1) Anlage 6.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4449
        (A) )
        (B) )
        schläge zum Bürokratieabbau ab.
        d
        ern muss. Denn bisher lehnen Sie alle unsere Vor-
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung
        des Europarates
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        Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
        Adam, Ulrich CDU/CSU 26.06.2003*
        Bindig, Rudolf SPD 26.06.2003*
        Breuer, Paul CDU/CSU 26.06.2003
        Deittert, Hubert CDU/CSU 26.06.2003*
        Dr. Flachsbarth, Maria CDU/CSU 26.06.2003
        Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 26.06.2003
        Haack (Extertal),Karl Hermann SPD 26.06.2003
        Höfer, Gerd SPD 26.06.2003*
        Jäger, Renate SPD 26.06.2003*
        Kauch, Michael FDP 26.06.2003
        Lamp, Helmut CDU/CSU 26.06.2003
        Lintner, Eduard CDU/CSU 26.06.2003*
        Lohmann, Götz-Peter SPD 26.06.2003
        Rauber, Helmut CDU/CSU 26.06.2003*
        Riester, Walter SPD 26.06.2003*
        Dr. Scheer, Hermann SPD 26.06.2003*
        Schmidt (Ingolstadt), Albert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 26.06.2003
        Schösser, Fritz SPD 26.06.2003
        Sehn, Marita FDP 26.06.2003
        Seib, Marion CDU/CSU 26.06.2003
        Siebert, Bernd CDU/CSU 26.06.2003*
        Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 26.06.2003
        Vaatz, Arnold CDU/CSU 26.06.2003
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        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        nlage 2
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes
        über die Verwendung von Verwaltungsdaten
        für Zwecke der Wirtschaftsstatistiken (Verwal-
        tungsdatenverwendungsgesetz – VwDVG) (Zu-
        satztagesordnungspunkt 12)
        Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bürokra-
        ieabbau sollte bereits bei der Überschrift von Gesetzen
        eginnen. Warum sagen wir nicht einfach: „Abbau von
        irtschaftsstatistiken durch Nutzung von Daten der öf-
        entlichen Verwaltung“? Dann wissen gleich alle, was
        erninhalt des Gesetzes ist.
        Zum Aufbau der Bürokratie haben alle ihren Beitrag
        eleistet. Wir sollten jetzt nicht herummäkeln, dass hier
        ediglich ein kleiner Schritt zum Bürokratieabbau gegan-
        en wird. Wir sind nicht gehindert, weiter zu gehen.
        Statistik muss sein. Gerade wirtschafts- und finanzpo-
        itische Entscheidungen müssen auf einer gesicherten
        atengrundlage gefällt werden. Nutzen und Kosten von
        tatistischen Erhebungen müssen allerdings in einem
        ernünftigen Verhältnis stehen. Selbstkritisch müssen
        ir immer wieder fragen, ob die Erhebungen, die wir ge-
        etzlich verordnen, auch notwendig sind. Mit dem vor-
        iegenden Gesetz sollen Informationsnetze aufgebaut
        nd Doppelerhebungen abgebaut werden.
        Wir verwenden mehr Verwaltungsdaten und entlasten
        o die Wirtschaft. Einfach gesagt, wir müssen nicht all
        as erneut abfragen, was wir an anderer Stelle längst
        issen. Wir erleichtern die Übermittlung von Daten der
        inanzbehörden und der Bundesanstalt für Arbeit und
        erzichten auf Abfragen bei den Unternehmen. Auf
        unsch der Länder ist dieses Gesetz befristet. Die Län-
        er befürchten zusätzliche Kostenbelastungen. Wir ge-
        en allerdings davon aus, dass langfristig dieses Gesetz
        osten einsparen wird. Die Länder sind gebeten worden,
        urzfristig konkrete Vorschläge zur weiteren Reduzie-
        ung von Wirtschaftsstatistiken zu unterbreiten.
        Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Wir haben
        iesen Wust an Wirtschaftsstatistiken parteiübergreifend
        ufgebaut. Lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung
        bernehmen! Offensichtlicher Unsinn sollte als solcher
        ffen benannt und korrigiert werden. Schön, wenn wir
        ns dabei gegenseitig überflügeln. Nur auf die Bremse
        reten soll niemand.
        Gisela Piltz (FDP): „Verwaltungsdatenverwen-
        ungsgesetz!“ Wenn man sich dieses Wort auf der Zunge
        ergehen lässt, kann man kaum glauben, dass mit diesem
        esetz weniger Verwaltung und Bürokratie erzielt wer-
        en soll. Jedoch ist es wirklich so, dass dadurch eine
        erwaltungsvereinfachung und die Entlastung der Wirt-
        chaft bezweckt werden soll, und das von Rot-Grün! Sie
        ntschuldigen, wenn ich mich einen Augenblick wun-
        4450 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        In formeller Hinsicht ist in diesem Entwurf hervorzu-
        heben, dass eine alte Forderung der FDP, Gesetze mit ei-
        nem Verfallsdatum zu versehen, hier berücksichtigt
        wurde. Die Bundesregierung lernt!
        Diese Testphase ist bis 2008 sehr lang geworden.
        Viereinhalb Jahre Testfall, das gibt es nur bei Rot-Grün.
        Ob dieser Weg funktioniert oder nicht, wird sich wohl
        schneller herausstellen.
        Auch frage ich mich, warum in § 6 des Gesetzent-
        wurfs die Bundesregierung, zwar mit Zustimmung des
        Bundesrates, die Anwendung des Gesetzes aussetzen
        darf. Die Entscheidung darüber sollte doch beim Parla-
        ment bleiben und nicht an die Bundesregierung abgege-
        ben werden.
        Es wäre besser, wenn wir im Rahmen der so genann-
        ten Jo-Jo-Klausel bei der Rücknahme dieser Testphase
        als Bundestag beteiligt wären. Mit dieser speziellen Re-
        gelung für eine Rechtsverordnung hätten wir nicht die
        Pflicht, sondern das Recht, uns zu beteiligen. Wenn
        schon in die richtige Richtung, dann bitte konsequent.
        Wenn es Ihnen wirklich Ernst mit dem Bürokratieab-
        bau wäre, dann sollten Sie endlich die monatliche Um-
        satzsteuer-Voranmeldung für mittelständische Unterneh-
        men an das Finanzamt abschaffen. Alle drei Monate
        reicht völlig aus. Das, meine Damen und Herren von
        Rot-Grün, wäre echter Bürokratieabbau!
        Der Datenschutzbeauftragte hat zwar keine Bedenken
        gegen dieses Gesetz gehabt, aber an manchen Stellen
        fragen wir uns, ob der Grundsatz der „Datensparsam-
        keit“ eingehalten wird. Wir werden die Testphase im
        Hinblick auf den Datenschutz kritisch begleiten.
        Als Letztes ist noch auf die Kritik des Bundesrates
        einzugehen, der ja richtigerweise darauf hinwies, dass
        auch die Kosten zum Aufbau und der Führung der erfor-
        derlichen Datenbanken auszuweisen sind, damit eine
        Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit gewahrt
        bleibt. Auch ist es bedenklich, dass den Ländern erheb-
        lich höhere Kosten als bisher entstehen. Trotz dieser
        Mängel werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
        Liebe Kollegen und Kolleginnen von Rot-Grün, se-
        hen Sie es als Motivationshilfe für die Bundesregierung
        an, weiter Bürokratie abzubauen.
        Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
        minister für Wirtschaft und Arbeit: Ein enges Geflecht
        von Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften, Auflagen,
        Meldepflichten schränkt die Spielräume der Unterneh-
        men ein und lähmt ihre Initiative. Das Regelwerk, das
        Selbstständige in unserem Land beim Gründen und Fort-
        führen ihrer Betriebe zu beachten haben, füllt Regale,
        und durch die Meldungen, die sie während der laufenden
        Geschäfte zu erstatten haben, kommen ständig neue Ak-
        tenordner hinzu.
        Dieser bürokratische Aufwuchs behindert den Auf-
        und Ausbau von Unternehmen, er hemmt Investitionen
        und Innovationen, er kostet viel Zeit, viel Geld und Ner-
        ven. Wir alle haben dazu beigetragen, dieses Dickicht zu
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        chaffen – der Bund ebenso wie die Länder und die Ge-
        einden, aber auch die europäischen Partner in Brüssel.
        Die Absichten hinter dem Bürokratieaufbau waren
        abei ja zumeist durchaus wohl gemeint:
        Wir wollten Rechtssicherheit für Verwaltungsakte,
        m wirtschaftliches Handeln zu erleichtern. Tatsächlich
        ber verkomplizierten und verlängerten wir dadurch Ge-
        ehmigungsverfahren und erschwerten Investitionen am
        tandort Deutschland.
        Wir haben hohe Ansprüche an die Handwerksaus-
        bung gestellt, um die Qualität der Leistungen und der
        usbildung zu sichern. Tatsächlich aber haben wir den
        erufszugang zu stark abgeschottet und behindern Exis-
        enzgründungen.
        Wir wollten – damit komme ich zum aktuellen Tages-
        rdnungspunkt – bessere statistische Informationen über
        ie Wirtschaft, um deren Lage analysieren und gegebe-
        enfalls Handlungsbedarf frühzeitig erkennen zu kön-
        en.
        Tatsächlich belasten wir die Wirtschaft mit Fragebö-
        en, deren Beantwortung Stunden dauert und zusätzliche
        rhebungen erfordert und deren Nichtbeantwortung
        trafbewehrt ist. Sicherlich brauchen wir, brauchen ins-
        esondere auch Wissenschaft und Forschung aktuelles
        nd belastbares statistisches Zahlenmaterial – aber wirk-
        ich in dem Umfang wie heute? Ist es immer noch nötig,
        as meiste durch Direkterhebungen zu erfragen? Oder
        eigt der Weg in die Informationsgesellschaft nicht auch
        öglichkeiten auf, durch Informationsnetze ohnehin
        orhandene Daten zu nutzen, statt sie in anderem Zu-
        ammenhang nochmals zu erheben?
        Mit dem Verwaltungsdatenverwendungsgesetz stre-
        en wir an, die Dinge einfacher zu machen. Die Abfrage
        on Daten bei Unternehmen soll ersetzt werden durch
        ie Nutzung von Verwaltungsdaten der Finanzbehörden
        nd der Bundesanstalt für Arbeit.
        Dabei geht es zunächst um die Angaben für Umsätze
        nd die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten.
        s soll untersucht werden, ob diese Verwaltungsdaten
        ich vor allem für konjunkturstatistische Zwecke eignen.
        Das vorliegende Gesetz schafft die rechtlichen Vo-
        aussetzungen dafür, dass die benötigten Daten künftig
        usammengeführt werden können, und auch dafür, die
        erwendbarkeit für den angestrebten Zweck zu testen.
        allen diese Tests positiv aus, bestätigt sich die Eignung
        er Verwaltungsdaten für statistische Zwecke, werden
        ie künftig die entsprechenden Unternehmensbefragun-
        en obsolet machen. Wir sind überzeugt, dass durch die-
        es Verfahren mittelfristig beträchtliche Kosten einge-
        part werden können.
        Eine solche Entlastung von statistischen Berichts-
        flichten ist in unserem gemeinsamen Interesse. Denn
        icht das Ausfüllen statistischer Fragebögen, sondern
        er Erfolg am Markt und das Schaffen neuer Arbeits-
        lätze sind die originären unternehmerischen Aufgaben
        nd Ziele.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4451
        (A) )
        (B) )
        Der Gesetzentwurf ist Bestandteil des Masterplans
        Bürokratieabbau und ein wichtiges Projekt für das Ziel
        der Bundesregierung, Bürokratie im Bereich der amtli-
        chen Statistik abzubauen. Er beruht auf einem mehrjäh-
        rigen Abstimmungsprozess zwischen Bund und Län-
        dern.
        Der Bund ist den Ländern bei der jetzt vorgelegten
        Fassung nochmals entgegengekommen. So haben wir
        eine neue Kostenermittlung in Auftrag gegeben, die den
        Gesetzentwurf ergänzt und erneut die beträchtlichen mit-
        telfristigen Entlastungsmöglichkeiten durch das in Aus-
        sicht genommene Vorgehen bestätigt.
        Die weitergehenden Forderungen des Bundesrates
        sind mit diesem Ziel nicht vereinbar. Den Zweck des Ge-
        setzes nur auf Untersuchungen zur Eignung der Verwal-
        tungsdaten allein für konjunkturstatistische Zwecke zu
        beschränken und den Übergang in den Echtbetrieb zu
        streichen würde die erzielbaren Einsparungen und den
        beabsichtigten Bürokratieabbau infrage stellen.
        Dies trifft auch auf das dem Bundestag übermittelte
        Schreiben des Wirtschaftsministeriums von Baden-
        Württemberg – Ausschussdrucksache 15(9)361 vom
        4. April 2003 – zu. Hier werden im Wesentlichen die Ar-
        gumente wiederholt, die schon im Beschluss des Bun-
        desrates genannt sind und die von der Bundesregierung
        in ihrer Gegenäußerung nicht akzeptiert wurden.
        Jetzt sollten wir erst einmal die Ergebnisse der Tests
        abwarten.
        Ich bitte um Ihre Zustimmung zum Gesetz in der Ih-
        nen vorliegenden Fassung.
        Anlage 3
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über
        – Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung
        von Dienst- und Versorgungsbezügen in
        Bund und Ländern 2003/2004 (Bundesbesol-
        dungs- und -versorgungsanpassungsgesetz
        2003/2004 – BBVAnpG 2003/2004)
        – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung
        dienstrechtlicher Vorschriften
        – Unterrichtung: Zweiter Versorgungsbericht
        der Bundesregierung
        (Tagesordnungspunkt 7 a bis c)
        Hans-Peter Kemper (SPD): Die Situation, in der
        wir die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen
        in Bund, Ländern und Kommunen diskutieren und be-
        schließen, ist sehr schwierig. Die Finanzsituationen von
        Kommunen, Ländern und Bund ist – gelinde gesagt, –
        dramatisch und das wirkt sich ohne Zweifel auch auf die
        Stimmung und auf unser Gesetzgebungsvorhaben aus.
        Ich will vorausschicken, dass ich großes Verständnis
        für die Wünsche der Länder und Kommunen habe; denn
        die große Mehrzahl der öffentlich Bediensteten bzw. der
        Beamten ist bei Ländern und Kommunen beschäftigt.
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        Man kann es auf die einfache Formel bringen: Die
        esetzgebungskompetenz liegt beim Bund, die Bediens-
        eten und damit die Kosten liegen bei den Ländern und
        ommunen. Das darf aber nicht dazu führen, dass nun
        öllig unkritisch jede Landesforderung übernommen
        ird – bei allem Verständnis für deren prekäre Finanzsi-
        uation.
        Es gilt seit langem als ausgemacht, dass die Beamten-
        esoldung den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst
        olgen soll.
        Es gibt ein großes Maß an Übereinstimmung, dass das
        arifergebnis inhaltsgleich, nämlich 4,4 Prozent Erhö-
        ung in drei Schritten, auf die Beamten übertragen wer-
        en soll. Dies haben sowohl der Bundesinnenminister
        ls auch die innenpolitischen Sprecher aller Parteien und
        ie Berichterstatter deutlich gemacht. An diesem Grund-
        atz wollen wir und werden wir festhalten. Wir werden
        ür eine inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses
        orgen.
        Zwischen den Innenpolitikern aller Fraktionen war
        ber auch Konsens, dass der Kompensationsteil aus dem
        arifabschluss ebenfalls auf die Besoldung und Versor-
        ung übertragen werden muss. Aus diesem Grunde soll
        ie Besoldungserhöhung erst mit dreimonatiger Ver-
        chiebung gegenüber dem Tarifbereich in Kraft treten.
        as bedeutet eine Besoldungserhöhung zum 1. April für
        ie unteren Besoldungsgruppen und eine Besoldungser-
        öhung zum 1. Juli für die höheren Besoldungsgruppen.
        Hierbei handelt es sich lediglich um den Ausgleich
        ür Regelungen im Tarifbereich, die in dieser Form nicht
        uf Besoldung und Versorgung übertragen werden kön-
        en, wie zum Beispiel Wegfall des AZV-Tages, künftige
        erschiebung des Zahlungstermins etc.
        Nun hat der Bundesrat mit großer Mehrheit eine Öff-
        ungsklausel für eine nochmalige bis zu dreimonatige
        erschiebung der Besoldungsanpassung beschlossen.
        ir wollen diesem Votum des Bundesrates nicht folgen,
        ondern es bei dieser dreimonatigen Verschiebung als
        ompensationslösung belassen. Für eine weitere Ver-
        chiebung gibt es keine überzeugende Begründung, au-
        er dem Diktat der leeren Kassen. Das aber würde eine
        eamtenbesoldung nach Haushaltslage bedeuten. Bei al-
        en vergangenen und auch künftigen Veränderungen
        uss der Grundsatz beachtet werden: keine besonderen
        rivilegien, aber auch keine Sonderopfer für die Beam-
        en.
        Der Staat erwartet von seinen Beamten zu Recht volle
        ingabe. Das bedeute motivierte und engagierte Arbeit
        um Wohl der Bürger. Die Beamten dürfen allerdings ih-
        erseits auch zu Recht eine ausreichende Alimentation
        urch den Staat erwarten.
        Die Länder haben darüber hinaus strukturelle Verän-
        erungen in Form von Öffnungsklauseln für die Einmal-
        ahlungen, sprich Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, be-
        chlossen. Dem werden wir zustimmen; zum einen, um
        en Ländern die dringend nötigen Finanzspielräume ein-
        uräumen, zum anderen aber auch, weil dieser Gesetz-
        ntwurf nur mit Bund und Ländern gemeinsam beschlos-
        en werden kann.
        4452 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        Nach unserem Dafürhalten sollen aber Bund und Län-
        der für sich und gesondert entscheiden können, ob und in
        welchem Maße sie die so geschaffenen Möglichkeiten
        der Öffnungsklausel nutzen wollen. Im Gesetzentwurf
        des Bundesrates waren diese Ermessensspielräume nur
        für die Länder vorgesehen. Wir sind der Meinung, dass
        Bund und Ländern hier gleiche Kompetenzen einge-
        räumt werden sollen, und werden eine entsprechende
        Gesetzesänderung beschließen.
        Ich wäre sehr froh – wir werden es auch auf jeden Fall
        versuchen –, wenn hier gleichzeitig schrittweise die be-
        stehenden Unterschiede bei dem Bemessungsfaktor von
        Sonderzuwendungen zwischen Ost und West beseitigt
        werden könnten. Bisher ist es immer noch so, dass im
        Jahre 2002 ein Bemessungsfaktor von 86 Prozent bei
        den Sonderzuwendungen in Westdeutschland und von
        75 Prozent in Ostdeutschland bestand. Das wird von vie-
        len gerade in den neuen Bundesländern als ungerecht
        empfunden.
        Ich möchte auch noch eine kurze Bemerkung zu dem
        Begehren des Landes Sachsen-Anhalt machen, hier in
        besonderer Weise Vorruhestandsregelungen einzuführen,
        und zwar Regelungen mit einer 25-prozentigen Arbeits-
        leistung bei 83 Prozent Gehalt.
        Ich habe gerade für die neuen Bundesländer sehr viel
        Verständnis. Sie haben noch aus der Vergangenheit ein
        Überangebot an Beamten. Es hat schon früher ähnliche
        Versuche anderer Länder gegeben, die in die gleiche
        Richtung gingen und die wir ebenfalls abgelehnt haben.
        Wir vermögen außerdem einen Spareffekt bei der von
        Sachsen-Anhalt angedachten Lösung nicht zu erkennen – es
        sei denn, man unterstellt, dass die auf diesem Wege dann
        vorzeitig aus dem Dienst ausscheidenden Beamten keine
        Leistungen erbracht hätten.
        Lassen Sie mich aber zur formalen Abwicklung noch
        einige Punkte sagen: Wir sprechen heute über zwei
        rechtlich unterschiedliche Bereiche. Einmal geht es um
        die Übernahme des Tarifergebnisses für Besoldung und
        Versorgung, zum anderen geht es um Strukturverände-
        rungen. Wir werden diese beiden Bereiche zu einer Ein-
        heit zusammenführen. Das ist logisch und absolut sinn-
        voll. Inhaltlich gibt es zwischen beiden Bereichen eine
        sehr große Nähe. Was mir besonders wichtig erscheint:
        Von den Betroffenen werden diese Bereiche im Zusam-
        menhang gesehen. Es handelt sich in beiden Fällen um
        Bestandteile von Besoldung und Versorgung, die in ih-
        ren Veränderungen positive oder negative Auswirkungen
        auf die Beamteneinkommen haben.
        Ich weiß, dass die jetzigen Regelungen bei den Beam-
        ten, aber auch bei ihren Berufsorganisationen nicht nur
        Freude auslösen. Wir müssen heute und auch in Zukunft
        dem öffentlichen Dienst eine Menge zumuten. Es gibt
        allerdings keinen anderen Weg, wenn wir einen leis-
        tungsstarken öffentlichen Dienst und die langfristige Be-
        zahlbarkeit von Besoldung und Versorgung sichern wol-
        len.
        Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): An sich
        könnten wir uns heute die Sache einfach machen. Denn
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        owohl das Subsidiaritätsprinzip als auch die Erhöhung
        es Wettbewerbsföderalismus sprechen dafür, den Län-
        ern das wieder zurückzugeben, was sie freiwillig An-
        ang der 70er-Jahre an den Bund delegiert haben, näm-
        ich die Höhe des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes
        estzulegen. Auch der Umstand, dass der überwiegende
        eil der 1,7 Millionen Beamte in Deutschland Landes-
        zw. Kommunalbeamte sind, spricht für die Gewährung
        er Öffnungsklausel. Aber ganz so leicht ist die Sache,
        enke ich, doch nicht; denn ich möchte die Länder, aber
        uch die Bundesregierung davor warnen, sich der Illu-
        ion hinzugeben, bei den Beamten das große Einsparpo-
        enzial zu sehen – auch wenn die Versuchung groß ist.
        ines ist ganz klar festzustellen: Die Kasse des Bundes
        nd die Kassen vieler Länder sind insbesondere wegen
        er katastrophalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik
        nd der unterbliebenen Strukturreformen durch die rot-
        rüne Bundesregierung leer. Im Jahr 2002 machten die
        ersonalausgaben beim Bund 10,8 Prozent, bei den Län-
        ern 37,7 Prozent und bei den Kommunen 26,8 Prozent
        er Gesamtausgaben aus. Dies darf allerdings nicht dazu
        ühren, dass die Beamten nunmehr zu den „Spareseln“
        er Nation gemacht werden. An dieser Stelle muss auch
        largestellt werden, dass die Beamten vollkommen zu
        nrecht mit einem teilweise negativen Image behaftet
        ind. Der weit überwiegende Teil der Beamtenschaft ist
        ußerordentlich leistungsbereit, service- und bürgerori-
        ntiert. Diese hohe Motivation und dieses enorme En-
        agement dürfen nicht dadurch beeinträchtigt werden,
        ass die Beamten zu „Melkkühen“ degradiert werden.
        Sowohl der Bund als auch die Länder haben eine Für-
        orgepflicht gegenüber den Beamten, da sie für jeden
        inzelnen durch Parlamentsbeschluss eine entspre-
        hende Planstelle geschaffen haben. Auch muss vermie-
        en werden, dass die Beamten zu den Leidtragenden des
        n meinen Augen überhöhten und nicht realistischen Ta-
        ifabschlusses im öffentlichen Dienst werden. Es darf
        icht so weit kommen, dass der Staat das, was er dem an
        er einen Seite des Schreibtisches sitzenden Mitarbeiter
        usätzlich gewährt, sich von dem auf der anderen Seite
        es Schreibtisches sitzenden Mitarbeiter wieder einspart.
        iese Gefahr ist nicht konstruiert, sondern vielmehr
        anz konkret.
        Wird beispielsweise das Tarifergebnis mit dreimonati-
        er Verzögerung übertragen und gleichzeitig das Weih-
        achtsgeld um 25 Prozent gesenkt, ist das Jahresgehalt
        003 im Westen nur um 0,1 Prozent und im Osten um
        ,5 Prozent höher als 2002. Ab der Besoldungsgruppe
        12 käme es gegenüber 2002 sogar zu echten Gehalts-
        erlusten: minus 0,1 Prozent in den neuen und minus
        ,5 Prozent in den alten Bundesländern. Ein vergleichba-
        er Angestellter bekommt dagegen auf das Jahr gerech-
        et in den unteren Vergütungsgruppen 2,4 Prozent bzw.
        n den oberen Vergütungsgruppen 1,8 Prozent mehr.
        iese Ungleichbehandlung wäre nicht vermittelbar. Eine
        m drei Monate verzögerte Anpassung der Beamtenbe-
        oldung an den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ist
        n meinen Augen das Höchste der Gefühle. Daher ist der
        m vergangenen Freitag getroffene Beschluss des Fi-
        anzausschusses des Bundesrates, den Länden eine ver-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4453
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        (B) )
        zögerte Anpassung um bis zu sechs Monaten zu gewäh-
        ren, alles andere als akzeptabel und hinnehmbar.
        An dieser Stelle muss man sich auch in aller Deutlich-
        keit klarmachen, über was wir eigentlich sprechen. Es ist
        nicht so, dass die Beamten die Spitzenverdiener der
        deutschen Gesellschaft sind. Ein Hauptwachtmeister,
        38 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, der in der Besol-
        dungsstufe A 4 eingruppiert ist, verdient in den alten
        Bundesländern 2 083,43 und in den neuen Bundeslän-
        dern 1 875,09 Euro im Monat. Ein Justizvollstreckungs-
        sekretär, 40 Jahre, ledig, der in A 6 eingruppiert ist,
        kommt in den neuen Bundesländern gerade einmal auf
        1 704,82 Euro und in den alten Bundesländern auf
        1 894,25 Euro monatlich.
        In diesen Besoldungsstufen spüren es die Beamten
        sehr wohl und deutlich, wenn ihnen das Urlaubsgeld
        komplett und das Weihnachtsgeld anteilig gestrichen
        wird. Außerdem gilt es, entschieden darauf hinzuweisen,
        dass die Streichung des Urlaubsgeldes sozial nicht aus-
        gewogen ist, da es in erster Linie die sozial Schwachen
        trifft. Bei dem Urlaubsgeld handelt es sich um einen fes-
        ten Betrag, der bei den unteren Besoldungsgruppen we-
        sentlich stärker ins Gewicht fällt als bei den höheren.
        Um die Bandbreite zu verdeutlichen: Im Westen beträgt
        das Urlaubsgeld in der Besoldungsgruppe A 2 spürbare
        23,5 Prozent eines Anfangsgrundgehaltes und bei B 11
        lediglich nur noch 2,5 Prozent.
        Ähnlich gravierende Wirkungen sind beim Weih-
        nachtsgeld zu beachten. Es beträgt derzeit im Westen
        86,31 Prozent und im Osten 64,73 Prozent der für De-
        zember maßgebenden Bezüge. Es macht damit im Wes-
        ten 6,7 Prozent und im Osten 5,1 Prozent des Jahresge-
        haltes aus. Wird das Weihnachtsgeld um beispielsweise
        25 Prozent gekürzt, entspricht dies einer Absenkung des
        Jahresgehaltes um 1,7 Prozent in den alten bzw. 1,3 Pro-
        zent in den neuen Bundesländern.
        Bei allem sachlichen Für und Wider spricht meines
        Erachtens für die Gewährung der Zulassung der Öff-
        nungsklausel ganz deutlich der Umstand, dass das, was
        der Bundesrat jetzt beantragt, vielerorts bereits Realität
        ist. Viele Städte und Gemeinden, insbesondere in den
        neuen Bundesländern, weichen bereits heute in vollem
        Einvernehmen zwischen Dienstvorgesetzten und Mitar-
        beitern von der tariflichen Bezahlung nach unten ab, ein-
        zig und allein um Entlassungen zu vermeiden. Deshalb
        halte ich es nur für sachgerecht, dass, was in der Praxis
        ohnehin de facto existiert, rechtlich den Ländern zu er-
        möglichen. Ich hoffe nur, dass es sich die Länder nicht in
        einigen Jahren wieder anders überlegen, und uns dieses
        „Geschenk“ wieder zurück übertragen wollen. Meines
        Erachtens ist das Thema Beamtenbesoldung zu wichtig,
        um es zum ewigen Spielball zwischen Bund und Län-
        dern zu machen.
        Clemens Binninger (CDU/CSU): Wenn wir heute
        über Besoldungsanpassungen für Beamte und Öffnungs-
        klauseln debattieren, so ist dies eine Debatte im Span-
        nungsfeld zwischen staatlichen Haushalten auf der einen
        Seite – denen an jeder Ecke das Geld fehlt und die zur
        Einsparung gezwungen sind – und Berufen wie Polizei-
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        eamte, Krankenschwestern oder auch Soldaten auf der
        nderen Seite, die unter schwierigsten Bedingungen ihre
        ufgaben erfüllen und zu Recht an der Gehaltsentwick-
        ung teilhaben wollen. Es ist auch eine Debatte, die sich
        it den Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und dem
        erhältnis zwischen Beamten und den Angestellten und
        rbeitern des öffentlichen Dienstes befasst und hoffent-
        ich auch eine Debatte, die uns zeigt, was eigentlich noch
        u tun wäre, wenn wir das Kernproblem, die Personal-
        ostenbelastung für die öffentlichen Haushalte, wirklich
        n den Griff bekommen wollen.
        Wir unterstützen es nachdrücklich, dass die Ergeb-
        isse der Tarifverhandlungen jetzt auch für die Beamten
        bernommen werden. Zu den vorgesehenen Terminen:
        eitere Verschiebungen um noch einmal drei Monate,
        ie in der Vorlage genannt, lehnen wir kategorisch ab.
        Dass der Tarifabschluss und auch die Übertragung auf
        ie Gruppe der Beamten die öffentlichen Haushalte vor
        ine Kraftprobe stellt, ist unbestritten und gleichermaßen
        ie Überleitung zum zweiten, ungleich sensibleren
        hema und schwierigeren Thema, der Öffnungsklausel
        ür die Sonderzuwendung, also das Weihnachtsgeld und
        ie Streichung des Urlaubsgeldes. Dass die Länder ihre
        ersonalkosten zumindest teilweise selbst beeinflussen
        öchten, ist verständlich. Was wir aber dabei nicht über-
        ehen dürfen, ist der Umstand, dass diese Öffnung und
        eren Gestaltung auch Grenzen haben muss. Wir haben
        on Beginn an den Vorschlag der rot-roten Regierung
        us Berlin, nämlich eine Öffnungsklausel auch für das
        rundgehalt einzuführen, kategorisch abgelehnt. Wir
        ätten uns gleichermaßen gewünscht, dass der Vorschlag
        es Deutschen Beamtenbundes, das Weihnachtsgeld zu
        ürzen, dabei aber zu zwölfteln und in das Grundgehalt
        u integrieren, bei den Ländern eine Mehrheit findet.
        ies war, trotz anfänglich positiver Zeichen, leider nicht
        öglich.
        Was ich aber an dieser Stelle schon noch einmal beto-
        en und auch herausstreichen muss, ist das Verhalten des
        eutschen Beamtenbundes. Es ist in diesen Tagen nicht
        elbstverständlich, dass eine Berufsvertretung, eine Ge-
        erkschaft, von sich aus einen Vorschlag macht, der
        etztendlich als Ergebnis eine Gehaltsreduzierung für
        eine Mitglieder beinhaltet. Während wir heute das Ver-
        alten der IG Metall erleben müssen, die einen völlig un-
        innigen Streik für die 35-Stunden-Woche provoziert
        nd produziert, ist für mich in dieser Zeit das Verhalten
        es Deutschen Beamtenbundes ein sehr positives Zei-
        hen, das es auch zu würdigen gilt.
        Im Ergebnis haben wir jetzt einen Vorschlag, der den
        ändern die Möglichkeit eröffnet, das Weihnachtsgeld bis
        uf Null herunterzufahren, in wirtschaftlich besseren Zei-
        en dieses Weihnachtsgeld aber wieder anzuheben oder es
        u belassen, wie es heute ist. Wenn dieser Vorschlag eine
        ehrheit findet, ist es nun an den Ländern, dafür Sorge zu
        ragen, dass dieses Instrument sozial gerecht angewandt
        ird und es mit den wirtschaftlichen Lebensverhältnissen
        m jeweiligen Bundesland übereinstimmt.
        Dabei dürfen wir das Kernproblem nicht aus den Au-
        en verlieren: Die Belastung der öffentlichen Haushalte
        it Personalausgaben liegt doch nicht daran, dass der
        4454 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        einzelne Beamte zu viel verdient. Wer wird denn ernst-
        haft behaupten, dass ein Polizeibeamter, nach Ausbil-
        dung, Mitte 30 oder Anfang 40, in einem mittleren
        Dienstgrad mit etwa 2 200 Euro brutto – eine Kranken-
        schwester noch weniger, ein Soldat in etwa gleichen Ver-
        hältnissen – zu viel verdient? Doch ernsthaft niemand!
        Deshalb müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass
        wir diesen Weg einer durch die Öffnung möglichen Kür-
        zung, die durch die Gehaltserhöhung zwar kompensiert
        wird, aber letztendlich doch eine Kürzung darstellt, nicht
        beliebig oft gehen können. Wir sollten endlich auch an-
        erkennen, dass die Beamten hier wirklich auch ein Opfer
        erbringen würden, auch die niedrigen Einkommensgrup-
        pen. Deshalb ist auch die Schlagzeile, die man jedes Jahr
        von Neuem lesen muss: „Jetzt sollen auch mal die Be-
        amten ein Opfer bringen“, definitiv falsch. Sie haben es
        erbracht, die Polizeibeamten, die Krankenschwestern,
        die Soldaten.
        Die Kernbotschaft dieser Debatte lautet daher: Nicht
        Gehaltskürzungen bei Einzelnen, sondern die Reduzie-
        rung von staatlichen Aufgaben sind der Weg zum weite-
        ren Abbau des Personalkostenanteils in den öffentlichen
        Haushalten.
        Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Gemeinsam haben Bund und Länder den Ergeb-
        nissen der Tarifverhandlungen für den öffentlichen
        Dienst vom 9. Januar 2003 zugestimmt. Mit dem Gesetz-
        entwurf zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbe-
        züge stellt die Bundesregierung die inhalts- und wir-
        kungsgleiche Übernahme für die Beamtinnen und
        Beamten und Versorgungsempfänger sicher.
        Wir sind immer wieder gefragt worden, warum die
        Übernahme der Tarifvereinbarungen für die Beamtinnen
        und Beamten so lange dauert. Die Bundesregierung hat
        sich in intensiven Gesprächen mit den Ländern bemüht,
        die Übernahme einvernehmlich zu regeln. Wie an den
        zahlreichen Bundesratsanträgen aus den Ländern für je-
        den deutlich wird, sind es die Länder, die das Einverneh-
        men infrage stellen.
        Die Bundesregierung ist in der Frage der Öffnungs-
        klauseln nicht von sich aus gesetzgeberisch tätig gewor-
        den. Sie ist dem einmütigen Wunsch aus den Ländern
        entgegen gekommen und lässt lediglich im engen Rah-
        men der Sonderzahlungen eine „Öffnungsklausel“ zu:
        Die Gestaltung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes wird
        in das Ermessen der Länder gestellt.
        Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass die
        Rahmengesetzgebung des Bundes und damit die Bun-
        deseinheitlichkeit gewahrt werden muss. Weiter gehende
        Wünsche der Länder nach Streckung der linearen Über-
        nahme um weitere drei Monate lehnen wir ab. Der ge-
        meinsam getragene Tarifabschluss für den öffentlichen
        Dienst kann jetzt nicht zulasten der Beamtinnen, Beam-
        ten und Versorgungsempfänger finanziert werden. Diese
        Schieflage lassen wir nicht zu.
        Es muss aber auch völlig klar sein, dass die Über-
        nahme des Tarifabschlusses und die Ermöglichung einer
        Öffnungsklausel nur im Paket beschlossen werden kön-
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        en. Wir wollen Klarheit für die Beamtinnen und Beam-
        en und fordern jetzt eine zügige Verabschiedung des
        esetzentwurfes im Bundesrat.
        Zur Anwendung der Öffnungsklausel im Bund konn-
        en wir in den vergangenen Tagen in den Medien viele
        idersprüchliche Meldungen lesen. Fakt ist, es ist vieles
        öglich, aber nichts entschieden. 2003 werden die Be-
        mtinnen und Beamten des Bundes ihr Weihnachts- und
        rlaubsgeld ungekürzt erhalten. Der Haushaltsentwurf
        ür das Jahr 2004 liegt noch nicht vor. Natürlich werden
        uch globale Minderausgaben im Personalbereich disku-
        iert.
        Meine Fraktion wird Vorschläge machen, wie diese
        u erwirtschaften sind. Möglich sind: Personaleinspa-
        ungen, neue Arbeitszeitregelungen; für Bundesbeamte
        ilt die 38,5-Stunden-Regelung. Sollten auch Kürzungen
        er Sonderzuwendungen diskutiert werden, müssen
        iese nach unserer Ansicht sozial gestaffelt sein.
        Lassen Sie mich zum Schluss sagen. Wir sind gegen
        onderopfer von Beamtinnen und Beamte. Die Ein-
        chnitte, die zur Entlastung der öffentliche Haushalte im
        ffentlichen Dienst vorgenommen werden müssen, stehen
        m Kontext der Agenda 2010. Sie sind Teil der gesamt-
        esellschaftlichen Anstrengungen zur Konsolidierung der
        ffentlichen Haushalte. Der öffentliche Dienst braucht
        ine verlässliche Zukunftsperspektive. Notwendige Ein-
        parungen müssen in eine umfassende Reform des öffent-
        ichen Tarifrechts eingebunden werden. Kernpunkte die-
        er Reform müssen aus grüner Sicht sein: ein transparentes
        inheitliches Dienstrecht, ein leistungsorientiertes Ent-
        eltsystem und die Durchlässigkeit des Systems.
        Ernst Burgbacher (FDP): Mit ihrem Entwurf eines
        undesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes
        003/2004 verlangt die Bundesregierung erneut ein Son-
        eropfer von den Beamten. Sie nutzt und unterstützt damit
        estehende Vorurteile und wird ihrem Versprechen einer
        eit- und inhaltsgleichen Umsetzung des Tarifergebnisses
        m öffentlichen Dienst auf die Beamten nicht gerecht.
        Die FDP-Bundestagsfraktion hat beim Abschluss der
        arifverhandlungen im öffentlichen Dienst kritisiert,
        ass die Verhandlungsführer, insbesondere Bundesmi-
        ister Schily, damals eingeknickt sind und einem zu ho-
        en Abschluss zugestimmt haben. Die Folgen davon
        ind bekannt: Einige Länder überlegen den Ausstieg aus
        er Tarifgemeinschaft. Baden-Württemberg hat den
        ustrittsbeschluss gefasst und diesen Montag bestätigt.
        as Land Berlin ist bereits ausgetreten. Auch die Dis-
        ussion über Öffnungsklauseln ist eine Folge dieses zu
        ohen Abschlusses. Nun sollen die Beamten dafür be-
        ahlen. Tatsache ist jedoch, dass die Beamten in den ver-
        angenen Jahren weit mehr Sonderopfer gebracht haben
        ls andere Berufsgruppen. Tatsache ist auch, dass wir als
        taat Gefahr laufen, im Wettbewerb auf dem Arbeits-
        arkt um gute Köpfe den Kürzeren zu ziehen. Ein at-
        raktiver öffentlicher Dienst ist auf hoch qualifizierte
        nd motivierte Beamte angewiesen. Deshalb muss mit
        en vordergründigen und populistischen Maßnahmen
        chluss sein.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4455
        (A) )
        (B) )
        Die FDP wird als Konsequenz aus diesem völlig
        unbefriedigenden Handeln der Bundesregierung Vor-
        schläge für ein modernes Besoldungsrecht vorlegen. Wir
        wollen darin die Einheitlichkeit der Besoldung in
        Deutschland weiter gewährleisten, wir werden darin zu-
        sätzliche Möglichkeiten der Dienstherren für mehr Fle-
        xibilität schaffen. Insbesondere müssen Motivation und
        Leistungsbereitschaft gefördert werden.
        Leider haben die meisten Bundesländer die schon be-
        stehenden Möglichkeiten bisher kaum wahrgenommen.
        Die bestehenden Differenzierungsmöglichkeiten in der
        Bezahlung im öffentlichen Dienst werden nicht genutzt.
        Insbesondere in den Ländern werden Elemente der Leis-
        tungsbezahlung im Beamtenbereich unzulänglich prak-
        tiziert. Seit Jahren erzielen die Länder so einseitig Ein-
        sparungen auf Kosten der Beamten. Die Freigabe der
        Stellenobergrenzen durch den Bund wird nicht genutzt.
        Innerhalb der bestehenden Stellenobergrenzen hätten
        Bund, Länder und Gemeinden ihre Gestaltungsmöglich-
        keiten seit langem auch zur Straffung von Behörden und
        zu Einsparungen nutzen können.
        Die FDP hält an dem Ziel fest, dass der öffentliche
        Dienst zu modernisieren ist. Modernisierung des öffent-
        lichen Dienstes ist Daueraufgabe im Interesse von Bür-
        gern, Gesellschaft und Staat. Die öffentliche Verwaltung
        muss auf ihre Kernaufgaben konzentriert werden. Dazu
        gehören die Eingriffsverwaltung, aber auch andere Be-
        reiche, wo es die Sicherheit des Staates und des öffent-
        lichen Lebens, die Stabilität staatlichen Handelns und
        die staatliche Daseinsvorsorge zu gewährleisten gilt.
        Aufgrund ihrer Organisationshoheit müssen Bund und
        Länder diesen Kernbereich ausfüllen.
        Ein funktionsfähiger öffentlicher Dienst ist eine wich-
        tige Säule unseres demokratischen Rechtsstaats. Dabei
        hat sich auch das Berufsbeamtentum bei der politischen
        Entwicklung Deutschlands bewährt. Die FDP hält daher
        auch weiterhin am Grundsatz der amtsangemessenen
        Alimentation fest. Dies schließt den Erhalt des Gleich-
        klangs von Besoldung und Tarif und die Gleichbehand-
        lung aller Statusgruppen im öffentlichen Dienst ein, so-
        weit nicht die Statusunterschiede Unterschiedlichkeit
        erfordern. Sonderopfer zulasten der Beamten lehnen wir
        ab. Nicht kurzfristiges Sparen, sondern Modernisierung,
        Motivationssteigerung und Leistungsoptimierung müs-
        sen unsere Ziele sein. Dazu tragen beide vorliegenden
        Gesetzentwürfe leider nicht bei.
        Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
        desminister des Innern: Unter diesem Tagesordnungs-
        punkt werden heute drei Vorlagen beraten. Schwerpunkt
        der Aussprache ist aus meiner Sicht die erste Lesung des
        von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes eines
        Gesetzes über die Anpassung der Dienst- und Versor-
        gungsbezüge in Bund und Ländern 2003/2004 sowie des
        vom Bundesrat eingebrachten Entwurfes eines Gesetzes
        zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften. Beide Ge-
        setzentwürfe haben nicht nur unterschiedliche „Urheber“
        – die Bundesregierung auf der einen und den Bundesrat
        auf der anderen Seite –, sondern haben vor allem
        verschiedene Regelungsmotive und -ziele zum Inhalt.
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        leichwohl besteht ein enger sachlicher und auch finan-
        ieller Zusammenhang. Nicht nur die Dienstherren be-
        rachten die Personalkosten in ihren jeweiligen Haushal-
        en als Gesamtheit, sondern auch die Mitarbeiterinnen
        nd Mitarbeiter bewerten stets das, „was im Jahr unterm
        trich bleibt“. Dies haben die Reaktionen und Stellung-
        ahmen der Verbände und der Mitarbeiterinnen und Mit-
        rbeiter zu beiden Gesetzesvorhaben in den letzten Wo-
        hen und Monaten gezeigt.
        Deshalb begrüße ich es, dass beide Gesetzesvorhaben
        n den parlamentarischen Beratungen des Bundestages
        arallel beraten werden. Möglich geworden ist dies
        urch die verfahrensmäßige und inhaltliche Abstimmung
        eider Regelungsinitiativen während der vergangenen
        onate zwischen Bundesrat und Bundesregierung.
        Diese Abstimmung mit den Ländern ist einmal mehr
        otwendig, weil von den Mehrbelastungen, die durch die
        npassung der Bezüge in den Jahren 2003 und 2004 ent-
        tehen, in erster Linie die Haushalte der Länder und
        ommunen betroffen sind. Wenn auch die konkurrie-
        ende Gesetzgebungskompetenz für Besoldung und Ver-
        orgung dem Bundesgesetzgeber zusteht, so sind doch
        ie weitaus meisten Beamtinnen und Beamten – etwa
        0 Prozent – im Landes- und Kommunaldienst. Nicht
        uletzt deshalb hat die Bundesregierung mit der Vorlage
        hres Gesetzentwurfs zur Besoldungsanpassung abge-
        artet, bis sich der Bundesrat auf eine Lösung für die
        egrenzte Öffnung des Besoldungsrechts beim Weih-
        achts- und beim Urlaubsgeld verständigt hat. Das Er-
        ebnis liegt nunmehr mit den beiden Gesetzentwürfen
        uf dem Tisch.
        Beginnen möchte ich mit dem Regierungsentwurf
        ines Gesetzes über die Anpassung der Dienst- und
        ersorgungsbezüge in Bund und Ländern 2003/2004:
        Der Gesetzentwurf setzt wirkungsgleich den Tarif-
        bschluss um. Das heißt, wie im Tarifbereich werden die
        ienst- und Versorgungsbezüge für die Beamten, Rich-
        er und Soldaten in drei Schritten linear um insgesamt
        ,4 Prozent angehoben und werden auch die tariflich ver-
        inbarten Einmalzahlungen übertragen. Untrennbarer Be-
        tandteil des Tarifabschlusses sind die im Tarifrecht ver-
        inbarten Entlastungsmaßnahmen. Diese Entlastungen
        erden mit dem Gesetzentwurf wirkungsgleich durch
        erschiebung der Erhöhungszeitpunkte um jeweils drei
        onate nachvollzogen.
        Durch den Gesetzentwurf ist sichergestellt, dass auch
        ie Beamten, Richter und Soldaten sowie Versorgungs-
        mpfänger trotz schwieriger Rahmenbedingungen an der
        llgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen. Ich
        ehe davon aus, dass über den vorliegenden Regierungs-
        ntwurf zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung
        003/2004 in diesem Hause bereits Einvernehmen be-
        teht und es keinen Anlass zu langen Erläuterungen gibt.
        ie wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses
        uf die Beamtinnen und Beamten war von Anfang an un-
        er gemeinsames Regelungsziel.
        Der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf eines
        esetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften
        at in den vergangenen Wochen und Monaten zu
        4456 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        kontroversen Diskussionen geführt. Der Bundesrat hat
        der Gesetzesinitiative im März diesen Jahres nach
        langen Beratungen ohne Gegenstimmen zugestimmt.
        Damit erhalten die Länder die Möglichkeit, eigenstän-
        dige Regelungen im Bereich des Weihnachts- und des
        Urlaubsgeldes zu erlassen.
        Mit Blick auf die von mir bereits angesprochene un-
        terschiedliche Verteilung der Personalkosten hat die
        Bundesregierung in ihrer Stellungnahme dem Wunsch
        der Länder nach mehr Gestaltungsspielraum bei der
        Festlegung von Weihnachts- und Urlaubsgeld entspro-
        chen. Ich denke, es ist aber auch eine Selbstverständlich-
        keit, dass der Bund dabei für seinen Bereich dieselben
        Regelungsmöglichkeiten für sich in Anspruch nimmt.
        Dies hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme
        ausdrücklich klargestellt. Im Ergebnis bedeutet das,
        Bund und Länder können zukünftig durch eigene bun-
        des- und landesgesetzliche Regelungen das Weihnachts-
        und des Urlaubsgeld selbst festlegen.
        Die Diskussion um so genannte Öffnungsklauseln ha-
        ben die dienstrechtlichen Foren der vergangenen Monate
        bestimmt. Dabei wird etwa einer „Besoldung nach Kas-
        senlage“ das Wort geredet. Wer dies durch die Öffnungs-
        klausel ermöglicht sieht, überschätzt jedoch die Trag-
        weite dieser Regelungen.
        Einheitliche Grundstrukturen und dabei einheitliche
        Standards in der Besoldung sollen auch in Zukunft erhal-
        ten bleiben. Nur dann kann die Funktionsfähigkeit unse-
        res öffentlichen Dienstes in allen Bereichen gewahrt
        werden. Wenn wir jedoch diese einheitliche Grundstruk-
        turen im öffentlichen Dienst erhalten wollen, müssen wir
        auch außerhalb dieser Grundstrukturen eine gewisse
        Elastizität ermöglichen. Wenn wir uns differenzierten
        Lösungen für unterschiedliche Verhältnisse verschlie-
        ßen, gerät auf lange Sicht das ganze System ins Wanken.
        Daher befürwortet die Bundesregierung eine be-
        grenzte Flexibilisierung. Der Besoldung soll eine Flexi-
        bilität ermöglicht werden, die aber nicht grenzenlos sein
        soll, sondern sich vielmehr auf den Bereich von Weih-
        nachts- und Urlaubsgeld beschränken soll. Dies sind die
        zwei Seiten der Medaille, die sich auch in der Stellung-
        nahme der Bundesregierung widerspiegeln.
        Ob und welche Länder eigene Gesetze zum Weih-
        nachts- und Urlaubsgeld erlassen, also von der Öff-
        nungsklausel Gebrauch machen, müssen wir abwarten.
        Der Bund wird im Jahr 2003 keine entsprechenden Maß-
        nahmen vornehmen. Hier sollte auch nicht spekuliert,
        sondern abgewartet werden. Ich bin davon überzeugt,
        dass die Mehrheit der Beamtinnen und Beamten sich
        notwendigen Maßnahmen nicht verweigern und als Teil
        der Solidargemeinschaft ihren Beitrag leisten wird, wenn
        ein solcher notwendig werden sollte.
        Anlage 4
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über die Anträge:
        – Die europäische Biopatentrichtlinie von
        1998 umsetzen
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        – Rechtssicherheit für biotechnologische Er-
        findungen durch schnelle Umsetzung der
        Biopatentrichtlinie
        (Tagesordnungspunkt 12, Zusatztagesordnungs-
        punkt 13)
        Christoph Strässer (SPD): Es ist schön, dass sich
        ach langer Zeit auch die Opposition eines Themas nä-
        ert, das viele gesellschaftliche Gruppen aus den unter-
        chiedlichsten Bereichen und auch die Koalitionsfraktio-
        en in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt hat.
        Gerade angesichts der Tatsache, dass die Bundes-
        egierung den von der CDU/CSU geforderten Gesetz-
        ntwurf nunmehr vorgelegt hat und die parlamentarische
        ebatte über diesen Entwurf beginnen kann, kann ich
        ich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hier
        ieder einmal um den Versuch handelt, Regierung und
        oalition vorzuführen, und ich sage Ihnen dazu: Bei
        iesem Thema, dass in Teilbereichen ethische, wissen-
        chaftliche, ökonomische und auch rechtliche Grenzzie-
        ungen erfordert, ist dies unangemessen und wird von
        ns zurückgewiesen!
        Ihr Antrag ist aber auch in sich widersprüchlich und
        nhaltlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Zum einen
        ordern Sie die sofortige Umsetzung der europäischen
        iopatentrichtlinie in nationales Recht. Gleichzeitig wol-
        n Sie eine nicht näher beschriebene „Weiterentwick-
        ung“ der Richtlinie durch die Europäische Kommission,
        ohl wissend, dass ein entsprechendes Initiativrecht
        usschließlich bei der Kommission liegt.
        Auch wir sind der Auffassung, dass die Entwicklung
        eit 1998 in der biotechnologischen Entwicklung wie der
        ioethischen Diskussion nicht stehen geblieben ist. Ich
        arf Sie aber darauf hinweisen, dass die Kommission
        rotz auch dort vorhandener kritischer Bewertungen der
        ntwicklung darauf besteht – ich zitiere aus dem Bericht
        er Kommission an das Parlament und den Rat vom
        . Oktober 2002 –, „dass die Richtlinie unverzüglich
        ollständig in einzelstaatliches Recht umgesetzt wird,
        o dies noch nicht geschehen ist.“
        Dies – und nur dies – ist die Aufgabe, die nun in der
        arlamentarischen Beratung vor uns liegt. Dabei gab und
        ibt es fraktionsübergreifend Differenzen über den In-
        alt und den Umfang der Umsetzung, Differenzen, die
        m Übrigen auch von der Kommission durchaus gesehen
        erden. In dem zitierten Bericht werden die zentralen
        ragen angesprochen, über die wir uns hier in diesem
        ause noch sehr ernsthaft werden auseinander setzen
        üssen: die Frage des Schutzumfangs von Patenten auf
        us dem menschlichen Körper stammende isolierte Gen-
        equenzen bzw. Teilsequenzen sowie der Patentierbar-
        eit menschlicher Stammzellen bzw. daraus hergestellter
        ellreihen, die Frage also der Geltung des in anderen
        ereichen des deutschen und europäischen Patentrechts
        nerkannten umfassenden Stoffschutzes auch für bio-
        echnologische Erfindungen. Es ergeben sich weitere
        ragen, die im Entwurf des BMJ dankenswerterweise
        ufgegriffen worden sind, so die Frage des Herkunfts-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4457
        (A) )
        (B) )
        nachweises, die jetzt im Entwurf in § 34 a geregelt ist,
        oder des Landwirteprivilegs in § 9 c.
        Gestatten Sie mir auch einen Hinweis auf Ziffer 4 b
        Ihres Antrages, in der Sie fordern, dass Pflanzensorten
        und Tierrassen gemäß dem Urteil des EuGH vom 9. Ok-
        tober 2001 weitgehend vom Patentschutz unberücksich-
        tigt bleiben sollen. Hier argumentieren Sie unsauber, da
        bereits nach der Richtlinie lediglich Eigenschaften wie
        zum Beispiel eine Resistenz berücksichtigt werden,
        wenn sie einzelne Tierarten oder Pflanzensorten über-
        schreiten.
        Die SPD-Fraktion wird die Erörterung des jetzt vor-
        gelegten Regierungsentwurfs zügig vorantreiben; zum
        einen natürlich zur Vermeidung eines Vertragsverlet-
        zungsverfahrens, zum anderen aber auch gerade deshalb,
        weil wir sehen, dass Forschung und Wirtschaft, aber
        auch gesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften und
        Greenpeace zu Recht nach Rechtssicherheit rufen. Ver-
        lässlichkeit ist erforderlich für unsere Wirtschaft. Sie
        darf und wird aber nicht unter Aufgabe ethischer Grund-
        überzeugungen in unserer Gesellschaft hergestellt wer-
        den. Dies ist eine schwierige Gratwanderung, aber sie
        wird uns gelingen. Der Umstand, dass erst sechs EU-
        Mitgliedstaaten die Biopatentrichtlinie in nationales
        Recht umgesetzt haben, zeigt, dass nicht nur wir uns in
        Deutschland schwer tun, und zwar zu Recht, wie ich
        meine.
        Treten Sie mit uns in einen konstruktiven Dialog über
        diese wichtige Zukunftsfrage ein. Der Gesetzentwurf der
        Bundesregierung bietet eine geeignete Grundlage für die
        Fortsetzung der Diskussion im Parlament. Die SPD-
        Fraktion ist hier zu einem offenen, aber ergebnisorien-
        tierten Diskurs bereit.
        Helmut Heiderich (CDU/CSU): Wir begrüßen es na-
        türlich, dass Sie auf unsere Initiative, welche ja die
        Grundlage der heutigen Debatte ist, nun kurzfristig mit
        einer Gesetzesvorlage reagiert haben. Es ist ja ganz of-
        fensichtlich, dass wir, die CDU/CSU, mit unserer Akti-
        vität die Regierung in Zugzwang gebracht haben. Oder
        wie soll man es erklären, dass Sie nach mehr als vier
        Jahren Stillstand nun ausgerechnet zur heutigen Debatte
        endlich aus den Puschen kommen?
        Sie haben sich die Überschrift unseres Antrags zur Ma-
        xime genommen. Die Regierung sollte öfter solch direkte
        Reaktion zeigen. Wenn man Ihre Vorlage betrachtet, fragt
        man sich allerdings, warum Sie so lange handlungsunfä-
        hig waren und wieso die deutsche Biotechnikbranche so
        lange auf die notwendigen rechtlichen Rahmenbedin-
        gungen warten musste. Immerhin widerlegen Sie nun ih-
        ren Koalitionspartner, der Ihnen noch vor vier Wochen
        vorgehalten hat: „die kann nix, will nix, macht nix“.
        Ich stimme mit Ihnen überein, dass diese Biopatent-
        richtlinie ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem bishe-
        rigen Rechtszustand ist; Fortschritt nicht nur deswegen,
        weil für die neuen Erkenntnisse, die neuen Technologien
        und Verfahren spezielle Regelungen getroffen werden,
        die im bisherigen Patentrecht so nicht vorhanden waren.
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        Sie ist vor allem auch deshalb ein Fortschritt, weil
        rstmals eindeutige ethische Grundsätze im Patentrecht,
        elches ansonsten ein reines Wirtschaftsrecht ist, veran-
        ert werden. So wird der menschliche Körper ebenso vor
        issbrauch geschützt wie Tiere und Pflanzen. Es wer-
        en das Verbot des Eingriffs in die Keimbahn, das Ver-
        ot des Klonens und die Einhaltung des deutschen Em-
        ryonenschutzgesetzes fest verankert. Diese Fortschritte
        erden von den Kritikern der Richtlinie gerne überse-
        en.
        Andererseits bringt sie den Forschern und Unterneh-
        ern ein robustes Patentrecht, den so genannten Stoff-
        chutz, für ihre Erfindungen. Dies ist unumgänglich,
        eil nur mit einem unanfechtbaren Patentschutz die ho-
        en Kapitalinvestitionen gesichert werden können, die
        eute notwendig sind, um biotechnologische Entwick-
        ungen bis zur Produktreife zu bringen. Ohne einen sol-
        hen Schutz würde die deutsche Biotechnikindustrie ge-
        enüber ihren Wettbewerbern deutlich beeinträchtigt.
        uch in dieser Richtung haben wir mit unserer Initiative
        eute offensichtlich einen Durchbruch für Wirtschaft
        nd Forschung in Deutschland geschafft.
        Wir lassen aber auch nicht außer Acht, welche Ent-
        icklungen dieser Bereich seit dem europäischen Be-
        chluss der Richtlinie, also in den letzten fünf Jahren, ge-
        ommen hat. So haben sich damalige Befürchtungen,
        urch die Gensequenzierung und die entsprechende Pa-
        entierung werde der Mensch sozusagen Eigentum der
        rfinder, nicht bestätigt. Auch die stets wiederholte Be-
        auptung, die großen globalen Konzerne würden die
        laims unter sich aufteilen, wurde nicht Realität.
        Trotzdem gibt es nach dem Urteil des Europäischen
        erichtshofs von 2001, den Erfahrungen des Europäi-
        chen Patentamts, den zahlreichen Diskussionen ver-
        chiedenster Ethikräte sowie parlamentarischer und an-
        erer Gruppen einige Punkte, denen wir besondere
        eachtung geschenkt haben.
        Dazu gehört der möglichst weit gehende Ausschluss
        trategischer Patente, wie sie der Präsident des Europäi-
        chen Patentamts, Ingo Kober, kürzlich beklagt hat. Des-
        alb wollen wir die bereits im Erwägungsgrund 25 der
        ichtlinie geforderte Beschränkung auf den notwendi-
        en Kernbereich der beanspruchten Gensequenz ver-
        tärkt berücksichtigen. Damit wird eine eventuell beab-
        ichtigte Blockade später kommender Erfinder durch zu
        reite Patentansprüche ausgeschlossen.
        Dem gleichen Ziel gilt die Erleichterung bei der Ertei-
        ung von Zwangslizenzen für ein abhängiges Patent.
        benso klar muss die Freiheit der Forschung berücksich-
        igt sein, welche als Forschungsprivileg von der deut-
        chen Rechtsprechung garantiert ist.
        Letztlich wollen wir bei der Erteilung von Patenten
        esonders genau bei humanen Gensequenzen hin-
        chauen. Dies gebietet die besondere ethische Problema-
        ik an dieser Stelle.
        War man 1998 noch im Wesentlichen von der Vorstel-
        ung „ein Gen – eine Funktion – eine Anwendung“ aus-
        egangen, wissen wir heute, dass aus einem Gen sehr
        nterschiedliche Funktionen entstehen können. Deshalb
        4458 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
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        muss der Schutzumfang eines Patents an dieser Stelle
        möglichst konkret festgelegt werden. Unser Vorschlag
        ist, dem Patentanspruch des Anmelders zu folgen und
        das zu schützen, was er selbst in seinem Anspruch for-
        muliert hat. Dies bedeutet zwar einerseits eine gewisse
        Einschränkung des Stoffschutzes bei einem solchen Pa-
        tent, gibt aber andererseits die Möglichkeit eines eigen-
        ständigen Patents einer nachfolgenden unabhängigen Er-
        findung auf demselben Genabschnitt.
        Die Abwägung zwischen einer Überbelohnung des
        Ersterfinders durch einen zu weit gehenden Schutzum-
        fang und der Möglichkeit eines Zweiterfinders, ebenfalls
        Patentschutz zu erlangen, ist zugegebenermaßen schwie-
        rig und deshalb im Rahmen dieses Gesetzgebungsver-
        fahrens noch weiter zu konkretisieren.
        Was den Schutz der Pflanzen und Tiere angeht, muss
        der Vorrang des bewährten deutschen Sortenschutzrech-
        tes erhalten bleiben. Das heißt, die Patentansprüche müs-
        sen zwischen Sortenzüchter und Patentinhaber geregelt
        werden. Der Landwirt darf davon in seiner täglichen
        Praxis nicht beeinträchtigt werden.
        Wir alle gehen heute einen deutlichen, aber längst
        überfälligen Schritt nach vorn. Aber die Dynamik dieses
        Wissenschafts- und Wirtschaftsbereichs hat schon wie-
        der neue Fragen aufgeworfen. Deshalb wird es notwen-
        dig sein, auf europäischer Ebene über die Fortentwick-
        lung dieses Patentrechts zu sprechen. Dabei muss sich
        die Bundesregierung von Anfang an einbringen und darf
        nicht wieder vier Jahre zum Nachteil des eigenen Landes
        ungenutzt verstreichen lassen.
        Dr. Maria Böhmer (CDU/CSU): Der Schutz bio-
        technologischer Erfindungen ist ein wichtiger Faktor des
        internationalen Wettbewerbs. Deshalb muss die EU-Bio-
        patentrichtlinie ins deutsche Patentrecht umgesetzt wer-
        den.
        Die Bundesregierung hat gestern einen Gesetzentwurf
        beschlossen. Nachdem jahrelang nichts passierte, ist
        diese Beschleunigung der Dinge offenbar eine Reaktion
        auf unseren Antrag.
        Frau Ministerin, die Bundesregierung hat viel wert-
        volle Zeit für interne Abstimmungsversuche vertan.
        Es ist richtig: Biopatentschutz ist ein rechtlich und
        ethisch anspruchsvolles Thema.
        Die lange Zeit ist leider nicht für eine intensive politi-
        sche Diskussion genutzt worden. Der Grund war ein an-
        derer: Wenn man Ihre Ankündigungen und die Aussagen
        Ihrer Vorgängerin oder des damaligen Staatssekretärs
        Pick zusammennimmt, dann hat die rot-grüne Bundesre-
        gierung ihre Meinung zum Patentschutz seit 1998 immer
        wieder verändert.
        Wir wollen von uns aus Klarheit in das Verwirrspiel
        bringen: Die Richtlinie muss auf den aktuellen Stand der
        wissenschaftlichen und ethischen Diskussion gebracht
        werden. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf,
        auf europäischer Ebene sofort Verhandlungen über eine
        Weiterentwicklung zu beginnen.
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        Trotz der heutigen Mängel der Richtlinie bringt sie
        ehr Vorteile als Nachteile. Und deshalb wollen wir sie
        msetzen.
        Wir zeigen Ihnen mit unserem Antrag, wie aus der
        U-Richtlinie ein zugleich innovationsförderndes und
        thisch abgestimmtes Gesetz wird.
        Ich will aus unseren Vorschlägen nur den besonders
        ichtigen Punkt „Reichweite des Patentschutzes“ he-
        ausgreifen.
        Patentrecht ist Wirtschaftsrecht, aber kein wertneutra-
        s Feld. Wir müssen das Interesse an einer Stärkung der
        nnovations- und Wettbewerbskraft unseres Landes in
        inklang bringen mit der Sorge, die in dem Satz zusam-
        engefasst wird: Kein Patent auf Leben.
        In der Vergangenheit wurden in einer Art Goldrausch
        roße Claims im Land des menschlichen Genoms abge-
        teckt, buchstäblich Exklusivrechte an der Nutzung des
        enschlichen Lebens. Dies wollen wir für Deutschland
        nd die EU ausschließen.
        Auf der anderen Seite gilt: Forschung verlangt viel
        eit und Geld. 10 bis 12 Jahre dauert die Entwicklung
        ines Arzneimittels. Und sie kostet circa 750 Millionen
        uro.
        Das Patent sichert die Rentabilität solcher Investitio-
        en. Es ist der Treibstoff, ohne den der Motor Bio- und
        entechnologie nicht läuft. Deshalb muss der Biopatent-
        chutz sachlich und gerecht ausgestaltet werden.
        Wir schlagen ein funktionsbeschränktes Stoffpatent
        or. Warum? Das menschliche Gen als Material biotech-
        ologischer Erfindungen ist nicht irgendeine Substanz,
        ondern Teil des Bauplans Mensch, ein Teil von uns.
        ach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist
        ie Zahl der bekannten krankheitsrelevanten Gene von
        und 500 auf 50 000 explodiert.
        Wenn in einer menschlichen Zelle nur 10 000 Prote-
        ne wirken – wir können das bisher nur schätzen –, illus-
        iert das die unvorstellbare Komplexität möglicher Zu-
        ammenhänge im Organismus.
        Wenn die menschliche Gensequenz ein Grundstück
        t, auf dem etwas Segensreiches angebaut werden kann,
        ann soll – nach unserer Vorstellung gerechter Beloh-
        ung – nicht der ganze Kontinent mitpatentiert werden,
        denfalls nicht, solange der größte Teil der Landkarte
        eiß ist.
        Denn die Isolation eines Gens und die Prüfung seiner
        harmakologischen oder medizinischen Relevanz sind
        eute automatisiert. Damit fehlt der Touch des Genialen,
        ie er etwa in der gedanklichen Leistung der Erfindung
        es Penicillins steckte.
        Professor Winnacker hat gesagt: „Sollen die Entde-
        ker einer einzigen dieser Eigenschaften zugleich auch
        ie Rechte für bislang nicht entdeckte Anwendungen er-
        alten? Wohl kaum!“
        Wir wollen – ich bleibe in meinem Bild –, dass mög-
        chst viele auf Entdeckungstour ins Unbekannte auf-
        rechen, ohne einem Erstpatentinhaber ständig Wegezoll
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4459
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        zahlen zu müssen. Mit einem funktionsbezogenen Stoff-
        schutz begrenzen wir deshalb das Patent auf eine kon-
        krete gewerbliche Anwendbarkeit.
        Das ist kein absoluter Stoffschutz wie von der Bun-
        desregierung vorgeschlagen, das wäre zu viel Beloh-
        nung, aber auch kein reines Verfahrenspatent, das wäre
        zu wenig und vermutlich auch mit der EU-Richtlinie
        nicht vereinbar.
        Mit einem funktionsbeschränkten Stoffschutz erhö-
        hen wir die Chance kleinerer Firmen auf Erstpatente und
        fördern damit den Wettbewerb.
        Und ganz wichtig ist: Wir geben damit auch den Men-
        schen in unserem Land eine überzeugende Antwort, die
        verhindern wollen, dass sich einige Wenige den Men-
        schen als Teil der Schöpfung aneignen.
        In einem alten Lehrbuch zum Patentrecht aus dem
        Jahr 1878 – Kohler, Deutsches Patentrecht – ist zu lesen,
        was Sinn und Zweck des gewerblichen Rechtsschutzes
        ist: „den Vortheil des Producenten mit dem Vortheil des
        Publikums zu verbinden“. Unser Vorschlag bringt diese
        Synthese aus kommerziellem Interesse und Allgemein-
        wohl.
        Meine Damen und Herren, wir müssen, wenn es um
        ethische Grundentscheidungen geht, und die Patentie-
        rung eines menschlichen Gens ist sicher eine solche Ent-
        scheidung, den Willen haben, einen breiten Konsens zu
        erzielen und damit ein Signal in unsere Gesellschaft zu
        senden. Wir sind bereit, mit Ihnen ein innovationsför-
        derndes und ethisch tragfähiges Gesetz zur Umsetzung
        der EU-Biopatentrichtlinie zu erarbeiten.
        Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Die EU-Richtlinie zu Biopatenten hat deutliche Schwä-
        chen: Sie ist zu weit gehend und sie ist vom wissen-
        schaftlichen Fortschritt überholt. Sie muss überarbeitet
        werden. Nur unter Ausschöpfung der Interpretations-
        spielräume ist eine Umsetzung in nationales Recht ein
        Fortschritt gegenüber der geltenden Rechtslage. Bereits
        im März haben wir aus diesem Grund eine Doppelstrate-
        gie vorgestellt: Umsetzung unter Ausnutzung der vor-
        handenen Spielräume, aber auch Neuverhandlung der
        EU-Richtlinie. Ich begrüße es sehr, dass inzwischen
        auch die Union dazugelernt hat und unsere vorgeschla-
        gene Doppelstrategie – Umsetzung und gleichzeitig
        Neuverhandlung der EU-Richtlinie – unterstützt.
        Der seit gestern vorliegende Gesetzentwurf ist ein
        erster Schritt in die richtige Richtung: Er nutzt beste-
        hende Spielräume aus – Stichworte sind Herkunftsnach-
        weis und Auskreuzung. Mit Verabschiedung des Gesetz-
        entwurfs hat die Bundesregierung außerdem den
        Beschluss gefasst, sich in Brüssel mit Nachdruck für
        eine Überarbeitung der Richtlinie einzusetzen. Damit ist
        eine ganz wichtige Forderung, die wir immer erhoben
        haben, als Zusage berücksichtigt. Die Regierung will
        sich auch dafür einsetzen, dass der Herkunftsnachweis
        im Rahmen internationaler Verhandlungen verbindlich
        eingefordert wird.
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        Ich will nicht verhehlen, dass innerhalb der Bundesre-
        ierung unterschiedliche Auffassungen über die Ausle-
        ung der Richtlinie bestehen. Das Umwelt- und das Ver-
        raucherschutzministerium haben dafür gesorgt, dass der
        esetzentwurf in einigen Punkten verbessert werden
        onnte: Das gilt vor allem für den Herkunftsnachweis
        es genetischen Materials, der als Soll-Bestimmung auf-
        enommen wurde. Das ist vor allem für die Nord-Süd-
        eziehungen – Stichwort Biopiraterie – von Bedeutung.
        eutschland hat sich in mehreren internationalen Ab-
        ommen zum Schutz der biologischen Vielfalt und der
        echte von Entwicklungsländern verpflichtet. Ein wich-
        iges Instrument dabei ist, die Herkunft von biologi-
        chem Material nachvollziehbar zu gestalten. Im Ent-
        urf ist nun die Forderung aufgenommen, dass die
        nmeldungen Angaben zum geographischen Herkunftsort
        ieses Materials umfassen müssen, soweit dieser bekannt
        t. Darüber hinaus verpflichtet sich die Bundesregierung in
        em Kabinettsbeschluss, sich auf internationaler Ebene da-
        ür einzusetzen, dass die Herkunft des in einer Erfindung
        enutzten biologischen Materials in der Patentanmel-
        ung zwingend angegeben werden muss.
        Zudem ist der Schutz von Bauern vor ungewollter
        uskreuzung von gentechnisch verändertem Material
        erücksichtigt. Das ist positiv. Landwirte müssen vor
        iner zufälligen Verunreinigung ihres Saatgutes – zum
        eispiel durch Pollenflug vom Nachbaracker – und da-
        it verbundenen patentrechtlichen Ansprüchen ge-
        chützt werden. Hierzu ist im Gesetzentwurf nun ein ent-
        prechender Passus enthalten, dass der Patentschutz für
        iologisches Material, das im Bereich der Landwirt-
        chaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar gewon-
        en wurde, ausgeschlossen ist. Weiterhin trägt – sollte es
        u einer Auskreuzung kommen – nicht der Landwirt,
        ondern der Patentrechtsinhaber die Beweislast.
        Suboptimal ist, dass im jetzigen Gesetzentwurf nicht
        ie Möglichkeiten ausgeschöpft werden, das Stoffpatent
        uf nationaler Ebene deutlich einzuschränken. Gene sind
        eine Stoffe im üblichen Sinn, sondern beinhalten Infor-
        ationen, deren Bedeutung von ihrer Position innerhalb
        es Genoms und der Interaktion zwischen Zellen und
        mwelt abhängt. Der Entwurf der Bundesregierung
        ieht vor, dass Patentanmelder eine Funktion eines Gens
        ngeben müssen, um nur ein Patent zu bekommen, das
        en Stoff umfasst. So bekommen sie alle aufgefundenen
        unktionen mit patentiert, die später gefunden werden.
        ies führt zu Vorratspatentierungen und zu Monopolen
        inzelner Forscher oder Firmen auf Gene und behindert
        ünftige Forschung. Die Zunahme dieser strategischen
        atente wurde erst vor wenigen Wochen von dem Direk-
        or des Europäischen Patentamtes, EPA, kritisiert. Wir
        etzen uns weiterhin dafür ein, dass solche ungerechtfer-
        igten Vorteile durch einen uneingeschränkten Stoff-
        chutz, die weit über die angemessene Erfinderbeloh-
        ung hinausgehen, im Biopatentgesetz eingeschränkt
        erden. Alles andere wäre forschungsfeindlich und un-
        erecht.
        Um hier zu einer international wirksamen Lösung zu
        ommen, ist es wichtig, die EU-Richtlinie zu verbessern.
        azu gehört, dass die Patentierung von Verfahren zum
        lonen menschlicher Lebewesen eindeutig ausgeschlos-
        4460 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
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        sen werden kann und dass Stoffpatente auf konkret be-
        schriebene Funktionen beschränkt werden können; nicht
        nur beim Menschen, sondern auch bei Pflanzen und Tie-
        ren. Nur so können Vorratspatentierungen und Monopole
        einzelner Firmen auf Gene verhindert werden. Schon
        heute melden Konzerne ein Patent an, indem sie nur eine
        Funktion des Gens angeben. Nachträglich werden alle
        später aufgefundenen Funktionen dieses Gens mit paten-
        tiert.
        Die Nutzung der Spielräume bei der Umsetzung hilft
        jedoch wenig, wenn es um grundsätzliche Probleme der
        EU-Richtlinie geht. So ist es zum Beispiel – anders als
        die CDU behauptet – derzeit möglich, dass die Patente
        auch Pflanzensorten umfassen. Der jüngste Streitfall
        beim EPA um ein Patent auf Sojabohnen hat dies wieder
        deutlich bestätigt. Darum setzen wir uns dafür ein, dass
        die Richtlinie auf EU-Ebene überarbeitet wird.
        Ulrike Flach (FDP): Ich hatte in meinen Redeentwurf
        bereits heftige Kritik an der Bundesregierung hineinge-
        schrieben, weil Sie noch immer keinen Gesetzentwurf
        zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie in nationales
        Recht vorgelegt hatte. Vorgestern erfuhren wir, dass nun
        doch ein Entwurf das Kabinett passiert hat. Ein Lob kön-
        nen Sie nur für den Inhalt, nicht aber für die lange Ver-
        schleppungszeit erwarten.
        Der Gesetzentwurf hält sich nach erster Durchsicht
        weitgehend an die Vorgaben der EU-Richtlinie und
        kommt unserer Forderung nach einer 1:1-Umsetzung
        sehr nahe.
        Besorgnis erregend sind aber die Töne, die vom grü-
        nen Koalitionspartner zu hören sind. Der Abgeordnete
        Loske teilt mit, die Grünen werden – gemeinsam mit
        einigen SPD-Kollegen – Änderungsanträge einbringen,
        die den absoluten Stoffschutz weiter einschränken sol-
        len. Sogar von schwarz-grünen Anträgen kann man in
        der Frankfurter Rundschau lesen.
        Das ist die Übertragung der nordrhein-westfälischen
        Taktik auf den Bund. Im Kabinett stimmen die Grünen
        zu, draußen organisieren sie den Widerstand. Das mag
        gut für das grüne Image sein, dem Standort Deutschland
        hilft es allerdings nicht weiter. Wir brauchen eine
        schnelle Umsetzung und nicht weitere quälende Debat-
        ten.
        Herr Loske kritisiert, dass sich ein Patent auch auf
        Funktionen eines Gens beziehen würde, die später ent-
        deckt werden. Das ist aber nun einmal im Patentrecht
        ganz normal. Wenn Sie ein Patent für ein Medikament
        gegen eine bestimmte Krankheit erhalten und Sie stellen
        später fest, dass das Medikament auch gegen eine andere
        Krankheit hilft, dann kann es doch nicht sein, dass sie
        dafür ein separates Patent beantragen müssen. Es ist
        schließlich derselbe Stoff.
        Die FDP steht zur Freiheit der Forschung. Zwar ist
        der uneingeschränkte Schutz eines Patents dort nicht ge-
        rechtfertigt, wo die Weiterentwicklung der Technik be-
        hindert würde, denn wir wollen Erfindergeist anspornen.
        Aber wenn erstmals mit technischen Mitteln ein bisher
        nicht bekannter Stoff gewonnen wird, ist ein umfassen-
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        er, ein absoluter Stoffschutz notwendig. Die Patentan-
        eldung dient ja auch dazu, den Stoff der Allgemeinheit
        ekannt zu machen und somit eine Grundlage für wei-
        ere Forschung zu schaffen.
        Der Antrag der Unionsfraktionen bedeutet einen
        ückschritt gegenüber dem, was wir heute haben. Das
        st die Botschaft, die wir aus der Wissenschaft und von
        en Unternehmen erhalten.
        Die EU-Richtlinie selbst stellt hohe Anforderungen
        n die Erfindungshöhe und legt fest, dass Verfahren zum
        lonen von Menschen oder zur Veränderung ihrer gene-
        ischen Identität nicht patentierbar sind. Damit wird
        eutlich, dass es kein Patent auf Leben geben kann. Dies
        indet sich im Gesetzentwurf wieder.
        Ein einheitliches europäisches Patentrecht für bio-
        echnologische Erfindungen bietet große Chancen für
        ie Forschung. Ohne einen wirksamen Patentschutz wer-
        en aber die Unternehmen – und sie erbringen den weit-
        us größten Anteil an Forschungsmitteln – nicht in For-
        chung investieren und der therapeutische Fortschritt
        ird verlangsamt.
        Sicher, neue Medikamente gibt es nicht von heute auf
        orgen, aber es gibt sie erst recht nicht ohne einen ver-
        indlichen rechtlichen Patentschutz. Gerade Start-up-
        nternehmen sind darauf angewiesen, über Patente für
        ooperationen mit großen Firmen attraktiv zu werden
        nd Zugang zu Wagniskapital zu erhalten.
        Ich freue mich, dass die Bundesregierung nun doch
        inen Entwurf vorgelegt hat und erwarte, dass dieser
        ald ins Parlament kommt. Eine Einbringung zunächst
        n den Bundesrat, wie sie in den Medien angeklungen ist,
        alten wir für eine überflüssige Verzögerungstaktik.
        Wer will, dass der Biotechnologie-Standort Deutsch-
        and Rechtssicherheit erhält, der sollte nicht taktieren,
        ondern handeln. Auf unsere Unterstützung können Sie
        abei rechnen.
        Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Der
        ntrag der CDU/CSU-Fraktion greift ein Thema auf,
        elches auch der Bundesregierung am Herzen liegt. Es
        eht um die Umsetzung der Richtlinie des Europäischen
        arlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz
        iotechnologischer Erfindungen, kurz: die Biopatent-
        ichtlinie.
        Es handelt sich um eine wichtige Richtlinie. Sie bietet
        erade für biotechnologische Erfindungen mehr Rechts-
        icherheit und mehr Klarheit. So werden die ethischen
        renzen der Patentierbarkeit konkreter festgelegt als im
        eltenden deutschen Recht. Ein solcher verlässlicher
        ahmen im rechtlichen Bereich ist für die Nutzer des Pa-
        entsystems, insbesondere die deutsche Forschung und
        ie deutsche Industrie, von größter Wichtigkeit. Die be-
        roffene Wirtschaft und die zuständige Gewerkschaft set-
        en sich ebenso wie die öffentliche und private For-
        chung uneingeschränkt für die 1:1-Umsetzung der
        ichtlinie ein.
        Ich begrüße daher, dass sich auch die CDU/CSU-
        raktion nunmehr uneingeschränkt zur Umsetzungsver-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4461
        (A) )
        (B) )
        pflichtung bekennt. Bei der ersten Lesung des Regie-
        rungsentwurfs in der vergangenen Legislaturperiode
        hatte sich nämlich der Vertreter der CDU/CSU deutlich
        skeptischer und eher distanziert geäußert. Das hatte da-
        mit zu tun, dass wir es uns alle mit dem Thema Biotech-
        nologie aus guten Gründen nicht leicht machen. Dies
        sind wir den ethischen und den wirtschaftspolitischen
        Fragen schuldig, die diesem Thema zugrunde liegen.
        Trotzdem – auch darauf gilt es in diesem Zusammen-
        hang nochmals hinzuweisen – mit der Richtlinie und mit
        ihrer Umsetzung in deutsches Recht wird kein neues Pa-
        tentrecht für biotechnologische Erfindungen geschaffen.
        Die Patentierung biotechnologischer Erfindungen erfolgt
        in Deutschland und Europa bereits seit über 30 Jahren
        und ist durch die Rechtsprechung anerkannt. Das Gesetz
        soll vor allem Patentrecht und Patentrechtspraxis in
        Europa harmonisieren. Auf dieser Grundlage wollen und
        werden wir das Ergebnis einer ernsthaften und sachge-
        rechten Interessenabwägung in Gesetzesform bringen.
        Die Bundesregierung hat hier ihre Hausaufgaben erle-
        digt: Wir haben bereits im Oktober 2000 unseren Ent-
        wurf zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie vorgelegt,
        zu dem in diesem Hause verschiedene Anhörungen statt-
        gefunden haben. Leider konnte das Gesetzgebungsver-
        fahren nicht mehr abgeschlossen werden, sodass der
        Entwurf der Diskontinuität anheim fiel. Die Bundesre-
        gierung hat nun einen neuen Regierungsentwurf be-
        schlossen. Wir unterstreichen damit unseren Handlungs-
        willen in dieser Zukunftstechnologie. Der neue Entwurf
        ist mit seinem Vorgänger im Wesentlichen identisch.
        Viele Forderungen aus dem heute hier diskutierten
        Antrag der CDU/CSU-Fraktion waren bereits in dem
        ersten Regierungsentwurf umgesetzt und sind auch im
        neuen Entwurf enthalten: von der Erleichterung der
        Zwangslizenzierung bei abhängigen Patenten bis zur Be-
        rücksichtigung des Embryonenschutzgesetzes bei der
        Auflistung der Patentierungsverbote. Besonders hinwei-
        sen möchte ich in diesem Zusammenhang auf den von
        uns neu geschaffenen § 34 a des Entwurfs, der eine Ver-
        pflichtung des Anmelders zur Angabe der Herkunft des
        in der Erfindung verwendeten biologischen Materials
        einführt: Damit setzen wir ein deutliches Zeichen im
        Sinne der Konvention zur Biodiversität!
        Natürlich wissen wir, dass die Biopatentrichtlinie
        nicht das letzte Wort in diesem komplexen Rechtsgebiet
        ist. Die Bundesregierung hat die Europäische Kommis-
        sion bereits Anfang 2001 darauf hingewiesen. Die Kom-
        mission hat auf die Entwicklung – nicht nur in Deutsch-
        land – bereits reagiert. In ihrem Bericht vom Oktober
        2002 lehnt sie mögliche Verbesserungen und Präzisie-
        rungen der Richtlinie keineswegs mehr grundsätzlich ab.
        Die Bundesregierung wird sich deshalb auch nach In-
        Kraft-Treten des Gesetzes weiterhin bei der Europäi-
        schen Kommission für erforderliche Verbesserungen und
        Präzisierungen der Richtlinie einsetzen.
        Ein Wort zu der auch in diesem Hause intensiv disku-
        tierten Frage des so genannten Stoffschutzes, also dem
        rechtlichen Schutz des durch die Erfindung der Öffent-
        lichkeit neu zur Verfügung gestellten Stoffes, zum Bei-
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        piel der Teilsequenz eines Genes, einschließlich seiner
        unktionen. Wir haben hier die vom Patenrecht vorgege-
        ene grundsätzliche Geltung des absoluten Stoffschutzes
        it Regelungen flankiert, die dem Missbrauch entgegen-
        irken werden. Wir wollen vermeiden, dass unange-
        essen weit reichende Stoffansprüche auf genetische
        equenzen erteilt oder solche Stoffe im Ergebnis mono-
        olisiert werden.
        Unser Gesetzentwurf ist damit auch forschungs- und
        irtschaftspolitisch notwendig, um Investitionen und In-
        ovationen in der Biotechnologie effektiv zu fördern.
        as kommt nicht zuletzt der Forschung und der Ent-
        icklung wirksamer neuer Medikamente zugute.
        Ich bin überzeugt, dass wir mit diesem Gesetzentwurf
        ine gute Grundlage für eine intensive, aber zügige par-
        amentarische Beratung haben. Ich freue mich darauf.
        nlage 5
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Mehr Sicherheit im
        Luftverkehr (Tagesordnungspunkt 15)
        Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Dieser Antrag der
        DU/CSU behandelt zentral die Luftverkehrssicherheit.
        ie wollen den Eindruck erwecken, die Opposition
        üsste die Regierung in diesem Bereich zum Jagen tra-
        en. Das hat der Parlamentarische Staatssekretär beim
        undesminister des Innern, Fritz Rudolf Körper, ein-
        rucksvoll widerlegt. Sie haben das Hase-Igel-Spiel ver-
        oren, denn während Sie bei Ihrem Antrag noch dabei
        aren, die richtige Formulierung zu finden, hat die Re-
        ierung bereits gehandelt.
        Der Schutz der Bevölkerung hat für die rot-grüne
        undesregierung eine herausragende Bedeutung. Aber
        ns ist nicht daran gelegen, mit dem Sicherheitsgefühl
        er Bürgerinnen und Bürger zu spielen. Sie versuchen
        nsicherheitsgefühle bei der Bevölkerung zu erzeugen
        nd wenn Ihnen das gelungen ist, dann wollen Sie die
        undesregierung dafür verantwortlich machen.
        So betreibt man permanenten Wahlkampf, und zwar
        ücksichtslos. Dem Schutz der Bevölkerung aber dient
        ies nicht. Wir dagegen wollen die Sicherheit und das
        icherheitsgefühl einer wachsamen Bürgergesellschaft
        tärken. Dazu sollten und könnten auch Sie einen Bei-
        rag leisten.
        Die Sicherheit im Luftverkehr war vor dem 9. Novem-
        er 2001 in Europa und insbesondere in Deutschland hoch
        nd wir haben permanent Verbesserungen vorgenommen.
        icht umsonst spielen sich Flugzeugentführungen gerade
        ort ab, wo die bei uns vorhandenen Sicherheitsmaßnah-
        en gerade nicht zum Tragen kommen. Schauen Sie
        och einmal in die Statistiken und Analysen zur Krimi-
        alität rund ums Flugzeug.
        Für uns steht die Luftverkehrssicherheit nicht isoliert.
        ir haben ein ineinander greifendes, abgestuftes Kon-
        ept zum Schutz der Bevölkerung und der Passagiere.
        4462 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        Der vorliegende Antrag konzentriert sich auf einen
        einzigen Punkt. Das ist ungefähr so, als ob wir uns
        beim Schutz vor Wohnungseinbrüchen ausschließlich
        um die Haustüre kümmern würden. Die Haustüre ist
        wichtig. Aber die Beratungsstellen der Polizei würden
        ein ineinander greifendes, abgestuftes Konzept empfeh-
        len und die Haustüre, die Fenster, den Vorbereich, die
        Straße und auch gute Beziehungen zu den Nachbarn in
        den Schutz des Hauses einbeziehen.
        Genau so, wie wir versuchen, mit einem abgestuften
        Konzept das Haus zu schützen, verfahren wir auch im
        Bereich der Terrorismusbekämpfung. Es wäre fatal, sich
        nur auf einen Teilbereich zu beschränken.
        Der vorliegende Antrag legt einen Schwerpunkt auf
        die technischen Standards bei den biometrischen Erken-
        nungsmerkmalen. Die Technik ist wichtig, aber wir soll-
        ten nicht auf die Technik alleine setzen. Der Schwer-
        punkt muss ebenso auf geschultem Personal liegen. Da
        haben wir unsere Hausaufgaben längst gemacht, wie Sie
        vom Parlamentarischen Staatssekretär erfahren mussten.
        Unsere Erfahrung zeigt: Immer, wenn man die techni-
        schen Sicherungen verbessert, verbessern sich auch die
        Möglichkeiten der Umgehung, siehe Euro. Dies zeigt:
        Die Technikgläubigkeit hat ihre Grenzen und darf nicht
        die Wachsamkeit der Beschäftigten und der Passagiere
        ersetzen.
        Das, was Sie hier vorlegen, ist ein Baustein des Kon-
        zepts, mit dem Frau Merkel, Herr Schäuble und auch Sie
        in Deutschland ein „Washington en miniature“ – Bettina
        Gauss, „taz“ – schaffen wollen.
        Wir erreichen nicht mehr Sicherheit, indem versucht
        wird, die USA zu kopieren. Wir müssen unseren eigenen
        Weg gehen, wir gehen diesen eigenen Weg und sichern
        so den Schutz der Passagiere und der Bevölkerung.
        Clemens Binninger (CDU/CSU): Mit dem Antrag
        „Mehr Sicherheit im Luftverkehr“ beraten wir heute
        über ein Thema, dass eine der zentralen Herausforderun-
        gen für die innere Sicherheit seit den Anschlägen vom
        11. September darstellt. Dass wir dieses Thema, fast
        zwei Jahre nach den Anschlägen von New York und
        Washington heute debattieren, liegt an den Versäumnis-
        sen der rot-grünen Regierung auf diesem Gebiet. Nicht
        erst die Entführung eines Kleinflugzeuges Anfang Ja-
        nuar 2003 hat die Defizite bei der Luftsicherheit deutlich
        zu Tage treten lassen. Bis heute steht die Bundesregie-
        rung zum Thema „Flugzeug als Waffe von Terroristen“
        mit praktisch mit leeren Händen da.
        Auch ihr gestern vorgelegter und als vertraulich ein-
        gestufter „Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe Sicherheit
        im Luftraum“ ändert nichts an der Tatsache, dass nach
        wie vor die zaghaften Ansätze in den Sicherheitspaketen
        der Bundesregierung nicht konkret weiterentwickelt
        worden sind. Und wenn – wie gestern geschehen Kern-
        ergebnisse dieses vertraulich eingestuften Berichts schon
        wenig später in der Tageszeitung nachzulesen sind, dann
        muss ich schon sagen:
        Mit seriöser Sicherheitspolitik hat das nichts mehr zu
        tun. Da geht es offensichtlich nur um den Showeffekt
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        der der Bundesinnenminister hat seinen Laden nicht im
        riff – im Zweifel beides.
        Die Unzuverlässigkeit der Bundesregierung im Be-
        eich konkreter Maßnahmen für mehr Luftsicherheit hat
        inen Namen: Otto Schily.
        Der Minister hat den Innenministern der Länder zuge-
        ichert, noch vor der Sommerpause ein Air-Police-Ge-
        etz vorzulegen – bislang Fehlanzeige!
        Am 19. April 2003 hätte das von der Europäischen
        nion verlangte nationale Sicherheitsprogramm für den
        uftverkehr vorliegen müssen – bislang Fehlanzeige!
        Die geschilderten Versäumnisse gehen zulasten der
        icherheit der Menschen in unserem Land, die tagtäglich
        uf die Nutzung von Flughäfen und Flugzeugen ange-
        iesen sind. Für die Erfüllung der Sicherheitsanforde-
        ungen sind bei Verkehrsflughäfen Organisationen des
        undes, der Länder sowie private Sicherheitsorganisati-
        nen Flughafenbetreiber und Luftverkehrsunternehmen
        uständig. Diese Vielfalt zeigt, dass Reibungsverluste
        icht ausgeschlossen sind und zu gravierenden Sicher-
        eitslücken führen können. Darüber hinaus sind die
        echnischen Standards innerhalb der Bundesländer äu-
        erst unterschiedlich. Hier besteht dringender Hand-
        ungsbedarf.
        Deshalb fordern wir die Bundesregierung in unserem
        ntrag auf, endlich aktiv zu werden. Wir fordern die
        ereinheitlichung der technischen Standards bei der Ab-
        icklung der Abfragen zur Zuverlässigkeitsüberprüfung
        nnerhalb der Bundesländer durch den Bund. Wir for-
        ern, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, dass
        n der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Flughafenperso-
        al Anfragen an das Ausländerzentralregister und das
        inwohnermeldeamt Rahmen der Identitätsprüfung obli-
        atorisch werden. Wir fordern die Einrichtung einer zen-
        ral gefühlten Datenbank über Entscheidungen in Visa-
        erfahren auf die die Länder zurückgreifen können.
        Als der Innenausschuss vor einigen Wochen den
        rankfurter Flughafen besucht hat, konnten wir uns alle
        berzeugen, dass wir bei diesen Dimensionen nicht län-
        er auf modernste Technik zur Identitätsüberprüfung
        erzichten können.
        Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, biome-
        rische Daten zur Identitätssicherung bei den Zugangs-
        nd Vorfeldkontrollen von Flughäfen grundsätzlich auch
        ür Passagiere zu ermöglichen. Außerdem muss der Ein-
        atz biometrischer Merkmale umfassend auf Pässe und
        ersonalausweise ausgedehnt werden. Zu beiden Vorha-
        en hören nur Absichtserklärungen bzw. erleben das
        albherzige Vorantreiben von Pilotversuchen. Hierzu
        ordern wir, dem Deutschen Bundestag einen Zeitplan
        orzulegen. Denn eines ist klar: Sicherheit in der Luft
        eginnt am Boden.
        Neben den notwendigen gesetzlichen Änderungen
        uss sich die Bundesregierung aber auch hinsichtlich
        es Grundgesetzes entscheiden: Wenn sie die Abwehr
        er Gefahren aus der Luft ernsthaft betreiben will, muss
        ie im Grundgesetz den notwendigen Rahmen für den
        insatz der Bundeswehr im Inneren schaffen. Wir sind
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4463
        (A) )
        (B) )
        dazu bereit. Offensichtlich sieht dies die Bundesregie-
        rung zwischenzeitlich auch so; denn wenn sie auch nur
        einen Teil des Maßnahmenkatalogs aus dem Ergebnis-
        bericht der Arbeitsgruppe „Sicherheit im Luftraum“ um-
        setzen will, kommt dies einer zusätzlichen Ermächti-
        gungsgrundlage gleich, für es wiederum ohnehin einer
        Grundgesetzänderung bedarf.
        Ich fordere Rot-Grün auf, auf der Grundlage unseres
        Antrages im Ausschuss über die notwendigen Schritte zu
        sprechen.
        Dr. Max Stadler (FDP): Nach Aufsehen erregenden
        Ereignissen, insbesondere nach spektakulären Unglücks-
        fällen und Verbrechen, setzt häufig eine hektische Ge-
        setzgebungsaktivität ein. Auch nach der Entführung ei-
        nes Kleinflugzeuges in Frankfurt am Main Anfang
        Januar dieses Jahres kam verständlicherweise sofort eine
        intensive öffentliche Diskussion in Gang, ob die gesetz-
        lichen Bestimmungen ausreichen würden, um mit sol-
        chen Vorfällen fertig zu werden.
        Dann setzte aber offenbar eine anderer Mechanismus
        ein, nämlich derjenige der Verdrängung. Jedenfalls ist
        das Thema aus der öffentlichen Debatte praktisch wieder
        verschwunden, ohne dass man wüsste, welche Position
        denn die Bundesregierung und die Koalition zu den ur-
        sprünglich diskutierten Gesetzesänderungen einnehmen.
        Daher ist es ein Verdienst des Antrags der CDU/CSU-
        Bundestagsfraktion, dass das Parlament gezwungen
        wird, sich mit dieser Frage doch noch einmal eingehend
        zu befassen. Freilich schießt der Antrag im wahrsten
        Sinne des Wortes über das Ziel hinaus, wenn er von not-
        wendigen verfassungsrechtlichen Änderungen für den
        Einsatz der Bundeswehr bei der Abwehr von Gefahren
        aus der Luft spricht.
        Die FDP-Bundestagsfraktion hat hierzu stets die Mei-
        nung vertreten, dass die Sicherung des Luftraums schon
        jetzt ganz eindeutig zu den Aufgaben und Befugnissen
        der Bundeswehr gehört. Deshalb ist eine Verfassungsän-
        derung nicht notwendig.
        Auch dann, wenn es sich nicht um einen Angriff von
        Außen handelt, sondern wenn im Inland ein Flugzeug
        entführt wird und dadurch eine Gefahr ähnlich den An-
        schlägen in den USA am 11. September 2001entsteht,
        kann die Bundeswehr in Amtshilfe zur Gefahrenabwehr
        tätig werden. Es ist offenkundig, dass die eigentlich hier-
        für zuständige Polizei hierzu alleine nicht in der Lage
        wäre. Die Regelung des Art. 35 GG erscheint uns ausrei-
        chend.
        Selbstverständlich ist die FDP-Fraktion bereit, diese
        Frage in den Ausschüssen noch einmal gründlich zu erör-
        tern. Es bietet sich an, dass wir als Abgeordnete uns hier-
        bei durch Sachverständige, Verfassungsexperten und Bun-
        deswehr- sowie Polizeipraktiker beraten lassen. Dabei
        kann auch der vom Kollegen Dr. Wiefelspütz eingeführte
        Gedanke eines Ausführungsgesetzes zu Art. 35 GG noch
        einmal diskutiert werden.
        Die pauschale Forderung in dem Unionsantrag, die
        Sicherheitspakete I und II weiterzuentwickeln, wird da-
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        egen von der FDP nicht unterstützt. Wir haben schon
        ei der Beratung von Schily II klar im Bundestag die
        uffassung vertreten, dass es zur Abwehr terroristischer
        efahren nicht am notwendigen gesetzlichen Instrumen-
        arium fehlt, sondern dass der beste Schutz in einer opti-
        alen personellen, technischen und finanziellen Aus-
        tattung der Sicherheitsorgane liegt. In dieser Haltung
        ehen wir uns durch die Äußerungen vieler Praktiker be-
        tätigt. Es bleibt also dabei: Auf dem Gebiete der inne-
        en Sicherheit besteht in Deutschland kein Gesetzesdefi-
        it, sondern ein Vollzugsdefizit.
        Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim
        undesminister des Innern: Mit dem Antrag „Mehr
        icherheit im Luftraum“ hat die CDU/CSU-Fraktion ein
        igentor geschossen. Der Antrag verdeutlicht nicht die
        ermeintlichen Versäumnisse der Bundesregierung, son-
        ern vielmehr die Unkenntnis der CDU/CSU-Fraktion.
        ch will daher zunächst einmal zur Sachinformation bei-
        ragen.
        Unmittelbar im Nachgang zu den Terroranschlägen
        es 11. September 2001, bei denen erstmals in der
        eschichte der zivilen Luftfahrt Passagierflugzeuge als
        affen benutzt worden sind, wurde das gesamte System
        er sich bereits auf einem hohen Niveau befindlichen na-
        ionalen Luftsicherheitsmaßnahmen überprüft und auf
        iese neue Qualität der Bedrohung erweitert. Entspre-
        hend wurden zahlreiche Maßnahmen im Bereich der
        uftsicherheit umgesetzt. Ziel ist die Schaffung eines
        estaffelten Schutzsystems, mit dem sicherstellt wird,
        ass auch beim Ausfall einer Maßnahme die weiteren
        tufen eine Straftat dennoch verhindern.
        Zusätzlich wurden auch Verbesserungen auf den ein-
        elnen Kontrollstufen vorgenommen. Ich will hier nur
        ie wesentlichen Maßnahmen anführen:
        Bei der Fluggast- und Handgepäckkontrolle erfolgten
        it dem Erlass eines nationalen Ausbildungsprogramms
        ür Fluggastkontrollkräfte und der Vorgabe einer einheit-
        ichen Prüfungsordnung sowie eines Prüfungsfragenka-
        alogs die entscheidenden Schritte hin zu einer dringend
        rforderlichen Harmonisierung des Kontrollstandards.
        Auch bei der Kontrolle des aufgegebenen Gepäcks
        at das Bundesinnenministerium schon vor dem 11. Sep-
        ember mit Nachdruck auf eine lückenlose Überprüfung
        ingewirkt. Seit dem 1. Januar 2003 wird das aufgege-
        ene Gepäck auf allen deutschen Verkehrsflughäfen lü-
        kenlos kontrolliert.
        Zum Schutz vor Innentätern wurde unmittelbar nach
        en Anschlägen vom 11. September 2001 eine Ad-hoc-
        uverlässigkeitsüberprüfung von rund 260 000 Beschäf-
        igten der Luftfahrt- und Flugplatzunternehmen durchge-
        ührt. Zusätzlich wurden die rechtlichen Voraussetzun-
        en für bundeseinheitliche, verschärfte und jährliche
        uverlässigkeitsüberprüfungen geschaffen.
        Weiterhin wurden in einer Arbeitsgruppe unter der
        eitung des Bundesministeriums für Verkehr die Mög-
        ichkeiten zur Verbesserung der technischen Sicherheit
        es Flugzeugs selbst untersucht. Auf internationaler
        bene konnte sehr schnell Einigkeit über den Einbau
        4464 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
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        verstärkter Cockpittüren erzielt werden. Die deutschen
        Fluggesellschaften haben diese Vorgabe für ihre Transat-
        lantikflüge bereits im April erfüllt.
        Seit dem 24. September 2001 setzt der Bundesgrenz-
        schutz an Bord deutscher Luftfahrzeuge Flugsicherheits-
        begleiter ein.
        Zusätzliche Maßnahmen werden fortlaufend auf der
        Grundlage der Gefährdungsbewertungen der Sicher-
        heitsbehörden angepasst.
        In der Natur des Luftverkehrs liegt es, dass die ergrif-
        fenen nationalen Maßnahmen nur in einem internationa-
        len Zusammenhang erfolgreich sein können. Dies gilt
        insbesondere in Europa, wo die Nachbarstaaten oft nur
        wenige Flugminuten auseinander liegen. Sowohl auf in-
        ternationaler Ebene als auch auf europäischer Ebene
        wurden wesentliche Fortschritte erzielt. Durch die am
        19. Januar 2003 in Kraft getretene EG-Verordnung über
        die Festlegung einheitlicher Maßnahmen für die Sicher-
        heit im Luftverkehr wurden in der EU einheitliche, de-
        taillierte Standards für die Luftsicherheit festgelegt.
        Die Behauptung von Versäumnissen bezüglich der
        Umsetzung der EG-Luftsicherheitsverordnung sind im
        Hinblick auf das nationale Luftsicherheitsprogramm
        überholt, im Hinblick auf das nationale Qualitätssiche-
        rungsprogramm verfrüht; in beiden Fällen jedenfalls
        haltlos:
        Das nationale Luftsicherheitsprogramm wurde zeitge-
        recht zum 19. April 2003 unter Federführung durch das
        BMVBW gemeinsam mit dem BMI erstellt und von den
        Ministern gebilligt.
        Das nationale Qualitätssicherungsprogramm muss
        nach der EG-Verordnung bis 19. Juli diesen Jahres fer-
        tiggestellt sein. Ein entsprechender Entwurf wird derzeit
        abgestimmt und wird fristgerecht vorgelegt. Das Kon-
        zept enthält im Wesentlichen alle Maßnahmen zur Quali-
        tätssicherung, also zur Überprüfung, ob die Luftsicher-
        heitsmaßnahmen umfassend und fehlerfrei durchgeführt
        werden. Zu diesem Zweck wird neben den Fachauf-
        sichtsmaßnahmen zusätzlich ein Auditsystem für alle
        deutschen Verkehrsflughäfen eingeführt, durch das zu-
        künftig regelmäßig umfassende Prüfungen der Luftsi-
        cherheitsmaßnahmen durch unabhängige Experten erfol-
        gen werden. Da die Programme aus Sicherheitsgründen
        unter dem Verschlusssachengrad „VS – Nur für den
        Dienstgebrauch“ eingestuft werden, kann eine Veröffent-
        lichung nicht erfolgen. Dies mag die in dem Antrag der
        Opposition zutage tretende Unkenntnis erklären.
        Aber auch in den weiteren Punkten läuft Ihr Antrag
        ins Leere:
        Die durch den Chef des Bundeskanzleramts im Som-
        mer 2002 beauftragte ressortübergreifende Arbeits-
        gruppe „Sicherheit im Luftraum“ hat Anfang 2003 kon-
        krete Empfehlungen zu den erforderlichen Strukturen
        zur Abwehr von Gefahren durch den Missbrauch von
        Flugzeugen als Waffe vorgelegt. Diese Empfehlungen
        wurden durch die jeweiligen Leitungsebenen gebilligt
        und werden, soweit sie Kompetenzen des Bundes betref-
        fen, bereits umgesetzt. So wird derzeit ein Nationales
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        age- und Führungszentrum aufgebaut, das der zentrale
        nlaufpunkt für alle die Sicherheit im Luftraum betref-
        enden Meldungen sein soll. Dieses Führungszentrum
        ird Anfang Juli 2003 seinen vorläufigen Betrieb auf-
        ehmen und zum 1. Oktober 2003 vollständig einsatzbe-
        eit sein.
        Des Weiteren ist im Bundesministerium des Innern
        urzfristig ein Referentenentwurf eines Luftsicherheits-
        esetzes (LuftSiG-E) erarbeitet worden, der sich derzeit
        n der Ressortabstimmung befindet. Der Entwurf eines
        uftsicherheitsgesetzes zielt darauf ab, für Gefahren-
        agen wie den Terroranschlägen am 11. September 2001
        der der Entführung eines Motorseglers am 5. Januar
        003 in Frankfurt/Main klare Zuständigkeiten zwischen
        und und Ländern zu schaffen. Mit den Entwurfsrege-
        ungen wird die Grundlage für schnelle und effiziente In-
        ormations- und Entscheidungsstrukturen geschaffen.
        usdrücklich geregelt wird der Bundeswehreinsatz in
        en Fällen, in denen die für die Gefahrenabwehr zustän-
        igen Stellen der Länder nicht über die personelle und
        echnische Ausstattung zum Handeln verfügen. Im Ent-
        urf ist auch eine Novellierung der Regelungen für Zu-
        erlässigkeitsüberprüfungen im Bereich des Luftver-
        ehrs vorgesehen, um den Schutz vor Innentätern noch
        eiter zu verbessern.
        Der Vorwurf, dass die Bundesregierung untätig gewe-
        en sei, ist daher absolut verfehlt. Wenn es Ihnen tatsäch-
        ich auf eine verbesserte Luftsicherheit ankommt, kann
        ch Sie nur dazu auffordern, sich konstruktiv an dem Ge-
        etzgebungsverfahren zu beteiligen.
        Im Hinblick auf den Einsatz biometrischer Erken-
        ungsmerkmale erscheint der Antrag wenig zielführend:
        in Pilotversuch in Hessen im Hinblick auf Zugangs-
        nd Zutrittskontrollen zu den Sicherheitsbereichen von
        lughäfen ist der Bundesregierung nicht bekannt. Sie
        üssen hier etwas durcheinander gebracht haben.
        Das von Ihnen angesprochene Ziel, biometrische
        erkmale in Personaldokumente aufzunehmen, wird
        on der Bundesregierung bereits konsequent verfolgt:
        chon mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz wurden
        ie Voraussetzungen zur Aufnahme biometrischer Merk-
        ale in deutsche Personaldokumente geschaffen. Der
        ntwurf eines Gesetzes, das die Einzelheiten des Verfah-
        ens regelt, wird noch im Verlauf dieser Legislaturperi-
        de ausgearbeitet werden.
        Das Bundesamt für die Sicherheit in der Informa-
        ionstechnik führt gemeinsam mit dem Bundeskriminal-
        mt umfangreiche Tests über biometrische Verfahren
        on Fingerabdrücken, Iris und Gesichtserkennung durch.
        ie Tests sollen bis Mitte 2004 abgeschlossen sein. Zu-
        em entwickelt das Bundesministerium des Innern mit
        er Bundesdruckerei ein modifiziertes Passmuster. Wenn
        ie Entwicklung des neuen Passmusters Mitte nächsten
        ahres abgeschlossen ist, wird auch über das anzuwen-
        ende biometrische Verfahren entschieden werden.
        Auf der Höhe der Zeit sind Sie auch nicht mit der
        orderung nach Schaffung einer zentral geführten Da-
        enbank über Entscheidungen im Visaverfahren. Es ist
        hnen ganz offensichtlich entgangen, dass im Terro-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4465
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        rismusbekämpfungsgesetz längst eine entsprechende
        Rechtsgrundlage geschaffen wurde. Nachdem die infor-
        mationstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, wer-
        den in Kürze Daten aller Visaentscheidungen zentral in
        der im Bundesverwaltungsamt geführten AZR-Visadatei
        gespeichert. Auf diese Daten können viele Länderstel-
        len, wie zum Beispiel Polizeivollzugsbehörden und
        Ausländerbehörden, zugreifen.
        Nach diesem Überblick dürfte deutlich geworden
        sein, dass der Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem
        Titel „Mehr Sicherheit im Luftraum“ sicher nicht zu
        mehr Sicherheit im Luftraum führen wird, da nur Sach-
        verhalte und Vorhaben wieder aufgerollt wurden, deren
        Bedeutung die Bundesregierung längst erkannt hat, die
        bereits umgesetzt sind bzw. deren Realisierung sehr bald
        zu einem Abschluss gebracht werden wird.
        Anlage 6
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Antrag: Gentests in Me-
        dizin, Arbeitsleben und Versicherungen (Tages-
        ordnungspunkt 16)
        Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Lassen sich mich zu-
        nächst einmal ein Wort an die Kolleginnen und Kollegen
        von der CDU/CSU-Fraktion richten: Sie werden es
        kaum glauben, aber ich war beim Lesen ihres Antrags
        richtiggehend erfreut. Schließlich sind darin praktisch
        im Verhältnis 1:1 die Forderungen und Empfehlungen
        wiederzufinden, die die Enquete-Kommission „Recht
        und Ethik der modernen Medizin“ in der 14. Wahlperi-
        ode zur Gendiagnostik ausgearbeitet hat. Und man freut
        sich doch immer, wenn eine Arbeit, an der man selbst
        beteiligt war, Früchte trägt.
        Ihre Fraktion ist allerdings nicht die erste, die sich bei
        der Ausarbeitung von Eckpunkten zur Gendiagnostik auf
        die Vorarbeiten der Enquete-Kommission bezogen hat.
        Das Eckpunktepapier nämlich, das die SPD schon im
        vergangenen Juli nach eingehenden Beratungen inner-
        halb der Fraktion vorgelegt hat, hat sich ebenfalls die
        Empfehlungen der Enquete-Kommission zu Eigen ge-
        macht. Diese Übereinstimmung zeigt mir, dass die tra-
        genden ethischen Grundsätze, von denen ausgehend das
        schwierige Thema „genetische Diagnostik“ rechtlich zu
        regeln ist, offenbar breiteste Anerkennung finden.
        Angesichts der besonderen Sensibilität der Daten, mit
        denen wir es hier zu tun haben, ist das ja auch kaum ver-
        wunderlich; denn genetische Daten unterscheiden sich
        von allen anderen biologischen Daten dadurch, dass sie
        den Kernbereich unserer körperlichen Existenz, unser
        individuelles Genom betreffen. Gendiagnostik liefert
        häufig nicht Daten, die sich auf den aktuellen Zustand
        eines Menschen beziehen, sondern auf Veranlagungen,
        zukünftige Entwicklungen etc. Ihre Ergebnisse sagen
        häufig nur etwas über Wahrscheinlichkeiten und Mög-
        lichkeiten. Was hilft es jemandem aber, wenn jemand
        weiß, dass bei ihm ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko
        besteht, einen Herzinfarkt zu bekommen oder an Brust-
        krebs zu erkranken, wenn nicht einmal klar ist, ob sich
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        iese Veranlagung überhaupt je realisiert? Und liegt da-
        in nicht die Gefahr massiver Diskriminierung derjeni-
        en, bei denen solche erhöhten Wahrscheinlichkeiten
        estgestellt werden, zumal dann, wenn sie sich nicht ein-
        al manifestieren.
        Die Gendiagnostik droht hier gewissermaßen eine
        ielzahl von „Kranken ohne Symptom“ zu schaffen. Zu-
        leich liefert sie häufig Daten, die nicht nur etwas über
        en Menschen aussagen, bei dem sie erhoben wurden,
        ondern zugleich über Familienangehörige – und das
        ann manchmal erhebliche soziale und psychologische
        olgen haben. So könnte beispielsweise eine Diagnostik,
        ie in einer Familie zu medizinischen Zwecken vorge-
        ommen wird, als „Nebeneffekt“ die Information zutage
        ördern, dass der „Vater“ des Kindes in Wirklichkeit gar
        icht der biologische Vater ist.
        Der Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbe-
        timmung und der Schutz vor genetischer Diskriminie-
        ung im Arbeitsleben, im Versicherungswesen usw. müs-
        en daher die leitenden Prinzipien der Gesetzgebung zur
        endiagnostik sein. Was die Gefahren der Diskriminie-
        ung anbetrifft, haben die Arbeiten der Enquete-Kom-
        ission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ der
        4. Wahlperiode schon mit dazu beigetragen, dass in die
        rundrechte-Charta der Europäischen Union ein Artikel
        ufgenommen wurde, der dem Bürger Schutz vor geneti-
        cher Diskriminierung garantiert.
        Des Weiteren ist es im Rahmen des Rechts auf infor-
        ationelle Selbstbestimmung gerade der Schutz des
        echts auf Nichtwissen, der uns vor knifflige juristische
        robleme stellt. Ebenso müssen wir klarstellen, wie das
        echt auf informationelle Selbstbestimmung von Nicht-
        inwilligungsfähigen zu wahren ist. Dass bei ihnen aus-
        chließlich solche genetischen Untersuchungen durchge-
        ührt werden dürfen, die ihrem Wohl dienen, für sie
        inen medizinischen Nutzen haben, ist ein Grundsatz,
        en wir hier klar umsetzen müssen. Das gilt übrigens
        uch für die pränatale Diagnostik, wo das Recht auf in-
        ormationelle Selbstbestimmung bislang leider oft genug
        erletzt wird, indem an nicht einwilligungsfähigen Föten
        uch Tests durchgeführt werden, die keinerlei medizini-
        chen Nutzen für sie versprechen. Dass eine solche Pra-
        is auf den sensiblen Bereich der prädiktiven geneti-
        chen Diagnostik ausgedehnt wird, müssen wir in jedem
        all vermeiden.
        Abschließend möchte ich Ihnen noch einmal sagen,
        ass ich es grundsätzlich begrüße, dass die CDU/CSU
        eim Nachdenken über das Thema Gendiagnostik zu
        hnlichen Schlüssen gekommen ist wie die SPD schon
        or über einem Jahr. Ich möchte Sie allerdings zur Ge-
        uld mahnen. Wenn wir uns auch in den Eckpunkten
        eitgehend einig sein mögen, so steckt bei der Gentest-
        esetzgebung doch häufig der Teufel im Detail. Wir soll-
        en daher nichts über das Knie brechen, sehr verehrte
        olleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion.
        ie wissen selbst, wie kompliziert bei einem so umfang-
        eichen Projekt, an dem zahllose verschiedene Ressorts
        eteiligt sind, die Abstimmungsprozesse sind. Lassen
        ie uns dem nicht durch Schnellschüsse vorgreifen, son-
        ern die wichtigen Fragen Punkt für Punkt abarbeiten!
        4466 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        (A) )
        (B) )
        Trotz der Komplexität der Materie wird die Bundes-
        regierung schon nach der Sommerpause im September
        einen entsprechenden Referentenentwurf vorlegen. Aber
        Sie wissen ja, wie viele Ressourcen andere Themen der
        Gesundheitspolitik gegenwärtig beanspruchen. Und dass
        es im Gesundheitsbereich innerhalb einer Fraktion
        manchmal aufreibend werden kann, erleben gerade Sie
        ja derzeit täglich am eigenen Leib.
        Nichtsdestotrotz: Wenn der Referentenentwurf vor-
        liegt, können wir die Details gemeinsam durchgehen. Da
        Sie als größte Oppositionsfraktion die Grundlinien ge-
        nauso sehen wie wir, bin ich zuversichtlich, dass wir das
        Gentestgesetz dann zügig und auf einer breiten parla-
        mentarischen Basis werden verabschieden können.
        Katherina Reiche (CDU/CSU): Wir befassen uns
        heute mit einem Thema, dass fast auf den Tag genau vor
        einem Jahr Gegenstand der Debatte in diesem Hause ge-
        wesen ist. Bereits damals hat die öffentliche Anhörung
        der Sachverständigen im Gesundheitsausschuss zu dem
        Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Anwendung
        von Gentests in Medizin und Versicherungen eindrucks-
        voll belegt, dass wir in Deutschland dringend eine gesetz-
        liche Regelung für den Umgang mit Gentests benötigen.
        Das Parlament ist aufgerufen, beim Umgang mit Genda-
        ten Leitplanken zu setzen, um die Entwicklung in die von
        uns vorgeschlagenen gewünschten Bahnen zu lenken.
        Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der
        Koalition, was haben Sie in diesem Jahr getan, um dieser
        Aufforderung nach zu kommen? Antwort ist: Nichts! Ich
        möchte hierzu gern den Bundesbeauftragten für den Da-
        tenschutz, Joachim Jacobs, zitieren, der in seinem Tätig-
        keitsbericht für die Jahre 2001 und 2002 ausführte:
        „Wiederholt habe ich in meinen Tätigkeitsberichten da-
        rauf hingewiesen, dass die Schaffung eines bereichsspe-
        zifischen Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes dringlicher
        denn je ist.“ Und weiter heißt es: „Mehrfach hat die Bun-
        desregierung angekündigt, dass sie unter Einbeziehung
        von Wissenschaft und Praxis einen Gesetzentwurf zu ei-
        nem Arbeitnehmerdatenschutz vorlegen will.“ Mittler-
        weile liegen bereits mehrere wissenschaftliche Stellung-
        nahmen zum Thema Gentest vor. Ich erinnere hier nur an
        den Schlussbericht der Enquete-Kommission „Recht und
        Ethik in der modernen Medizin“ aus der letzten Legisla-
        turperiode oder die Stellungnahme der Senatskommis-
        sion für Grundsatzfragen der Genforschung der DFG, in
        der der politische Handlungsbedarf im Arbeitsrecht for-
        muliert worden ist.
        Die Bundesregierung hat jedoch bis zum heutigen
        Tage keinen Gesetzentwurf hierzu vorgelegt. Im Gegen-
        satz zu Deutschland existieren bereits in vielen europäi-
        schen Ländern spezifische Regelungen zur Anwendung
        von Gentests. Deshalb fordere ich Sie auf, handeln Sie
        endlich und legen diesem Hause auf der Grundlage unse-
        rer Eckpunkte einen Gesetzentwurf zum Umgang mit
        Gentests vor!
        Die Einführung molekulargenetischer Methoden hat
        eine neue Ära der Medizin begründet. Die Entschlüsse-
        lung des menschlichen Erbgutes und die daraus resultie-
        rende Entwicklung von Gentests können zu beachtlichen
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        ortschritten im Bereich der Diagnose, der Prävention
        nd der Therapie genetisch bedingter Krankheiten füh-
        en. Bei den verschiedenen Testmöglichkeiten unter-
        cheiden wir diagnostische und prädiktive Gentests.
        ährend die Untersuchung mittels eines diagnostischen
        entests der Bestätigung einer bestehenden Diagnose
        ient, verstehen wir unter einem prädiktiven Test eine
        orhersagende Untersuchung auf das Vorliegen einer
        rbgutveränderung. Unser Antrag bezieht sich im Fol-
        enden auf die Problematik der prädiktiven Gentests.
        Aufgrund der neuen Diagnosemöglichkeiten kann be-
        eits heute schon die Veranlagung zu einer genetischen
        rankheit festgestellt werden und somit das Risiko oder
        er Ausbruch unter Umständen verhindert werden.
        rankheiten wie Alzheimer, Multiple Sklerose oder Hä-
        ophilie sind heute ebenso leicht in einem Gen nach-
        eisbar wie bestimmte Krebsarten, etwa Brust-, Eier-
        tock- und Hautkrebs. Es bedarf der Orientierung an der
        rundgesetzlich geschützten Menschenwürde, der Res-
        ektierung des Selbstbestimmungsrechtes, des Gleich-
        eitsgrundsatzes, der Vertraulichkeit, der Schweige-
        flicht, der Freiwilligkeit und einer umfassenden
        ufklärung der Probanden durch qualifizierte Fachärzte.
        Ziel rechtlicher Regelungen muss es sein, den indivi-
        uellen und gesellschaftlichen Risiken prädiktiver gene-
        ischer Diagnostik so weit wie möglich entgegenzuwir-
        en und zugleich die Chancen von diagnostischen
        entests so weit wie möglich zur Entfaltung zu bringen.
        ie gesellschaftliche Herausforderung besteht also da-
        in, einerseits die Rahmenbedingungen für die viel ver-
        prechende Forschung in Bezug auf die Vermeidung und
        ehandlung schwerer Krankheiten zu verbessern und
        ndererseits die im Rahmen der Verfassung, Ethik und
        ultur selbstverständlichen individuellen Ansprüche auf
        nformationelle Selbstbestimmung und auf Schutz vor
        enetischer Diskriminierung und Stigmatisierung zu si-
        hern. Beiden Aspekten sind wir in unserem Antrag ge-
        echt geworden.
        Wir als CDU/CSU-Fraktion wollen, dass niemand
        egen seiner genetischen Disposition Nachteile beim
        bschluss von Versicherungen oder Arbeitsverträgen er-
        ahren muss. Wir möchten vielmehr sicherstellen, dass
        ie Möglichkeiten der Gentechnik dem Einzelnen zugute
        ommen und nicht einseitig von Dritten zu deren Vorteil
        enutzt werden.
        Die CDU/CSU-Fraktion legt Ihnen deshalb heute ei-
        en erweiterten Antrag zur Anwendung von Gentests in
        edizin und Versicherungen vor, der einen Leitfaden für
        eitere gesetzliche Regelungen bilden soll. Es reicht
        ben nicht aus, zu sagen, dass man den gläsernen Men-
        chen verhindern will, es ist notwendig, jetzt schleunigst
        echtliche Schritte einzuleiten.
        Wir haben in unserem Antrag einen umfangreichen
        aßnahmenkatalog zum Schutz vor dem Mißbrauch von
        endaten aufgestellt. Damit möchten wir sicherstellen,
        ass niemand zu einem Gentest gezwungen werden
        ann. Versicherungen dürfen die Durchführung eines
        rädiktiven Gentests nicht veranlassen. Dazu hat sich die
        eutsche Versicherungswirtschaft im Rahmen eines frei-
        illigen Moratoriums verpflichtet. Die eigene geneti-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003 4467
        (A) )
        (B) )
        sche Disposition muss für jeden Menschen ein Geheim-
        nis bleiben. Ebenso muss die Gefahr ausgeschlossen
        werden, dass Nutzer aus Angst vor einer möglichen Dis-
        kriminierung auf die Durchführung eines vom Arzt ver-
        anlassten medizinisch indizierten Gentests verzichten
        bzw. einen solchen anonym und ohne ärztliche Beratung
        durchführen.
        In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch ein-
        mal unterstreichen, dass Gentests und die entsprechende
        Beratung in die Hand des Facharztes gehören und nicht
        für Hobbymediziner geeignet sind. Angesichts eines ins
        Haus stehenden „freien Testmarktes“, auf dem Anbieter
        von insgesamt 1001 genetische Tests über das Internet
        viel Geld verdienen und durch unzureichende Infor-
        mation und Interpretation großer Schaden angerichtet
        werden kann, erscheinen uns entsprechende gesetzliche
        Regelungen angebracht. Auch der Abschluss von Ar-
        beitsverträgen darf nicht von Gentests abhängig gemacht
        werden, denn es gilt die Gefahr einer ungerechtfertigten
        Arbeitnehmerselektion und Diskriminierung gleich von
        vornherein auszuschließen. Vielmehr sind Regelungen
        notwendig, die die Freiwilligkeit und Vertraulichkeit von
        Gentests garantieren und dem Schutz der Arbeitnehmer
        dienen. Unser Antrag berücksichtigt zu dem die Forde-
        rung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz,
        Joachim Jacob, unerlaubte Gentests unter Strafe zu stel-
        len.
        Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, auf der
        Grundlage dieser Eckpunkte einen entsprechenden Ge-
        setzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen.
        Wir unterbreiten Ihnen damit ein Angebot, mit uns in
        den Dialog zu treten und im Interesse der Menschen zu
        einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
        Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das
        menschliche Genom ist weitgehend entschlüsselt. Die
        wissenschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Hu-
        mangenetik schreiten mit hohem Tempo voran.
        Aus dieser Entwicklung können sich Chancen zu ei-
        ner Erforschung, Diagnose und vielleicht auch Heilung
        von Krankheiten ergeben. Durch so genannte Prädisposi-
        tionstests können manche Krankheiten schon vor dem
        Ausbrechen erkannt werden. Hier liegt eine Chance, das
        Ausbrechen solcher Krankheiten durch präventive Maß-
        nahmen zu verzögern oder gar zu verhindern. Diagnosti-
        sche Gentests ermöglichen eine effektivere Diagnose
        von Krankheiten.
        Mit Gentests werden vielleicht auch Empfindlichkei-
        ten hinsichtlich bestimmter Stoffe festgestellt werden
        können. Dann wird es – so die Hoffnung – möglich, indi-
        viduell festzustellen, ob ein Patient bestimmte Medika-
        mente verträgt oder welche Medikamente in welcher
        Wirkstoffzusammensetzung bei ihm am effektivsten wir-
        ken.
        Der Einsatz von Gentests birgt aber auch eine Reihe
        von ernsten und schwerwiegenden Gefahren für den ein-
        zelnen Menschen und das gesellschaftliche Zusammen-
        leben. Die umfassende genetische Analyse kann Diskri-
        minierung und Selektion in verschiedensten Formen
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        rmöglichen. Es besteht die Gefahr, dass Dritte Informa-
        ionen über die genetische Konstitution von Menschen
        hne ihr Wissen oder gegen ihren Willen erfahren. Ge-
        auso besteht die Gefahr, dass Menschen Informationen
        ber ihre eigenen genetischen Daten aufgedrängt werden
        der sie unter Druck geraten, von solchen Daten gegen
        hren Willen Kenntnis nehmen zu müssen.
        Hieraus können – je nach Schwere und Maß der Unge-
        issheit der Information – erhebliche psychische Pro-
        leme für alle Beteiligten entstehen. Denn für die meisten
        er genetisch beinflussten oder begründeten Krankheiten
        ibt es heute noch keine Therapie. Das Wissen weitet
        ich rasant aus, die Hilfe kommt aber nicht hinterher.
        er genetische Hintergrund vieler Krankheiten bedingt,
        ass diese über Generationen in Familien anzutreffen
        ind und Wissen und Gewissheit eines Familienmit-
        lieds sich niemals auf dieses Mitglied beschränken
        ässt.
        Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht aus diesen
        nd vielen weiteren Gründen dringenden Regelungsbe-
        arf auf dem Gebiet der genetischen Diagnostik. For-
        chungs- und Wissenschaftsfreiheit, das allgemeine Per-
        önlichkeitsrecht, zu dem das Recht auf Nichtwissen und
        as informationelle Selbstbestimmungsrecht gehören,
        ber auch Verbraucherschutz- und Datenschutzinteres-
        en müssen dabei abgewogen werden.
        Im Forschungsbereich müssen Standards definiert
        erden, die gewährleisten, dass keine Forschung ohne
        nformierte Zustimmung und mit dem Recht des Wider-
        ufs durchgeführt wird und Anonymisierungen nicht
        urchbrochen werden können. Hohe Qualitätsstandards
        insichtlich der Testverfahren und der Labore, die die
        ests durchführen, müssen gewährleisten, dass die Er-
        ebnisse exakt, zuverlässig und nicht überschüssig
        insichtlich der Fragestellungen sind. Wir wollen eine
        endiagnostikkommission aus unabhängigen Wissen-
        chaftlern verschiedener Fachrichtungen, die diese Quali-
        tsstandards näher definiert und überwacht. Sie sollte
        uch Forschungsvorhaben bewerten und bewilligen, um
        icht einwilligungsfähige Menschen vor Ausbeutung ih-
        es Erbmaterials ohne wissenschaftlichen Nutzen für sie
        u schützen.
        Das Gesetz muss ein Diskriminierungsverbot fest-
        chreiben. Niemand darf aufgrund seiner genetischen
        isposition benachteiligt werden. Genauso wenig darf
        emand benachteiligt oder stigmatisiert werden, der sich
        eigert, an sich einen Gentest durchführen zu lassen. Je-
        er sollte zudem davor geschützt werden, seine geneti-
        chen Daten und die Erkenntnisse, die sich daraus ablei-
        en lassen, gegen seinen Willen zur Kenntnis nehmen zu
        üssen. Das Recht auf Nichtwissen ist zu gewährleisten.
        Der Drittbezug von Gentests wirft große Probleme
        uf. Einen angemessenen Ausgleich zwischen dem
        echt auf Nichtwissen der Verwandten und dem Inte-
        esse desjenigen, der sich testen lassen will, weil er seine
        ebensplanung darauf einrichten will oder weil er auf
        ine Erkennung und Heilung seiner Krankheit hofft, zu
        inden, ist schwer. Er kann nach unserer Auffassung
        och am besten dadurch erreicht werden, dass die freie
        erfügbarkeit von Gentests für jedermann strikt unter-
        (A) (C)
        (B) )
        sagt wird. Gentests dürfen nur durch fachlich qualifi-
        zierte Ärzte angeordnet werden und müssen einen klaren
        medizinischen Nutzen haben. Vor der Durchführung ei-
        nes Gentests und vor Bekanntgabe der Ergebnisse muss
        eine umfassende und fachlich hochwertige Beratung
        durchgeführt werden, die nicht nur medizinische, son-
        dern auch psychische und soziale Aspekte umfasst.
        Die Gendiagnostik wirft aber auch in anderen Berei-
        chen Fragen auf, die geklärt werden müssen und von uns
        geklärt werden. So muss es Versicherungen grundsätz-
        lich untersagt sein, von ihren Versicherungsnehmern die
        Durchführung eines Gentests vor dem Abschluss eines
        Versicherungsvertrages zu verlangen oder entsprechende
        Testergebnisse anzunehmen. Arbeitgeber dürfen weder
        die Durchführung eines Tests noch die Offenlegung von
        bereits durchgeführten Tests verlangen oder annehmen.
        Dies ist zwingend geboten, um Diskriminierung und Se-
        auf europäischer Ebene in der Biomedizin-Konvention
        in Art. 11 festgelegt ist, dass „jede Form der Diskri-
        minierung gegen eine Person wegen ihres genetischen
        Erbes verboten ist“. Damit ist die Biomedizin-Konven-
        tion das einzige internationale Vertragswerk, das aus-
        drücklich das genetische Erbe als Grund für die Nicht-
        diskriminierung erwähnt. Deutschland sollte diese
        Konvention nicht nur aus diesem Grund schnellstens
        unterzeichnen.
        Obwohl sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft
        noch 1999 in einer Stellungnahme zu prädikativen Gen-
        tests gegen gesetzliche Regelungen ausgesprochen und
        auf die Verantwortung von Wissenschaft und Berufsver-
        bänden verwiesen hat, sprechen drei Gründe für eine ge-
        setzliche Regelung, wie sie von der Union vorgeschla-
        gen wird. Erstens. Es ist fraglich, ob bei einer
        Ausweitung der Testpraxis die Instrumente der berufs-
        lektion aufgrund einer genetischen Disposition zu ver-
        meiden. Etwaige Ausnahmen müssen unabweisbar sein
        und dürfen weder das Diskriminierungsverbot noch das
        Persönlichkeitsrecht unterlaufen.
        Die Koalition wird einen Gesetzentwurf vorlegen, der
        alle diese Facetten berücksichtigt. Der Antrag der CDU/
        CSU, dem ich ausdrücklich bescheinigen will, dass er
        sich sorgfältig und umfassend mit den Problemen der
        Gendiagnostik auseinander setzt, ermutigt mich in der
        Hoffnung, dass es nach Abschluss der parlamentarischen
        Debatten zu einem Gentestgesetz kommen wird, dem
        alle Fraktionen werden zustimmen können.
        Detlef Parr (FDP): Das Schicksal von Terry
        Seargent, einer 46-jährigen Amerikanerin, sollte uns zu
        denken geben. Sie ist aufgrund eines Gentests, nach dem
        eine Erbkrankheit diagnostiziert wurde, arbeitslos und
        ohne Krankenversicherungsschutz – ein Fall von geneti-
        scher Diskriminierung, weil es keine klare gesetzliche
        Regelung in den USA gibt. So stellen wir uns den Fort-
        schritt der Humangenetik nicht vor. Eine solche Schre-
        ckensvision der Selektion durch Arbeitgeber oder Kran-
        kenversicherungen aufgrund von Informationen über das
        Erbgut darf bei uns nie Realität werden.
        Das Recht, nicht diskriminiert zu werden, stellt ein
        fundamentales Menschenrecht dar. Es ist ein Segen, dass
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        echtlichen Selbstregulierung ausreichen, um Fehlent-
        icklungen zu verhindern. Zweitens. Die Empfehlungen
        er Berufsorganisationen haben keinen verbindlichen
        harakter, solange sie nicht in die ärztliche Berufsord-
        ung übernommen werden. Drittens. Es muss mit einer
        usweitung der genetischen Diagnostik in vielen An-
        endungsfeldern gerechnet werden. Dazu gehört auch
        ie Zunahme nicht medizinischer Tests.
        Es hat bereits in der 14. Legislaturperiode der Ent-
        urf eines Gentestgesetzes vorgelegen. Die Enquete-
        ommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“
        mpfiehlt ein umfassendes Gendiagnostik-Gesetz. Wir
        ollten dieser Empfehlung folgen und darauf drängen,
        ass die bereits laufenden Vorbereitungen eines neuen
        ntwurfs beschleunigt werden. Dabei sind für die FDP
        olgende Prinzipien wesentlich. Erstens das Prinzip, dass
        ich die Nutzung von Gendiagnostik auf medizinische
        wecke beschränkt, zweitens der Arztvorbehalt bzw.
        ine fachärztliche Qualifikation, drittens das Selbstbe-
        timmungsrecht – Weitergabe der Daten nur mit aus-
        rücklicher Zustimmung des Einzelnen – und viertens
        ie Qualitätssicherung von Beratung und Diagnose
        urch staatliche Zulassung der Einrichtungen. Außer-
        em darf die Einführung genetischer Tests nicht dem
        arkt überlassen werden. Wir müssen jede Art von
        ildwuchs in diesem Bereich vermeiden.
        4468 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
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        53. Sitzung
        Berlin, Donnerstag, den 26. Juni 2003
        Inhalt:
        Redetext
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage4
        Anlage 5
        Anlage 6