1) Anlage 6
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5719
        (A) )
        (B) )
        pflicht, besonders hingewiesen werden sollten. rer zuzustimmen.
        Folgen einer Insolvenz, z. B. eine etwaige Nachschuss- d
        estag bereit gewesen, der Entschädigung für Heimkeh-
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Anlage 2
        Antwort
        des Parl. Staatssekretärs Hans Georg Wagner auf die
        Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (fraktions-
        los) (Drucksache 15/1676, Frage 2, 65. Sitzung):
        Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Ge-
        nossenschaftsrecht dahin gehend zu verbessern, dass bei einer
        Insolvenz – wie bei der Konsumgenossenschaft Berlin – die
        Einlagen der Genossenschafter – ähnlich wie beim Einlagen-
        sicherungsfonds der Banken – zumindest teilweise gesichert
        werden können?
        Im Insolvenzfall einer Genossenschaft stellen die Ge-
        schäftsguthaben der Genossen, die aus den eingezahlten
        Einlagen gebildet werden, die Haftungsmasse für den
        Gläubiger dar. Die Genossen sind gleichsam die Eigen-
        tümer des Schuldners, sie befinden sich damit in der
        Schuldnerrolle. Das wird vor allem dann deutlich, wenn
        das Statut der Genossenschaft für den Insolvenzfall eine
        Nachschusspflicht vorsieht.
        Im Gegensatz hierzu sind die Kunden einer Bank, die
        bei dieser Giroguthaben, Termin- und Spargelder unter-
        halten, Insolvenzgläubiger. Der Einlagensicherungs-
        fonds schützt bei Zahlungsunfähigkeit eines privaten
        Kreditinstituts die Kunden als Gläubiger der Bank vor
        dem Verlust ihrer Spareinlagen.
        Aus genossenschaftsrechtlicher Sicht gibt der er-
        wähnte Insolvenzfall jedoch Anlass zu Überlegungen, ob
        die Genossen bei Eintritt in eine Genossenschaft auf die
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        Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
        Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16.10.2003
        Haack (Extertal), Karl Hermann SPD 16.10.2003
        Hartnagel, Anke SPD 16.10.2003
        Dr. Hoyer, Werner FDP 16.10.2003
        Lensing, Werner CDU/CSU 16.10.2003
        Nitzsche, Henry CDU/CSU 16.10.2003
        Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 16.10.2003
        Schröder, Gerhard SPD 16.10.2003
        Stübgen, Michael CDU/CSU 16.10.2003
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        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        nlage 3
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes
        über eine einmalige Entschädigung an die Heim-
        kehrer aus dem Beitrittsgebiet (Heimkehrerent-
        schädigungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 14)
        Petra Pau (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kol-
        eginnen und Kollegen! Ich habe in der 14. Wahlperiode
        es Deutschen Bundestages, als wir uns hier im Plenum
        rstmals mit diesem Thema befassten, namens meiner
        amaligen Fraktion Unterstützung für das Anliegen die-
        es Gesetzentwurfes signalisiert. Das meinte und meine
        ch nach wie vor sehr ernst.
        Die PDS im Bundestag war damals bereit – zumindest
        enn es um die Abstimmung über diesen Gesetzestext
        ing – darüber hinwegzusehen, dass in der Begründung,
        elche ja keine Auswirkungen auf Zahlungen hat, Dinge
        leichgesetzt werden, die nicht gleichzusetzen sind. Ich
        enke, es sollte Schluss damit sein, die Zwangsarbeiterin-
        en und Zwangsarbeiter, die bis heute erst geringe Zah-
        ungen an Entschädigung gesehen haben, mit denjenigen
        leichzusetzen, um die es in diesem Gesetzentwurf geht.
        So weit, so gut.
        Nun aber zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates. In
        hm ist immer noch § 2 Abs. 2 des damaligen CDU-An-
        rages enthalten. Bereits in der 14. Wahlperiode habe ich
        mmer gedacht, dass dies entweder zu heilen sei oder
        ber dass sich hier etwas eingeschlichen hat, was den
        esetzentwurf ad absurdum führen sollte. Ich lese Ihnen
        en Satz, um den es hier geht, noch einmal vor:
        Die einmalige Entschädigung erhalten solche
        Heimkehrer nicht, die vor oder nach dem Ende des
        Zweiten Weltkrieges einem totalitären System er-
        heblich Vorschub geleistet oder durch ihr Verhalten
        gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der
        Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben.
        Meinen Sie denn ernsthaft, dass der 2. Weltkrieg kein
        ngriffs- und Vernichtungskrieg war und dass diejeni-
        en welche freiwillig oder gezwungen als Soldaten der
        ehrmacht in diesen Krieg gezogen sind, damit nicht an
        erletzungen der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit
        eteiligt waren?
        Mit diesem Absatz führen Sie dies doch selbst ad ab-
        urdum. Da hilft auch nicht das Argument, dass in allen
        eistungsgesetzen in Bezug auf die ehemalige DDR ein
        olcher Absatz geschrieben steht. Ich denke, er sollte aus
        iesem Gesetzentwurf herausgenommen werden, da man
        oziale Leistungen nicht mit dem Strafrecht verbinden
        ann.
        Es ist schade, dass Sie die Chance bis heute nicht ge-
        utzt haben, diesen Absatz herauszunehmen. Hätten Sie
        iesen Schritt getan, dann wäre auch die PDS im Bun-
        5720 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
        (B) )
        Anlage 4
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
        Grundgesetzes (Art. 48 Abs. 3)
        – Entwurf eines Vierundzwanzigsten Gesetzes
        zur Änderung des Abgeordnetengesetzes
        (Tagesordnungspunkt 16 a und b, Zusatztages-
        ordnungspunkt 4)
        Dr. Uwe Küster (SPD): Ich möchte zunächst näher
        auf den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Än-
        derung des Abgeordnetengesetzes eingehen. Das Abge-
        ordnetengesetz sieht für Abgeordnete des Bundestages
        eigentlich kein Sterbegeld vor. Hinterbliebene von ver-
        storbenen Abgeordneten steht vielmehr nach § 24 des
        Abgeordnetengesetzes ein so genanntes Überbrückungs-
        geld zu.
        Das Überbrückungsgeld hat den Zweck, als fürsorge-
        ähnliche Leistung den Hinterbliebenen von Abgeordne-
        ten nach dem Todesfall finanziell den Übergang und die
        Umstellung auf die neuen Lebensverhältnisse zu erleich-
        tern. Das Überbrückungsgeld ist vergleichbar mit ähnli-
        chen Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tarifvertrag-
        licher Regelungen. Ich nenne hier nur die Regelungen im
        Rentenrecht, § 67 SGB VI, Regelungen im Beamtenver-
        sorgungsgesetz, § 18 BeamtVG, und tarifvertragliche
        Regelungen, wie zum Beispiel in § 41 BAT.
        Das Überbrückungsgeld dient aber auch der Abde-
        ckung von Bestattungskosten. Insoweit entspricht es dem
        bisherigen Sterbegeld in der gesetzlichen Krankenversi-
        cherung und einer ähnlichen Regelung für Beihilfeemp-
        fänger. Mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
        wird der Bestattungskostenanteil im Überbrückungsgeld
        gestrichen. Die Abgeordneten des Bundestages werden
        damit den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversi-
        cherung und den Beihilfeempfängern gleichgestellt. Der
        Gesetzentwurf setzt die Streichung des Bestattungskos-
        tenanteils im Überbrückungsgeld dadurch um, dass der
        Bestattungskostenanteil im Überbrückungsgeld gestri-
        chen wird. Der Auszahlungsbetrag des Überbrückungs-
        geldes wird um 1 050 Euro vermindert.
        Dieser Betrag entspricht dem Zuschuss zu den Bestat-
        tungskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung,
        §§ 58, 59 Sozialgesetzbuch V, bevor er in zwei Schritten
        erst halbiert und jetzt vollständig abgeschafft wurde.
        Nur anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass auch
        Bundestagsabgeordnete schon heute unmittelbar von der
        Streichung des Sterbegeldes in der gesetzlichen Kran-
        kenversicherung bzw. in den Beihilfevorschriften betrof-
        fen sind. Abgeordnete des Bundestages sind nämlich
        vielfach Mitglieder der gesetzlichen Krankenversiche-
        rung oder beihilfeberechtigt. Die Kürzung des Sterbegel-
        des gilt schon deshalb in vielen Fällen automatisch für
        Bundestagsabgeordnete. Mit dem vorgelegten Gesetz-
        entwurf zur Kürzung des Überbrückungsgeldes um
        1 050 Euro leisten die Mitglieder des Deutschen Bun-
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        estages einen zusätzlichen Sparbeitrag. Abgeordnete
        es Bundestages werden mit dieser Neuregelung des Ab-
        eordnetengesetzes behandelt wie jeder andere Bürger
        uch: nicht besser, aber auch nicht schlechter.
        Dennoch war in der Zeitung mit den großen Buchsta-
        en, „Bild“-Zeitung, 11. Oktober 2003, vor einigen Ta-
        en ein aus meiner Sicht unqualifiziertes Zitat des Präsi-
        enten des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke,
        u lesen. Herr Däke erklärte dort zu der geplanten Geset-
        esänderung kurzerhand – ich zitiere –: „Die Politik ver-
        auft die Bürger mal wieder für dumm.“ Dazu kann ich
        ur an die Meinungsträger in unserem Lande appellie-
        en, dass sie in ihren öffentlichen Äußerungen sachlich
        ber die Abgeordneten des Deutschen Bundestages
        ußern. Nach meiner festen Überzeugung obliegt allen
        einungsträgern eine hohe Verantwortung dafür, dass
        ber das Parlament sachgerecht und fair berichtet wird.
        ede andere Verhaltensweise untergräbt die Würde des
        arlaments, das Ansehen des Bundestages und das sei-
        er Abgeordneten in der Öffentlichkeit. Durch Äußerun-
        en, wie der von Herrn Dr. Däke, wird letztlich der par-
        mentarischen Demokratie in Deutschland Schaden
        ugefügt. Damit schließe ich sachlich vorgetragene Kri-
        k gegenüber Bundestagsabgeordneten selbstverständ-
        ch nicht aus.
        Ich kann damit nahtlos zum zweiten Punkt meiner
        ede überleiten. Die FDP-Fraktion möchte mit ihren Ge-
        etzesanträgen erreichen, dass künftig eine beim Bun-
        espräsidenten einzusetzende Sachverständigenkommis-
        ion zur Ermittlung und Festsetzung der angemessenen
        bgeordnetenentschädigung geschaffen wird. Hierzu
        chlägt die FDP-Fraktion eine Änderung des Art. 48 des
        rundgesetzes und eine Änderung des Abgeordnetenge-
        etzes vor. Der Vorschlag der FDP-Fraktion ist in der Sa-
        he nicht neu. Ich glaube, sie hat Ähnliches bereits in der
        etzten Wahlperiode gefordert. Auch das Anliegen, das
        ahinter steht, ist bekannt. Es soll der immer wieder er-
        obene Vorwurf der „Selbstbedienung“ durch die Bun-
        estagsabgeordneten entkräftet werden. Ziel ist auch die
        amit verbundene öffentliche Kritik zu vermeiden.
        Ungeachtet der beachtenswerten Zielsetzung der Ge-
        etzesentwürfe der FDP-Fraktion meine ich, dass wir an
        em Modell der gesetzlichen Regelung der Abgeordne-
        nentschädigung festhalten sollten. Dieses entspricht
        er Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
        ieses entspricht aber auch meiner politischen Überzeu-
        ung. Die Abgeordnetenentschädigung für Mitglieder
        es Deutschen Bundestages ist stets auch eine politische
        rage. Und politische Fragen sollte der Bundestag als
        esetzgeber entscheiden. Wir sollten dies nicht externen
        achverständigen überlassen.
        Ich bin der festen Überzeugung, dass es Aufgabe des
        undestages als Gesetzgeber ist, über die Bezüge der Ab-
        eordneten zu entscheiden. Nur dann besteht eine hinrei-
        hende Legitimation von Entscheidungen über die Be-
        üge von Abgeordneten. Den populistischen Vorwurf der
        Selbstbedienung“ müssen die Abgeordneten ertragen.
        Sie können und sollten ihn aber auch entkräften. Ich
        eine, sagen zu können, dass der Bundestag immer ver-
        ntwortlich mit der Festsetzung der Abgeordnetenent-
        chädigung umgegangen ist. Es gab in Abhängigkeit von
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5721
        (A) )
        (B) )
        der ökonomischen Situation in Deutschland in den ver-
        gangenen Jahren viele Nullrunden. Anhebungen der Ab-
        geordnetenentschädigung fielen stets moderat aus und
        orientierten sich an der allgemeinen Entwicklung der
        Löhne und Gehälter. Dieses wird im Übrigen auch wie-
        der im Jahre 2004 so sein.
        Es bleibt dabei, dass die eigentlich fällige Anhebung
        der Abgeordnetenentschädigung zum l. Januar 2004
        nicht vorgenommen wird. Ich glaube hierzu besteht in
        diesem Hause eine große Übereinstimmung. In der Ein-
        setzung einer unabhängigen Kommission zur Diätenfest-
        setzung beim Bundespräsidenten sehe ich keinen Vorteil.
        Zunächst ist es schon bemerkenswert, dass ausgerechnet
        die FDP-Bundestagsfraktion dies vorschlägt. Aus dieser
        Ecke des Hauses kommt häufig Kritik, wenn neue Kom-
        missionen eingesetzt werden.
        Die Kommission soll nach den Vorstellungen der
        FDP-Fraktion offenbar konkrete Vorschläge zur Diäten-
        höhe erarbeiten und festlegen. Der Bundespräsident hat
        diese unabhängige Kommission zu berufen. Der Gesetz-
        geber selbst soll – wenn ich den Gesetzentwurf der FDP-
        Fraktion richtig verstanden habe – keinen Einfluss mehr
        auf die Diätenhöhe haben. Wir werden uns in den zu-
        ständigen Ausschüssen damit noch intensiv auseinander
        zu setzen haben.
        Ich bin aber auch der Meinung, dass der Deutsche
        Bundestag das Recht, die Diäten für seine Mitglieder
        festzusetzen, nicht aufgeben sollte. Nur dieses ermög-
        licht ein transparentes und öffentliches Verfahren in die-
        ser Frage.
        Die Mitglieder des Deutschen Bundestages können
        stolz darauf sein, dass über ihre Einkünfte in einem öf-
        fentlichen Verfahren entschieden wird. Die parlamentari-
        sche Behandlung der Festsetzung der Abgeordnetenent-
        schädigung ermöglicht es jedermann, die Entscheidung
        über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung nachzu-
        vollziehen. Dieses ist sonst in kaum einem anderen Be-
        rufszweig der Fall. Gerade beim Thema Abgeordneten-
        entschädigung sollte sich der Deutsche Bundestag nicht
        verstecken. Alle Parlamentarier sollten offensiv vertre-
        ten, dass sie ihre Entschädigung zu Recht bekommen:
        Alle Parlamentarier nehmen mit ihrem Mandat eine er-
        hebliche Arbeitslast und Verantwortung auf sich. Es ist
        notwendig, den Bundestagsabgeordneten eine angemes-
        sene Entschädigung zu zahlen. Nur dann können wir
        auch weiterhin qualifizierte Menschen gewinnen, die be-
        reit sind, ein Abgeordnetenmandat zu übernehmen.
        Eckhart von Klaeden (CDU/CSU): Wir Abgeord-
        nete werden immer wieder dafür kritisiert, dass wir
        selbst über die Höhe unserer Einkünfte bestimmen. Der
        Vorwurf der Selbstbedienung der Abgeordneten wird da-
        bei regelmäßig in der Öffentlichkeit erhoben. Nun heißt
        es in Art. 48 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes: „Die Ab-
        geordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre
        Unabhängigkeit sichernde Entschädigung.“ Seit seinem
        Bestehen beschäftigt den Bundestag und auch die inte-
        ressierte Öffentlichkeit vor allem die Frage: Was ist an-
        gemessen?
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        In der vorletzten Wahlperiode haben wir einvernehm-
        ich in das Abgeordnetengesetz geschrieben, dass sich
        ie Abgeordnetenentschädigung an den Jahresbezügen
        ines Richters bei einem obersten Bundesgericht oder ei-
        es kommunalen Wahlbeamten auf Zeit – also an R 6
        zw. B 6 – orientieren soll. Ich denke, dass dieser Maß-
        tab die Frage der Angemessenheit sachlich beantwortet.
        Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfas-
        ungsgerichts handelt es sich allerdings um eine poli-
        isch gesetzte Größe. Aufgrund mehrerer Nullrunden der
        ergangenen Jahre bleiben die Diäten hinter diesem
        aßstab mit nahezu 900 Euro zurück.
        Gleichzeitig haben wir seinerzeit auch in das Abge-
        rdnetengesetz aufgenommen, über die Anpassung der
        bgeordnetenentschädigung innerhalb des ersten hal-
        en Jahres nach der konstituierenden Sitzung zu ent-
        cheiden. Den nach dem Verfahren vorgesehenen Vor-
        chlag hat der Bundestagspräsident nicht gemacht. Doch
        ein Vorschlag ist wohl auch ein Vorschlag.
        Ich kann den Präsidenten angesichts der katastropha-
        en gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation, in
        ie uns die rot-grüne Bundesregierung geführt hat, ver-
        tehen. Rekordarbeitslosigkeit und historische Höhen
        er Neuverschuldung geben wahrlich keinen Grund für
        iätendebatten. Insbesondere ist es ausgeschlossen, die
        igenen Diäten zu erhöhen, wenn man Kürzungen vor-
        immt, deren Notwendigkeit man vor der Wahl noch
        usdrücklich ausgeschlossen hatte. Insofern bin ich mit
        em Bundestagspräsidenten einer Meinung.
        Nun will uns die FDP einen Weg aus unserem immer
        iederkehrenden Dilemma zeigen. Sie hat ihre Vor-
        chläge aus der vergangenen Wahlperiode, die seinerzeit
        bgelehnt bzw. nicht zu Ende beraten wurde, erneut auf
        en Tisch gelegt. Die FDP schlägt vor, eine unabhängige
        achverständigenkommission durch den Bundespräsi-
        enten zu berufen, die jährlich die Höhe der Diäten fest-
        etzen soll. Hierfür sollen sowohl das Abgeordnetenge-
        etz als auch Art. 48 Abs. 3 des Grundgesetzes geändert
        erden. Außerdem soll die Kommission bis zum
        . April 2004 die rechtliche Angemessenheit der Alters-
        ersorgung der Abgeordneten überprüfen und einen Vor-
        chlag unterbreiten, „wie das bestehende Altersversor-
        ungsrecht insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer
        tärkeren Eigenverantwortung der Mitglieder des Bun-
        estages geändert werden kann.“
        Auf der Grundlage des geltenden Verfassungsrechts
        egegnet eine unabhängige Kommission beim Bundes-
        räsidenten mit eigener Entscheidungsbefugnis verfas-
        ungsrechtlichen Bedenken. Unter Berücksichtigung der
        rundsätze, die das Bundesverfassungsgericht 1975 im
        Diäten-Urteil“ dargelegt hat, wird vielfach ein umfas-
        ender Parlamentsvorbehalt angenommen.
        Ob bei Änderung des Art. 48 Abs. 3 des Grundgeset-
        es wie die FDP vorschlägt – die Übertragung möglich
        st, wird in Fachkreisen unterschiedlich beurteilt. Als
        aßstab wird hier von vielen die Untastbarkeitsgarantie
        us Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes wegen Berührung
        es Rechtsstaats- und Demokratieprinzips nach Art. 20
        bs. 2 des Grundgesetzes herangezogen.
        5722 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
        (B) )
        Auch stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, neben
        Bundestag, Bundesrat, der Bundesversammlung, dem
        Bundespräsident, Bundeskanzler, der Bundesregierung
        und dem Bundesverfassungsgericht mit dieser Kommis-
        sion möglicherweise ein weiteres Verfassungsorgan zu
        schaffen, dessen einzige Aufgabe es ist, die Höhe der
        Abgeordnetenentschädigung festzusetzen. Unabhängig
        davon wird zudem zu erörtern sein, ob die von der FDP
        angestrebte Übertragung der Entscheidungsbefugnis ihr
        Ziel einer politischen Entlastung der Abgeordneten auch
        erreicht.
        Aber trotz all dieser Bedenken habe ich Verständnis
        und Sympathie für den Vorschlag der FDP, die Entschei-
        dung über die Diätenhöhe aus dem Parlament heraus zu
        verlagern und so den Vorwurf der Selbstbedienung zu
        vermeiden.
        Angesichts der verfassungsrechtlichen und verfas-
        sungspolitischen Fragen, die hier zu klären sind, bin ich
        gespannt auf die anstehenden Diskussionen in den Aus-
        schüssen. Die Union wird das Verfahren konstruktiv,
        verantwortungsbewusst und mit dem erforderlichen Au-
        genmaß begleiten.
        Das gilt im Übrigen selbstverständlich auch für den
        Vorschlag der SPD, dass Überbrückungsgeld für Hinter-
        bliebene eines Abgeordneten um den „Bestattungskos-
        tenanteil“ zu kürzen. Hierbei handelt es sich nicht – wie
        in der Berichterstattung in Unkenntnis des Sozialrechts
        immer wieder behauptet wurde – um das Nachvollziehen
        der Streichung des Sterbegeldes aus der gesetzlichen
        Krankenversicherung. Abgeordnete sind nämlich wie je-
        der andere Bürger derselben Gehaltsklasse auch entwe-
        der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung
        oder privat versichert. Für Abgeordnete gibt es also kein
        Sonderrecht. Trotzdem ist es ein richtiges Signal, den
        fiktiven Teil der Beerdigungskosten aus dem Überbrü-
        ckungsgeld zu streichen. Persönlich kann ich mir vor-
        stellen, noch weiter zu gehen und das Überbrückungs-
        geld komplett ersatzlos zu streichen. Ich halte es für
        zumutbar, dass Abgeordnete für diesen Fall eine private
        Versicherung abschließen.
        Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN): Debatten über die Bezahlung der Mitglieder
        des Bundestages ziehen sich durch die gesamte Ge-
        schichte der Bundesrepublik. Debatten über die Entloh-
        nung der Politikerinnen und Politiker haben aber immer
        zwei Gesichter. Es geht zum einen um Geld. In Zeiten
        knapper öffentlicher Kassen, stagnierender Realeinkom-
        men und leider notwendiger Streichungen im sozialen
        Bereich stellen – sich – die Bürger an uns immer wieder
        die Gerechtigkeitsfrage. Dem müssen wir uns selbst und
        ganz persönlich stellen. Kommissionen helfen uns da
        nicht weiter. Die Politik muss auch bei sich selbst Ab-
        striche machen. Will sie glaubwürdig von anderen Ver-
        zicht abverlangen, kann sie sich selbst keine Schonung
        auferlegen.
        Wir haben hier in dem Gesetzentwurf der Koalition
        zur Streichung des Sterbegeldes für Abgeordnete uns
        selbst genau das zugemutet, was wir auch den Mitglie-
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        ern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet
        aben. Das ist kein falscher Populismus, sondern eine
        este der Ehrlichkeit. Ich bin mir sicher, dass diese Bot-
        chaft in der Öffentlichkeit auch verstanden wird.
        An die Adresse der Öffentlichkeit sei aber auch ge-
        agt, dass die Gelder für Abgeordnete nur ein Bruchteil
        essen sind, was beispielsweise Manager aus der Wirt-
        chaft im Falle ihres Ausscheidens erhalten. Der Fall der
        ührung von Mannesmann ist allgemein bekannt.
        lücklicherweise wird dieser Fall vor Gericht ausgetra-
        en. Ich frage mich aber auch, was zum Beispiel der ge-
        chasste Chef von Toll Collect dafür bekommt, dass er
        ie LKW-Maut auf Grundeis gesetzt hat. Es wird nicht
        ur mich, sondern auch die Öffentlichkeit interessieren,
        b der Bund auf seinem Schaden sitzen bleibt, während
        s sich die Verantwortlichen durch dicke Abfindungen
        ut gehen lassen.
        Aus der Sicht der Öffentlichkeit geht es aber nicht al-
        in um Geld. Die Diskussion ist immer auch ein Spiegel
        ber die Zufriedenheit – oder Unzufriedenheit – mit der
        olitik insgesamt. Mit einer Diätendebatte allein kom-
        en wir dabei nicht aus. Wir Abgeordnete haben in den
        ergangenen Jahren zahlreiche Nullrunden gehabt, ohne
        ass dies von der Öffentlichkeit überhaupt zur Kenntnis
        enommen wurde. Die obersten Richter als Bezugsper-
        onen für unser Einkommen sind längst enteilt.
        Wir dürfen uns – parteiübergreifend – nicht der Illu-
        ion hingeben, mit finanziellen Zugeständnissen allein
        ie Kritik an uns und unserer Arbeit abwehren zu kön-
        en. Wir sollten auch mit mehr Selbstbewusstsein unsere
        rbeit öffentlich darstellen, statt immer wieder vor fal-
        chen Populisten in die Knie zu gehen. Bei manchen
        ritikern spielt wohl auch eine tief verwurzelte Abnei-
        ung gegen Streit und öffentliche Debatte eine Rolle.
        it Demutsgesten gegenüber dieser vordemokratischen
        armoniesehnsucht nach der allwissenden starken Füh-
        ung kommen wir ganz gewiss nicht weiter.
        Als Gesetzgeber werden wir aus dem Dilemma, in öf-
        entlicher Debatte immer wieder selbst über unsere Be-
        üge entscheiden zu müssen, nicht herauskommen. Da
        ilft uns auch keine Kommission. Das Bundesverfas-
        ungsgericht hat in seinem grundlegenden Diätenurteil
        us dem Jahre 1975 dem Bundestag selbst die Verant-
        ortung für die Einkommen zurückgegeben. Es ist kei-
        eswegs neu, wenn die FDP jetzt versucht, das Parla-
        ent seiner Verantwortung für die Festlegung der
        ehälter zu entledigen. Die Idee ist reichlich alt, fast
        terbegeldfähig.
        Der Vorschlag der FDP auf Drucksache 15/753 ist nur
        ordergründig charmant, in Wirklichkeit aber eine
        lucht aus der politischen Verantwortung. Nein, meine
        amen und Herren, das verfassungsrechtliche Demokra-
        egebot versperrt uns das Schlupfloch einer Kommis-
        ion, die anstelle des Parlaments entscheidet. Mich er-
        taunt auch, dass ausgerechnet die FDP eine neue
        ürokratie schaffen will. Es ist doch die FDP, die immer
        egen die Einrichtung von Kommissionen polemisiert.
        un fordert sie selber eine – ohne freilich deren Kosten
        u beziffern. Auf dem Vorblatt des Entwurfes heißt es le-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5723
        (A) )
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        diglich: „Kosten für die Arbeit der Kommission“. Wer
        hätte das gedacht? Aber was kostet dieser neue Apparat,
        Herr van Essen?
        Abschließend noch eine Anmerkung zu Ihrem Ände-
        rungsvorschlag des Abgeordnetengesetzes. Die vom
        Bundespräsidenten ernannte Kommission soll einen Vor-
        schlag zur Altersentschädigung machen. Es erstaunt
        schon, dass Sie Ihren alten Vorschlag für eine völlige
        Privatisierung der Altersversorgung hier nicht mehr an-
        führen. Sie drücken sich um eine klare inhaltliche Aus-
        sage und verweisen auf das Verfahren. Offenbar haben
        Sie gemerkt, dass die völlige Privatisierung der Alters-
        vorsorge nur durch eine massive Erhöhung der Diäten zu
        finanzieren wäre. Das der Öffentlichkeit zu sagen, trauen
        sie sich natürlich nicht. Deshalb bleibt es bei der wolki-
        gen Formulierung einer „stärkeren Eigenverantwor-
        tung“. Das hört sich gut an, ist aber bei genauerem Hin-
        sehen nichts als ein sprachlicher Schleiertanz.
        Rainer Funke (FDP): Wer die Zeitungen der letzten
        Tage aufschlägt, sieht, dass das Thema Diäten wieder in
        aller Munde ist. Diesmal trifft es in erster Linie die Ab-
        geordneten des Europäischen Parlaments. Wir sehen aber
        auch an den zahlreichen Zuschriften und E-Mails, die
        wir tagtäglich in unsere Büros bekommen, dass das
        Thema Abgeordnetenentschädigung nach wie vor von
        hoher Brisanz für die Bürgerinnen und Bürger ist. Insbe-
        sondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussio-
        nen über die Reform unseres Sozialstaates und die damit
        verbundenen Kürzungen von Sozialleistungen wird ver-
        stärkt öffentlich über die Diäten der Abgeordneten dis-
        kutiert. Es gibt regelmäßig Vorbehalte in der Bevölke-
        rung bei der Diskussion über eine angemessene
        Anhebung der Entschädigung der Abgeordneten. Da
        eine solche Diskussion grundsätzlich von kritischen Be-
        trachtungen der Boulevardpresse begleitet wird, eignet
        sich das Thema kaum für parteipolitische Profilierungen.
        Regelmäßig wird gegen uns der Vorwurf der Selbstbe-
        dienung erhoben, denn kein anderer Berufsstand kann
        über den Umfang und die Struktur seiner Bezüge selbst
        entscheiden. Dabei wird jedoch übersehen, dass dies
        nicht dem Willen der Abgeordneten entspricht, sondern
        verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Es führt kein Weg
        daran vorbei: Wir müssen uns dieser Diskussion stellen.
        Wir müssen endlich den Mut haben zu einer grundlegen-
        den Strukturreform der Abgeordnetenentschädigung.
        Wie Sie wissen, hat die FDP-Bundestagsfraktion be-
        reits in der vergangenen Wahlperiode Gesetzentwürfe in
        den Bundestag eingebracht, in denen die Einsetzung ei-
        ner unabhängigen Kommission gefordert wird, die eine
        grundsätzliche Neuorientierung der Abgeordnetenent-
        schädigung verbindlich festlegt. Diese Kommission soll
        ebenfalls Entscheidungen treffen für alle damit verbun-
        denen Folgeregelungen, wie zum Beispiel das Überbrü-
        ckungsgeld, das Sterbegeld und die Altersvorsorge von
        Abgeordneten. Die Idee einer unabhängigen Kommis-
        sion ist nicht neu. Der Deutsche Bundestag berief bereits
        1974 zur Frage der Besteuerung der Diäten einen Beirat
        für Entschädigungsfragen, 1990 ein Gremium unabhän-
        giger Persönlichkeiten zur Beratung der Bundestagsprä-
        sidentin bei der Überprüfung der für die Mitglieder des
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        undestages bestehenden materiellen Regelungen und
        uletzt 1992 die unabhängige Kommission zur Überprü-
        ung des Abgeordnetenrechts.
        Wir fordern mit unseren Initiativen nicht nur punktu-
        lle Änderungen am bestehenden System, sondern eine
        adikale Strukturreform. Das Festhalten an der geltenden
        echtslage würde dazu beitragen, das Ansehen des
        eutschen Bundestages bei den Bürgerinnen und Bürger
        eiter zu beeinträchtigen und das Vertrauen in das Parla-
        ent und seine Tätigkeit zu schwächen. Das Vertrauen
        er Bevölkerung in die Entscheidungen der Politik zählt
        ber zu den wesentlichen Voraussetzungen für das Funk-
        ionieren der parlamentarischen Demokratie.
        Unsere Gesetzentwürfe sehen eine Ergänzung in
        rt. 48 Abs. 3 Grundgesetz vor, um die rechtliche
        rundlage für die Einsetzung einer unabhängigen vom
        undespräsidenten zu berufenen Sachverständigenkom-
        ission zu schaffen sowie ergänzend dazu, eine Ände-
        ung des Abgeordnetengesetzes.
        Der Einwand, wir würden mit diesen Plänen gegen
        as Demokratieprinzip verstoßen, gehen ins Leere. Die
        erlagerung von Entscheidungen aus dem Parlament
        eraus, sei es auf das Bundesverfassungsgericht oder die
        undesbank, ist der Verfassung nicht fremd. Ein Verstoß
        egen das Demokratieprinzip liegt auch deshalb nicht
        or, weil die Kompetenz zur Festsetzung der Abgeord-
        etenentschädigung durch eine souveräne Entscheidung
        es Gesetzgebers in einem Einzelfall und in eigener Sa-
        he auf die Kommission übertragen wird. Nur die Ent-
        cheidung über die Anpassung der Leistungen wird vom
        arlament auf die Kommission verlagert. Dem Parla-
        ent verbleibt weiterhin die Kompetenz, Grundentschei-
        ungen durch entsprechende Vorgaben im Abgeordne-
        engesetz selbst zu schaffen. Im Abgeordnetengesetz
        üssen die materiellen Vorgaben getroffen werden, wel-
        he Bestandteile aufgrund der verfassungsrechtlichen
        tellung des Abgeordneten zwingend zur Abgeordneten-
        ntschädigung gehören. Diese Rechtsauffassung ist
        urch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes
        estätigt worden.
        Ganz besonders wichtig ist uns, dass die Kommission
        benfalls Vorschläge zur Altersversorgung macht. Die
        DP ist der Überzeugung, dass es ganz allein Sache des
        bgeordneten ist, Vorsorge für den Fall der Arbeitsunfä-
        igkeit und des Alters zu treffen. Ein privatwirtschaftli-
        hes Versicherungsmodell, das den Abgeordneten größt-
        ögliche Entscheidungsfreiheit belässt, sich im Rahmen
        er gesetzlichen Möglichkeiten auch in solchen Alters-
        orsorgesystemen abzusichern, denen sie aufgrund vo-
        ausgegangener beruflicher Tätigkeit bereits angehören,
        ürde dem verfassungsrechtlichen Status der Mitglieder
        es Bundestages besser entsprechen. Das Europaparla-
        ent hat dies für seine Mitglieder beispielhaft geregelt.
        Die FDP hofft sehr, dass es dieses mal gelingen wird,
        emeinsam zu Entscheidungen zu gelangen, die die Be-
        eichnung Reform wirklich verdienen. Wir können die-
        er Frage nicht länger aus dem Weg gehen. Der Bürger
        erlangt von uns, dass wir endlich handeln. Diesen Auf-
        rag sollten wir ernst nehmen.
        5724 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
        (B) )
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes
        zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung
        einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und Er-
        nährung (Tagesordnungspunkt 18)
        Matthias Weisheit (SPD): Mit dem vorliegenden
        Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des
        Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für
        Landwirtschaft und Ernährung soll das Vorschlagsrecht
        des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Landwirt-
        schaft und Ernährung, BLE, bei der Ernennung des Prä-
        sidenten und des Vizepräsidenten in ein Anhörungsrecht
        geändert werden. Das Vorschlagsrecht soll künftig bei
        der Bundesregierung liegen.
        Das bisherige Vorschlagsrecht des Verwaltungsrats
        der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für
        Präsident und Vizepräsident war schlicht dem Verfahren
        einer der beiden Vorläuferanstalten der BLE angelehnt
        worden: Die BLE ist 1995 aus der Zusammenlegung der
        Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung,
        BALM, und des Bundesamtes für Ernährung und Forst-
        wirtschaft, BEF, entstanden. Während die BALM durch
        einen Vorstand geführt wurde und die Mitglieder dieses
        Vorstandes auf Vorschlag des Verwaltungsrates der
        BALM bestellt wurden, gab es beim BEF keine ver-
        gleichbare Regelung. Beim BLE aber haben der Präsi-
        dent und sein Stellvertreter Leitungsfunktion und wer-
        den vom Bundespräsidenten ernannt.
        Vor dem Hintergrund, dass ein solches Vorschlags-
        recht bei Anstalten des öffentlichen Rechts, die weder
        körperschaftlich erfasst sind noch Selbstverwaltungs-
        rechte haben, weder rechtlich notwendig noch allgemein
        üblich ist, ist dieses bisherige Verfahren außergewöhn-
        lich. Bei vergleichbaren Anstalten liegt das Vorschlags-
        recht für die Leitung üblicherweise bei der Bundesregie-
        rung.
        Auch ist dieses bisherige Verfahren nicht mehr
        zweckgemäß, denn im Laufe der Zeit sind dem BLE im-
        mer mehr behördliche Funktionen zugekommen. Bei-
        spiele sind im vor Gesetzentwurf aufgeführt: das Rind-
        fleischetikettierungsgesetz von 1998, das Öko-
        Kennzeichnungsgesetz von 2001, das Öko-Landbauge-
        setz von 2002, das Agrarabsatzförderungsdurchfüh-
        rungsgesetz von 2002. Für den behördlichen Charakter
        spricht auch, dass die BLE sowohl der Rechts- als auch
        der Fachaufsicht des BMVEL und seinen Weisungen un-
        terliegt.
        Bei den der BLE übertragenen Aufgaben handelt es
        sich überwiegend um Pflichtaufgaben, die nach rechtlich
        verbindlichen Vorgaben ohne Gestaltungsspielräume für
        die BLE und ihren Präsidenten durch diese zu erledigen
        sind.
        Das Vorschlagsrecht für den Behördenleiter dem Ver-
        waltungsrat – einem Gremium, das zu drei Vierteln aus
        Vertretern von Verbänden besteht – zu überlassen, ist
        nicht sachgerecht.
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        Dennoch bleibt die Beteiligung und Mitwirkung des
        erwaltungsrats der BLE bei Personalvorschlägen ja ge-
        ahrt: Die Anhörung des Verwaltungsrats im Verfahren
        st der Ernennung zeitlich vorgeschaltet, sodass er mit
        einer Stellungnahme noch auf den Ernennungsvor-
        chlag der Bundesregierung an den Bundespräsidenten
        influss nehmen kann. Das Anhörungsrecht beschränkt
        ich also nicht auf die bloße Kenntnisnahme der von der
        undesregierung vorgeschlagenen Personalentschei-
        ung, sondern es beinhaltet die Möglichkeit, Anregun-
        en, Empfehlungen und Vorschläge hinsichtlich anderer
        ür die Ernennung in Betracht kommender Personen zu
        achen.
        Ich halte diese von der Bundesregierung vorgeschla-
        ene Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer
        undesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für
        achgerecht und ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzu-
        timmen.
        Albert Deß (CDU/CSU): Der vorliegende Gesetzent-
        urf ist ein weiterer Beleg für das Auseinanderfallen
        on Reden und Handeln dieser Bundesregierung.
        Im Koalitionsvertrag und in Sonntagsreden von Rot-
        rün werden hehre Ziele wie Bürgernähe, Bürgerbeteili-
        ung und Mitbestimmung beweihräuchert, in der Wirk-
        ichkeit aber das Gegenteil praktiziert, wie dieser Ge-
        etzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die
        rrichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und
        rnährung – BLE – beweist.
        Mit der Streichung des Vorschlagsrechtes des Verwal-
        ungsrates der BLE für die Ernennung des Präsidenten
        nd des Vizepräsidenten der Anstalt wird aus rein
        achtpolitischen und ideologischen Gründen ein be-
        ährtes Modell der institutionellen Zusammenarbeit von
        erwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft beseitigt.
        Das bisherige Mitbestimmungsrecht des 28-köpfigen
        erwaltungsrates bei der Besetzung der BLE-Spitzenpo-
        itionen bietet die Gewähr für ein vertrauensvolles und
        ffizientes Zusammenwirken der Anstalt mit den wirt-
        chaftlichen und gesellschaftlichen Gruppierungen und
        en Bundesländern. Es ist zugleich Ausdruck der Prinzi-
        ien der Bürgernähe, Bürgerbeteiligung und Subsidiari-
        ät, weil den Betroffenen eine Mitzuständigkeit bei der
        esetzung von zwei Leitungspositionen eingeräumt
        ird.
        Der Verwaltungsrat, der sich aus Vertretern der Land-
        nd Ernährungswirtschaft, der Verbraucher und der Bun-
        esländer zusammensetzt, leistet mit seinen Personalvor-
        chlägen einen wertvollen Dienst: Der gesammelte
        achverstand dieses Gremiums ist Garant dafür, dass bei
        achfolgebesetzung der Spitzenpositionen Persönlich-
        eiten gefunden werden, die den Anforderungen einer
        ffizienten und bürgernahen Verwaltung genügen. Dies
        at der Verwaltungsrat in der Vergangenheit mit seinen
        ersonalvorschlägen eindrucksvoll bewiesen.
        Sowohl in der BALM, der ehemaligen Bundesanstalt
        ür landwirtschaftliche Marktordnung, als auch in der
        LE, die 1995 aus der Fusion von BALM und dem Bun-
        esamt für Ernährung und Forstwirtschaft entstanden ist,
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5725
        (A) )
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        haben die im bisherigen kooperativen Besetzungsverfah-
        ren gewonnenen Persönlichkeiten das Vertrauen beider
        Seiten gerechtfertigt, nämlich des vorschlagenden Ver-
        waltungsrates und des letztentscheidenden Bundesminis-
        teriums.
        Es ist ja nicht so, dass das Bundesministerium bei der
        bisherigen Regelung keine sachgerechte Personalpolitik
        an der Spitze der BLE betreiben könnte. Das jetzt fein
        austarierte Zusammenspiel zwischen Bundesministe-
        rium und Verwaltungsrat stellt sicher, dass es zu sach-
        und fachgerechten Leitungsbesetzungen kommt. Den
        Vorsitz im Vorschlagsgremium Verwaltungsrat hat kraft
        Gesetzes der Vertreter des Bundesministeriums. Auf-
        grund dieser Funktion kann der Verwaltungsratsvorsit-
        zende auf einen Personalvorschlag hinwirken, der eine
        Zustimmung des Bundesministeriums erwarten lässt.
        Sollte aber jemals der Fall eintreten, dass der Verwal-
        tungsrat den Weg einer vertrauensvollen Zusammenar-
        beit verläßt und auf Konfrontationskurs geht, so kann
        das Bundesministerium den Besetzungsvorschlag zu-
        rückweisen. In diesem Fall wird der Verwaltungsrat ei-
        nen neuen Vorschlag machen müssen und das solange,
        bis dem Bundesministerium ein akzeptabler Personal-
        vorschlag präsentiert wird.
        Diese maßvolle Mitbestimmung politisch, wirtschaft-
        lich und gesellschaftlich betroffener Organisationen und
        Institutionen scheint aber der rot-grünen Bundesregie-
        rung ein Dorn im Auge zu sein. Die Begründung für die
        Abschaffung dieses Mitwirkungsrechtes ist mehr als fa-
        denscheinig. Der angeblich überwiegend behördliche
        Charakter der BLE kann nicht als Rechtfertigung für
        diese provokative Änderung im institutionellen Gefüge
        der BLE angeführt werden. Die vom Verwaltungsrat
        nicht beeinflußbare Besetzung der fast 1 000 übrigen
        Stellen bietet ausreichend Raum für eine eigenständige
        Personalführung durch die Anstalt und das Bundes-
        ministerium.
        Anstatt auf die Land- und Ernährungswirtschaft zuzu-
        gehen, gibt Frau Künast mit diesem BLE-Änderungsge-
        setz ein weiteres Beispiel für ihren Konfrontationskurs.
        Nach verbalen Rundumschlägen, Diffamierungen und
        Kampfbegriffen wie „Agrarfabriken“, „industrialisierte
        Landwirtschaft“, „Massentierhaltung“, „Klasse statt
        Masse“, „Agrarwende“ usw. setzt Frau Künast den rot-
        grünen „Marsch durch die Institutionen“ fort, wie ihn die
        Bewegung der 68er, aus deren Dunstkreis die Grünen
        sich im wesentlichen immer noch speisen, auf ihre Fahne
        geschrieben hat. Auf diese Weise hofft Frau Künast, an
        die Spitze von wichtigen Institutionen Personen platzie-
        ren zu können, die mehr durch ideologische Gesinnung
        als durch Sach- und Fachkompetenz aufgefallen sind.
        Jüngstes Beispiel sind die Machenschaften des BMVEL
        bei der Besetzung der Leitungsposition des neuen Insti-
        tutes für ländliche Räume der Bundesforschungsanstalt
        für Landwirtschaft – FAL – in Braunschweig. Wie sich
        aus Presseberichten ergibt, will sich das BMVEL bei der
        Besetzung der Institutsleitung über die geltenden Regeln
        hinwegsetzen und eine Kandidatin berufen, die von der
        eigens gebildeten und mit hochrangigen, zum Teil exter-
        nen Wissenschaftlern besetzten Vorschlagskommission
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        ediglich als bedingt geeignet eingestuft und deshalb
        om Kollegium der FAL nicht auf die Vorschlagsliste
        esetzt worden war.
        In den Reihen der Kommission spricht man deshalb
        it Recht von einem „unerhörten Affront“ durch das
        MVEL. Ein solches Vorgehen hat es bei einem wissen-
        chaftlichen Berufungsverfahren bisher noch nicht gege-
        en. Während bei der FAL die Berufungsordnung kalt-
        chnäuzig gebrochen und das Vorschlagsrecht der
        erufungskommission mit Füßen getreten wird, geht
        ot-Grün bei der BLE sozusagen „eleganter“ vor.
        Auch ist der Zeitpunkt der Gesetzesänderung auffal-
        end und schlau gewählt: Rechtzeitig vor dem altersbe-
        ingten Ausscheiden des bisherigen Präsidenten der
        LE im Jahr 2004 soll mit einem gesetzlichen Feder-
        trich das bewährte, aber als lästig empfundene Mitbe-
        timmungsrecht des Verwaltungsrates beseitigt werden.
        amit hätte Ministerin Künast auch hier den „Frau-im-
        aus-bin-ich-Standpunkt“ durchgesetzt. Dabei hätte
        rau Künast wahrscheinlich genug Hausaufgaben zu
        achen, anstatt eine überflüssige und sachwidrige Ände-
        ung des BLE-Gesetzes durchzudrücken.
        Wie wäre es denn, wenn Frau Künast endlich den über-
        älligen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Freiset-
        ungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen
        orlegen würde? Die EU-Umsetzungsfrist ist bereits Ende
        ktober 2002 abgelaufen. Die Nichtumsetzung dieser
        U-Richtlinie ist rechtswidrig.
        Ich fordere also Frau Künast auf, sich hier endlich
        echtmäßig zu verhalten und die EU-Pflichten zu erfül-
        en, statt ihre Beamten mit dem unsinnigen BLE-Ände-
        ungsgesetz zu beschäftigen.
        Aber auch im Gentechnikrecht fiel Rot-Grün nichts
        nderes ein, als im Juli 2003 durch Zuständigkeitsverla-
        erungen per Gesetz sachgerechte Lösungen zu verhin-
        ern. Danach soll nicht mehr das Umweltbundesamt für
        ie Prüfung im Rahmen von Genehmigungsverfahren
        ber die Freisetzungen und das In-Verkehr-Bringen gen-
        echnisch veränderter Organismen zuständig sein, son-
        ern das Frau Künast unterstehende Bundesamt für Na-
        urschutz. Der Bundesrat hat hier zu Recht den
        ermittlungsausschuss angerufen, um diese Zuständig-
        eitsveränderung zu verhindern, die nur die Gentechnik
        ehindern soll.
        Auch beim vorliegenden Gesetzentwurf zur Ände-
        ung des BLE-Gesetzes hat der Bundesrat die destruk-
        ive Absicht der rot-grünen Bundesregierung erkannt
        nd zu Recht die geplante gesetzliche Streichung des
        orschlagsrechtes des BLE-Verwaltungsrates abgelehnt,
        nd das nicht nur mit der Bundesratsmehrheit der
        nionsgeführten Länder, sondern auch mit Zustimmung
        on SPD-geführten Ländern.
        Es ist auch kein länderfreundliches Verhalten und wi-
        erspricht den Prinzipien eines kooperativen Föderalis-
        us, wenn die rot-grüne Bundesregierung dem Verwal-
        ungsrat, dem auch Vertreter von vier Bundesländern
        ngehören, ein echtes Mitwirkungsrecht bei der Beset-
        ung der BLE Spitzenpositionen nehmen will. Der Bun-
        esrat spricht sich deshalb dafür aus, hier das bewährte
        5726 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
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        Kooperationsverfahren beizubehalten, und hält das im
        Regierungsentwurf vorgesehene Anhörungsrecht für un-
        zureichend. Man weiß ja, wie Frau Künast unliebsame
        Stellungnahmen von Verbänden und Organisationen bei-
        seite wischt.
        Die überzeugende Argumentation des Bundesrates
        lässt erwarten, dass er im zweiten Durchgang des Gesetz-
        entwurfes Einspruch einlegen wird, und hoffentlich sogar
        mit Zweidrittelmehrheit, der Rot-Grün dann im Bundes-
        tag wohl keine Zweidrittelmehrheit zur Zurückweisung
        des Einspruchs entgegensetzen kann.
        Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen
        alles tun, um aus oberen Facheinrichtungen des Bundes
        wie der BLE die Gefahr einer ideologiegeneigten Beset-
        zung von Spitzenpositionen auszuschließen und die Zu-
        sammenarbeit mit allen Betroffenen zu fördern. Denn
        die BLE hat vielfältige Fachaufgaben, die nicht mit der
        von Frau Künast gewünschten Gesinnung, sondern al-
        lein mit Sachverstand und Kompetenz zu bewältigen
        sind.
        Die BLE fungiert auch unter den neuen Rahmenbe-
        dingungen der EU-Agrarreform vom Juni 2003 weiter-
        hin als Marktordnungsstelle für die in der Europäischen
        Union bestehenden gemeinsamen Marktordnungen für
        Getreide, Reis, Trockenfutter, Zucker, Obst und Gemüse,
        verarbeitetes Obst und Gemüse, lebende Pflanzen und
        Waren des Blumenhandels, Saatgut, Flachs und Hanf,
        Hopfen, Wein, Weinalkohol, Rind-, Schweine- und
        Schaffleisch, Milch und Milcherzeugnisse, Fischereier-
        zeugnisse sowie für Fette. Als Marktverwaltungsstelle
        ist sie insbesondere bei der Intervention von Waren, bei
        der privaten Lagerhaltung und bei Beihilfemaßnahmen
        tätig.
        Zur Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik
        nimmt die BLE Kassenkredite auf, auch soweit sie für
        die Durchführung der Maßnahmen selbst nicht zuständig
        ist, wie zum Beispiel die Auszahlung der EU-Direktzah-
        lungen durch die Bundesländer.
        Aufgrund des Ernährungssicherstellungsgesetzes und
        des Ernährungsvorsorgegesetzes wird die BLE bei der
        zentralen Planung und Feststellung von Erzeugung, Be-
        ständen und Verbrauch tätig. Im Rahmen einer allgemei-
        nen Vorratshaltung sowie der zivilen Notfallreserve wer-
        den Vorräte an Ernährungsgütern und Futtermitteln
        beschafft, verwaltet und verwertet.
        Als Genehmigungsstelle für den grenzüberschreiten-
        den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Erzeugnis-
        sen der Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft erteilt
        die BLE Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie -genehmi-
        gungen. Die BLE überwacht Embargomaßnahmen und
        die Einhaltung von Kontingentregelungen. Die BLE er-
        hebt Beiträge nach dem Absatzförderungsfonds der
        Land- und Ernährungswirtschaft sowie Abgaben nach
        dem Holzabsatzfondsgesetz. Darüber hinaus wird der
        Klärschlamm-Entschädigungsfonds verwaltet.
        Sie überwacht die Seefischerei außerhalb der Küsten-
        gewässer und die Einhaltung der von ihr verwalteten
        Fischfangquoten; nach § 3 des Seefischereigesetzes er-
        teilt sie Fangerlaubnisse an die deutsche Fischereiflotte.
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        ie Fischereischutzboote und die Fischereiforschungs-
        chiffe des Bundes werden durch die BLE bereedert.
        Die BLE kontrolliert die Verwendung nachwachsen-
        er Rohstoffe, die auf Stilllegungsflächen angebaut wer-
        en. Weitere Zuständigkeiten bestehen für die Zulassung
        on Rindfleisch-Etikettierungssystemen und Kontroll-
        irmen sowie für deren Überwachung. Darüber hinaus
        rfüllt die BLE weitere übertragene Verwaltungsaufga-
        en des Bundes, beispielsweise das Bundesprogramm
        kolandbau, die Projektträgerschaft Agrarforschung und
        entwicklung sowie die Erstellung des Statistischen Mo-
        atsberichts des BMVEL.
        Bei Erfüllung all dieser Aufgaben ist die BLE auf eine
        ertrauensvolle Zusammenarbeit mit den betroffenen
        irtschaftskreisen und den Bundesländern angewiesen.
        ieses Vertrauenskapital darf nicht durch das vorge-
        chlagene Willkür-Gesetz zerstört werden.
        Die BLE braucht deshalb auch weiterhin eine Lei-
        ng, die in dem bewährten Besetzungsverfahren be-
        annt wird. Deswegen muss das Vorschlagsrecht des
        LE Verwaltungsrates beibehalten werden.
        Die Bundesregierung wäre gut beraten, diesen über-
        lüssigen und sachwidrigen Gesetzentwurf zurückzuzie-
        en, der für die im BLE-Verwaltungsrat vertretenen Or-
        anisationen der Land- und Ernährungswirtschaft sowie
        ie Verbraucher und die Bundesländer ein Affront dar-
        tellt. Er gehört zu den zahlreichen falschen Weichen-
        tellungen im Agrarbereich, die von einer künftigen
        nionsgeführten Bundesregierung, sollte der Entwurf je
        esetz werden, sofort wieder rückgängig gemacht wer-
        en.
        Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): Diese späte Debatte verdanken wir einem seltsa-
        en Relikt in der Agrarverwaltung, mit dem wir nun
        chluss machen wollen. Es geht um das Verfahren, nach
        em die Präsidentin oder der Präsident der Bundesanstalt
        ür Landwirtschaft und Ernährung – kurz BLE – ernannt
        ird.
        Bisher liegt das Vorschlagsrecht für den Präsidenten-
        osten beim Verwaltungsrat dieser Bundesanstalt. Dieser
        erwaltungsrat setzt sich überwiegend aus Vertretern
        influssreicher, um nicht zu sagen: mächtiger Agrar- und
        andelsverbände zusammen. Nach altem Recht darf die
        undesministerin also nicht selbst Vorschläge unterbrei-
        en, sondern hat höchstens das Recht, einem Vorschlag
        icht zuzustimmen. In Selbstverwaltungsorganen, die
        leichzeitig Anstalten des öffentlichen Rechts sind, ist
        in solches Verfahren dennoch üblich und sinnvoll.
        In diesem Falle liegen die Dinge aber anders: Die
        LE ist kein Selbstverwaltungsorgan, sondern eine Bun-
        esanstalt, die ganz überwiegend behördliche Funktio-
        en ausübt. Sie ist zum Beispiel im Rahmen der EU-
        arktordnungen für den öffentlichen Aufkauf und die
        agerhaltung von Getreide und Rindfleisch in Deutsch-
        and zuständig. Sie erteilt Firmen auch die Ein- und Aus-
        uhrlizenzen für den grenzüberschreitenden Handel mit
        rzeugnissen der Land- und Ernährungswirtschaft. Da-
        eben ist sie auch zuständig für die Abwicklung des
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5727
        (A) )
        (B) )
        Bundesprogramms Ökologischer Landbau, dessen Um-
        setzung durch die BLE seit langem als sehr schwerfällig
        in der Kritik steht. Es ist leicht zu erkennen, dass die Er-
        nährungswirtschaft ein Interesse daran hat, wer bei der
        BLE die Fäden in der Hand hat.
        Das alles sind aber behördliche Aufgaben, die nach
        rechtlich verbindlichen Vorgaben und ohne Gestaltungs-
        spielraum für die BLE und ihren Präsidenten zu erledi-
        gen sind. Das alte Vorschlagsverfahren passt also über-
        haupt nicht mehr zu dem Charakter der Funktionen, die
        dieser Bundesanstalt übertragen worden sind.
        Deshalb soll das alte Vorschlagsrecht mit dem vorlie-
        genden Gesetzentwurf in ein Anhörungsrecht umgewan-
        delt werden. Danach erhält die für diese Bundesanstalt
        zuständige Bundesministerin für Verbraucherschutz, Er-
        nährung und Landwirtschaft das Vorschlagsrecht und die
        Entscheidungskompetenz. Die bisher so einflussreichen
        Verbände müssen dann nur noch angehört werden.
        Um es klar zu sagen: Der Verwaltungsrat wird nicht,
        wie von einigen Verbänden behauptet, abgeschafft oder
        in seinen sonstigen Mitwirkungsrechten begrenzt. Bei ei-
        nigen Stellungnahmen wird der Eindruck erweckt, als
        hänge von dem Verfahren zur Ernennung des Präsiden-
        ten ab, ob die BLE die „vorgeschriebenen Verfahren für
        den Agrarhandel effizient abwickeln“ könne. Bei sol-
        chen Argumenten muss man ja stutzig werden und nach
        den eigentlichen Gründen fragen.
        Das Gleiche trifft auf eine andere Debatte zu, die uns
        gestern im Agrarausschuss beschäftigte. Da ging es um
        die Berufung einer Leiterin des Instituts für ländliche
        Räume bei der Bundesforschungsanstalt für Landwirt-
        schaft, kurz FAL. Da hatte ein Professoren-Gremium,
        das weitgehend von der Bundesanstalt selbst zusammen-
        gestellt wird, eine Vorschlagsliste erstellt. Das zustän-
        dige Landwirtschaftsministerium hatte aber auch eine ei-
        gene Rangliste aufgestellt und – verständlicherweise –
        im Sinne dieser Rangfolge entschieden. Auch diese
        rechtlich unselbstständige – Bundesanstalt ist dem Ver-
        braucherministerium unterstellt. Es handelt sich hierbei
        nicht um eine unabhängige Forschungseinrichtung oder
        eine Universität, sondern um die eigene Ressortfor-
        schung des Ministeriums. Das ist ein Unterschied. Den-
        noch wird dieser Berufung von Mitarbeitern der Bundes-
        anstalt bis hinauf in die Spitze sogar „grundsätzliche
        Bedeutung für das Verhältnis von Politik und Wissen-
        schaft“ beigemessen. Und die CDU hat nichts Besseres
        zu tun, als sich vor den Karren dieser „alteingesessenen
        Herren“ spannen zu lassen und den Streit nach Berlin zu
        ziehen. Vielleicht liegt es aber auch an den gut ausgebau-
        ten Trampelpfaden zwischen CDU/CSU, BLE und FAL,
        von denen für gewöhnlich gut unterrichtete Kreise zu be-
        richten wissen.
        In Wahrheit, scheint mir, treibt die Kritiker in beiden
        Fällen vor allem eins um: Die Angst, die Ministerin
        könnte ihr Recht in Anspruch nehmen, nicht nur in der
        Agrarpolitik erfolgreich für eine Neuorientierung zu sor-
        gen, sondern auch in den ihr unterstellten Bundesbehör-
        den. Das ist der Knackpunkt. Es geht darum, ob die
        Kräfte, die bisher seit Jahrzehnten die Agrarpolitik, die
        Beratung, die Ausbildung und auch die Forschung in
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        ine bestimmte Richtung geführt haben, möglicherweise
        influss abgeben müssen oder nicht.
        Ich möchte noch weiter gehen. Es ist nicht nur das ur-
        igene Recht einer Ministerin, bei der Besetzung leiten-
        er Posten in den ihr untergeordneten Organen ein ge-
        ichtiges Wörtchen mitzureden. Es ist meines Erachtens
        ogar ihre Pflicht. Denn wer, wenn nicht die vom Parla-
        ent beauftragte Fachministerin, sollte das im Grundge-
        etz verankerte Demokratieprinzip sicherstellen?
        Ich will das einmal übersetzen:
        Wenn ich auf meinem Hof eine Betriebsleiterin ein-
        tellen würde, die mir gegenüber verantwortlich ist für
        lles, was meinen Hof betrifft, und diese Betriebsleiterin
        ürde bei einer Neueinstellung erst ein Gremium fragen,
        as nicht sie, sondern die Nachbarschaft zusammen-
        tellte, dann wäre unser Verhältnis mächtig gestört.
        Deshalb werden wir die genannten Trampelpfade, um
        n Bilde zu bleiben, entsiegeln und mit Toren absperren.
        Skandalös wird diese Angelegenheit dadurch, dass
        itarbeiter der FAL meinen, eine Verbindung zwischen
        em derzeitigen Zwist und den „leidvollen Erfahrungen
        m Dritten Reich und in der DDR“ ziehen zu müssen.
        as ist endgültig nicht nur eine unverschämte Verleum-
        ung und Beleidigung, sondern – wie so oft bei solchen
        nleihen an die Geschichte – eine unannehmbare Be-
        chönigung unserer Vergangenheit. Damit, werte Kolle-
        en von der Opposition, disqualifizieren sich diese Her-
        en von der FAL endgültig, und man sollte sich besser
        icht mehr so oft auf sie berufen.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns sach-
        ich bleiben und in diesem Sinne dem Gesetzentwurf zu-
        timmen!
        Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
        undesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung
        nd Landwirtschaft: Der Verwaltungsrat der BLE – der
        us 28 Mitgliedern besteht – ist neben dem Präsidenten
        rgan dieser Anstalt. Die Einrichtung eines Verwal-
        ungsrates war Voraussetzung dafür, dass Vertreter der
        irtschaft und der Verbraucher beratend bei der BLE
        itwirken können.
        Die Leitung der BLE liegt beim Präsidenten sowie ei-
        em Vizepräsidenten, die als Beamte vom Bundespräsi-
        enten ernannt werden. In Anlehnung an das Verfahren
        er Bestellung des Vorstandes der BALM wurde auch
        ür das Verfahren der Ernennung der von Präsident und
        izepräsident der BLE dem Verwaltungsrat ein Vor-
        chlagsrecht gegenüber dem Bundesministerium zuge-
        tanden.
        Inzwischen erscheint diese Regelung nicht mehr sach-
        erecht. Die BLE ist eine Behörde, die weder körper-
        chaftlich verfasst ist noch Selbstverwaltungsrechte hat.
        aher ist das derzeitige Vorschlagsrecht des Verwal-
        ungsrates weder rechtlich notwendig, noch entspricht es
        er üblichen organisationsrechtlichen Praxis.
        Bei vergleichbaren Anstalten des öffentlichen Rechts
        st das Vorschlagsrecht für die Bestellung der Anstaltslei-
        ung im Allgemeinen der Bundesregierung vorbehalten,
        5728 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
        (B) )
        während dem Verwaltungsrat ein Anhörungsrecht einge-
        räumt wird. Die Aufgaben, die der BLE zur Erledigung
        übertragen sind, sind ganz überwiegend Pflichtaufgaben,
        die nach rechtlich verbindlichen Vorgaben ohne Gestal-
        tungsspielräume durchzuführen sind. Dies gilt auch für
        die Aufgaben, die von der BLE nach EG-Agrarmarktord-
        nungsrecht zur Regulierung der Märkte und Stützung der
        Einkommen in der Landwirtschaft durchgeführt werden.
        Diese Aufgaben verlieren infolge der Agrarreformen im
        Übrigen zunehmend an Bedeutung. Seit ihrer Errichtung
        wurden der BLE vermehrt hoheitliche Aufgaben mit rein
        behördlichem Charakter neu übertragen. Beispielhaft
        nenne ich hier die Zuweisung neuer Aufgaben durch das
        Rindfleischetikettierungsgesetz aus dem Jahr 1998 und
        durch das Öko-Landbaugesetz aus dem Jahr 2002.
        Darüber hinaus kann der BLE aufgrund des geltenden
        Gesetzes vom Bundesministerium für Verbraucher-
        schutz, Ernährung und Landwirtschaft die Erledigung
        von Verwaltungsaufgaben des Bundes, für die keine an-
        dere Zuständigkeit gesetzlich festgelegt ist, übertragen
        werden. Von dieser Möglichkeit ist in jüngerer Zeit in er-
        heblichem Umfange Gebrauch gemacht worden.
        All dies zeigt, dass es aufgrund des überwiegend be-
        hördlichen Charakters der Aufgaben, die die BLE wahr-
        zunehmen hat, nicht mehr sachgerecht ist, das Vor-
        schlagsrecht für die Person des Behördenleiters dem
        Verwaltungsrat, also einem Gremium, das zu drei Vier-
        teln aus Vertretern der Verbände besteht, zu überlassen.
        Die Bundesregierung legt Wert auf den Rat, den Wirt-
        schaft und Verbraucher durch ihre Mitarbeit im Verwal-
        tungsrat der BLE geben können, und zwar auch bei der
        Ernennung des Präsidenten und Vizepräsidenten dieser
        Behörde. Daher soll das bisherige Vorschlagsrecht nicht
        ersatzlos entfallen. An seine Stelle soll ein Recht des
        Verwaltungsrates auf Anhörung treten, die im Verfahren
        der Ernennung zeitlich vorgeschaltet ist. Daher kann der
        Verwaltungsrat weiterhin mit seiner Stellungnahme auf
        den Ernennungsvorschlag an den Bundespräsidenten,
        über den die Bundesregierung nach ihrer Geschäftsord-
        nung Beschluss zu fassen hat, Einfluss nehmen.
        Aus den geschilderten Gründen bitte ich Sie, dieser
        Änderung im weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzu-
        stimmen.
        Anlage 6
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Antrag: Klinische Prü-
        fung in Deutschland entbürokratisieren (Tages-
        ordnungspunkt 7 b)
        Dr. Carola Reimann (SPD): Eines unserer wert-
        vollsten Lebensgüter ist die Gesundheit. Ziel unserer
        Gesundheitspolitik ist es, die Gesundheit der Menschen
        zu erhalten, zu fördern und im Krankheitsfall wieder
        herzustellen. Ein bezahlbares und zugleich qualitativ
        hochwertiges Gesundheitssystem heute und in Zukunft
        zu erhalten, ist eines der vorrangigsten Ziele unserer
        Politik.
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        Um diese Ziele zu erreichen, sind unter anderem in-
        ensive medizinische Forschungstätigkeiten notwendig.
        ie Bundesregierung setzt sich dementsprechend stark
        ür die Forschung und Entwicklung neuer Heilmethoden
        in. Mit der anstehenden Novellierung des Arzneimittel-
        esetzes, AMG, soll die EU-Richtlinie zur Good Clinical
        ractice umgesetzt werden.
        Der Nachweis von Unbedenklichkeit und Wirksam-
        eit eines Arzneimittels, welches für den Menschen ent-
        ickelt wurde, kann letztlich nur in einem Humanexpe-
        iment erbracht werden. Klinische Prüfungen sind also
        numgänglich, wenn es gilt, neue Medikamente und
        herapien zu entwickeln.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
        ie begründen die geringe Anzahl klinischer Studien in
        eutschland ausschließlich mit den schlechten Rahmen-
        edingungen und den bürokratischen Hemmnissen für
        ie Forschung. Aus diesen Gründen habe Deutschland
        eine führende Position als Forschungsstandort für phar-
        azeutische Produkte eingebüßt. Das sind nicht die
        irklichen Gründe. Diese Entwicklung ist unter anderem
        uch darauf zurückzuführen, dass viele forschende Her-
        teller über Jahre ihre Forschungs- und Entwicklungsab-
        eilungen ins Ausland verlagert haben. In einigen Fällen,
        ie in Großbritannien, fließen dafür erhebliche staatli-
        he Gelder. Ob diese Finanzierungsform in Zeiten der
        otwendigen Subventionskürzungen wirklich wün-
        chenswert ist, will ich an dieser Stelle dahingestellt sein
        assen.
        Zu diesem Zweck hat das Bundesgesundheitsministe-
        ium eine Taskforce gegründet. Sie soll konkrete Vor-
        chläge zur Verbesserung der Standortbedingungen für
        ie deutsche pharmazeutische Industrie erarbeiten und
        öglichkeiten für die Umsetzung solcher Vorschläge
        iskutieren. Weitere Ziele sind die Verbesserung der
        ahmenbedingungen für die pharmazeutische For-
        chung in Deutschland und die Effektivierung der Zulas-
        ungsverfahren.
        Um klinische Forschung weiter zu fördern, müssen
        atürlich bürokratische Hemmnisse beseitigt werden. Es
        uss allerdings gesichert sein, dass es dadurch keinen
        bbau des Sicherheitsniveaus für die Menschen gibt.
        Es ist erklärtes Ziel unserer Gesundheitspolitik, effizi-
        nte Forschung und Entwicklung mit einem Maximum
        n Patientensicherheit zu verbinden. Deshalb ist es nicht
        ilfreich, wenn Sie pauschal einen Bürokratieabbau for-
        ern. Dies ist zwar öffentlichkeitswirksam, hilft aber
        eineswegs, das Vertrauen der freiwilligen Versuchsteil-
        ehmer in die klinische Forschung zu erhöhen. Denn nur
        ine engmaschige medizinische und behördliche Über-
        achung garantiert die Sicherheit der Teilnehmer und
        ie Qualität der Prüfergebnisse.
        Aus diesem Grund sehen wir die Umsetzung der EU-
        ichtlinie nicht ausschließlich unter zeitlichen Gesichts-
        unkten, sondern orientieren uns vor allem an den Aspek-
        n der Patienten- und Arzneimittelsicherheit. Natürlich
        pielen die Rahmenbedingungen wie Zulassungsverfahren
        benfalls eine Rolle, wenn wir optimale Forschungsbe-
        ingungen herstellen wollen.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5729
        (A) )
        (B) )
        Wer die klinische Forschung fördern will, muss hier
        aktiv werden. Momentan muss sich der Prüfarzt vor dem
        Beginn einer klinischen Studie durch eine Ethikkommis-
        sion über die mit dem Vorhaben verbundenen berufsethi-
        schen und berufsrechtlichen Fragen beraten lassen. Er
        darf erst dann beginnen, wenn die Ethikkommission sein
        Vorhaben zustimmend bewertet hat. Dies bedeutet mo-
        mentan die Zustimmung von bis zu 16 Ethikkommissio-
        nen!
        Dass diese Verfahrenweise nicht zur Beschleunigung
        des Verfahrens beiträgt, liegt auf der Hand. Deshalb sieht
        der neue AMG-Entwurf gemäß der EU-Richtlinie die
        Einführung eines klaren Genehmigungsverfahrens vor.
        Die Forderung der Union, eine bundesweite Ethik-
        kommission einzurichten, führt jedoch zu verfassungs-
        rechtlichen Problemen. Denkbar wäre es, dass die je-
        weils zuerst angesprochene Ethikkommission auch über
        das gesamte Verfahren entscheidet. Doch auch dazu be-
        darf es womöglich eines Staatsvertrages zwischen den
        einzelnen Bundesländern.
        Ein weiterer Punkt berührt das Antragsverfahren beim
        Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte,
        BfArM. Hier treten Verzögerungen ein, weil die einge-
        reichten Unterlagen nicht vollständig sind. Hier können
        erhebliche Beschleunigungseffekte beim Genehmi-
        gungsverfahren zum Beispiel durch Verfahrensregelun-
        gen zur Einreichung von elektronischen Unterlagen er-
        zielt werden.
        Nur eines darf bei dieser Debatte nicht zu kurz kom-
        men: die Sicherheit der Versuchsteilnehmer; denn selbst
        die ansonsten gern als Beispiel für kurze Bearbeitungs-
        fristen gepriesene Food and Drug Association, FDA,
        verfolgt mittlerweile wesentlich stärker den Sicherheits-
        und nicht den Zeitaspekt.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, ent-
        gegen ihrer Verlautbarung, die klinische Forschung ent-
        bürokratisieren zu wollen, setzen Sie sich für die Schaf-
        fung einer zusätzlichen Leitethikkommission ein. Sie
        begründen dies mit der besonderen Schutzbedürftigkeit
        von bestimmten Bevölkerungsgruppen, wie nicht einwil-
        ligungsfähige Personen und Kinder. Eine solche Leit-
        ethikkommission stößt dabei auf dieselben verfassungs-
        rechtlichen Probleme wie Ihr Vorschlag zur Einsetzung
        einer bundesweiten Ethikkommission. Deshalb halte ich
        eine Kommission am BfArM, die sich insbesondere um
        die Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche
        kümmert, für den praktikableren Weg.
        Sie übersehen mit ihrem Antrag konsequent alle Akti-
        vitäten in diesem Bereich. Die Enquete-Kommission
        Ethik und Recht der modernen Medizin des Deutschen
        Bundestages hat sich bereits genau diesem Thema inten-
        siv zuwendet und erst vor wenigen Wochen eine Anhö-
        rung zur komplexen Problematik der Forschung an
        nichteinwilligungsfähigen Personen durchgeführt. Für
        die klinische Forschung an Kindern wie auch an Er-
        wachsenen existieren bereits jetzt strenge Sicherheitsbe-
        stimmungen.
        In einem interfraktionellen Antrag aus der 14. Legis-
        laturperiode hat der Deutsche Bundestag eine deutliche
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        erbesserung der Arzneimittelsicherheit in der Kinder-
        eilkunde angemahnt. Zugleich wurde festgestellt, dass
        uf dem Gebiet der Kinderarzneimittel ein erheblicher
        achholbedarf besteht.
        Klinische Studien zu Therapiezwecken sind nur an er-
        rankten Kindern zulässig. Es existiert nur eine geringe
        ereitschaft der Eltern, ihre Einwilligung zur Teilnahme
        hres kranken Kindes an klinischen Studien zu erteilen.
        ie befürchten, dass ihre Kinder als Versuchskaninchen
        er Hersteller fungieren. Diese nachvollziehbaren Hal-
        ungen der Eltern erschweren die angestrebten Verbesse-
        ungen in der Kinderheilkunde mittels sachgerechter kli-
        ischer Studien sehr. An dieser Stelle ist eine staatliche
        ufklärungsarbeit vonnöten! Diese Funktion soll unter
        nderem der zukünftigen Kontaktstelle zufallen. Diese
        teht den Probanden oder seinem gesetzlichen Vertreter
        it Informationen zur Seite.
        Nun fordert die Union in ihrem Antrag, bei der Ein-
        uhr von klinischen Prüfpräparaten aus Drittländern die
        m AMG geforderte Zertifizierung und deren nochma-
        ige Analyse fallen zu lassen, weil diese den bürokrati-
        chen Aufwand erhöhe. Unter den Aspekten des Konsu-
        entenschutzes, der an erster Stelle steht, ist diese
        orderung nicht nachvollziehbar, zumal der AMG-Ent-
        urf dafür lediglich eine Einfuhrerlaubnis, wie für an-
        ere Arzneimittel auch, voraussetzt.
        Liebe Kollegen und Kolleginnen von der Union, Ihre
        orderungen sind auch widersprüchlich! Sie fordern ei-
        erseits schnellstmögliche Umsetzung in nationales
        echt, gleichzeitig aber die Beibehaltung des Notifizie-
        ungsverfahrens. Das aber steht im Widerspruch zu den
        orgaben der EU-Richtlinie in Art. 5. Sie müssen sich
        chon für eine Variante entscheiden.
        Zudem suggerieren Sie in Ihren Forderungen Reform-
        edarf an Stellen, an denen es gar keinen gibt. So fordern
        ie, Ethikkommissionen müssten generell englischspra-
        hige Unterlagen akzeptieren. Dazu bedarf es jedoch
        eines Gesetzes und keiner Verordnung, denn es ist
        chon jetzt den Kommissionen unbenommen, sich mit
        em Antragseinreicher auf die Einreichung englisch-
        prachiger Dokumente zu einigen.
        Ich möchte noch ein letztes Beispiel anführen, wel-
        hes den zweifelhaften Aussagegehalt des vorliegenden
        ntrags unterstreicht: Die sehr allgemeine Aussage des
        DU/CSU-Antrags bezüglich einer Förderung der For-
        chung und Entwicklung von Arzneimitteln in Deutsch-
        and zeigt doch nur allzu deutlich, dass Sie sich nicht mit
        er tatsächlichen gegenwärtigen Situation auseinander
        esetzt haben. Seit 1996 hat das BMBF beispielsweise
        ie acht Interdisziplinären Zentren für Klinische For-
        chung, IZKF, mit rund 160 Millionen DM gefördert.
        Diese acht Zentren leisten auf hohem Niveau einen
        ntscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Stärkung
        nd Verbesserung der klinischen Forschung in Deutsch-
        and. Ziel der IZKF ist die Optimierung des internen
        orschungsmanagements, die Intensivierung der fach-
        bergreifenden klinischen Forschung, die Qualitätsver-
        esserung und die gezielte Unterstützung des Nach-
        uchses. Die IZKF schaffen damit nicht zuletzt eine
        5730 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
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        Grundlage für die Umsetzung der Innovationen aus der
        klinischen Forschung in marktfähige und für den einzel-
        nen Patienten sinnvolle Produkte. Zudem wurden im
        Rahmen des Gesundheitsforschungsprogramms Koordi-
        nierungszentren für klinische Studien (KKS) an medizi-
        nischen Fakultäten geschaffen. Dieses Service- und Be-
        treuungsangebot für die Durchführung klinischer
        Studien soll hier klinische Forschung unterstützen.
        Ihr Antrag, die klinische Prüfung in Deutschland zu
        entbürokratisieren, ist insgesamt nicht stimmig. Ein Teil
        Ihrer Forderungen widerspricht sich oder läuft sogar der
        EU-Richtlinie zuwider und hält einer näheren Überprü-
        fung nicht stand. Ihr Antrag ignoriert souverän bisher
        gültige Verfahrensweisen und verbreitet Allgemein-
        plätze. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.
        Helge Braun (CDU/CSU): Deutschland wurde frü-
        her die Apotheke der Welt genannt. Hier wurden welt-
        weit die meisten Arzneimittel entwickelt.
        Dies gilt heute leider nicht mehr. Deutschland ist im
        internationalen Vergleich als Forschungs- und Entwick-
        lungsstandort für Arzneimittel weit abgeschlagen. Be-
        trachten wir die 30 umsatzstärksten globalen Pharma-
        unternehmen, so forschen diese an 130 Standorten
        weltweit. Von diesen 130 Forschungsstandorten liegen
        jedoch nur noch zehn in Deutschland aber 52 in den
        USA, 21 Japan und 16 in Großbritannien. Dies ist die
        Folge von schlechten Rahmenbedingungen für die For-
        scher und Entwickler in Deutschland, aber auch für die
        internationalen Unternehmen, die sich ihre Standorte für
        Entwicklung und Zulassung von neuen Wirkstoffen und
        Arzneimitteln aussuchen.
        Wir alle sind jedoch auf die Entwicklung neuer Medi-
        kamente angewiesen. Nicht zuletzt durch neue Arznei-
        mittel ist die durchschnittliche Lebenserwartung in
        Deutschland in den letzten 25 Jahren um rund 10 Prozent
        gestiegen. Doch nicht nur die Lebensdauer, sondern auch
        die Lebensqualität hat sich gerade bei älteren Menschen
        aufgrund moderner Arzneimittel wesentlich verbessert.
        Auch für die derzeit finanziell überlasteten Sozialversi-
        cherungen sind die Rahmenbedingungen für die pharma-
        zeutische Forschung von großer Bedeutung. In der For-
        schung entwickelte Wirkstoffverbesserungen sparen
        beträchtliche Kosten im Gesundheitswesen. Im Arznei-
        verordnungsreport 2002 ist zu lesen, dass Arzneimittel
        mit verbesserten pharmakologischen Qualitäten bereits
        bekannter Wirkprinzipien im Durchschnitt 39 Prozent
        weniger kosten als Arzneimittel mit einem neuartigen
        Wirkstoff. Auch belegt eine Studie aus den USA, dass
        neue Arzneimittel sektorübergreifend die Behandlungs-
        kosten senken. Durch neue Arzneimittel sinkt der finan-
        zielle Aufwand für Krankenhausaufenthalte und sonstige
        ambulante Behandlungen.
        So kann ich als Arzt Ihnen das Beispiel nennen, dass
        durch den Einsatz von 1 Euro in ein Medikament mit ei-
        nem cholesterinsenkenden Wirkstoff aus der Gruppe der
        so genannten Statine 3,50 Euro an Krankenhauskosten
        gespart werden. Die Weiterentwicklung von bekannten
        Wirkstoffen und die Entwicklung neuer Arzneimittel
        liegt also im allgemeinen Interesse der Beitragszahler
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        er gesetzlichen Krankenversicherung. Forschung und
        ulassungsverfahren stehen in einem derartigen interna-
        ionalem Wettbewerb, dass Unternehmen dort forschen
        nd das Zulassungsverfahren betreiben, wo die günsti-
        en Rahmenbedingungen bestehen.
        Wie schlecht jedoch die Rahmenbedingungen in
        eutschland für klinische Prüfungen sind, zeigt sich in
        en zahlreichen Investitionen von Unternehmen im
        usland und in deren verstärkter Zusammenarbeit mit
        usländischen Zulassungsbehörden sowie der geringen
        ahl von klinischen Prüfungen in Deutschland im Ver-
        leich zu Schweden, Großbritannien oder den Nieder-
        anden. Die Zulassungsverfahren für neue Arzneimittel
        nd verbesserte Wirkstoffe sind in Deutschland zu kom-
        liziert, zu langwierig, zu unsicher. Wie unsicher die
        ahmenbedingungen in Deutschland sind, zeigt die feh-
        ende Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisie-
        ung der klinischen Prüfung. Diese hätte bis spätestens
        . Mai dieses Jahres umgesetzt werden müssen. Bis
        eute hat die Bundesregierung nicht einmal einen Ent-
        urf in den Bundestag eingebracht. Hier fehlt den For-
        chern und Unternehmen jede Planungssicherheit. Ges-
        ern hat die Bundesregierung bekannt gegeben, dass das
        abinett die 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes be-
        chlossen habe. Die Vorbereitung dieses Entwurfs hat
        rei Jahre in Anspruch genommen.
        Wir haben bereits heute hier im Plenum über die Not-
        endigkeit von Bürokratieabbau debattiert. Bürokratie
        ird immer dann zur Last, wenn es zu viele Beteiligte
        ibt und zu viel Zeit für Entscheidungen verstreicht. Bei-
        es trifft für das Verfahren der klinischen Prüfung zu und
        ird auch nach dem vom Kabinett beschlossenen Ge-
        etzentwurf nicht verbessert.
        Das Verfahren für klinische Prüfungen ist in Deutsch-
        and zu kompliziert und es wird wohl auch nach dem
        ntwurf, den das Kabinett gestern beschlossen hat, zu
        ompliziert bleiben. Bei multizentrischen Studien, also
        er Durchführung einer klinischen Prüfung in mehreren
        liniken oder Instituten, sind nach derzeitiger Rechts-
        age für dieselbe Studie und Untersuchung mehrere
        thikkommissionen zu befragen. In Deutschland gibt es
        llein 52 öffentlich-rechtliche Ethikkommissionen! Jede
        st anders besetzt, jede hat unterschiedliche Antragfor-
        ulare, jede verlangt andere Antragserfordernisse, jede
        ntscheidet nach unterschiedlichen Kriterien. Ist das for-
        chungsfreundlich? Hier hätte die Bundesregierung be-
        eits seit dem Erlass der EU-Richtlinie im Jahr 2000 den
        tandort Deutschland stärken können. Die Umsetzung
        er Richtlinie hätte bereits seit nunmehr drei Jahren zu
        iner Harmonisierung, Vereinfachung und zu mehr
        echtssicherheit bei der klinischen Forschung und bei
        er Beteiligung von Ethik-Kommissionen führen kön-
        en. Denn in der Richtlinie wird eindeutig verlangt, dass
        ünftig nur noch eine Ethikkommission pro Mitglied-
        taat bei multizentrischen Studien zustimmen muss. Da-
        it Sie mich richtig verstehen: Ich sehe Ethikkommis-
        ionen als notwendigen Schutz zur Wahrung der
        esundheit und Rechte der Patienten und Probanden.
        ber wir sollten die Ethikkommissionen so einsetzen,
        ass deren Votum kein bürokratisches Hindernis, sondern
        in Standortvorteil bedeutet. Daher sollten überflüssige
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5731
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        Mehrfachprüfungen derselben Studie durch verschie-
        dene Kommissionen abgeschafft werden.
        In vielen Punkten hätte eine zügige Umsetzung der
        Richtlinie Rechtssicherheit und vor allem Wettbewerbs-
        vorteile gebracht. Für die Sicherung und den Ausbau des
        Forschungs- und Entwicklungsstandorts Deutschland ist
        es von entscheidender Bedeutung, die flexiblen Bereiche
        der EU-Richtlinie derart in nationales Recht umzusetzen,
        dass die Umsetzung einen Standortvorteil innerhalb Eu-
        ropas bedeutet. Eine solche standortfreundliche Umset-
        zung der Richtlinie hinsichtlich der Bearbeitungszeiten
        für Genehmigungen möglich. Die EU-Richtlinie enthält
        für zahlreiche Genehmigungen und Zustimmungsvorbe-
        halte maximale Fristen. Den nationalen Gesetzgebern ist
        es bei der Umsetzung überlassen, kürzere Fristen festzu-
        schreiben. In dem mir vorliegenden Referentenentwurf
        der 12. AMG-Novelle, mit der die EU-Richtlinie umge-
        setzt werden soll, finde ich aber mit nur einer einzigen
        Ausnahme nur die Festschreibung der maximalen Fris-
        ten. Wenn die Bundesregierung wirklich Deutschland
        wettbewerbsfähig machen möchte, dann müssen bei der
        Umsetzung einer Richtlinie Standortvorteile gegenüber
        unseren europäischen Wettstreitern geschaffen werden.
        Dies wurde durch die Bundesregierung klar versäumt.
        Die Bundesregierung sollte sich ein Beispiel an der
        Politik Großbritanniens nehmen. Großbritannien ist ge-
        wiss kein großer Absatzmarkt für Arzneimittel. Dennoch
        werden dort deutlich mehr Arzneimittel entwickelt als in
        Deutschland, weil die Rahmenbedingungen für For-
        schung und Entwicklung überaus attraktiv sind. Das
        heißt, forschende Pharmaunternehmen führen ihre Ent-
        wicklungen, Studien und Zulassungsverfahren nicht
        zwangsläufig dort, wo der beste Absatzmarkt ist. Der
        Standort für Entwicklung ist also unabhängig vom Ort
        des Absatzes der Entwicklungen.
        Der Erfolg Großbritanniens beruht auf Analysen der
        „Pharmeceutical Industry Competitiveness Task Force“
        (PICTF). Diese Einrichtung hat bislang 49 Indikatoren
        der Wettbewerbsfähigkeit der pharmazeutischen Indus-
        trie Großbritanniens im Vergleich zu den zwölf stärksten
        Ländern bewertet. Dabei arbeiten die Arzneimittelher-
        steller gemeinsam mit der britischen Regierung in dieser
        Analyse zusammen, um in Großbritannien innovations-
        freundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
        Während in Großbritannien die Regierung mit den
        Pharmaunternehmen gemeinsam arbeitet, wird in
        Deutschland die pharmazeutische Industrie durch staatli-
        che Vorgaben belastet. Jüngstes Beispiel ist der von der
        SPD initiierte 16-prozentige Zwangsrabatt auf festbe-
        tragsfreie Arzneimittel und die Einführung von Festbe-
        trägen für patentgeschützte Medikamente. Damit wird in
        Deutschland die Forschung nach neuen Wirkstoffen wei-
        ter gebremst und die notwendige Refinanzierung der
        Entwicklung eines Arzneimittels zum Unsicherheitsfak-
        tor für forschende Arzneimittelhersteller.
        Die von der britischen Task Force ermittelten Wettbe-
        werbsindikatoren sagen auch ganz klar, wie viel schlech-
        ter die Rahmenbedingungen in Deutschland sind: In Un-
        ternehmensteuern ist Deutschland auf dem vierten Platz.
        Die Ausgaben für öffentliche Investitionen in Forschung
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        nd Entwicklung von Medizin und Biotechnologie lie-
        en in Deutschland hinter denen der Niederlande.
        Speziell für die klinische Prüfung weist der britische
        ericht für Deutschland folgenden Nachholbedarf auf:
        roßbritannien und selbst die Niederlande waren häufi-
        er als Deutschland Referenzmitgliedstaat im gegensei-
        igen Anerkennungsverfahren von Arzneimitteln. Die
        eisten der Top 75 Arzneimittel weltweit wurden nicht
        on deutschen Unternehmen entwickelt, sondern von
        merikanischen, britischen und japanischen Firmen.
        All dies zeigt deutlich, wie enorm der Nachholbedarf
        eutschlands im internationalen Wettbewerb bei der Kli-
        ischen Forschung ist. Wenn die Bundesregierung nicht
        mgehend ein Konzept zur deutlichen Verbesserung des
        tandorts Deutschland in der pharmazeutischen For-
        chung vorlegt, wird die Bundesrepublik forschungspo-
        itisch zum Schlaflabor der EU.
        Der hier debattierte Antrag der CDU/CSU-Fraktion
        st nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss zur AMG-
        ovelle besonders aktuell. Von den 17 Forderungen, die
        er Antrag enthält, erfüllt der mir vorliegende Referen-
        enentwurf explizit nur eine einzige: dass künftig nur
        ine Ethikkommission einer klinischen Prüfung zustim-
        en muss. Sollte die AMG-Novelle tatsächlich so umge-
        etzt werden, wie vom Kabinett gestern beschlossen,
        ird Deutschland auch künftig im internationalen Wett-
        ewerb als Standort für Forschung und Entwicklung
        harmazeutischer Produkte benachteiligt bleiben: Die
        thikkommissionen nach Landesrecht sind ein weiterer
        ufbau von bürokratischen Hindernissen. Gestaltungs-
        äume und flexible Vorgaben der Richtlinie werden nicht
        um Vorteil der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands um-
        esetzt. Dies zeigt sich insbesondere bei der Festschrei-
        ung der maximalen Fristen. Es wird nicht die Bildung
        e einer Leitethikkommission speziell für Kinder und
        peziell für nicht einwilligungsfähige Erwachsene ge-
        etzlich verankert. Stattdessen wird auch dies wieder den
        ändern überlassen bleiben, wodurch in den 16 Bundes-
        ändern jeweils zwei weitere Ethikkommissionen gebil-
        et werden müssen. Damit ist abzusehen, dass die Zahl
        er öffentlich-rechtlichen Ethikkommissionen von der-
        eit 52 sogar noch auf 84 steigen wird. Diese Zahl wird
        ermutlich noch deutlich höher ausfallen mit der Ein-
        ichtung von speziellen Kommissionen für klinische
        rüfungen von Arzneimitteln für Gentherarpie, mit so-
        atischer Zelltherapie und anderen speziellen Arznei-
        itteln. Hier wäre es sinnvoll gewesen, bundesweit zu-
        tändige Ethikkommissionen einzurichten und der
        iversifizierung durch landesweite Ethikkommissionen
        inhalt zu gebieten. Die Bedingung eines GMP-Zertifi-
        ates einer deutschen Behörde zum Import klinischer
        rüfpräparate im AMG ist bürokratie- und zeitaufwen-
        ig. Diese Anforderung stellt die EU-Richtlinie nicht.
        amit geht deutsches Recht über EU-Recht sogar hi-
        aus. Dies ist ein weiterer klarer Wettbewerbsnachteil,
        er von der Bundesregierung nicht beseitigt wird.
        Ich fordere daher die Bundesregierung auf, endlich
        in innovationsfreundliches Klima in Deutschland zu
        chaffen, damit wir wieder die Apotheke der Welt wer-
        en können. Die Bundesregierung muss endlich auf den
        5732 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        (A) )
        (B) )
        internationalen Wettbewerb um Standorte der Pharma-
        Forschung reagieren. Denn schon Johann Wolfgang von
        Goethe erkannte: „Wissenschaft und Kunst gehören der
        Welt an und vor ihnen verschwinden die Grenzen der
        Nationalität.“
        Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
        klinische Prüfung von Arzneimitteln liegt im Span-
        nungsfeld von Patientenschutz und langfristig therapeu-
        tisch nutzbaren Forschungsinteressen. Aus ethischer Per-
        spektive müssen die Studien so ausgestaltet werden, dass
        die Arzneimittelsicherheit und die Gesundheit der Pro-
        banden ebenso gewährleistet sind wie ethische Aspekte
        des Patientenschutzes. Aus wirtschaftspolitischer Per-
        spektive haben Prüfungs- und Genehmigungsverfahren
        eminente Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der
        heimischen Arzneimittelindustrie und sollten deshalb
        möglichst straff und unbürokratisch erfolgen. Diese bei-
        den Ansprüche sollten so weit wie möglich verbunden
        werden. Doch im Zweifelsfall hat selbstverständlich der
        Grundsatz „Sicherheit vor Schnelligkeit“ zu gelten.
        Es gilt aber auch: Hohe qualitative Anforderungen
        stehen in keinem natürlichen Gegensatz zu industriepoli-
        tischen Zielen. Dass Deutschland seinen Status als
        „Apotheke der Welt“ verloren hat und hinsichtlich seiner
        Innovationskraft im Arzneimittelbereich gegenüber an-
        deren EU-Ländern ins Hintertreffen geraten ist, ist nicht
        zuletzt Konsequenz unzureichender qualitativer Anfor-
        derungen an die hiesige Arzneimittelindustrie. Bemer-
        kenswert ist, dass die im Unions-Antrag als Forschungs-
        standorte hervorgehobenen Länder Dänemark, Schweden
        und die Niederlande durchweg über Arzneimittel-Positiv-
        listen verfügen. Arzneimittelunternehmen haben in
        diesen Ländern einen starken Anreiz, ihre Forschungsan-
        strengungen auf tatsächliche Innovationen zu konzen-
        trieren. Die deutsche Arzneimittelindustrie hat sich da-
        gegen zu lange auf dem sanften Ruhekissen eines
        nationalen Arzneimittelmarkts ausgeruht, auf dem fast
        jedes Produkt zulasten der GKV abgesetzt werden kann.
        Entwickelt wurden in den letzten Jahren vor allem Ana-
        logpräparate ohne medizinisch-therapeutischen Zusatz-
        nutzen gegenüber bereits existierenden Produkten. Es
        steht zu hoffen, dass mit der im Gesundheitskonsens be-
        schlossenen Ausweitung der Festbetragsregelung auf die
        Analogpräparate gegenläufige Anreize gesetzt werden.
        Auf das gesundheits- wie industriepolitisch gleicherma-
        ßen gebotene Instrument einer Positivliste wird Deutsch-
        land aber auch weiterhin verzichten müssen. Da hat die
        Union in den Verhandlungen zum Gesundheitskonsens
        ganze Arbeit geleistet.
        Recht hat die Union aber damit, dass die europäische
        Richtlinie zur Arzneimittelforschung umgesetzt werden
        muss. Die pharmazeutische Industrie ist heute internatio-
        nal organisiert. Sicherheitsanforderungen und Genehmi-
        gungsverfahren müssen deshalb in enger internationaler
        Abstimmung und Zusammenarbeit erfolgen. Es ist des-
        halb zu begrüßen, dass die EU eigens eine Richtlinie ent-
        wickelt hat, mit der die Anforderungen an die klinische
        Prüfung in Europa harmonisiert werden.
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        Ich frage mich nur, weshalb die Union dazu einen
        igenen Antrag bemüht. Das Kabinett hat gestern zur
        ichtlinienumsetzung den Entwurf eines Zwölften Ge-
        etzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG)
        eschlossen. In diesem Gesetzesentwurf findet sie vieles
        ieder, was auch im Antrag der Union enthalten ist. So
        um Beispiel die Vereinfachung des Verfahrens bei den
        thikkommissionen oder auch die Verkürzung der Ge-
        ehmigungsfristen.
        Darüber hinaus soll die Novelle aber auch einen Bei-
        rag zur Arzneimittelsicherheit für Kinder leisten. Heute
        st die Hälfte der bei Kindern angewendeten Arzneimit-
        el ohne eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die
        pezifische Anwendung bei Kindern. Für etliche Krank-
        eiten, von denen Kinder betroffen sind, gibt es über-
        aupt keine eigenen Arzneimittel. Wir werden jetzt im
        arlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zu prüfen
        aben, inwieweit das Gesetz künftig erlauben soll, unter
        estimmten Rahmenbedingungen auch klinische Studien
        nter Beteiligung von Kindern durchzuführen.
        Ein Augenmerk werden wir auch darauf haben müs-
        en, dass künftig auch Frauen in ausreichender Zahl an
        linischen Studien beteiligt werden. Arzneimittel wirken
        äufig auf Frauen und Männer sehr unterschiedlich. In
        en klinischen Studien sind aber Frauen meistens deut-
        ich unterrepräsentiert. Das werden wir ändern müssen.
        uch hier können wir etwas aus dem Ausland lernen: In
        en USA und Schweden ist die gleichrangige Teilnahme
        on Frauen an klinischen Arzneimittelstudien per Gesetz
        orgegeben.
        Überhaupt nicht einsichtig, weil durch nichts belegt,
        st die These der CDU, die Ethikkommissionen seien
        chuld, dass es in Deutschland nicht genügend For-
        chungsstandorte gibt. Und das, wo gerade der CDU die
        ioethik – siehe Klondebatte – so wichtig ist und sie
        ine ethische Prüfung bei klinischen Forschungsprojek-
        en schon allein aus diesem Grund fordern müsste!
        thikkommissionen sind – das ist ja wohl unbestritten –
        n diesem Bereich unumgänglich. Dennoch gibt es auch
        us unserer Sicht Verbesserungsbedarf bei dem Einsatz
        nd der Arbeitsweise der Ethikkommissionen in diesem
        ereich: Zurzeit handelt es sich in der Regel um Kolle-
        ialberatungsgremien der akademischen Selbstverwal-
        ung. Das entspricht nicht der wachsenden faktischen
        nd rechtlichen Bedeutung von Ethikkommissionen, wie
        ie in der EU-Richtlinie 2001/20/EG vorgesehen sind.
        ie medizinischen Mitglieder der universitären Ethik-
        ommissionen stehen unter erheblichem Loyalitätsdruck
        egenüber ihren Kollegen. Weder sind die personellen
        apazitäten vorhanden noch fachkundiges Personal in
        en Geschäftsstellen. Deshalb plädieren wir für eine
        eiterentwicklung der Ethikkommissionen zu professio-
        ellen behördlichen Überwachungseinrichtungen mit
        auptberuflich tätigen Mitarbeitern und Durchsetzungs-
        nd Kontrollbefugnissen unter Einbeziehung von Patien-
        envertretern.
        Ich möchte nur noch auf eine Forderung eingehen: Sie
        ordern, Leitethikkommissionen für die klinischen Prü-
        ungen bei nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen ein-
        urichten. Diese Forschung ist ethisch nicht verantwort-
        ich und medizinisch nicht notwendig. Dies ist bisher
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5733
        (A) (C)
        (B) )
        auch Konsens im Bundestag. Die Bioethik-Konvention
        des Europarates ist unter anderem eben aus diesem
        Grund vom Bundestag nicht ratifiziert worden. Von die-
        sem Konsens sollte auch nicht versteckt unter dem Titel
        „Entbürokratisierung der Forschung“ abgewichen wer-
        den.
        Alle Konzepte, ob sie die Namen von Hartz,
        Kirchhoff oder Herzog tragen, verfehlen ihre Wirkung,
        wenn die Akteure am Wissenschafts- und Wirtschafts-
        standort Deutschland ständig zur Ader gelassen werden.
        In diesem Zusammenhang trifft der leider inflationär
        verwendete Begriff „nachhaltig“ des Pudels Kern. Nach-
        Mit der Rolle und Struktur von Ethikkommissionen
        beschäftigen wir uns ausführlich in der Enquete-Kom-
        mission „Ethik und Recht der modernen Medizin“. Die
        Ergebnisse werden wir in das Gesetzgebungsverfahren
        einfließen lassen. Auch Ihre Forderung nach einer Leit-
        ethikkommission für die klinische Prüfung bei Minder-
        jährigen ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Eine Be-
        fürchtung ist, dass die Forschung an Kindern, bei der ja
        auch vom Prinzip des informed consent abgewichen
        werden muss, als Einfallstor für die Forschung an Nicht-
        einwilligungsfähigen allgemein wirken könnte. Wir wol-
        len deshalb in Ruhe die Fachanhörung der Enquete zu
        diesem Thema auswerten und erst danach entscheiden,
        wie hier weiter verfahren werden soll.
        Cornelia Pieper (FDP): Schleichend zwar, aber
        doch stetig verliert Deutschland im globalen Wettbewerb
        der Forschungsstandorte an Attraktivität. Statistiken und
        Berichte zeigen, dass wir zwar immer noch erste Plätze
        belegen, der Platz eins jedoch bleibt uns oft versagt. Die
        weltweit 30 größten Pharmafirmen unterhalten in
        Deutschland nur zehn FuE-Standorte. In Europa ist
        Deutschland hinter Großbritannien und Frankreich auf
        den dritten Platz bei den Ausgaben für Forschung und
        Entwicklung zurückgefallen.
        Die CDU/CSU-Fraktion sagt uns mit ihrem Antrag
        „Klinische Prüfung in Deutschland entbürokratisieren“
        völlig zu Recht: Achtung! Hier wird wieder einmal ein
        Forschungsbereich unnötig drangsaliert. Es geht um die
        Forschung eines Wirtschaftszweiges, der das Markenzei-
        chen „Made in Germany“ prägte wie kaum ein anderer.
        Während man sich im Kanzleramt derzeit Gedanken
        darüber macht, wie Marketingagenturen eben dieses
        Markenzeichen weltweit wieder aufpolieren sollen, se-
        hen sich jene, die den Ruf überhaupt erst begründeten,
        häufig an die Wand gedrängt. Heute geht es um die
        Pharmabranche, deren Sorgen, Ängste und Nöte wir alle
        kennen. Wir müssen handeln; denn einer Verlagerung
        der Forschung folgt in aller Regel später die Produktion
        im Ausland. In Deutschland sind derzeit lediglich etwa
        14 200 Mitarbeiter der Mitgliedsunternehmen des Ver-
        bandes forschender Arzneimittelhersteller (VfA) in den
        Bereichen Forschung und Entwicklung tätig. Damit liegt
        Deutschland deutlich hinter den USA (56 800), Japan
        (29 000), Großbritannien (21 000) und Frankreich
        (18 200) zurück. Dieser Trend setzt sich fort. Die Bran-
        che investiert immer stärker im Ausland und fährt damit
        ihre FuE-Aufwendungen zurück.
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        altig wird der Pharmaindustrie die wirtschaftliche
        rundlage durch die Schaffung von Wettbewerbsnach-
        eilen, durch leichtfertiges Umsetzen von EG-Richtli-
        ien, durch die Aufweichung der gewerblichen Schutz-
        echte und das Fehlen einer nationalen Biotechstrategie
        chleichend entzogen. Bereits heute liegt Deutschland
        ei der Arzneimittelproduktion weltweit nur noch an
        ünfter Position. Dazu kommen noch die Folgen für die
        atienten, die bei Arzneimittelentwicklungen im Aus-
        and erst viel später Zugang zu neuen innovativen Medi-
        amenten haben.
        Wir brauchen einen klaren Kurs für diesen Höchst-
        echnologiebereich! Das bedeutet für mich zugleich auch
        ine Liberalisierung der Forschung durch mehr Selbst-
        tändigkeit für Universitäten und Forschungseinrichtun-
        en und eine Stärkung der Wissenschaft durch neue Sys-
        eme der öffentlichen Forschungsförderung, eine
        ezielte Förderung der Spitzenforschung und eine kom-
        etitive Vergabe von Fördermitteln, so wie es derzeit
        roßbritannien bereits erfolgreich macht. Ich denke da
        n eine Verbesserung des Technologietransfers, die Ein-
        ührung einer Forschungsprämie, eine bessere rechtliche
        bsicherung von Drittmitteln und die Stärkung der na-
        urwissenschaftlichen Ausbildung der jungen Genera-
        ion.
        Die Europäische Kommission fordert in ihrem Strate-
        ieplan die Mitgliedstaaten auf, durch die Einführung
        on nationalen Anreizen die industriellen Forschungs-
        usgaben zu steigern. Der BDI hat völlig Recht, wenn er
        tatt steuerlicher Abschreibungen eine Forschungsprä-
        ie fordert. Das bedeutet, die Drittmittel der Industrie
        it einem prozentualen öffentlichen Zuschlag zu „prä-
        ieren“. Dies würde ohne großen bürokratischen Auf-
        and den Technologietransfer begünstigen, Drittmittel
        obilisieren, den Wettbewerb zwischen universitären
        nd außeruniversitären Forschungseinrichtungen ver-
        tärken und den Unternehmen Freiheit bei der Partner-
        nd Themenwahl lassen.
        Vergessen wir doch eines nicht: Die Arzneimittelfor-
        chung und -entwicklung hat in Deutschland eine lange
        nd erfolgreiche Tradition. Die deutschen Arzneimittel-
        ersteller gehören zu den weltweit ältesten pharmazeuti-
        chen Unternehmen. Sie begründeten den Ruf Deutsch-
        ands als Apotheke der Welt und besetzten über viele
        ahre die Plätze eins und zwei auf der Weltrangliste der
        rzneimittelhersteller.
        Ich kann Sie nur auffordern: Stimmen Sie dem Antrag
        er CDU/CSU zu!
        66. Sitzung
        Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003
        Inhalt:
        Redetext
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5
        Anlage 6