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ID1505901600

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    8. Merkel,DU/CSU-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/59 Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4987 C 4994 C 5000 D 5001 C 5002 A 5005 C 5006 D 5010 D 5042 C 5043 D 5044 D 5045 B 5048 C 5049 B 5050 A 5051 D 5054 B 5055 D 5057 D Deutscher B Stenografisch 59. Sitz Berlin, Mittwoch, den 1 I n h a l Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag der Abgeordneten Erika Lotz . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2004 (Haushaltsge- setz 2004) (Drucksache 15/1500) . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2003 bis 2007 (Drucksache 15/1501) . . . . . . . . . . . . . D A D D A S E B E J 5036 D 4987 B 4987 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 5018 A 5025 D undestag er Bericht ung 0. September 2003 t : r. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . ntje Hermenau BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . rnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . teffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . rika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . inzelplan 05 Auswärtiges Amt oseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . 5027 B 5028 D 5030 B 5032 A 5033 C 5035 B 5036 D 5038 D Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5059 C 5061 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2003 Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Hörster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . Hans Raidel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Löning FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe CDU/CSU . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 5063 A 5063 D 5065 A 5066 B 5069 A 5071 B 5072 D 5073 B 5075 C 5077 A 5078 A 5080 A 5081 D 5084 B 5086 D 5088 C 5090 A 5091 A 5091 C 5092 D 5094 A 5094 B 5095 D 5097 C 5099 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2003 4987 (A) ) (B) ) 59. Sitz Berlin, Mittwoch, den 1 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2003 5099 (A) (C) (B) ) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Carstensen (Nordstrand), Peter H. CDU/CSU 10.09.2003 Daub, Helga FDP 10.09.2003 Fritz, Erich G. CDU/CSU 10.09.2003*** Lensing, Werner CDU/CSU 10.09.2003 Dr. Leonhard, Elke SPD 10.09.2003 Letzgus, Peter CDU/CSU 10.09.2003* Müller (Düsseldorf), SPD 10.09.2003 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich * ** ** Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 10.09.2003*** Goldmann, Hans- Michael FDP 10.09.2003 Dr. Happach-Kasan, Christel FDP 10.09.2003 Hartnagel, Anke SPD 10.09.2003 Heinrich, Ulrich FDP 10.09.2003 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2003 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2003 Hustedt, Michaele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2003 Jonas, Klaus Werner SPD 10.09.2003** Kopp, Gudrun FDP 10.09.2003 Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2003 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 10.09.2003 Laurischk, Sibylle FDP 10.09.2003 P R S S T D W D W D (D für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * für die Teilnahme am Parlamentariertreffen der Interparlamentari- schen Union Michael flug, Johannes SPD 10.09.2003*** auber, Helmut CDU/CSU 10.09.2003** chmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 10.09.2003 inghammer, Johannes CDU/CSU 10.09.2003 rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10.09.2003 r. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 10.09.2003 eisheit, Matthias SPD 10.09.2003 r. von Weizsäcker, Ernst Ulrich SPD 10.09.2003 inkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10.09.2003 *** r. Wodarg, Wolfgang SPD 10.09.2003* 59. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2003 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage 1
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eckart von Klaeden


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Kollegin Göring-Eckardt, da Sie seit einiger Zeit

    mmer wieder Hessen erwähnen, frage ich Sie: Ist Ihnen
    ekannt, dass das von Rot-Grün regierte Schleswig-Hol-
    tein überhaupt nicht mehr geratet wird?


    (Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Noch nie geratet worden ist!)



    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

    Herr von Klaeden, ich habe die Entwicklung in den

    ergangenen Jahren dargestellt. Ich habe vor allem dar-
    tellen wollen, wie auf der einen Seite über solide
    inanzpolitik gesprochen und auf der anderen Seite das






    (A) )



    (B) )


    Katrin Göring-Eckardt

    Gegenteil gemacht wird. Wenn man zum Beispiel über
    die Einhaltung der Kriterien von Maastricht redet, dann
    muss man auch Herrn Koch in den Blick nehmen, der
    nämlich erheblich dazu beiträgt, dass wir die Kriterien
    nicht einhalten werden. Dafür sind nicht nur die Bundes-
    regierung oder Hans Eichel verantwortlich.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber sehr wesentlich, Frau Göring-Eckardt!)


    Auch das muss der Ehrlichkeit halber berücksichtigt
    werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, der Konzeptionslosigkeit
    der Union ist entgegenzuhalten: Wir hätten es gern ein
    bisschen konkreter. Die Politik, die Sie hier vorstellen,
    erinnert mich an das, was wir zurzeit in den DDR-Shows
    erleben: viel Nostalgie und Klamauk, aber wenig reale
    Geschichte.

    Frau Merkel, Ihre Vorschläge zur Atomkraft zum Bei-
    spiel sind für die Energiefragen der Zukunft ungefähr so
    tauglich wie der Drink, den Katarina Witt in der DDR
    aus Rotwein, Eiern und Kaffeesahne gemixt hat und der
    angeblich gegen Schnupfen helfen sollte.

    Lieber Herr Bundeskanzler, angeblich ist dieser Drink
    in der DDR getrunken worden. Ich möchte aber nicht,
    dass Sie sich diesen Geschmack vorstellen, weil Ihnen ja
    so leicht übel wird.


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Das ist ein roter Saft, mit Rotwein!)


    Aber zurück zu Ihnen, Frau Merkel. Beim geplanten
    Subventionsabbau durch die Bundesregierung hören wir
    von Ihnen wieder einmal, was alles nicht möglich ist:
    Die Pendlerpauschale muss bleiben und die Eigenheim-
    besitzer brauchen weiterhin die Staatsknete. So funktio-
    niert es aber nicht. Auf der einen Seite die Steuersenkun-
    gen zu begrüßen und eine Neuverschuldung abzulehnen,
    aber auf der anderen Seite jede vernünftige Gegenfinan-
    zierung zu blockieren ist die Quadratur des Kreises. Das
    ist sozusagen Voodoo-Ökonomie, die wir nicht mehr ak-
    zeptieren können.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was heißt „nicht mehr“?)


    Die konnten Sie vielleicht in Ihrer Regierungszeit noch
    betreiben. Jetzt aber sind Sie in der Mitverantwortung
    durch den Bundesrat. Diese Verantwortung müssen Sie
    annehmen. Wir und auch die Öffentlichkeit werden Sie
    dazu zwingen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich bin überzeugt, dass die Menschen von uns vor al-
    lem eines erwarten, nämlich Ehrlichkeit. Sie wollen,
    dass wir deutlich sagen, welche Veränderungen notwen-
    dig sind und was auf sie zukommt. Das betrifft die de-
    mographische Entwicklung wie auch die Tatsache, dass
    sich die Welt verändert und wir nicht mehr in einem iso-

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    (C (D ierten Nationalstaat leben. Das betrifft auch den welteiten Wettbewerb um die besten Ideen, die besten Proukte und die besten Köpfe, in dem wir stehen. Von Sofortprogrammen, wie Sie es wieder im Zusamenhang mit den Gemeindefinanzen vorgeschlagen haen, und einseitigen Wachstumshoffnungen müssen Sie ich verabschieden. Darüber haben wir von der rechten eite dieses Hauses bereits genug gehört. In den goldenen 70erund 80er-Jahren war es wohl elativ leicht, erfolgreich zu sein. Deutschland ging es ut und es gehörte zu den Spitzennationen. Die Sehnucht nach diesen Zeiten springt einen regelrecht an. Das ilt nicht nur für die Nationalelf, sondern auch für die ation. Aber um wieder vorne mitspielen zu können, üssen wir etwas tun und uns ändern. Wir dürfen nicht uf unseren Stühlen hocken bleiben, wie Sie es tun. Aus einer Sicht geht das nur, wenn alle mitmachen: die leinen, aber auch die Großen. Es geht nur, wenn wir icht vergessen, was Sozialstaat für uns bedeutet: nämich nicht das Anspruchsdenken von allen, sondern das intreten für die Schwachen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dass die sozialen Sicherungen in Zukunft nicht mehr
    llein über die Arbeitskosten finanziert und bewältigt
    erden können, ist bekannt. Schon jetzt zahlen wir den
    ohen Preis der Massenarbeitslosigkeit.
    Herr Merz, Sie haben sich sehr darüber gefreut, dass

    er Bundeskanzler die Abschaffung des demographi-
    chen Faktors als einen Fehler bezeichnet hat. Dabei
    üssen Sie aber eines berücksichtigen: Der von Ihnen
    ingeführte Demographiefaktor hätte bei weitem nicht
    usgereicht, um das Rentensystem zu konsolidieren.
    afür brauchte man die private Vorsorge und einen Ka-
    italstock in der Altersvorsorge. Sicherlich sind noch
    eitere Veränderungen notwendig. Sie können sich hier
    edenfalls keinen „weißen Fuß“ machen; denn der De-
    ographiefaktor war zwar ein richtiges, aber nicht aus-
    eichendes Instrument.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann hätte man ihn erst recht nicht zurücknehmen dürfen!)


    owohl Herr Blüm als auch Sie haben das schon damals
    ewusst. Das ist Ihr Fehler gewesen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Mit der Agenda 2010 haben wir mit echten Struktur-
    eränderungen begonnen. Wir brauchen weiter gehende
    eränderungen. Für uns Grüne ist klar, dass eine Bür-
    erversicherung notwendig ist, in die alle einzahlen
    nd die in stärkerem Maße von den Arbeitskosten abge-
    oppelt wird. So sehen soziale Systeme der Zukunft aus.
    as ist auch kein grüner Traum mehr. Herr Seehofer
    ird sich ja aus Vernunftgründen durchsetzen.
    Liebe Freundinnen und Freunde von der Sozialdemo-

    ratie, um den Kompromiss bei der Gesundheitsreform
    aben wir gemeinsam gerungen. Wir haben bei den Ver-
    andlungen mit den Schwarzen sicherlich viel schlucken






    (A) )



    (B) )


    Katrin Göring-Eckardt

    müssen. Aber jetzt können wir gemeinsam zeigen, was
    wir unter Gerechtigkeit verstehen. Eine Bürgerversiche-
    rung – das ist meine ehrliche Überzeugung – ist eine
    echte Chance, die Lasten auf mehr Schultern und auch
    auf diejenigen der Starken zu verteilen. Bei einer Bür-
    gerversicherung geht es nicht darum, mehr Geld in das
    Gesundheitssystem fließen zu lassen, sondern um mehr
    Gerechtigkeit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Vorerst gilt trotzdem: Wir werden dem beschlossenen
    Kompromiss zustimmen, damit überhaupt etwas ge-
    schieht. Aber Sie müssen sich schon gefallen lassen
    – das gilt auch für Sie, Herr Westerwelle –, dass man
    deutlich macht, wer für was zuständig war. Natürlich ha-
    ben Sie den Wettbewerb verhindert und sich schützend
    vor Ihre Klientel, die Ärzte, die Apotheker und die Phar-
    maindustrie, gestellt. Die FDP als Partei der freien
    Marktwirtschaft hat sich angesichts dessen, was Sie bei
    den Verhandlungen über den gesundheitspolitischen
    Kompromiss veranstaltet haben, im Grunde genommen
    bereits selbst überlebt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie dürfen nicht vergessen, dass das Geld, das Sie so
    freizügig verteilen und mit dem Sie umspringen wollten,
    als ob es keine Bedeutung hätte, nicht Ihnen gehört. Es
    handelt sich noch nicht einmal um Steuergelder, sondern
    um Gelder der Beitragszahler und der Versicherten.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wo ist denn bei den Versicherungen Wettbewerb? Warum schützen Sie denn die GKV?)


    – Herr Gerhardt, vielleicht gibt es Ihnen zu denken, dass
    es zwei Menschen gibt, die kritisieren, dass die Fraktio-
    nen der CDU/CSU und der FDP mehr Wettbewerb bei
    den Verhandlungen über den gesundheitspolitischen
    Kompromiss verhindert haben. Der eine ist Herr
    Sommer, der DGB-Chef, und der andere ist Herr
    Rogowski, der Ihnen ja sehr nahe steht. Ich kann nur sa-
    gen: Deutschland bewegt sich. Stillstand – das ist ein-
    deutig – herrscht auf Ihrer Seite.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Herr Westerwelle, Sie haben sich außerdem bei einem
    anderen Problem aufgeblasen, das wirklich schwerwie-
    gend ist und mit dessen Lösung wir uns beschäftigen
    müssen. Das ist das Thema Ausbildungsplätze. Wenn
    es um dieses Thema geht, erzeugen Sie regelrecht einen
    Kältestrom in diesem Hohen Haus, worüber ich mich
    nur wundern kann. Ende September dieses Jahres wer-
    den vermutlich 50 000 Lehrstellen fehlen. Ich finde, dass
    wir das definitiv nicht hinnehmen können.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Herr Westerwelle, die 50 000 jungen Menschen, die kei-
    nen Ausbildungsplatz finden, brauchen wir aber als
    Fachkräfte. Sie müssen eine Chance bekommen. Wer

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    (C (D iel über Schule und Studium redet, der darf die betriebiche Ausbildung nicht vergessen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir haben den Unternehmen wirklich sehr viel Zeit
    elassen, um neue Lehrstellen zu schaffen. Das Ergebnis
    st – Herr Westerwelle, das müsste auch Ihrer Wettbe-
    erbspartei zu denken geben –, dass gerade einmal
    0 Prozent der deutschen Unternehmen ausbilden. Die
    eisten Betriebe bilden also nicht aus. Damit muss
    chluss sein. Wenn es nicht anders funktioniert, dann
    uss es eine entsprechende gesetzliche Regelung geben.
    ann brauchen wir eine Ausbildungsumlage, damit Ju-
    endliche in Ausbildung kommen und damit es Gerech-
    igkeit bei den Unternehmen gibt. Darum geht es.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Sie sprechen aber noch ein anderes „Wettbe-
    erbsthema“ ständig an, nämlich die Handwerksord-
    ung, die eigentlich eine mittelalterliche Zunftordnung
    st. Sie haben sich schützend vor den Meisterbrief ge-
    orfen. Man kann hier sicherlich unterschiedlicher Mei-
    ung sein. Ich halte das Ganze für sehr bürokratisch und
    ür überkommen.
    Aber man kann sich auch einmal mit der Realität be-

    chäftigen. Beispielsweise gibt es in Berlin einen
    eister seines Faches, dem sich – ich habe das gehört
    nd gelesen – auch einige Mitglieder dieses Hauses an-
    ertrauen – nicht Herr Glos, der sich seine Haare immer
    on seiner Frau färben lässt, aber andere. Dieser Mann
    at nach Auskunft der Handwerkskammer Berlin keinen
    eisterbrief. Es handelt sich um Udo Walz. Dass er kei-
    en Meisterbrief hat, ist, wie ich finde, kein Drama. Ich
    offe, niemand hier ist anderer Meinung. Ich weiß nicht,
    b sich Guido Westerwelle bei Herrn Walz die Haare
    öhnen lässt.
    Dieses Beispiel zeigt: Die Handwerksordnung hat

    ich überlebt. Wir brauchen sie in dieser Form nicht
    ehr. Man kann einen Schritt nach vorn tun, entbürokra-
    isieren, endlich einmal Freiheit und Wettbewerb schaf-
    en und die damit verbundenen Möglichkeiten aufzei-
    en.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich möchte auf ein Problem zu sprechen kommen, mit
    em eine große Zukunftsfrage verbunden ist: 1,6 Millio-
    en Menschen, und zwar vor allen Dingen Frauen, sind
    n Deutschland vom Erwerbsleben ausgeschlossen, und
    war nur deswegen, weil die entsprechenden Kinder-
    etreuungsangebote fehlen. 41 Prozent der Frauen in
    eutschland sind nicht erwerbstätig. Das ist in anderen
    uropäischen Ländern anders: In Schweden und Groß-
    ritannien arbeiten 70 Prozent. Die Schaffung der Kin-
    erbetreuungseinrichtungen ist insofern eine Frage der
    esellschaftlichen Gerechtigkeit und eine knallharte
    konomische Frage. Das Fehlen von Kinderbetreuungs-
    ngeboten verhindert Wachstum und das Entstehen von
    rbeitsplätzen in Deutschland.






    (A) )



    (B) )


    Katrin Göring-Eckardt

    Die Beantwortung der Frage, ob die Rahmenbedin-

    gungen stimmen und ob deswegen mehr Kinder geboren
    werden, ist für die Zukunft weit wichtiger als zum Bei-
    spiel die Lösung der Rentenversicherungsprobleme,
    Stichwort: Renteneinstieg mit 67.

    Auch hierbei gilt, liebe Frau Merkel: Ihre Antwort ist
    wieder von gestern. Im Wahlkampf sind Sie noch für die
    Zahlung von Familiengeld eingetreten und jetzt sollen
    die Eltern warten, bis sie Rentnerinnen oder Rentner
    sind. Dann wird bei ihnen „eine Schippe draufgelegt“.
    Fragen Sie die Frauen in Deutschland! Sie wollen heute
    Beruf und Familie verbinden. Die Eltern wollen, dass es
    ihnen heute besser geht, sie wollen heute Möglichkeiten
    haben, sie wollen nicht warten, bis sie im Ruhestand
    sind, um dann dafür belohnt zu werden, dass sie Mütter
    oder Väter gewesen sind. Ich kann nur sagen: Deutsch-
    land bewegt sich. Stillstand herrscht auf Ihrer Seite; Sie
    richten den Blick zurück, und zwar sehr weit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Menschen wissen auch, dass wir auf Dauer nicht
    länger immer neue Schulden machen können. Neue
    Schulden bedeuten Einengung der Bewegungsspiel-
    räume für unsere Kinder und Kindeskinder. Wir müssen
    heute die Möglichkeit haben, in die Zukunft zu investie-
    ren. Dabei geht es um Bildung, um Familien, um For-
    schung und um technische Innovationen. Dabei geht es
    übrigens auch um Energiefragen. Dem, was Sie, Frau
    Merkel, zum Thema Atomkraft gesagt haben, möchte
    ich Folgendes entgegnen: Es gibt auf der Welt kein ein-
    ziges privates Unternehmen, das mit eigenem Geld
    Atomkraftwerke baut. Das müssen Sie sich einfach ein-
    mal bewusst machen, wenn Sie mit solchen Vorschlägen
    kommen. Wenn Sie den Sicherheitsaspekt nicht berück-
    sichtigen wollen, dann berücksichtigen Sie bitte wenigs-
    tens das bisschen, was mit Ökonomie zu tun hat. Ihre
    Art, mit Reformen umzugehen, funktioniert nach dem
    Motto „Zurück auf Los“. Das funktioniert nicht, wenn
    man den Aufbruch in Deutschland schaffen will.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wenn man den Aufbruch in Deutschland schaffen
    will, dann muss man tatsächlich nach vorn blicken und
    die Sozialreformen anpacken. Frau Merkel, Sie haben
    hier vor ein paar Monaten gesagt: Es muss endlich etwas
    vorgelegt werden. – Jetzt liegt etwas vor. Was fehlt, ist
    Ihre Antwort. Die Reformvorschläge liegen vor, der
    Haushalt liegt vor, das Haushaltsbegleitgesetz liegt vor
    und Vorschläge zum Subventionsabbau liegen vor. Was
    fehlt, ist irgendeine Antwort aus Ihren Reihen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles nicht! Das wissen Sie doch! So ein wirres Zeug! Wer hat Ihnen denn diesen Schmarren aufgeschrieben? Entlassen Sie Ihre Referentin!)


    Ich bin froh darüber, dass sich die rot-grüne Koalition
    entschieden hat, ehrlich zu sein. Ich bin übrigens auch

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    (C (D in bisschen stolz darauf. Ich habe Respekt vor denjenien, die sich haben überzeugen lassen, alte Pfade tatächlich zu verlassen und so nicht weiterzumachen. Das Weiter so“ ist das eigentliche Problem im Zusammenang mit sozialer Gerechtigkeit. Auch wenn es bei inzelnen Punkten schwer fällt, brauchen wir die Bereitchaft – auch Ihre –, tatsächlich Veränderungen vorzuehmen, damit wir zukunftsfähig werden. Darauf kommt s an. Wir können den Weg in die Sackgasse nicht weiter eschreiten. Es geht jetzt wirklich um ein neues eutschland. Wir haben uns für beides entschieden: für Selbstbe timmung und für Solidarität, für Freiheit und für Verntwortung. Sie haben sich für Klientelismus und achtspiele entschieden. An die Adresse von Herrn Stoiber, der die Probleme n Deutschland auf ganz andere Weise beschreibt, will ch hier einmal sagen: Unser Problem ist nicht, dass wir in Volk von Drückebergern sind, die Sozialhilfe bezieen – diese Strukturen haben wir selbst geschaffen –; uner Problem ist, dass wir die Ausgrenzung hingenommen aben und dass daraus Sozialhilfekarrieren geworden ind; (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


    nser Problem ist, dass wir 1 Million Kinder in Deutsch-
    and haben, die von Armut bedroht sind, die von Sozial-
    ilfe leben. Wenn wir über Gerechtigkeit reden, dann
    eißt das: Wir wollen Gerechtigkeit auch für diejenigen,
    ie draußen sind. Die Spaltung der Gesellschaft in die,
    ie drin sind, und die, die draußen sind, zu überwinden,
    as ist die Zukunftsaufgabe, die wir haben. Eine solche
    paltung wollen wir nicht. Eine solche Spaltung können
    ir nicht hinnehmen. Das ist die neue Gerechtigkeits-
    rage, vor der wir stehen.
    Wenn Herr Stoiber damit ein Problem hat, dann soll

    r sich bitte einmal die Armutsberichte anschauen und
    ich klar machen, was das für diese Kinder bedeutet, was
    s für ihre Gesundheit bedeutet, was es für ihre Chancen
    n der Schule, bei der Ausbildung und erst recht beim
    tudium bedeutet. Soziale Gerechtigkeit fängt bei den
    chwächsten an und dafür steht diese Regierung ein.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Letztlich ist das natürlich auch ein Potenzial, das wir
    erschenken. Aber mit solchem ökonomischen Potenzial
    at es Bayern ja nicht so. Das betrifft im Übrigen auch
    ie Zuwanderung. Ob Deutschland ein ausländerfreund-
    iches Land ist oder nicht, ob Deutschland den Wettbe-
    erb um die besten Köpfe gewinnen kann oder nicht, ist
    ine harte Standortfrage; Ihre Freunde in der Wirtschaft
    nd Ihre eigenen Experten erzählen Ihnen das jeden Tag
    ufs Neue. Mit der Weigerung, endlich ein modernes Zu-
    anderungsgesetz in Kraft zu setzen, schaden Sie direkt,
    anz direkt der deutschen Wirtschaft: weil die klugen
    öpfe nicht hierher kommen und weil Ausländerfreund-
    ichkeit und Offenheit eines Landes ein Wirtschaftsfak-
    or ist, ein Standortfaktor ist, ein Markenzeichen ist. Ein






    (A) )



    (B) )


    Katrin Göring-Eckardt

    solches Markenzeichen brauchen wir in Deutschland,
    wenn wir tatsächlich Zukunft gewinnen wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das betrifft auch die unheimlich platte Attitüde von
    Herrn Stoiber zu der Frage des EU-Beitritts der Tür-
    kei. Wenn es nach der CSU ginge, besonders in Wahl-
    kampfzeiten, müssten wahrscheinlich erst alle Türkin-
    nen und Türken Weißbier trinken und Dirndl oder
    Lederhose tragen, bevor man darüber überhaupt reden
    kann.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So ein dummes Zeug! So ein dummes Geschwätz! Es ist einer Fraktionsvorsitzenden nicht würdig, so ein dummes Zeug daherzureden! Sie möchte ich im Dirndl gar nicht sehen!)


    Ich finde: Das ist unverschämt. Das spaltet. Ihre Argu-
    mentation spaltet unser Land und spaltet auch Europa.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir haben sehr klar gesagt, wohin wir mit unseren
    Reformen wollen. Wir wollen, dass Deutschland ein
    Land wird, in dem sich etwas bewegt, und zwar hoffent-
    lich auch die Opposition, ein Land, in dem Innovationen
    und Kreativität etwas wert sind, ein Land, in dem nicht
    Gleichmacherei herrscht, sondern Unterschiede genutzt
    werden, ein Land, das Querdenken fördert und Querein-
    steiger befördert, ein offenes Land, das kinderfreundlich
    ist und in dem wirklich keiner mehr außen vor bleibt, ein
    Land, von dem Frauen sagen können: „Das ist mein
    Land“, ein Land, in dem alle bei den Veränderungen, die
    nötig sind, mitmachen, so wie sie es können, und ein
    Land, in dem es keine Schande ist, zu den Schwachen zu
    gehören, sondern eine Ehre, sich der Schwachen anzu-
    nehmen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Auch und gerade das gehört dazu, wenn wir über Bewe-
    gung reden.

    Nun bringt uns ja der Fußball in diesen Tagen manche
    Erkenntnisse. Wir haben gelernt: Es hilft nicht, zu jam-
    mern: Es sind viele verletzt, der Platz ist schlecht be-
    spielbar, der Druck war riesengroß usw. Wahrscheinlich
    erwartet auch niemand, dass jedes Spiel haushoch ge-
    wonnen wird. Aber was wir sehen wollen, ist echte An-
    strengung und den Willen und die Bereitschaft, etwas zu
    leisten,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein bisschen Können sollte auch noch sein!)


    vielleicht sogar einmal über sich hinauszuwachsen. Das
    ist im Fußball wie mit Deutschland.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Auch bei Plenarreden!)


    Heute Abend geht es für die Nationalmannschaft um
    viel. Wenn ich das richtig verstanden habe, wäre es

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    (C (D chon ganz gut, wir würden gewinnen. Vor allem wollen ir eine Mannschaft sehen mit Herz, die gut kombiniert, (Michael Glos [CDU/CSU]: Das wäre dann ein Unterschied zu Rot-Grün!)


    ie kreativ und flexibel ist, in der Einzelne ihre Stärken
    usspielen können


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Jetzt fordert sie auch noch den Rücktritt der Bundesregierung!)


    nd in der gleichzeitig Teamgeist zur Geltung kommt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    ann kann Deutschland wieder Spitze werden – im Fuß-
    all, aber auch als Land; da sind wir sozusagen alle Mit-
    lieder des deutschen Teams.
    Frau Merkel, wenn Sie nicht so sehr mit der Mann-

    eckung in der eigenen Mannschaft beschäftigt wären,
    önnten Sie vielleicht auch vorn mitspielen. Ich kann Sie
    ur auffordern, das mit vollem Einsatz zu tun, hier im
    undestag und im Bundesrat.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Was verstehen Sie von Manndeckung?)


    dmund Stoiber leidet ja wohl noch immer darunter,
    ass er die Qualifikation verpasst hat. Jetzt hockt er auf
    er Ersatzbank und es schwant ihm, dass er bei der
    ächsten Aufstellung gar nicht mehr dabei sein wird. Ich
    ann nur sagen: Gut so! Schließlich wollen wir gewin-
    en. Es geht um viel für Deutschland, nicht bloß heute
    bend in Dortmund.
    Vielen Dank, meine Damen und Herren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Angela Merkel,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
    undeskanzler, Sie haben hier heute generös einen Feh-
    er zugegeben: die Abschaffung des demographischen
    aktors. Die eigentlich viel spannendere Frage – die an-
    ere Frage ist ja lange geklärt – lautet: Was lernen Sie
    araus? Wie vorsichtig gehen Sie voran? Ich möchte
    ämlich nicht erleben, dass Sie in drei oder vier Jahren
    ier stehen – –


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: Da war Siegmund Freud wieder dabei!)


    In vier Jahren stehen Sie nicht mehr hier, aber in drei
    ahren könnte es noch der Fall sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der Regierungsbank)







    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    – Jetzt freuen Sie sich einmal nicht zu früh, Herr Bun-
    deskanzler, es kann auch schneller gehen. Hochmut
    kommt immer vor dem Fall; das sollten Sie beherzigen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte nicht erleben, dass Sie in absehbarer Zeit

    hier stehen und sagen müssen: Ja, die Verletzung der
    Stabilitätskriterien der EU war ein Fehler. Ich möchte
    es insbesondere deshalb nicht erleben, weil es bei den
    Stabilitätskriterien der EU nicht nur um eine nationale
    Frage, sondern um weit mehr geht. Wenn Sie mit einem
    gewissen Laisser-faire und einer gewissen Sicherheit,
    weil Sie sich darin mit Frankreich einig wissen, diese
    Stabilitätskriterien Jahr für Jahr verletzen, gehen Sie die
    durchaus begründete Gefahr ein – Sie wissen das –, dass
    in Europa Dämme brechen, die wir alle miteinander nur
    ganz schwer wieder schließen können. Genau das be-
    schäftigt uns hier.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Leute spüren das doch. Irgendjemand hat eben

    gesagt, der Bundesfinanzminister habe gestern zugege-
    ben, dass es Risiken gebe. Wenn man Risiken kennt,
    dann muss man sie doch – das weiß jeder vernünftige
    Mensch – konservativ bewerten. Es gibt eine ganze
    Schar von Bundesländern in der Bundesrepublik
    Deutschland, die von 1 Prozent Wachstum ausgehen.
    Frau Scheel hat doch gesagt, dass die Annahme überholt
    sei. Damit ist es Ihre verdammte Pflicht und Schuldig-
    keit, nicht von 2 Prozent, sondern von 1 Prozent auszu-
    gehen,


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Für Wachstum zu sorgen!)


    um die Risiken verantwortbar zu bewerten, Herr Bun-
    deskanzler. Sie aber lassen zu, dass das Gegenteil ge-
    schieht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist so, dass die Menschen – man spürt es inzwi-

    schen überall – nur begrenzt belastbar sind. Übrigens gilt
    das, wie man hinzufügen muss, auch für Ihre eigenen
    Abgeordneten.


    (Joachim Poß [SPD]: Machen Sie sich da einmal keine Sorgen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ihre Belastung reicht!)


    Dass die Grenze der Belastbarkeit, also die Grenze
    dessen, was den Menschen in diesem Lande zugemutet
    werden kann, überschritten ist, werden Sie bei der baye-
    rischen Landtagswahl serviert bekommen; am 21. Sep-
    tember abends werden Sie es schwarz auf weiß haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Nun ist es ja nicht so, dass Sie in Wahlkämpfen dazu
    neigen, nur die Wahrheit zu sagen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Den Vorwurf kann man ihm nicht machen!)


    aber es gibt halt Spitzenkandidaten, die das noch tun,
    wie zum Beispiel der bayerische.


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    (C (D (Lachen und Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Ihrer! Ich spreche gerade vom sozialdemokratischen
    pitzenkandidaten.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    er sagt nämlich:

    Die Stimmungslage für die SPD ist derzeit überall
    in Deutschland beispiellos schlecht. Die Verunsi-
    cherung der Menschen ist mit Händen zu greifen.

    echt hat er, der Herr Maget.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    as ist doch auch der Grund, warum man Sie, Herr Bun-
    eskanzler, in Bayern nicht auf den Plätzen sehen will.
    n Ihrer Person macht sich nämlich diese Verunsiche-
    ung fest.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Er ist sie!)

    eil Sie, Herr Bundeskanzler, inzwischen spüren, dass
    ie auf bayerischen Plätzen entbehrlich sind, haben Sie
    ie Sorge, dass Sie überall entbehrlich werden könnten.
    aher haben Sie sicherheitshalber schon einmal erklärt,
    ie müssten 2006 wieder kandidieren. Das ist der einfa-
    he Grund. Sie werden entbehrlich und spüren es. Sie
    erden langsam, aber sicher für dieses Land entbehrlich,
    o wie auf den bayerischen Plätzen in diesen Tagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Er wird öfter eingeladen als Sie, Madame! – Weiterer Zuruf von der SPD: Reines Wunschdenken!)


    Diese Bundesregierung ist in diesen Tagen fünf Jahre
    m Amt. Verunsicherung ist ihr Markenzeichen. Sie sind
    amals Ihr Amt angetreten unter dem Motto, Sie wollten
    icht alles anders, aber vieles besser machen. Das er-
    aubt doch nun die Frage: Was ist in diesen fünf Jahren
    eschehen? Das Wachstum ist von über 2 Prozent in die
    tagnation abgerutscht. Wir haben die rote Laterne in
    uropa. Sie können noch so viel reden: Es gibt Länder in
    uropa, die stehen einfach besser da – Spanien, Groß-
    ritannen.


    (Joachim Poß [SPD]: Niederlande!)

    ch sage es noch einmal: Es liegt eben nicht an der deut-
    chen Einheit; denn aus der deutschen Einheit heraus
    önnte, wie in anderen mittel- und osteuropäischen Län-
    ern, größeres Wachstum kommen, wenn man es richtig
    achte. Sie verantworten heute in Deutschland eine
    euverschuldung von 87 Milliarden Euro.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Das ist ja abenteuerlich! – Joachim Poß [SPD]: Sie waren doch schon bei de Maizière! Sie waren doch das Mädchen von Kohl! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Seien Sie mal ruhig, Sie Flegel!)


    Sie müssen sich wenigstens mit den Fakten auseinan-
    er setzen. – Als Sie die Regierung übernommen haben,
    etrug das Defizit 2,2 Prozent und die Schulden der öf-
    entlichen Haushalte waren halb so hoch wie heute.






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    Am Ende dieses Jahres werden sich die Schulden ver-
    doppelt haben und wird das Defizit mehr als 4 Prozent
    betragen. Das ist die Wahrheit nach fünf Jahren Rot-
    Grün, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie verantworten darüber hinaus die höchsten Kran-

    kenkassenbeiträge. Wir zahlen in diesem Jahr 18,8 Mil-
    liarden Euro aus dem Aufkommen der Ökosteuer als
    Zuschuss in die Rentenversicherung. Trotzdem sind die
    Beiträge nahe 20 Prozent und Frau Schmidt hat noch
    nicht einmal gesagt, wie es im nächsten Jahr weiterge-
    hen soll. Das ist die Wahrheit, Herr Bundeskanzler. Und
    trotz demographisch bedingter Entlastung auf dem Ar-
    beitsmarkt – das macht Jahr für Jahr mindestens
    200 000 Menschen aus – liegt die Zahl der Arbeitslosen
    in diesem Jahr um 300 000 über der des Jahres 1998.
    Das ist die Bilanz von fünf Jahren Rot-Grün.

    Meine Damen und Herren, Ihre Bilanz kann man auch
    so zusammenfassen:


    (Zuruf von der SPD: Sie wollten doch Vorschläge machen!)


    „Es gibt keine Volkswirtschaft, die so viel Geld im
    Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einsetzt wie wir, und
    keine ist so erfolglos wie wir.“ Gesagt hat das nicht etwa
    einer von uns, sondern gesagt hat es der Bundeswirt-
    schaftsminister am „Tag der offenen Tür“ der Bundesre-
    gierung. Tage der offenen Tür scheinen zu offenen Ein-
    sichten zu führen. Wo der Mann Recht hat, hat er Recht.
    Es ist ernüchternd nach fünf Jahren Rot-Grün.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie wollten zwar nicht alles anders, aber vieles besser

    machen. Das Ergebnis ist jedoch: Besser geworden ist so
    gut wie nichts, dafür aber vieles komplizierter, unbere-
    chenbarer. Oder um es mit den Worten der SPD-Ober-
    bürgermeisterin von Halle, Ingrid Häußler, zu sagen:
    „Alles ist besser als das, was die Bundesregierung vor-
    schlägt.“ Das ist eine klare Aussage einer Kommunal-
    politikerin.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, es hätte ja heute gar nicht so

    kommen müssen, denn am 14. März – ob uns als Oppo-
    sition das nun gepasst hat oder nicht – haben Sie einen
    Anlauf genommen und hatten alle Trümpfe in der Hand.
    Sie hatten die Möglichkeit – und vielleicht wollten Sie
    es sogar –, Ihre Politik um 180 Grad in die richtige Rich-
    tung zu drehen. Da fielen auch die richtigen Worte: Es
    war die Rede vom Kündigungsschutz, ich habe etwas
    von Privatisierung des Krankengeldes gehört, es fiel der
    Begriff „betriebliche Bündnisse für Arbeit“.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das war alles ein Fehler!)


    Wir waren nicht geschockt, aber doch neugierig.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Gerührt!)


    Herr Bundeskanzler, von all dem, was Sie damals gesagt
    haben, ist nicht viel übrig geblieben. Ich glaube, irgend-
    etwas läuft schief. Die Diskussionslage im Lande

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    (C (D cheine nicht so zu sein, erklären Sie immer wieder nach inem Blick auf Ihre Umfragewerte. Ihr Problem ist Folendes: Sie haben in Ihrer Politik kein Ziel und keine rundausrichtung. ie haben kein Konzept und keine Linie. (Jörg Tauss [SPD]: Jetzt hören wir Ihr Konzept!)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    ierzu sagt einer aus Ihren Reihen, nämlich Ihr General-
    ekretär, in einem zugegebenermaßen etwas verschach-
    elten Satz: „Ich will nicht die Theorie entwickeln,“ so
    laf Scholz, „dass alles, was wir schon einmal gesagt
    aben, zueinander passt.“


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Glos [CDU/CSU]: Der Mann ist ein Genie!)


    er Mann hat es auf den Punkt gebracht. Genau das ist
    hr Problem: Die Dinge passen nicht zueinander, die
    eute verstehen Sie nicht, Sie sagen heute etwas anderes
    ls gestern und morgen wieder anderes. Deshalb kom-
    en Sie nicht „aus dem Knick“, wie man so schön sagt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Bundeshaushalt, über den wir heute hier spre-

    hen,

    (Joachim Poß [SPD]: Jetzt kommen die Vorschläge! Jetzt kommt Frau Merkel aus dem Quark!)


    st – das ist bedauerlich – das klassische Beispiel dafür:
    ie Grundannahme des Etatentwurfs, nämlich die
    achstumsprognose, ist überholt. Das ist bereits ges-

    ern gesagt worden. Frau Scheel hat versucht, sich da
    ieder herauszureden, aber es wird Ihnen nicht entgan-
    en sein, Herr Bundeskanzler, dass sie ihre grundsätzli-
    he Aussage nicht widerrufen hat; sie hat gestern ledig-
    ich nicht mehr davon gesprochen. Die Grundannahme
    st überholt und deshalb brauchen wir uns mit diesem
    aushalt nicht weiter aufzuhalten.


    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Aber ich gehe gerne auf etwas ein, worüber Sie hier

    usführlich gesprochen haben, nämlich die Frage: Ist es
    ichtig, angesichts der kleinen konjunkturellen Impulse,
    ie es weltweit vielleicht gibt, die Steuerreform vorzu-
    iehen? Herr Bundeskanzler, ich erinnere Sie: Am
    4. März, als Sie die Neuausrichtung Ihrer Politik einge-
    äutet haben, haben Sie uns vehement gewarnt, ange-
    ichts der noch fehlenden Strukturreformen – die bis
    eute noch nicht wirksam sind – für ein Vorziehen der
    teuerreform zu werben. Dann haben Sie sich anschei-
    end anders entschieden. Aber, Herr Bundeskanzler,
    enn wir damals Ihrer Argumentation, das Vorziehen
    er Steuerreform dürfe nicht fast ausschließlich durch
    euverschuldung finanziert werden, zugestimmt haben,
    o dürfen Sie es uns jetzt nicht übel nehmen, dass wir bei
    ieser Auffassung bleiben und sagen: Sie haben bis jetzt
    ichts Anständiges auf den Tisch gelegt. Das ist für uns






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    kein Finanzierungskonzept. Sie müssen schon etwas
    Besseres vorlegen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

    Ich habe heute mit großen Ohren zugehört, weil ich

    dachte, zwischen den ganzen salbungsvollen Worten ste-
    cke vielleicht noch etwas Neues. Aber es ist nichts
    Neues gekommen. Es gibt nach wie vor kein Finanzie-
    rungskonzept und deshalb müssen Sie weiter daran ar-
    beiten, Herr Bundeskanzler, wenn Sie Ihr Ziel für ver-
    nünftig halten. Wann immer Sie ein Konzept vorlegen,
    sind wir bereit, uns das anzuschauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Aber eines wird nicht gehen: Wir werden nicht im
    Anschluss an eine Idee, die nicht die unsrige war,


    (Lachen bei der SPD)

    Ihre Arbeit machen. Das ist so, als wenn Sie sich hinstel-
    len und sagen – ich habe das schon öfter festgestellt –:
    Wir brauchen Kirschkuchen, kennen Sie ein Backrezept
    dafür? – Wenn Sie Kirschkuchen brauchen, backen Sie
    ihn sich selbst! Wir essen dann gerne mit, Herr Bundes-
    kanzler.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Scherzkeks!)


    Sie haben die Verantwortung in diesem Haus.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

    Aber Spaß beiseite, denn die Lage in Deutschland ist

    wirklich mehr als ernst. Natürlich sind Einschnitte und
    Kürzungen notwendig. Dadurch, dass wir mit Ihnen ge-
    meinsam den Weg der Gesundheitsreform gegangen
    sind, haben wir einen wichtigen Beitrag geleistet und ge-
    zeigt, dass wir uns nicht vor unangenehmen Entschei-
    dungen drücken. Wenn Sie das anzweifeln, sprechen Sie
    die Unwahrheit.

    Die Gespräche haben wir wie Sie. Die Frage vieler
    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist: Müsst ihr uns
    das jetzt zumuten? Ist es richtig, dass ihr beim Kündi-
    gungsschutz etwas macht? Wir haben betrieblich schon
    so viel miteinander vereinbart. – Natürlich müssen wir
    diese Fragen genauso beantworten wie Sie. Aber Ihr
    Problem ist, dass Sie eine Kürzungsagenda abarbeiten,
    ohne das Ziel der Veranstaltung jemals deutlich nach
    draußen getragen zu haben. Ihr Problem ist außerdem:
    Geld – das beweisen Sie mit diesem Haushalt – kann
    man sich pumpen. Vertrauen der Menschen in die Rich-
    tung, die Sie einschlagen, kann man sich nicht pumpen.
    Das ist das, womit Sie sich auseinander zu setzen haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Gewisse Fragen muss man eben beantworten. Eine

    Frage – Sie haben sie zumindest ansatzweise gestellt –
    lautet: Womit will Deutschland sein Geld verdienen?


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Mit Windrädern! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE K n d a w ti S d d n d b r d T d d f h g M e w U S g k I e r I l h R S n d t E s E i (C (D GRÜNEN]: Nicht mit Atomkraftwerken jedenfalls!)


    lar, das Wachstumsklima ist weltweit im Augenblick
    icht besonders gut. Aber wir in diesem Hause müssen
    och miteinander darüber sprechen: Machen wir das
    us Deutschland, was in diesem Land steckt? Ist das,
    as wir könnten, auch wirklich Gegenstand Ihrer Poli-
    k?
    In diesem Zusammenhang müssen wir uns – da sind

    ie überhaupt nicht konkret geworden – doch einmal mit
    er Frage auseinander setzen: Ist es in einer Situation, in
    er die Kaufkraft eines Landes sinkt und die Binnen-
    achfrage gering ist, eigentlich richtig, dass 1,3 Milliar-
    en Euro zur Unterstützung der Windkraft ausgege-
    en werden, was die Verbraucher tragen müssen? Ist das
    ichtig?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ich sage hier ausdrücklich: Ich bin für die Förderung
    er Windenergie. Aber dort, wo kein Wind weht, in den
    älern dieses Landes,


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Da machen die noch Wind!)


    a müssen Sie nicht noch einen Windmast aufstellen und
    en produzierten Strom mit 9 Cent pro Kilowattstunde
    ördern. Es muss schon überlegt sein, ob wir da das Geld
    ineinstecken.
    Wir müssen uns auch die Frage stellen, was denn ei-

    entlich beim Herrn Bundesverkehrsminister los ist.
    indestens 400 Millionen Euro sind dort – ich sage es
    twas lax – in den letzten Monaten versäckelt worden,
    eil dieser Mann die Warnungen der Europäischen
    nion nicht ernst genommen hat. Das sind Gelder des
    teuerzahlers, die wir weiß Gott für etwas anderes hätten
    ebrauchen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, tun Sie wirklich alles, was Sie

    önnen, um das Gerede über die pharmazeutische
    ndustrie – ständig spricht man von „Pharmalobby“ –,
    ine Branche, die immerhin viele Arbeitsplätze in unse-
    em Lande sichert und die ausgebaut werden müsste, in
    hren Reihen einmal zu unterbinden? Haben Sie eigent-
    ich schon alles getan, um in Europa auf den Tisch zu
    auen und zu sagen: Die Änderung der Chemikalien-
    ichtlinie, die jetzt geplant ist, gehört weg! – Glauben
    ie allen Ernstes, Sie könnten Ihr Lissabon-Ziel, wo-
    ach Europa der dynamischste Kontinent der Welt wer-
    en soll, mit einem Tausende von Seiten starken Mons-
    er von Vorschriften für die chemische Industrie
    uropas erreichen? Ich sage Nein. Das ist völlig offen-
    ichtlich.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Glauben Sie eigentlich, angesichts der weltweiten

    ntwicklung war es richtig, der grünen Gentechnologie
    n Deutschland einen langen Stillstand verordnet zu






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    haben? Glauben Sie nicht, dass dadurch zahlreiche zu-
    kunftsorientierte Arbeitsplätze verloren gehen?


    (Joachim Poß [SPD]: Sie bauen Pappkameraden auf!)


    Ich sehe Sie schon irgendwann in der Opposition hier
    stehen und sagen: Schade, dass wir daran nicht gedacht
    haben.

    Als Herr Fischer – er ist leider schon gegangen – –

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Nein, er sitzt da hinten!)

    – Gut, da kann ich ihn ja noch besser ansprechen. – Über
    wie viele Jahre haben Sie es verhindert – es waren sie-
    ben! –, bis die gentechnische Produktion von Insulin bei
    Hoechst in Gang gekommen ist? Sie waren stolz darauf.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es genehmigt!)


    – Ja, irgendwann haben Sie es genehmigt, weil Sie gar
    nicht mehr daran vorbeikamen. Deutschland ist unend-
    lich viel Zeit verloren gegangen. Das ist die Wahrheit.
    Das wird bei der grünen Gentechnologie wieder so pas-
    sieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, glauben Sie wirklich, dass es das

    wichtigste Ziel Ihrer Bildungsministerin sein muss, im
    Hochschulrahmengesetz das Verbot von Studiengebüh-
    ren zu verankern? Finden Sie nicht, es wäre prima, wenn
    man den Langzeitstudenten in Deutschland ein bisschen
    Beine machen würde – und Baden-Württemberg sähe
    sich nicht vor dem Bundesverfassungsgericht entspre-
    chenden Klagen ausgesetzt –, indem ihnen Gebühren
    drohen, wenn sie mehr als 13 Semester studieren? Das
    wäre doch einmal ein Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Schlicht und ergreifend: Natürlich sind die Zeiten

    schwierig. Aber es gibt serienweise Beispiele, die zei-
    gen, dass Sie sich genau mit dem beschäftigen, was uns
    nicht voranbringt, und dass Sie das schleifen lassen, was
    uns voranbringt. Das beklagen wir. Für die Menschen in
    diesem Lande fordern wir eine andere Politik ein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Machen Sie mal Vorschläge!)


    Wir müssen uns nicht nur fragen, womit Deutschland
    sein Geld verdient, sondern auch, wie die Strukturen in
    Deutschland sein müssen, damit die notwendigen Ände-
    rungen funktionieren. Es ist klar, dass wir ein Aufbre-
    chen des alten Denkens brauchen. Ich persönlich halte
    das Drohen mit einer Ausbildungsabgabe für das Aller-
    letzte, das in Deutschland Lehrstellen schaffen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich halte es für einen kapitalen Fehler, dass Sie sich in
    dem Jahr, als Sie wussten, wie schwer es wird, genügend
    Lehrstellen zu schaffen, ausgerechnet das Handwerk
    vorgenommen und ihm so richtig eines vor den Kopf ge-

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    (C (D eben haben, damit die Linken bei Ihnen einen Grund um Feiern haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


    Frau Göring-Eckardt, Ihr Beispiel geht doch nach hin-
    en los: Die Tatsache, dass Herr Walz auch ohne Herrn
    lements neue Handwerksordnung Meister ist und ein
    eschäft hat, zeigt doch, dass das Vernünftige heute
    chon möglich ist. Es bedarf also nicht Ihres radikalen
    chnittes, um in Deutschland das Handwerk nach oben
    u bringen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin mir im Gegensatz zu Ihnen absolut sicher:
    enn Sie mit uns gemeinsam das Vermögensteuergesetz
    es ist ohnehin nur noch ein Torso – abschaffen würden,
    ann würde dies eine unglaublich belebende Auswir-
    ung auf sehr viele Betriebe haben;


    (Lachen bei der SPD)

    enn sie wüssten dann, dass es mit diesem Spuk in
    eutschland endlich vorbei ist. Das ist die Wahrheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    In der heutigen Zeit, in der viele Unternehmen nicht
    ewinne, sondern Verluste machen, ist die immer wie-
    erkehrende Androhung der Mindestbesteuerung für
    lle genau das falsche Signal, um in Deutschland die
    onjunktur wieder in Gang zu setzen. Unsere Alterna-
    ive ist, die Mindestbesteuerung nicht einzuführen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Nur wenn Gewinne da sind, gnädige Frau!)


    Nach dem 14. März haben wir eine groteske Situation
    rleben müssen, die von den Arbeitnehmerinnen und Ar-
    eitnehmern glücklicherweise auch so empfunden
    urde, nämlich den Streik in den neuen Bundesländern
    m die 35-Stunden-Woche, der die IG Metall in eine
    iefe Krise geführt hat.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Das hat Schröder angezettelt!)


    Herr Stiegler, das hat Herr Schröder zwar nicht ange-
    ettelt. Ein klares Wort von ihm gegen diesen Schwach-
    inn hat aber gefehlt. Das müssen Sie zugeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    ch bin mir ganz sicher, dass Herr Schröder den Streik
    ls schwachsinnig empfunden hat. Aber er hat es er-
    taunlicherweise nicht ausgesprochen.
    Man kann aus dieser Angelegenheit zwei Lehren zie-

    en. Die erste Lehre ist, dass die Gewerkschaften allein
    icht vernünftig genug sind, als dass man den Betrieben
    or Ort die Möglichkeit betrieblicher Bündnisse für
    rbeit nicht gesetzlich eröffnen müsste.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    Aus dieser Schlussfolgerung ergibt sich unser Vorschlag,
    der Ihnen Paragraph für Paragraph auf dem Tisch liegt:
    Änderung des Tarifvertragsgesetzes, Änderung des Be-
    triebverfassungsgesetzes samt einer sinnvollen Verände-
    rung des Kündigungsschutzes. Was Herr Clement in Be-
    zug auf den Kündigungsschutz vorlegt, spottet jeder
    Beschreibung. Dennoch gibt es darüber Diskussionen
    bei Ihnen. Ein komplettes Arbeitsmarktreformgesetz,
    das wir beraten können, liegt Ihnen vor. Wir bauen da-
    rauf, dass Sie konstruktiv darauf eingehen.

    Die zweite Lehre, die wir aus diesem Streik ziehen
    müssen, ist, dass wir mit den Tarifvertragsparteien auch
    über das, was jenseits gesetzlicher Regelungen in
    Deutschland notwendig ist, sprechen müssen. Wir kön-
    nen doch nicht unsere Augen vor der Tatsache verschlie-
    ßen, dass 51 Prozent der Lohnzusatzkosten in Deutsch-
    land nicht auf uns, den Gesetzgeber, zurückgehen,
    sondern durch Tarifverträge vereinbart sind.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist Tarifautonomie!)

    – Richtig, das ist Tarifautonomie. Aber die Tarifauto-
    nomie ist deshalb genauso wie die Parteien und anderes
    grundgesetzlich geschützt, weil die Tarifautonomie dem
    Gemeinwohl verpflichtet ist. Sie kann nicht in Besitz-
    standsdenken umdefiniert werden. Das ist die Wahrheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Es kann nicht sein – das sage ich ausdrücklich in
    Richtung der Gewerkschaften und der Wirtschaft –, dass
    uns die Wirtschaft sagt, was wir in diesem Hause zu tun
    haben,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es!)

    wir aber den Mund halten müssen, wenn wir der Mei-
    nung sind, auch einmal sagen zu müssen, was man an
    anderer Stelle tun könnte.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Genau aus diesem Grund habe ich gesagt, dass es
    nicht um die Frage geht, ob in den westlichen Bundes-
    ländern mehr oder weniger gearbeitet wird und ob der
    Osten so werden muss wie der Westen. Es geht vielmehr
    darum, dass wir insgesamt in Deutschland länger ar-
    beiten müssen. Daran führt kein Weg vorbei.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Herr Bundeskanzler, an dieser Stelle brauchen wir
    glücklicherweise nicht das Prinzip „Hire and fire“ bzw.
    Amerika als Abschreckung zu instrumentalisieren. Wir
    müssen nur in die Schweiz gehen, die noch nicht wegen
    Asozialität und Unsozialität weltweit bekannt geworden
    ist. Dort arbeitet man mehr als 220 Tage pro Jahr; wir
    arbeiten 175 Tage pro Jahr. Dort arbeitet man pro Woche
    im Durchschnitt 40,5 Stunden und bei uns 37,5 Stunden.
    Glauben Sie, alle deutschen Arbeitnehmerinnen und Ar-
    beitnehmer seien so viel schneller und unsere Maschinen
    so viel besser, dass wir dies aufholen könnten? Es ist
    sinnvoll und notwendig, dass wir auch bei uns ohne
    Schaum vor dem Mund über einen solchen Prozess dis-

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    (C (D utieren und dies ansprechen. Das ist – jedenfalls nach einem Verständnis – die Pflicht der Politik. Dann geht es darum – zumindest im Ziel stimmen wir berein –, dass wir die Arbeitslosenund die Sozialilfe zusammenlegen müssen, um in Deutschland wieer bessere Leistungsanreize zu schaffen. Ich weiß wie ie, dass es gerade in neuen Bundesländern eine verammt schwierige Sache ist, wenn Menschen in einer egion, in der auf einen freien Arbeitsplatz 25 oder 0 Bewerbungen kommen, gesagt werden muss: Passt uf, ihr bekommt jetzt Sozialhilfe. Wir müssen auf jeden Fall dafür Sorge tragen, dass ei Menschen, bei denen dies der Fall ist, insbesondere ei Menschen mit Familien, bei Alleinerziehenden und üttern, die Bedürftigkeitsprüfung nicht die eigene Alrssicherung einschließt. Es wäre nämlich wirklich fal, wenn jemand, der für das Alter vorgesorgt hat, desegen, weil er Sozialhilfe bekommt, diese Vorsorge mit ngerechnet bekommt. Das muss beachtet werden. Wir sind uns im Ziel einig. Trotzdem haben wir einen nderen Gesetzentwurf eingebracht als Sie. Denn wir lauben, dass dieser Prozess so weit wie möglich von nten nach oben organisiert werden sollte. Die Kommuen sollten also so weit wie möglich die subsidiäre Verntwortung übernehmen. Denn diese kennen die Menchen und ein solcher Prozess muss nahe am Menschen tattfinden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Es ist leider wahr: Die Kommunen, durchaus auch
    on uns während unserer Regierungszeit enttäuscht, nun
    ber durch das, was sie im Zusammenhang mit der Kör-
    erschaftsteuerreform unter Herrn Eichel erlebt haben,
    öllig vor den Kopf gestoßen, sagen: Wir wollen be-
    timmte Aufgaben nicht mehr übernehmen; wir trauen
    uch nämlich nicht zu, dass ihr uns die dafür notwendi-
    en Mittel zur Verfügung stellt.
    Deshalb schlagen wir vor, eine Grundgesetzände-

    ung vorzunehmen, in der die finanzielle Ausstattung
    er Kommunen klar geregelt wird.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    azu legen wir Ihnen den Gesetzentwurf des Landes
    essen vor; Weiteres werden wir beraten müssen. Das
    t eine ganz andere Grundlage als das, was Sie vorse-
    en. Sie wollen die Bundesanstalt für Arbeit um 12 000
    eute aufstocken. Diese wurde schon bisher ihren Auf-
    aben nicht gerecht. Wir haben erhebliche Zweifel, dass
    ie ihre Arbeit mit 12 000 bzw. 16 000 Leuten mehr bes-
    er bewältigen kann. Das ist der Unterschied.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Frau Göring-Eckardt, bitte erzählen Sie nicht, wir hät-
    n keine Alternative. Unsere Alternative steht samt dem
    rbeitsmarktreformgesetz und dem Soforthilfeprogramm






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    für die Kommunen in einem großen Konvolut, das
    300 Seiten dick ist. Insbesondere in einem Punkt sind
    wir unterschiedlicher Meinung im Vergleich zu Ihnen:
    Wir halten es für einen ziemlichen Schwachsinn, jetzt
    auch noch alle Freiberufler zu besteuern. Dies ist im
    Übrigen nicht finanzwirksam für die Kommunen. Des-
    halb hören wir mit Freude, dass Sie als Fraktion – Herr
    Müntefering, alle Achtung, wir haben es vier Mal einge-
    bracht – die Gewerbesteuerumlage jetzt wieder auf den
    alten Stand bringen wollen. Das wäre nämlich für die
    Kommunen eine verlässliche Einkommensquelle.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Eichel, es war einer Ihrer großen Finanzierungs-

    tricks: Sie haben den Kommunen den Anteil an der
    Gewerbesteuer weggenommen und eine Ihrer beliebten
    Luftbuchungen, nämlich irgendetwas mit AfA, gemacht
    und dabei nicht bedacht, dass wir dem nicht zustimmen
    werden, weil es mittelstandsfeindlich ist. Dadurch haben
    Sie die Kommunen auf dem Trocknen sitzen lassen. Das
    ist die Genesis der finanziellen Entmachtung der Kom-
    munen durch diese Bundesregierung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Deshalb wollen Sie die Gewerbesteuer abschaffen!)


    Im Zusammenhang mit den Fragen danach, wer für
    was verantwortlich ist und wie wir die Bundesrepublik
    unter den neuen Bedingungen organisieren, möchte ich
    eine Mahnung an den Bundeswirtschaftsminister aus-
    sprechen.


    (Joachim Poß [SPD]: Der nächste Pappkamerad!)


    Herr Wirtschaftsminister, Sie haben im Augenblick ei-
    nen Fall auf dem Tisch liegen, der sich mit dem befasst,
    was man Pressefreiheit und Wettbewerb im Pressebe-
    reich nennt. Ich rate Ihnen dringend, sich an dieser Stelle
    nicht über das Votum des Kartellamtes und der Mono-
    polkommission hinwegzusetzen; denn wenn in der deut-
    schen Hauptstadt die Presselandschaft durch Eingriff des
    Bundeswirtschaftsministers so geordnet wird, wie es die
    Bundesregierung gerne hätte, wäre es das schlechtest-
    mögliche Signal für Deutschland. Das können wir im
    Moment wirklich nicht gebrauchen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Wenn wir die Fragen „Womit wollen wir unser Geld
    verdienen?“


    (Walter Schöler [SPD]: Mit Leo Kirch usw., das ist doch bekannt!)


    und „Wie müssen wir das Land organisieren?“ beant-
    wortet haben, dann müssen wir uns die Frage stellen:
    Wie ist unser Verständnis von unserem Land und von
    Europa?


    (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

    Der Bundesaußenminister hat neulich gesagt, dass wir

    unsere Interessen europäisch definieren müssen. Ich
    stimme ihm teilweise zu. Wir müssen sie zunehmend

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    (C (D uropäisch, aber in vielen Fragen auch deutsch definieen – welches sind die deutschen Interessen? –, damit ir unseren Anteil in Europa bekommen. Das ist überaupt keine Frage. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ich komme jetzt auf einen Punkt zu sprechen, der viel
    it unserem Selbstverständnis zu tun hat.


    (Jörg Tauss [SPD]: „Tagesspiegel“!)

    ieses Selbstverständnis hat für mich mit unserer Ge-
    chichte und unserem Umgang mit ihr zu tun.


    (Joachim Poß [SPD]: Noch ein Pappkamerad!)

    s gibt eine Initiative zum Zentrum gegen Vertrei-
    ung. Diese Initiative ist wirklich nicht parteilich orga-
    isiert, sondern vertritt ganz unterschiedliche Richtun-
    en. Diese Initiative hat gesagt: 12,5 Millionen
    enschen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vertrie-
    en. Die Gründung eines solchen Zentrums ändert über-
    aupt nichts an der Auseinandersetzung mit dem Un-
    echt, das Deutschland über die Welt gebracht hat. Aber
    uch Deutschen ist Unrecht passiert.
    Die Frage, ob wir in Deutschland und in Berlin die
    raft haben, uns in einem solchen Zentrum mit diesem
    eil unserer Geschichte auseinander zu setzen


    (Jörg Tauss [SPD]: Was Sie da treiben, ist geschichtslos!)


    der ob wir einen Bundeskanzler haben, der als Erstes
    it subtilen Unterstellungen erklärt, dies würde nur aus
    ückwärts gewandter Geschichtsklitterung stattfinden,
    t eine entscheidende Frage bis ins nächste Jahrhundert
    inein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Deshalb – das sage ich ganz ruhig – habe ich es für
    erantwortungslos gehalten, dass Sie die Besorgnisse,
    ie es in Polen und Tschechien gab, genutzt haben, um
    inseitig Stellung zu beziehen und keinen Beitrag – jetzt
    ersucht es der Innenminister – zur Versöhnung in dieser
    rage zu leisten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Nichts, aber auch gar nichts spricht gegen ein euro-
    äisches Netz solcher Gedenkstätten. Aber auch in
    eutschland – mit 12,5 Millionen Betroffenen – müssen
    ir doch die Kraft haben, damit verantwortungsvoll um-
    ugehen. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich mit unse-
    er Fraktion die Initiative des Bundes der Vertriebenen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, es war immer die Politik von
    nion und SPD, dass man den Kampf gegen Terror nicht
    lleine militärisch führt. Das möchte ich hier noch ein-
    al sagen, obwohl ich glaube, dass Sie es wissen. Es
    ar immer unsere Politik, dass wir Entwicklungshilfe,
    ufbauhilfe und Wirtschaftshilfe brauchen. Aber wir
    rauchen auch militärische Komponenten. Deshalb wer-






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    den wir uns in allen anstehenden Fragen verantwor-
    tungsvoll entscheiden. Wolfgang Schäuble wird dazu
    heute sicherlich noch Stellung nehmen.

    Herr Bundeskanzler, wo wir beim Thema Verantwor-
    tung sind: Ich fand, Ihr Auftritt mit dem türkischen
    Ministerpräsidenten bei dessen Staatsbesuch in einer ge-
    meinsamen Pressekonferenz und die Beschimpfungen
    von CDU und CSU waren einmalig und wieder einmal
    verantwortungslos.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Sie tun so, als seien die Kopenhagener Kriterien, die in
    Europa für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten gelten,
    von der Türkei einfach so zu erfüllen. Ich denke dabei
    nicht an die Anstrengungen, die die Türkei macht; das
    habe ich Herrn Erdogan gesagt. Es gibt unter den Ko-
    penhagener Kriterien vielmehr ein Kriterium, das mit
    der Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union, so wie
    sie heute besteht, zu tun hat. Wollen Sie bestreiten, dass
    zu einem Zeitpunkt, zu dem wir gerade einmal 25 Mit-
    gliedstaaten geworden sind, keine Probleme bestehen?
    Ich muss Ihnen sagen, dass wir diesen Kurs gegenüber
    der Türkei nicht mitmachen werden. Ich möchte, dass
    wir redlich miteinander umgehen, gerade weil es
    Freunde sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Mitglieder der Bundesregierung und Sie selbst,

    Herr Bundeskanzler, sprechen davon, Deutschland
    müsse sich bewegen. Diese Aussage ist nicht falsch, ist
    aber, wie man in der Mathematik sagen würde, nicht hin-
    reichend. Zickzackbewegungen helfen uns nicht, Bewe-
    gungen nach unten auch nicht. Deutschland muss sich
    nach oben bewegen. Das muss die Richtung sein.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

    Dazu müssen wir Deutschland verändern; das ist rich-

    tig. Aber wir müssen Deutschland – das geht darüber
    hinaus – fair ändern. Die Menschen erwarten Fairness
    bei dem, was ansteht.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit es hier zu Innovationen kommt und das Ganze
    die richtige Richtung bekommt, habe ich Ihnen am
    14. März dieses Jahres ein Angebot gemacht, auf das
    Sie leider nicht eingegangen sind. Ich habe gesagt, das
    werde ein Prozess, der nicht ein halbes Jahr oder ein
    Jahr dauert, sondern zehn oder zwölf Jahre. Lassen Sie
    uns Größen für Investitionskraft, Beschäftigung, Bil-
    dung und Forschung finden, anhand derer wir mit den
    Menschen Jahr für Jahr überprüfen können, ob wir auf
    dem richtigen Weg sind. Das würde Verlässlichkeit in
    die Sache bringen. Auf die Frage, die die Menschen
    stellen, wozu und warum das Ganze gemacht wird,
    müssen wir eine Antwort haben. Diese Antwort muss
    glaubhaft sein. Dazu brauchen wir eine Gerechtigkeit,
    die im Gegensatz zu dem, was Sie im Moment machen
    – Sie sprechen nur über Chancengerechtigkeit, was wir
    dagegen schon viele Jahre verfolgt haben –, leistungs-
    gerecht ist. Der Bürger, der unten an der Basis etwas

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    (C (D eistet, muss wissen, dass seine Leistung von denjenien über ihm auch anerkannt wird. Daran fehlt es in eutschland bis heute. enau das verstehe ich unter fair ändern. Wenn Sie das eherzigen würden – Sie tun das nicht oder können es icht, warum weiß ich nicht –, dann brauchten Sie auch eine Phantomdebatten zu führen. (Joachim Poß [SPD]: Das machen Sie jetzt die ganze Zeit!)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    In einer dieser Phantomdebatten geht es um den
    emokratischen Sozialismus. Der SPD-General-
    ekretär hat in der „FAZ“ vom 21. August 2003 gesagt,
    er demokratische Sozialismus sei „eher so’n Sprech-
    nfall“.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    ir ist der Atem gestockt, und zwar aus zwei Gründen:
    um einen scheint der demokratische Sozialismus für
    anche von Ihnen das Erbstück sozialdemokratischer
    dentität zu sein.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das war in zwei Wahlkämpfen erkennbar!)


    um anderen kann ich nur sagen, dass ich Sozialismus
    us persönlicher Erfahrung heraus wirklich nicht als
    prechunfall bezeichnen kann. Das war ein Realunfall
    it grausamen Auswirkungen für Millionen von Men-
    chen, die ich persönlich nicht zu vergessen beabsich-
    ge.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Übrigen füge ich hinzu: Die Leute haben die

    chnauze voll von Sprechunfällen Ihrer Regierung.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    ie Leute wollen sehen, dass endlich etwas passiert.
    eshalb lautet unser Motto „Deutschland fair ändern“.
    as wird auch die Grundlage unserer Oppositionspolitik
    nd unserer Mitarbeit im Bundesrat sein.
    Ich sage Ihnen ganz klar: Blockieren, wie Sie es zu

    afontaines Zeiten gemacht haben, passt nicht zur
    nion.


    (Joachim Poß [SPD]: Werbeagentur Merkel!)

    as geht gar nicht zusammen, das passt nicht, das ist
    öllig unmöglich. Das geht weder mit unseren Wählern,
    och mit unseren Mitgliedern und schon gar nicht mit
    er Bundestagsfraktion von CDU/CSU.


    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn wir zustimmen, dann stimmen wir begründet

    u. Das haben wir bei vielen außenpolitischen Gemein-
    amkeiten schon getan. Was wir verbessern können
    Beispiel Gesundheitsreform –, das werden wir verbes-
    ern. Was wir ablehnen, das lehnen wir begründet ab.
    eshalb können Sie sich einer Sache sicher sein: Diesen
    aushalt und wahrscheinlich noch so manches mehr






    (A) )



    (B) )


    Dr. Angela Merkel

    lehnen wir ab, weil es Begründungen für genau die Ab-
    lehnung gibt.

    Herzlichen Dank.

    (Lang anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)