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    Plenarprotokoll 15/66 zum Stand der Deutschen Einheit 2003 CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Einsetzung einer ge- meinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung (Drucksache 15/1685) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Thierse, Präsident . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Böhmer, Präsident des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . (Drucksache 15/1550) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Schönbohm, Minister Brandenburg . . . . Peter Hettlich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Siegfried Scheffler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 5590 B 5590 C 5593 A 5595 A 5598 C 5601 A 5601 D 5603 C 5618 C 5618 C 5620 D 5621 B 5621 C 5623 D 5625 C 5626 D 5627 C 5628 A Deutscher B Stenografisch 66. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag des Abgeordneten Walter Riester . . . . . . . . . Benennung des Abgeordneten Klaus Brandner als stellvertretendes Mitglied des Vermittlungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 13, 17 und 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung des algerischen Parlamentspräsi- denten Younès und seiner Delegation . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ V D E P W D T 5589 A 5589 A 5589 B 5590 B 5590 A 5598 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 5603 C 5607 C undestag er Bericht ung 16. Oktober 2003 t : olker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . . agesordnungspunkt 5: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung 5609 B 5610 D 5612 B 5613 B 5614 A 5615 C 5616 B Werner Kuhn (Zingst) CDU/CSU . . . . . . . . . Siegfried Scheffler SPD . . . . . . . . . . . . . 5630 B 5631 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 Tagesordnungspunkt 6: a) Große Anfrage der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Aktuelle Eisen- bahnpolitik in der 15. Wahlperiode (Drucksachen 15/234, 15/1106) . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Zurückdrehen der Bahnreform stoppen (Drucksache 15/1591) . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bay- reuth), Rainer Brüderle, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Einsetzung einer Kommission der Bundesregierung zur Fortsetzung der Bahnreform (Drucksachen 15/66, 15/1294) . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . Heinz Paula SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verkehrsstatistik (Drucksachen 15/1666, 15/1706) . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 7 vom 27. November 2002 zu der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Drucksache 15/1649) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufsichts- rechtlicher Bestimmungen zur 5633 C 5633 C 5633 C 5633 D 5635 B 5636 D 5637 D 5639 D 5641 A 5642 C 5644 B 5646 B 5646 B Sanierung und Liquidation von Ver- sicherungsunternehmen und Kredit- instituten (Drucksache 15/1653) . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zustimmung zur Änderung der Satzung des Europäi- schen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (Drucksache 15/1654) . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ös- terreich über den Verlauf der ge- meinsamen Staatsgrenze im Grenz- abschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenzab- schnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (Drucksache 15/1655) . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung gemein- schaftsrechtlicher Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Ver- zehr bestimmten tierischen Neben- produkten (Drucksache 15/1667) . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes (Drucksache 15/1645) . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verfütterungsverbotsgesetzes (Drucksache 15/1668) . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Deutschen Rich- tergesetzes (Drucksache 15/1471) . . . . . . . . . . . . . j) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Drucksache 15/1497) . . . . . . . . . . . . . k) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrens- gesetzes und zur Änderung des Aus- ländergesetzes (Drucksache 15/903) . . . . . . . . . . . . . . 5646 B 5646 C 5646 C 5646 C 5646 D 5646 D 5646 D 5647 A 5647 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 III l) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebe- nengesetzes (Drucksache 15/911) . . . . . . . . . . . . . . m) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Oktober 2000 über die An- wendung des Art. 65 des Überein- kommens über die Erteilung euro- päischer Patente (Drucksache 15/1647) . . . . . . . . . . . . . n) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Geset- zes über internationale Patentüber- einkommen (Drucksache 15/1646) . . . . . . . . . . . . . o) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des olympi- schen Emblems und der olympi- schen Bezeichnungen (OlympSchG) (Drucksache 15/1669) . . . . . . . . . . . . . p) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Siebten Gesetzes zur Än- derung des Bundesverfassungsge- richtsgesetzes (Drucksache 15/1686) . . . . . . . . . . . . . q) Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausnahmeregelung für Kraft- fahrzeug-Haftpflichtversicherung für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge erhalten (Drucksache 15/759) . . . . . . . . . . . . . . r) Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Lärmschutz an der An- halter Bahn - Folgen der Teilung Berlins überwinden (Drucksache 15/1115) . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Bundesregierung: Fortset- zung und Erweiterung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Reso-lutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 T T 5647 A 5647 A 5647 B 5647 B 5647 B 5647 C 5647 C (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002 und 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksache 15/1700) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Si- cherheit von technischen Arbeits- mitteln und Verbraucherprodukten (Drucksache 15/1620) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Januar 2003 zwischen der Regie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Sonder- verwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung von Schifffahrtsunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 15/1644) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. April 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Durchführung der Flugver- kehrskontrolle durch die Bundesre- publik Deutschland über niederlän- dischem Hoheitsgebiet und die Auswirkungen des zivilen Betriebes des Flughafens Niederrhein auf das Hoheitsgebiet des Königreichs der Niederlande (Gesetz zu dem deutsch-niederländischen Vertrag vom 29. April 2003 über den Flug- hafen Niederrhein) (Drucksachen 15/1522, 15/1651, 15/ 1697) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b–g) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 58, 60, 61, 62, 63 und 64 zu Petitionen (Drucksachen 15/1536, 15/1569, 15/ 1570, 15/1571, 15/1572, 15/1573) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs, Karl-Josef Laumann, weiterer 5647 D 5647 D 5648 A 5648 B 5648 C–5649 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Freiheit wagen – Büro- kratie abbauen (Drucksache 15/1330) . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Anreize zum Bürokratieabbau setzen – Bürokratiekosten-TÜV ein- richten (Drucksache 15/1006) . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Abbau von Bürokratie sofort einleiten (Drucksachen 15/65, 15/1183) . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Weg für Investition und Innovation durch den Abbau bürokratischer Hemmnisse frei machen (Drucksache 15/1707) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tanja Gönner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . Ute Vogt, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff CDU/CSU . . . . . . . . Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs D H M B D T G D A M D J T D H D S D O G O G F C 5649 A 5649 B 5649 B 5649 C 5649 D 5652 A 5653 C 5655 C 5656 D 5657 A 5657 C 5658 D 5659 B 5660 C 5660 D 5662 B 5663 D 5664 B eines Gesetzes zu dem Protokoll von Cartagena vom 29. Januar 2000 über die biologische Sicherheit zum Überein- kommen über die biologische Vielfalt (Drucksachen 15/1519, 15/1652, 15/1737) r. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . elmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . atthias Berninger, Parl. Staatssekretär MVEL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan FDP . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wehrpflicht aussetzen (Drucksache 15/1357) . . . . . . . . . . . . . . . ünther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Bartels SPD . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) CDU/CSU . . . . . . arianne Tritz BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Herrmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur wirksamen Bekämp- fung organisierter Schleuserkriminali- tät (Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes- grenzschutzgesetzes) (Drucksache 15/1560) . . . . . . . . . . . . . . . r. Ole Schröder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . ans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . ünter Baumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . tto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünter Baumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper SPD . . . . . . . . . . . . . . . lemens Binninger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 5664 D 5665 A 5666 B 5667 D 5668 D 5669 D 5670 A 5671 B 5673 D 5675 A 5676 B 5677 C 5677 D 5678 D 5680 A 5680 D 5681 C 5682 D 5683 D 5684 A 5684 B 5684 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 V Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Regelungen über Altschulden landwirtschaftlicher Un- ternehmen (Landwirtschafts-Altschul- dengesetz – LwAltschG) (Drucksache 15/1662) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Jahr CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Verbot des Klonens mit menschlichen Embryonen weltweit durchsetzen (Drucksache 15/301) . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Hubert Hüppe, Christa Nickels und weiterer Abgeordneter: For- schungsförderung der Europäi- schen Union unter Respektierung ethischer und verfassungsmäßi- ger Prinzipien der Mitgliedstaa- ten – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper und weiterer Abgeordneter: Kein Aus- stieg aus der gemeinsamen Ver- antwortung für die europäische Stammzellforschung (Drucksachen 15/1310, 15/1346, 15/1725) Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg SPD . . . . . . . . . . . . . . U D D H R T F B H H H S D D G K T A B R U D J P 5685 B 5685 C 5686 C 5686 D 5687 D 5689 D 5690 D 5691 B 5692 A 5693 A 5693 B 5693 C 5694 C 5695 D Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . lrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vera Dominke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes über eine einmalige Entschädi- gung an die Heimkehrer aus dem Beitrittsgebiet (Heimkehrerentschädi- gungsgesetz) (Drucksachen 15/407, 15/1625, 15/1626) ritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär MI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU . . ans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . artmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU . . ilke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erold Reichenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . laus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Petra Weis, Eckhardt Barthel (Ber- lin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Qualitätsoffensive für gutes Planen und Bauen voranbringen (Drucksachen 15/1092, 15/1683) . . . . . . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär MVBW. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . rsula Sowa BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . etra Weis SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5696 C 5697 A 5697 D 5698 A 5699 A 5700 C 5701 C 5701 D 5702 D 5704 A 5704 C 5705 A 5705 D 5706 C 5707 A 5708 C 5710 A 5710 B 5711 B 5713 C 5714 A 5714 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Jörg van Essen, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Grundgesetzes (Art. 48 Abs. 3) (Drucksache 15/751) . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Jörg van Essen, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abge- ordnetengesetzes (Drucksache 15/753) . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Än- derung des Abgeordnetengesetzes (Drucksache 15/1687) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Drucksache 15/1663) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Helge Braun, Katherina Reiche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Klini- sche Prüfung in Deutschland entbüro- kratisieren (Drucksache 15/1345) . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . A V h d M D A D ( A Z ü e r e p P A Z – – ( g D E S D R A Z ü r n E M A F D D B 5716 A 5716 B 5716 B 5716 C 5716 D 5717 D 5718 C 5719 A nlage 2 erbesserung des Genossenschaftsrechts insichtlich der Sicherung der Einlagen er Genossenschafter bei Insolvenz dlAnfr 2 r. Gesine Lötzsch fraktionslos ntw PStSekr Hans Georg Wagner BMVg . . rucksache 15/1676 65. Plenarsitzung, Tagesordnungspunkt 3) nlage 3 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung ber den Entwurf eines Gesetzes über eine inmalige Entschädigung an die Heimkeh- er aus dem Beitrittsgebiet (Heimkehrer- ntschädigungsgesetz) (Tagesordnungs- unkt 14) etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 48 Abs. 3) Entwurf eines Vierundzwanzigsten Ge- setzes zur Änderung des Abgeordneten- gesetzes Tagesordnungspunkt 16 a und b, Zusatzta- esordnungspunkt 4) r. Uwe Küster SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- ung des Gesetzes über die Errichtung ei- er Bundesanstalt für Landwirtschaft und rnährung (Tagesordnungspunkt 18) atthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . lbert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . riedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär MVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5719 B 5719 C 5720 A 5721 B 5722 B 5723 A 5724 A 5724 C 5726 D 5727 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 VII Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Antrag: Klinische Prüfung in Deutschland entbürokratisieren (Tagesord- nungspunkt 7 b) Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . Helge Braun CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5728 B 5730 A 5732 A 5733 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5589 (A) ) (B) ) 66. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    1) Anlage 6 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5719 (A) ) (B) ) pflicht, besonders hingewiesen werden sollten. rer zuzustimmen. Folgen einer Insolvenz, z. B. eine etwaige Nachschuss- d estag bereit gewesen, der Entschädigung für Heimkeh- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans Georg Wagner auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (fraktions- los) (Drucksache 15/1676, Frage 2, 65. Sitzung): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Ge- nossenschaftsrecht dahin gehend zu verbessern, dass bei einer Insolvenz – wie bei der Konsumgenossenschaft Berlin – die Einlagen der Genossenschafter – ähnlich wie beim Einlagen- sicherungsfonds der Banken – zumindest teilweise gesichert werden können? Im Insolvenzfall einer Genossenschaft stellen die Ge- schäftsguthaben der Genossen, die aus den eingezahlten Einlagen gebildet werden, die Haftungsmasse für den Gläubiger dar. Die Genossen sind gleichsam die Eigen- tümer des Schuldners, sie befinden sich damit in der Schuldnerrolle. Das wird vor allem dann deutlich, wenn das Statut der Genossenschaft für den Insolvenzfall eine Nachschusspflicht vorsieht. Im Gegensatz hierzu sind die Kunden einer Bank, die bei dieser Giroguthaben, Termin- und Spargelder unter- halten, Insolvenzgläubiger. Der Einlagensicherungs- fonds schützt bei Zahlungsunfähigkeit eines privaten Kreditinstituts die Kunden als Gläubiger der Bank vor dem Verlust ihrer Spareinlagen. Aus genossenschaftsrechtlicher Sicht gibt der er- wähnte Insolvenzfall jedoch Anlass zu Überlegungen, ob die Genossen bei Eintritt in eine Genossenschaft auf die A l d e d s i w g w g d n l g i t i a G d A g W V b s L s d s k n d Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16.10.2003 Haack (Extertal), Karl Hermann SPD 16.10.2003 Hartnagel, Anke SPD 16.10.2003 Dr. Hoyer, Werner FDP 16.10.2003 Lensing, Werner CDU/CSU 16.10.2003 Nitzsche, Henry CDU/CSU 16.10.2003 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 16.10.2003 Schröder, Gerhard SPD 16.10.2003 Stübgen, Michael CDU/CSU 16.10.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über eine einmalige Entschädigung an die Heim- kehrer aus dem Beitrittsgebiet (Heimkehrerent- schädigungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 14) Petra Pau (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kol- eginnen und Kollegen! Ich habe in der 14. Wahlperiode es Deutschen Bundestages, als wir uns hier im Plenum rstmals mit diesem Thema befassten, namens meiner amaligen Fraktion Unterstützung für das Anliegen die- es Gesetzentwurfes signalisiert. Das meinte und meine ch nach wie vor sehr ernst. Die PDS im Bundestag war damals bereit – zumindest enn es um die Abstimmung über diesen Gesetzestext ing – darüber hinwegzusehen, dass in der Begründung, elche ja keine Auswirkungen auf Zahlungen hat, Dinge leichgesetzt werden, die nicht gleichzusetzen sind. Ich enke, es sollte Schluss damit sein, die Zwangsarbeiterin- en und Zwangsarbeiter, die bis heute erst geringe Zah- ungen an Entschädigung gesehen haben, mit denjenigen leichzusetzen, um die es in diesem Gesetzentwurf geht. So weit, so gut. Nun aber zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates. In hm ist immer noch § 2 Abs. 2 des damaligen CDU-An- rages enthalten. Bereits in der 14. Wahlperiode habe ich mmer gedacht, dass dies entweder zu heilen sei oder ber dass sich hier etwas eingeschlichen hat, was den esetzentwurf ad absurdum führen sollte. Ich lese Ihnen en Satz, um den es hier geht, noch einmal vor: Die einmalige Entschädigung erhalten solche Heimkehrer nicht, die vor oder nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges einem totalitären System er- heblich Vorschub geleistet oder durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Meinen Sie denn ernsthaft, dass der 2. Weltkrieg kein ngriffs- und Vernichtungskrieg war und dass diejeni- en welche freiwillig oder gezwungen als Soldaten der ehrmacht in diesen Krieg gezogen sind, damit nicht an erletzungen der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit eteiligt waren? Mit diesem Absatz führen Sie dies doch selbst ad ab- urdum. Da hilft auch nicht das Argument, dass in allen eistungsgesetzen in Bezug auf die ehemalige DDR ein olcher Absatz geschrieben steht. Ich denke, er sollte aus iesem Gesetzentwurf herausgenommen werden, da man oziale Leistungen nicht mit dem Strafrecht verbinden ann. Es ist schade, dass Sie die Chance bis heute nicht ge- utzt haben, diesen Absatz herauszunehmen. Hätten Sie iesen Schritt getan, dann wäre auch die PDS im Bun- 5720 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 48 Abs. 3) – Entwurf eines Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Tagesordnungspunkt 16 a und b, Zusatztages- ordnungspunkt 4) Dr. Uwe Küster (SPD): Ich möchte zunächst näher auf den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Än- derung des Abgeordnetengesetzes eingehen. Das Abge- ordnetengesetz sieht für Abgeordnete des Bundestages eigentlich kein Sterbegeld vor. Hinterbliebene von ver- storbenen Abgeordneten steht vielmehr nach § 24 des Abgeordnetengesetzes ein so genanntes Überbrückungs- geld zu. Das Überbrückungsgeld hat den Zweck, als fürsorge- ähnliche Leistung den Hinterbliebenen von Abgeordne- ten nach dem Todesfall finanziell den Übergang und die Umstellung auf die neuen Lebensverhältnisse zu erleich- tern. Das Überbrückungsgeld ist vergleichbar mit ähnli- chen Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tarifvertrag- licher Regelungen. Ich nenne hier nur die Regelungen im Rentenrecht, § 67 SGB VI, Regelungen im Beamtenver- sorgungsgesetz, § 18 BeamtVG, und tarifvertragliche Regelungen, wie zum Beispiel in § 41 BAT. Das Überbrückungsgeld dient aber auch der Abde- ckung von Bestattungskosten. Insoweit entspricht es dem bisherigen Sterbegeld in der gesetzlichen Krankenversi- cherung und einer ähnlichen Regelung für Beihilfeemp- fänger. Mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wird der Bestattungskostenanteil im Überbrückungsgeld gestrichen. Die Abgeordneten des Bundestages werden damit den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversi- cherung und den Beihilfeempfängern gleichgestellt. Der Gesetzentwurf setzt die Streichung des Bestattungskos- tenanteils im Überbrückungsgeld dadurch um, dass der Bestattungskostenanteil im Überbrückungsgeld gestri- chen wird. Der Auszahlungsbetrag des Überbrückungs- geldes wird um 1 050 Euro vermindert. Dieser Betrag entspricht dem Zuschuss zu den Bestat- tungskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung, §§ 58, 59 Sozialgesetzbuch V, bevor er in zwei Schritten erst halbiert und jetzt vollständig abgeschafft wurde. Nur anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass auch Bundestagsabgeordnete schon heute unmittelbar von der Streichung des Sterbegeldes in der gesetzlichen Kran- kenversicherung bzw. in den Beihilfevorschriften betrof- fen sind. Abgeordnete des Bundestages sind nämlich vielfach Mitglieder der gesetzlichen Krankenversiche- rung oder beihilfeberechtigt. Die Kürzung des Sterbegel- des gilt schon deshalb in vielen Fällen automatisch für Bundestagsabgeordnete. Mit dem vorgelegten Gesetz- entwurf zur Kürzung des Überbrückungsgeldes um 1 050 Euro leisten die Mitglieder des Deutschen Bun- d d g a b g d z z k n r ü ä M ü J P n g la z ti li R s d s A s G s c l d h d d s d te d D g d F G S B g c z „ m a s (C (D estages einen zusätzlichen Sparbeitrag. Abgeordnete es Bundestages werden mit dieser Neuregelung des Ab- eordnetengesetzes behandelt wie jeder andere Bürger uch: nicht besser, aber auch nicht schlechter. Dennoch war in der Zeitung mit den großen Buchsta- en, „Bild“-Zeitung, 11. Oktober 2003, vor einigen Ta- en ein aus meiner Sicht unqualifiziertes Zitat des Präsi- enten des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke, u lesen. Herr Däke erklärte dort zu der geplanten Geset- esänderung kurzerhand – ich zitiere –: „Die Politik ver- auft die Bürger mal wieder für dumm.“ Dazu kann ich ur an die Meinungsträger in unserem Lande appellie- en, dass sie in ihren öffentlichen Äußerungen sachlich ber die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ußern. Nach meiner festen Überzeugung obliegt allen einungsträgern eine hohe Verantwortung dafür, dass ber das Parlament sachgerecht und fair berichtet wird. ede andere Verhaltensweise untergräbt die Würde des arlaments, das Ansehen des Bundestages und das sei- er Abgeordneten in der Öffentlichkeit. Durch Äußerun- en, wie der von Herrn Dr. Däke, wird letztlich der par- mentarischen Demokratie in Deutschland Schaden ugefügt. Damit schließe ich sachlich vorgetragene Kri- k gegenüber Bundestagsabgeordneten selbstverständ- ch nicht aus. Ich kann damit nahtlos zum zweiten Punkt meiner ede überleiten. Die FDP-Fraktion möchte mit ihren Ge- etzesanträgen erreichen, dass künftig eine beim Bun- espräsidenten einzusetzende Sachverständigenkommis- ion zur Ermittlung und Festsetzung der angemessenen bgeordnetenentschädigung geschaffen wird. Hierzu chlägt die FDP-Fraktion eine Änderung des Art. 48 des rundgesetzes und eine Änderung des Abgeordnetenge- etzes vor. Der Vorschlag der FDP-Fraktion ist in der Sa- he nicht neu. Ich glaube, sie hat Ähnliches bereits in der etzten Wahlperiode gefordert. Auch das Anliegen, das ahinter steht, ist bekannt. Es soll der immer wieder er- obene Vorwurf der „Selbstbedienung“ durch die Bun- estagsabgeordneten entkräftet werden. Ziel ist auch die amit verbundene öffentliche Kritik zu vermeiden. Ungeachtet der beachtenswerten Zielsetzung der Ge- etzesentwürfe der FDP-Fraktion meine ich, dass wir an em Modell der gesetzlichen Regelung der Abgeordne- nentschädigung festhalten sollten. Dieses entspricht er Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. ieses entspricht aber auch meiner politischen Überzeu- ung. Die Abgeordnetenentschädigung für Mitglieder es Deutschen Bundestages ist stets auch eine politische rage. Und politische Fragen sollte der Bundestag als esetzgeber entscheiden. Wir sollten dies nicht externen achverständigen überlassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es Aufgabe des undestages als Gesetzgeber ist, über die Bezüge der Ab- eordneten zu entscheiden. Nur dann besteht eine hinrei- hende Legitimation von Entscheidungen über die Be- üge von Abgeordneten. Den populistischen Vorwurf der Selbstbedienung“ müssen die Abgeordneten ertragen. Sie können und sollten ihn aber auch entkräften. Ich eine, sagen zu können, dass der Bundestag immer ver- ntwortlich mit der Festsetzung der Abgeordnetenent- chädigung umgegangen ist. Es gab in Abhängigkeit von Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5721 (A) ) (B) ) der ökonomischen Situation in Deutschland in den ver- gangenen Jahren viele Nullrunden. Anhebungen der Ab- geordnetenentschädigung fielen stets moderat aus und orientierten sich an der allgemeinen Entwicklung der Löhne und Gehälter. Dieses wird im Übrigen auch wie- der im Jahre 2004 so sein. Es bleibt dabei, dass die eigentlich fällige Anhebung der Abgeordnetenentschädigung zum l. Januar 2004 nicht vorgenommen wird. Ich glaube hierzu besteht in diesem Hause eine große Übereinstimmung. In der Ein- setzung einer unabhängigen Kommission zur Diätenfest- setzung beim Bundespräsidenten sehe ich keinen Vorteil. Zunächst ist es schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die FDP-Bundestagsfraktion dies vorschlägt. Aus dieser Ecke des Hauses kommt häufig Kritik, wenn neue Kom- missionen eingesetzt werden. Die Kommission soll nach den Vorstellungen der FDP-Fraktion offenbar konkrete Vorschläge zur Diäten- höhe erarbeiten und festlegen. Der Bundespräsident hat diese unabhängige Kommission zu berufen. Der Gesetz- geber selbst soll – wenn ich den Gesetzentwurf der FDP- Fraktion richtig verstanden habe – keinen Einfluss mehr auf die Diätenhöhe haben. Wir werden uns in den zu- ständigen Ausschüssen damit noch intensiv auseinander zu setzen haben. Ich bin aber auch der Meinung, dass der Deutsche Bundestag das Recht, die Diäten für seine Mitglieder festzusetzen, nicht aufgeben sollte. Nur dieses ermög- licht ein transparentes und öffentliches Verfahren in die- ser Frage. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages können stolz darauf sein, dass über ihre Einkünfte in einem öf- fentlichen Verfahren entschieden wird. Die parlamentari- sche Behandlung der Festsetzung der Abgeordnetenent- schädigung ermöglicht es jedermann, die Entscheidung über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung nachzu- vollziehen. Dieses ist sonst in kaum einem anderen Be- rufszweig der Fall. Gerade beim Thema Abgeordneten- entschädigung sollte sich der Deutsche Bundestag nicht verstecken. Alle Parlamentarier sollten offensiv vertre- ten, dass sie ihre Entschädigung zu Recht bekommen: Alle Parlamentarier nehmen mit ihrem Mandat eine er- hebliche Arbeitslast und Verantwortung auf sich. Es ist notwendig, den Bundestagsabgeordneten eine angemes- sene Entschädigung zu zahlen. Nur dann können wir auch weiterhin qualifizierte Menschen gewinnen, die be- reit sind, ein Abgeordnetenmandat zu übernehmen. Eckhart von Klaeden (CDU/CSU): Wir Abgeord- nete werden immer wieder dafür kritisiert, dass wir selbst über die Höhe unserer Einkünfte bestimmen. Der Vorwurf der Selbstbedienung der Abgeordneten wird da- bei regelmäßig in der Öffentlichkeit erhoben. Nun heißt es in Art. 48 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes: „Die Ab- geordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung.“ Seit seinem Bestehen beschäftigt den Bundestag und auch die inte- ressierte Öffentlichkeit vor allem die Frage: Was ist an- gemessen? l d e n b s s t v M o A b s s k l d s d D e n a d w s a d S d s s w 1 v s g s d b p s G „ s z i M a d A (C (D In der vorletzten Wahlperiode haben wir einvernehm- ich in das Abgeordnetengesetz geschrieben, dass sich ie Abgeordnetenentschädigung an den Jahresbezügen ines Richters bei einem obersten Bundesgericht oder ei- es kommunalen Wahlbeamten auf Zeit – also an R 6 zw. B 6 – orientieren soll. Ich denke, dass dieser Maß- tab die Frage der Angemessenheit sachlich beantwortet. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfas- ungsgerichts handelt es sich allerdings um eine poli- isch gesetzte Größe. Aufgrund mehrerer Nullrunden der ergangenen Jahre bleiben die Diäten hinter diesem aßstab mit nahezu 900 Euro zurück. Gleichzeitig haben wir seinerzeit auch in das Abge- rdnetengesetz aufgenommen, über die Anpassung der bgeordnetenentschädigung innerhalb des ersten hal- en Jahres nach der konstituierenden Sitzung zu ent- cheiden. Den nach dem Verfahren vorgesehenen Vor- chlag hat der Bundestagspräsident nicht gemacht. Doch ein Vorschlag ist wohl auch ein Vorschlag. Ich kann den Präsidenten angesichts der katastropha- en gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation, in ie uns die rot-grüne Bundesregierung geführt hat, ver- tehen. Rekordarbeitslosigkeit und historische Höhen er Neuverschuldung geben wahrlich keinen Grund für iätendebatten. Insbesondere ist es ausgeschlossen, die igenen Diäten zu erhöhen, wenn man Kürzungen vor- immt, deren Notwendigkeit man vor der Wahl noch usdrücklich ausgeschlossen hatte. Insofern bin ich mit em Bundestagspräsidenten einer Meinung. Nun will uns die FDP einen Weg aus unserem immer iederkehrenden Dilemma zeigen. Sie hat ihre Vor- chläge aus der vergangenen Wahlperiode, die seinerzeit bgelehnt bzw. nicht zu Ende beraten wurde, erneut auf en Tisch gelegt. Die FDP schlägt vor, eine unabhängige achverständigenkommission durch den Bundespräsi- enten zu berufen, die jährlich die Höhe der Diäten fest- etzen soll. Hierfür sollen sowohl das Abgeordnetenge- etz als auch Art. 48 Abs. 3 des Grundgesetzes geändert erden. Außerdem soll die Kommission bis zum . April 2004 die rechtliche Angemessenheit der Alters- ersorgung der Abgeordneten überprüfen und einen Vor- chlag unterbreiten, „wie das bestehende Altersversor- ungsrecht insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer tärkeren Eigenverantwortung der Mitglieder des Bun- estages geändert werden kann.“ Auf der Grundlage des geltenden Verfassungsrechts egegnet eine unabhängige Kommission beim Bundes- räsidenten mit eigener Entscheidungsbefugnis verfas- ungsrechtlichen Bedenken. Unter Berücksichtigung der rundsätze, die das Bundesverfassungsgericht 1975 im Diäten-Urteil“ dargelegt hat, wird vielfach ein umfas- ender Parlamentsvorbehalt angenommen. Ob bei Änderung des Art. 48 Abs. 3 des Grundgeset- es wie die FDP vorschlägt – die Übertragung möglich st, wird in Fachkreisen unterschiedlich beurteilt. Als aßstab wird hier von vielen die Untastbarkeitsgarantie us Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes wegen Berührung es Rechtsstaats- und Demokratieprinzips nach Art. 20 bs. 2 des Grundgesetzes herangezogen. 5722 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Auch stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, neben Bundestag, Bundesrat, der Bundesversammlung, dem Bundespräsident, Bundeskanzler, der Bundesregierung und dem Bundesverfassungsgericht mit dieser Kommis- sion möglicherweise ein weiteres Verfassungsorgan zu schaffen, dessen einzige Aufgabe es ist, die Höhe der Abgeordnetenentschädigung festzusetzen. Unabhängig davon wird zudem zu erörtern sein, ob die von der FDP angestrebte Übertragung der Entscheidungsbefugnis ihr Ziel einer politischen Entlastung der Abgeordneten auch erreicht. Aber trotz all dieser Bedenken habe ich Verständnis und Sympathie für den Vorschlag der FDP, die Entschei- dung über die Diätenhöhe aus dem Parlament heraus zu verlagern und so den Vorwurf der Selbstbedienung zu vermeiden. Angesichts der verfassungsrechtlichen und verfas- sungspolitischen Fragen, die hier zu klären sind, bin ich gespannt auf die anstehenden Diskussionen in den Aus- schüssen. Die Union wird das Verfahren konstruktiv, verantwortungsbewusst und mit dem erforderlichen Au- genmaß begleiten. Das gilt im Übrigen selbstverständlich auch für den Vorschlag der SPD, dass Überbrückungsgeld für Hinter- bliebene eines Abgeordneten um den „Bestattungskos- tenanteil“ zu kürzen. Hierbei handelt es sich nicht – wie in der Berichterstattung in Unkenntnis des Sozialrechts immer wieder behauptet wurde – um das Nachvollziehen der Streichung des Sterbegeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Abgeordnete sind nämlich wie je- der andere Bürger derselben Gehaltsklasse auch entwe- der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichert. Für Abgeordnete gibt es also kein Sonderrecht. Trotzdem ist es ein richtiges Signal, den fiktiven Teil der Beerdigungskosten aus dem Überbrü- ckungsgeld zu streichen. Persönlich kann ich mir vor- stellen, noch weiter zu gehen und das Überbrückungs- geld komplett ersatzlos zu streichen. Ich halte es für zumutbar, dass Abgeordnete für diesen Fall eine private Versicherung abschließen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Debatten über die Bezahlung der Mitglieder des Bundestages ziehen sich durch die gesamte Ge- schichte der Bundesrepublik. Debatten über die Entloh- nung der Politikerinnen und Politiker haben aber immer zwei Gesichter. Es geht zum einen um Geld. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen, stagnierender Realeinkom- men und leider notwendiger Streichungen im sozialen Bereich stellen – sich – die Bürger an uns immer wieder die Gerechtigkeitsfrage. Dem müssen wir uns selbst und ganz persönlich stellen. Kommissionen helfen uns da nicht weiter. Die Politik muss auch bei sich selbst Ab- striche machen. Will sie glaubwürdig von anderen Ver- zicht abverlangen, kann sie sich selbst keine Schonung auferlegen. Wir haben hier in dem Gesetzentwurf der Koalition zur Streichung des Sterbegeldes für Abgeordnete uns selbst genau das zugemutet, was wir auch den Mitglie- d h G s s d s F G g s d n o e g le ü P m v d g s s d n A s K g M H r f z h s a w n m G s v F D ti s s B g N z (C (D ern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet aben. Das ist kein falscher Populismus, sondern eine este der Ehrlichkeit. Ich bin mir sicher, dass diese Bot- chaft in der Öffentlichkeit auch verstanden wird. An die Adresse der Öffentlichkeit sei aber auch ge- agt, dass die Gelder für Abgeordnete nur ein Bruchteil essen sind, was beispielsweise Manager aus der Wirt- chaft im Falle ihres Ausscheidens erhalten. Der Fall der ührung von Mannesmann ist allgemein bekannt. lücklicherweise wird dieser Fall vor Gericht ausgetra- en. Ich frage mich aber auch, was zum Beispiel der ge- chasste Chef von Toll Collect dafür bekommt, dass er ie LKW-Maut auf Grundeis gesetzt hat. Es wird nicht ur mich, sondern auch die Öffentlichkeit interessieren, b der Bund auf seinem Schaden sitzen bleibt, während s sich die Verantwortlichen durch dicke Abfindungen ut gehen lassen. Aus der Sicht der Öffentlichkeit geht es aber nicht al- in um Geld. Die Diskussion ist immer auch ein Spiegel ber die Zufriedenheit – oder Unzufriedenheit – mit der olitik insgesamt. Mit einer Diätendebatte allein kom- en wir dabei nicht aus. Wir Abgeordnete haben in den ergangenen Jahren zahlreiche Nullrunden gehabt, ohne ass dies von der Öffentlichkeit überhaupt zur Kenntnis enommen wurde. Die obersten Richter als Bezugsper- onen für unser Einkommen sind längst enteilt. Wir dürfen uns – parteiübergreifend – nicht der Illu- ion hingeben, mit finanziellen Zugeständnissen allein ie Kritik an uns und unserer Arbeit abwehren zu kön- en. Wir sollten auch mit mehr Selbstbewusstsein unsere rbeit öffentlich darstellen, statt immer wieder vor fal- chen Populisten in die Knie zu gehen. Bei manchen ritikern spielt wohl auch eine tief verwurzelte Abnei- ung gegen Streit und öffentliche Debatte eine Rolle. it Demutsgesten gegenüber dieser vordemokratischen armoniesehnsucht nach der allwissenden starken Füh- ung kommen wir ganz gewiss nicht weiter. Als Gesetzgeber werden wir aus dem Dilemma, in öf- entlicher Debatte immer wieder selbst über unsere Be- üge entscheiden zu müssen, nicht herauskommen. Da ilft uns auch keine Kommission. Das Bundesverfas- ungsgericht hat in seinem grundlegenden Diätenurteil us dem Jahre 1975 dem Bundestag selbst die Verant- ortung für die Einkommen zurückgegeben. Es ist kei- eswegs neu, wenn die FDP jetzt versucht, das Parla- ent seiner Verantwortung für die Festlegung der ehälter zu entledigen. Die Idee ist reichlich alt, fast terbegeldfähig. Der Vorschlag der FDP auf Drucksache 15/753 ist nur ordergründig charmant, in Wirklichkeit aber eine lucht aus der politischen Verantwortung. Nein, meine amen und Herren, das verfassungsrechtliche Demokra- egebot versperrt uns das Schlupfloch einer Kommis- ion, die anstelle des Parlaments entscheidet. Mich er- taunt auch, dass ausgerechnet die FDP eine neue ürokratie schaffen will. Es ist doch die FDP, die immer egen die Einrichtung von Kommissionen polemisiert. un fordert sie selber eine – ohne freilich deren Kosten u beziffern. Auf dem Vorblatt des Entwurfes heißt es le- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5723 (A) ) (B) ) diglich: „Kosten für die Arbeit der Kommission“. Wer hätte das gedacht? Aber was kostet dieser neue Apparat, Herr van Essen? Abschließend noch eine Anmerkung zu Ihrem Ände- rungsvorschlag des Abgeordnetengesetzes. Die vom Bundespräsidenten ernannte Kommission soll einen Vor- schlag zur Altersentschädigung machen. Es erstaunt schon, dass Sie Ihren alten Vorschlag für eine völlige Privatisierung der Altersversorgung hier nicht mehr an- führen. Sie drücken sich um eine klare inhaltliche Aus- sage und verweisen auf das Verfahren. Offenbar haben Sie gemerkt, dass die völlige Privatisierung der Alters- vorsorge nur durch eine massive Erhöhung der Diäten zu finanzieren wäre. Das der Öffentlichkeit zu sagen, trauen sie sich natürlich nicht. Deshalb bleibt es bei der wolki- gen Formulierung einer „stärkeren Eigenverantwor- tung“. Das hört sich gut an, ist aber bei genauerem Hin- sehen nichts als ein sprachlicher Schleiertanz. Rainer Funke (FDP): Wer die Zeitungen der letzten Tage aufschlägt, sieht, dass das Thema Diäten wieder in aller Munde ist. Diesmal trifft es in erster Linie die Ab- geordneten des Europäischen Parlaments. Wir sehen aber auch an den zahlreichen Zuschriften und E-Mails, die wir tagtäglich in unsere Büros bekommen, dass das Thema Abgeordnetenentschädigung nach wie vor von hoher Brisanz für die Bürgerinnen und Bürger ist. Insbe- sondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussio- nen über die Reform unseres Sozialstaates und die damit verbundenen Kürzungen von Sozialleistungen wird ver- stärkt öffentlich über die Diäten der Abgeordneten dis- kutiert. Es gibt regelmäßig Vorbehalte in der Bevölke- rung bei der Diskussion über eine angemessene Anhebung der Entschädigung der Abgeordneten. Da eine solche Diskussion grundsätzlich von kritischen Be- trachtungen der Boulevardpresse begleitet wird, eignet sich das Thema kaum für parteipolitische Profilierungen. Regelmäßig wird gegen uns der Vorwurf der Selbstbe- dienung erhoben, denn kein anderer Berufsstand kann über den Umfang und die Struktur seiner Bezüge selbst entscheiden. Dabei wird jedoch übersehen, dass dies nicht dem Willen der Abgeordneten entspricht, sondern verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen uns dieser Diskussion stellen. Wir müssen endlich den Mut haben zu einer grundlegen- den Strukturreform der Abgeordnetenentschädigung. Wie Sie wissen, hat die FDP-Bundestagsfraktion be- reits in der vergangenen Wahlperiode Gesetzentwürfe in den Bundestag eingebracht, in denen die Einsetzung ei- ner unabhängigen Kommission gefordert wird, die eine grundsätzliche Neuorientierung der Abgeordnetenent- schädigung verbindlich festlegt. Diese Kommission soll ebenfalls Entscheidungen treffen für alle damit verbun- denen Folgeregelungen, wie zum Beispiel das Überbrü- ckungsgeld, das Sterbegeld und die Altersvorsorge von Abgeordneten. Die Idee einer unabhängigen Kommis- sion ist nicht neu. Der Deutsche Bundestag berief bereits 1974 zur Frage der Besteuerung der Diäten einen Beirat für Entschädigungsfragen, 1990 ein Gremium unabhän- giger Persönlichkeiten zur Beratung der Bundestagsprä- sidentin bei der Überprüfung der für die Mitglieder des B z f e r R D w m d a t A G B m r d V h B g v n d c s P m d t m c S e d b e F A h c m d v r w d m g z s v t (C (D undestages bestehenden materiellen Regelungen und uletzt 1992 die unabhängige Kommission zur Überprü- ung des Abgeordnetenrechts. Wir fordern mit unseren Initiativen nicht nur punktu- lle Änderungen am bestehenden System, sondern eine adikale Strukturreform. Das Festhalten an der geltenden echtslage würde dazu beitragen, das Ansehen des eutschen Bundestages bei den Bürgerinnen und Bürger eiter zu beeinträchtigen und das Vertrauen in das Parla- ent und seine Tätigkeit zu schwächen. Das Vertrauen er Bevölkerung in die Entscheidungen der Politik zählt ber zu den wesentlichen Voraussetzungen für das Funk- ionieren der parlamentarischen Demokratie. Unsere Gesetzentwürfe sehen eine Ergänzung in rt. 48 Abs. 3 Grundgesetz vor, um die rechtliche rundlage für die Einsetzung einer unabhängigen vom undespräsidenten zu berufenen Sachverständigenkom- ission zu schaffen sowie ergänzend dazu, eine Ände- ung des Abgeordnetengesetzes. Der Einwand, wir würden mit diesen Plänen gegen as Demokratieprinzip verstoßen, gehen ins Leere. Die erlagerung von Entscheidungen aus dem Parlament eraus, sei es auf das Bundesverfassungsgericht oder die undesbank, ist der Verfassung nicht fremd. Ein Verstoß egen das Demokratieprinzip liegt auch deshalb nicht or, weil die Kompetenz zur Festsetzung der Abgeord- etenentschädigung durch eine souveräne Entscheidung es Gesetzgebers in einem Einzelfall und in eigener Sa- he auf die Kommission übertragen wird. Nur die Ent- cheidung über die Anpassung der Leistungen wird vom arlament auf die Kommission verlagert. Dem Parla- ent verbleibt weiterhin die Kompetenz, Grundentschei- ungen durch entsprechende Vorgaben im Abgeordne- engesetz selbst zu schaffen. Im Abgeordnetengesetz üssen die materiellen Vorgaben getroffen werden, wel- he Bestandteile aufgrund der verfassungsrechtlichen tellung des Abgeordneten zwingend zur Abgeordneten- ntschädigung gehören. Diese Rechtsauffassung ist urch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes estätigt worden. Ganz besonders wichtig ist uns, dass die Kommission benfalls Vorschläge zur Altersversorgung macht. Die DP ist der Überzeugung, dass es ganz allein Sache des bgeordneten ist, Vorsorge für den Fall der Arbeitsunfä- igkeit und des Alters zu treffen. Ein privatwirtschaftli- hes Versicherungsmodell, das den Abgeordneten größt- ögliche Entscheidungsfreiheit belässt, sich im Rahmen er gesetzlichen Möglichkeiten auch in solchen Alters- orsorgesystemen abzusichern, denen sie aufgrund vo- ausgegangener beruflicher Tätigkeit bereits angehören, ürde dem verfassungsrechtlichen Status der Mitglieder es Bundestages besser entsprechen. Das Europaparla- ent hat dies für seine Mitglieder beispielhaft geregelt. Die FDP hofft sehr, dass es dieses mal gelingen wird, emeinsam zu Entscheidungen zu gelangen, die die Be- eichnung Reform wirklich verdienen. Wir können die- er Frage nicht länger aus dem Weg gehen. Der Bürger erlangt von uns, dass wir endlich handeln. Diesen Auf- rag sollten wir ernst nehmen. 5724 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und Er- nährung (Tagesordnungspunkt 18) Matthias Weisheit (SPD): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung soll das Vorschlagsrecht des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Landwirt- schaft und Ernährung, BLE, bei der Ernennung des Prä- sidenten und des Vizepräsidenten in ein Anhörungsrecht geändert werden. Das Vorschlagsrecht soll künftig bei der Bundesregierung liegen. Das bisherige Vorschlagsrecht des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für Präsident und Vizepräsident war schlicht dem Verfahren einer der beiden Vorläuferanstalten der BLE angelehnt worden: Die BLE ist 1995 aus der Zusammenlegung der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung, BALM, und des Bundesamtes für Ernährung und Forst- wirtschaft, BEF, entstanden. Während die BALM durch einen Vorstand geführt wurde und die Mitglieder dieses Vorstandes auf Vorschlag des Verwaltungsrates der BALM bestellt wurden, gab es beim BEF keine ver- gleichbare Regelung. Beim BLE aber haben der Präsi- dent und sein Stellvertreter Leitungsfunktion und wer- den vom Bundespräsidenten ernannt. Vor dem Hintergrund, dass ein solches Vorschlags- recht bei Anstalten des öffentlichen Rechts, die weder körperschaftlich erfasst sind noch Selbstverwaltungs- rechte haben, weder rechtlich notwendig noch allgemein üblich ist, ist dieses bisherige Verfahren außergewöhn- lich. Bei vergleichbaren Anstalten liegt das Vorschlags- recht für die Leitung üblicherweise bei der Bundesregie- rung. Auch ist dieses bisherige Verfahren nicht mehr zweckgemäß, denn im Laufe der Zeit sind dem BLE im- mer mehr behördliche Funktionen zugekommen. Bei- spiele sind im vor Gesetzentwurf aufgeführt: das Rind- fleischetikettierungsgesetz von 1998, das Öko- Kennzeichnungsgesetz von 2001, das Öko-Landbauge- setz von 2002, das Agrarabsatzförderungsdurchfüh- rungsgesetz von 2002. Für den behördlichen Charakter spricht auch, dass die BLE sowohl der Rechts- als auch der Fachaufsicht des BMVEL und seinen Weisungen un- terliegt. Bei den der BLE übertragenen Aufgaben handelt es sich überwiegend um Pflichtaufgaben, die nach rechtlich verbindlichen Vorgaben ohne Gestaltungsspielräume für die BLE und ihren Präsidenten durch diese zu erledigen sind. Das Vorschlagsrecht für den Behördenleiter dem Ver- waltungsrat – einem Gremium, das zu drei Vierteln aus Vertretern von Verbänden besteht – zu überlassen, ist nicht sachgerecht. V w i s s E s B d g f m g B s s w v G g l s E E t u m w V V s e s d p t B w u d s S N k e h P f B d (C (D Dennoch bleibt die Beteiligung und Mitwirkung des erwaltungsrats der BLE bei Personalvorschlägen ja ge- ahrt: Die Anhörung des Verwaltungsrats im Verfahren st der Ernennung zeitlich vorgeschaltet, sodass er mit einer Stellungnahme noch auf den Ernennungsvor- chlag der Bundesregierung an den Bundespräsidenten influss nehmen kann. Das Anhörungsrecht beschränkt ich also nicht auf die bloße Kenntnisnahme der von der undesregierung vorgeschlagenen Personalentschei- ung, sondern es beinhaltet die Möglichkeit, Anregun- en, Empfehlungen und Vorschläge hinsichtlich anderer ür die Ernennung in Betracht kommender Personen zu achen. Ich halte diese von der Bundesregierung vorgeschla- ene Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer undesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für achgerecht und ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzu- timmen. Albert Deß (CDU/CSU): Der vorliegende Gesetzent- urf ist ein weiterer Beleg für das Auseinanderfallen on Reden und Handeln dieser Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag und in Sonntagsreden von Rot- rün werden hehre Ziele wie Bürgernähe, Bürgerbeteili- ung und Mitbestimmung beweihräuchert, in der Wirk- ichkeit aber das Gegenteil praktiziert, wie dieser Ge- etzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die rrichtung einer Bundesanstalt für Landwirtschaft und rnährung – BLE – beweist. Mit der Streichung des Vorschlagsrechtes des Verwal- ungsrates der BLE für die Ernennung des Präsidenten nd des Vizepräsidenten der Anstalt wird aus rein achtpolitischen und ideologischen Gründen ein be- ährtes Modell der institutionellen Zusammenarbeit von erwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft beseitigt. Das bisherige Mitbestimmungsrecht des 28-köpfigen erwaltungsrates bei der Besetzung der BLE-Spitzenpo- itionen bietet die Gewähr für ein vertrauensvolles und ffizientes Zusammenwirken der Anstalt mit den wirt- chaftlichen und gesellschaftlichen Gruppierungen und en Bundesländern. Es ist zugleich Ausdruck der Prinzi- ien der Bürgernähe, Bürgerbeteiligung und Subsidiari- ät, weil den Betroffenen eine Mitzuständigkeit bei der esetzung von zwei Leitungspositionen eingeräumt ird. Der Verwaltungsrat, der sich aus Vertretern der Land- nd Ernährungswirtschaft, der Verbraucher und der Bun- esländer zusammensetzt, leistet mit seinen Personalvor- chlägen einen wertvollen Dienst: Der gesammelte achverstand dieses Gremiums ist Garant dafür, dass bei achfolgebesetzung der Spitzenpositionen Persönlich- eiten gefunden werden, die den Anforderungen einer ffizienten und bürgernahen Verwaltung genügen. Dies at der Verwaltungsrat in der Vergangenheit mit seinen ersonalvorschlägen eindrucksvoll bewiesen. Sowohl in der BALM, der ehemaligen Bundesanstalt ür landwirtschaftliche Marktordnung, als auch in der LE, die 1995 aus der Fusion von BALM und dem Bun- esamt für Ernährung und Forstwirtschaft entstanden ist, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5725 (A) ) (B) ) haben die im bisherigen kooperativen Besetzungsverfah- ren gewonnenen Persönlichkeiten das Vertrauen beider Seiten gerechtfertigt, nämlich des vorschlagenden Ver- waltungsrates und des letztentscheidenden Bundesminis- teriums. Es ist ja nicht so, dass das Bundesministerium bei der bisherigen Regelung keine sachgerechte Personalpolitik an der Spitze der BLE betreiben könnte. Das jetzt fein austarierte Zusammenspiel zwischen Bundesministe- rium und Verwaltungsrat stellt sicher, dass es zu sach- und fachgerechten Leitungsbesetzungen kommt. Den Vorsitz im Vorschlagsgremium Verwaltungsrat hat kraft Gesetzes der Vertreter des Bundesministeriums. Auf- grund dieser Funktion kann der Verwaltungsratsvorsit- zende auf einen Personalvorschlag hinwirken, der eine Zustimmung des Bundesministeriums erwarten lässt. Sollte aber jemals der Fall eintreten, dass der Verwal- tungsrat den Weg einer vertrauensvollen Zusammenar- beit verläßt und auf Konfrontationskurs geht, so kann das Bundesministerium den Besetzungsvorschlag zu- rückweisen. In diesem Fall wird der Verwaltungsrat ei- nen neuen Vorschlag machen müssen und das solange, bis dem Bundesministerium ein akzeptabler Personal- vorschlag präsentiert wird. Diese maßvolle Mitbestimmung politisch, wirtschaft- lich und gesellschaftlich betroffener Organisationen und Institutionen scheint aber der rot-grünen Bundesregie- rung ein Dorn im Auge zu sein. Die Begründung für die Abschaffung dieses Mitwirkungsrechtes ist mehr als fa- denscheinig. Der angeblich überwiegend behördliche Charakter der BLE kann nicht als Rechtfertigung für diese provokative Änderung im institutionellen Gefüge der BLE angeführt werden. Die vom Verwaltungsrat nicht beeinflußbare Besetzung der fast 1 000 übrigen Stellen bietet ausreichend Raum für eine eigenständige Personalführung durch die Anstalt und das Bundes- ministerium. Anstatt auf die Land- und Ernährungswirtschaft zuzu- gehen, gibt Frau Künast mit diesem BLE-Änderungsge- setz ein weiteres Beispiel für ihren Konfrontationskurs. Nach verbalen Rundumschlägen, Diffamierungen und Kampfbegriffen wie „Agrarfabriken“, „industrialisierte Landwirtschaft“, „Massentierhaltung“, „Klasse statt Masse“, „Agrarwende“ usw. setzt Frau Künast den rot- grünen „Marsch durch die Institutionen“ fort, wie ihn die Bewegung der 68er, aus deren Dunstkreis die Grünen sich im wesentlichen immer noch speisen, auf ihre Fahne geschrieben hat. Auf diese Weise hofft Frau Künast, an die Spitze von wichtigen Institutionen Personen platzie- ren zu können, die mehr durch ideologische Gesinnung als durch Sach- und Fachkompetenz aufgefallen sind. Jüngstes Beispiel sind die Machenschaften des BMVEL bei der Besetzung der Leitungsposition des neuen Insti- tutes für ländliche Räume der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft – FAL – in Braunschweig. Wie sich aus Presseberichten ergibt, will sich das BMVEL bei der Besetzung der Institutsleitung über die geltenden Regeln hinwegsetzen und eine Kandidatin berufen, die von der eigens gebildeten und mit hochrangigen, zum Teil exter- nen Wissenschaftlern besetzten Vorschlagskommission l v g m B s b s B R l d B s s D H F m r f z v O E r l r a g d d ü t d t V k b r t u V u u v d m t a z d (C (D ediglich als bedingt geeignet eingestuft und deshalb om Kollegium der FAL nicht auf die Vorschlagsliste esetzt worden war. In den Reihen der Kommission spricht man deshalb it Recht von einem „unerhörten Affront“ durch das MVEL. Ein solches Vorgehen hat es bei einem wissen- chaftlichen Berufungsverfahren bisher noch nicht gege- en. Während bei der FAL die Berufungsordnung kalt- chnäuzig gebrochen und das Vorschlagsrecht der erufungskommission mit Füßen getreten wird, geht ot-Grün bei der BLE sozusagen „eleganter“ vor. Auch ist der Zeitpunkt der Gesetzesänderung auffal- end und schlau gewählt: Rechtzeitig vor dem altersbe- ingten Ausscheiden des bisherigen Präsidenten der LE im Jahr 2004 soll mit einem gesetzlichen Feder- trich das bewährte, aber als lästig empfundene Mitbe- timmungsrecht des Verwaltungsrates beseitigt werden. amit hätte Ministerin Künast auch hier den „Frau-im- aus-bin-ich-Standpunkt“ durchgesetzt. Dabei hätte rau Künast wahrscheinlich genug Hausaufgaben zu achen, anstatt eine überflüssige und sachwidrige Ände- ung des BLE-Gesetzes durchzudrücken. Wie wäre es denn, wenn Frau Künast endlich den über- älligen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Freiset- ungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen orlegen würde? Die EU-Umsetzungsfrist ist bereits Ende ktober 2002 abgelaufen. Die Nichtumsetzung dieser U-Richtlinie ist rechtswidrig. Ich fordere also Frau Künast auf, sich hier endlich echtmäßig zu verhalten und die EU-Pflichten zu erfül- en, statt ihre Beamten mit dem unsinnigen BLE-Ände- ungsgesetz zu beschäftigen. Aber auch im Gentechnikrecht fiel Rot-Grün nichts nderes ein, als im Juli 2003 durch Zuständigkeitsverla- erungen per Gesetz sachgerechte Lösungen zu verhin- ern. Danach soll nicht mehr das Umweltbundesamt für ie Prüfung im Rahmen von Genehmigungsverfahren ber die Freisetzungen und das In-Verkehr-Bringen gen- echnisch veränderter Organismen zuständig sein, son- ern das Frau Künast unterstehende Bundesamt für Na- urschutz. Der Bundesrat hat hier zu Recht den ermittlungsausschuss angerufen, um diese Zuständig- eitsveränderung zu verhindern, die nur die Gentechnik ehindern soll. Auch beim vorliegenden Gesetzentwurf zur Ände- ung des BLE-Gesetzes hat der Bundesrat die destruk- ive Absicht der rot-grünen Bundesregierung erkannt nd zu Recht die geplante gesetzliche Streichung des orschlagsrechtes des BLE-Verwaltungsrates abgelehnt, nd das nicht nur mit der Bundesratsmehrheit der nionsgeführten Länder, sondern auch mit Zustimmung on SPD-geführten Ländern. Es ist auch kein länderfreundliches Verhalten und wi- erspricht den Prinzipien eines kooperativen Föderalis- us, wenn die rot-grüne Bundesregierung dem Verwal- ungsrat, dem auch Vertreter von vier Bundesländern ngehören, ein echtes Mitwirkungsrecht bei der Beset- ung der BLE Spitzenpositionen nehmen will. Der Bun- esrat spricht sich deshalb dafür aus, hier das bewährte 5726 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Kooperationsverfahren beizubehalten, und hält das im Regierungsentwurf vorgesehene Anhörungsrecht für un- zureichend. Man weiß ja, wie Frau Künast unliebsame Stellungnahmen von Verbänden und Organisationen bei- seite wischt. Die überzeugende Argumentation des Bundesrates lässt erwarten, dass er im zweiten Durchgang des Gesetz- entwurfes Einspruch einlegen wird, und hoffentlich sogar mit Zweidrittelmehrheit, der Rot-Grün dann im Bundes- tag wohl keine Zweidrittelmehrheit zur Zurückweisung des Einspruchs entgegensetzen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen alles tun, um aus oberen Facheinrichtungen des Bundes wie der BLE die Gefahr einer ideologiegeneigten Beset- zung von Spitzenpositionen auszuschließen und die Zu- sammenarbeit mit allen Betroffenen zu fördern. Denn die BLE hat vielfältige Fachaufgaben, die nicht mit der von Frau Künast gewünschten Gesinnung, sondern al- lein mit Sachverstand und Kompetenz zu bewältigen sind. Die BLE fungiert auch unter den neuen Rahmenbe- dingungen der EU-Agrarreform vom Juni 2003 weiter- hin als Marktordnungsstelle für die in der Europäischen Union bestehenden gemeinsamen Marktordnungen für Getreide, Reis, Trockenfutter, Zucker, Obst und Gemüse, verarbeitetes Obst und Gemüse, lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels, Saatgut, Flachs und Hanf, Hopfen, Wein, Weinalkohol, Rind-, Schweine- und Schaffleisch, Milch und Milcherzeugnisse, Fischereier- zeugnisse sowie für Fette. Als Marktverwaltungsstelle ist sie insbesondere bei der Intervention von Waren, bei der privaten Lagerhaltung und bei Beihilfemaßnahmen tätig. Zur Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik nimmt die BLE Kassenkredite auf, auch soweit sie für die Durchführung der Maßnahmen selbst nicht zuständig ist, wie zum Beispiel die Auszahlung der EU-Direktzah- lungen durch die Bundesländer. Aufgrund des Ernährungssicherstellungsgesetzes und des Ernährungsvorsorgegesetzes wird die BLE bei der zentralen Planung und Feststellung von Erzeugung, Be- ständen und Verbrauch tätig. Im Rahmen einer allgemei- nen Vorratshaltung sowie der zivilen Notfallreserve wer- den Vorräte an Ernährungsgütern und Futtermitteln beschafft, verwaltet und verwertet. Als Genehmigungsstelle für den grenzüberschreiten- den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Erzeugnis- sen der Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft erteilt die BLE Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie -genehmi- gungen. Die BLE überwacht Embargomaßnahmen und die Einhaltung von Kontingentregelungen. Die BLE er- hebt Beiträge nach dem Absatzförderungsfonds der Land- und Ernährungswirtschaft sowie Abgaben nach dem Holzabsatzfondsgesetz. Darüber hinaus wird der Klärschlamm-Entschädigungsfonds verwaltet. Sie überwacht die Seefischerei außerhalb der Küsten- gewässer und die Einhaltung der von ihr verwalteten Fischfangquoten; nach § 3 des Seefischereigesetzes er- teilt sie Fangerlaubnisse an die deutsche Fischereiflotte. D s d d v f e b Ö - n v W D s tu n B f h g d s s u G d N m S d f w p V e H B t n g e B d n M L l f E n (C (D ie Fischereischutzboote und die Fischereiforschungs- chiffe des Bundes werden durch die BLE bereedert. Die BLE kontrolliert die Verwendung nachwachsen- er Rohstoffe, die auf Stilllegungsflächen angebaut wer- en. Weitere Zuständigkeiten bestehen für die Zulassung on Rindfleisch-Etikettierungssystemen und Kontroll- irmen sowie für deren Überwachung. Darüber hinaus rfüllt die BLE weitere übertragene Verwaltungsaufga- en des Bundes, beispielsweise das Bundesprogramm kolandbau, die Projektträgerschaft Agrarforschung und entwicklung sowie die Erstellung des Statistischen Mo- atsberichts des BMVEL. Bei Erfüllung all dieser Aufgaben ist die BLE auf eine ertrauensvolle Zusammenarbeit mit den betroffenen irtschaftskreisen und den Bundesländern angewiesen. ieses Vertrauenskapital darf nicht durch das vorge- chlagene Willkür-Gesetz zerstört werden. Die BLE braucht deshalb auch weiterhin eine Lei- ng, die in dem bewährten Besetzungsverfahren be- annt wird. Deswegen muss das Vorschlagsrecht des LE Verwaltungsrates beibehalten werden. Die Bundesregierung wäre gut beraten, diesen über- lüssigen und sachwidrigen Gesetzentwurf zurückzuzie- en, der für die im BLE-Verwaltungsrat vertretenen Or- anisationen der Land- und Ernährungswirtschaft sowie ie Verbraucher und die Bundesländer ein Affront dar- tellt. Er gehört zu den zahlreichen falschen Weichen- tellungen im Agrarbereich, die von einer künftigen nionsgeführten Bundesregierung, sollte der Entwurf je esetz werden, sofort wieder rückgängig gemacht wer- en. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Diese späte Debatte verdanken wir einem seltsa- en Relikt in der Agrarverwaltung, mit dem wir nun chluss machen wollen. Es geht um das Verfahren, nach em die Präsidentin oder der Präsident der Bundesanstalt ür Landwirtschaft und Ernährung – kurz BLE – ernannt ird. Bisher liegt das Vorschlagsrecht für den Präsidenten- osten beim Verwaltungsrat dieser Bundesanstalt. Dieser erwaltungsrat setzt sich überwiegend aus Vertretern influssreicher, um nicht zu sagen: mächtiger Agrar- und andelsverbände zusammen. Nach altem Recht darf die undesministerin also nicht selbst Vorschläge unterbrei- en, sondern hat höchstens das Recht, einem Vorschlag icht zuzustimmen. In Selbstverwaltungsorganen, die leichzeitig Anstalten des öffentlichen Rechts sind, ist in solches Verfahren dennoch üblich und sinnvoll. In diesem Falle liegen die Dinge aber anders: Die LE ist kein Selbstverwaltungsorgan, sondern eine Bun- esanstalt, die ganz überwiegend behördliche Funktio- en ausübt. Sie ist zum Beispiel im Rahmen der EU- arktordnungen für den öffentlichen Aufkauf und die agerhaltung von Getreide und Rindfleisch in Deutsch- and zuständig. Sie erteilt Firmen auch die Ein- und Aus- uhrlizenzen für den grenzüberschreitenden Handel mit rzeugnissen der Land- und Ernährungswirtschaft. Da- eben ist sie auch zuständig für die Abwicklung des Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5727 (A) ) (B) ) Bundesprogramms Ökologischer Landbau, dessen Um- setzung durch die BLE seit langem als sehr schwerfällig in der Kritik steht. Es ist leicht zu erkennen, dass die Er- nährungswirtschaft ein Interesse daran hat, wer bei der BLE die Fäden in der Hand hat. Das alles sind aber behördliche Aufgaben, die nach rechtlich verbindlichen Vorgaben und ohne Gestaltungs- spielraum für die BLE und ihren Präsidenten zu erledi- gen sind. Das alte Vorschlagsverfahren passt also über- haupt nicht mehr zu dem Charakter der Funktionen, die dieser Bundesanstalt übertragen worden sind. Deshalb soll das alte Vorschlagsrecht mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf in ein Anhörungsrecht umgewan- delt werden. Danach erhält die für diese Bundesanstalt zuständige Bundesministerin für Verbraucherschutz, Er- nährung und Landwirtschaft das Vorschlagsrecht und die Entscheidungskompetenz. Die bisher so einflussreichen Verbände müssen dann nur noch angehört werden. Um es klar zu sagen: Der Verwaltungsrat wird nicht, wie von einigen Verbänden behauptet, abgeschafft oder in seinen sonstigen Mitwirkungsrechten begrenzt. Bei ei- nigen Stellungnahmen wird der Eindruck erweckt, als hänge von dem Verfahren zur Ernennung des Präsiden- ten ab, ob die BLE die „vorgeschriebenen Verfahren für den Agrarhandel effizient abwickeln“ könne. Bei sol- chen Argumenten muss man ja stutzig werden und nach den eigentlichen Gründen fragen. Das Gleiche trifft auf eine andere Debatte zu, die uns gestern im Agrarausschuss beschäftigte. Da ging es um die Berufung einer Leiterin des Instituts für ländliche Räume bei der Bundesforschungsanstalt für Landwirt- schaft, kurz FAL. Da hatte ein Professoren-Gremium, das weitgehend von der Bundesanstalt selbst zusammen- gestellt wird, eine Vorschlagsliste erstellt. Das zustän- dige Landwirtschaftsministerium hatte aber auch eine ei- gene Rangliste aufgestellt und – verständlicherweise – im Sinne dieser Rangfolge entschieden. Auch diese rechtlich unselbstständige – Bundesanstalt ist dem Ver- braucherministerium unterstellt. Es handelt sich hierbei nicht um eine unabhängige Forschungseinrichtung oder eine Universität, sondern um die eigene Ressortfor- schung des Ministeriums. Das ist ein Unterschied. Den- noch wird dieser Berufung von Mitarbeitern der Bundes- anstalt bis hinauf in die Spitze sogar „grundsätzliche Bedeutung für das Verhältnis von Politik und Wissen- schaft“ beigemessen. Und die CDU hat nichts Besseres zu tun, als sich vor den Karren dieser „alteingesessenen Herren“ spannen zu lassen und den Streit nach Berlin zu ziehen. Vielleicht liegt es aber auch an den gut ausgebau- ten Trampelpfaden zwischen CDU/CSU, BLE und FAL, von denen für gewöhnlich gut unterrichtete Kreise zu be- richten wissen. In Wahrheit, scheint mir, treibt die Kritiker in beiden Fällen vor allem eins um: Die Angst, die Ministerin könnte ihr Recht in Anspruch nehmen, nicht nur in der Agrarpolitik erfolgreich für eine Neuorientierung zu sor- gen, sondern auch in den ihr unterstellten Bundesbehör- den. Das ist der Knackpunkt. Es geht darum, ob die Kräfte, die bisher seit Jahrzehnten die Agrarpolitik, die Beratung, die Ausbildung und auch die Forschung in e E e d w s m s s a w w s i M d i D d A s g r n l s B u a O t W m n d d f V s s g s D t d i t (C (D ine bestimmte Richtung geführt haben, möglicherweise influss abgeben müssen oder nicht. Ich möchte noch weiter gehen. Es ist nicht nur das ur- igene Recht einer Ministerin, bei der Besetzung leiten- er Posten in den ihr untergeordneten Organen ein ge- ichtiges Wörtchen mitzureden. Es ist meines Erachtens ogar ihre Pflicht. Denn wer, wenn nicht die vom Parla- ent beauftragte Fachministerin, sollte das im Grundge- etz verankerte Demokratieprinzip sicherstellen? Ich will das einmal übersetzen: Wenn ich auf meinem Hof eine Betriebsleiterin ein- tellen würde, die mir gegenüber verantwortlich ist für lles, was meinen Hof betrifft, und diese Betriebsleiterin ürde bei einer Neueinstellung erst ein Gremium fragen, as nicht sie, sondern die Nachbarschaft zusammen- tellte, dann wäre unser Verhältnis mächtig gestört. Deshalb werden wir die genannten Trampelpfade, um n Bilde zu bleiben, entsiegeln und mit Toren absperren. Skandalös wird diese Angelegenheit dadurch, dass itarbeiter der FAL meinen, eine Verbindung zwischen em derzeitigen Zwist und den „leidvollen Erfahrungen m Dritten Reich und in der DDR“ ziehen zu müssen. as ist endgültig nicht nur eine unverschämte Verleum- ung und Beleidigung, sondern – wie so oft bei solchen nleihen an die Geschichte – eine unannehmbare Be- chönigung unserer Vergangenheit. Damit, werte Kolle- en von der Opposition, disqualifizieren sich diese Her- en von der FAL endgültig, und man sollte sich besser icht mehr so oft auf sie berufen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns sach- ich bleiben und in diesem Sinne dem Gesetzentwurf zu- timmen! Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der undesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung nd Landwirtschaft: Der Verwaltungsrat der BLE – der us 28 Mitgliedern besteht – ist neben dem Präsidenten rgan dieser Anstalt. Die Einrichtung eines Verwal- ungsrates war Voraussetzung dafür, dass Vertreter der irtschaft und der Verbraucher beratend bei der BLE itwirken können. Die Leitung der BLE liegt beim Präsidenten sowie ei- em Vizepräsidenten, die als Beamte vom Bundespräsi- enten ernannt werden. In Anlehnung an das Verfahren er Bestellung des Vorstandes der BALM wurde auch ür das Verfahren der Ernennung der von Präsident und izepräsident der BLE dem Verwaltungsrat ein Vor- chlagsrecht gegenüber dem Bundesministerium zuge- tanden. Inzwischen erscheint diese Regelung nicht mehr sach- erecht. Die BLE ist eine Behörde, die weder körper- chaftlich verfasst ist noch Selbstverwaltungsrechte hat. aher ist das derzeitige Vorschlagsrecht des Verwal- ungsrates weder rechtlich notwendig, noch entspricht es er üblichen organisationsrechtlichen Praxis. Bei vergleichbaren Anstalten des öffentlichen Rechts st das Vorschlagsrecht für die Bestellung der Anstaltslei- ung im Allgemeinen der Bundesregierung vorbehalten, 5728 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) während dem Verwaltungsrat ein Anhörungsrecht einge- räumt wird. Die Aufgaben, die der BLE zur Erledigung übertragen sind, sind ganz überwiegend Pflichtaufgaben, die nach rechtlich verbindlichen Vorgaben ohne Gestal- tungsspielräume durchzuführen sind. Dies gilt auch für die Aufgaben, die von der BLE nach EG-Agrarmarktord- nungsrecht zur Regulierung der Märkte und Stützung der Einkommen in der Landwirtschaft durchgeführt werden. Diese Aufgaben verlieren infolge der Agrarreformen im Übrigen zunehmend an Bedeutung. Seit ihrer Errichtung wurden der BLE vermehrt hoheitliche Aufgaben mit rein behördlichem Charakter neu übertragen. Beispielhaft nenne ich hier die Zuweisung neuer Aufgaben durch das Rindfleischetikettierungsgesetz aus dem Jahr 1998 und durch das Öko-Landbaugesetz aus dem Jahr 2002. Darüber hinaus kann der BLE aufgrund des geltenden Gesetzes vom Bundesministerium für Verbraucher- schutz, Ernährung und Landwirtschaft die Erledigung von Verwaltungsaufgaben des Bundes, für die keine an- dere Zuständigkeit gesetzlich festgelegt ist, übertragen werden. Von dieser Möglichkeit ist in jüngerer Zeit in er- heblichem Umfange Gebrauch gemacht worden. All dies zeigt, dass es aufgrund des überwiegend be- hördlichen Charakters der Aufgaben, die die BLE wahr- zunehmen hat, nicht mehr sachgerecht ist, das Vor- schlagsrecht für die Person des Behördenleiters dem Verwaltungsrat, also einem Gremium, das zu drei Vier- teln aus Vertretern der Verbände besteht, zu überlassen. Die Bundesregierung legt Wert auf den Rat, den Wirt- schaft und Verbraucher durch ihre Mitarbeit im Verwal- tungsrat der BLE geben können, und zwar auch bei der Ernennung des Präsidenten und Vizepräsidenten dieser Behörde. Daher soll das bisherige Vorschlagsrecht nicht ersatzlos entfallen. An seine Stelle soll ein Recht des Verwaltungsrates auf Anhörung treten, die im Verfahren der Ernennung zeitlich vorgeschaltet ist. Daher kann der Verwaltungsrat weiterhin mit seiner Stellungnahme auf den Ernennungsvorschlag an den Bundespräsidenten, über den die Bundesregierung nach ihrer Geschäftsord- nung Beschluss zu fassen hat, Einfluss nehmen. Aus den geschilderten Gründen bitte ich Sie, dieser Änderung im weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzu- stimmen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Antrag: Klinische Prü- fung in Deutschland entbürokratisieren (Tages- ordnungspunkt 7 b) Dr. Carola Reimann (SPD): Eines unserer wert- vollsten Lebensgüter ist die Gesundheit. Ziel unserer Gesundheitspolitik ist es, die Gesundheit der Menschen zu erhalten, zu fördern und im Krankheitsfall wieder herzustellen. Ein bezahlbares und zugleich qualitativ hochwertiges Gesundheitssystem heute und in Zukunft zu erhalten, ist eines der vorrangigsten Ziele unserer Politik. t D f e g P k w r u T s D b d s m w a s t w c n s l r s d M d R s s n m A e a h d k n e w d R p te s e d (C (D Um diese Ziele zu erreichen, sind unter anderem in- ensive medizinische Forschungstätigkeiten notwendig. ie Bundesregierung setzt sich dementsprechend stark ür die Forschung und Entwicklung neuer Heilmethoden in. Mit der anstehenden Novellierung des Arzneimittel- esetzes, AMG, soll die EU-Richtlinie zur Good Clinical ractice umgesetzt werden. Der Nachweis von Unbedenklichkeit und Wirksam- eit eines Arzneimittels, welches für den Menschen ent- ickelt wurde, kann letztlich nur in einem Humanexpe- iment erbracht werden. Klinische Prüfungen sind also numgänglich, wenn es gilt, neue Medikamente und herapien zu entwickeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, ie begründen die geringe Anzahl klinischer Studien in eutschland ausschließlich mit den schlechten Rahmen- edingungen und den bürokratischen Hemmnissen für ie Forschung. Aus diesen Gründen habe Deutschland eine führende Position als Forschungsstandort für phar- azeutische Produkte eingebüßt. Das sind nicht die irklichen Gründe. Diese Entwicklung ist unter anderem uch darauf zurückzuführen, dass viele forschende Her- teller über Jahre ihre Forschungs- und Entwicklungsab- eilungen ins Ausland verlagert haben. In einigen Fällen, ie in Großbritannien, fließen dafür erhebliche staatli- he Gelder. Ob diese Finanzierungsform in Zeiten der otwendigen Subventionskürzungen wirklich wün- chenswert ist, will ich an dieser Stelle dahingestellt sein assen. Zu diesem Zweck hat das Bundesgesundheitsministe- ium eine Taskforce gegründet. Sie soll konkrete Vor- chläge zur Verbesserung der Standortbedingungen für ie deutsche pharmazeutische Industrie erarbeiten und öglichkeiten für die Umsetzung solcher Vorschläge iskutieren. Weitere Ziele sind die Verbesserung der ahmenbedingungen für die pharmazeutische For- chung in Deutschland und die Effektivierung der Zulas- ungsverfahren. Um klinische Forschung weiter zu fördern, müssen atürlich bürokratische Hemmnisse beseitigt werden. Es uss allerdings gesichert sein, dass es dadurch keinen bbau des Sicherheitsniveaus für die Menschen gibt. Es ist erklärtes Ziel unserer Gesundheitspolitik, effizi- nte Forschung und Entwicklung mit einem Maximum n Patientensicherheit zu verbinden. Deshalb ist es nicht ilfreich, wenn Sie pauschal einen Bürokratieabbau for- ern. Dies ist zwar öffentlichkeitswirksam, hilft aber eineswegs, das Vertrauen der freiwilligen Versuchsteil- ehmer in die klinische Forschung zu erhöhen. Denn nur ine engmaschige medizinische und behördliche Über- achung garantiert die Sicherheit der Teilnehmer und ie Qualität der Prüfergebnisse. Aus diesem Grund sehen wir die Umsetzung der EU- ichtlinie nicht ausschließlich unter zeitlichen Gesichts- unkten, sondern orientieren uns vor allem an den Aspek- n der Patienten- und Arzneimittelsicherheit. Natürlich pielen die Rahmenbedingungen wie Zulassungsverfahren benfalls eine Rolle, wenn wir optimale Forschungsbe- ingungen herstellen wollen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5729 (A) ) (B) ) Wer die klinische Forschung fördern will, muss hier aktiv werden. Momentan muss sich der Prüfarzt vor dem Beginn einer klinischen Studie durch eine Ethikkommis- sion über die mit dem Vorhaben verbundenen berufsethi- schen und berufsrechtlichen Fragen beraten lassen. Er darf erst dann beginnen, wenn die Ethikkommission sein Vorhaben zustimmend bewertet hat. Dies bedeutet mo- mentan die Zustimmung von bis zu 16 Ethikkommissio- nen! Dass diese Verfahrenweise nicht zur Beschleunigung des Verfahrens beiträgt, liegt auf der Hand. Deshalb sieht der neue AMG-Entwurf gemäß der EU-Richtlinie die Einführung eines klaren Genehmigungsverfahrens vor. Die Forderung der Union, eine bundesweite Ethik- kommission einzurichten, führt jedoch zu verfassungs- rechtlichen Problemen. Denkbar wäre es, dass die je- weils zuerst angesprochene Ethikkommission auch über das gesamte Verfahren entscheidet. Doch auch dazu be- darf es womöglich eines Staatsvertrages zwischen den einzelnen Bundesländern. Ein weiterer Punkt berührt das Antragsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM. Hier treten Verzögerungen ein, weil die einge- reichten Unterlagen nicht vollständig sind. Hier können erhebliche Beschleunigungseffekte beim Genehmi- gungsverfahren zum Beispiel durch Verfahrensregelun- gen zur Einreichung von elektronischen Unterlagen er- zielt werden. Nur eines darf bei dieser Debatte nicht zu kurz kom- men: die Sicherheit der Versuchsteilnehmer; denn selbst die ansonsten gern als Beispiel für kurze Bearbeitungs- fristen gepriesene Food and Drug Association, FDA, verfolgt mittlerweile wesentlich stärker den Sicherheits- und nicht den Zeitaspekt. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, ent- gegen ihrer Verlautbarung, die klinische Forschung ent- bürokratisieren zu wollen, setzen Sie sich für die Schaf- fung einer zusätzlichen Leitethikkommission ein. Sie begründen dies mit der besonderen Schutzbedürftigkeit von bestimmten Bevölkerungsgruppen, wie nicht einwil- ligungsfähige Personen und Kinder. Eine solche Leit- ethikkommission stößt dabei auf dieselben verfassungs- rechtlichen Probleme wie Ihr Vorschlag zur Einsetzung einer bundesweiten Ethikkommission. Deshalb halte ich eine Kommission am BfArM, die sich insbesondere um die Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche kümmert, für den praktikableren Weg. Sie übersehen mit ihrem Antrag konsequent alle Akti- vitäten in diesem Bereich. Die Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin des Deutschen Bundestages hat sich bereits genau diesem Thema inten- siv zuwendet und erst vor wenigen Wochen eine Anhö- rung zur komplexen Problematik der Forschung an nichteinwilligungsfähigen Personen durchgeführt. Für die klinische Forschung an Kindern wie auch an Er- wachsenen existieren bereits jetzt strenge Sicherheitsbe- stimmungen. In einem interfraktionellen Antrag aus der 14. Legis- laturperiode hat der Deutsche Bundestag eine deutliche V h a N k B i S d t r n A a s m f i l s m F w d F n R r V s b s c k s d s c A C s l d g d s e u l F ü b w (C (D erbesserung der Arzneimittelsicherheit in der Kinder- eilkunde angemahnt. Zugleich wurde festgestellt, dass uf dem Gebiet der Kinderarzneimittel ein erheblicher achholbedarf besteht. Klinische Studien zu Therapiezwecken sind nur an er- rankten Kindern zulässig. Es existiert nur eine geringe ereitschaft der Eltern, ihre Einwilligung zur Teilnahme hres kranken Kindes an klinischen Studien zu erteilen. ie befürchten, dass ihre Kinder als Versuchskaninchen er Hersteller fungieren. Diese nachvollziehbaren Hal- ungen der Eltern erschweren die angestrebten Verbesse- ungen in der Kinderheilkunde mittels sachgerechter kli- ischer Studien sehr. An dieser Stelle ist eine staatliche ufklärungsarbeit vonnöten! Diese Funktion soll unter nderem der zukünftigen Kontaktstelle zufallen. Diese teht den Probanden oder seinem gesetzlichen Vertreter it Informationen zur Seite. Nun fordert die Union in ihrem Antrag, bei der Ein- uhr von klinischen Prüfpräparaten aus Drittländern die m AMG geforderte Zertifizierung und deren nochma- ige Analyse fallen zu lassen, weil diese den bürokrati- chen Aufwand erhöhe. Unter den Aspekten des Konsu- entenschutzes, der an erster Stelle steht, ist diese orderung nicht nachvollziehbar, zumal der AMG-Ent- urf dafür lediglich eine Einfuhrerlaubnis, wie für an- ere Arzneimittel auch, voraussetzt. Liebe Kollegen und Kolleginnen von der Union, Ihre orderungen sind auch widersprüchlich! Sie fordern ei- erseits schnellstmögliche Umsetzung in nationales echt, gleichzeitig aber die Beibehaltung des Notifizie- ungsverfahrens. Das aber steht im Widerspruch zu den orgaben der EU-Richtlinie in Art. 5. Sie müssen sich chon für eine Variante entscheiden. Zudem suggerieren Sie in Ihren Forderungen Reform- edarf an Stellen, an denen es gar keinen gibt. So fordern ie, Ethikkommissionen müssten generell englischspra- hige Unterlagen akzeptieren. Dazu bedarf es jedoch eines Gesetzes und keiner Verordnung, denn es ist chon jetzt den Kommissionen unbenommen, sich mit em Antragseinreicher auf die Einreichung englisch- prachiger Dokumente zu einigen. Ich möchte noch ein letztes Beispiel anführen, wel- hes den zweifelhaften Aussagegehalt des vorliegenden ntrags unterstreicht: Die sehr allgemeine Aussage des DU/CSU-Antrags bezüglich einer Förderung der For- chung und Entwicklung von Arzneimitteln in Deutsch- and zeigt doch nur allzu deutlich, dass Sie sich nicht mit er tatsächlichen gegenwärtigen Situation auseinander esetzt haben. Seit 1996 hat das BMBF beispielsweise ie acht Interdisziplinären Zentren für Klinische For- chung, IZKF, mit rund 160 Millionen DM gefördert. Diese acht Zentren leisten auf hohem Niveau einen ntscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Stärkung nd Verbesserung der klinischen Forschung in Deutsch- and. Ziel der IZKF ist die Optimierung des internen orschungsmanagements, die Intensivierung der fach- bergreifenden klinischen Forschung, die Qualitätsver- esserung und die gezielte Unterstützung des Nach- uchses. Die IZKF schaffen damit nicht zuletzt eine 5730 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Grundlage für die Umsetzung der Innovationen aus der klinischen Forschung in marktfähige und für den einzel- nen Patienten sinnvolle Produkte. Zudem wurden im Rahmen des Gesundheitsforschungsprogramms Koordi- nierungszentren für klinische Studien (KKS) an medizi- nischen Fakultäten geschaffen. Dieses Service- und Be- treuungsangebot für die Durchführung klinischer Studien soll hier klinische Forschung unterstützen. Ihr Antrag, die klinische Prüfung in Deutschland zu entbürokratisieren, ist insgesamt nicht stimmig. Ein Teil Ihrer Forderungen widerspricht sich oder läuft sogar der EU-Richtlinie zuwider und hält einer näheren Überprü- fung nicht stand. Ihr Antrag ignoriert souverän bisher gültige Verfahrensweisen und verbreitet Allgemein- plätze. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. Helge Braun (CDU/CSU): Deutschland wurde frü- her die Apotheke der Welt genannt. Hier wurden welt- weit die meisten Arzneimittel entwickelt. Dies gilt heute leider nicht mehr. Deutschland ist im internationalen Vergleich als Forschungs- und Entwick- lungsstandort für Arzneimittel weit abgeschlagen. Be- trachten wir die 30 umsatzstärksten globalen Pharma- unternehmen, so forschen diese an 130 Standorten weltweit. Von diesen 130 Forschungsstandorten liegen jedoch nur noch zehn in Deutschland aber 52 in den USA, 21 Japan und 16 in Großbritannien. Dies ist die Folge von schlechten Rahmenbedingungen für die For- scher und Entwickler in Deutschland, aber auch für die internationalen Unternehmen, die sich ihre Standorte für Entwicklung und Zulassung von neuen Wirkstoffen und Arzneimitteln aussuchen. Wir alle sind jedoch auf die Entwicklung neuer Medi- kamente angewiesen. Nicht zuletzt durch neue Arznei- mittel ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland in den letzten 25 Jahren um rund 10 Prozent gestiegen. Doch nicht nur die Lebensdauer, sondern auch die Lebensqualität hat sich gerade bei älteren Menschen aufgrund moderner Arzneimittel wesentlich verbessert. Auch für die derzeit finanziell überlasteten Sozialversi- cherungen sind die Rahmenbedingungen für die pharma- zeutische Forschung von großer Bedeutung. In der For- schung entwickelte Wirkstoffverbesserungen sparen beträchtliche Kosten im Gesundheitswesen. Im Arznei- verordnungsreport 2002 ist zu lesen, dass Arzneimittel mit verbesserten pharmakologischen Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien im Durchschnitt 39 Prozent weniger kosten als Arzneimittel mit einem neuartigen Wirkstoff. Auch belegt eine Studie aus den USA, dass neue Arzneimittel sektorübergreifend die Behandlungs- kosten senken. Durch neue Arzneimittel sinkt der finan- zielle Aufwand für Krankenhausaufenthalte und sonstige ambulante Behandlungen. So kann ich als Arzt Ihnen das Beispiel nennen, dass durch den Einsatz von 1 Euro in ein Medikament mit ei- nem cholesterinsenkenden Wirkstoff aus der Gruppe der so genannten Statine 3,50 Euro an Krankenhauskosten gespart werden. Die Weiterentwicklung von bekannten Wirkstoffen und die Entwicklung neuer Arzneimittel liegt also im allgemeinen Interesse der Beitragszahler d Z t u g D d A a Z g l u p R l r 1 h w s t K s d w w g d w s l E k d K l E a i m e s r S d e R d n k s m s G A d e (C (D er gesetzlichen Krankenversicherung. Forschung und ulassungsverfahren stehen in einem derartigen interna- ionalem Wettbewerb, dass Unternehmen dort forschen nd das Zulassungsverfahren betreiben, wo die günsti- en Rahmenbedingungen bestehen. Wie schlecht jedoch die Rahmenbedingungen in eutschland für klinische Prüfungen sind, zeigt sich in en zahlreichen Investitionen von Unternehmen im usland und in deren verstärkter Zusammenarbeit mit usländischen Zulassungsbehörden sowie der geringen ahl von klinischen Prüfungen in Deutschland im Ver- leich zu Schweden, Großbritannien oder den Nieder- anden. Die Zulassungsverfahren für neue Arzneimittel nd verbesserte Wirkstoffe sind in Deutschland zu kom- liziert, zu langwierig, zu unsicher. Wie unsicher die ahmenbedingungen in Deutschland sind, zeigt die feh- ende Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisie- ung der klinischen Prüfung. Diese hätte bis spätestens . Mai dieses Jahres umgesetzt werden müssen. Bis eute hat die Bundesregierung nicht einmal einen Ent- urf in den Bundestag eingebracht. Hier fehlt den For- chern und Unternehmen jede Planungssicherheit. Ges- ern hat die Bundesregierung bekannt gegeben, dass das abinett die 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes be- chlossen habe. Die Vorbereitung dieses Entwurfs hat rei Jahre in Anspruch genommen. Wir haben bereits heute hier im Plenum über die Not- endigkeit von Bürokratieabbau debattiert. Bürokratie ird immer dann zur Last, wenn es zu viele Beteiligte ibt und zu viel Zeit für Entscheidungen verstreicht. Bei- es trifft für das Verfahren der klinischen Prüfung zu und ird auch nach dem vom Kabinett beschlossenen Ge- etzentwurf nicht verbessert. Das Verfahren für klinische Prüfungen ist in Deutsch- and zu kompliziert und es wird wohl auch nach dem ntwurf, den das Kabinett gestern beschlossen hat, zu ompliziert bleiben. Bei multizentrischen Studien, also er Durchführung einer klinischen Prüfung in mehreren liniken oder Instituten, sind nach derzeitiger Rechts- age für dieselbe Studie und Untersuchung mehrere thikkommissionen zu befragen. In Deutschland gibt es llein 52 öffentlich-rechtliche Ethikkommissionen! Jede st anders besetzt, jede hat unterschiedliche Antragfor- ulare, jede verlangt andere Antragserfordernisse, jede ntscheidet nach unterschiedlichen Kriterien. Ist das for- chungsfreundlich? Hier hätte die Bundesregierung be- eits seit dem Erlass der EU-Richtlinie im Jahr 2000 den tandort Deutschland stärken können. Die Umsetzung er Richtlinie hätte bereits seit nunmehr drei Jahren zu iner Harmonisierung, Vereinfachung und zu mehr echtssicherheit bei der klinischen Forschung und bei er Beteiligung von Ethik-Kommissionen führen kön- en. Denn in der Richtlinie wird eindeutig verlangt, dass ünftig nur noch eine Ethikkommission pro Mitglied- taat bei multizentrischen Studien zustimmen muss. Da- it Sie mich richtig verstehen: Ich sehe Ethikkommis- ionen als notwendigen Schutz zur Wahrung der esundheit und Rechte der Patienten und Probanden. ber wir sollten die Ethikkommissionen so einsetzen, ass deren Votum kein bürokratisches Hindernis, sondern in Standortvorteil bedeutet. Daher sollten überflüssige Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5731 (A) ) (B) ) Mehrfachprüfungen derselben Studie durch verschie- dene Kommissionen abgeschafft werden. In vielen Punkten hätte eine zügige Umsetzung der Richtlinie Rechtssicherheit und vor allem Wettbewerbs- vorteile gebracht. Für die Sicherung und den Ausbau des Forschungs- und Entwicklungsstandorts Deutschland ist es von entscheidender Bedeutung, die flexiblen Bereiche der EU-Richtlinie derart in nationales Recht umzusetzen, dass die Umsetzung einen Standortvorteil innerhalb Eu- ropas bedeutet. Eine solche standortfreundliche Umset- zung der Richtlinie hinsichtlich der Bearbeitungszeiten für Genehmigungen möglich. Die EU-Richtlinie enthält für zahlreiche Genehmigungen und Zustimmungsvorbe- halte maximale Fristen. Den nationalen Gesetzgebern ist es bei der Umsetzung überlassen, kürzere Fristen festzu- schreiben. In dem mir vorliegenden Referentenentwurf der 12. AMG-Novelle, mit der die EU-Richtlinie umge- setzt werden soll, finde ich aber mit nur einer einzigen Ausnahme nur die Festschreibung der maximalen Fris- ten. Wenn die Bundesregierung wirklich Deutschland wettbewerbsfähig machen möchte, dann müssen bei der Umsetzung einer Richtlinie Standortvorteile gegenüber unseren europäischen Wettstreitern geschaffen werden. Dies wurde durch die Bundesregierung klar versäumt. Die Bundesregierung sollte sich ein Beispiel an der Politik Großbritanniens nehmen. Großbritannien ist ge- wiss kein großer Absatzmarkt für Arzneimittel. Dennoch werden dort deutlich mehr Arzneimittel entwickelt als in Deutschland, weil die Rahmenbedingungen für For- schung und Entwicklung überaus attraktiv sind. Das heißt, forschende Pharmaunternehmen führen ihre Ent- wicklungen, Studien und Zulassungsverfahren nicht zwangsläufig dort, wo der beste Absatzmarkt ist. Der Standort für Entwicklung ist also unabhängig vom Ort des Absatzes der Entwicklungen. Der Erfolg Großbritanniens beruht auf Analysen der „Pharmeceutical Industry Competitiveness Task Force“ (PICTF). Diese Einrichtung hat bislang 49 Indikatoren der Wettbewerbsfähigkeit der pharmazeutischen Indus- trie Großbritanniens im Vergleich zu den zwölf stärksten Ländern bewertet. Dabei arbeiten die Arzneimittelher- steller gemeinsam mit der britischen Regierung in dieser Analyse zusammen, um in Großbritannien innovations- freundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Während in Großbritannien die Regierung mit den Pharmaunternehmen gemeinsam arbeitet, wird in Deutschland die pharmazeutische Industrie durch staatli- che Vorgaben belastet. Jüngstes Beispiel ist der von der SPD initiierte 16-prozentige Zwangsrabatt auf festbe- tragsfreie Arzneimittel und die Einführung von Festbe- trägen für patentgeschützte Medikamente. Damit wird in Deutschland die Forschung nach neuen Wirkstoffen wei- ter gebremst und die notwendige Refinanzierung der Entwicklung eines Arzneimittels zum Unsicherheitsfak- tor für forschende Arzneimittelhersteller. Die von der britischen Task Force ermittelten Wettbe- werbsindikatoren sagen auch ganz klar, wie viel schlech- ter die Rahmenbedingungen in Deutschland sind: In Un- ternehmensteuern ist Deutschland auf dem vierten Platz. Die Ausgaben für öffentliche Investitionen in Forschung u g B G g t m v a D n u S s l i N d t e m s w b p E A r z g b j s s L l d d z v r P m m s D E k P d D n d e s d (C (D nd Entwicklung von Medizin und Biotechnologie lie- en in Deutschland hinter denen der Niederlande. Speziell für die klinische Prüfung weist der britische ericht für Deutschland folgenden Nachholbedarf auf: roßbritannien und selbst die Niederlande waren häufi- er als Deutschland Referenzmitgliedstaat im gegensei- igen Anerkennungsverfahren von Arzneimitteln. Die eisten der Top 75 Arzneimittel weltweit wurden nicht on deutschen Unternehmen entwickelt, sondern von merikanischen, britischen und japanischen Firmen. All dies zeigt deutlich, wie enorm der Nachholbedarf eutschlands im internationalen Wettbewerb bei der Kli- ischen Forschung ist. Wenn die Bundesregierung nicht mgehend ein Konzept zur deutlichen Verbesserung des tandorts Deutschland in der pharmazeutischen For- chung vorlegt, wird die Bundesrepublik forschungspo- itisch zum Schlaflabor der EU. Der hier debattierte Antrag der CDU/CSU-Fraktion st nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss zur AMG- ovelle besonders aktuell. Von den 17 Forderungen, die er Antrag enthält, erfüllt der mir vorliegende Referen- enentwurf explizit nur eine einzige: dass künftig nur ine Ethikkommission einer klinischen Prüfung zustim- en muss. Sollte die AMG-Novelle tatsächlich so umge- etzt werden, wie vom Kabinett gestern beschlossen, ird Deutschland auch künftig im internationalen Wett- ewerb als Standort für Forschung und Entwicklung harmazeutischer Produkte benachteiligt bleiben: Die thikkommissionen nach Landesrecht sind ein weiterer ufbau von bürokratischen Hindernissen. Gestaltungs- äume und flexible Vorgaben der Richtlinie werden nicht um Vorteil der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands um- esetzt. Dies zeigt sich insbesondere bei der Festschrei- ung der maximalen Fristen. Es wird nicht die Bildung e einer Leitethikkommission speziell für Kinder und peziell für nicht einwilligungsfähige Erwachsene ge- etzlich verankert. Stattdessen wird auch dies wieder den ändern überlassen bleiben, wodurch in den 16 Bundes- ändern jeweils zwei weitere Ethikkommissionen gebil- et werden müssen. Damit ist abzusehen, dass die Zahl er öffentlich-rechtlichen Ethikkommissionen von der- eit 52 sogar noch auf 84 steigen wird. Diese Zahl wird ermutlich noch deutlich höher ausfallen mit der Ein- ichtung von speziellen Kommissionen für klinische rüfungen von Arzneimitteln für Gentherarpie, mit so- atischer Zelltherapie und anderen speziellen Arznei- itteln. Hier wäre es sinnvoll gewesen, bundesweit zu- tändige Ethikkommissionen einzurichten und der iversifizierung durch landesweite Ethikkommissionen inhalt zu gebieten. Die Bedingung eines GMP-Zertifi- ates einer deutschen Behörde zum Import klinischer rüfpräparate im AMG ist bürokratie- und zeitaufwen- ig. Diese Anforderung stellt die EU-Richtlinie nicht. amit geht deutsches Recht über EU-Recht sogar hi- aus. Dies ist ein weiterer klarer Wettbewerbsnachteil, er von der Bundesregierung nicht beseitigt wird. Ich fordere daher die Bundesregierung auf, endlich in innovationsfreundliches Klima in Deutschland zu chaffen, damit wir wieder die Apotheke der Welt wer- en können. Die Bundesregierung muss endlich auf den 5732 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 (A) ) (B) ) internationalen Wettbewerb um Standorte der Pharma- Forschung reagieren. Denn schon Johann Wolfgang von Goethe erkannte: „Wissenschaft und Kunst gehören der Welt an und vor ihnen verschwinden die Grenzen der Nationalität.“ Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die klinische Prüfung von Arzneimitteln liegt im Span- nungsfeld von Patientenschutz und langfristig therapeu- tisch nutzbaren Forschungsinteressen. Aus ethischer Per- spektive müssen die Studien so ausgestaltet werden, dass die Arzneimittelsicherheit und die Gesundheit der Pro- banden ebenso gewährleistet sind wie ethische Aspekte des Patientenschutzes. Aus wirtschaftspolitischer Per- spektive haben Prüfungs- und Genehmigungsverfahren eminente Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Arzneimittelindustrie und sollten deshalb möglichst straff und unbürokratisch erfolgen. Diese bei- den Ansprüche sollten so weit wie möglich verbunden werden. Doch im Zweifelsfall hat selbstverständlich der Grundsatz „Sicherheit vor Schnelligkeit“ zu gelten. Es gilt aber auch: Hohe qualitative Anforderungen stehen in keinem natürlichen Gegensatz zu industriepoli- tischen Zielen. Dass Deutschland seinen Status als „Apotheke der Welt“ verloren hat und hinsichtlich seiner Innovationskraft im Arzneimittelbereich gegenüber an- deren EU-Ländern ins Hintertreffen geraten ist, ist nicht zuletzt Konsequenz unzureichender qualitativer Anfor- derungen an die hiesige Arzneimittelindustrie. Bemer- kenswert ist, dass die im Unions-Antrag als Forschungs- standorte hervorgehobenen Länder Dänemark, Schweden und die Niederlande durchweg über Arzneimittel-Positiv- listen verfügen. Arzneimittelunternehmen haben in diesen Ländern einen starken Anreiz, ihre Forschungsan- strengungen auf tatsächliche Innovationen zu konzen- trieren. Die deutsche Arzneimittelindustrie hat sich da- gegen zu lange auf dem sanften Ruhekissen eines nationalen Arzneimittelmarkts ausgeruht, auf dem fast jedes Produkt zulasten der GKV abgesetzt werden kann. Entwickelt wurden in den letzten Jahren vor allem Ana- logpräparate ohne medizinisch-therapeutischen Zusatz- nutzen gegenüber bereits existierenden Produkten. Es steht zu hoffen, dass mit der im Gesundheitskonsens be- schlossenen Ausweitung der Festbetragsregelung auf die Analogpräparate gegenläufige Anreize gesetzt werden. Auf das gesundheits- wie industriepolitisch gleicherma- ßen gebotene Instrument einer Positivliste wird Deutsch- land aber auch weiterhin verzichten müssen. Da hat die Union in den Verhandlungen zum Gesundheitskonsens ganze Arbeit geleistet. Recht hat die Union aber damit, dass die europäische Richtlinie zur Arzneimittelforschung umgesetzt werden muss. Die pharmazeutische Industrie ist heute internatio- nal organisiert. Sicherheitsanforderungen und Genehmi- gungsverfahren müssen deshalb in enger internationaler Abstimmung und Zusammenarbeit erfolgen. Es ist des- halb zu begrüßen, dass die EU eigens eine Richtlinie ent- wickelt hat, mit der die Anforderungen an die klinische Prüfung in Europa harmonisiert werden. e R s b w z E n t i t s h h p h b u s k h d l A d v v i s s B e t E i a u B g t u s D k g K d W n h u t f f z l (C (D Ich frage mich nur, weshalb die Union dazu einen igenen Antrag bemüht. Das Kabinett hat gestern zur ichtlinienumsetzung den Entwurf eines Zwölften Ge- etzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) eschlossen. In diesem Gesetzesentwurf findet sie vieles ieder, was auch im Antrag der Union enthalten ist. So um Beispiel die Vereinfachung des Verfahrens bei den thikkommissionen oder auch die Verkürzung der Ge- ehmigungsfristen. Darüber hinaus soll die Novelle aber auch einen Bei- rag zur Arzneimittelsicherheit für Kinder leisten. Heute st die Hälfte der bei Kindern angewendeten Arzneimit- el ohne eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die pezifische Anwendung bei Kindern. Für etliche Krank- eiten, von denen Kinder betroffen sind, gibt es über- aupt keine eigenen Arzneimittel. Wir werden jetzt im arlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zu prüfen aben, inwieweit das Gesetz künftig erlauben soll, unter estimmten Rahmenbedingungen auch klinische Studien nter Beteiligung von Kindern durchzuführen. Ein Augenmerk werden wir auch darauf haben müs- en, dass künftig auch Frauen in ausreichender Zahl an linischen Studien beteiligt werden. Arzneimittel wirken äufig auf Frauen und Männer sehr unterschiedlich. In en klinischen Studien sind aber Frauen meistens deut- ich unterrepräsentiert. Das werden wir ändern müssen. uch hier können wir etwas aus dem Ausland lernen: In en USA und Schweden ist die gleichrangige Teilnahme on Frauen an klinischen Arzneimittelstudien per Gesetz orgegeben. Überhaupt nicht einsichtig, weil durch nichts belegt, st die These der CDU, die Ethikkommissionen seien chuld, dass es in Deutschland nicht genügend For- chungsstandorte gibt. Und das, wo gerade der CDU die ioethik – siehe Klondebatte – so wichtig ist und sie ine ethische Prüfung bei klinischen Forschungsprojek- en schon allein aus diesem Grund fordern müsste! thikkommissionen sind – das ist ja wohl unbestritten – n diesem Bereich unumgänglich. Dennoch gibt es auch us unserer Sicht Verbesserungsbedarf bei dem Einsatz nd der Arbeitsweise der Ethikkommissionen in diesem ereich: Zurzeit handelt es sich in der Regel um Kolle- ialberatungsgremien der akademischen Selbstverwal- ung. Das entspricht nicht der wachsenden faktischen nd rechtlichen Bedeutung von Ethikkommissionen, wie ie in der EU-Richtlinie 2001/20/EG vorgesehen sind. ie medizinischen Mitglieder der universitären Ethik- ommissionen stehen unter erheblichem Loyalitätsdruck egenüber ihren Kollegen. Weder sind die personellen apazitäten vorhanden noch fachkundiges Personal in en Geschäftsstellen. Deshalb plädieren wir für eine eiterentwicklung der Ethikkommissionen zu professio- ellen behördlichen Überwachungseinrichtungen mit auptberuflich tätigen Mitarbeitern und Durchsetzungs- nd Kontrollbefugnissen unter Einbeziehung von Patien- envertretern. Ich möchte nur noch auf eine Forderung eingehen: Sie ordern, Leitethikkommissionen für die klinischen Prü- ungen bei nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen ein- urichten. Diese Forschung ist ethisch nicht verantwort- ich und medizinisch nicht notwendig. Dies ist bisher Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 66. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 5733 (A) (C) (B) ) auch Konsens im Bundestag. Die Bioethik-Konvention des Europarates ist unter anderem eben aus diesem Grund vom Bundestag nicht ratifiziert worden. Von die- sem Konsens sollte auch nicht versteckt unter dem Titel „Entbürokratisierung der Forschung“ abgewichen wer- den. Alle Konzepte, ob sie die Namen von Hartz, Kirchhoff oder Herzog tragen, verfehlen ihre Wirkung, wenn die Akteure am Wissenschafts- und Wirtschafts- standort Deutschland ständig zur Ader gelassen werden. In diesem Zusammenhang trifft der leider inflationär verwendete Begriff „nachhaltig“ des Pudels Kern. Nach- Mit der Rolle und Struktur von Ethikkommissionen beschäftigen wir uns ausführlich in der Enquete-Kom- mission „Ethik und Recht der modernen Medizin“. Die Ergebnisse werden wir in das Gesetzgebungsverfahren einfließen lassen. Auch Ihre Forderung nach einer Leit- ethikkommission für die klinische Prüfung bei Minder- jährigen ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Eine Be- fürchtung ist, dass die Forschung an Kindern, bei der ja auch vom Prinzip des informed consent abgewichen werden muss, als Einfallstor für die Forschung an Nicht- einwilligungsfähigen allgemein wirken könnte. Wir wol- len deshalb in Ruhe die Fachanhörung der Enquete zu diesem Thema auswerten und erst danach entscheiden, wie hier weiter verfahren werden soll. Cornelia Pieper (FDP): Schleichend zwar, aber doch stetig verliert Deutschland im globalen Wettbewerb der Forschungsstandorte an Attraktivität. Statistiken und Berichte zeigen, dass wir zwar immer noch erste Plätze belegen, der Platz eins jedoch bleibt uns oft versagt. Die weltweit 30 größten Pharmafirmen unterhalten in Deutschland nur zehn FuE-Standorte. In Europa ist Deutschland hinter Großbritannien und Frankreich auf den dritten Platz bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung zurückgefallen. Die CDU/CSU-Fraktion sagt uns mit ihrem Antrag „Klinische Prüfung in Deutschland entbürokratisieren“ völlig zu Recht: Achtung! Hier wird wieder einmal ein Forschungsbereich unnötig drangsaliert. Es geht um die Forschung eines Wirtschaftszweiges, der das Markenzei- chen „Made in Germany“ prägte wie kaum ein anderer. Während man sich im Kanzleramt derzeit Gedanken darüber macht, wie Marketingagenturen eben dieses Markenzeichen weltweit wieder aufpolieren sollen, se- hen sich jene, die den Ruf überhaupt erst begründeten, häufig an die Wand gedrängt. Heute geht es um die Pharmabranche, deren Sorgen, Ängste und Nöte wir alle kennen. Wir müssen handeln; denn einer Verlagerung der Forschung folgt in aller Regel später die Produktion im Ausland. In Deutschland sind derzeit lediglich etwa 14 200 Mitarbeiter der Mitgliedsunternehmen des Ver- bandes forschender Arzneimittelhersteller (VfA) in den Bereichen Forschung und Entwicklung tätig. Damit liegt Deutschland deutlich hinter den USA (56 800), Japan (29 000), Großbritannien (21 000) und Frankreich (18 200) zurück. Dieser Trend setzt sich fort. Die Bran- che investiert immer stärker im Ausland und fährt damit ihre FuE-Aufwendungen zurück. h G t n r s b f P l k t e s g t g p G a f A t t g v a s m m m w m u s u s u h s l J A d (D altig wird der Pharmaindustrie die wirtschaftliche rundlage durch die Schaffung von Wettbewerbsnach- eilen, durch leichtfertiges Umsetzen von EG-Richtli- ien, durch die Aufweichung der gewerblichen Schutz- echte und das Fehlen einer nationalen Biotechstrategie chleichend entzogen. Bereits heute liegt Deutschland ei der Arzneimittelproduktion weltweit nur noch an ünfter Position. Dazu kommen noch die Folgen für die atienten, die bei Arzneimittelentwicklungen im Aus- and erst viel später Zugang zu neuen innovativen Medi- amenten haben. Wir brauchen einen klaren Kurs für diesen Höchst- echnologiebereich! Das bedeutet für mich zugleich auch ine Liberalisierung der Forschung durch mehr Selbst- tändigkeit für Universitäten und Forschungseinrichtun- en und eine Stärkung der Wissenschaft durch neue Sys- eme der öffentlichen Forschungsförderung, eine ezielte Förderung der Spitzenforschung und eine kom- etitive Vergabe von Fördermitteln, so wie es derzeit roßbritannien bereits erfolgreich macht. Ich denke da n eine Verbesserung des Technologietransfers, die Ein- ührung einer Forschungsprämie, eine bessere rechtliche bsicherung von Drittmitteln und die Stärkung der na- urwissenschaftlichen Ausbildung der jungen Genera- ion. Die Europäische Kommission fordert in ihrem Strate- ieplan die Mitgliedstaaten auf, durch die Einführung on nationalen Anreizen die industriellen Forschungs- usgaben zu steigern. Der BDI hat völlig Recht, wenn er tatt steuerlicher Abschreibungen eine Forschungsprä- ie fordert. Das bedeutet, die Drittmittel der Industrie it einem prozentualen öffentlichen Zuschlag zu „prä- ieren“. Dies würde ohne großen bürokratischen Auf- and den Technologietransfer begünstigen, Drittmittel obilisieren, den Wettbewerb zwischen universitären nd außeruniversitären Forschungseinrichtungen ver- tärken und den Unternehmen Freiheit bei der Partner- nd Themenwahl lassen. Vergessen wir doch eines nicht: Die Arzneimittelfor- chung und -entwicklung hat in Deutschland eine lange nd erfolgreiche Tradition. Die deutschen Arzneimittel- ersteller gehören zu den weltweit ältesten pharmazeuti- chen Unternehmen. Sie begründeten den Ruf Deutsch- ands als Apotheke der Welt und besetzten über viele ahre die Plätze eins und zwei auf der Weltrangliste der rzneimittelhersteller. Ich kann Sie nur auffordern: Stimmen Sie dem Antrag er CDU/CSU zu! 66. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Demokratie
    hat Bedingungen, inhaltliche und praktische; sie hat
    Werte und Regeln als Voraussetzung für ihr Gelingen.

    Bei uns in Deutschland sind diese Werte und diese
    Regeln im Grundgesetz niedergeschrieben. Das Grund-
    gesetz ist in einer Zeit tiefster Schmach Deutschlands
    entstanden: nach Nationalsozialismus, nach Verirrungen
    und Verbrechen, nach Krieg, in einem zerstörten Land.
    Das Grundgesetz hat sich als eine verlässliche und weit-
    sichtige Grundlage für diese deutsche Demokratie erwie-
    sen. Unser Grundgesetz ist ein großer Erfolg in der deut-
    schen Geschichte. Wir sind und bleiben stolz auf dieses
    Grundgesetz.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Darin wurden vor gut 54 Jahren in Bonn Maximen
    formuliert und Sätze geprägt, die Leitlinien für unsere
    Politik waren und auch heute sind. Zu den Menschen-
    rechten heißt es in Art. 1:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu
    achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staat-
    lichen Gewalt.

    Zu Bund und Ländern heißt es in Art. 20:
    Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokrati-
    scher und sozialer Bundesstaat.

    Die Herausforderung, ein demokratischer und sozia-
    ler Staat sein zu wollen, begleitet uns, die Abgeordneten
    des Bundestages, in unseren tagtäglichen politischen Be-
    mühungen, gerade in dieser Zeit großer Neuerungen, in
    der es um wichtige Entscheidungen geht.

    Die Frage, die damit verbunden ist, lautet: Ist die Ord-
    nung dieses Bundesstaates in vollem Umfang zeitge-
    mäß? Dieser Frage haben wir uns heute im Bundestag,
    morgen im Bundesrat und dann in der Kommission, die
    wir gemeinsam einrichten wollen, zu stellen. Werden die
    Regeln, nach denen wir funktionieren und nach denen
    unsere Demokratie organisiert ist, unserem Anspruch ge-
    recht, die Unantastbarkeit der Würde des Menschen zu
    garantieren sowie ein sozialer und demokratischer Bun-
    desstaat zu sein? – Das klingt technisch; aber es geht um
    die Handlungsfähigkeit der Politik und ganz konkret um
    die Praxis der Demokratie.

    Heute debattieren wir über die Modernisierung der
    bundesstaatlichen Ordnung. Mit einem Antrag aller

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    (C (D raktionen des Deutschen Bundestages wollen wir Mitlieder des Bundestages und des Bundesrates beauftraen, im Verlauf des kommenden Jahres Vorschläge für ie Fortentwicklung dieser bundesstaatlichen Ordnung u machen. Es ist ein gutes Zeichen, dass alle Fraktionen itmachen und der Bundesrat morgen einen Einsetungsbeschluss treffen will, der wortgleich mit dem des undestages ist. Ich bedanke mich beim Präsidenten des Deutschen undestages, Wolfgang Thierse, und in gleicher Weise eim Präsidenten des Bundesrates, Professor r. Wolfgang Böhmer, dafür, dass sie mit ihren heutigen eiträgen Zeichen gesetzt und den Willen zum gemeinamen Handeln von Bundestag und Bundesrat sichtbar emacht haben. as ist Ausgangslage für unsere Debatte? In den vergangenen fünf Jahrzehnten ist es Zug um ug zu einer Verlagerung von Zuständigkeiten, insbesonere bei den Gesetzgebungskompetenzen, auf den Bund ekommen. Dabei ging es meist um einheitliche Regeungen in allen Ländern oder – sagen wir es ehrlich – uch um Geld. Es ging um Geld, das der Bund hatte und as er für sinnvolle Zwecke, zum Beispiel für den Hochchulbau, einsetzen wollte, ohne dafür die Kompetenz zu aben. Per Verfassungsänderung sind dafür quasi zum usgleich die Rechte der Länder zur Mitwirkung an der esetzgebung ausgebaut worden. Das hat zusammen mit er sehr länderfreundlichen Auslegung von Art. 84 rundgesetz durch das Bundesverfassungsgericht dazu eführt, dass heute über 60 Prozent der Gesetze zustimungspflichtig sind. Es waren einmal viel, viel weniger. So haben es sich die Mütter und Väter unserer Verfas ung damals jedenfalls nicht vorgestellt. Sie gingen im ahr 1949 davon aus, dass die Länder nur dann an der undesgesetzgebung entscheidend mitwirken, wenn die änderinteressen besonders stark – besonders stark! – erührt werden. 1949 gab es im Grundgesetz nur in 2 Artikeln zustimmungspflichtige Tatbestände; heute st das in 35 Artikeln der Fall. Man kann jetzt lange darüber lamentieren, wer für iese Entwicklung verantwortlich ist, ob nicht auch die änder Machtzuwachs gewollt haben, ob nicht auch sie iese Entwicklung befördert haben. Man kann parteiolitische Motive ins Feld führen. Aber alles das hilft icht weiter. Die Realität ist jedenfalls, dass der Bundesat mit seiner jeweiligen Mehrheit wesentliche politiche Initiativen des Bundes blockieren und so maßgeblihen Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes ausüben ann. Der Bundesrat hat faktisch die Funktion eines peranenten Vetoorgans. Er übt sie längst nicht immer aus, ber auch nicht selten. Im Parlamentarischen Rat damals ar das so sicherlich nicht gemeint. Diese Entwicklung edeutet andererseits, dass die Länder Souveränität aufeben, ungenutzt lassen, sich bundeseinheitlichen Reeln unterwerfen. Franz Müntefering Deutlich sind hier die Worte eines Ministerpräsiden ten: Die Bundesregierung ist in wesentlichen Teilen ihrer Aktivitäten der intensiven Kontrolle und der rechtlichen Mitentscheidung des Bundesrates unterworfen. Man kann sogar sagen, dass der Bundesrat für die Bundesregierung ein schwierigerer Partner als der Deutsche Bundestag ist, da sie mit der Mehrheit des Bundestages in parteipolitischer Identität steht. Man spricht in unserer Gesellschaft – wir tun es auch – öffentlich von der zweiten Kammer und meint, Bundestag und Bundesrat seien bei der Gesetzgebung gleichberechtigt, was, wie wir alle wissen, so nicht ist. Im Grundgesetz steht: Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Sie wirken mit! Mit der skizzierten Entwicklung ist die Bedeutung des Vermittlungsausschusses gestiegen. Er ist in die Rolle eines Ersatzparlaments gerutscht, in dem Kompromisse gebastelt werden. Er ist ein Gremium, das nicht öffentlich in weitgehender Intransparenz, in kleinster Runde, mit oft widerstrebenden Motiven aus vorliegenden Gesetzentwürfen Gesetze macht, die dann in Bundestag und Bundesrat gebilligt werden – oder auch nicht. Der Vermittlungsausschuss als Organ der Bündelung, als Konzentrat unserer parlamentarischen Demokratie ist etwas, was schon für uns hier schwer zu verstehen und zu akzeptieren ist; noch viel mehr gilt das für die Bürgerinnen und Bürger im Land. Wohlgemerkt: Es geht nicht um die Qualität der Gesetze, die da entstehen. Das ist kein Vorwurf an die Kolleginnen und Kollegen, die im Vermittlungsausschuss die Arbeit tun. Aber für das Funktionieren von Demokratie und für die Transparenz von Demokratie ist das, was sich eingebürgert hat, nicht gut. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    (Vorsitz: Präsident Wolfgang Thierse)


    (Beifall im ganzen Hause)





    (A) )


    (B) )


    Wir wollen die Rolle des Parlaments stärken. Wir Parla-
    mentarier wollen die Auseinandersetzung um die besten
    Ideen im Parlament öffentlich führen und hier – hier! –
    über Gesetze entscheiden.

    Die Entstehungsgeschichte der jüngsten Gesundheits-
    reform wirkte eher ungewöhnlich, war aber parlaments-
    näher und eher grundgesetzkonform als viele Entschei-
    dungsprozesse im Vermittlungsausschuss. Die Debatte,
    die dazu in der politischen Öffentlichkeit geführt worden
    ist, war schon verwunderlich.

    Die Zeit, die eine Demokratie für Entscheidungen
    braucht, ist eine andere wichtige Größe. Sorgfältige Ar-
    beit erfordert ihre Zeit. Die Frage ist aber, ob es einge-
    fahrene oder auch eingerostete Mechanismen gibt, die
    dazu führen, dass die Dinge immer wieder verschleppt
    werden. Wenn wir als Nation erfolgreich sein wollen,

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    (C (D arf der Föderalismus keine Bremse sein, dürfen sich und, Länder und Gemeinden nicht gegenseitig blockieen. Als Beispiel nenne ich die bessere Vereinbarkeit von amilie, Kindern und Beruf. Diese wichtige gesellchaftliche Innovation soll in diesem Jahrzehnt in eutschland gelingen. Sie kann aber nur gelingen, und war bald, wenn Bund, Länder und Gemeinden dafür das ötige zielgerichtete, abgestimmte Engagement zeigen, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    enn sie sich nicht in Zuständigkeitsfragen und stark un-
    erschiedlichen Geschwindigkeiten verlieren.
    Als Bund geben wir in dieser Legislaturperiode

    ,5 Milliarden Euro an die Kommunen, damit dort die
    öglichkeiten von Ganztagsbetreuung verbessert wer-
    en. Wer die Debatten über die Umsetzung miterlebt hat,
    at erfahren, dass das manchmal sehr schwierig ist. Nach
    enigen Minuten war man nicht mehr bei der Frage von
    ereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern bei der
    rage, wer denn eigentlich zu entscheiden hat. Es hieß,
    ass sich der andere bitte schön nicht einmischen soll
    nd dass die Frage das Geld betreffend ganz einfach zu
    eantworten ist: Wenn das Geld gegeben wird, dann
    ird das schon irgendwo gemacht werden.
    Unklarheit über die Zuständigkeiten ist eine Bremse

    ür das, was wir wollen. Wir müssen uns darüber klar
    ein, dass große gesellschaftliche Innovationen, die wir
    or uns haben, nur funktionieren werden, wenn wir ein
    invernehmen darüber herstellen, dass Bund, Länder
    nd Gemeinden sich solchen Aufgaben gemeinsam stel-
    en und sie gemeinsam realisieren müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die massive Verflechtung und Unübersichtlichkeit
    at einen gefährlichen Nebeneffekt: Die Bürgerinnen
    nd Bürger sehen nicht mehr, wer für was zuständig und
    erantwortlich ist. Hier ist auch eine der Ursachen für
    ie wachsende Entfremdung zwischen der Bevölkerung
    nd der handelnden Politik. Es muss klar sein, wofür der
    und zuständig ist und wofür jedes einzelne Land zu-
    tändig ist. Wahlen verlieren ihren Reiz und sogar teil-
    eise ihren Sinn, wenn auch nach Wahlen nicht klar ist,
    er Verantwortung bekommen hat und sie wahrnehmen
    ann und muss. Das Problem ist klar: Es muss entwirrt
    erden, bei den Zuständigkeiten, den Gesetzgebungs-
    ompetenzen und den Gesetzgebungsmodalitäten.
    Eine diskussionsbedürftige Problematik sind dabei

    ie Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern.
    ie werden sicher ein wichtiges Thema in der Kommis-
    ion sein, deren Einsetzung wir heute beschließen wol-
    n. Manche sagen, die Länder seien Gewinner dieser
    ntwicklung. Schließlich könnten die Länder bei ent-
    prechenden Mehrheiten im Bundesrat viele Gesetze
    ufhalten.
    In Wahrheit ist es viel differenzierter. Die gesetzgebe-

    ische Gestaltungsmöglichkeit der Länderparlamente ist
    ast gänzlich verloren gegangen. Gewonnen haben die
    andesregierungen. Der Exekutivföderalismus, den wir






    (A) )



    (B) )


    Franz Müntefering

    in Deutschland faktisch haben, hat dazu geführt, dass die
    Länderparlamente uns – auch in der Vorbereitung auf
    diese Kommission – fragen: Was ist unsere Rolle?

    Ich weiß nicht, ob wir ihnen in der Debatte, die wir zu
    führen haben, helfen können. Wir müssen uns trotzdem
    schlichtweg dieser Wahrheit stellen. Wer spricht da mit-
    einander? Es spricht der Bundestag, das Gesetzgebungs-
    organ unserer Demokratie, mit den Exekutiven der Län-
    der. Die Länderparlamente sind, wenn überhaupt, nicht
    unmittelbar an dem beteiligt, was da „zwischen Bund
    und Ländern“, wie wir schnell sagen, besprochen wird.
    Ich kann das nicht auflösen und will das auch nicht mal
    eben versuchen. Ich sage nur: Darüber wird zu sprechen
    sein. Es wird um die Frage gehen, ob wir die Möglich-
    keit haben, den Parlamenten neues Gewicht zu geben.

    Die Länder haben kaum noch die Möglichkeit, zu re-
    gional unterschiedlichen Regelungen zu gelangen, weil
    der Bund überall seine Hand mit im Spiel hat. Bei seiner
    Rahmengesetzgebung ist – wie der Bundespräsident
    gesagt hat – der Rahmen oft so groß, dass man das Bild
    nicht mehr sieht. Ob der Bund dabei seine Kompetenzen
    überzieht oder ob die Länder gar kein Bild entwerfen
    wollen, ist eine zweite Frage, der wir uns stellen müssen.
    Jedenfalls hat sich bei uns in der Bundesrepublik
    Deutschland eine Rahmengesetzgebung herausgebildet,
    die den Ländern keine Möglichkeit mehr lässt, diesen
    Rahmen auszufüllen. Vielleicht wollen die Länder das
    sehr oft gar nicht. Vielleicht tauchen sie vor der Verant-
    wortung weg und blicken auf den Bund – in der Erwar-
    tung, dass er die Probleme löst.

    Nein, diese Vernetzung und Vermischung von Zustän-
    digkeiten muss ein Ende haben. Gesetzgebungsverfah-
    ren sind zu umständlich, zu langwierig und viel zu kom-
    pliziert geworden. Wir brauchen und wollen keine neue
    Verfassung. Wir wollen keine Revision des Grundgeset-
    zes. Wir brauchen eine Reföderalisierung, eine Rück-
    besinnung auf die ursprünglichen Aufgaben von Bund
    und Ländern, klare Regeln und klare Verantwortlichkei-
    ten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Diese Aufgabe steht im Vordergrund der Arbeit der
    Kommission.

    Das bedeutet im Einzelnen eine Sicherung der Hand-
    lungsfähigkeit von Bund und Ländern, eine Stärkung der
    Rolle der Landtage in der Gesetzgebung, eine Reduzie-
    rung der Zahl der zustimmungsbedürftigen Gesetze –
    Einspruchsgesetze als Regelfall, zustimmungsbedürf-
    tige Gesetze als Ausnahme.

    Ich will noch einmal auf die Gesundheitsreform zu-
    rückkommen. Es mag manchem parteipolitisch schei-
    nen, aber mir leuchtete nicht ein, dass der Bundesrat in
    der Gesetzgebung zur Gesundheitsreform ein Vetorecht
    hatte. Er hatte es, weil die Länder für die Finanzierung
    der Krankenhäuser zuständig sind. Das ist es aber auch.
    Dass in einer solchen Situation Länder aufgrund ihres
    Vetorechtes darüber wesentlich mitentscheiden können,
    wie eine Gesundheitsreform auf Bundesebene gestaltet

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    (C (D ird, ist ein Zustand, der diskussionsbedürftig ist und, ie ich finde, so nicht bleiben darf. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es geht deshalb um eine Neujustierung der Rahmen-
    esetzgebung des Bundes. Es geht darum, Raum für
    ubsidiarität, Eigenverantwortung, mehr Vernetzung,
    eniger Hierarchie und mehr Bürgernähe zu schaffen.
    iesem Ziel dienten auch die Erörterungen der Konfe-
    enz der Landtagspräsidenten in Lübeck, die wir mit in
    nsere weiter gehenden Beratungen einbeziehen wollen.
    Auch die europäische Verfassung ist ein Anlass da-

    ür, dass wir diese Debatte zu führen haben, und bringt
    ichtige Aspekte ein. Welche Rolle spielen die Bundes-
    änder in einem Europa der Regionen? Europa selbst gibt
    ich eine Verfassung und justiert seine Institutionen neu.
    ationale Aufgabe ist es dabei festzulegen, welche Auf-
    abe die Länder in einem föderalen Staat wie Deutsch-
    and haben. Die Wechselwirkungen zwischen Brüssel,
    er Bundes- und der Länderebene werden zunehmen und
    ie Beziehungen müssen klar geordnet werden. Für
    eutschland steht in Europa viel auf dem Spiel. Deshalb
    üssen wir in Europa mit einer Stimme und nicht mit
    6 Stimmen sprechen. Die Gefahr, die sich sonst ergibt,
    st groß; an vielen Stellen merkt und hört man es. Es
    ützt aber nicht den Interessen unseres eigenen Landes.
    ndere Länder haben andere Ausgangsbedingungen.
    eshalb wird das Thema Europafestigkeit unserer Insti-
    utionen – so möchte ich es einmal nennen – eine Rolle
    pielen müssen in der Diskussion, die wir führen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In vergangenen Legislaturperioden beschäftigten nur
    ehr wenige Vorgaben aus Europa den Bundestag; so in
    er dritten und vierten Wahlperiode jeweils 15. In der
    etzten Legislaturperiode waren es irgendwo zwischen
    500 und 3 000. Wer von uns könnte denn ehrlich von
    ich behaupten, dass er die Übersicht hat? Wer von uns
    ürde denn von sich behaupten, dass er Einblick hat in
    as, was sich da entwickelt, und er rechtzeitig Einfluss
    uf das nehmen kann, was da vorbereitet wird? So bleibt
    hm zum Schluss nur übrig, zuzustimmen bzw. die Be-
    chlüsse zu akzeptieren. Das ist nicht gut für das Selbst-
    erständnis dieses nationalen Parlaments im Verhältnis
    u Europa. Deshalb muss auch dieses offen und ehrlich
    ngesprochen werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zu einigen Fragen, die kommen werden, nur einige
    urze Anmerkungen, ohne das heute vollständig zu be-
    ntworten. Zwei Komplexe werden nicht Gegenstand
    er Beratungen der Kommission sein: der Zuschnitt der
    undesländer und die Frage, ob stärkere plebiszitäre
    lemente auf nationaler Ebene vorgesehen werden sol-
    en. Für den ersten Bereich sind einzig und allein die
    änder selbst zuständig. Mit dem zweiten Thema wird
    ich der Deutsche Bundestag in absehbarer Zeit separat
    efassen. Wir befinden uns hier in den Vorbereitungen.






    (A) )



    (B) )


    Franz Müntefering

    Das Stichwort Wettbewerbsföderalismus ist gefal-

    len. Wir werden uns damit auseinander zu setzen haben.
    Es gehört zu dem Grundsatz der Souveränität der Länder
    im Bundesstaat, der im Grundgesetz verankert ist, dass
    die Länder auch im Wettbewerb untereinander stehen.
    Wir dürfen die Idee des Wettbewerbs, hinter dem ja auch
    die Idee des Avantgarde-sein-Könnens steckt, nicht ver-
    dunkeln.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Kann man das auch auf Deutsch sagen?)


    Es müssen nur die Ausgangsbedingungen, von denen
    aus die Länder antreten, vergleichbar sein. Wir von unse-
    rer Seite werden jedenfalls nicht der Idee entgegenste-
    hen, den Ländern in unserem Bundesstaat Platz und
    Raum für eigene Ideen und eigenes Handeln zu geben.
    Es muss nur abgestimmt und geklärt sein, wem welche
    Zuständigkeiten zukommen.

    Nicht wenige haben abgeraten, überhaupt an das
    Thema der bundesstaatlichen Ordnung heranzugehen.
    Viele haben gesagt: zu komplex, zu zäh, undankbar. –
    Wir versuchen es trotzdem. Wir haben bei uns im Lande
    schon Leute genug, die resigniert haben oder uns besser-
    wisserisch Ratschläge geben. Wir wissen alle miteinan-
    der in Bund und Ländern, dass wir gut beraten sind,
    wenn wir uns die Mechanismen der Organisation der
    Demokratie anschauen und versuchen, sie auf die Höhe
    der Zeit zu bringen. Wir versuchen das mit Zuversicht.
    Alle, die Mut haben, können dabei mitmachen. Wir ge-
    hen ohne Hektik, aber zügig vor. Ich denke, dass sich im
    Verlauf des Jahres 2004 herausstellen muss und heraus-
    stellen wird, ob wir in der Lage sind, gemeinsam zielfüh-
    rende Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Als Grund-
    lage für Beschlüsse in der Kommission haben wir ja die
    Zweidrittelmehrheit vereinbart. Es täte der Demokratie
    in Deutschland gut, wenn wir uns nicht nur bewusst wä-
    ren, dass wir manche wichtige Inhalte erneuern müssen,
    sondern auch, dass – nach 50 Jahren Erfolgsgeschichte –
    vieles verändert werden muss. Wir müssen das Verhält-
    nis zwischen Bundestag und Bundesrat, aber auch die
    Rolle der Kommunen und das Verhältnis Deutschlands
    und seiner Bundesländer zu Europa klarstellen und uns
    auf die Erfordernisse unserer Zeit einstellen.

    Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tribüne hat

soeben der algerische Parlamentspräsident Younès
mit einer Delegation des algerischen Parlaments Platz
genommen. Wir begrüßen Sie sehr herzlich.


(Beifall)

Ihr Besuch, Herr Präsident, ist Ausdruck der guten Be-
ziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Wir wis-
sen, dass Algerien ein besonders wichtiger Nachbar an
der Südgrenze der Europäischen Union ist. Wir hoffen,
dass Sie in diesen Tagen einen aufschlussreichen Ein-

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(C (D ruck von unserer parlamentarischen Arbeit gewinnen önnen. Für Ihren Aufenthalt heute in unserem Hause nd für Ihr weiteres parlamentarisches Wirken begleiten ie unsere besten Wünsche. Ich erteile nun Kollegen Wolfgang Bosbach, CDU/ SU-Fraktion, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alexander er Große wusste sich zu helfen, auch ohne eine Komission: Ein einziger Schlag genügte – Problem gelöst. ugegeben: König Gordios hatte sich die Form der Prolemlösung wahrscheinlich anders vorgestellt. Aber imerhin – der Gordische Knoten war entzwei. Eine so einfache Lösung wird es diesmal wohl nicht eben. Aber die Aufgabenstellung der Kommission zur odernisierung der bundesstaatlichen Ordnung er nnert schon ein wenig an den Versuch, einen unentwirraren Knoten zu lösen, einen Knoten, den diesmal allerings nicht fremde Mächte geknüpft haben, sondern undestag und Bundesrat gemeinsam in den vergangeen Jahrzehnten; natürlich nicht in der Absicht, besoners komplizierte verfassungsrechtliche Regelungen zu rfinden, nicht, um klare Zuständigkeiten zu verschleirn, sondern in dem Bemühen, sich wechselseitig ein hoes Maß an Einflussnahme auf die jeweils andere Seite u sichern. Solange die Interessen und die politischen Ziele der nterschiedlichen staatlichen Ebenen deckungsgleich ind, kann das funktionieren. Ganz anders ist die Lage edoch bei grundlegend unterschiedlichen politischen uffassungen, bei Interessenund Zielkonflikten. Dann eißt es oft: Nichts geht mehr. Dann werden wortreich tillstand und Blockade beklagt. Dann entsteht beim ürger der Verdacht, dass es den Parteien und Fraktioen nicht in erster Linie um die Sache gehe, um die Löung von Problemen, sondern um das eigene politische nteresse, dass also Eigennutz mit Gemeinwohl verechselt werde. Der Begriff Föderalismusreform elektrisiert nicht je en. Er kommt spröde daher. Wenn wir ihn dann noch arnieren mit Begriffen wie Rahmengesetzgebung, Konexitätsprinzip, Vorranggesetzgebung, Gemeinschaftsufgaben und Mischfinanzierung, geraten Staatsrechtler nd Politologen vielleicht ins Schwärmen, aber viele im ublikum werden sich fragen: Was hat das mit mir zu un? Was bedeutet das eigentlich ganz konkret für die lltägliche politische Praxis? Was soll sich wie ändern? Formal geht es darum, unsere verfassungsmäßige rdnung so zu ändern, dass die Gewichte im Bundestaat neu justiert werden; einerseits in horizontaler Richung – beim Bund und in den Ländern zwischen den Verassungsorganen und Institutionen –, andererseits in ertikaler Richtung – im Verhältnis zwischen Bund, ändern und Gemeinden. So kompliziert die verfasungsrechtlichen Details im Einzelnen sein mögen – die robleme, die wir lösen wollen, sind von großer Bedeuung für die Praxis. Wolfgang Bosbach Erstens. Wir wollen die Mischzuständigkeiten zwi schen Bund und Ländern entflechten. (Beifall des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/ CSU])


(Beifall)

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Bosbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)





    (A) )


    (B) )

    Dabei geht es um die höchst praktische Frage, welche
    staatliche Ebene für welche Aufgaben zuständig, dann
    aber auch verantwortlich sein soll – nicht ein bisschen
    verantwortlich, nicht mitverantwortlich, sondern allein
    verantwortlich.

    Klare Zuständigkeiten stärken die Handlungskraft der
    politischen Akteure. Wenn Verantwortung nicht mehr
    klar erkannt werden kann, ist eine Reform vonnöten.
    Wenn die Zuständigkeiten unklar sind, führt das zu orga-
    nisierter Unverantwortlichkeit. Das wollen wir alle ge-
    meinsam ändern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir wollen, dass die Bürger klar erkennen können, wer
    auf welchen Politikfeldern für sie handelt und wer die
    Verantwortung trägt, die Verantwortung für Erfolg, aber
    auch für Scheitern. Wir wollen mehr Transparenz in den
    politischen Entscheidungsprozessen. Das stärkt unsere
    Demokratie.

    Zweitens. Wir wollen die Zusammenführung von
    Sachverantwortung und Finanzverantwortung. Des-
    wegen kann eine Neuordnung der staatlichen Kompe-
    tenz- und Aufgabenverteilung nicht ohne eine Entflech-
    tung und eine Neuordnung der finanzwirtschaftlichen
    Vermengungen erfolgen.

    Das Grundgesetz ist ursprünglich von einem Trenn-
    system ausgegangen. Im Laufe der Jahre wurde jedoch,
    immer gut gemeint und fachlich überzeugend begründet,
    ein höchst komplizierter Verschiebebahnhof errichtet. Er
    ist mit seinen horizontalen und vertikalen Einnahme-,
    Ausgabe- und Ausgleichsmechanismen so perfekt, dass
    kaum noch jemand in der Lage sein dürfte, die horizon-
    talen und vertikalen Finanzbeziehungen in allen Veräste-
    lungen zu durchschauen. Deswegen wollen wir die Auf-
    gabenkompetenz einerseits sowie die Einnahmen- und
    Ausgabenkompetenz andererseits in eine Hand legen.

    Drittens. Wir wollen eine stärkere Beachtung des
    Konnexitätsprinzips. Obwohl es – anders als in einem
    Zentralstaat – in einem föderalen Aufbau mit drei unter-
    schiedlichen Ebenen – Staat, Länder und Gemeinden –
    schwieriger ist, dieses Prinzip einzuhalten, muss zukünf-
    tig gelten: Wer die Musik bestellt, der muss sie auch be-
    zahlen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Es darf nicht sein, dass der Bund durch seine Gesetz-
    gebung zusätzliche Vollzugsaufgaben der Länder und
    der Kommunen begründet, ohne die zur Aufgabenerfül-
    lung notwendigen Finanzmittel gleich mitzuliefern. Dies
    beklagen insbesondere die Städte und Gemeinden, die
    gerade in den letzten Jahren mit neuen Aufgaben und mit

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    (C (D euen Belastungen befrachtet wurden und die gleichzeiig mit wegbrechenden Einnahmen zu kämpfen haben. Beispiel Integration. Wir haben keinen Mangel an Zuanderung, aber wir haben einen erkennbaren Mangel n Integration. Nicht mehr Zuwanderung, sondern mehr ntegration ist daher das Gebot der Stunde. Deshalb ist s richtig und notwendig, dass wir mehr tun für eine besere Integration, auch für die nachholende. Die Integrationsangebote und -leistungen können nur rtsnah erfolgen, also in den Städten und Gemeinden. as darf im Umkehrschluss jedoch nicht bedeuten, dass ie Städte und Gemeinden mit den dadurch entstehenden osten belastet werden. Wenn der Bund Rechtsansprühe auf Teilnahme an Sprachund Integrationskursen ewährt oder wenn er sogar Teilnahmeverpflichtungen estschreibt, dann muss er auch die Kosten tragen. Unere Kommunen können wir jedenfalls nicht mit zusätzchen Kosten belasten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Viertens. Wir wollen die Länder und die Landespar-
    mente stärken. Die Stichworte lauten hier: Reduzie-
    ung oder gar Abschaffung der Rahmengesetzgebung,
    ffnungs- und Experimentierklauseln, Vorranggesetzge-
    ung und Wettbewerbsföderalismus. Das bedeutet dann
    llerdings auch einen Wettbewerb zwischen Ländern, die
    ich im Hinblick auf Größe, Einwohnerzahl und Wirt-
    chaftskraft ganz erheblich voneinander unterscheiden.
    ie werden deshalb mit ganz unterschiedlichen Bedin-
    ungen an den Start gehen. Das dürfen wir nicht verges-
    en.
    Dieses Kapitel verdeutlicht, dass es Zielkonflikte

    ibt, die wir nicht verschweigen sollten. Auf der einen
    eite wollen wir mehr Vielfalt durch föderalen Wettbe-
    erb; das ist auch ein Wettbewerb um die besseren poli-
    schen Konzepte und Ideen. Auf der anderen Seite be-
    lagen wir eine wahre Flut von Vorschriften auf allen
    taatlichen Ebenen. Ein undurchdringbares Dickicht von
    esetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvor-
    chriften lähmt unser Land. Stattdessen müssten wir ihm
    euen Schwung verleihen.
    Der Verzicht auf bundeseinheitliche Regelungen

    tärkt zwar die Kompetenz der Länder, wird aber gleich-
    eitig die Anzahl der Gesetze und Paragraphen nicht ver-
    ingern, sondern erhöhen. Beide Ziele – mehr Vielfalt
    uf der einen Seite und eine geringere Regelungsdichte
    uf der anderen Seite – gleichzeitig zu erreichen dürfte
    icht einfach sein. Vermutlich ist es sogar unmöglich.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    ir werden weiter zu untersuchen haben, wo Vielfalt zu
    ehr Wettbewerb und zum Ringen um bessere Lösun-
    en führt, aber auch zu neuen Problemen führen kann.
    Vor wenigen Tagen wurde vonseiten der Länder

    ezent, aber deutlich darauf hingewiesen, dass eigentlich
    ie die Bundesrepublik gegründet hätten – Überschrift:
    Im Anfang waren die Länder“. Die Frage, ob es
    irklich die Länder waren, die die Bundesrepublik ge-
    ründet haben, oder ob es nach dem Krieg und dem






    (A) )



    (B) )


    Wolfgang Bosbach

    Zusammenbruch noch immer den Staat Deutschland
    gab, ist nicht nur für Historiker und die politische Wis-
    senschaft von Interesse.

    Mit dieser Thematik verbindet sich nämlich eine an-
    dere Frage, die für uns wie für die Kommission von Be-
    deutung ist: Wie viel Vielfalt und wie viel Einheit wollen
    wir in Deutschland? Was wollen wir eigentlich sein,
    diese Bundesrepublik Deutschland oder doch eher ein
    Bund deutscher Länder? Das Grundgesetz verlangt zwar
    nicht identische Lebensverhältnisse in allen Ländern,
    aber gleichwertige. Daher dürfte richtig sein: so viel
    Vielfalt wie möglich, so viel Einheit wie nötig.

    Welches Verständnis haben wir eigentlich von unserer
    eigenen politischen Arbeit hier im Deutschen Bundes-
    tag? Was wollen wir selber noch regeln? Wofür wollen
    wir noch die politische Verantwortung tragen? Wir leben
    in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite zieht die
    Europäische Union tagtäglich mehr Kompetenzen an
    sich – die EU ist längst auf dem Wege, die Regelungs-
    dichte in unserem Land zu überbieten –, auf der anderen
    Seite stehen die Bundesländer, die für sich mehr Freihei-
    ten, mehr Emanzipation und mehr Kompetenzen vom
    Bund fordern. Daneben gibt es die dritte Kammer na-
    mens Vermittlungsausschuss und eine wahre Kommissio-
    nitis. Für jeden Bundestagsabgeordneten stellt sich die
    natürliche Frage: Wofür ist er eigentlich noch zuständig?
    Welche Kompetenz hat er? Was wollen wir zukünftig
    selber und abschließend regeln?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Diese Fragen sollten wir nicht nur in der Kommission er-
    örtern und beantworten. Auch der Deutsche Bundestag
    sollte diese Frage für sich selbst beantworten. Diese De-
    batte müssen wir hier in diesem Hause führen.

    Eine nur scheinbar andere Thematik gehört untrenn-
    bar zu dem Thema „Reform der bundesstaatlichen Ord-
    nung“. Die Stichworte lauten hier: Deregulierung und
    Entbürokratisierung. Wir werden über dieses Thema
    heute noch eine gesonderte Debatte führen. Aber vor der
    Frage, welche staatliche Ebene welche Kompetenzen ha-
    ben und wer welche Aufgaben erfüllen soll, müsste ei-
    gentlich die Frage stehen, ob der Staat – ganz gleich an
    welcher Stelle – tatsächlich all das regeln und verwalten
    muss, was er in den letzten Jahren und Jahrzehnten an
    staatlichen Aufgaben zuerst definiert, dann an sich gezo-
    gen und schließlich bis in das kleinste Detail geregelt
    hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die allseits beklagte Zunahme der Zahl von Gesetzen,
    Verordnungen und Verwaltungsvorschriften geht im Ge-
    gensatz zu dem, was immer behauptet wird, auf Bundes-
    ebene munter weiter. Im Herbst 1998 hieß es in der rot-
    grünen Koalitionsvereinbarung: Wir werden die hem-
    mende Bürokratie rasch beseitigen. Dabei werden wir
    überflüssige Vorschriften streichen und auf diese Weise
    die Regelungsdichte vermindern.

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    (C (D Seitdem sind knapp fünf Jahre vergangen. Es besteht lso Gelegenheit für eine kurze Zwischenbilanz. Tatächlich hat es die rot-grüne Koalition in diesem Zeitaum geschafft, 89 Gesetze und 446 Rechtsverordnunen abzuschaffen. – Das ist die gute Nachricht. Jetzt kommt die schlechte. Allerdings ist es derselben egierung im gleichen Zeitraum gelungen, 518 neue Geetze und 1 832 neue Rechtsverordnungen zu erlassen. m Klartext: Es gibt heute rund 1 800 Gesetze und echtsverordnungen mehr als zu dem Zeitpunkt, zu dem iese Regierung an den Start gegangen ist. Das ist der eltweit einzigartige Versuch, durch 1 800 Gesetze und erordnungen die Regelungsdichte in unserem Staat zu ermindern und Bürokratie abzubauen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Volker Kröning [SPD] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wissen doch, dass das eine Milchmädchenrechnung ist!)


    Dieser etwas kuriose Versuch wird fortgesetzt. Vor
    enau drei Wochen hat eine Kollegin der SPD-Fraktion
    on dieser Stelle aus ein Heimtierschutzgesetz gefor-
    ert, mit der Begründung, es gebe in Deutschland zwar
    und 90 Millionen Heimtiere, aber wie sie lebten und
    ie sie gehalten würden, das wisse der Staat nicht. Des-
    alb brauche man klare Regelungen auf Bundes- und
    andesebene für die Zucht, die Ausbildung, die Haltung
    nd den Handel von Heimtieren.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Und Fortbildung!)


    iese Forderung ist nicht nur deshalb bemerkenswert,
    eil durch sie der völlig falsche Eindruck erweckt wird,
    ls gelte das Tierschutzgesetz nicht für Haustiere, son-
    ern auch, weil jetzt offenbar wieder einmal geplant
    ird, ein neues Gesetzespaket auf den Weg zu bringen
    nd staatlichen Behörden neue Aufgaben zuzuweisen –
    nd dies ausschließlich zu dem Zweck, in Millionen von
    aushalten zu kontrollieren, ob dort Goldfische, Meer-
    chweinchen, Katzen, Hunde und Co. nach noch näher
    u definierenden Vorschriften für die Haltung von Haus-
    eren einquartiert sind. So geht es nicht weiter! Ich be-
    ürchte nämlich, dass diese Forderung auch noch ernst
    emeint ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir können doch nicht einerseits einen viel zu großen

    ffentlichen Dienst beklagen – immer versehen mit dem
    inweis, Anfang der 50er-Jahre gab es 2 Millionen öf-
    entlich Bedienstete, heute sind es knapp 5 Millionen –


    (Hans Eichel, Bundesminister: Aber nicht beim Bund!)


    nd andererseits immer neue staatliche Aufgaben erfin-
    en und diese den Behörden und damit den dort tätigen
    itarbeitern übertragen. Wir müssen den umgekehrten
    eg gehen: Wir müssen jede staatliche Aufgabe dahin
    ehend überprüfen, ob sie erstens tatsächlich noch not-
    endig ist, ob sie zweitens zwingend von staatlichen In-
    tanzen erfüllt werden muss und drittens, wenn ja, auf
    elcher Ebene sie zweckmäßigerweise erledigt werden
    oll.






    (A) )



    (B) )


    Wolfgang Bosbach

    Wenn sich der Staat vornimmt, all das, was theore-

    tisch geregelt werden könnte, auch tatsächlich gesetzlich
    zu regeln, wenn der Staat sich vornimmt, jedes einzelne
    Problem, das im Leben auftreten kann, von Amts wegen
    zu lösen, dann wird dieser Staat selber zu einem Pro-
    blem.


    (Beifall bei der CDU/CSU)