1) Anlage 3
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung waren für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Der Wider-
spruch hält sich in Grenzen. Damit hätte das so beschlos-
sen werden können, wenn die beteiligten Fraktionen und
insbesondere die benannten Redner nicht großmütig da-
rauf verzichtet hätten, ihre angedrohten Reden tatsäch-
lich zu halten.
(Beifall im ganzen Hause)
Tatsächlich haben für die SPD die Kollegen Uwe
Göllner, Wolfgang Spanier und Gunter Weißgerber, für
die CDU/CSU die Kollegen Bartholomäus Kalb, Arnold
Vaatz, Norbert Barthle und Dirk Fischer, für Bündnis 90/
Die Grünen die Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig, für
die FDP der Kollege Horst Friedrich und schließlich
auch der Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe ihre
sorgfältig vorbereiteten Reden zu Protokoll gegeben.1)
Dies ist ein beispielhafter Beitrag zur Humanisierung der
Arbeitswelt,
(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)
für den ich mich insbesondere im Namen all der Kolle-
ginnen und Kollegen bedanken möchte, die ohnehin
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/646: Wer stimmt für diesen Antrag? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch dies ist
keine Mehrheit.
Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 15/641:
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der FDP auf
Drucksache 15/642? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Auch dieser Antrag hat nicht die ausrei-
chende Mehrheit.
Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP auf
Drucksache 15/643: Wer stimmt für diesen Antrag? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dieser An-
trag hat keine Mehrheit.
Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP auf
Drucksache 15/645: Wer stimmt für diesen Antrag? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das alles
sieht mir sehr nach Absprache aus.
(Heiterkeit)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2687
(A) (C)
(B) (D)
wirtschaftsmodell absichern
(Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord-
nungspunkt 9)
Erstens. Im Jahre 1999 flossen nach Angaben der
OECD über Steuern und andere Abgaben 118 Milliarden
Euro direkt und indirekt in die Gemeinsame Agrarpoli-
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Neuabdruck, aus technischen Gründen,
einer zu Protokoll gegebenen Rede
Zur Beratung der Anträge:
– Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen
gerechten Interessenausgleich bei den lau-
fenden WTO-Verhandlungen
– WTO-Verhandlungen – Europäisches Land-
Reinhold Hemker (SPD): Die Bemühungen Deutsch-
lands im Rahmen des Strukturwandels in den ländlichen
Regionen sind Teil einer Entwicklung, die zu einem glo-
balen Agrarkonzept führen muss. Dabei muss deutlich
sein: Die Prinzipien der Kohärenz und Komplementarität
sind richtungsweisende, globale Elemente einer gesamt-
politischen Ausrichtung der EU. Dieser Ausrichtung ist
auch Deutschland verpflichtet. Die laufenden WTO-Ver-
handlungen – nicht nur bezogen auf den Agrarteil in Kom-
bination mit der Ernährungswirtschaft – legen wesent-
liche Bedingungen für diese Entwicklung fest. Und unsere
Landwirte und Landwirtinnen leisten in den verschiede-
nen Regionen Deutschlands schon jetzt mit einer stand-
ortgerechten und auch ökologischen Produktionsweise
einen Beitrag dazu.
Es geht darum, im Sinne des Dreiklangs der Nachhal-
tigkeitskonzeption, die ökonomischen Kriterien mit dem
Aufbau und Ausbau der Produktion, die ökologische
Notwendigkeit für die Bewahrung der Schöpfung und
die sozialen Ziele der Sicherung der Lebensverhältnisse
bei der Schaffung und dem Erhalt der Ernährungssicher-
heit zu berücksichtigen. Dies gilt für alle am WTO-Ver-
handlungsprozess beteiligten Länder. Vor diesem Hinter-
grund geht es darum, bei den Verhandlungen einen
Ausgleich zwischen der Öffnung der Märkte und den be-
rechtigten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anlie-
gen der WTO-Partner zu finden.
Ich verweise in diesem Zusammenhang exemplarisch
auf das EU-Ratsdokument Nr. 11658/02 mit dem inhalt-
lichen Schwerpunkt der Bekämpfung der ländlichen
Armut, das gestern noch im Ausschuss für Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft auf der Tages-
ordnung stand. Es geht darum, die verschiedenen Poli-
tikbereiche bei den WTO-Verhandlungen so aufeinander
abzustimmen, dass die Lebensverhältnisse in den ländli-
chen Räumen – unter besonderer Berücksichtigung der
Agrar- und Ernährungswirtschaft – weiterentwickelt
werden. Darum ist es wichtig, den Klärungsprozess zur
Konkretisierung der EU-Position in unserem Bereich
– also dem Bereich der Agrarwirtschaft – unter Einbe-
ziehung der deutschen Interessen zu beeinflussen. Dazu
dient unser Antrag und die heutige Debatte.
Es ist festzustellen: Der im letzten Monat vorgelegte
Modalitätenvorschlag des WTO-Agrarauschussvorsit-
zenden Harbinson muss modifiziert werden. Allerdings
ist klar, dass ein Erfolg am Ende der Gesamtrunde mit
einem zukünftigen Agrarübereinkommen nur möglich
sein wird, wenn alle am Verhandlungsprozess Beteilig-
ten zu Zugeständnissen bereit sind, worauf Dr. Thalheim
für die Bundesregierung bereits in der vergangenen Wo-
che hingewiesen hat. Denn gegenwärtig steht die Praxis
der internationalen Agrarpolitik noch einer Entwicklung
im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzipes entgegen.
Dazu einige Fakten zur Erinnerung:
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Bury, Hans Martin SPD 18.03.2003
Dr. Eberl, Christian FDP 18.03.2003
Falk, Ilse CDU/CSU 18.03.2003
Flach, Ulrike FDP 18.03.2003
Götz, Peter CDU/CSU 18.03.2003
Hartnagel, Anke SPD 18.03.2003
Hennrich, Michael CDU/CSU 18.03.2003
Höfer, Gerd SPD 18.03.2003*
Jäger, Renate SPD 18.03.2003*
Künast, Renate BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
18.03.2003
Laurischk, Sibylle FDP 18.03.2003
Lengsfeld, Vera CDU/CSU 18.03.2003
Dr. Lucyga, Christine SPD 18.03.2003*
Otto (Godern), Eberhard FDP 18.03.2003
Rauber, Helmut CDU/CSU 18.03.2003*
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 18.03.2003
Silberhorn, Thomas CDU/CSU 18.03.2003
Dr. Sonntag-Wolgast,
Cornelie
SPD 18.03.2003
Dr. Stadler, Max FDP 18.03.2003
Violka, Simone SPD 18.03.2003
Wettig-Danielmeier,
Inge
SPD 18.03.2003
2688 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
tik, GAP, der EU. Der Umfang der Mittel für die öffentli-
che Zusammenarbeit der EU, ODA-Mittel, betrug dage-
gen 4,6 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass es nach wie
vor große Behinderungen für die Entwicklungschancen
durch hohe Subventionen gibt.
Zweitens. Die Entwicklungsländer exportierten im
Jahre 2001 Agrarprodukte im Wert von 128 Millarden
US-Dollar, während die 27 OECD-Staaten ihren Agrar-
sektor mit insgesamt 311 Milliarden US-Dollar subven-
tionierten. Daran hat sich bis heute qualitativ und quanti-
tativ kaum etwas verändert.
Und wir alle wissen, dass insbesondere die Mehrheit
der LLDCs – der am wenigsten entwickelten Ländern –
zu 95 Prozent auf Agrarexporte angewiesen sind. Diese
Fakten – ich denke, der Kollege Raabe wird dazu noch
mehr sagen – und die damit zusammenhängenden Fehl-
entwicklungen waren und sind Gegenstand der WTO-
Verhandlungen und sie werden es bleiben.
Das müssen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der Union, bei allem Verständnis für die von Ihnen vor-
getragenen Forderungen vor Augen haben, wenn wir uns
für die Interessen und die damit verbundene Absiche-
rung bestimmter Produktionsbereiche einsetzen.
Wenn deutlich ist, dass zum Beispiel durch die Ex-
portsubventionierung von Milchpulverprodukten die
Entwicklung einheimischer Märkte, wie beispielsweise
in Tansania und Jamaika geschehen, behindert wird,
dann muss man das im Kontext Ihrer Forderung nach
„Beibehaltung der Mengensteuerung bei Milch und Zu-
cker als vorhandenes Instrument zu Stabilisierung des
Weltmarktes“ bewerten. Dabei ist mir klar, dass es nicht
von heute auf morgen möglich ist, bisherige Regelungen
zu beenden.
Das Gleiche gilt für den Zuckerbereich, wo natürlich
gegenüber dem Harbinson-Entwurf darauf hingearbeitet
werden muss, dass es zu einer Differenzierung – etwa
zwischen „kleinen“ Zuckerproduzenten, wie zum Bei-
spiel Mauritius oder auch Kuba, und den großen am Zu-
ckermarkt beteiligten Ländern wie Brasilien – kommen
muss. Hier wird es – das sage ich auch mit Blick auf
diese Forderung in Ihrem Antrag – natürlich zu Über-
gangs- und auch Sonderregelungen für besonders
schutzbedürftige kleinere, arme Länder kommen müs-
sen, wie es auch in der Vergangenheit schon gewesen ist.
Das gilt auch für den Rindfleischbereich, wobei hier
klar sein muss: Deutschland wird sich mit seiner heuti-
gen Produktionsweise und den damit verbundenen Men-
gen in Zukunft nicht mehr so am Weltmarkt beteiligen
können, wie es zurzeit noch geschieht.
Welche Wege beschritten und welche Methoden im
Übergang praktiziert werden müssen, wird auch im Zu-
sammenhang der EU-Agrarreform noch unter quantitati-
ven und qualitativen Aspekten zu entscheiden sein. Ich
nenne nur Stichworte wie Mutterkuhhaltung, Entkopp-
lung – und damit Einzelelemente im Rahmen des Struk-
turwandels. Dazu gehören sicher auch andere Bewirt-
schaftungsformen auf den Flächen, wo heute noch die
Grundlagen für die Zuckerproduktion vorhanden sind.
Es geht also auf der einen Seite um eine Neuorientierung
der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion im
Sinne einer nachhaltigen Produktion sowie den damit
verbundenen Umwelt- und Qualitätskriterien, die ja auch
im CDU-Antrag angesprochen sind, sowie die Förde-
rung der Entwicklungsziele der Entwicklungsländer,
wozu Sascha Raabe noch etwas sagen wird, auf der an-
deren Seite.
Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung – Frau
Ministerin – unter Einbeziehung des europäischen Mo-
dells einer flächendeckenden, multifunktionalen und da-
mit standortgerechten Landwirtschaft auf einen fairen
Ausgleich bei den laufenden WTO-Agrarverhandlungen
hinwirken wird. Dann wird es im September in Cancun
zu einem angemessenen Ergebnis kommen.
Ich freue mich auf die Fachdiskussionen auf der Basis
der vorliegenden Anträge.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
Zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Haushaltsjahr 2003; hier
Einzelplan 12 – Bundesministerium für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen
(Tagesordnungspunkt I. 20)
Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Mit Rücksicht
auf den veränderten Debattenverlauf will ich nur einige
wenige, mir sehr wichtig erscheinende Punkte anspre-
chen: Wir erwarten in Kürze den Entwurf für einen
neuen Bundesverkehrswegeplan. Er muss den verkehrs-
politischen Notwendigkeiten Rechnung tragen und dann
auch finanziell entsprechend unterlegt werden. Leis-
tungsfähige Verkehrswege sind Grundvoraussetzung für
eine leistungsfähige Wirtschaft und insbesondere für die
Entwicklung strukturschwacher und revierferner Ge-
biete. Das gilt für die neuen Länder ebenso wie für die
Problemregionen in den westlichen Bundesländern.
Entgegen anderer Behauptungen stehen für den Neu-
und Ausbau von Bundesautobahnen und Fernstraßen ef-
fektiv immer weniger Mittel zur Verfügung. Zugleich
werden die Verkehrsteilnehmer steuerlich bis zur Grenze
der Leistungsfähigkeit belastet.
Demnächst wird die LKW-Maut eingeführt. Es kann
kein Zweifel daran bestehen, dass die LKW-Maut die
Wirtschaft in revierfernen und peripheren Gebieten über-
durchschnittlich belastet und deren Entwicklungschan-
cen mindert.
Völlig inakzeptabel ist die Mittelverwendung. Ur-
sprünglich waren sich alle einig, das Aufkommen aus
der LKW-Maut sollte für zusätzliche Investitionen zur
Verfügung stehen. Mittlerweile kassiert den größten Teil
der Finanzminister. Im Jahr 2003 wird ab 1. September
mit Bruttoeinnahmen von rund 900 Millionen gerechnet,
für den Fernstraßenbau werden aber gerade einmal
19 Millionen bereitgestellt. Das ist nicht akzeptabel, zu-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2689
(A) (C)
(B) (D)
mal die regulären Bundesmittel bereits im Vorgriff
gekürzt wurden. Wir fordern daher mit einem Ände-
rungsantrag, die Nettoeinnahmen aus der LKW-Maut in
Höhe von rund 640 Millionen Euro vollständig für den
Fernstraßenbau zur Verfügung zu stellen. Und es ist
unabdingbar, dass für das nationale Fuhrgewerbe ein an-
gemessener Ausgleich zur Abfederung der Wettbewerbs-
nachteile geleistet wird.
Ein ganz anderes Thema: Ich halte die Anwendung
der Transrapid-Technologie in Deutschland für dringend
erforderlich. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, hielten das
Aus für die Strecke Hamburg–Berlin für falsch. Jetzt
geht es um die Realisierung alternativer Strecken. Ich
bin dem Kollegen Weißgerber für seine Erklärung im
Haushaltsausschuss und dem Kollegen Schöler für seine
diesbezügliche Einlassung heute im Plenum dankbar,
womit sie klar gestellt haben, dass bei der Beteiligung an
den Planungskosten der Freistaat Bayern nicht schlech-
ter behandelt werden solle als NRW und die Einstellung
von Planungsmittel für Bayern im nächsten Haushalt
vorgesehen sei.
Ich hoffe, dass es letztendlich gelingt, eine in
Deutschland für viel Geld erfolgreich entwickelte Tech-
nologie auch hierzulande zum Einsatz zu bringen und
marktfähig zu machen. Ich möchte nicht, dass der Trans-
rapid wieder das gleiche Schicksal erleidet wie viele an-
dere technische Entwicklungen: In Deutschland entwi-
ckelt – in Asien und von Asien vermarktet.
Uwe Göllner (SPD): Ich möchte beginnen mit mei-
nem Dank an die Mitarbeiter des Ministeriums für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen, die immer bereit wa-
ren, alle notwendigen Informationen zu liefern und – wo
gewünscht – auch mit Rat zur Verfügung zu stehen.
Im Laufe der Beratungen ist mir der Vorwurf begeg-
net, die Investitionen im Bereich Bau seien gekürzt wor-
den, an den Zahlen könne man dies ablesen. Aber es ist
nicht die ganze Wahrheit: Der marginal geringere Betrag
von 0,3 Milliarden Euro – bei einem Investitionsvolu-
men von immerhin 1,7 Milliarden Euro in eine leistungs-
fähige Infrastruktur; das sind 30 Prozent der Gesamtaus-
gaben im Baubereich – ist darauf zurückzuführen, dass
die Baumaßnahmen durch den Umzug von Parlament
und Teilen der Regierung von Bonn nach Berlin fast ab-
geschlossen sind. Dieser Umzug ist entgegen vieler Be-
fürchtungen, die ich zeitweise auch geteilt habe, im 1994
vereinbarten Kostenrahmen geblieben.
Auch wir haben unseren Beitrag zur globalen Minder-
ausgabe mit 150 Millionen Euro geleistet. Trotzdem
konnten wir durch Umschichtungen innerhalb des Ein-
zelplans für den Sozialen Wohnungsbau – und hier spe-
ziell für Verdichtungsräume mit besonderem Wohnraum-
bedarf in westdeutschen Großstädten – sogar noch etwas
drauflegen. Der Bund verpflichtete sich in einer Ermäch-
tigung über 50 Millionen Euro für die nächsten Jahre –
Baransatz 2003: 7,5 Millionen Euro. Auch an diesem
Beispiel können Sie erkennen, dass die nachhaltige kon-
solidierende Finanzpolitik von Rot-Grün keine reine
Sparpolitik ist. Mit sämtlichen Wohnungsbauprogram-
men steigern wir nicht nur die Investitionsquote des
Bundes, sondern verbessern wir gleichzeitig die Be-
schäftigungssituation im Bau- und Energiegewerbe und
forcieren unsere Anstrengungen im Bereich der Energie-
einsparung. Ich nenne nur die CO2-Minderung durch
Wärmedämmung an Wänden und Fenstern, die Hei-
zungssanierung und die Umrüstung von Nachtspeicher-
heizungen.
Der weitere Aufbau Ost ist ein wichtiger Bestandteil
dieses Haushaltes. Die Programme sind auf hohem Ni-
veau verstetigt worden. Zu erwähnen sind das zum Bei-
spiel Altschuldenhilfegesetz und das Sonderprogramm
„Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquar-
tieren“.
Wir haben im diesjährigen Einzelplan 12 unser Auf-
gabenspektrum sogar noch erweitert: Das bei Groß und
Klein beliebte Meereskundemuseum in Stralsund soll
mit dem Ozeaneum den seit langem gewünschten Erwei-
terungsbau bekommen. Die in diesem Haushalt enthal-
tene Verpflichtungsermächtigung macht dies in den
kommenden Jahren endlich möglich.
Der Schwerpunkt des Haushaltes für Bau- und Woh-
nungswesen wird künftig noch stärker in Richtung Erhalt
und Sanierung bestehender Gebäude verlagert. Wir wer-
den mit der Fortsetzung des Metropolenprogramms für
die schwierigen Stadtteile in westdeutschen Ballungs-
zentren zwar weiter auch Neubau fördern, aber Erhalt
und Sanierung an öffentlichen und privaten Gebäuden
muss weiter an Bedeutung in unserer Wohnungsbaupoli-
tik gewinnen. Weniger Zersiedelung sowie bessere und
lebenswertere Innenstädte sind wesentliche Eckpunkte
für diese Politik.
Der vorliegende Haushalt mit seinen vielfältigen Pro-
grammen, in Verbindung mit dem erst vor wenigen Ta-
gen aufgelegten Investitionsprogramm für die Städte und
Gemeinden, bestehend aus dem Sonderfonds „Wachs-
tumsimpulse l + II“ und dem Wohnraum-Modernisie-
rungsprogramm, tragen wir der eben vorgetragenen Ten-
denz bereits Rechnung.
Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Haushalt für Verkehr, Bauen und Woh-
nen ist der größte Investitionsetat des Bundeshaushalts,
der für unsere Volkswirtschaft von wesentlicher Bedeu-
tung ist.
Zunächst zu den Fakten: Wir investieren in 2003
4,9 Milliarden Euro in die Straße, 4,6 Milliarden Euro in
die Schiene, 700 Millionen Euro in die Binnenschiffahrt
und 1,9 Milliarden Euro in Städte- und Wohnungsbau.
Dabei noch nicht berücksichtigt ist das 15-Milliarden-
Euro-Zinszuschussprogramm bei der KfW für Kommu-
nen und Wohnungswirtschaft. Dieses Investitionsvolu-
men ist eine große Leistung angesichts der Haushalts-
zwänge, denen wir unterliegen.
Der Opposition ist das natürlich alles nicht genug. Sie
meint, dass sie sich im Haushalt ebenso wenig um die
Defizitkriterien kümmern muss wie beim Steuervergüns-
tigungsabbaugesetz. Sie hat die virtuellen Spendierhosen
angezogen und Anträge über Mehrausgaben von über
1 Milliarde Euro zum Einzelplan 12 gestellt. Das nötige
2690 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
Geld soll der liebe Gott als Manna vom Himmel regnen
lassen. Der hat zurzeit aber ganz andere Sorgen. Die
FDP möchte den Haushalt noch einmal ganz von vorne
beraten – offenbar sind Sie beim Rechnen nicht so
schnell mitgekommen – und die CDU/CSU betreibt wie-
der einmal nur Augenwischerei.
Grundsätzlich muss man sagen: Sie beschweren sich
immer wieder, dass Rot-Grün zu wenig Spielraum für
Investitionen schafft. Aber Sie selbst haben in der Kohl-
Ära die Investitionsspielräume systematisch einge-
schränkt. Sie haben vor allem seit der Vereinigung die
sozialen Sicherungssysteme so stark mit versicherungs-
fremden Leistungen belastet, dass der Bund heute allein
die Rentenversicherung mit 78 Milliarden Euro jährlich
bezuschussen muss. Und Sie haben sich laut darüber
aufgeregt, dass wir die Rentenversicherungsbeiträge
durch Zuzahlungen aus der Ökosteuer entlastet haben.
Dabei müssten die Beiträge ohne die Ökosteuer in die-
sem Jahr um 1,7 Prozent angehoben werden. Jetzt argu-
mentieren Sie schon wieder gegen die Pläne des Kanz-
lers und der rot-grünen Koalition, die Lohnnebenkosten
zu senken, um Wachstumsimpulse in die Wirtschaft zu
geben und gleichzeitig den Haushalt zu konsolidieren.
Das wichtigste verkehrspolitische Projekt dieses Jah-
res ist die Einführung der LKW-Maut. Mit dieser Maut
kommen wir in der angemessenen Anlastung verursa-
chergerechter Kosten für den LKW-Verkehr auf Auto-
bahnen einen großen Schritt voran. Die Maut gilt für in-
ländische und für ausländische LKWs gleichermaßen.
Das ist für Deutschland als Transitland von großer Be-
deutung. Die Differenzen, die es mit Brüssel über die
Harmonisierungskosten gab, sind weitgehend ausge-
räumt. Was die Mautgebühren angeht, kann es nicht sein,
dass Brüssel sich gegen die für Deutschland gutachter-
lich ermittelte Höhe stellt, wenn die Maut in Spanien
und Portugal ebenso hoch oder höher ist.
Mit der LKW-Maut steigen wir schrittweise auf nut-
zerfinanzierte Verkehrsinvestitionen um. So weit geht
der Konsens unter allen Fraktionen. Die Opposition
möchte allerdings mit der Maut ausschließlich Straßen-
bau finanzieren. Das wäre aber unverantwortlich; denn
zum einen haben Sie jahrzehntelang den Straßenbau in
hohem Maße begünstigt, zum anderen ist bis 2015 mit
erheblichen Verkehrszuwächsen zu rechnen. Deshalb
muss ein größerer Anteil am Gesamtverkehr auf die
Schiene umgeleitet werden, und zwar sowohl im Perso-
nen- als auch im Güterverkehr. Ansonsten würde der
Straßenverkehr im Stau ersticken.
Die Koalition verfolgt mit ihren Verkehrsinvestitio-
nen insbesondere zwei Ziele: Die Gleichstellung von
Schiene und Straße und die Stärkung der Bestandserneu-
erung in allen Bereichen der Verkehrsinfrastruktur. Die-
sen Prinzipien folgen wir auch bei der Fortschreibung
des Bundesverkehrswegeplans für die Zeit bis 2015.
Dieser wird voraussichtlich Investitionen von über
150 Milliarden Euro für das gesamte Verkehrswegenetz
enthalten. Daneben werden wir mit strengeren Wirt-
schaftlichkeitskriterien, einer deutlich verbesserten Be-
wertung von Umweltrisiken und einer Raumwirksam-
keitsanalyse verbesserte Kriterien schaffen. Vor allem
aber gilt: Wir werden die vorgesehenen Projekte und den
vorhandenen Finanzrahmen in ein angemessenes Ver-
hältnis setzen. So eine Fehlplanung wie den um
90 Milliarden DM unterfinanzierten Bundesverkehrswe-
geplan der heutigen Opposition wird es bei uns nicht ge-
ben.
Lassen Sie mich noch einige Worte zum Bauetat sa-
gen: Hier haben wir den harten Sparzwängen zum Trotz
wichtige Schritte nach vorne getan.
Erstens haben wir im Rahmen des sozialen Woh-
nungsbaus wiederum das Metropolenprogramm mit ei-
nem Verpflichtungsrahmen von 50 Millionen Euro für
die westdeutschen Ballungsräume eingestellt. Den Län-
dern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen müssen
wir aber auch ganz deutlich sagen, dass es unerträglich
ist, wie sie nach der Wohnungsbauförderung des Bundes
rufen, wenn sie gleichzeitig ihre eigene Bauförderung
abschmelzen. Und den Bürgermeistern aus München
und Stuttgart, die Bittbriefe um mehr Wohnungsbauför-
derung an den Bund richten, muss man sagen: Der Bund
hat seine Schuldigkeit getan. Die richtige Adresse zur
Forderung umfassender Aufstockungen sind ihre eige-
nen finanzstarken Länder.
Als Zweites sieht der Haushalt mit 300 Millionen
Euro Verpflichtungsrahmen fast eine Verdoppelung der
Mittel für die Altschuldenentlastung von ostdeutschen
Wohnungsunternehmen, die durch Leerstand in Exis-
tenznot geraten sind, vor.
Als Drittes haben wir eine deutliche Aufstockung und
Ausweitung des CO2-Minderungsprogramms für den
Wohnungsbestand vorgenommen, um 160 Millionen
Euro jährlich, wie mit dem Ökosteuergesetz im Dezem-
ber beschlossen. Zusammen mit dem bereits laufenden
Programm von 204 Millionen Euro jährlich fördern wir
Investitionen in Klimaschutz am Bau nunmehr mit Zins-
subventionen in Höhe von 364 Millionen Euro jährlich.
Das ist ein Rekord!
Als vierten Schritt geben wir nun mit dem neuen In-
vestitionsprogramm je zur Hälfte besondere Impulse für
die Kommunen und für Wohnungsbestandserneuerung
in einem Rahmen von insgesamt 15 Milliarden Euro.
Dadurch stützen wir das regionale Baugewerbe und füh-
ren das Wohnungsmodernisierungsprogramm fort, das
Klimaschutz und Investitionen in Arbeit verbindet. Zu-
sammen mit der vom Kanzler angekündigten Besserstel-
lung der Kommunen auf der Einnahmeseite durch eine
Gemeindesteuerreform werden wir mit diesem Pro-
gramm dazu beitragen, dringend benötigte Infrastruktur-
investitionen anzuschieben.
Insgesamt ist uns mit dem Einzelplan 12 ein Etat ge-
lungen, der trotz der Sparzwänge erhebliche Investitio-
nen ermöglicht und sie in die richtigen Bereiche lenkt.
Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Der Einzelplan
12 ist ein Dokument der verkehrs- und wohnungspoliti-
schen Konzeptionslosigkeit. Rot-grüne Verkehrspolitik –
das bedeutet weiterhin „ideologisch“ motivierte Ein-
griffe in den Wettbewerb der Verkehrsträger mit Mitteln
der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung und sonstigen Zu-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2691
(A) (C)
(B) (D)
weisungen aus dem Verkehrshaushalt. Wie sonst wäre es
zu erklären, dass die Bahn mehr als zehnmal so viel Zu-
wendungen erhält wie die Straße, wenn man dies ins
Verhältnis zu den erbrachten Verkehrsleistungen setzt.
Die Verteilung der Bundesausgaben in das Verkehrswe-
sen stehen in einem grotesken Missverhältnis zum Ge-
wicht der einzelnen Verkehrsträger im Verkehrssystem.
Der Straßenverkehr ist aus ideologischen Gründen ohne-
hin das Stiefkind rot-grüner Verkehrspolitik, aber auch
die Binnenschifffahrt wird seit Jahren vernachlässigt,
obwohl sie ein „ökologischer“ Verkehrsträger ist und
ausreichend Potenziale besitzt, um weiteren Verkehr auf-
zunehmen. Die Bundesregierung hängt vielmehr immer
noch der Vorstellung an, eine nachhaltige Entlastung der
Bundesfernstraßen sei durch Verkehrsverlagerungen auf
die Schiene zu bewerkstelligen. Gleichzeitig erschöpft
sich die Bahnpolitik allerdings darin, der Bahn Jahr für
Jahr mehr Mittel zu geben, als sie überhaupt verbauen
kann, und sie im Übrigen tun und machen zu lassen, was
sie will. Klare Rahmenbedingungen, wie die bisher un-
genutzten Potenziale der Bahn durch mehr Wettbewerb
ausgeschöpft werden könnten, fehlen völlig, seit Kurt
Bodewig mit seinen Ankündigungen von März 2001
total gescheitert ist.
Doch bleiben wir zunächst bei einer verkehrsträger-
übergreifenden Betrachtung. Die Konzeptionslosigkeit
rot-grüner Verkehrspolitik zeigt sich darin, dass der viel-
beschworene „Paradigmenwechsel“ bei der Infrastruk-
turfinanzierung gründlich misslungen ist. Von einem
echten Einstieg in die Umstellung von Haushaltsfinan-
zierung auf Nutzerfinanzierung kann keine Rede sein.
Das Trauerspiel um die LKW-Maut belegt dies ein-
drucksvoll. Bei der Maut, die eine lupenreine Gebühr
mit konsequenter Zweckbindung für den Verkehrswege-
bau sein müsste, lassen Sie den Zugriff des Finanzminis-
ters zu. Der lässt sich nicht nur die Einnahmeverluste aus
der LKW-Vignette in Höhe von 450 Millionen Euro
kompensieren, sondern bedient sich mit 750 Millionen
Euro aus dem Gebührenaufkommen der LKW-Maut.
Dieses Geld geht in allgemeine, verkehrsfremde Haus-
haltszwecke. Eine konsequente Umstellung von Haus-
haltsfinanzierung auf Nutzerfinanzierung würde auch
bedeuten, dass die Einführung von Benutzerentgelten ih-
ren Niederschlag in Entlastungen bei den Verkehrssteu-
ern findet. Genau das ist bezeichnender Weise nicht der
Fall. Die Bundesregierung hat zwar immer behauptet,
dass sie wenigstens zu einem Teil das deutsche Güter-
kraftverkehrsgewerbe von den Mehrkosten durch die
LKW-Maut entlasten will. Aber „überraschenderweise“
ist genau dieser Teil nun aus den Maut-Verordnungen
herausgestrichen worden, weil die Kompensationsrege-
lungen nicht ordentlich mit Brüssel abgestimmt und nun
von Frau Palacio beanstandet wurde.
Sie können sich doch nicht ernsthaft beschweren,
wenn man Ihnen angesichts dieser Tatsachen vorwirft,
Sie hätten die Kompensation nie wirklich gewollt. Was
Sie bei der Maut falsch gemacht haben, findet seine Fort-
setzung bei der Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft,
die keine wirkliche Abkopplung vom Bundeshaushalt
bringt. Die Finanzierungsgesellschaft bekommt eben
nicht alle Einnahmen aus der LKW-Maut und schon gar
nicht – was nötig wäre – die verbindliche Zuweisung zu-
künftiger Gebühreneinnahmen. Sie bekommt nur das,
was der Finanzminister ihr Jahr für Jahr zugesteht. Er hat
bei Einnahmezuteilung das letzte Wort und schon jetzt ist
klar, dass er sich reichlich für verkehrsfremde Zwecke
bedienen wird.
In die Bahn pumpen sie dagegen unverändert Geld,
obwohl sie nicht einmal in der Lage ist, die zugewiese-
nen Mittel zu verbauen. Was aber viel schlimmer wiegt,
ist, dass Sie ihre Aufgaben als ordnungspolitischer Rah-
mengeber und als Eigentümer der Bahn vernachlässigen.
Es ist ein Irrglaube, anzunehmen, dass das Problem der
Bahn alleine in einem Investitionsrückstand bestünde.
Massive Investitionen sind kein Allheilmittel. Dieser
Satz stammt von niemand Geringeren als dem früheren
Bundeskanzler Helmut Schmidt, der schon vor 29 Jahren
einen Beitrag zum Thema „Bundesbahn und Bundes-
haushalt“ veröffentlicht hat, als er nämlich noch Finanz-
minister war. In diesem Aufsatz kann man bereits genau
beschrieben finden, was Sie heute wieder falsch machen,
nämlich zu glauben, die ungenügende Ertragslage der
Bahn könnte durch verstärkte Investitionen gesteigert
werden – selbstverständlich auf Kosten des Steuerzah-
lers. Das wurde doch alles versucht mit der Bahnreform.
Die Bahn wurde vor 8 Jahren komplett entschuldet, das
Anlagevermögen um 75 Prozent abgewertet und seither
wurden über 75 Milliarden Euro Steuergelder für Inves-
titionen, Zuschüsse und Bestellerentgelte an die DB ge-
zahlt. Dazu kamen weitere 45 Milliarden Euro an das
Bundeseisenbahnvermögen. Das Ergebnis im Jahr 2002:
Die Bahn schreibt einen Verlust von fast 500 Millionen
Euro vor Steuern. Bei einem Cashflow von weniger als
2 Milliarden Euro sind die Schulden auf rund 20 Milliar-
den Euro angewachsen. Der Umsatz dagegen stagniert
bei 15 Milliarden Euro. Eine Verkehrsverlagerung zur
Schiene hat nicht stattgefunden. Der Marktanteil im
Güterverkehr ist weiter gesunken, im Personenverkehr
stagniert er auf niedrigem Niveau.
Was wir Ihnen politisch vorwerfen, ist nicht die Ver-
antwortung für dieses unternehmerische Debakel der
Bahn, sondern dass Sie tatenlos zugeschaut haben, wie
die Strategie des Bahnvorstands sich seit dem Jahr 2000
vom Kurs der Bahnreform abgewendet hat. Die von der
EU und vom deutschen Gesetzgeber gewollte Liberali-
sierung und Öffnung werden konterkariert. Es ist
beschämend, mit welcher Blauäugigkeit Sie auf die
falschen Versprechungen und Behauptungen des Bahn-
vorstands hereinfallen. Wenn Ihnen Herr Mehdorn er-
zählt, inzwischen würden mehr als 200 Eisenbahnen auf
dem Netz der DB herumfahren, dann applaudieren Sie
begeistert, statt auch nur den geringsten Versuch zu un-
ternehmen, derartig lächerliche Zahlen zu hinterfragen.
Auskunft darüber, wie viel Wettbewerb auf der Schiene
stattfindet, geben nur die Bilanzzahlen des Netzes, die
eindeutig belegen, dass das Aufkommen an Trassenge-
bühren durch Dritte auf niedrigstem Niveau stagniert.
Nichtbundeseigene Eisenbahnen gab es schon immer
und nicht die Anzahl ist entscheidend, sondern die
Frage, inwieweit Sie sich im echten Wettbewerb zur gro-
ßen Bahn befinden. Da ist fast nichts.
2692 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
(A) (C)
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Sie glauben alles und jedes, was Ihnen von der Bahn
an Märchen präsentiert wird. Ein einfacher Blick in die
Bilanzen der Bahn, würde Sie eines Besseren belehren.
Von einem abzuarbeitenden Investitionsrückstand und
einer im Jahr 2000 angelaufenen Investitionsoffensive
kann in Wirklichkeit keine Rede sein. Abgesehen davon,
dass bereits seit den 70er-Jahren auf konstant hohem
Niveau investiert wird, nämlich rund 4 Milliarden Euro
(in Preisen von 1995) – hat es eine Investitionsoffensive
bei der Bahn seit dem Jahr 2000 nicht gegeben. Die
Investitionen der Bahn liegen im Mittel der 90er-Jahre.
Es hat lediglich eine Umstellung von Darlehen auf ver-
lorenen Baukostenzuschüsse gegeben, die keinen Ab-
schreibungsaufwand und keinen Zinsaufwand auslösen –
allerdings spätere Bundeshaushalte auf Kosten des Steu-
erzahlers belasten werden, weil es keine Rückflüsse aus
zinslosen Darlehen gibt, mit denen nach den Vorstellun-
gen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes Schie-
neninvestitionen eigentlich finanziert werden sollten.
Es ist höchste Zeit, zum Konzept der Bahnreform zu-
rückzukehren und sich auf die eigentlichen Ziele zu be-
sinnen: mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, den
Zuschussbedarf zu senken, die Holding überflüssig zu
machen, die Wettbewerbsöffnung zu erreichen und
schließlich die Verkehrsbereiche der Bahn zu privatisie-
ren. Stattdessen finanzieren sie heute mit bedingungslos
hingegebenen Milliardenzuwendungen eine Strategie
der DB, die aus Angebotsreduzierungen, Machtkonzen-
tration bei der Holding, Verhinderung von Wettbewerb
und einem Pseudoziel „Kapitalmarktfähigkeit“ besteht.
Leider ist das, was Sie Im Bereich des Wohnungsbau-
wesen zustande gebracht haben, keinen Deut besser.
Obwohl das von Rot-Grün schon in der letzten Legisla-
turperiode geplante Tariftreuegesetz – zum Glück – ge-
scheitert war, kündigen Sie nun an, diesem Unsinn neues
Leben einzuhauchen. Für die ostdeutsche Bauwirtschaft
und deren Arbeitnehmer ist dieses Gesetz Gift. Es scha-
det dem Wettbewerb in der Bauwirtschaft und führt im
Ergebnis zur Verteuerung der Bauaufträge für die Kom-
munen. Das ist umso widersinniger, als Sie nun gleich-
zeitig ein Konjunkturprogramm auflegen wollen, dass
den Kommunen zinsverbilligte Kredite verschaffen soll.
Abgesehen davon, dass dies den Kommunen nicht hel-
fen wird, weil Sie gar nicht in der Lage sind und es Ihnen
großenteils schon durch die Aufsichtsbehörde verboten
wurde, weitere Kredite aufzunehmen, würden mögliche
Effekte eines solchen Konjunkturprogramms durch das
Tariftreuegesetz konterkariert. Weitere Todesstöße ver-
passen Sie der Bauwirtschaft mit der Abschaffung der
degressiven Gebäudeabschreibung, dem Zusam-
menstreichen der Eigenheimzulage und der Begrenzung
des Verlustabzuges. Ihnen ist offenbar nicht klar, dass
diese Einschnitte bis zu 200 000 Arbeitsplätze in der
Bauwirtschaft und in angrenzenden Bereichen kosten
würde. Betroffen wären vor allem wieder Klein- und
Handwerksbetriebe, aber die scheinen ja niemanden bei
Rot-Grün zu interessieren.
Wolfgang Spanier (SPD): Die Debatte über den
Haushalt ist eine Gelegenheit, die Leitlinien der eigenen
Politik darzustellen und zu prüfen, wie weit der Haushalt
2003 einen Beitrag leistet, um diese Leitlinien umzu-
setzen. Deshalb werde ich nicht auf einzelne Haushalts-
ansätze eingehen. Das fällt mir auch deswegen leicht,
weil es uns gelungen ist, trotz der zwingend notwendi-
gen Haushaltskonsolidierung die Mittelansätze des Jah-
res 2002 zu verstetigen und in einem ganz wichtigen
Punkt sogar deutlich aufzustocken, nämlich mit zusätz-
lichen 300 Millionen Euro für die Härtefallregelung für
von Insolvenz bedrohte Wohnungsunternehmen in den
neuen Bundesländern.
Leitlinie unserer Städtebau- und Wohnungspolitik ist
die Nachhaltigkeit. Mit dem Stadtumbauprogramm Ost,
dem Programm „Soziale Stadt“, dem Gesetz zur sozialen
Wohnraumförderung und den deutlich verbesserten För-
derprogrammen zur CO2-Senkung im Wohnungsbestand
haben wir die Neuorientierung unserer Städtebau- und
Wohnungspolitik eingeleitet. Wir werden dies ergänzen
durch das zusätzliche KfW-Programm zur Wohnungs-
baumodernisierung mit einem Volumen von 8 Milliarden
Euro. Wir konzentrieren uns stärker auf den Woh-
nungsbestand und seine Modernisierung, wir verzahnen
Städtebau- und Wohnungspolitik, wir fördern integrative
Ansätze, die auch die Arbeitsmarktpolitik, die Wirt-
schaftsförderung, die Sozialpolitik mit einbeziehen. Wir
dezentralisieren die Verantwortung und verlagern sie
deutlich stärker auf die Kommunen.
Das ist sehr abstrakt. Ich will das an einem Beispiel
deutlich machen. Beim Stadtumbauprogramm Ost ist
Voraussetzung die Erarbeitung von Stadtentwicklungs-
konzepten, um eine Förderung zu bekommen. In 270 Ge-
meinden hat man sich – in jeder Gemeinde ganz unter-
schiedlich – mit den Zukunftsperspektiven der eigenen
Stadt auseinander gesetzt und nach einem Fahrplan ge-
sucht, wie man den besonders schwierigen Problemen in
den ostdeutschen Kommunen entgegenwirken kann. Das
erfordert ein Umdenken, das erfordert Kooperation, das
erfordert ein ständig neues Nachdenken über die künf-
tige Entwicklung der eigenen Stadt.
In der Städtebau- und Wohnungspolitik müssen wir
langfristige Konzepte entwickeln. Der demographische
Wandel, dessen Auswirkungen wir bislang in erster Li-
nie bei den sozialen Sicherungssystemen diskutiert ha-
ben, hat auch tief greifende Veränderungen in der Städte-
bau- und Wohnungspolitik zur Folge. Der Rückgang der
Bevölkerung, die Veränderungen im Altersaufbau, ver-
änderte Ansprüche an die Qualität des Wohnens müssen
rechtzeitig berücksichtigt werden. Wir bauen nicht für
vier oder fünf Jahre, sondern für 50 oder gar 100 Jahre.
Deshalb gehören auch alle Förderinstrumente auf den
Prüfstand. Das gilt auch für das Eigenheimzulagenge-
setz, auch wenn es in diesem Haushalt keinen Nieder-
schlag findet. Sie haben die fachliche Diskussion
schlicht und einfach verweigert. Es wäre ein schwerwie-
gender Fehler, wenn wir dieses Gesetz nicht strukturell
veränderten. Wir können es uns nicht mehr leisten, fast
11 Milliarden Euro jährlich nach dem Gießkannenprin-
zip zu verteilen. Wir können es uns nicht mehr leisten,
das obere Drittel der Einkommensschichten üppig mit
staatlichem Geld zu subventionieren. Wir können es uns
nicht mehr leisten, die Zersiedelung und das Abwandern
in das Umland der großen Städte zu fördern, schon gar
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2693
(A) (C)
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nicht in den neuen Bundesländern, wo wir ein riesiges
Leerstandsproblem haben und gleichzeitig durch die
Neubauförderung Fehlentwicklungen in den Städten för-
dern, worauf der Bericht der Bauministerkonferenz aus-
drücklich hinweist. Gebetsmühlenartig haben Sie immer
nur wiederholt, die Struktur der Förderung muss bleiben,
wie sie ist, diese Subvention darf nicht gekürzt werden,
es muss sogar noch draufgesattelt werden.
Aber es gibt auch Lichtblicke. Immerhin schlägt der
Freistaat Sachsen vor, in den neuen Bundesländern die
Neubauförderung zu halbieren und entsprechend die
Förderung des Bestandserwerbs aufzustocken. Das
belegt, dass wir mit der Veränderung der Bestands-
förderung und der Neubauförderung richtig liegen.
Entscheidend ist, dass wir uns grundsätzlich darüber ver-
ständigen müssen, welche Ziele wir mit dem Eigenheim-
zulagengesetz verfolgen. Ganz entscheidend kommt es
auf die Städtebau- und wohnungspolitische Zielsetzung
an. Eine der Nachhaltigkeit verpflichtete Städtebau- und
Wohnungspolitik muss zu strukturellen Änderungen bei
diesem Fördergesetz führen.
In dieser Debatte haben Sie in den vergangenen Mo-
naten kläglich versagt. Wieder besseres fachliches Wis-
sen haben Sie in schlichtem Populismus gemacht. Die
Beratungen im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss
sind noch einmal eine Chance, die fachlich orientierte
Debatte über die Umgestaltung der Eigenheimzulage zu
führen. Das schlechteste Ergebnis wäre, wenn es einfach
bei der jetzt gültigen Regelung bliebe. Wir hätten eine
Chance vertan, unseren Regionen, unseren Städten und
Gemeinden zu helfen, neue Entwicklungsperspektiven
zu entwickeln und Fehlentwicklungen zu vermeiden,
aber auch, einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu
leisten.
Mit dem Haushalt 2003 haben wir dazu im Einzel-
plan 12 einen Beitrag geleistet. Das muss uns auch bei
der Eigenheimzulage beim Baugesetzbuch und anderen
wichtigen Gesetzesvorlagen gelingen.
Arnold Vaatz (CDU/CSU): Vorgelegt hat uns heute
der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen und Aufbau Ost seine Vorstellungen zur künftigen
Gestaltung der Regierungspolitik. Er hat uns auch über
die beabsichtigte Verwendung der Mittel in seinem Ge-
schäftsbereich und über die wichtigsten Projekte berich-
tet, die sein Ressort zu verantworten hat.
Um es gleich vorwegzunehmen: Zufrieden sind wir
nicht. Kollege Dirk Fischer hat das bereits in seinen
Ausführungen deutlich zum Ausdruck gebracht.
Gerade zur Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bun-
desländern hätte ich mir von einem Insider, wie Sie es
sind, Herr Minister Stolpe, etwas mehr „Drive" und kon-
krete Vorschläge zum Abbau des Infrastrukturdefizits
gewünscht. Stattdessen kamen nur die altbekannten Po-
sitionen und Ankündigungen.
Lassen Sie mich nur einige wenige Beispiele für die
Halbwertzeit Ihrer Ankündigungen bringen: Bei Ihrer
Amtsübernahme haben Sie erklärt, der Osten werde im
Bundesverkehrswegeplan einen Schwerpunkt bilden.
Der neue BVWP liegt noch nicht vor, aber zwei Transra-
pidprojekte in den alten Ländern mit erheblichem finan-
ziellem Mehrbedarf sind von Ihnen bewilligt.
Übrigens: Dass Sie sich für die Transrapidstrecke
Hamburg–Berlin stark gemacht hätten, habe ich nicht
vernommen. Aber dies hier nur am Rande.
In einem Interview der Zeitung „Freies Wort“ kündig-
ten Sie Anfang Januar 2003 an, die ICE-Strecke über Er-
furt nach Nürnberg in den nächsten zwei Jahren beson-
ders vorantreiben zu wollen. Genau einen Monat später
musste Ihre Staatssekretärin Frau Gleicke in der gleichen
Zeitung richtig stellen, dass die ICE-Trasse erst 2015
fertig wird, weil für einen schnelleren Abschluss das
Geld fehlt.
Am 24. Dezember letzten Jahres meldeten „Dresdner
Neueste Nachrichten“ und „Leipziger Volkszeitung“ zu
dem von der Schließung bedrohten sächsischen Bahn-
werk Delitzsch an: „Rechtzeitig zum Fest wartete Ver-
kehrsminister Stolpe mit einer guten Nachricht auf. Die
Deutsche Bahn AG habe ein Einsehen gehabt und sei
nun zur langfristigen Sicherung des Bahnwerkes De-
litzsch bereit, teilte Manfred Stolpe mit.“
Am 23. Januar 2003 lief die Meldung über den Ti-
cker: „Bahnchef Mehdorn sieht für die von der Schlie-
ßung bedrohten sächsischen Bahnbetriebswerke keine
Zukunft mehr im Konzern.“
Ich sage hier frei nach Goethe: Der Ankündigungen
sind genug gehört, lasst uns von nun an Taten sehen!
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Gutachten,
wissenschaftlichen Abhandlungen, selbst Berichte der
Bundesregierung über die Situation beim Aufbau Ost.
Alle, insbesondere auch das Sachverständigengutachten,
besagen: Defizite in der Verkehrsinfrastruktur sind Stand-
ortdefizite. Standortdefizite müssen abgebaut werden.
Leider leitet die Bundesregierung hier keinen erhöhten
Handlungsbedarf für sich ab. Das Gegenteil ist der Fall:
Der Kosten-Nutzen-Faktor, mit dem Ihr Haus die Bau-
würdigkeit von Straßenbauvorhaben bewertet, wurde zu-
ungunsten der neuen Länder verändert. Begonnene Pro-
jekte werden nicht schnell genug fertig gestellt, weil
Planungskapazitäten fehlen oder Geld gespart werden
muss.
Bestes – oder besser: schlechtes – Beispiel dafür: Bei
der Fertigstellung des Projektes 17 VDE (Ostdeutsches
Wasserstraßennetz mit Wasserstraßenkreuz Magdeburg –
Investitionsvolumen: 2,3 Milliarden Euro, bis Ende 2002
verbaut: circa 1 Milliarden Euro) wird es zu Verzögerun-
gen kommen. Zitat aus einem Papier des BMVBW: „Die
Realisierung dieses Vorhabens genießt innerhalb des
Wasserstraßennetzes höchste Priorität bei der Zuteilung
von Haushaltmitteln. Trotzdem wird sich die Fertigstel-
lung der Streckenabschnitte östlich und westlich der
Elbe aufgrund der Haushaltkonsolidierung und der feh-
lenden Planungskapazitäten verschieben.“
Ich appelliere an Sie, Herr Minister: Sorgen Sie dafür,
dass die bestehenden Infrastrukturdefizite in den neuen
Bundesländern schnellstmöglich abgebaut werden. Es
2694 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
(A) (C)
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kann nicht sein, dass die Einsparungen der Bundesregie-
rung zur Wachstumsbremse in Ostdeutschland werden.
Besonders dringlich ist: Der größte, bisher noch auto-
bahnfreie Raum in Deutschland (zwischen A 7 Hanno-
ver–Hamburg, A 24 Hamburg–Berlin, A 10 Berliner
Ring und A 2 Berlin–Hannover muss durch den Bau der
A 14 schnellstmöglich erschlossen werden. Dabei muss
die Finanzierung auf eine solide Basis gestellt werden
und darf sich nicht zum Nachteil für andere Infrastruk-
turprojekte in Sachsen-Anhalt auswirken. Eine wichtige
Ost-West-Achse ist die A 16 von Leipzig nach Cottbus.
Dem Vernehmen nach sollen statt dieser Autobahn zwei
Bundesstraßen ausgebaut werden. Ich gebe hier zu be-
denken: In den neuen Ländern sind die Wachstumskerne
noch in der Entwicklung, die künftigen Verkehrsströme
können gegenwärtig nur geschätzt werden. Die Planun-
gen müssen aber diese Veränderungen berücksichtigen.
Auch die Anbindung der regionalen Infrastruktur an
die neuen Autobahnen muss gesichert sein. Die Zubrin-
ger müssen in einen guten Zustand versetzt und, wenn
nötig, neu gebaut werden. Besonders wichtig sind: Bau
der B 178; die die Euroregion Neiße mit der A 4 von Gör-
litz nach Dresden verbinden soll; Bau des Autobahnzu-
bringers von Leipzig über die B 181 zur A 9 und Zubrin-
ger vom thüringischen Altenburg über die B 7 zur A 72
Zubringer zur A 17 als Südumfahrung von Pirna.
Überhaupt ist das Thema Finanzierung brisanter, als
man ahnen könnte. Die Gesamtkosten für den Bau der
A-38 Göttingen–Halle wurde auf circa 1,4 Milliarden
Euro veranschlagt. Bis Ende 2002 wurden etwa
0,5 Milliarden Euro verbaut, die Streckenabschnitte in
Sachsen-Anhalt und Thüringen sollen aber bis 2005 fer-
tig gestellt werden.
Auch bei VDE Nr. 9 (Schiene) Leipzig–Dresden und
beim eingangs geschilderten VDE 8 (Schiene) Nürn-
berg–Erfurt–Halle/Leipzig ist zu beobachten, dass bisher
nur Teilsummen verbaut worden sind. Häufigste Gründe:
fehlende Planungskapazitäten, spärlich fließende Gelder.
Schon im Gemeinschaftsgutachten 1999/2000 der
Forschungsinstitute über den infrastrukturellen Nachhol-
bedarf in den neuen Bundesländern wurde festgestellt,
dass die Defizite in der ostdeutschen Verkehrsinfrastruk-
tur die Produktivität der ostdeutschen Betriebe um circa
20 Prozent drücken (Erbringen von Leistungen dauert
länger und ist aufwändiger und teurer). Herr Minister
Stolpe, die neuen Bundesländer brauchen dringend eine
bessere und schneller machende Verkehrsinfrastruktur.
Und die Bauwirtschaft in den neuen Ländern braucht
Aufträge und Arbeit. Bringen Sie beides zusammen und
schaffen Sie in Ostdeutschland Wachstum durch Abbau
der Infrastrukturdefizite!
Eine Stärkung der Investitionstätigkeit bringt Impulse
zum Ankurbeln der wirtschaftlichen Dynamik. Machen
Sie das Bauen schneller, indem Sie für die neuen Länder
Öffnungsklauseln im bundesdeutschen Regelungs-
dickicht zulassen. Deregulierung verbessert die Wachstums-
bedingungen.
Nicht zu verantworten ist der völlige Stopp aller Ar-
beiten an den Wasserstraßen von Elbe und Saale. Gerade
Wasserstraßen sind ein sehr umweltfreundlicher Trans-
portweg, der bei intelligenter und behutsamer Nutzung
die Belastung der Straßen durchaus mildern kann.
Auch für die EU-Osterweiterung ist die Verkehrsin-
frastruktur noch fit zu machen. Zwar gibt es recht unter-
schiedliche Schätzungen zu den erwarteten Verkehrs-
strömen (Gütertransporte und Personenverkehre); das ist
jedoch kein Grund, abzuwarten und nichts zu tun.
Das einzige grenzüberschreitende Projekt Richtung
Osteuropa ist bislang die A 17. Darüber hinaus gibt es
einige Projekte, die bis zur Staatsgrenze gebaut werden.
Wie es hinter der Staatsgrenze weitergeht, bleibt vielfach
aber offen. Hier ist die Bundesregierung aufgefordert,
bei den Beitrittskandidaten klar zu machen, dass nicht
nur die von ihnen geplanten Verkehrsachsen in Nord-
Süd-Richtung, sondern auch in Ost-West- bzw. West-
Ost-Richtung gebraucht werden. Das ist absolut notwen-
dig, soll die EU-Osterweiterung gelingen.
Auch die kommunale Infrastruktur weist noch immer
erhebliche Lücken auf. Das Sachverständigengutachten
weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Rückstände Ur-
sache für Wachstumsschwächen sind. Auch hier herrscht
dringender Handlungsbedarf.
Sie sollten sich daher als zuständiger Minister für den
Aufbau Ost auch dafür einsetzen, dass die Gemein-
schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-
schaftsstruktur“ erhalten und weiterentwickelt wird. Für
viele Kommunen ist sie ein unverzichtbares Förder-
instrument.
Herr Minister Stolpe, die Bundesregierung ist zum
Handeln gewählt. Ich erwarte, dass Sie die Ankündigun-
gen in punkto Aufbau Ost künftig erfüllen. Das sind Sie
den Wählern in den neuen Ländern schuldig.
Das sind Sie auch den Menschen in den alten Ländern
schuldig, die erwarten, dass es im Osten endlich zu ei-
nem sich selbst tragenden Aufschwung kommt.
Gunter Weißgerber (SPD): Der Einzelplan 12 ist
mit seinen rund 26 Milliarden Euro Ausgabevolumen
der drittgrößte Einzeletat im Bundeshaushalt. Gleichzei-
tig ist der Einzelplan 12 der Investitionshaushalt an sich.
Nahezu 50 Prozent der Bundesinvestitionen kommen
aus dem Verkehrs- und Bauressort. In Zahlen sind das
rund 11,5 Milliarden Euro für den Verkehrsbereich – zum
Bereich Bau- und Wohnungswesen wird mein Kollege
Uwe Göllner berichten.
Natürlich gestaltete sich die Einzelplanberatung
schwierig, mitunter sogar schmerzhaft. Aus der globalen
Minderausgabe ergab sich für uns Haushälter die Auf-
gabe, allein in diesem Einzelplan 151 Millionen Euro
einzusparen. Leider ging das nicht ganz ohne die Bean-
spruchung von Investitionstiteln ab. Das zur Erklärung
der Schmerzen.
Die Opposition sollte sich an dieser Stelle ehrlicher-
weise zurückhalten. Wer 16 Jahre bedenkenlos auf Ver-
schuldung des Bundeshaushaltes fuhr, der ist in der
Pflicht, die notwendige Konsolidierung mitzutragen.
Und kommen Sie nicht mit dem Märchen der Schulden-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2695
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freiheit bei gleichzeitigen Steuersenkungen in den 80er-
Jahren. Die sozialliberale Koalition hinterließ 1982
300 Milliarden DM Bundesschulden. 1989, vor der deut-
schen Einheit belief sich die Bundesschuld bei Kohl und
Waigel bereits auf 600 Milliarden DM. Das war also eine
Verdopplung der Schulden in kürzester Zeit! Nach 1990
kamen dann großenteils einheitsbedingt weitere
900 Milliarden DM Schulden hinzu.
So geht das aber nicht weiter. Selbst die Opposition,
wäre Sie jetzt in Verantwortung, könnte die Bürger nicht
mehr zulasten des Staates scheinentlasten. Denn in Wahr-
heit haben Sie die Bürger damals nicht wirklich entlastet.
Unter der Schuldenlast der öffentlichen Hand leiden seit-
dem alle, auch die zuvor steuerlich Begünstigten. Allen
fehlen die notwendigen Investitionen und wirtschaftsför-
dernden Maßnahmen. Auch Ihnen, der jetzigen Opposi-
tion, würde Brüssel heute in die Parade fahren. Auch Sie
müssten konsolidieren und Schuldenabbau betreiben und
bis 2006 ganz auf neue Schulden verzichten. Also tragen
Sie die Aufgabe der Konsolidierung ehrlich mit uns, und
dann haben wir auch gemeinsam die Chance, Deutsch-
land auf einen besseren Weg zu bringen. Der Karren war
1998 schon im Morast. Das Herausziehen braucht seine
Zeit. Machen Sie mit.
An den Schwerpunkten im Verkehrshaushalt hat sich
über die letzten Jahre nichts geändert. Die größten Bro-
cken sind und bleiben die Ausgaben für die Bahn mit
rund 10,6 Milliarden Euro, davon für die Investitionen in
die Eisenbahnen des Bundes 4,4 Milliarden Euro, in die
Bundesfernstraßen rund 5,5 Milliarden Euro davon
4,6 Milliarden Euro für Investitionen, in die Verbesse-
rung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden rund
1,7 Milliarden Euro und in die Bundeswasserstraßen
rund 1,5 Milliarden Euro (davon rund 700 Millionen
Euro für Investitionen). Hinzu kommt mittelfristig, so-
weit die Planfeststellungsverfahren in NRW und Bayern
die Berechtigung geben, die Finanzierung der beiden ak-
tuell in der Diskussion stehenden Transrapidstrecken.
Zu einigen Schwerpunkten im Einzelnen:
Erstens die Mittel für die Bahn. Wie bereits gesagt,
werden 10,6 Milliarden Euro insgesamt und davon
4,4 Milliarden Euro für Investitionen bereitgestellt. Das
sind gewaltige Anstrengungen. Dafür wollen wir natür-
lich von der Bahn auch Gegenleistungen. Erstens warten
wir auf die zugesagten schwarzen Zahlen der nächsten
Jahre. Zweitens wollen wir Zugverspätungen, schlechten
Service und die jetzigen Mängel des neuen Preissystems
nur noch rückblickend diskutieren. Das alles muss
schnell der Vergangenheit angehören. Drittens muss die
Bahn, mindestens solange sie noch die Hand zum Bund
hin aufhalten darf – und das wird bei Schienenwegein-
vestitionen noch viele Jahre laufen müssen –, strukturpo-
litische Hausaufgaben machen.
Es kann nicht sein, dass ein einziges Bundesland so-
zusagen stellvertretend für andere Bundesländer seine
Bahnwerke flächendeckend einbüßt. Herrn Mehdorn
kann ich nur sagen, da gibt es noch viel zu klären. Sich
die Musik bezahlen lassen und die Titelfolge allein be-
stimmen, läuft nicht.
Was so auch nicht mehr laufen kann, ist der jährlich
zu erwartende Ausgaberest bei den Mitteln für die Bahn.
Wir sehen die Verbesserung der Situation, Noch 2001
stand ein mehrfacher Restbetrag der letztjährigen 150
Millionen Euro zu Buche. Doch auch die 150 Millionen
Euro von 2002 hätten verbaut werden müssen, und sei es
bei der Straße.
Zweitens, die Mittel für die Straße belaufen sich auf
5,5 Milliarden Euro insgesamt. Auch das ist eine große
und stetige Anstrengung, die Anerkennung verdient.
Ziehen wir die nichtinvestiven Ausgaben ab, so investie-
ren wir in diesem Jahr 4,6 Milliarden Euro in die Straße,
davon 2,7 Milliarden Euro in die „Oststraßen“:
Verkehrsprojekte deutsche Einheit, Erhaltungs- und
Erweiterungsbauten, Ortsumgehungen usw. Das sind
60 Prozent der Straßeninvestmittel für Ostdeutschland.
Betrachte ich Schiene und Straße gemeinsam, so bitte
ich meine Grünen-Kollegin Eichstätt um Verständnis,
dass ich es bedauere, dass wir uns nicht auf die gegensei-
tige Deckungsfähigkeit von Schienen- und Straßentiteln
verständigen konnten. Die eine – die Bahn – lässt Geld
liegen und die anderen können nicht investieren. Das
schmerzt mich. Wo investiert wird, da wird gearbeitet
und findet Wertschöpfung sowie Zukunftssicherung
statt. Vielleicht kommen wir da in den nächsten Jahren
etwas besser zueinander. Wir steigern ja auch den Rad-
wegebau in gemeinsamer Anstrengung.
Dritter Schwerpunkt sind die Bundeswasserstraßen.
Verkehr und Wasserstraßen – gehören weiterhin zusam-
men; auch nach der Flut des letzten Jahres. Doch müssen
wir sorgfältiger als bisher mit den Wasserstraßen und
den ökologischen Erfordernissen umgehen: Wasser-
strassen ja, Flutwellenbegünstigung nein. Der Prüfstand
für alle Projekte ist richtig, zum Prellbock muss er dort
werden, wo andere Mittel, Wege und Verfahren objektiv
nicht greifen.
Vierter Schwerpunkt der Transrapid. Der Fortschritt
ist eine Schnecke, besonders auf dem ideologisch ver-
minten Verkehrsgelände in Deutschland. Viele Argu-
mente, die bereits vor ein, zwei Jahrzehnten gegen den
ICE-Ausbau verschlissen wurden, werden seit Jahren ge-
gen den Transrapid in Stellung gebracht. Etwas mehr
Gelassenheit auch in diesen Dingen stünde uns allen bes-
ser an. Dabei haben wir doch alle nach der deutschen
Einheit eine Riesenchance verpasst. Wir hätten Deutsch-
land statt mit dem ebenfalls sehr teuren ICE – ein über
150 Jahre altes Rad-Schiene-System – mit einem welt-
weit höchst innovativen Magnetschwebebahnsystem
verkehrstechnisch modern gestalten können. Das haben
wir leider alle miteinander verpasst und können nun an-
deren Ländern hinterher hecheln, obwohl die Innovation
ein Kind unserer Wirtschaft ist.
Doch wie gesagt, die Schnecke Fortschritt gibt es und
sie lebt, wenn auch auf kleinen Strecken. Im Bundes-
haushalt 2003 wird erstmals Geld für eine Transrapidin-
vestition fließen. 80 Millionen Euro haben wir für das
Metrorapidprojekt in NRW eingestellt. Mit Bayern und
seinem Transrapid zum Flughafen Erding wird aufgrund
des unterschiedlichen Vorlaufs im nächsten Haushalt ein
Gleiches passieren, wenn auch in Anbetracht der halben
2696 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
Investitionsgröße lediglich ein Betrag von 40 Millionen
Euro. Jetzt liegt es an NRW und Bayern, wie es mit die-
ser Technologie weitergeht. Wir stehen zu unserem
Wort. Sind die Projekte wirtschaftlich vertretbar, dann
werden sie auch gebaut.
Allerdings kennen wir die Wirtschaftlichkeit erst,
wenn die Planfeststellungen, die wir jetzt bezahlen, dies
nachweisen. Also liebe Nordrhein-Westfalen und Bay-
ern, der Ball liegt in eurer Spielhäfte.
Fünfter Schwerpunkt, die Autobahnmaut. Die Rich-
tung stimmt. Alle, die auf unseren Autobahnen nach, in
und durch Deutschland fahren, müssen ihren Anteil an
den Verkehrsinvestitionen tragen. Die Transporteure, die
in Deutschland ihre KFZ-Steuer entrichten, müssen in
Deutschland im Gegenzug entlastet werden. Das leisten
wir, auch wenn noch immer manches Problem zu klären
ist. Reicht die Entlastung? Ist sie in Brüssel akzeptiert?
Müssen wir nochmals nachsteuern? Diese Fragen sind
wichtig, liegen aber unterhalb der grundsätzlichen Fra-
gestellung. Wir wollen die Maut und wollen damit un-
sere Verkehrswege verbessern. Diese Grundsatzentschei-
dung ist gefallen.
Letzte Bemerkung zum Luftverkehr aus Sicht eines
Regionalpolitikers: Berlin müht sich seit dem Ende des
letzten Jahrtausends um einen neuen Großflughafen.
Noch immer erfolglos. Geld hat das natürlich auch schon
jede Menge gekostet und wird es noch kosten. Dabei ha-
ben die Berliner ihren Großflughafen von Leipzig/Halle.
Von Hongkong aus betrachtet, ist Leipzig ein Vorort von
Berlin, der ICE Leipzig-Berlin demzufolge mit seinen 45
Minuten Reisezeit die Berliner Vorortbahn. Mit dem
Transrapid wären es sogar nur 34 Minuten von Berlin
zum Flughafen Leipzig/Halle.
Liebe Berliner, denkt bitte mal darüber nach. Volks-
wirtschaftlich würde es Sinn machen. Volkswirtschaft-
lich macht es jedenfalls keinen Sinn, mit einem neuen
milliardenschweren Großflughafen die bereits hervorra-
gend funktionierenden Airports in Leipzig und Dresden
zu Industriebrachen verkommen zu lassen. Die alte west-
deutsche Überflussgesellschaft hat so etwas bedenkenlos
getan. Die vereinigte, hochverschuldete Bundesrepublik
Deutschland ist dazu nicht mehr in der Lage. Außerdem
besitzt der Leipziger Flughafen die 24-Stunden-Flugge-
nehmigung, die Schönefeld nie zugestanden wird.
Was bleibt, ist der Dank an die Berichterstatter des
Einzelplanes 12 sowie an den Minister und seine Mitar-
beiter. Wir haben an der Sache entlang engagiert gear-
beitet. Unser Ergebnis kann sich sehen lassen.
Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Der rot-grü-
nen Bundesregierung wird es recht sein, dass der Einzel-
plan 12 aufgrund aktueller Ereignisse zu nachtschlafen-
der Zeit behandelt wird. Seiner Bedeutung wird eine
„Mondscheindebatte“ aber in keiner Weise gerecht! Es
handelt sich um den drittgrößten Einzeletat und den
größten Investitionshaushalt. Etwa die Hälfte aller Inves-
titionen des Bundes werden aus diesem Haushalt geleis-
tet.
Trotz der späten Stunde ist das rot-grüne Versagen in
der Verkehrspolitik aber nicht zu kaschieren:
Erstens. Bedarfsgerechte Etatansätze für Ausbau und
Unterhalt der Infrastruktur fehlen. Die in den Haushalts-
entwurf eingestellten Investitionen in den Bundesfern-
straßenbau sind völlig unzureichend. Schon heute ist der
Substanzverzehr durch unterlassene Investitionen beim
Verkehrsträger Straße größer als der Zuwachs durch In-
vestitionen. Deshalb müssen die Einnahmen aus der stre-
ckenbezogenen LKW-Maut nach Abzug der Systemkos-
ten wieder vollständig zur Verbesserung der Straßen-
verkehrsinfrastruktur reinvestiert werden. Die Bedarfs-
planmaßnahmen „Bundesautobahnen“ müssen von
1,31277 Milliarden Euro auf 1,67277 Milliarden Euro
um 360 Millionen Euro und die Bedarfsplanmaßnahmen
„Bundesstraßen“ von 476,006 Millionen Euro auf
758,506 Millionen Euro um 282,5 Millionen Euro erhöht
werden.
Zudem müssen die Lärmsanierungsmaßnahmen an
bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bun-
des durch eine Erhöhung der Verpflichtungsermächti-
gung von 60 Millionen Euro um 93,39 Millionen Euro
auf 153,39 Millionen Euro verstärkt werden, und zwar
verteilt auf die Jahre 2004, 2005 und 2006 mit jeweils
51,13 Millionen Euro.
Zweitens. Wo bleibt der seit Ende 1998 angekündigte
neue Bundesverkehrswegeplan mit den dazugehörigen
Ausbaugesetzen für die verschiedenen Verkehrsträger,
um den gegenwärtigen gesetzlosen Zustand zu beenden,
um die Verteilungsgerechtigkeit der Investitionsmittel
nach Länderquoten wiederherzustellen und um den Län-
dern Planungssicherheit zu geben?
Drittens. Die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“
kommen nur schleppend voran. Der Osten braucht aber
eine zügige Planung und Finanzierung sowie die zeit-
nahe Realisierung der für die neuen Bundesländer so
wichtigen Verkehrsprojekte.
Viertens. Rot-Grün vernichtet das deutsche LKW-Ge-
werbe. Unsere überwiegend mittelständischen Trans-
portunternehmen brauchen nämlich dringend einen
Stopp der immer höheren fiskalischen Belastungen, eine
Harmonisierung der EU-Wettbewerbsbedingungen so-
wie schützende Übergangsregelungen bei der EU-Oster-
weiterung.
Fünftens. Der Luftverkehr wird stranguliert, mal
durch Eichel mit der Mehrwertsteuer, mal durch Trittin
mit überzogenen Vorstellungen für das Fluglärmschutz-
gesetz. Es wäre auch verwunderlich, wenn Rot-Grün ei-
nen Verkehrszweig ungeschoren davonkommen ließe!
Sechstens. Inzwischen blockiert die Regierung Schröder
auch die konsequente Durchführung der Bahnreform.
Dadurch wird mehr Wettbewerb im Schienenverkehr
verhindert und somit auch dort nicht mehr Verkehr abge-
wickelt. Die EU-Vorgaben, den Schienenverkehrsbetrieb
Institutionell von der Infrastruktur zu trennen oder aber
zumindest auf eine neutrale Stelle zu überführen, sind
bis heute nicht umgesetzt worden. Für das Ziel „Wettbe-
werb“ ist dies kein befriedigendes Ergebnis. Die DB AG
ist faktisch Monopolist im Schienenverkehrsmarkt mit
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2697
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Marktanteilen im Personenfernverkehr von 99,5 Prozent,
im Personennahverkehr von 91,5 Prozent und im Güter-
verkehr von 97,2 Prozent.
Die Anteile des Schienenpersonenverkehrs am Ge-
samtverkehrsmarkt sind um nur 1 Prozent von 7 Prozent
auf 8 Prozent zwischen 1994 und 2001 gestiegen. Im
Schienengüterverkehr haben sich die Verhältnisse in die-
sem Zeitraum sogar von 17 Prozent auf 14 Prozent ver-
schlechtert. Im Gegensatz dazu ist der Anteil des Güter-
verkehrs auf der Straße von 65 Prozent im Jahre 1994
auf 69 Prozent im Jahre 2001 angestiegen. Heißt das
etwa „Mehr Güter auf die Schiene!“?
Seit Beginn der Bahnreform sind dem Verkehrsträger
Schiene 178 Milliarden Euro an Bundesmitteln zugeflos-
sen. Ende 1993 wurden die Altschulden des Unterneh-
mens in einer Gesamthöhe von 34 Milliarden Euro auf
den Bundeshaushalt übernommen. Mit der zwischenzeit-
lich bei der DB AG wieder aufgelaufenen Neuverschul-
dung von ca. 18,2 Milliarden Euro beläuft sich die Ge-
samtbelastung des Bundes auf deutlich mehr als 196 Mil-
liarden Euro bis Ende 2001. Für das Jahr 2002 wird zu-
dem ein Verlust von rund 500 Milliarden Euro erwartet.
Gescheitert ist auch die Wohnungsbaupolitik der rot-
grünen Bundesregierung: Wohnungsbaupolitik gestaltet
nicht Minister Stolpe, Wohnungsbaupolitik diktiert Mi-
nister Eichel. Das so genannte Steuervergünstigungsab-
baugesetz ist ausschließlich fiskalpolitischen Überlegun-
gen entsprungen. Rot-Grün fährt seit über vier Jahren
auf einem Zickzackkurs: Die Bestandserneuerung wird
angeblich gestärkt, aber der Vorkostenabzug als zentra-
les Förderinstrument für Sanierung und Modernisierung
bei der Eigenheimförderung wird abgeschafft. Die „sozi-
ale Stadt“ wird großspurig propagiert, der soziale Woh-
nungsbau wird aber auf das gesetzliche Minimum redu-
ziert.
Die Wohngeldleistungen gehen zwar rauf, aber auf
Kosten der „Häuslebauer“. Als rot-grüne Grausamkeiten
sind dabei zu nennen: die Einschränkung der Verlustver-
rechnung, vermieterfeindliche Regelungen bei der Miet-
rechtsreform, wettbewerbsverzerrende Regelungen für
die Immobilienbranche bei der Förderung der privaten
Altersvorsorge und die Kürzung der Einkommensgren-
zen im Eigenheimzulagengesetz um ein Drittel.
Energiesparkreditprogramme werden aufgelegt, den
Investoren aber über die Ökosteuer das Geld aus der Ta-
sche gezogen und das Programm „Stadtumbau Ost“ wird
durch Überregulierung und Einsparungen bei der Städte-
bauforderung und „Wirtschaftsförderung Ost“ zur Wir-
kungslosigkeit verdammt.
Wenigstens in diesem Punkt können Sie, meine Damen
und Herren Koalitionäre, heute gegensteuern: Stimmen
Sie dem vorliegenden Änderungsantrag der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion zu! Erhöhen Sie mit uns gemeinsam
die Investitionen für städtebauliche Maßnahmen! Da-
durch lässt sich ein hohes gesamtwirtschaftliches Investi-
tionsvolumen auslösen, mit positiven Impulsen für Bau-
handwerk und Beschäftigung.
Von 1999 bis Ende 2001 hat die Bauwirtschaft bereits
über 200 000 Arbeitsplätze abgebaut. Im Jahre 2002 sind
im Bauhauptgewerbe nochmals gut 75 000 Arbeitsplätze
laut Aussage vom Hauptverband der Bauindustrie ver-
nichtet worden. Solange das Damoklesschwert „Steuer-
vergünstigungsabbaugesetz“ noch schwebt, bleiben die
Aussichten trübe: Die Bundesregierung selbst prognosti-
ziert minus 1 Prozent bei den realen Bauinvestitionen,
der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes sogar
minus 2 Prozenz und den Abbau von weiteren 60 000 Ar-
beitsplätzen in der Bauwirtschaft zuzüglich 50 000 auf-
grund von Einschnitten bei der Eigenheimzulage.
Die Liste der Baustellen im Verkehrs- und Baubereich
ist lang. Es gibt viel zu tun, fangen Sie an!
Norbert Barthle (CDU/CSU): Aller guten Dinge
sind drei, also auf eine Neues:
Im Einzelplan 12, den wir abschließend beraten, stellt
der Bereich Wohnungswesen und Städtebau nur ein ein-
ziges Kapitel dar, das Kap. 1225. Die Gesamtausgaben
betragen 2003 insgesamt 4,986 Milliarden Euro und da-
mit 391 Millionen Euro mehr als 2002. Schaut man je-
doch auf den Gesamtetat von etwas über 26 Milliarden
Euro, so wird deutlich, dass sich hinter diesem einen Ka-
pitel fast ein Fünftel des Haushalts des BMVBW ver-
birgt. Aufgrund seines großen Anteils an Zuschüssen
und Investitionen ist dieser Bereich für die wirtschaftli-
che Entwicklung unseres Landes von großer Bedeutung.
Ich betone das deshalb, weil ich hoffe, dass Minister
Stolpe sich in Zukunft eben auch als Städte- und Woh-
nungsbauminister für ganz Deutschland versteht. Ich
biete ihm jedenfalls die konstruktive Zusammenarbeit
der CDU/CSU-Fraktion an, wenn es darum geht, im Be-
reich des Wohnunqs- und Städtebaus zukunftsfähige Po-
litik zu machen.
Wenn ich die Beratungen zum Einzelplan 12 in die-
sem Zusammenhang Revue passieren lasse, scheint un-
sere Unterstützung notwendig zu sein. Es war eine ge-
wisse Mut- und Konzeptlosigkeit bei den Vertretern der
Regierungsfraktionen nicht zu übersehen, die sich auch
in den im Vergleich zu 2002 verringerten Investitionen
niederschlägt.
Wie ist die Situation, vor allem in den westdeutschen
Ballungszentren? Schaut man in Berichte aus den Kom-
munen, so ist die Lage häufig dramatisch zu nennen. Die
Wohnungsengpässe nehmen zu, die Mieten steigen, für
viele Mieterinnen und Mieter gibt es in manchen Groß-
städten keinen bezahlbaren Wohnraum mehr, ihnen
bleibt als Reaktion nur noch der Wegzug ins Umland.
Im letzten Jahr hatte die Bundesregierung die Anre-
gungen der Union aufgegriffen und im Bereich der sozi-
alen Wohnraumförderung das so genannte „Metropolen-
programm“ aufgelegt und mit 70 Millionen Euro
zusätzlich ausgestattet. Diesen Schritt in die richtige
Richtung haben wir begrüßt und unterstützt.
Inzwischen hat sich die Lage in den Ballungsräumen
weiter verschärft, die von mir bereits beschriebenen Pro-
bleme haben zugenommen. Was würde eine voraus-
schauende und kluge Bundesregierung tun? Sie würde
das Metropolenprogramm verstetigen und die Mittelaus-
2698 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
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stattung gegebenenfalls verbessern. Was macht Rot-
Grün? Herr Stolpe überraschte uns mit dem Vorschlag,
die Mitte für die soziale Wohnraumförderung wieder auf
das bisherige Minimum von insgesamt 230 Millionen
Büro zu reduzieren. Mit langfristig angelegter Politik hat
das nichts zu tun.
Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Fraktion bei
den Haushaltsberatungen gefordert, das Metropolenpro-
gramm auch in 2003 fortzusetzen und maßvoll aufzusto-
cken. Mit insgesamt 100 Millionen Euro – 70 Millionen
in den alten und 30 Millionen in den neuen Ländern –
hätten deutliche Schritte zum Abbau der Probleme ange-
gangen werden können. Leider wurden unsere Anträge
abgelehnt. Dennoch begrüße ich Ihre Entscheidung,
diese Titel statt um 70 Millionen nur um 20 Millionen
Euro zu kürzen. 50 Millionen mehr als in Ihrem Haus-
haltsentwurf vorgesehen sind für die Ballungszentren
eine gute Botschaft und das ist auch ein Erfolg unseres
Einsatzes.
Doch die soziale Wohnraumförderung ist ja nicht
alles: Meiner Fraktion kommt es zudem darauf an, ange-
sichts der überragenden Bedeutung der Investitionen im
Bereich des Städtebau- und Wohnungswesens deutliche
und spürbare Verbesserungen zu erreichen. Deshalb ha-
ben wir gefordert, die Titelgruppe 01, Förderung des
Städtebaus, insgesamt um 375 Millionen Euro aufzusto-
cken, 200 Millionen Euro für die alten und 175 Millio-
nen Euro für die neuen Bundesländer.
Mit unseren Vorschlägen, die Sie im Auschuss abge-
lehnt haben, wollten wir
„die konjunkturelle Entwicklung insbesondere der
örtlichen Bauwirtschaft unterstützen und damit zur
Stabilisierung des Bausektors beitragen. Dies ist an-
gesichts der fragilen konjunkturellen Situation
wichtig, denn Maßnahmen im Baubereich sind er-
fahrungsgemäß immer mit größeren unmittel- und
mittelbaren Beschäftigungs-, Einkommens- und da-
mit auch Wachstumswirkungen verbunden."
Die letzten beiden Sätze waren wörtliche Zitate aus
der Tischvorlage des Bundesfinanzministeriums zur ges-
trigen Haushaltsausschusssitzung, Thema: Finanzierung
von Infrastrukturmaßnahmen und Modernisierungsmaß-
nahmen im Wohnungsbestand durch zinsgünstige Darle-
hen!
Die Bundesregierung sieht also endlich ein, daß der
Multiplikatoreffekt jedes einzelnen investierten Euro zu
vielfachen zusätzlichen Investitionen im unmittelbaren
und mittelbaren Baubereich führt. Nur: Das richtige Ziel
erkennen heißt bei Rot-Grün nicht, dass auch der rich-
tige Weg zu diesem Ziel eingeschlagen wird. Um es ganz
deutlich zu sagen: Ihr jetziger Weg mit dem Wohnraum-
Modernisierungsprogramm 2003/2004 ist falsch. Aus
meiner Sicht wird ein kreditfinanziertes Strohfeuer ange-
facht, das nicht alle Wirkungen erzielen wird, die Sie
sich erhoffen. Auf der anderen Seite will die rot-grüne
Bundesregierung mit dem so genannten Steuervergünsti-
gungsabbaugesetz die Belastung der Immobilienwirt-
schaft drastisch erhöhen. Das geht nicht zusammen, das
ist ein Zickzackkurs, der von niemandem in Deutschland
mehr verstanden wird. Ich bin froh, dass die CDU-Mi-
nisterpräsidenten im Bundesrat dieses Mittelstandsab-
baugesetz gestoppt haben!
Ein weiterer Kritikpunkt, der die Unverständlichkeit
der Kanzlerpläne belegt, ist folgender: Sie begründen die
Abbaupläne bei der Eigenheimzulage vor allem damit,
dass Sie soziale Mitnahmeeffekte vermeiden wollen –
obwohl es dort eine Einkommensgrenze gibt. Jetzt legen
Sie ein Programm auf, das Mitnahmeeffekten in keiner
Weise vorbeugt oder sie verhindert.
Fragwürdig ist auch, dass Sie in dem einen Fall den
Eigentumserwerb der Bürger erschweren wollen, wäh-
rend in dem anderen Fall, eben diesem Modernisierungs-
und Sanierungsprogramm, dem, der Immobilienvermö-
gen bereits besitzt, hilfreich unter die Arme gegriffen
wird.
Ich habe aus den Zeiten unserer Regierungsverant-
wortung noch Ihre Umverteilungssprüche im Ohr, die ja
derzeit zum Beispiel ein Herr Bsirske wieder aufwärmt,
diesmal aber Sie meint. Dieses Programm betreibt doch
ebenfalls Umverteilung von unten nach oben, finden Sie
nicht?
Schließlich sehe ich bei Ihrem Programm auch die
Gefahr, dass vor allem kommunale und genossenschaft-
liche Wohnungsbestände den warmen Geldsegen abbe-
kommen. Die übergroße Mehrheit der Wohnungen in
Deutschland wird aber von privaten Eigentümern be-
wirtschaftet – und die dürfen nicht leer ausgehen. Oder
sollte es etwa so sein, dass Ihnen die privaten Woh-
nungseigentümer weniger am Herzen liegen als die ge-
nossenschaftlichen?
An die eigentlichen Ursachen der Probleme gehen Sie
ohnehin nicht heran: Der Grund für die fehlende Bereit-
schaft, in Immobilien zu investieren bzw. Wohnungsbe-
stände zu sanieren, sind nicht zu hohe Zinsen; denn die
Darlehens- und Hypothekenzinsen sind seit Monaten auf
einem historisch niedrigen Niveau. Wenn trotzdem nicht
oder nur wenig investiert wird, liegt das vor allem an den
steuerlichen Rahmenbedingungen. Wer Wertzuwächse
von Immobilien mit der geplanten Pauschalsteuer stärker
besteuern will und die Altbausanierung mit den alten Re-
geln zum anschaffungsnahen Aufwand behindert, sorgt
selbst für die Zurückhaltung der Investoren. Hier liegen
– unabhängig von diesem Haushalt – die wahren Ursa-
chen für die schleppende Baukonjunktur. Hier müssen
Sie was tun, da helfen keine Strohfeuer-Programme.
Noch ein Wort zum Thema Wohngeld. Auf den ersten
Blick sieht es so aus, als hätten Sie aus dem zu niedrigen
Mittelansatz in 2002 gelernt, die Erhöhung um 550 Mil-
lionen DM erscheint mehr als ausreichend. Zieht man
jedoch die 409 Millionen Euro ab, die Sie von den
Wohngeldausgaben der Länder als Ausgleich für das
Grundsicherungsgesetz im Alter übernehmen, bleibt nur
noch eine Erhöhung von 141 Millionen Euro übrig. Ob
dies den sich im Verhältnis zu 2002 weiter verschlechter-
ten Konjunkturdaten gerecht wird, die mit einem erhöh-
ten Berechtigtenkreis korrespondieren, bezweifle ich.
Auch in diesem Jahr werden wir wieder mit überplanmä-
ßigen Ausgaben in diesem Bereich zu rechnen haben.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2699
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Alles in allem gibt das Wohnungs- und Städtebau-
kapitel im Einzelplan 12 zu keinen Hoffnungen auf Bes-
serung der Lage Anlass. Daher ist Ihnen unsere Ableh-
nung gewiss.
Dr. Manfred Stolpe, Bundesminister für Verkehr-,
Bau- und Wohnungswesen: Die Infrastruktur ist unser
stärkster Entwicklungshebel in Ost und West. Daher ist
sie auch ein klarer Schwerpunkt der Investitionspolitik
der Bundesregierung.
Der Einzelplan 12 hat ein Volumen von über
26 Milliarden Euro, davon sind mehr als die Hälfte In-
vestitionen. Solch ein Niveau hatten wir bislang noch
nicht. 11,5 Milliarden Euro investieren wir in das Ver-
kehrssystem. Das ist die Fortführung der Rekordinvesti-
tionen des Vorjahres; 1,7 Milliarden Euro setzen wir für
Wohnungs- und Städtebau ein und 7 Milliarden Euro
wenden wir mit dem Fonds „Aufbauhilfe“ auf für die
Beseitigung von Flutschäden in den Kommunen, bei Un-
ternehmen und an Privatgebäuden, fast 1 Milliarden
Euro davon für die Infrastruktur des Bundes.
Politik für eine leistungsfähige Infrastruktur – das ist
aktive Wirtschaftspolitik, sie stärkt den Wirtschafts-
standort Deutschland und sichert die Zukunft unseres
Landes.
In der letzten Verkehrsdebatte an dieser Stelle, am
20. Februar, habe ich noch vorsichtig zugesagt, dass wir
den Entwurf des neuen BVWP im ersten Halbjahr vorle-
gen.
Ich kann Ihnen sagen: Den Entwurf des Bundesver-
kehrswegeplans 2003 werden wir Ende dieser Woche in
die Ressortabstimmung geben. Gleichzeitig versenden
wir ihn an die Länder. Die Fraktionen des Deutschen
Bundestags bekommen ebenfalls den Entwurf.
Mit dem Plan stellen wir aktuelle und belastbare In-
formationen über die Perspektiven der deutschen Ver-
kehrsinfrastruktur zur Verfügung. Denn wir haben sorg-
fältig den Infrastrukturbedarf bis 2015 analysiert.
Konkrete Angaben zu Einzelmaßnahmen und Länder-
quoten werde ich heute nicht machen. Denn wir wollen
ja zunächst noch in den Abstimmungsprozess mit den
Ländern. Letztlich werden wir darüber im parlamentari-
schen Verfahren beschließen.
Dass ich über Einzelheiten gesprächsbereit bin, habe
ich Ihnen bereits zugesichert. Aber mir ist wichtig, ei-
nige Grundlinien zu erläutern.
Denn wir dürfen bei allem verständlichen Für und
Wider im Kleinen auf keinen Fall aus dem Blick verlie-
ren, was wir mit dem Bundesverkehrswegeplan wollen:
unser Land nach vorne bringen, Infrastruktur erhalten
und modernisieren und die Mobilitätsadern am Pulsieren
halten.
Konkret geben wir damit Antwort auf die Herausfor-
derungen der Zukunft wie der Osterweiterung der EU
und der Globalisierung der Wirtschaft.
Für mich persönlich ist ganz wichtig, dass weiterhin
gilt: „Aufbau Ost und Ausbau West“ sind untrennbar
miteinander verbunden. Wir können unser Land nur ge-
meinsam vorwärts bringen.
Ein wichtiger Bestandteil des BVWP 2003 werden
die Eckpunkte für ein Zukunftsprogramm Mobilität sein,
das das Bundeskabinett im März vergangenen Jahres be-
schlossen hat.
Ich möchte sie erneut kurz aufzählen: erstens. Beseiti-
gung von Verkehrsengpässen: Unter anderem werden
alle Maßnahmen des Anti-Stau-Programms ebenso wie
die Betreibermodelle für den sechsstreifigen Autobahn-
ausbau im vordringlichen Bedarf sein; zweitens. Ver-
kehrsentlastung und Steigerung der Lebensqualität in
Städten und Gemeinden durch den verstärkten Bau von
Ortsumgehungen; drittens. Stärkung des maritimen
Standortes. Wir machen das mit dem gezielten Ausbau
der Hinterlandanbindungen; viertens. Stärkung der Infra-
struktur in Ostdeutschland; dazu gehört unter anderem:
A 14 Magdeburg-Schwerin; A 72 Leipzig–Chemnitz
und Nachholbedarf bei Ortsumgehungen; fünftens: Un-
terstützung und Förderung moderner Verkehrstechnolo-
gien wie Transrapid oder Galileo.
Der Finanzrahmen der BVWP 2003 orientiert sich an
dem Spitzenniveau, auf das wir die Verkehrsinvestitio-
nen gebracht haben. Dieses Investitionsniveau werden
wir dauerhaft verstetigen. Damit ist der BVWP 2003 so-
lide finanziert. Der Schwerpunkt der Investitionen muss
auf dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur liegen.
Das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, aber
auch die augenscheinliche Realität. Aber es wird natür-
lich auch neu, und ausgebaut. Insgesamt schaffen wir da-
mit Planungssicherheit für alle Beteiligten, für die Ver-
kehrswirtschaft ebenso wie für die Mobilität der
Bürgerinnen und Bürger.
Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutsch-
land Mut zu Veränderungen. Hier haben wir unsere Kar-
ten auf den Tisch gelegt. Arbeit und Wirtschaft sind
– darauf hat der Bundeskanzler am letzten Freitag hinge-
wiesen – das Herzstück unserer Reform-Agenda.
Wir legen dabei deutliche Akzente auf die Bau- und
Wohnungswirtschaft. Das freut mich natürlich als ver-
antwortlichen Ressortminister besonders. Wir sind da-
bei, das Hartz–Konzept umzusetzen, wir öffnen und fle-
xibilisieren den Arbeitsmarkt. Ich meine auch unsere
Mittelstandsoffensive. Denn ohne den Mittelstand – also
auch den Baumittelstand – ist eine erfolgreiche Politik
für mehr Wachstum und Beschäftigung nicht möglich.
Wir helfen, die Auftragslage zu verbessern, die Ei-
genkapitallage zu stabilisieren und gegen Zahlungsrück-
stände wirksamer vorzugehen. Wir packen den Abbau
bürokratischer Belastungen an. Auch damit ölen wir den
Wachstumsmotor. Und: Mit unserer neuen Außenwirt-
schaftsoffensive haben wir kleine und mittlere Unterneh-
men im Blick.
Meine Damen und Herren, wir alle kennen die volks-
wirtschaftliche Bedeutung einer stabilen und zuverlässi-
gen Investitionspolitik. Das gilt besonders für wirtschaft-
lich schwierige Zeiten, wie wir sie gerade erleben. Die
2700 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
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Bundesregierung und der Deutsche Bundestag unter-
streichen das mit diesem Bundeshaushalt 2003.
von rund 15 Milliarden Euro. Diese Programme laufen
über die KfW.
Die Gemeinden werden darüber hinaus mit der Neu-
ordnung der Gemeindefinanzen in den nächsten Jahren
um Milliarden entlastet und gewinnen zusätzlichen
Spielraum für Investitionen. Außerdem werden wir,
meine Damen und Herren, Haushaltsmittel in Höhe von
rund 1 Milliarde Euro für die Vergabe zinsverbilligter
Kredite zur Verfügung stellen.
Damit können für dringend benötigte Investitionen in
die kommunale Infrastruktur deutlich verbilligte Kredite
gewährt werden. Mit dem gleichen Engagement gehen
wir an die Förderung der Wohnungsmodernisierung he-
ran. Insgesamt bewegen wir dazu ein Kreditvolumen
tere Milliarde Euro für Kommunen vorgesehen, die in
besonders strukturschwachen Gebieten liegen, Kommu-
nen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit. Für diese
Kommunen wird der Zinssatz für drei Jahre noch einmal
zusätzlich sehr stark verbilligt.
Dieses Maßnahmenbündel ist vernünftige Politik, die
den Kommunen, der Bauwirtschaft und natürlich den
Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt. Es ist zugleich
vorausblickende Politik, weil wir mit Infrastrukturinves-
titionen keinen Strohfeueraktionismus auslösen, sondern
eine dauerhafte Grundlage bauen, auf der wirtschaftli-
ches Wachstum gedeihen kann.
den planmäßigen Wiederaufbau fehlt.
aufgelegt.
Zusätzlich zu diesen 6 Milliarden Euro ist eine wei-
Aber wir wissen auch: Für nachhaltiges Wachstum
brauchen wir eine moderne, funktionierende Infrastruk-
tur. Hier sind vor allem die Kommunen gefordert. Von
ihnen kommen zwei Drittel aller öffentlichen Bauinves-
titionen. Auch dafür brauchen wir gesunde Finanzen.
Dafür brauchen die Kommunen die entsprechenden Mit-
tel.
Der Bundeskanzler hat das am Freitag deutlich ge-
macht: Die Bundesregierung bekennt sich zu ihrer Mit-
verantwortung für die Finanzsituation der Kommunen.
Deshalb wird sie Maßnahmen zur Verbesserung der
kommunalen Einnahmen und zur Förderung notwendi-
ger Investitionen ergreifen.
Bei der Verbesserung der Einnahmen möchte ich aus-
drücklich auf einen wichtigen Punkt hinweisen: Wir
wollen die Kommunen von ihrem Beitrag zur Finanzie-
rung des Flutopferfonds befreien. Hier geht es um rund
800 Millionen Euro Mehreinnahmen. Wir können das in
der Gewissheit tun, dass deshalb kein einziger Euro für
Erstens: „KfW-Wohnraum-Modernisierungsprogramm
2003/2004“. Mit diesem bundesweiten Programm wollen
wir Anreize für Modernisierungs- und Sanierungsinvesti-
tionen an selbstgenutzten und vermieteten Wohngebäuden
in ganz Deutschland geben. Für das Programm ist ein Vo-
lumen von 8 Milliarden Euro beabsichtigt. Damit sollen
ausreichend zinsverbilligte Förderdarlehen vergeben wer-
den. Betrachtet man die Erfahrungen mit anderen wohn-
wirtschaftlichen Programmen, so ist mit einer Investiti-
onssumme von ca. 14 Milliarden Euro zu rechnen. Pro
Jahr bedeutet dies die Sicherung von etwa 125 000 Ar-
beitsplätzen.
Zweitens: der Sonderfonds „Wachstumsimpulse“, der
auf dem KfW-Infrastrukturprogramm aufsetzt. Der Son-
derfonds richtet sich insbesondere an die Kommunen und
deren Eigengesellschaften. Durch die vom Bund getra-
gene Zinsverbilligung für diesen Sonderfonds werden sehr
günstige Zinskonditionen ermöglicht. Durch die KfW
wird ein Kreditvolumen von insgesamt 6 Milliarden Euro
33. Sitzung
Berlin, Dienstag, den 18. März 2003
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 3