 06.11.2003
Nolte, Claudia CDU/CSU 06.11.2003
Sauer, Thomas SPD 06.11.2003
Schily, Otto SPD 06.11.2003
Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 06.11.2003
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(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Ostendorff, Christine Scheel, Marianne Tritz,
Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Antje Vollmer
und Christa Nickels (alle BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Art. 23) zur Einführung eines Volksentscheids
über eine europäische Verfassung (Tagesord-
nungspunkt 4 a)
Wir stimmen gegen den Gesetzentwurf zur Einfüh-
ung eines Volksentscheids über die europäische Verfas-
ung, weil direktdemokratische Bürgerbeteiligung für
ns nicht teilbar ist. Wir fordern deshalb, die Einführung
ines Referendums über die europäische Verfassung mit
er innerstaatlichen Einführung von Volksinitiative,
olksbegehren und Volksentscheid zu verbinden. Nur so
ann sichergestellt werden, dass endlich Ernst gemacht
ird mit mehr Bürgerbeteilung auch auf Bundesebene.
rgumente, dass die Bevölkerung nicht „reif“ für eine
irekte Beteiligung an politischen Entscheidungen sei,
ind nicht stichhaltig. In vielen Bundesländern sind be-
eits mit großem Erfolg Volksentscheide durchgeführt
orden. Die Bürgerinnen und Bürger sind dabei sehr
erantwortungsvoll mit ihrem Stimmrecht umgegangen,
as alle Populismus-Befürchtungen widerlegt. Bürger-
ntscheide verlangen auch von Politikerinnen und Politi-
ern mehr Engagement bei der Vermittlung ihrer Positio-
en und führen so zu mehr gesellschaftlichem Diskurs
ber politische Fragen. Der oftmals beklagten „Politik-
erdrossenheit“ muss mehr Bürgerbeteiligung entgegen-
esetzt werden. Art. 20 Abs. 2 GG legt fest, dass alle
taatsgewalt vom Volk ausgeht. Wir sollten den Mut ha-
en, zu den Wurzeln des Grundgesetzes zurückzukehren
nd den Bürgerinnen und Bürgern mehr direkte Beteili-
ungsrechte zu ermöglichen.
Für die Einführung von mehrdirektdemokratischen
eteiligungsmöglichkeiten im Grundgesetz ist eine
weidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat not-
endig. Das bedeutet, dass eine Änderung ohne die Zu-
timmung der CDU/CSU nicht möglich ist. Wir bedau-
rn ausdrücklich, dass die CDU/CSU nicht bereit ist, den
ürgerinnen und Bürgern mehr politische Mitwirkungs-
öglichkeiten einzuräumen. Auch die FDP ist sich die-
er Mehrheitsverhältnisse bewusst. Wenn die Ablehnung
m Plenum sicher ist, lassen sich auch Anträge stellen,
ie in den eigenen Reihen nicht konsensfähig sind. Wir
öchten darauf hinweisen, dass die FDP-Fraktion in der
ergangenen Legislaturperiode bei der Abstimmung des
ot-grünen Gesetzentwurfs zur Einführung von Volksini-
iative, Volksbegehen und Volksentscheid sehr gespalten
ar und sich auch mehrheitlich gegen mehr direkte De-
okratie ausgesprochen hat. Die Ernsthaftigkeit des vor-
iegenden FDP-Antrags müssen wir deshalb infrage stel-
en.
Wir streben weiterhin ein Referendum über die euro-
äische Verfassung an. Allerdings sollte grundsätzlich
berlegt werden, ob nationale Referenden einer europäi-
6272 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
Verfassung das Änderungs- und Ratifizierungsverfahren
dahingehend geändert werden, dass die Unionsbürgerin-
nen und Unionsbürger in einem europaweiten Referen-
dum diese Änderungen annehmen müssen. Das europa-
weite Referendum sollte dann als angenommen gelten,
wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Ände-
rung zugestimmt hat und eine Mehrheit in mehr als
Zweidrittel der Mitgliedstaaten erreicht wurde.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Grundgesetzes (Art. 23) zur Einführung eines
Volksentscheids über eine europäische Verfas-
sung (Tagesordnungspunkt 4 a)
Mein Ziel ist und bleibt, dass die Bürgerrinnen und
Bürger Europas in einer Volksabstimmung über die ge-
meinsame Europäische Verfassung entscheiden dürfen.
An diesem konstitutiven Akt müssen die Menschen di-
rekt beteiligt werden. Nur ein europaweiter Volksent-
scheid kann ein gemeinsames Europa begründen.
Nationale Referenten werden den Erfordernissen
eines gesamteuropäischen Integrationsprozesses nicht
gerecht. Vielmehr sollten alle Unionsbürgerinnen und
Unionsbürger in einem europaweiten Referendum ab-
stimmen dürfen.
Wenn die Regierungschefs den Menschen in Europa
diese Chance nicht einräumen, werden wir ein europa-
weites Bürgerbegehren zu diesem Thema herbeiführen.
Die Menschen in Europa werden ihre Recht einfor-
dern, selbst ihre Verfassung zu legitimieren. Repräsen-
tanten werden auf der Grundlage von Verfassungen für
bestimmte Aufgaben gewählt. Aber die Verfassung
selbst darf nicht allein von den Repräsentanten legiti-
miert sein. Es ist europäische Verfassungstradition, dass
sich die Menschen eines Gemeinwesens selbst ihre Ver-
fassung geben.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU/CSU)
zur Abstimmung über den Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Art. 23) zur Einführung eines Volksentscheids
über eine europäische Verfassung (Tagesord-
nungspunkt 4 a)
Grundsätzlich stehe ich einem Volksentscheid über
eine europäische Verfassung nicht abgeneigt gegenüber.
Ich stimme aber gegen den jetzigen Antrag, um damit
eine breite Diskussion über die Fraktionsgrenzen hinweg
zu eröffnen. In einer solchen Diskussion müsste auch
noch einmal über konkrete Regelungen, wie zum Bei-
spiel das entsprechende Quorum diskutiert werden.
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nlage 6
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Volker Kauder (CDU/CSU)
zu den Abstimmungen über die Vorschläge zur
Wahl der Mitglieder der Kommission von Bun-
destag und Bundesrat zur Modernisierung der
bundesstaatlichen Ordnung (Tagesordnungs-
punkt 5 b bis d)
Die Zustimmung der Unionsfraktion zum Wahlvor-
chlag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen erfolgt unter rechtlichem Vorbehalt. Nach
llen drei anerkannten Zählverfahren hätte sich eine Zu-
ammensetzung von 7 : 7 : 1 : 1 ergeben. Jede andere
erteilung ist willkürlich und daher verfassungswidrig.
a aber der entsprechende Antrag der Unionsfraktion
oeben abgelehnt worden ist und sie ein hohes Interesse
aran hat, dass die Kommission so schnell wie möglich
hre Arbeit aufnehmen kann, stimmt die Unionsfraktion
em Wahlvorschlag dennoch zu. Sie hält aber an ihrer
echtsposition fest und erwartet, dass das Bundesver-
assungsgericht sie in dem Rechtsstreit über die Zusam-
ensetzung des Vermittlungsausschusses bestätigen
ird. Dann wird die heutige Wahlentscheidung zu korri-
ieren sein.
nlage 7
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Für eine erfolgreiche Fortsetzung der
gemeinsamen Bildungsplanung von Bund und
Ländern im Rahmen der Bund-Länder-Kom-
mission für Bildungsplanung und Forschungs-
förderung (BLK) (Tagesordnungspunkt 10)
Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gern
ufe ich Ihnen noch einmal den Grund in Erinnerung,
arum wir hier heute über das Thema Bildungsplanung
prechen: Die Fraktion der Union hatte es sich im Früh-
ing plötzlich einfallen lassen, den bislang geltenden
onsens im Hause über die Bildungsplanung aufzukün-
igen. Stattdessen, liebe Kolleginnen und Kollegen von
er Union, wollten Sie die Koordination zwischen den
ändern über die KMK regeln. Das hieße immer noch,
en Bock zum Gärtner zu machen! Wenn Sie die drin-
end notwendige Modernisierung des gesamten deut-
chen Bildungswesens der KMK überlassen wollen,
ann dauert das doch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag
nd wird obendrein nicht mehr sein als ein Formelkom-
romiss. Unterdessen haben Ihre eigenen Bildungsmi-
isterinnen und -minister – erstere selten genug in diesen
reisen – hier schneller Einsicht gezeigt als Sie selbst:
ie KMK will die Bund-Länder-Kommission inzwi-
chen gar nicht mehr abschaffen. Auch sie will die BLK
etzt modernisieren. An dieser Stelle besteht also vorläu-
ig kein Dissens. Der wird aber wieder aufbrechen, wenn
ir über die Details reden, da bin ich mir sicher.
Das deutsche Bildungssystem leidet unter einem uner-
äglichen Mangel an Chancengerechtigkeit. Gleichzeitig
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6273
(A) )
(B) )
wird Bildung zur wichtigsten Ressource des 21. Jahrhun-
derts. Darin liegt die Herausforderung, der wir uns stel-
len müssen. Wir müssen die faktische soziale Auslese in
der Schule beenden und allen begabten jungen Men-
schen einen hohen Bildungsabschluss ermöglichen.
PISA hat deutlich gezeigt, dass Deutschland seine Bega-
bungsreserven nicht nutzt. Wir müssen Leistungseliten
fördern, statt das Prinzip der Herkunftseliten noch zu
verstärken.
Nahezu alle Bildungsexpertinnen und -experten for-
dern für dieses Ziel eine längere gemeinsame Schulzeit.
Wir Grünen wollen genau dies umsetzen. Wir wollen
alle Kinder gemeinsam neun Jahre lang zur Schule schi-
cken. Das ist der Grund, warum die Union so ungern mit
uns über Reformen im Schulbereich redet: Das geglie-
derte Schulsystem ist ihr noch immer so heilig, dass sie
dieser Diskussion ausweicht. Stattdessen müssen wir in
Hamburg und Niedersachsen mit ansehen, wie die
schwarz-gelben Regierungen dort den Rückweg in die
bildungspolitische Steinzeit antreten.
Bund und Länder müssen nach PISA und IGLU große
bildungspolitische Aufgaben bewältigen. Es geht um
nichts Geringeres als um die Zukunftschancen unserer
Kinder. Unser Ganztagsschulprogramm ist ein erster
wichtiger Kraftakt der Bundesregierung. Das reicht al-
lein aber nicht aus. Wir brauchen gemeinsame Bildungs-
standards, die in allen Bundesländern gelten. Sie sollen
die Qualität der Bildung überall in Deutschland für alle
Schülerinnen und Schüler sicherstellen und, besonders
wichtig, vergleichbar machen. Dabei soll nicht die Schü-
lerschaft, sondern die Qualität der Schulen gemessen
werden. Es bleibt fraglich, ob die Vorlagen der KMK
dies leisten können. Außerdem müssen wir die Qualität
nicht nur in den Schulen, sondern auch in den Kinder-
gärten und in der Weiterbildung sichern. Darüber hinaus
stehen uns auch massive Reformen im Bereich der be-
ruflichen Bildung ins Haus. Wir brauchen für diese Auf-
gaben eine effiziente nationale Koordination.
Europa wächst auch als Bildungsraum zusammen.
Die Bologna-Nachfolge-Konferenz in Berlin hat gezeigt,
dass unser derzeitiger Bildungsföderalismus keine Rolle
spielt, wenn auf europäischer Ebene entschieden wird.
Auf eine langsame KMK nimmt hier niemand Rück-
sicht. Auch hier brauchen wir für den Bildungsbereich
eine effizientere Abstimmung auf nationaler Ebene
Noch einige Worte zur Forschungsförderung: Die Re-
form des Föderalismus in unserem Land soll dazu füh-
ren, dass die Forschung leistungsfähiger wird. Dazu
müssen wir nicht auf rein formale Entflechtung achten,
sondern nach sachgerechten Lösungen suchen. Das
heißt, wir dürfen ein Land nicht überfordern, indem wir
ihm eine wichtige Forschungseinrichtung allein überlas-
sen. Genauso wenig dürfen wir eine als gut evaluierte
Forschungseinrichtung abwickeln, weil wir sie nicht
mehr gemeinsam finanzieren wollen. Die BLK sollte
hier – wie überhaupt – der Ort des Interessenausgleichs
und der gemeinsamen Entwicklung bleiben und wo sie
es noch nicht ist, sollte sie dieser Ort werden.
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nlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Wirksamen Zivil- und Katastrophen-
schutz schaffen (Tagesordnungspunkt 11)
Gerold Reichenbach (SPD): Ich habe mit Freude
ur Kenntnis genommen, dass die Rednerin der Opposi-
ion, Beatrix Philipp, bei der Einbringung ihres Antrages
ingeräumt hat, dass unter ihrer Regierungsverantwor-
ung – ich zitiere – „die Mittel für den Zivil- und Kata-
trophenschutz drastisch gekürzt“ wurden. Damit wur-
en Strukturen zerschlagen, die wir jetzt Schritt für
chritt wieder neu aufbauen. SPD und Grüne haben da-
it begonnen, und zwar wohlgemerkt vor den Attenta-
en am 11. September 2001!
Im Oktober 2001, also nur vier Wochen nach dem At-
entat auf das WTC, begann schon die Auslieferung von
nsgesamt 650 vorbestellten Zivilschutzfahrzeugen, vor
llem moderne ABC-Erkundungsfahrzeuge.
Gleichwohl markiert auch für uns der 11. September
ine Zeitenwende, da Unglücksfälle dieses Ausmaßes
ußerhalb unserer Vorstellungswelt gelegen hatten.
Der Bund hat deshalb seine Anstrengungen weiter
erstärkt und wir können Erfolge aufweisen: Das Ge-
einsame Melde- und Lagezentrum GMLZ, das deut-
che Notfallvorsorge-Informationssystem deNIS, die Er-
eiterung des Ausbildungsprogramms an der Akademie
ür Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz
KNZ.
Der Bund geht voran. Er macht damit ein Angebot an
ie Länder zur dringend notwendigen Verbesserung von
oordination und Zusammenarbeit. Und weitere Ange-
ote werden folgen. Nun ist es an den Ländern, diese
ahrzunehmen.
Der Bund hat die Haushaltsmittel aufgestockt: Der
aushalt für den Zivilschutz wurde allein für das lau-
ende Jahr um 16,5 Millionen Euro auf 75 Millionen er-
öht.
Für das THW stiegen die Haushaltsmittel von rund
7 Millionen Euro im Jahr 1998 auf über 130 Millionen
uro in diesem Jahr.
Die Bedeutung des THW wächst sowohl national wie
nternational. Ich nenne nur die Einsätze während der El-
eflut und internationale humanitäre Einsätze in Sierra
eone, Afghanistan und im Irak.
Ja, es gibt Dinge, die noch vorangetrieben werden
üssen. Aber seien Sie doch ehrlich, hier liegt es nicht
m Bund, der vorangeht, sondern an denen, die nicht zu
olgen bereit sind.
Beispiel: Entwicklung einheitlicher Führungsstruktu-
en.
Wir haben die gemeinsame Dienstvorschrift, die
V 100, von den Organisationen entwickelt. Für die
euerwehren wurde sie in allen Ländern umgesetzt.
usnahme: Bayern!
6274 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
Beispiel: Digitalfunk.
Natürlich muss diese Technologie dringend einge-
führt werden, aus Sicherheitsgründen und aus Gründen
der verbesserten Kommunikation. Aber das ist doch
nicht nur Sache des Bundes!
Der Bund stellt mit THW, Bundesgrenzschutz und
Bundeskriminalamt nur acht Prozent der Teilnehmer in
dem neuen Netz, soll aber nach Länderforderung 50 Pro-
zent der Kosten übernehmen. Polizei, Brand- und Kata-
strophenschutz sind aber eindeutig Aufgabe der Länder.
Wer solch überzogene Forderungen stellt, macht sich
verdächtig, Fragen der inneren Sicherheit zu einem „Fi-
nanzpokerspiel“ zu machen.
Erst im August hatten sich auf Initiative der Bundes-
regierung die Ministerpräsidenten der Länder geeinigt.
Der Bund erklärte sich bereit, zusammen mit einer
Gruppe von drei Bundesländern die Ausschreibung vor-
zubereiten und eine schnelle Einführung in ihrem Be-
reich voranzutreiben. Auch andere Länder erwogen an
dieser „Starter-Gruppe“ mitzuwirken. Dann sind aber die
Ministerpräsidenten von ihren Finanzministern zurück-
gepfiffen worden.
Es ist jetzt an den Ministerpräsidenten, dafür zu sor-
gen, dass dieser Minimalkonsens endlich umgesetzt
wird. Der Bund fühlt sich an seine Zusagen gebunden
und bereitet alles Nötige weiter vor.
Die Zweiteilung zwischen dem Bevölkerungsschutz
als Bundesangelegenheit und dem Katastrophenschutz
als Länderangelegenheiten wirft in der bisherigen Praxis
Probleme auf.
Der Hauptschwachpunkt liegt bei Koordination und
Kommunikation, also dem Ressourcenmanagement.
Wir sind dabei, die Schwachpunkte zu identifizieren
und zu minimieren. Dies ist sinnvoller als gleich die
ganze Konstruktion niederzureißen, denn dieses System
stellt ein Potenzial von rund l,5 Millionen Helfern. Dies
hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Im Gegensatz zu CDU/CSU ergehen wir uns nicht in
Verfassungsänderungs-Diskussionen, sondern handeln,
indem wir auf Bundesebene Voraussetzungen und Struk-
turen schaffen, die es ermöglichen, die erkannte Schnitt-
stellenproblematik bei Kooperation, Koordination und
Information zu überwinden.
GMLZ und deNIS habe ich bereits genannt. Und wir
werden mit der Errichtung des Bundesamtes für Bevöl-
kerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das dem-
nächst in diesem hohen Hause beraten wird, einen weite-
ren Schritt gehen.
Ihr Vorschlag, das Grundgesetz zu ändern und die
Bundeswehr im Zivil- und Katastrophenschutz einzuset-
zen, löst die Probleme nicht.
Es ist und bleibt sinnvoll, die Bundeswehr subsidiär
einzusetzen und das wird auch nach meinem Eindruck in
den Streitkräften so gesehen. Das kann sie aber nach
Art. 35 GG.
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Bei der Elbe-Flut haben die Einsatzkräfte der Bundes-
ehr Außergewöhnliches, gerade bei der Bereitstellung
on Logistik, Transport und Manpower geleistet. Sech-
ig Prozent allerdings waren Rekruten. Das Know-how
m Katastrophenschutz lag und liegt bei den zivilen Ka-
astrophenschutzkräften.
Der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz hat das
otenzial um seine Aufgaben wahrzunehmen. Er kann es
n vielen Bereichen sogar besser, als Sie in Ihrem Antrag
nterstellen.
Wir haben mit 1,2 Millionen Aktiven in den Feuer-
ehren fast so viel wie in der gesamten EU. Wir haben
as THW und wir haben bei den Hilfsorganisationen von
RK, ASB, Malteser Hilfsdienst, Johanniter Unfallhilfe
nd DLRG Hunterttausende von motivierten und gut
usgebildeten haupt- und ehrenamtliche Helfern im Sa-
itätsdienst, der Betreuung, der Versorgung und der
asserrettung. Ihnen will ich an dieser Stelle im Namen
einer Fraktion auch einmal ausdrücklich für ihre Ein-
atzbereitschaft und ihr Engagement danken.
Der Umsetzungsbericht, der jetzt der Innenminister-
onferenz vorliegt, zeigt überdeutlich: In allen den von
hnen angesprochen Themenbereichen macht die Bun-
esregierung ihre Hausaufgaben und schreitet voran: Bei
er Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung,
eim Aufbau eines Warnsystems, bei Erstellung einer
emeinsamen Bedrohungs- und Gefährdungsanalyse,
ei lebenswichtigen und kritischen Infrastrukturen, bei
er Verbesserung von Führung und Koordination, bei
er Fortentwicklung des Ausstattungskonzeptes, beim
igenschutz der Helfer, bei der Bevorratung von Impf-
toffen, bei der chemisch-analytischen Task Force, bei
er Ausrichtung von internationalen Übungen.
Nach 1990 herrschte acht Jahre lang für die Katastro-
henvorsorge und den Bevölkerungsschutz die Devise
bbau. Unter der Verantwortung der Bundesregierung
und die genannten Beispiele belegen dies – gilt wieder
ie Parole Aufbau.
Unterstützen Sie unsere Bemühungen dort, wo Sie in
en Ländern Verantwortung tragen. Ihr Antrag ist hier
berflüssig!
Beatrix Philipp (CDU/CSU): Nach den Auseinan-
ersetzungen von heute Morgen um Rente und Nach-
ragshaushalt scheint es mir sinnvoll zu sein, darauf
inzuweisen, dass unser Antrag zum Thema „Katastro-
henschutz“ mit den vorherigen Themen nichts zu tun
at.
Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. Sep-
ember 2001 in den USA und der Hochwasserkatastro-
he vom Sommer 2002 in Deutschland ist allen Men-
chen in unserem Land, ob Betroffenen oder nur vor
em Fernseher sitzenden Menschen, bewusst, dass der
ivil- und Katastrophenschutz der dringenden Überar-
eitung, das heißt Aktualisierung, bedarf – allen, bis auf
ie Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen.
Sie haben bereits bei der Einbringung unseres Antra-
es – und auch im Laufe der Beratung – immer wieder
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6275
(A) )
(B) )
den Eindruck zu erwecken versucht, im Bereich des Zi-
vil- und Katastrophenschutzes sei alles in bester Ord-
nung. Aber das Gegenteil ist der Fall: Es gibt dringenden
Handlungsbedarf.
Auch der Vorwurf, der Antrag sei zu allgemein und
nicht differenziert genug, ist absolut unzutreffend. Wer
diesen Antrag objektiv betrachtet, wird zugeben müssen,
dass hier im Hause selten ein so differenzierter, detail-
lierter Antrag beraten wurde.
Kernproblem im rein Organisatorischen ist – abgese-
hen von der bedauernswerten finanziellen Ausstattung in
diesem Bereich – die strikte Kompetenzaufteilung in Ka-
tastrophenschutz und Zivilschutz.
Während der Katastrophenschutz bei den Ländern an-
gesiedelt ist, liegt die Kompetenz für den Zivilschutz
beim Bund. Das hat zum Teil historische Gründe, die
aber vor dem Hintergrund der veränderten Gefahrenlage
jetzt zurückstehen müssen.
Wir brauchen dringend eine gesetzliche Regelung in
den verschiedenen Bereichen und eine einheitliche Lö-
sung. Das sehen inzwischen auch andere so: Die von der
Innenministerkonferenz am 6. Juni 2002 beschlossene
„Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in
Deutschland“ sieht unter Punkt 8 ausdrücklich eine Re-
vision der einschlägigen Normen vor.
In der Plenardebatte zu diesem Antrag vom 4. Juli
2003 wurde die Beschränkung des Zivilschutzes auf den
„Verteidigungsfall“ einhellig als überholt angesehen.
Aber Sie ziehen keine Konsequenzen daraus – selbst
die Bereitschaft dazu fehlt Ihnen, wenn ich bedenke,
dass Sie auch heute wieder unserem Antrag nicht zu-
stimmen werden.
Natürlich müssen die Grundsätze des Föderalismus
Berücksichtigung finden. Wir alle wissen: Wenn eines
partei- und fraktionsübergreifend festzustellen ist, dann
dies, dass die Länder aufmerksam über ihre Zuständig-
keiten wachen. Dieser Umstand rechtfertigt aber nicht,
seitens der Bundesregierung jegliche Gesetzesnovellie-
rung, die tatsächlich aus rein sachlichen Gründen zwin-
gend ist, zu unterlassen.
Wir brauchen zum Schutz der Bevölkerung das län-
derübergreifende, bundeseinheitliche Zusammenwirken
aller verantwortlichen Sicherheitskräfte. Ich kann nur
wiederholen: Das ist bis heute nicht oder nur unzurei-
chend geregelt. Ein adäquates und rechtzeitiges Mitwir-
ken der Bundeswehr muss zum Beispiel ermöglicht wer-
den.
Die Innenminister der Union fordern zu Recht eine
Änderung des Grundgesetzes im Bereich der Amtshilfe-
voraussetzungen des Bundes – Art. 35 GG Abs. 2 und
Abs. 3 – sowie die Erfassung von „Gefahren aus der
Luft“ und von „Gefahren von See her“ im Grundgesetz,
Art. 87 a Abs.2 GG. Darauf komme ich aber noch einmal
gesondert zu sprechen.
Die SPD betont in diesem Zusammenhang, man solle
die Bundeswehr nur unterstützend einsetzen, da die
eigentlichen Katastrophenschutzkräfte ohnehin besser
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eeignet seien. Dies wurde durch den Antrag der Union
ie in Abrede gestellt.
Es gibt allerdings Aufgaben wie die Luftraumüberwa-
hung, die eben nur die Bundeswehr übernehmen kann.
ch glaube, das brauche ich nicht zu erläutern.
Weit gehende Einigkeit herrschte bisher auch bei der
ewertung eines weiteren Problemschwerpunktes: der
angelhaften Koordinierung und Führung bei Groß-
chadensereignissen, wie sich dies, unabhängig von dem
eeindruckenden Einsatz der vielen Helferinnen und
elfer, etwa bei der Flutkatastrophe gezeigt hat. Aber
ie nötigen Konsequenzen aus den erlebten „Defiziten“
urden seitens der Regierung bisher ebenfalls nicht ge-
ogen. Es gab bei der Flutkatastrophe zwar viele hilfsbe-
eite und helfende Hände, jedoch zu viele Köpfe – sagen
anche. Zur Verdeutlichung zitiere ich dazu Herrn Hans
eter von Kirchbach:
Einen Mangel an Hilfskräften hat es nicht gegeben.
Es fehlte aber an einer vorausschauenden Planung
und dem sachgerechten Einsatz dieser Kräfte auf al-
len Ebenen.
Es heißt weiter, erforderlich sei „eine adäquate Füh-
ung auf höherer Ebene“ und „eine verantwortungsvolle
oordination der Zusammenarbeit mit anderen Län-
ern“. Dem ist nichts hinzuzufügen, macht es doch den
on mir nun schon mehrfach erwähnten Handlungsbe-
arf deutlich. Dem tragen wir mit unserem Antrag Rech-
ung.
Die Regierung zieht sich zu diesem Thema gerne da-
auf zurück, dass man das neue „Gemeinsame Melde-
nd Lagezentrum“ von Bund und Ländern beim Bundes-
erwaltungsamt eingerichtet habe. Das ist sicher ein An-
ang – aber eben auch nur ein Anfang. Wenn man die
elbstbeschreibung dieses Zentrums liest – und das kann
an in der Zeitschrift „Bevölkerungsschutz“, Ausgabe
3/2003 des Bundesverwaltungsamtes, Seite 7 ff. –, wird
an schnell auf die engen Kompetenzgrenzen dieses
entrums stoßen. Es ist in seiner Rolle auf bloße Infor-
ationsdienstleistung beschränkt. Bei sechs – ich be-
one: sechs – Arbeitsplätzen kann man allerdings auch
icht mehr erwarten. Das beschriebene Defizit aber
leibt!
Um den aktuellen Erfordernissen und Erkenntnissen
erecht zu werden, muss dem Melde- und Lagezentrum
ringend ein gemeinsames Einsatzzentrum des Bundes
nd der Länder hinzugefügt werden.
Dieses muss die Arbeitsplätze und Führungsmittel für
inen gemeinsamen Einsatz aller Kräfte des Bundes
von THW, BGS und Bundeswehr –, der Dienste der
änder sowie der zahlreichen nicht staatlichen Hilfsor-
anisationen vorhalten.
Eine örtliche Ansiedlung dieses Stabes beim neuen
undesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz
nd seinem Lagezentrum bedeutet dabei keinesfalls
utomatisch eine Erweiterung der Kompetenzen des
undesinnenministerium wie die FDP das zu befürchten
cheint. Das ergibt sich bereits aus der übergreifenden
truktur der einzubeziehenden Dienste.
6276 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
Im Zusammenhang mit der genannten Führungs- und
Koordinationsproblematik sind auch die bundesweiten
Defizite bei der Kommunikationstechnik deutlich zutage
getreten.
Ein einheitlicher Digitalfunk für sämtliche Organisa-
tionen ist zwingend erforderlich, wenn es mit Kommuni-
kation und Koordination vorangehen soll. Auch die Bun-
deswehr sollte hierbei nicht vergessen werden, damit sie
bei Hilfseinsätzen sinnvoll einbezogen werden kann und
Reibungsverluste aufgrund unterschiedlicher Funkstan-
dards vermieden werden. Das Vorgehen der Regierung
in Sachen BOS-Digitalfunk gleicht der unendlichen Ge-
schichte – leider ist noch immer kein Happy-End in
Sicht.
Es ist in diesem Zusammenhang auch unzulässig, sich
hinter dem Verweis auf das – der Finanznot geschuldete –
Zögern der Länder zu verstecken. Wir sind hier im Bun-
destag und sprechen über die Möglichkeiten des Bundes.
Und diese wurden seitens der Bundesregierung bei wei-
tem nicht ausgeschöpft, selbst wenn der gute Wille unter-
stellt werden könnte. Zu Recht lehnen die unionsgeführ-
ten Länder die Einführung des Digitalfunks in einer
„Startergruppe“ ab, solange nicht eine endgültige Sys-
tementscheidung getroffen wurde („Tetra“ oder „Tetra-
pol“).
Inzwischen müsste auch die Bundesregierung wissen,
dass sie es nicht allen recht machen kann. Der bisherige
Vorschlag der Bundesregierung, die Länder mit 10 Pro-
zent der entstehenden Kosten zu unterstützen, reicht bei
weitem nicht aus, um der grundlegenden Verantwortung
des Bundes für einheitliche Verhältnisse in der Bundes-
republik zu genügen.
Im Übrigen: Sollte es wirklich nur an den Ländern
liegen, so hätte die Bundesregierung längst die Möglich-
keit gehabt, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem sie
den Digitalfunk bereits bei den Einrichtungen des Bun-
des (THW, BGS usw.) hätte einführen können. Aber
nichts ist geschehen – und die Hausaufgaben sind über-
haupt nicht gemacht, auch wenn die SPD das bestreitet.
In der Ablehnungsbegründung der Regierungskoali-
tion heißt es, die Forderungen des Antrages seien bereits
weitestgehend erfüllt bzw. auf den Weg gebracht. Das ist
einfach nicht wahr. Da hilft auch nicht das gestern im
Kabinett beschlossene Luftsicherheitsgesetz.
Der Presse entnehme ich, dass die Auffassungen des
Innen- und Verteidigungsministers hier nicht überein-
stimmen. Und die Vermutung liegt nahe, dass die Grü-
nen wohl nur schweren Herzens zugestimmt haben, weil
ihnen dafür der Datenschutzbeauftragte zugestanden
wurde. So jedenfalls die veröffentlichte Meinung. Welch
seltsamer Zusammenhang!
Es bleibt wie so oft wieder nur Stückwerk.
Denn wir alle wissen, dass Terrorangriffe nicht nur
aus der Luft, sondern auch vom Land oder vom Wasser
aus erfolgen können. Ein Luftsicherheitsgesetz reicht
nicht aus. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, mit dem un-
terschiedlichen Gefahren differenziert begegnet werden
kann. Und das liegt Ihnen mit unserem Antrag vor. Ge-
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enstand dieses Antrages ist es ja gerade, die dringend
ötigen Reformen auf den Weg zu bringen.
Die Federführung und Koordinierung muss aufgrund
er bundesweiten Aufgabe selbstverständlich der Bund
bernehmen, und das beginnt mit den Finanzen. Die jet-
ige Bundesregierung habe den Haushalt des THW wie-
er aufgestockt, höre ich immer wieder. Hier wird fröh-
ich unterschlagen, dass im Haushalt für 2004 eine
ürzung von über 4 Millionen Euro gegenüber dem Vor-
ahr erfolgen soll.
Die SPD ist der Ansicht, übrig bleibe nur die Frage
iner Grundgesetzänderung, die einen verstärkten Ein-
atz der Bundeswehr im Inneren ermöglichen würde. –
nsoweit gestatte aber Art. 35 GG unter bestimmten Um-
tänden bereits jetzt den Einsatz der Bundeswehr zur Ka-
astrophenhilfe. Um genau diese Probleme mit den „be-
timmten Umständen“ geht es aber in diesem Antrag der
nion. Hier muss den neuen Gefahren dringend Rech-
ung getragen werden, und zwar sehr konkret. Unser
ntrag enthält 24 sehr konkrete Vorschläge, die einzeln
egründet werden, wie man dem Antrag entnehmen
ann.
Ich fasse zusammen: Erstens. Niemand will die Län-
er entmachten – schon gar nicht die Union –, aber für
as neue Zusammenwirken und zur Beendigung des bis-
erigen „Zivil- und Katastrophenschutz-Zuständigkeits-
andycaps“ bedarf es einer Überarbeitung der entspre-
henden Gesetze.
Zweitens. Die Schaffung des neuen Bundesamts für
evölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, über das die
undesregierung sagt, „es solle der Stellenwert des
euen Zivilschutzes auch optisch-organisatorisch her-
orgehoben werden“, reicht in dieser Form bei weitem
icht aus. Mehr als optisch wird nämlich nichts verän-
ert oder gar verbessert, da alles kostenneutral bleiben
oll.
Drittens. Ich möchte nichts dramatisieren, aber bleibe
ei der Auffassung: Für einen wirksamen Zivil- und Ka-
strophenschutz, der den Namen auch verdient, gibt es
iel zu tun. Sich nicht auf mögliche Bedrohungen und
atastrophen vorzubereiten ist verantwortungslos. Die
enschen in unserem Land haben einen Anspruch
arauf, dass wir alles Mögliche tun, um vorbereitet zu
ein auf Ereignisse, die sicher niemand wünscht, aber die
ben auch niemand ausschließen kann.
Seit Jahren ist mein persönliches Motto: Nicht reden,
achen! Zumindest für den Bereich „Zivil- und Kata-
trophenschutz“ hätte ich mir gewünscht, die Bundesre-
ierung und die Regierungskoalition würden meinem
otto folgen. Noch können Sie es: Stimmen Sie unse-
em Antrag zu!
Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN): Nach der geltenden Gesetzgebung ist der
atastrophenschutz Aufgabe der Länder, der Zivilschutz
m Verteidigungsfalle Aufgabe des Bundes. Katastro-
henschutzbehörden sind in den meisten Bundesländern
ie Kommunen. Ob diese Kompetenzabgrenzung und
ufgabenteilung noch zeitgemäß ist, wird spätestens seit
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6277
(A) )
(B) )
dem Oderhochwasser und den Terroranschlägen des
11. September 2001 diskutiert.
Eine Zusammenführung und Neuordnung des Zivil-
und Katastrophenschutzes ist nur gemeinsam mit den
Ländern möglich. Bereits im Juni 2002 haben Bund und
Länder in der Innenministerkonferenz neue Strategien
zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland beschlos-
sen. Die Bundeswehr ist für den Katastrophenschutz un-
verzichtbar. Dies ist bei dem Oderhochwasser oder bei
großen Waldbränden in der Vergangenheit deutlich ge-
worden. Der Einsatz der Bundeswehr ist bei Katastro-
phen völlig unstrittig und in dem erforderlichen Maße
möglich.
Das Bundeskabinett hat gestern die Einrichtung eines
Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophen-
hilfe beschlossen. Der Bund erfüllt damit seine Zusagen
gegenüber der Innenministerkonferenz. Die Einrichtung
des BBK bedeutet keinen Eingriff in die Zuständigkeits-
verteilung zwischen Bund und Ländern. Wir wollen vor-
handene und bewährte Strukturen vernetzen und opti-
mieren. Das neue Bundesamt ist eine Informations- und
Koordinierungsstelle, die Serviceleistungen für die Län-
der, für die Kommunen und die Hilfsorganisationen an-
bietet.
In gemeinsamer Verantwortung von Bund und Län-
dern muss die vereinbarte Rahmenkonzeption zum
Schutz der Bevölkerung umgesetzt werden. Im Verzug
sind hier insbesondere die Länder. Eine Politik, wie sie
derzeit beim Digitalfunk betrieben wird – der Bund soll
zahlen, die Länder bestimmen –, wird beim Katastro-
phenschutz nicht funktionieren.
Der Bund hat seine Haushaltsmittel für den Katastro-
phenschutz auf 75 Millionen Euro aufgestockt. Das sind
im nächsten Jahr 16,5 Millionen Euro mehr für den Ka-
tastrophenschutz. Bereits eingerichtet wurde ein gemein-
sames Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern.
Eingerichtet wurde das deutsche Notfallvorsorge-Infor-
mationssystem – deNIS – und ein satellitengestütztes
Kommunikationssystem
Unbestritten gibt es noch Defizite. So ist in den vielen
Jahren der relativen Ruhe die Selbstschutzfähigkeit der
Bevölkerung immer mehr zurückgegangen. Ich habe
hier bereits früher gefordert, dass erste Hilfe und Selbst-
schutz in Kindergärten und Schulen wieder vermittelt
werden müssen.
Gisela Piltz (FDP): Unklare Kompetenzen und man-
gelnde Koordination ist leider das Fazit, das über die
derzeitigen Einsatzmöglichkeiten im Zivil- und Kata-
strophenschutz in Deutschland gezogen werden muss.
Von veraltetem Material und Einsatzfahrzeugen ganz zu
schweigen!
Der Antrag von CDU/CSU verfolgt ein zentrales Ziel:
Den wirksamen Schutz und die bessere Bewältigung von
Katastrophenfällen. Das kann nur durch einen effektiven
Zivil- und Katastrophenschutz erreicht werden. Diesem
Ziel stimme ich uneingeschränkt zu!
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Aber sind die Maßnahmen, die in Ihrem Antrag vor-
eschlagen werden, die richtigen, um dieses Ziel zu er-
eichen? Leider nein! Liebe Kolleginnen und Kollegen
on der CDU/CSU, da kann ich Ihnen nicht mehr zu-
timmen. Kurz gesagt: Übers Ziel geschossen!
Der Vorschlag, die Bundeswehr auch im Innern der
undesrepublik einzusetzen, wird ja bereits in Ihren ei-
enen Reihen skeptisch beurteilt. In Deutschland haben
ir mit den derzeitigen Organisationen, dem Bundes-
renzschutz, der Polizei der Länder und dem Katastro-
henschutz, eine Vielzahl von Einsatzgruppen. An Orga-
isationen, die im Innern einsetzbar sind, mangelt es
omit nicht. Aber es mangelt an klaren Zuständigkeiten
nd einer effektiven zentralen Koordinierungsstelle. Und
enau hier, meine Damen und Herren von der CDU/
SU, fehlen die konkreten Vorschläge in Ihrem Antrag.
Die Unterteilung zum einen in Zivilschutz und zum
nderen in den Katastrophenschutz ohne eine sinnvolle
ufgabenverteilung macht keinen Sinn. Ein Streit um
uständigkeiten zwischen Bund, Land und den einzel-
en Organisationen kann im Katastrophenfall lebensnot-
endige Maßnahmen verzögern und das können wir uns
icht leisten. Vielleicht müssen wir den Mut haben, diese
raditionelle Trennung aufzuheben, und eine Neuord-
ung herbeiführen.
Darüber hinaus ist es aber notwendig, sehr geehrter
err Bundesinnenminister, Einsatzkräfte entsprechend
er gesicherten Rechtsgrundlage einzusetzen. In den
edien können wir lesen, dass nach Ihrer Aussage die
eamten nach § 8 Bundesgrenzschutzgesetz im Irak zum
chutz von THW-Mitarbeitern tätig sind. Nach der Aus-
age des Staatssekretärs ist aber § 9 die rechtliche
rundlage. Im Interesse der Mitarbeiter fordere ich Sie
uf, dieses zu klären und Rechtssicherheit zu schaffen.
Daneben ist es notwendig, dass die Kommunikation
wischen den Organisationen zeitgemäß umstrukturiert
ird. Eine große Lücke in unserem Funksystem ist die
naloge Kommunikation. Sie wird seit Jahren von Ex-
erten angemahnt und von der rot-grünen Bundesregie-
ung immer wieder angekündigt. Meine Damen und
erren von der Koalition, wie war das noch mit dem
ersprechen, dass der BOS-Digitalfunk zur Weltmeister-
chaft 2006 einsatzfähig sein sollte? Dort sollte die Pre-
iere für ein digitales Sprech- und Datenfunknetz sein.
in Blick auf die Haushaltsdaten für das kommende Jahr
enügt, um zu erkennen, dass Sie dieses Ziel nicht erfül-
en können. Denn 5 Millionen Euro im nächsten Jahr zur
orbereitung und Durchführung des Ausschreibungsver-
ahrens reichen bei weitem nicht aus. Erklären Sie mir,
ie das funktionsfähige System bis 2006 einsatzbereit
ein soll! Lieber Herr Bundesinnenminister, seien Sie ru-
ig ehrlich zu den Polizeibeamten von Bund und Land
nd erklären Sie ihnen, wie Sie die Sicherheit während
er Weltmeisterschaft mit einer veralteten Ausrüstung
arantieren wollen. Leider war aus unserer Sicht die Ver-
inbarung mit den Ministerpräsidenten zu spät. Schade,
ass diese Chance nicht genutzt worden ist.
Auch ist es notwendig, auf europäischer Ebene auf
inheitliche Digitalfunkstandards zu drängen.
6278 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
Die verbesserte Ausstattung der Organisationen und
der einzelnen Helfer muss auch auf die Gerätschaften
und Materialien ausgedehnt werden. Hier genügen bloße
Ankündigungen nicht. Taten müssen folgen. Die Ausbil-
dung ehrenamtlicher Helfer muss dringend verbessert
werden. Das Ehrenamt ist ein wichtiges Element des Ka-
tastrophenschutzes und muss auch dementsprechend ge-
fördert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, die Pro-
bleme, die Sie im Antrag angesprochen haben, sind die
richtigen. Aber konkrete sinnvolle Lösungen bleiben Sie
uns schuldig. Daher können wir dem Antrag nicht zu-
stimmen.
Ute Voigt, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminis-
ter des Innern: Die Bundesregierung hat gestern den
Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des neuen Bun-
desamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
beschlossen. Damit hat sie eine wichtige organisatori-
sche Konsequenz aus dem von Bund und Ländern auf
der IMK im Juni 2002 beschlossenen Konzept Neue
Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland
gezogen. Der Kabinettsbeschluss bestätigt zugleich, wie
ernst der Bund seine Zivilschutzaufgabe nimmt, wie
wichtig ihm dieser Politikbereich ist.
Die Länder haben dieses Vorhaben einhellig begrüßt.
Das neue Bundesamt soll sich nicht nur um die traditio-
nellen Zivilschutzaufgaben kümmern. In ihm sollen vor
allem auch die Serviceangebote zentral vorgehalten wer-
den, mit denen der Bund das Krisenmanagement der Län-
der unterstützen will. Dies betrifft vor allem die Bereiche
Koordination und Information. Wir greifen damit ein An-
liegen der Innenministerkonferenz auf, die auf ihrer
Herbstsitzung 2002 den Bund gebeten hat, bei großflächi-
gen Gefahrenlagen Informations- und Koordinations-
funktionen zur Unterstützung des Krisenmanagements
der Länder verstärkt vorzuhalten bzw. wahrzunehmen.
Hier haben wir in der Zwischenzeit auch schon vieles
erreicht. Das gemeinsame Melde- und Lagezentrum von
Bund und Ländern, das GMLZ, ist seit Herbst 2002 ein-
satzbereit. Es ist bei der Zentralstelle für Zivilschutz im
Bundesverwaltungsamt eingerichtet – demnächst also im
neuen Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastro-
phenhilfe – und soll vor allem als Zentrum für Ressour-
cenmanagement in Bereitschaft stehen. Die Erfahrungen
während der Hochwasserkatastrophen des letzten Som-
mers haben gezeigt, dass wir in solchen Fällen ein Dis-
positionszentrum brauchen – zur raschen und sinnvollen
Zuordnung von Helferinnen und Helfern, aber auch zum
Nachweis und zur Vermittlung von Hilfsmitteln, von
technischen Gerätschaften bis hin zu Sandsäcken.
Das neue Melde- und Lagezentrum stützt sich im We-
sentlichen auf das deutsche Notfallvorsorge-Informat-
ionssystem, kurz deNIS genannt. Kernaufgabe dieser
Datenbank ist die übergreifende Verknüpfung, Aufberei-
tung und Bereitstellung von Informationen für das Ma-
nagement von Großkatastrophen. In einer ersten Aufbau-
stufe ist deNIS bereits im Mai vergangenen Jahres online
gegangen, nämlich als Informationsportal für den Bürger.
Die Bürger können hier ein breites Spektrum wichtiger
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nformationen zu Fragen des Bevölkerungsschutzes ab-
ufen. Seit Mitte Mai 2002 wurden weit über 700 000 Zu-
riffe auf deNIS l registriert. deNIS II als eigentliches In-
trument für das Management von Großkatastrophen
teht jetzt als Prototyp zur Verfügung. In Kürze soll im
ahmen einer Übung der Pilotbetrieb aufgenommen
erden.
Die Innenministerkonferenz hat im Dezember vergan-
enen Jahres festgestellt, dass das nationale Notfallvor-
orgesystem funktioniert, dass es auch mit großflächigen
efahren- und Schadensereignissen fertig werden kann.
ass diese Einschätzung stimmt, haben zuletzt die Som-
erhochwasser an Elbe, Donau und Mulde vor einem
ahr gezeigt. Hier haben die Hilfsorganisationen und die
euerwehren, hier haben das THW, die Bundeswehr und
er Bundesgrenzschutz ein hohes Maß an Professionali-
ät, vor allem auch an selbstlosem Einsatzwillen gezeigt,
nd alle haben – aufs Ganze gesehen – hervorragend zu-
ammengearbeitet.
Dass es auch Defizite gibt, soll ja gar nicht verschwie-
en werden. Über sie wird seit den Anschlägen des
1. September 2001 offen diskutiert. Die Zivilschutzka-
azitäten des Bundes wurden in den 90er-Jahren deutlich
bgebaut, übrigens auch – obwohl von der äußeren Si-
herheitslage eigentlich unberührt – die Katastrophen-
chutzkapazitäten der Länder. Angesichts des Antrags
er CDU/CSU, den wir heute noch einmal debattieren,
önnte ich jetzt mit dem Hinweis kommen, dass dieser
assive Abbau der Zivilschutzkapazitäten weithin unter
hrer Regierungsverantwortung stattgefunden hat. Aber
ch lasse das. Der Hinweis auf Versäumnisse in der Ver-
angenheit bringt uns alle nicht weiter. Wir sollten uns
ieber darum kümmern, was jetzt und in Zukunft zu tun
t.
Hier sind wir auf gutem Wege. Mit den Ländern ha-
en wir uns im vergangenen Jahr auf eine neue Rahmen-
onzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz ver-
tändigt. Dieses neue Rahmenkonzept wurde auf der
nnenministerkonferenz Anfang Juni 2002 unter der
berschrift Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung
n Deutschland verabschiedet. Ihre Philosophie ist die
emeinsame Verantwortung von Bund und Ländern für
ußergewöhnliche Gefahren- und Schadenlagen. Es geht
icht um neue Zuständigkeiten, sondern um partner-
chaftliches Zusammenwirken über föderale Grenzen
inweg.
Dieses Zusammenwirken funktioniert. In wenigen Ta-
en findet die Herbstsitzung der Innenminister statt. Ih-
en liegt ein Beschlussvorschlag des zuständigen Ar-
eitskreises V vor, der ausdrücklich hervorhebt, – ich
itiere – „dass die Kooperation zwischen Bund und Län-
ern gut eingespielt ist. Dem kann ich mich aus Bundes-
icht nur anschließen.
Die Innenminister werden einen Bericht zur Umset-
ung der „Neuen Strategie“ verabschieden. Er listet die
aßnahmen auf, die Bund und Länder in den vergange-
en Monaten auf den Weg gebracht haben. Dieser Kata-
og liest sich sehr eindrucksvoll – auch wenn wir noch
icht alles erreicht haben, was wir uns vorgenommen
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6279
(A) )
(B) )
haben. Aber – ich wiederhole mich – wir sind auf einem
guten Weg.
Der Bericht belegt vor allem aber auch eines: Es kann
nun wirklich keine Rede davon sein, dass, wie der An-
trag der Union nahe legt, bei der – zweifellos notwendi-
gen – Reform, genauer: Fortentwicklung des Zivil- und
Katastrophenschutzes, bei Null begonnen werden
müsste, dass hier in den letzten Monaten nichts gesche-
hen sei.
Die Damen und Herren von der Opposition sollten
diesen Bericht eingehend studieren. Er zeigt: Der Bund
stellt sich auf die neuen Herausforderungen ein. Er kann
für seinen Bereich eine positive Leistungsbilanz vorwei-
sen. Der Bund macht seine Hausaufgaben.
Ich möchte in diesem Zusammenhang neben GMLZ
und deNIS nur an die kurzfristige Auslieferung von rund
650 Zivilschutzfahrzeugen an die Länder erinnern, da-
runter über 350 moderne ABC-Erkundungskraftwagen.
Das satellitengestützte Warnsystem ist seit Oktober 2001
in Betrieb; einbezogen sind nicht nur die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten, sondern – jetzt auch –
die privaten Rundfunkanstalten. Zusätzlich haben wir in
den vergangenen Monaten die Innenministerien der Län-
der mit entsprechenden Sendeeinrichtungen ausgestattet,
die es ihnen erlauben, ihrerseits Warnmeldungen etwa
vor regionalen Gefahren an die angeschlossenen Medien
zu verschicken.
Ergänzend prüfen wir derzeit in einer Reihe von Pilot-
projekten und Feldversuchen, ob und inwieweit sich spe-
ziell der Weckeffekt über das Festnetztelefon, die Funk-
alarmuhr oder das Radio – Einschaltlösung – realisieren
lässt.
Wegen der Kürze meiner Redezeit kann ich nicht all
die anderen Maßnahmen aufzählen, die wir zwischen-
zeitlich auf den Weg gebracht haben. Stichwortartig
möchte ich nur erwähnen: Wir bauen die Akademie für
Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz zu
einem Kompetenzzentrum für das gemeinsame Krisen-
management von Bund und Ländern, zu einem Forum
für den wissenschaftlichen Austausch sowie zu einer Be-
gegnungsstätte und Ideenbörse für Experten aus dem In-
und Ausland aus.
Wir haben ferner die Förderung der Ausbildung der
Bevölkerung in Erster Hilfe mit Selbstschutzinhalten
wieder aufgenommen. Wir setzen da an, wo im Sinne ei-
ner ebenso frühen wie nachhaltigen Erziehung die größ-
ten Erfolge zu erwarten sind: nämlich in der Schule.
Wir haben darüber hinaus die Bundesmittel für die Zi-
vil- und Katastrophenschutzforschung mit dem Schwer-
punkt B- und C-Bereich deutlich aufgestockt. Zum
Schutz vor Terrorangriffen mit biologischen Kampfstof-
fen hat der Bund in einer gemeinsamen Anstrengung mit
den Ländern außerdem Pockenimpfstoff für eine Voll-
versorgung der Bevölkerung angeschafft.
All dies belegt: Wir stellen uns auf die neuen Heraus-
forderungen ein. Die Aufgabe, die wir zu lösen haben,
ist zugegebenermaßen nicht einfach. Wir sind mitten in
der Arbeit. Der Bund ist aber nicht für den gesamten Be-
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eich des Zivil- und Katastrophenschutzes zuständig.
atastrophenschutz ist Sache der Länder. Sie müssen die
ierfür notwendigen personellen und materiellen Res-
ourcen vorhalten. Das gemeinsame Notfallvorsorgesys-
em funktioniert nur, wenn alle ihre Hausaufgaben ma-
hen. Die Optimierung des Bevölkerungsschutzes ist
emeinsame Verantwortung, gemeinsame Sache von
nd Ländern. Ich möchte Sie alle dazu einladen, auch
ber Ihre politischen Freunde in den Ländern, diesen
rozess engagiert und konstruktiv zu unterstützen und zu
egleiten.
nlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Tages-
odnungspunkt 12)
Heidi Wright (SPD): Ja, wir stimmen zu, dem Gesetz
ur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und dort des
6 a Abs. 6.
Mit dem Gesetzentwurf wird die Gebührenerhebung
nd die Gebührengestaltung im Regelungsbereich von
arkscheinautomaten und Parkuhren geregelt, also et-
as, was uns alle angeht als Autofahrerinnen und Auto-
ahrer, das uns aber auch darüber hinaus insofern angeht,
ls dass wir zumeist auch Kommunalpolitiker sind und
it dem wir uns im Verkehrsausschuss des Deutschen
undestages befasst haben.
Es geht um eine einfache Regelung, aber doch mit
eutlicher Wirkung, wie ich gemerkt habe. Denn viele
tädte und Einzelhandelsverbände haben mich wegen
ieser Gesetzesänderung kontaktiert.
In großer Verordnungsakribie war in der Vergangen-
eit geregelt, dass Parkgebühren in Höhe von mindes-
ens 0,05 Euro festzulegen sind, und zwar für jede ange-
angene halbe Stunde.
Der Gesetzentwurf regelt nun, dass die Kommunen
ie Höhe und Parkintervalle frei und selbst gestalten
önnen, bis hin zum kostenfreien Parken.
Ob nun natürlich goldene Zeiten, sprich gebühren-
reie Parkzeiten, anbrechen, wage ich zu bezweifeln, und
as wäre auch nicht in unserem verkehrspolitischem
inne.
Ich bin sicher, dass Kommunen individuelle, das heißt
uf sie passende, den örtlichen Gegebenheiten geschul-
ete Regelungen treffen werden. Und die Städte sind
roh über diesen Gestaltungsspielraum.
Ich weiß, dass sich natürlich auch der Einzelhandels-
erband über diese Möglichkeit freut – andererseits kann
ch natürlich nur hoffen, dass sich die Kommunen dem
u erwartenden großen Druck des Einzelhandels dann
icht zu arg beugen und nicht allzu großzügige kosten-
reie Regelungen organisieren.
Denn es ist gut, dass wir den Kommunen diesen
pielraum einräumen, hier und dort kostenfreies Parken
6280 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
zu ermöglichen – um damit auch dem großen Konkur-
renzdruck des kostenfreien Parkens auf der grünen
Wiese zu begegnen. Ich gebe jedoch auch zu bedenken
und zu erinnern, dass den Gesetzgeber 1980 verkehrs-
und umweltpolitische Gesichtspunkte geleitet haben, als
er feststellte:
Es ist in Anbetracht der Verkehrssituation in den In-
nenstädten nicht länger zu vertreten, dem Individu-
alverkehr unentgeltliche Verkehrsflächen zu Park-
zwecken zur Verfügung zu stellen und damit einen
zusätzlichen Anreiz zu schaffen, mit dem eigenen
Fahrzeug die Stadtzentren aufzusuchen.“
Das gilt auch noch heute!
Deshalb bin ich sicher, dass die Kommunen diese
Verkehrs- und umweltpolitischen Gesichtspunkte eben-
falls berücksichtigen und allein auch aus Kostengründen
es sich nicht leisten können und es sich nicht leisten,
großzügige zusätzliche Anreize durch kostenfreies Par-
ken zu schaffen.
Es ist aber sinnvoll, für den kurzen Sprung in den Bä-
ckerladen oder in die Buchhandlung zur Abholung eines
bestellten Buches nicht gleich das 50-Cent-Stück oder
die Euro-Münze suchen zu müssen. Hier ist Flexibilität
sicherlich von allen zu begrüßen.
Festhalten will ich aber, dass diese kleine, vielleicht
auch feine Regelung, die wir heute treffen, die Kommu-
nen nicht entbindet, sinnvolle Konzepte des öffentlichen
Personennahverkehrs zu fördern, auszubauen und attrak-
tiv zu machen.
Unsere Stadtzentren und auch die Ortszentren sollen
attraktiv sein für Fußgänger, sollen attraktiv sein zum
Flanieren und für das Verweilen im Straßencafé.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine gute Umsetzung
durch die Kommunen und danke für Ihre Aufmerksam-
keit.
Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren
heute einen Gesetzentwurf des Bundesrates zur Ände-
rung des Straßenverkehrsgesetzes. Die CDU/CSU-Bun-
destagsfraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf des Bun-
desrates ausdrücklich. Mit der zu beratenden Vorlage
soll ein Problem im Bereich des Straßenverkehrsrechts
gelöst werden, ein Problem, das bei vielen Mitbürgerin-
nen und Mitbürgern schon seit langem nur noch zu
Kopfschütteln führt, ein Problem, das bereits zu vielen
Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren in unserem Lande
geführt hat, ein Problem, das in der Vergangenheit leider
auch viele Autofahrer zu Beschimpfungen von Polites-
sen und Verkehrsraumüberwachern verführt hat, welche
das unbeliebte „Knöllchen“ hinter den Scheibenwischer
steckten.
Worum geht es? Wir kennen das Problem alle: Für
schnelle Besorgungen in der Innenstadt, zum Beispiel
beim Optiker, in der Apotheke, in der Bücherei oder
beim Telefonladen, gibt es keine kostenfreien Kurzpark-
plätze. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer haben
hierfür wenig Verständnis. Zu Recht. Was viele jedoch
nicht wissen: Die Gemeinden dürfen derzeit keine kos-
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enfreien Kurzparkplätze anbieten. Sie müssen die Park-
ebühren kassieren. Denn das Straßenverkehrsgesetz
egelt in § 6 a Abs. 6 die Gebührenerhebung und Gebüh-
engestaltung an Parkuhren und Parkautomaten. Im Ge-
etz steht: Soweit das Parken auf öffentlichen Wegen
nd Plätzen nur während des Laufs einer Parkuhr oder
nderer Vorrichtungen oder Einrichtungen zur Überwa-
hung der Parkzeit zulässig ist, werden Gebühren erho-
en. Die Gebühren betragen je angefangene halbe
tunde 0,05 Euro.
Das Widersinnige an der ganze Sache: Die Gemein-
en wollen für die ersten 30 Minuten Parkzeit am liebs-
en gar keine Gebühren kassieren. Ihnen ist viel wichti-
er, dass möglichst viele Kunden für kurze Zeit
ostenlos parken können. Denn dadurch würden die
rtskerne und Innenstädte belebt. Dadurch würden po-
enzielle Kunden nicht mehr abgeschreckt, in die Innen-
tädte zu fahren, wie es in der Vergangenheit häufig der
all war. Dadurch würden die Innenstädte gestärkt wer-
en! Und dadurch würde dem Trend vieler Autofahrerin-
en und Autofahrer zur Flucht auf die „grüne Wiese“ vor
en Stadttoren entgegengewirkt.
Es ist daher dringend an der Zeit, die von vielen als
nsinnig empfundene bestehende gesetzliche Regelung
bzuschaffen. Die derzeitige Rechtslage erlaubt es beim
eutigen bestehenden Parkdruck in unseren Städten und
emeinden nämlich nicht mehr, flexibel auf die beson-
eren lokalen Verhältnisse zu reagieren.
Doch worum geht es im Einzelnen? Ziel des Gesetz-
ntwurfes ist es in erster Linie, eine Belebung der Innen-
tädte durch mehr Freiheit für die Kommunen zu errei-
hen. Dazu soll die Erhebung der Parkgebühren künftig
ollständig den Gemeinden überlassen werden. Es soll
in kostenfreies Kurzzeitparken an Parkuhren und Park-
cheinautomaten ermöglicht werden. Bereits heute wird
urch die so genannte „Brötchentaste“ vielerorts ein kos-
enfreies Parken ermöglicht. Mit der „Brötchentaste“
ird den Parkraumnutzern durch einen Blankopark-
chein oder einen am Parkscheinautomaten angebrach-
en Erlass der Gemeinde ein kostenfreies Parken für ei-
en kurzen Zeitraum ermöglicht. In meiner Kreisstadt
ad Segeberg ist dies derzeit beispielsweise so. Den Ge-
einden und Städten verursacht diese Lösung jedoch ein
agengrummeln, weil sie wissen, dass sie sich in einer
echtlichen Grauzone bewegen.
Eine Gesetzesänderung in diesem Bereich war daher
ängst überfällig. So gab es auch in meinem Wahlkreis
egeberg/Stormarn-Nord bei vielen Kommunalpoliti-
ern ein hörbares Aufatmen, als ich ihnen in den letzten
agen von dem geplanten Gesetzesvorhaben berichtete,
elches wir heute diskutieren. Bereits nach der im Fe-
ruar von der CDU in Schleswig-Holstein flächende-
kend gewonnenen Kommunalwahl hatten viele Städte
nd Gemeinden in etlichen Bereichen endlich die Fes-
eln rot-grüner autofahrerfeindlicher Politik abgeworfen.
ahrelang wurde etwa in der Hansestadt Lübeck ver-
ucht, Autos mittels hoher Parkgebühren aus der Stadt
u verbannen. Diese innenstadtfeindliche Politik be-
irkte einen Attraktivitätsverlust der Innenstadt und
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6281
(A) )
(B) )
führte zu heftigen Umsatzeinbußen bei der Lübecker
Kaufmannschaft.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass die Kol-
leginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen
signalisiert haben, heute hier der vom Bundesrat an-
gestrebten Änderung der Straßenverkehrsordnung zu-
stimmen zu wollen.
Vielen von Ihnen ist diese Entscheidung sicherlich
nicht leicht gefallen. Die Politik Ihrer Parteifreunde in
den Kommunen war ja jahrelang darauf ausgelegt, gene-
rell alle Autos in Innenstädten zu verteufeln. Jetzt haben
offensichtlich auch Sie von den Regierungsfraktionen
erkannt, dass eine solche Politik in die Sackgasse führt.
Im Interesse einer Lebendigkeit der Geschäftswelt ist
Ihre Entscheidung daher zu begrüßen.
Der vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrates ist
grundsätzlich dazu geeignet, einen – wie ich finde – na-
hezu exemplarischen Fall gesetzlicher Überregulierung
abzubauen. Dies ist der richtige Weg, den Gemeinden
wichtige Gestaltungsmöglichkeiten der Parkgebühren an
die Hand zu geben. Die kommunale Selbstverwaltung
wird hierdurch gestärkt. Außerdem wird ein wichtiger
Schritt hin zum Bürokratieabbau unternommen. Zudem
kann die örtliche Verwaltung flexibel auf neue Ereig-
nisse innerhalb der Parkraumbewirtschaftung reagieren.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist die Tatsa-
che, dass die Gemeinden von den ihnen eingeräumten
neuen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen kön-
nen. Sie müssen es aber nicht tun. Bei wörtlicher Ausle-
gung des Gesetzestextes fällt dies vielleicht zunächst
einmal gar nicht auf. Es heißt dort schlicht: Für das Par-
ken auf öffentlichen Wegen und Plätzen können in Orts-
durchfahrten die Gemeinden, im Übrigen die Träger der
Straßenbaulast Gebühren erheben.
Natürlich mag es jetzt den einen oder anderen geben,
der argumentiert, mit dem Gesetzentwurf würde den Ge-
meinden durch die Hintertür eine günstige Gelegenheit
zur Aufbesserung ihrer Gemeindefinanzen eröffnet. Ge-
rade das ist jedoch nicht der Fall. Einerseits haben sich
in den vergangenen Jahren viele Gemeinden durch eine
bessere Verkehrsführung und eine bessere Verkehrsinfra-
struktur bereits auf das gestiegene Verkehrsaufkommen
eingerichtet. Sie wollen dadurch ihre eigene Attraktivität
erhöhen. Diesen Gemeinden kommt die Gesetzesände-
rung daher sehr gelegen. Andererseits wird keine Stadt
oder Gemeinde ihre eigene Attraktivität durch die Ein-
führung hoher Parkgebühren herabsetzen. Unabhängig
davon sind die Gemeinden – ich zitiere jetzt aus der
Gesetzesbegründung – ohnehin auch im Rahmen des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie der Straßen- und
wegerechtlichen Vorschriften der Länder zum Gemein-
gebrauch und Widmungszweck von Straßen an gesetzli-
che Vorgaben gebunden.
Das ist zwar juristisch einwandfrei. Ich glaube aber,
dass es dieser Begründung eigentlich gar nicht bedarf.
Wir haben es hier in jeder Hinsicht mit einem modernen
Gesetz zu tun. Hier liegt uns endlich einmal der Entwurf
eines Gesetzes vor, der auf die üblichen Reglementierun-
gen gänzlich verzichtet. Und dieser Gesetzentwurf wird
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da bin ich mir sicher – von den Kommunen auch ver-
ünftig angewendet werden.
Wir von der CDU/CSU-Fraktion haben Vertrauen in
ie Kompetenz unserer Gemeinden und werden dem Ge-
etzentwurf des Bundesrates daher zustimmen.
Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit
em vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates zur
nderung des Straßenverkehrsgesetzes wird der § 6 a
bs. 6 StVG in einer sinnvollen Art und Weise novel-
iert. Die bisherige Vorgabe aus dem Jahre 1980 hatte
ich in der Praxis als zu unflexibel und nicht mehr zeit-
emäß erwiesen. So konnte auf besondere lokale Ver-
ältnisse wie Platzangebot oder Parkdruck nicht ange-
essen reagiert werden.
In einer Zeit, in der wir von Entbürokratisierung, De-
egulierung und mehr Eigenverantwortung sprechen, ist
s daher konsequent, wenn wir mit der Novellierung des
6 a Abs. 6 StVG den Kommunen bzw. den Trägern der
traßenbaulast die Möglichkeit geben, die Parkraumbe-
irtschaftung in erweiterter Eigenverantwortung ange-
asster und möglicherweise auch innovativer durchzu-
ühren.
So werden in Zukunft kostenfreies Parken ohne zeitli-
he Vorgaben, zeitliche und räumliche Staffelung der
ebühren und auch kürzere Taktzeiten als die bisherigen
albstündigen Intervalle möglich sein. Darüber hinaus
erden mit diesem Gesetz – anders als nach der bisheri-
en Rechtslage – die Gemeinden bzw. die Träger der
traßenbaulast auch direkt zur Gebührenerhebung er-
ächtigt. Hierbei sei daran erinnert, dass die Befugnis
ur Einführung einer gebührenpflichtigen Parkraumbe-
irtschaftung ohnehin bei den Kommunen liegt.
Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass es durch
ie Erweiterung des Spielraums dazu kommt, dass über-
ogene Parkgebühren die Attraktivität der Innenbereiche
nd Ortskerne für Einwohner und Besucher schmälern
erden. Ganz im Gegenteil, die Regelung zeigt auch
öglichkeiten, durch eine restriktive Parkraumbewirt-
chaftung in dieser Richtung zielgerichteter zu wirken.
o könnte einer Überfüllung der Innenstädte entgegen-
ewirkt werden und durch geeignete Lenkungsmecha-
ismen ein lebenswertes und attraktives innerörtliches
zw. innerstädtisches Umfeld erhalten werden.
Dauer- oder Langzeitparker sollten sich Stellplätze
um Beispiel bei hohem Parkdruck oder geringem Park-
latzangebot außerhalb der Orts- und Stadtkerne suchen.
ier könnten durch eine progressive Staffelung der
arkgebühren je nach Parkdauer Anreize geschaffen
erden, sodass diese Parker infolgedessen auf Außenbe-
eiche ausweichen und/oder auf den ÖPNV umsteigen.
oraussetzung dafür sind natürlich entsprechende attrak-
ive Angebote seitens der Kommunen und des ÖPNV.
Ein flexibles Management könnte dagegen bei den
urzzeitparkern auch aus bündnisgrüner Sicht durchaus
orteile bringen, wobei wir kritisch anmerken, dass eine
ollkommen gebührenfreie Inanspruchnahme dieser
eistung im Hinblick auf verkehrs- und umweltpoliti-
che Ziele unserer Meinung nach kontraproduktiv wäre.
6282 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
(A) )
(B) )
Die Einräumung von Parkmöglichkeiten stellt eine
besondere Leistung von Kommunen dar, die über die üb-
lichen Aufgaben eines Gemeinwesens hinausgeht. Wir
dürfen nicht vergessen, dass hierfür erhebliche bauliche
und verkehrstechnische Aufwendungen getroffen wer-
den und auch die Umweltbelastungen durch Abgase und
Verkehrslärm berücksichtigt werden müssen, deren Auf-
wand immer im Verhältnis zu dem Nutzen gesehen wer-
den muss. Ein kostenloses Parken würde daher nur einen
Aufwand seitens der Kommunen verursachen.
Darüber hinaus wurde bei Untersuchungen in Köln
festgestellt, dass diese Blankoparkscheine, genannt Bröt-
chentaste, zwar seitens der lokalen Wirtschaftsunterneh-
men positiv gesehen werden, sie sich bei den Parkenden
jedoch im Hinblick auf die Akzeptanz und auch auf die
Bereitschaft zur Lösung eines Parkscheins insgesamt ne-
gativ ausgewirkt haben.
Wir verabschieden uns mit unserer Zustimmung nicht
von unserem politischen Ziel einer autoarmen oder gar
autofreien Stadt. Aber wir müssen auch konstatieren,
dass wir bis dahin noch einen weiten Weg zurückzulegen
haben und für unsere Vorstellung auf kommunaler Ebene
weiterhin werben müssen, bis unsere Vorstellungen
mehrheitsfähig und damit auch umsetzungsfähig sind.
Ich habe aber das Vertrauen in die Kompetenz der
Kommunen, in ihre gewählten Volksvertreter, aber auch
in natürliche Regelkreisläufe, dass hier zu starre Vorga-
ben seitens des Gesetzgebers überflüssig sind, da die
negativen Auswirkungen einer mangelhaften Parkraum-
bewirtschaftung auf die Bewirtschaftenden selbst zu-
rückfallen.
Ich wünsche mir, dass die verantwortlich Handelnden
den jetzt gewährten Spielraum mit Bedacht nutzen wer-
den, damit insbesondere der induzierte Verkehr durch
die Schaffung eines zusätzlichen Anreizes, mit dem
PKW in die ohnehin überfüllten Innenstädte zu fahren,
vermieden wird.
Eberhard Otto (Godern) (FDP): In Anbetracht der
teilweise dramatischen Verkehrssituation in den Innen-
städten ist es dringend erforderlich, dass die Städte und
Gemeinden mehr Freiheit für die Parkraumbewirtschaf-
tung erhalten. Die Erhöhung der Eigenverantwortung ist
auch aufgrund der weiteren Entwicklung von Handel
und Gewerbe unumgänglich.
Nach § 6 a Abs. 6 der StVO in der zurzeit gültigen Fas-
sung wird eine Gebühr, deren Höhe nach örtlichen Ver-
hältnissen unterschiedlich hoch sein kann, – 0,05 Euro –,
pro halbstündliches Parkzeitintervall vorgegeben. Bei
den heute bestehenden Parkfestlegungen kann so auf die
besonderen lokalen Verhältnisse nicht reagiert werden.
Deshalb: Es sollte nicht gesetzlich geregelt werden,
was vor Ort besser entschieden werden kann. Es muss
daher die Möglichkeit geschaffen werden, ein kosten-
freies Parken ohne Zeitvorgabe einzuräumen, die Ge-
bühren pro Zeitintervall schrittweise unterschiedlich zu
gestalten, kürzere Taktzeiten als halbstündliche Inter-
valle vorzugeben, um Gebühren nach einer räumlichen
Staffelung erheben zu können.
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Nur so kann die Attraktivität der Innenbereiche und
rtskerne für Einwohner und Besucher erhöht und
leichzeitig vermieden werden, dass sich der Verkehr
nd das Parkverhalten von den Haupt- auf die Neben-
traßen verlagern. Auch für die durch überteuerte Park-
ebühren in ihrer Besucherzahl stark beeinträchtigten
nsässigen Gewerbetreibenden wäre diese neue Rege-
ung von Vorteil.
Auch ohne starre Bindung an feste Sätze muss es
öglich sein, sachgerechte Regelungen zu finden, um
iner großen Anzahl von Verkehrsteilnehmern den vor-
andenen Parkraum zugänglich zu machen und die Han-
elstätigkeit in den Kommunen zu erhöhen. In Anbe-
racht dieser Situation in den Städten und Gemeinden
röffnet die neue vorgeschlagene Regelung uneinge-
chränkt die nötige Flexibilität zur Nutzung des vorhan-
enen Parkraums. Somit steht die Parkgebührenerhe-
ung künftig vollständig zur freien Disposition der
tädte und Gemeinden und soll damit ein kostenfreies
urzzeit-Parken im Regelungsbereich eines Parkschein-
utomaten ermöglichen. Entgegen der heutigen Rechts-
age wird das bereits heute vielerorts praktiziert. Ich
enne als Beispiel die so genannte Brötchentaste.
Die angestrebte Änderung leistet einen Beitrag zur
eregulierung der jetzigen Situation. Dem Bund entste-
en durch den Entwurf keine finanziellen Nachteile,
enn die Gebühren stehen nicht ihm, sondern den Ge-
einden zu. Dieser Gesetzesveränderung ist ein erster
chritt in die richtige Richtung. Es sollte jedoch daran
earbeitet werden, auf diesem Gebiet weitere Kompe-
enzen den Kommunen zu übertragen.
Aus den genannten Gründen stimmt die FDP-Frak-
ion der Gesetzesveränderung des § 6 a Abs. 6 der StVO
u.
Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-
inister für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen: Wir
eraten heute abschließend den vom Bundesrat einge-
rachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Stra-
enverkehrsgesetzes, der im Wesentlichen eine Ände-
ung des § 6 a Abs. 6 vorsieht. Diese Vorschrift regelt
ie Gebührenerhebung und -gestaltung im Bereich von
arkscheinautomaten und Parkuhren. Derzeit ist hier
och eine Mindestparkgebühr von 0,05 Euro je angefan-
ene halbe Stunde für Parkscheinautomaten oder Park-
hren gesetzlich und bundeseinheitlich festgelegt.
Mit der Änderung wird die Erhebung der Parkgebüh-
en nicht nur hinsichtlich der Art und Weise, sondern
uch hinsichtlich der Höhe in die freie Disposition des
ebührengläubigers – weit überwiegend sind das die
ommunen – gestellt. Damit wäre künftig auch die Zu-
assung eines kostenfreien Parkens in einem vor Ort fest-
ulegenden Zeitabschnitt möglich. Die Gebühren könn-
en pro Zeitintervall schrittweise unterschiedlich
estaltet werden. Es könnten auch kürzere Taktzeiten als
ine halbe Stunde vorgegeben werden und die Gebühren
önnten je nach Parkdruck gestaffelt werden.
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Parkgebüh-
enerhebung flexibel, je nach den Bedürfnissen und Be-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6283
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sonderheiten vor Ort durch die Gemeinden durchführen
zu lassen und somit auch das kostenfreie Kurzzeit-Par-
ken im Regellungsbereich eines Parkscheinautomaten zu
ermöglichen. Dies wird entgegen der bestehenden
Rechtslage heute bereits vielerorts mittels eines Blanko-
Parkscheins für einen begrenzten Zeitraum, mit der so
genannten Brötchentaste, praktiziert. Zudem wird eine
völlige Abkehr von Gebührenerhebungsintervallen an-
gestrebt. Die Landesregierungen werden jedoch auch
künftig Gebührenordnungen erlassen können.
Den einstimmigen Beschlussempfehlungen des feder-
führenden Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen vom 22. Oktober 2003, Bundestagsdruck-
sache 15/1802, und des mitberatenden Ausschusses für
Tourismus, den Gesetzentwurf anzunehmen, schließt
sich die Bundesregierung ausdrücklich an. Ich bin zuver-
sichtlich, dass auch Sie diesem positiven Votum folgen
werden.
Die angestrebte Änderung des § 6 a Abs. 6 StVG
stellt einen – wenn auch nur bescheidenen – Beitrag zur
Deregulierung und Stärkung der Verantwortlichkeit der
kommunalen Gebietskörperschaften in ihrem Aufgaben-
bereich dar. Die Bundesregierung steht solchen Entwick-
lungen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, insbe-
sondere dann, wenn – wie hier – dem Bund keine
finanziellen Nachteile entstehen.
Da Städte und Gemeinden bei der Regelung des ru-
henden Verkehrs und damit auch der Regelung der
Parkraumbewirtschaftung den straßenrechtlichen Wid-
mungszweck, den garantierten Gemeingebrauch an Stra-
ßen und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten
haben, stehen der Lockerung der Parkgebührenregelung
auch keine verkehrsrechtlichen Bedenken entgegen.
Gleichwohl gestatten Sie mir, eine Bitte an Sie zu-
richten: Die Bundesregierung hatte in ihrer Stellung-
nahme vom 11. Juli 2003 in der Bundestagsdrucksache
15/1496 die Begründung zum bislang geltenden § 6 a
Abs. 6 StVO in Erinnerung gerufen.
Darin war unterstrichen worden, dass es in Anbe-
tracht der Verkehrssituation in den Innenstädten nicht
länger zu vertreten ist, dem Individualverkehr unentgelt-
lich öffentliche Verkehrsflächen zu Parkzwecken zur
Verfügung zu stellen und damit einen zusätzlichen An-
reiz zu schaffen, die Stadtzentren mit dem eigenen Fahr-
zeug aufzusuchen.
Unter verkehrs- wie umweltpolitischen Gesichts-
punkten ist zu bedenken, dass sich die Möglichkeit,
Kurzparkern künftig eine gebührenfreie Inanspruch-
nahme des Parkraumes einzuräumen, nicht vollständig
mit dem Ziel der geltenden Regelung, die Verkehrssitua-
tion in den Innenstädten zu verbessern, in Einklang brin-
gen lässt. Aber die neue Regelung eröffnet ja nur die
Möglichkeit. Ob und inwieweit Städte und Gemeinden
davon Gebrauch machen, wird dort entschieden werden
müssen.
Ich bitte Sie herzlich darum, vor Ort einen Beitrag
dazu zu leisten, dass die mit der Neuregelung möglicher-
weise verbundenen negativen Effekte durch eine der je-
weiligen Situation angepasste flexible Ausführung des
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euen Rechts vermieden werden. Auch eine gegebenen-
alls erforderlich werdende Verstärkung der Parkraum-
berwachung liegt in der kommunalen Zuständigkeit.
Ich bin zuversichtlich, dass die zuständigen Behörden
en mit der Änderung geschaffenen Spielraum mit Be-
acht nutzen werden, damit kein zusätzlicher Anreiz ent-
teht, die heute schon überfüllten Innenstädte mit dem
KW aufzusuchen. Wohl niemand kann ein Interesse da-
an haben, dass sich die Änderung der Vorschrift zulas-
en des öffentlichen Personennahverkehrs oder des Rad-
erkehrs auswirkt.
nlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über
die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-
Sondervermögens für das Jahr 2004 (Tagesord-
nungspunkt 14)
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Der Gesetzent-
urf über die Feststellung des Wirtschaftsplans des
RP-Sondervermögens für das Jahr 2004, das wir heute
n erster Lesung beraten, birgt erhebliche Änderungen
m ERP-Sondervermögen in sich, was das Volumen und
ie Ausgestaltung der Instrumente angeht. Es lohnt des-
egen, den diesjährigen Haushaltsplan nicht als Rou-
ineberatung durchzuwinken, sondern an dieser Stelle ei-
ige grundsätzliche Anmerkungen zur Zukunft des ERP-
ondervermögens zu machen.
Dabei sehen wir uns mit der Tatsache konfrontiert,
ass der ERP-Haushalt dieses Mal finanzielle Mittel in
öhe von 5,3 Milliarden Euro bereitstellt.
Davon wird der Löwenanteil, nämlich 4,0 Milliarden
uro, für zinsgünstige, langfristige Darlehen für Investi-
ionen kleiner und mittlerer Unternehmen, insbesondere
ür Existenzgründungen, zur Förderung des Umwelt-
chutzes und für Maßnahmen in den regionalen Förder-
ebieten ausgewiesen.
Das sind 1 Milliarde Euro weniger als im vergange-
en Jahr und auch im laufenden Jahr 2003. Knapp die
älfte der Mittel für langfristige Darlehen, das heißt
,93 Milliarden Euro, können für Investitionen in den
euen Bundesländern genutzt werden.
Die bei der absehbaren bzw. prognostizierten Wirt-
chaftslage zu erwartende Nachfrage nach ERP-Darle-
en im kommenden Jahr kann somit bedient werden.
Über das genannte Förderungsvolumen von Darlehen
inaus bietet das ERP-Sondervermögen Beteiligungska-
ital von 400 Millionen Euro über das Programm „BTU-
eteiligungskapital für kleine Technologieunterneh-
en“.
Damit leistet das ERP-Sondervermögen einen wichti-
en Beitrag für den Mittelstand in einer Zeit, in der die
inanzierungsbedingungen gerade für kleine und mitt-
ere Unternehmen schwieriger geworden sind und
6284 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
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Silberstreifen am Finanzhorizont gerade in Deutschland
kaum sichtbar sind.
Zwar bestreiten Sachverständigenrat und das Herbst-
gutachten der deutschen wirtschaftswissenschaftlichen
Forschungsinstitute eine generelle „Kreditklemme“, den
sogenannten „Credit-Crunch“, aber es ist nicht zu leug-
nen, dass auch im Jahr 2003 die Finanzierungsbedingun-
gen für viele Unternehmen nochmals deutlich schwieri-
ger geworden sind.
Darunter leiden zwangsläufig Neugründungen, aber
auch viele Unternehmen, die sich seit Jahren unter ver-
schärftem Wettbewerbsdruck auf stagnierenden Märkten
durchschlagen.
Die Ertragsschwäche der meisten mittelständischen
Betriebe hat zudem bewirkt, dass die deutlichen Entlas-
tungen, die die bereits geltenden Teile der Steuerreform
gebracht haben, von den meisten Unternehmen nicht
realisiert werden – weder im Kopf noch in der Kasse.
Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen in
Deutschland haben schon beträchtliche Schwierigkeiten,
ihre ganz normale wirtschaftliche Tätigkeit zu finanzie-
ren, geschweige denn können sie unternehmerische
Wagnisse eingehen.
Es werden erhebliche Wachstumschancen verschenkt,
viele Arbeitsplätze nicht geschaffen, Innovation und Dy-
namik behindert.
Dies ist nicht allein oder überwiegend der Risiko-
scheu von deutschen Banken anzulasten.
Es ist vielmehr zu konstatieren, dass sich die deutschen
Kreditinstitute in einer länger dauernden strukturellen
Ertrags- und Kostenkrise befinden. Fehlentscheidungen
des vergangenen Jahrzehnts, ob im Investmentbanking,
in Immobiliengeschäften oder riskanten Börsenmanö-
vern auf dem so genannten Neuen Markt haben diese
Krise deutlich verschärft.
Auch die Versicherungswirtschaft steht in Deutsch-
land vor nicht geringen Schwierigkeiten und fällt daher
als Finanzierungsgeber für die wichtigsten Finanzinves-
titionen und Großinvestoren aus.
Die Luft im Finanzsektor ist derzeit dünn in Deutsch-
land: Nach zwei „anni horribiles“ – also schlechten Jah-
ren – scheint allerdings Besserung angesagt. Wie schnell
sich das auf die Finanzierungsbedingungen von kleinen
und mittleren Unternehmen tatsächlich auswirken wird,
ist aber noch offen.
Die neuen internationalen Eigenkapitalrichtlinien
(Basel II) sind dabei häufig eine Begründung für die Ver-
weigerung von Krediten, hinter der sich eigentlich ein
Bündel anderer Gründe versteckt – von der Kosten- und
Risikostruktur der Banken und Sparkassen selbst bis hin
zu fehlendem Glauben an die Geschäftsidee oder die
Qualität des Unternehmers.
Einer der von Banken häufig genannten Verweige-
rungsgründe ist die im internationalen Vergleich geringe
Eigenkapitalquote vor allem kleiner Unternehmen, die
ein wichtiges Kriterium für die Bonität eines Unterneh-
mens darstellt. Für den Mittelstand in Deutschland kann
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edoch nicht pauschal von einer Eigenkapitallücke ge-
prochen werden.
Je nach Branche gibt es – so Bundesbankpräsident
rnst Welteke – riesige Unterschiede in der Eigenkapi-
alausstattung, die sich nur zum Teil aus dem spezifi-
chen Produktions- und Dienstleistungsbedingungen er-
lären lassen:
Bei der gewerblichen Wirtschaft ist die Eigenkapital-
usstattung mit 24 bis 25 Prozent am höchsten, beim
inzelhandel mit 2,2 Prozent und dem Baugewerbe mit
,8 Prozent am niedrigsten. Beim internationalen Ver-
leich muss zudem unter anderen in Rechnung gestellt
erden, dass steuerlich die Ausschüttung von Gewinnen
ange Zeit begünstigt war und Kreditzinsen steuerlich
bsetzbar sind, das deutsche Insolvenzrecht viele Jahre
en Gläubigerschutz in den Mittelpunkt stellte, Zins-
nd Bilanzregeln die Bildung stiller Reserven und lang-
ristiger Rückstellungen begünstigt haben und die
remdmittelaufnahme im internationalen Vergleich
eichter und günstiger war und ist.
Deswegen hat so mancher Unternehmer – bzw. sein
teuerberater – es für sinnvoller gehalten, Vermögen
icht im Betrieb, sondern als Privatvermögen zu halten.
teuerlich war das Unternehmen damit gut aufgestellt –
ber für Krisenzeiten nicht gewappnet.
Darüberhinaus ist klar, dass je kleiner das Unterneh-
en und je konjunkturempfindlicher die Sektoren, desto
ravierender wirkt sich eine Eigenkapitalschwäche aus.
nd festzustellen ist, dass durch die größere Menge jun-
er und kleiner Betriebe der Osten Deutschlands härter
etroffen ist.
Auch junge wissensbasierte, technologie- und wachs-
umsorientierte Unternehmen bedürfen dringend einer
esseren Eigenkapitalversorgung.
Mit dem ERP-Sondervermögen besitzt der Bund al-
erdings ein Instrument von bedeutsamen Wert, die Fi-
anzierungsbedürfnisse der kleinen und mittleren Unter-
ehmen nachdrücklich zu unterstützen. Ergänzt um die
öglichkeiten der neu gebildeten „KfW-Mittelstands-
ank“ können wir neue Finanzierungsinstrumente anbie-
en, die auf die neuen Bedürfnisse zugeschnitten werden
önnen, und zwar um schnell wachsende innovative Un-
ernehmen, spezifische industriepolitisch wichtige Be-
eiche, Umweltschutz, regional schwächere Gebiete vor
llem in den neuen Bundesländern, vor allem Nachrang-
apital aber auch altes Beteiligungskapital zu mobilisie-
en.
Dabei müssen wir aber erstens bedenken, dass die
ittel des ERP-Sondervermögens nicht unerschöpflich
ind und wir zweitens den gesetzlichen Auftrag haben,
as ERP-Sondervermögen in seiner Substanz zu erhal-
en.
Das ist lange Jahrzehnte auch gut gegangen und das
RP-Sondervermögen ist seit seiner Gründung stetig
icht nur real erhalten, sondern sogar gewachsen. Natür-
ich nicht in jedem Haushaltsjahr – aber stets über das
ahrfünft.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6285
(A) )
(B) )
In den letzten vier Jahren war das nicht mehr der Fall:
Das ERP-Sondervermögen ist nunmehr nominal, nicht
aber real gewachsen.
Die Gründe dafür hat der Bundesrechnungshof in ei-
ner gründlichen Ausarbeitung sichtbar gemacht
Erstens. Die Niedrigzinsphase, die zusammen mit der
Möglichkeit, die Kredite jederzeit ohne Entschädigung
kündigen zu können, haben beim ERP-Sondervermögen
erhebliche Kostenbelastungen ausgelöst.
Zweitens. Die Eingliederung des Eigenkapitalhilfe-
programms in das ERP-Sondervermögen und das kost-
spielige BTU-Programm.
Drittens. Die seit 1998 nicht mehr erfolgten Zahlun-
gen von Zinszuschüssen durch den Bundesminister der
Finanzen für die seit 1990 zusätzlich auf dem Markt auf-
genommenen ERP-Kredite, die besonders vergünstigt
den neuen Bundesländern zur Verfügung gestellt worden
sind.
Zu Recht hat der Bundesrechnungshof Anpassungen
in den Programmen verlangt, um die sich automatisch in
einer Niedrigzinsphase ergebenden Verluste möglichst
niedrig zu halten.
Dies ist schon im Jahr 2003 soweit möglich erfolgt
und wird beim operativen Geschäft auch sorgfältig be-
achtet.
Gleichwohl standen und stehen wir vor einem Ziel-
konflikt: Keinerlei neue zinsverbilligte Kredite auszurei-
chen, keine neuen Programme mit Haftungserleichte-
rung, keine neuen Nachrangkapitalprogramme und keine
echten Beteiligungsprogramme wie zum Beispiel mit
dem EIF in Gang zu setzen, wäre zwar risikoärmer und
natürlich kostengünstiger.
Nur die hohen Belastungen aus den 90er Jahren für
das ERP-Sondervermögen wären damit auch nicht besei-
tigt und damit der Substanzerhaltungsgebot realiter doch
verletzt, dafür aber wäre die dringend benötigte Unter-
stützung der Finanzierung kleiner und mittlerer Unter-
nehmen unmöglich, Wachstum, Beschäftigung und In-
novation ernsthaft behindert
Dies war erfreulicherweise für alle im Unterausschuss
vertretenen Fraktionen keine Alternative. Aber wir wa-
ren uns einig, dass wir uns parlamentarisch vertieft mit
den Schwerpunkten und Prioritäten auseinander setzen
müssen. Wir werden diese Diskussion und vor allem die
praktische Umsetzung der neuen Instrumente intensiv
begleiten und gegebenenfalls im laufenden Haushalt um-
steuern.
Im übrigen werden wir uns – bei aller größten Markt-
nähe der neuen Förderinstrumente, was bedeutet, dass
sie in ihren Kosten besser als bisher die Risiken berück-
sichtigen müssen darüber im klaren sein müssen, dass
wir die Gelder der breiten Masse der deutschen Steuer-
zahler verwalten und daher weder billiger Jakob noch
Bremser in einer schwierigen Wirtschaftslage sein dür-
fen.
Insgesamt stellen sich das ERP-Sondervermögen und
diejenigen, die es gestalten und verwalten, den neuen
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nd drängenden Fragen der Sicherung der Mittelstands-
inanzierung. Erste, wie wir alle hoffen, innovative
chritte werden unternommen.
Wir im Parlament werden gemeinsam mit der KfW-
ittelstandsbank diesen nicht ganz einfachen Weg ge-
einsam gehen und erhoffen uns auch aus der interes-
ierten Öffentlichkeit eine kritische und anregende Be-
leitung
Otto Bernhardt (CDU/CSU): Ende des Zweiten
eltkrieges beschlossen die Vereinigten Staaten auf An-
aten des Generals und Politikers George C. Marshall,
eutschland in ein umfassendes Wiederaufbaupro-
ramm für Europa einzubeziehen. Durch dieses Pro-
ramm – bekannt als Marshall-Plan – flossen von 1948
is 1951 umgerechnet circa 3 Milliarden Euro nach
estdeutschland. Sie bildeten die Grundlage für das
RP-Sondervermögen, da die Vereinigten Staaten da-
als auf eine Rückzahlung verzichteten.
Der Verwendungszweck wurde 1953 im ERP-Verwal-
ungsgesetz festgelegt, wobei folgende Bestimmungen
on besonderer Wichtigkeit sind: Zum einen das Sub-
tanzerhaltungsgebot, welches gewährleistet, dass diese
elder für die Wirtschaftsförderung eingesetzt werden,
abei aber die Substanz des Vermögens nicht verringert
erden darf. Zum anderen legt dieses Gesetz fest, dass
er Deutsche Bundestag jährlich einen Wirtschaftsplan
ber die Verwendung des ERP-Sondervermögens zu be-
chließen hat. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung
ür den Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 wurde am
0. Mai 2003 vorgelegt. Heute findet die erste Lesung
m Bundestag statt.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal
ie drei wesentlichsten Punkte der ERP-Wirtschaftsför-
erung aufzählen: erstens die Unterstützung von Grün-
ungsvorhaben durch Eigenkapitalhilfe und Existenz-
ründungskredite, zweitens der Aufbau und die
odernisierung bestehender Unternehmen in regionalen
ördergebieten und drittens die Entwicklung neuer Pro-
ukte bis hin zur Markteinführung. Diese Punkte zeigen,
elche Bedeutung die ERP-Wirtschaftsförderung gerade
ür junge Unternehmen und forschungsintensive Bran-
hen hat.
In Rahmen dieser ersten Lesung will ich zwei kriti-
che Anmerkungen machen bzw. Probleme aufzeigen,
ie einer weiteren Diskussion bedürfen:
Erstens: das Substanzerhaltungsgebot. Das ERP-Son-
ervermögen hatte ursprünglich umgerechnet eine Höhe
on circa 3 Milliarden Euro und beträgt heute rund
2,4 Milliarden Euro. Nominell hat sich das Vermögen
n den 50 Jahren also mehr als vervierfacht. Beim Sub-
tanzerhaltungsgebot geht es aber natürlich nicht um no-
inelle Größenordnungen, sondern um reale Größen.
aßstab muss die Entwicklung des Sozialproduktes
zw. der Kaufkraft sein. Bis 1998 wurden Zuschüsse aus
em Bundeshaushalt in einer Größenordnung von gut
Milliarde Euro geleistet, um dem Anspruch des Geset-
es nach Substanzerhaltung gerecht zu werden. Seit
999 werden keine solchen Zuschüsse mehr geleistet,
6286 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
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mit dem Ergebnis, dass sich in den letzten vier Jahren
das ERP-Sondervermögen nur um circa 200 Millionen
Euro von 12,210 auf 12,410 Milliarden Euro erhöht hat,
dass heipt 1,6 bzw. 0,4 Prozent pro Jahr. Die Verbrau-
cherpreise haben sich in diesen vier Jahren um insgesamt
über 6 Prozent erhöht, sodass die Substanz um mindes-
tens 500 Millione Euro zurückgegangen ist. Im laufen-
den Jahr wird es zu einem weiteren Substanzverlust
kommen.
Die Ursachen dafür liegen zum Teil in Fördermaßnah-
men im Zuge der deutschen Einheit, von denen einige
noch weitere zehn Jahre lang Einfluss auf das ERP-Son-
dervermögen haben werden. Insofern war es richtig, zum
Ausgleich Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt an das
ERP-Vermögen zu zahlen. Leider ist dies – wie gesagt –
seit 1998 nicht mehr erfolgt. Über diese Problematik
müssen wir uns im Interesse der Nachhaltigkeit der För-
dermöglichkeiten aus dem ERP-Sondervermögen weiter
unterhalten. Ich weiß, dass die Verantwortlichen im Fi-
nanzministerium und in der Kreditanstalt für Wiederauf-
bau bereits über Gegenmaßnahmen diskutiert und zum
Teil entschieden haben. Die Einführung einer Vorfällig-
keitsentschädigung ist sicher ein Instrument, das dem
weiteren Substanzverlust entgegenwirkt.
Zweitens: der Rückgang der Inanspruchnahmen. Im
Jahre 2002 wurden Zusagen aus dem ERP-Vermögen in
Höhe von knapp 3,2 Milliarden Euro erteilt. Für dieses
Jahr waren insgesamt 5 Milliarden Euro vorgesehen. Die
Inanspruchnahmen dürfen nach den jetzt vorliegenden
Zwischenergebnissen aber nur bei etwa 3 Milliarden
Euro liegen und damit unter denen des Vorjahres. Beson-
ders groß ist die Differenz zwischen den Planungen und
den Inanspruchnahmen bei den Existenzgründungsmaß-
nahmen. Für das Jahr 2003 waren dafür 1,85 Milliarden
Euro vorgesehen, während die Inanspruchnahme nur bei
insgesamt circa 700 Millionen Euro liegen dürfte. Es
wurde also nur gut ein Drittel der ursprünglich vorgese-
henen Mittel tatsächlich abgerufen. Die Gründe für diese
Einschnitte sind in einem geringen Maße auf das nied-
rige Zinsniveau zurückzuführen, das den Einsatz öffent-
licher Fördermittel teilweise uninteressant macht. Weiter
kann vermutet werden, dass Banken ihre Kunden auf-
grund der oftmals geringen Margen gar nicht auf die
Fördermöglichkeiten der KfW aufmerksam machen. Um
dieses Argument zu entschärfen, hat die KfW die Er-
tragsmöglichkeiten für die Geschäftsbanken ein Stück
verbessert. Der Kernpunkt des Problems liegt allerdings
in den schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
und der damit verbundenen Zurückhaltung bei Investi-
tionen und Existenzgründungen. Bei stagnierender Wirt-
schaft werden einfach weniger Mittel für Investitionen
benötigt.
Wir werden beide Punkte in den weiteren Beratungen
kritisch hinterfragen. Es bleibt unser Ziel, wie in den
Vorjahren, in der abschließenden Lesung des Bundesta-
ges dem Wirtschaftsplan unserer Zustimmung zu geben.
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Der ERP-Wirtschaftsplan bildet ein zentrales Element
der finanziellen Mittelstandsförderung des Bundes.
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ründer und mittelständische Unternehmen finden beim
RP-Sondervermögen und bei der KfW-Mittelstands-
ank, die in die Mittelvergabe eingeschaltet ist, zuverläs-
ige Partner bei der Investitionsfinanzierung.
Der ERP-Wirtschaftsplan 2004 umfasst ein Fördervo-
umen von insgesamt 4,4 Milliarden Euro. Dabei wird
in Volumen von 4 Milliarden Euro in Form von lang-
ristigen und zinsgünstigen Krediten, insbesondere an
ittelständische Unternehmen, bereitgestellt. Darüber
inaus können bis zu 400 Millionen Euro Beteiligungs-
apital über das Programm „Beteiligungskapital für
leine Technologieunternehmen – BTU“ mobilisiert
erden.
Mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz tragen wir den
eränderten Finanzierungsanforderungen für kleine und
ittlere technologieorientierte Unternehmen Rechnung.
n der Wissensgesellschaft wird Beteiligungskapital im-
er wichtiger, denn Technologieunternehmen investie-
en in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht in
aschinen und Anlagen. Die für die Kreditgewährung
otwendigen Sicherheiten können daher immer schwerer
ereitgestellt werden. Daraus resultiert die wachsende
edeutung der Finanzierung über Beteiligungskapital.
Die Beteiligungskapitalfinanzierung für technologie-
rientierte Unternehmen ist durch die Krise am Neuen
arkt und aus konjunkturellen Gründen in den letzten
ahren schwieriger geworden. Wir schaffen deshalb zwei
eue Förderinstrumente, um mehr Liquidität in den
arkt zu bringen und den Zugang zu Risikokapital für
nnovative Unternehmen zu erleichtern. Gemeinsam mit
er Europäischen Investitionsbank schaffen wir einen
achfonds zur Investition in Beteiligungskapitalfonds.
adurch werden in den nächsten fünf Jahren 1,7 Milliar-
en Euro für innovative Unternehmen bereitstehen.
Mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz schaffen wir die
oraussetzung dafür, dass 50 Millionen Euro jährlich
us dem ERP-Vermögen zur Beteiligung an einem Dach-
onds bereitstehen. Die Europäische Investitionsbank
ird sich im gleichen Umfang beteiligen. Der Dach-
onds wird sich mit bis zu 30 Prozent an Venturecapital-
onds beteiligen. Das zusammen mit privaten Investoren
obilisierte Kapital wird in den nächsten 5 Jahren bei
und 1,7 Milliarden Euro liegen.
Gleichzeitig wird die Beteiligungsfinanzierung im
ahmen des Programms „Beteiligungskapital für kleine
echnologieunternehmen“, BTU, auf die Zweitrundenfi-
anzierung ausgedehnt. Ebenso wie der Dachfonds wird
ieses neue Finanzierungsinstrument keinen festen Zins
ls Gewinnbeteiligung verlangen, sondern der am Markt
u erzielende Gewinn bei Beteiligungsverkauf wird maß-
eblich sein. Damit wird das Finanzierungsinstrument
uch keinen Beihilfecharakter mehr haben. Die öffentli-
hen Kapitalgeber werden genauso wie private Investo-
en an den Gewinnen beteiligt. Das halten wir für sachge-
echt. Mit diesen neuen Finanzierungsinstrumenten
chaffen wir die Voraussetzung dafür, dass Forschungser-
ebnisse in neue Produkte, Verfahren und Arbeitsplätze
mgesetzt werden können. Wir stärken die Infrastruktur
ür Venturecapitalfinanzierungen in Deutschland.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 72. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003 6287
(A) (C)
(B) )
Einen erheblichen Anteil an den ERP-Förderpro-
grammen haben umweltfreundliche Technologien. In-
vestitionen zur Reduzierung von Umweltbelastungen in
kleinen und mittleren Unternehmen können mit zins-
günstigen Krediten in einem Volumen von 50 Prozent
der Investitionskosten gefördert werden. Erhebliche
Umweltentlastungen könnten damit erreicht werden. Be-
sonders im Strombereich hat die Förderung aus dem
ERP-Sondervermögen erheblichen Anteil an der Ver-
bau (KfW) und der Deutschen Ausgleichsbank (DtA),
die Wirkung für den Mittelstand verbessern wird. Damit
einher geht eine Verschlechterung der Mittelstandsförde-
rung: kürzere Laufzeiten für Kredite, Vorfälligkeitsent-
schädigungen bei früherer Tilgung und eine Konditio-
nenausgestaltung, die je nach Bonität ausgestaltet ist.
Dies alles verschlechtert die Möglichkeiten für kleine
und mittelgroße Unternehmen, Kredite aus dem ERP-
Sondervermögen zu erhalten.
breitung innovativer Technologien.
Allerdings wird das Potenzial der Fördermöglichkei-
ten nicht voll ausgeschöpft, denn nicht immer sind die
Fördermöglichkeiten hinreichend in der Öffentlichkeit
bekannt. Sinnvoll wäre es daher, wenn die KfW zum
Beispiel zielgerichtet Werbung für die Finanzierung von
Null-Emissions-Technologien im Verkehrsbereich ma-
chen würde. Aus dem ERP-Programm kann ja nicht nur
die Technologieentwicklung, sondern auch die Markt-
einführung gefördert werden. Das ist in der Öffentlich-
keit noch zu wenig bekannt.
Der ERP-Wirtschaftsplan 2004 berücksichtigt auch
die Veränderungen in der Finanzierungslandschaft. Ih-
nen wird mit der inzwischen erfolgten rechtlichen Zu-
sammenführung der Kreditanstalt für Wiederaufbau und
der Deutschen Ausgleichsbank zur KfW-Mittelstands-
bank Rechnung getragen. Das Förderangebot der KfW-
Mittelstandsbank und das ERP-Förderangebot werden
neu strukturiert, gestrafft und mit einem Fördermehrwert
versehen. Die für Gründer und junge Unternehmen be-
sonders wichtigen eigenkapitalähnlichen Mittel sollen
aufgestockt werden. Dies entspricht dem Ziel, die Eigen-
kapitalausstattung der mittelständischen Unternehmen
zu verbessern.
Christoph Hartmann (Homburg) (FDP): Kann mit
dem ERP-Sondervermögen dem Mittelstand in Deutsch-
land aus seiner Notlage geholfen werden? Ich meine:
Ganz sicher nicht! Angesichts einer Wirtschaftsflaute im
nunmehr dritten Jahr, der anhaltend hohen Insolvenzrate,
angesichts hoher Arbeitslosigkeit und über 100 000 feh-
lenden Ausbildungsplätzen erscheinen die im ERP-Wirt-
schaftsplangesetz ausgewiesenen 5,3 Milliarden Euro
wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es wird klar:
Ohne passende Rahmenbedingungen – wie Steuer- und
Abgabensenkungen, durchgreifende Sozialreformen und
Bürokratieabbau – bleiben die staatlichen Minihilfen aus
dem ERP-Sondervermögen annähernd wirkungslos.
Gleichzeitig findet im vierten Jahr in Folge ein Sub-
stanzverzehr des Sondervermögens statt. Hier muss die
Bundesregierung eingreifen. Zudem ist anzuzweifeln,
dass die soeben vollzogene Zusammenlegung der beiden
bundeseigenen Banken, der Kreditanstalt für Wiederauf-
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Größtes Problem ist und bleibt nämlich die fehlende
igenkapitalausstattung der etwa 3 Millionen kleinen
nd mittelgroßen Unternehmen. 40 Prozent aller Unter-
ehmen in Deutschland verfügen nämlich derzeit über
ine Eigenkapitalquote von Null. Die Situation ver-
chärft sich, je kleiner das jeweilige Unternehmen ist.
nternehmen mit weniger als 500 000 Euro Jahresum-
atz arbeiten in praktisch allen Sektoren ohne Eigenkapi-
al. Nicht die Kreditkonditionen sind das drängendste
roblem für Mittelständler, sondern die Frage, ob diese
berhaupt noch einen Kredit oder eine Bürgschaft erhal-
en.
Deshalb ruhen einige Hoffnungen auf Kreditfinanzie-
ungen aus dem ERP-Sondervermögen. Aber hier stellen
ie „Kredit-Bittsteller“, als die sich viele Unternehmer
nzwischen fühlen, fest, dass die jeweilige Hausbank
icht exakt diese ERP-Kredite vermittelt, sondern eigene
ankprodukte. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die
ausbanken verdienen zu wenig an solchen Geschäften.
ußerdem werden die Bürokratielasten für Kreditnach-
rager als erdrückend eingestuft.
Hier klaffen wieder einmal Anspruch und Wirklich-
eit weit auseinander: Wer zum Beispiel aus dem Pro-
ramm „Kapital für Arbeit“ 100 000 Euro nachfragt, hat
afür allerhöchste Sicherheiten zu stellen. Es reicht den
ausbanken nämlich meist nicht aus, dass Kreditnehmer
ber 50 Prozent der beantragten Summe als Belastungen
uf ihr Privatvermögen – zum Beispiel des eigenen
ohnhauses – als Sicherheit einbringen. Das Ausmaß
on Sicherheitsprüfungen und bürokratischen Verfahren
immt de facto meist Monate in Anspruch, bevor über-
aupt eine Entscheidung seitens der Bank fällt. Und zu-
eist endet diese Prüfung mit einer Absage.
Mein Fazit lautet daher: Es wäre sinnvoller, die er-
ähnten 5,3 Milliarden Euro zum gezielten Kostenab-
au für die mittelständische Wirtschaft einzusetzen und
amit nicht länger auf staatliche Förderprogramme zu
etzen. Eine solche Wirtschaftspolitik, die auf weniger
teuern, weniger Abgaben, weniger Bürokratie und we-
iger Subventionen setzt, würde das Ausweisen eines
RP-Sondervermögens überflüssig machen. Genau das
st Ziel liberaler Wirtschaftspolitik.
72. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 6. November 2003
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10