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    Plenarprotokoll 15/33 1. Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundes- präsidialamt (Drucksachen 15/551, 15/572) . . . . . . . . . 2. Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 15/552, 15/572) . . . . . . . . . 3. Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 15/553, 15/572) . . . . . . . . . Bundesrechnungshof (Drucksachen 15/567, 15/572) . . . . . . . . . Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ 2553 B 2553 C 2553 D 2554 A 2554 D 2558 D 2563 C 2566 C 2571 A 2573 D 2575 C 2577 D 2582 C Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 33. Sitzung Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 I n h a l t : Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksachen 15/150, 15/402) . . . . . . . . . Zur Geschäftsordnung: Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Abschließende Beratung ohne Aussprache in Verbindung mit 5. Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 15/570) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 6. Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 15/571) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 7. Einzelplan 20 2553 B 2554 B 2554 C 2554 A 2554 A 4. Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 15/558, 15/572) . . . . . . . . . DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) SPD . . .2553 D 2583 D 2585 D 2588 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Klaas Hübner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und Forschung (Drucksachen 15/569, 15/572) . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch CDU/CSU . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . . Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2625 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2625 A 9. Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drucksachen 15/565, 15/572) . . . . . . . . . Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Dümpe-Krüger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Scheuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10. Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 15/556, 15/572) . . . . . . . . . Beatrix Philipp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . Dorothee Mantel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 15/557, 15/572) . . . . . . . . . in Verbindung mit 12. Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 15/566, 15/572) . . . . . . . . . Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Köhler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 20. Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Drucksachen 15/561, 15/572) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2590 B 2594 A 2596 C 2598 B 2600 A 2600 B 2602 B 2603 C 2605 B 2607 C 2609 A 2610 C 2612 C 2615 A 2617 C 2618 A 2619 C 2621 A 2622 C 2623 B 2627 B 2627 C 2630 C 2634 C 2636 C 2638 A 2640 C 2642 B 2644 C 2645 A 2648 A 2649 B 2650 C 2652 D 2655 B 2657 B 2658 D 2660 A 2661 C 2663 C 2666 C 2667 C 2667 D 2668 D 2669 B 2671 B 2671 B 2671 C 2672 D 2674 A 2675 B 2676 B 2679 B 2680 D 2681 D 2683 C 2685 D 2686 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Neuabdruck – aus technischen Gründen – einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Be- ratung der Anträge: – Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen gerechten Interessenausgleich bei den laufenden WTO-Verhandlun- gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – WTO-Verhandlungen – Europäisches Landwirtschaftsmodell absichern . . . . (31. Sitzung; Tagesordnungspunkt 11 und Zu- satztagesordnungspunkt 9) Reinhold Hemker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003; hier: Einzelplan 12 – Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen . . . (Tagesordnungspunkt I.20) Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . Uwe Göllner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Gunter Weißgerber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2687 A 2687 B 2687 B 2687 C 2688 C 2688 C 2689 A 2689 D 2690 D 2692 B 2693 B 2694 D 2696 B 2697 C 2699 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2553 (A) (C) (B) (D) 33. Sitzung Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 Beginn: 12.00 Uhr
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    1) Anlage 3 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung waren für die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Der Wider- spruch hält sich in Grenzen. Damit hätte das so beschlos- sen werden können, wenn die beteiligten Fraktionen und insbesondere die benannten Redner nicht großmütig da- rauf verzichtet hätten, ihre angedrohten Reden tatsäch- lich zu halten. (Beifall im ganzen Hause) Tatsächlich haben für die SPD die Kollegen Uwe Göllner, Wolfgang Spanier und Gunter Weißgerber, für die CDU/CSU die Kollegen Bartholomäus Kalb, Arnold Vaatz, Norbert Barthle und Dirk Fischer, für Bündnis 90/ Die Grünen die Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig, für die FDP der Kollege Horst Friedrich und schließlich auch der Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe ihre sorgfältig vorbereiteten Reden zu Protokoll gegeben.1) Dies ist ein beispielhafter Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt, (Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause) für den ich mich insbesondere im Namen all der Kolle- ginnen und Kollegen bedanken möchte, die ohnehin Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/646: Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch dies ist keine Mehrheit. Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 15/641: Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Abgelehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 15/642? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- hält sich? – Auch dieser Antrag hat nicht die ausrei- chende Mehrheit. Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 15/643: Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dieser An- trag hat keine Mehrheit. Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 15/645: Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das alles sieht mir sehr nach Absprache aus. (Heiterkeit) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2687 (A) (C) (B) (D) wirtschaftsmodell absichern (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) Erstens. Im Jahre 1999 flossen nach Angaben der OECD über Steuern und andere Abgaben 118 Milliarden Euro direkt und indirekt in die Gemeinsame Agrarpoli- Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Neuabdruck, aus technischen Gründen, einer zu Protokoll gegebenen Rede Zur Beratung der Anträge: – Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen gerechten Interessenausgleich bei den lau- fenden WTO-Verhandlungen – WTO-Verhandlungen – Europäisches Land- Reinhold Hemker (SPD): Die Bemühungen Deutsch- lands im Rahmen des Strukturwandels in den ländlichen Regionen sind Teil einer Entwicklung, die zu einem glo- balen Agrarkonzept führen muss. Dabei muss deutlich sein: Die Prinzipien der Kohärenz und Komplementarität sind richtungsweisende, globale Elemente einer gesamt- politischen Ausrichtung der EU. Dieser Ausrichtung ist auch Deutschland verpflichtet. Die laufenden WTO-Ver- handlungen – nicht nur bezogen auf den Agrarteil in Kom- bination mit der Ernährungswirtschaft – legen wesent- liche Bedingungen für diese Entwicklung fest. Und unsere Landwirte und Landwirtinnen leisten in den verschiede- nen Regionen Deutschlands schon jetzt mit einer stand- ortgerechten und auch ökologischen Produktionsweise einen Beitrag dazu. Es geht darum, im Sinne des Dreiklangs der Nachhal- tigkeitskonzeption, die ökonomischen Kriterien mit dem Aufbau und Ausbau der Produktion, die ökologische Notwendigkeit für die Bewahrung der Schöpfung und die sozialen Ziele der Sicherung der Lebensverhältnisse bei der Schaffung und dem Erhalt der Ernährungssicher- heit zu berücksichtigen. Dies gilt für alle am WTO-Ver- handlungsprozess beteiligten Länder. Vor diesem Hinter- grund geht es darum, bei den Verhandlungen einen Ausgleich zwischen der Öffnung der Märkte und den be- rechtigten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anlie- gen der WTO-Partner zu finden. Ich verweise in diesem Zusammenhang exemplarisch auf das EU-Ratsdokument Nr. 11658/02 mit dem inhalt- lichen Schwerpunkt der Bekämpfung der ländlichen Armut, das gestern noch im Ausschuss für Verbraucher- schutz, Ernährung und Landwirtschaft auf der Tages- ordnung stand. Es geht darum, die verschiedenen Poli- tikbereiche bei den WTO-Verhandlungen so aufeinander abzustimmen, dass die Lebensverhältnisse in den ländli- chen Räumen – unter besonderer Berücksichtigung der Agrar- und Ernährungswirtschaft – weiterentwickelt werden. Darum ist es wichtig, den Klärungsprozess zur Konkretisierung der EU-Position in unserem Bereich – also dem Bereich der Agrarwirtschaft – unter Einbe- ziehung der deutschen Interessen zu beeinflussen. Dazu dient unser Antrag und die heutige Debatte. Es ist festzustellen: Der im letzten Monat vorgelegte Modalitätenvorschlag des WTO-Agrarauschussvorsit- zenden Harbinson muss modifiziert werden. Allerdings ist klar, dass ein Erfolg am Ende der Gesamtrunde mit einem zukünftigen Agrarübereinkommen nur möglich sein wird, wenn alle am Verhandlungsprozess Beteilig- ten zu Zugeständnissen bereit sind, worauf Dr. Thalheim für die Bundesregierung bereits in der vergangenen Wo- che hingewiesen hat. Denn gegenwärtig steht die Praxis der internationalen Agrarpolitik noch einer Entwicklung im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzipes entgegen. Dazu einige Fakten zur Erinnerung: Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bury, Hans Martin SPD 18.03.2003 Dr. Eberl, Christian FDP 18.03.2003 Falk, Ilse CDU/CSU 18.03.2003 Flach, Ulrike FDP 18.03.2003 Götz, Peter CDU/CSU 18.03.2003 Hartnagel, Anke SPD 18.03.2003 Hennrich, Michael CDU/CSU 18.03.2003 Höfer, Gerd SPD 18.03.2003* Jäger, Renate SPD 18.03.2003* Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.03.2003 Laurischk, Sibylle FDP 18.03.2003 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 18.03.2003 Dr. Lucyga, Christine SPD 18.03.2003* Otto (Godern), Eberhard FDP 18.03.2003 Rauber, Helmut CDU/CSU 18.03.2003* Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 18.03.2003 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 18.03.2003 Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie SPD 18.03.2003 Dr. Stadler, Max FDP 18.03.2003 Violka, Simone SPD 18.03.2003 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 18.03.2003 2688 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) tik, GAP, der EU. Der Umfang der Mittel für die öffentli- che Zusammenarbeit der EU, ODA-Mittel, betrug dage- gen 4,6 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass es nach wie vor große Behinderungen für die Entwicklungschancen durch hohe Subventionen gibt. Zweitens. Die Entwicklungsländer exportierten im Jahre 2001 Agrarprodukte im Wert von 128 Millarden US-Dollar, während die 27 OECD-Staaten ihren Agrar- sektor mit insgesamt 311 Milliarden US-Dollar subven- tionierten. Daran hat sich bis heute qualitativ und quanti- tativ kaum etwas verändert. Und wir alle wissen, dass insbesondere die Mehrheit der LLDCs – der am wenigsten entwickelten Ländern – zu 95 Prozent auf Agrarexporte angewiesen sind. Diese Fakten – ich denke, der Kollege Raabe wird dazu noch mehr sagen – und die damit zusammenhängenden Fehl- entwicklungen waren und sind Gegenstand der WTO- Verhandlungen und sie werden es bleiben. Das müssen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, bei allem Verständnis für die von Ihnen vor- getragenen Forderungen vor Augen haben, wenn wir uns für die Interessen und die damit verbundene Absiche- rung bestimmter Produktionsbereiche einsetzen. Wenn deutlich ist, dass zum Beispiel durch die Ex- portsubventionierung von Milchpulverprodukten die Entwicklung einheimischer Märkte, wie beispielsweise in Tansania und Jamaika geschehen, behindert wird, dann muss man das im Kontext Ihrer Forderung nach „Beibehaltung der Mengensteuerung bei Milch und Zu- cker als vorhandenes Instrument zu Stabilisierung des Weltmarktes“ bewerten. Dabei ist mir klar, dass es nicht von heute auf morgen möglich ist, bisherige Regelungen zu beenden. Das Gleiche gilt für den Zuckerbereich, wo natürlich gegenüber dem Harbinson-Entwurf darauf hingearbeitet werden muss, dass es zu einer Differenzierung – etwa zwischen „kleinen“ Zuckerproduzenten, wie zum Bei- spiel Mauritius oder auch Kuba, und den großen am Zu- ckermarkt beteiligten Ländern wie Brasilien – kommen muss. Hier wird es – das sage ich auch mit Blick auf diese Forderung in Ihrem Antrag – natürlich zu Über- gangs- und auch Sonderregelungen für besonders schutzbedürftige kleinere, arme Länder kommen müs- sen, wie es auch in der Vergangenheit schon gewesen ist. Das gilt auch für den Rindfleischbereich, wobei hier klar sein muss: Deutschland wird sich mit seiner heuti- gen Produktionsweise und den damit verbundenen Men- gen in Zukunft nicht mehr so am Weltmarkt beteiligen können, wie es zurzeit noch geschieht. Welche Wege beschritten und welche Methoden im Übergang praktiziert werden müssen, wird auch im Zu- sammenhang der EU-Agrarreform noch unter quantitati- ven und qualitativen Aspekten zu entscheiden sein. Ich nenne nur Stichworte wie Mutterkuhhaltung, Entkopp- lung – und damit Einzelelemente im Rahmen des Struk- turwandels. Dazu gehören sicher auch andere Bewirt- schaftungsformen auf den Flächen, wo heute noch die Grundlagen für die Zuckerproduktion vorhanden sind. Es geht also auf der einen Seite um eine Neuorientierung der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion im Sinne einer nachhaltigen Produktion sowie den damit verbundenen Umwelt- und Qualitätskriterien, die ja auch im CDU-Antrag angesprochen sind, sowie die Förde- rung der Entwicklungsziele der Entwicklungsländer, wozu Sascha Raabe noch etwas sagen wird, auf der an- deren Seite. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung – Frau Ministerin – unter Einbeziehung des europäischen Mo- dells einer flächendeckenden, multifunktionalen und da- mit standortgerechten Landwirtschaft auf einen fairen Ausgleich bei den laufenden WTO-Agrarverhandlungen hinwirken wird. Dann wird es im September in Cancun zu einem angemessenen Ergebnis kommen. Ich freue mich auf die Fachdiskussionen auf der Basis der vorliegenden Anträge. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003; hier Einzelplan 12 – Bundesministerium für Ver- kehr, Bau- und Wohnungswesen (Tagesordnungspunkt I. 20) Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Mit Rücksicht auf den veränderten Debattenverlauf will ich nur einige wenige, mir sehr wichtig erscheinende Punkte anspre- chen: Wir erwarten in Kürze den Entwurf für einen neuen Bundesverkehrswegeplan. Er muss den verkehrs- politischen Notwendigkeiten Rechnung tragen und dann auch finanziell entsprechend unterlegt werden. Leis- tungsfähige Verkehrswege sind Grundvoraussetzung für eine leistungsfähige Wirtschaft und insbesondere für die Entwicklung strukturschwacher und revierferner Ge- biete. Das gilt für die neuen Länder ebenso wie für die Problemregionen in den westlichen Bundesländern. Entgegen anderer Behauptungen stehen für den Neu- und Ausbau von Bundesautobahnen und Fernstraßen ef- fektiv immer weniger Mittel zur Verfügung. Zugleich werden die Verkehrsteilnehmer steuerlich bis zur Grenze der Leistungsfähigkeit belastet. Demnächst wird die LKW-Maut eingeführt. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die LKW-Maut die Wirtschaft in revierfernen und peripheren Gebieten über- durchschnittlich belastet und deren Entwicklungschan- cen mindert. Völlig inakzeptabel ist die Mittelverwendung. Ur- sprünglich waren sich alle einig, das Aufkommen aus der LKW-Maut sollte für zusätzliche Investitionen zur Verfügung stehen. Mittlerweile kassiert den größten Teil der Finanzminister. Im Jahr 2003 wird ab 1. September mit Bruttoeinnahmen von rund 900 Millionen gerechnet, für den Fernstraßenbau werden aber gerade einmal 19 Millionen bereitgestellt. Das ist nicht akzeptabel, zu- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2689 (A) (C) (B) (D) mal die regulären Bundesmittel bereits im Vorgriff gekürzt wurden. Wir fordern daher mit einem Ände- rungsantrag, die Nettoeinnahmen aus der LKW-Maut in Höhe von rund 640 Millionen Euro vollständig für den Fernstraßenbau zur Verfügung zu stellen. Und es ist unabdingbar, dass für das nationale Fuhrgewerbe ein an- gemessener Ausgleich zur Abfederung der Wettbewerbs- nachteile geleistet wird. Ein ganz anderes Thema: Ich halte die Anwendung der Transrapid-Technologie in Deutschland für dringend erforderlich. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, hielten das Aus für die Strecke Hamburg–Berlin für falsch. Jetzt geht es um die Realisierung alternativer Strecken. Ich bin dem Kollegen Weißgerber für seine Erklärung im Haushaltsausschuss und dem Kollegen Schöler für seine diesbezügliche Einlassung heute im Plenum dankbar, womit sie klar gestellt haben, dass bei der Beteiligung an den Planungskosten der Freistaat Bayern nicht schlech- ter behandelt werden solle als NRW und die Einstellung von Planungsmittel für Bayern im nächsten Haushalt vorgesehen sei. Ich hoffe, dass es letztendlich gelingt, eine in Deutschland für viel Geld erfolgreich entwickelte Tech- nologie auch hierzulande zum Einsatz zu bringen und marktfähig zu machen. Ich möchte nicht, dass der Trans- rapid wieder das gleiche Schicksal erleidet wie viele an- dere technische Entwicklungen: In Deutschland entwi- ckelt – in Asien und von Asien vermarktet. Uwe Göllner (SPD): Ich möchte beginnen mit mei- nem Dank an die Mitarbeiter des Ministeriums für Ver- kehr, Bau- und Wohnungswesen, die immer bereit wa- ren, alle notwendigen Informationen zu liefern und – wo gewünscht – auch mit Rat zur Verfügung zu stehen. Im Laufe der Beratungen ist mir der Vorwurf begeg- net, die Investitionen im Bereich Bau seien gekürzt wor- den, an den Zahlen könne man dies ablesen. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit: Der marginal geringere Betrag von 0,3 Milliarden Euro – bei einem Investitionsvolu- men von immerhin 1,7 Milliarden Euro in eine leistungs- fähige Infrastruktur; das sind 30 Prozent der Gesamtaus- gaben im Baubereich – ist darauf zurückzuführen, dass die Baumaßnahmen durch den Umzug von Parlament und Teilen der Regierung von Bonn nach Berlin fast ab- geschlossen sind. Dieser Umzug ist entgegen vieler Be- fürchtungen, die ich zeitweise auch geteilt habe, im 1994 vereinbarten Kostenrahmen geblieben. Auch wir haben unseren Beitrag zur globalen Minder- ausgabe mit 150 Millionen Euro geleistet. Trotzdem konnten wir durch Umschichtungen innerhalb des Ein- zelplans für den Sozialen Wohnungsbau – und hier spe- ziell für Verdichtungsräume mit besonderem Wohnraum- bedarf in westdeutschen Großstädten – sogar noch etwas drauflegen. Der Bund verpflichtete sich in einer Ermäch- tigung über 50 Millionen Euro für die nächsten Jahre – Baransatz 2003: 7,5 Millionen Euro. Auch an diesem Beispiel können Sie erkennen, dass die nachhaltige kon- solidierende Finanzpolitik von Rot-Grün keine reine Sparpolitik ist. Mit sämtlichen Wohnungsbauprogram- men steigern wir nicht nur die Investitionsquote des Bundes, sondern verbessern wir gleichzeitig die Be- schäftigungssituation im Bau- und Energiegewerbe und forcieren unsere Anstrengungen im Bereich der Energie- einsparung. Ich nenne nur die CO2-Minderung durch Wärmedämmung an Wänden und Fenstern, die Hei- zungssanierung und die Umrüstung von Nachtspeicher- heizungen. Der weitere Aufbau Ost ist ein wichtiger Bestandteil dieses Haushaltes. Die Programme sind auf hohem Ni- veau verstetigt worden. Zu erwähnen sind das zum Bei- spiel Altschuldenhilfegesetz und das Sonderprogramm „Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquar- tieren“. Wir haben im diesjährigen Einzelplan 12 unser Auf- gabenspektrum sogar noch erweitert: Das bei Groß und Klein beliebte Meereskundemuseum in Stralsund soll mit dem Ozeaneum den seit langem gewünschten Erwei- terungsbau bekommen. Die in diesem Haushalt enthal- tene Verpflichtungsermächtigung macht dies in den kommenden Jahren endlich möglich. Der Schwerpunkt des Haushaltes für Bau- und Woh- nungswesen wird künftig noch stärker in Richtung Erhalt und Sanierung bestehender Gebäude verlagert. Wir wer- den mit der Fortsetzung des Metropolenprogramms für die schwierigen Stadtteile in westdeutschen Ballungs- zentren zwar weiter auch Neubau fördern, aber Erhalt und Sanierung an öffentlichen und privaten Gebäuden muss weiter an Bedeutung in unserer Wohnungsbaupoli- tik gewinnen. Weniger Zersiedelung sowie bessere und lebenswertere Innenstädte sind wesentliche Eckpunkte für diese Politik. Der vorliegende Haushalt mit seinen vielfältigen Pro- grammen, in Verbindung mit dem erst vor wenigen Ta- gen aufgelegten Investitionsprogramm für die Städte und Gemeinden, bestehend aus dem Sonderfonds „Wachs- tumsimpulse l + II“ und dem Wohnraum-Modernisie- rungsprogramm, tragen wir der eben vorgetragenen Ten- denz bereits Rechnung. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Haushalt für Verkehr, Bauen und Woh- nen ist der größte Investitionsetat des Bundeshaushalts, der für unsere Volkswirtschaft von wesentlicher Bedeu- tung ist. Zunächst zu den Fakten: Wir investieren in 2003 4,9 Milliarden Euro in die Straße, 4,6 Milliarden Euro in die Schiene, 700 Millionen Euro in die Binnenschiffahrt und 1,9 Milliarden Euro in Städte- und Wohnungsbau. Dabei noch nicht berücksichtigt ist das 15-Milliarden- Euro-Zinszuschussprogramm bei der KfW für Kommu- nen und Wohnungswirtschaft. Dieses Investitionsvolu- men ist eine große Leistung angesichts der Haushalts- zwänge, denen wir unterliegen. Der Opposition ist das natürlich alles nicht genug. Sie meint, dass sie sich im Haushalt ebenso wenig um die Defizitkriterien kümmern muss wie beim Steuervergüns- tigungsabbaugesetz. Sie hat die virtuellen Spendierhosen angezogen und Anträge über Mehrausgaben von über 1 Milliarde Euro zum Einzelplan 12 gestellt. Das nötige 2690 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) Geld soll der liebe Gott als Manna vom Himmel regnen lassen. Der hat zurzeit aber ganz andere Sorgen. Die FDP möchte den Haushalt noch einmal ganz von vorne beraten – offenbar sind Sie beim Rechnen nicht so schnell mitgekommen – und die CDU/CSU betreibt wie- der einmal nur Augenwischerei. Grundsätzlich muss man sagen: Sie beschweren sich immer wieder, dass Rot-Grün zu wenig Spielraum für Investitionen schafft. Aber Sie selbst haben in der Kohl- Ära die Investitionsspielräume systematisch einge- schränkt. Sie haben vor allem seit der Vereinigung die sozialen Sicherungssysteme so stark mit versicherungs- fremden Leistungen belastet, dass der Bund heute allein die Rentenversicherung mit 78 Milliarden Euro jährlich bezuschussen muss. Und Sie haben sich laut darüber aufgeregt, dass wir die Rentenversicherungsbeiträge durch Zuzahlungen aus der Ökosteuer entlastet haben. Dabei müssten die Beiträge ohne die Ökosteuer in die- sem Jahr um 1,7 Prozent angehoben werden. Jetzt argu- mentieren Sie schon wieder gegen die Pläne des Kanz- lers und der rot-grünen Koalition, die Lohnnebenkosten zu senken, um Wachstumsimpulse in die Wirtschaft zu geben und gleichzeitig den Haushalt zu konsolidieren. Das wichtigste verkehrspolitische Projekt dieses Jah- res ist die Einführung der LKW-Maut. Mit dieser Maut kommen wir in der angemessenen Anlastung verursa- chergerechter Kosten für den LKW-Verkehr auf Auto- bahnen einen großen Schritt voran. Die Maut gilt für in- ländische und für ausländische LKWs gleichermaßen. Das ist für Deutschland als Transitland von großer Be- deutung. Die Differenzen, die es mit Brüssel über die Harmonisierungskosten gab, sind weitgehend ausge- räumt. Was die Mautgebühren angeht, kann es nicht sein, dass Brüssel sich gegen die für Deutschland gutachter- lich ermittelte Höhe stellt, wenn die Maut in Spanien und Portugal ebenso hoch oder höher ist. Mit der LKW-Maut steigen wir schrittweise auf nut- zerfinanzierte Verkehrsinvestitionen um. So weit geht der Konsens unter allen Fraktionen. Die Opposition möchte allerdings mit der Maut ausschließlich Straßen- bau finanzieren. Das wäre aber unverantwortlich; denn zum einen haben Sie jahrzehntelang den Straßenbau in hohem Maße begünstigt, zum anderen ist bis 2015 mit erheblichen Verkehrszuwächsen zu rechnen. Deshalb muss ein größerer Anteil am Gesamtverkehr auf die Schiene umgeleitet werden, und zwar sowohl im Perso- nen- als auch im Güterverkehr. Ansonsten würde der Straßenverkehr im Stau ersticken. Die Koalition verfolgt mit ihren Verkehrsinvestitio- nen insbesondere zwei Ziele: Die Gleichstellung von Schiene und Straße und die Stärkung der Bestandserneu- erung in allen Bereichen der Verkehrsinfrastruktur. Die- sen Prinzipien folgen wir auch bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans für die Zeit bis 2015. Dieser wird voraussichtlich Investitionen von über 150 Milliarden Euro für das gesamte Verkehrswegenetz enthalten. Daneben werden wir mit strengeren Wirt- schaftlichkeitskriterien, einer deutlich verbesserten Be- wertung von Umweltrisiken und einer Raumwirksam- keitsanalyse verbesserte Kriterien schaffen. Vor allem aber gilt: Wir werden die vorgesehenen Projekte und den vorhandenen Finanzrahmen in ein angemessenes Ver- hältnis setzen. So eine Fehlplanung wie den um 90 Milliarden DM unterfinanzierten Bundesverkehrswe- geplan der heutigen Opposition wird es bei uns nicht ge- ben. Lassen Sie mich noch einige Worte zum Bauetat sa- gen: Hier haben wir den harten Sparzwängen zum Trotz wichtige Schritte nach vorne getan. Erstens haben wir im Rahmen des sozialen Woh- nungsbaus wiederum das Metropolenprogramm mit ei- nem Verpflichtungsrahmen von 50 Millionen Euro für die westdeutschen Ballungsräume eingestellt. Den Län- dern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen müssen wir aber auch ganz deutlich sagen, dass es unerträglich ist, wie sie nach der Wohnungsbauförderung des Bundes rufen, wenn sie gleichzeitig ihre eigene Bauförderung abschmelzen. Und den Bürgermeistern aus München und Stuttgart, die Bittbriefe um mehr Wohnungsbauför- derung an den Bund richten, muss man sagen: Der Bund hat seine Schuldigkeit getan. Die richtige Adresse zur Forderung umfassender Aufstockungen sind ihre eige- nen finanzstarken Länder. Als Zweites sieht der Haushalt mit 300 Millionen Euro Verpflichtungsrahmen fast eine Verdoppelung der Mittel für die Altschuldenentlastung von ostdeutschen Wohnungsunternehmen, die durch Leerstand in Exis- tenznot geraten sind, vor. Als Drittes haben wir eine deutliche Aufstockung und Ausweitung des CO2-Minderungsprogramms für den Wohnungsbestand vorgenommen, um 160 Millionen Euro jährlich, wie mit dem Ökosteuergesetz im Dezem- ber beschlossen. Zusammen mit dem bereits laufenden Programm von 204 Millionen Euro jährlich fördern wir Investitionen in Klimaschutz am Bau nunmehr mit Zins- subventionen in Höhe von 364 Millionen Euro jährlich. Das ist ein Rekord! Als vierten Schritt geben wir nun mit dem neuen In- vestitionsprogramm je zur Hälfte besondere Impulse für die Kommunen und für Wohnungsbestandserneuerung in einem Rahmen von insgesamt 15 Milliarden Euro. Dadurch stützen wir das regionale Baugewerbe und füh- ren das Wohnungsmodernisierungsprogramm fort, das Klimaschutz und Investitionen in Arbeit verbindet. Zu- sammen mit der vom Kanzler angekündigten Besserstel- lung der Kommunen auf der Einnahmeseite durch eine Gemeindesteuerreform werden wir mit diesem Pro- gramm dazu beitragen, dringend benötigte Infrastruktur- investitionen anzuschieben. Insgesamt ist uns mit dem Einzelplan 12 ein Etat ge- lungen, der trotz der Sparzwänge erhebliche Investitio- nen ermöglicht und sie in die richtigen Bereiche lenkt. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Der Einzelplan 12 ist ein Dokument der verkehrs- und wohnungspoliti- schen Konzeptionslosigkeit. Rot-grüne Verkehrspolitik – das bedeutet weiterhin „ideologisch“ motivierte Ein- griffe in den Wettbewerb der Verkehrsträger mit Mitteln der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung und sonstigen Zu- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2691 (A) (C) (B) (D) weisungen aus dem Verkehrshaushalt. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die Bahn mehr als zehnmal so viel Zu- wendungen erhält wie die Straße, wenn man dies ins Verhältnis zu den erbrachten Verkehrsleistungen setzt. Die Verteilung der Bundesausgaben in das Verkehrswe- sen stehen in einem grotesken Missverhältnis zum Ge- wicht der einzelnen Verkehrsträger im Verkehrssystem. Der Straßenverkehr ist aus ideologischen Gründen ohne- hin das Stiefkind rot-grüner Verkehrspolitik, aber auch die Binnenschifffahrt wird seit Jahren vernachlässigt, obwohl sie ein „ökologischer“ Verkehrsträger ist und ausreichend Potenziale besitzt, um weiteren Verkehr auf- zunehmen. Die Bundesregierung hängt vielmehr immer noch der Vorstellung an, eine nachhaltige Entlastung der Bundesfernstraßen sei durch Verkehrsverlagerungen auf die Schiene zu bewerkstelligen. Gleichzeitig erschöpft sich die Bahnpolitik allerdings darin, der Bahn Jahr für Jahr mehr Mittel zu geben, als sie überhaupt verbauen kann, und sie im Übrigen tun und machen zu lassen, was sie will. Klare Rahmenbedingungen, wie die bisher un- genutzten Potenziale der Bahn durch mehr Wettbewerb ausgeschöpft werden könnten, fehlen völlig, seit Kurt Bodewig mit seinen Ankündigungen von März 2001 total gescheitert ist. Doch bleiben wir zunächst bei einer verkehrsträger- übergreifenden Betrachtung. Die Konzeptionslosigkeit rot-grüner Verkehrspolitik zeigt sich darin, dass der viel- beschworene „Paradigmenwechsel“ bei der Infrastruk- turfinanzierung gründlich misslungen ist. Von einem echten Einstieg in die Umstellung von Haushaltsfinan- zierung auf Nutzerfinanzierung kann keine Rede sein. Das Trauerspiel um die LKW-Maut belegt dies ein- drucksvoll. Bei der Maut, die eine lupenreine Gebühr mit konsequenter Zweckbindung für den Verkehrswege- bau sein müsste, lassen Sie den Zugriff des Finanzminis- ters zu. Der lässt sich nicht nur die Einnahmeverluste aus der LKW-Vignette in Höhe von 450 Millionen Euro kompensieren, sondern bedient sich mit 750 Millionen Euro aus dem Gebührenaufkommen der LKW-Maut. Dieses Geld geht in allgemeine, verkehrsfremde Haus- haltszwecke. Eine konsequente Umstellung von Haus- haltsfinanzierung auf Nutzerfinanzierung würde auch bedeuten, dass die Einführung von Benutzerentgelten ih- ren Niederschlag in Entlastungen bei den Verkehrssteu- ern findet. Genau das ist bezeichnender Weise nicht der Fall. Die Bundesregierung hat zwar immer behauptet, dass sie wenigstens zu einem Teil das deutsche Güter- kraftverkehrsgewerbe von den Mehrkosten durch die LKW-Maut entlasten will. Aber „überraschenderweise“ ist genau dieser Teil nun aus den Maut-Verordnungen herausgestrichen worden, weil die Kompensationsrege- lungen nicht ordentlich mit Brüssel abgestimmt und nun von Frau Palacio beanstandet wurde. Sie können sich doch nicht ernsthaft beschweren, wenn man Ihnen angesichts dieser Tatsachen vorwirft, Sie hätten die Kompensation nie wirklich gewollt. Was Sie bei der Maut falsch gemacht haben, findet seine Fort- setzung bei der Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft, die keine wirkliche Abkopplung vom Bundeshaushalt bringt. Die Finanzierungsgesellschaft bekommt eben nicht alle Einnahmen aus der LKW-Maut und schon gar nicht – was nötig wäre – die verbindliche Zuweisung zu- künftiger Gebühreneinnahmen. Sie bekommt nur das, was der Finanzminister ihr Jahr für Jahr zugesteht. Er hat bei Einnahmezuteilung das letzte Wort und schon jetzt ist klar, dass er sich reichlich für verkehrsfremde Zwecke bedienen wird. In die Bahn pumpen sie dagegen unverändert Geld, obwohl sie nicht einmal in der Lage ist, die zugewiese- nen Mittel zu verbauen. Was aber viel schlimmer wiegt, ist, dass Sie ihre Aufgaben als ordnungspolitischer Rah- mengeber und als Eigentümer der Bahn vernachlässigen. Es ist ein Irrglaube, anzunehmen, dass das Problem der Bahn alleine in einem Investitionsrückstand bestünde. Massive Investitionen sind kein Allheilmittel. Dieser Satz stammt von niemand Geringeren als dem früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, der schon vor 29 Jahren einen Beitrag zum Thema „Bundesbahn und Bundes- haushalt“ veröffentlicht hat, als er nämlich noch Finanz- minister war. In diesem Aufsatz kann man bereits genau beschrieben finden, was Sie heute wieder falsch machen, nämlich zu glauben, die ungenügende Ertragslage der Bahn könnte durch verstärkte Investitionen gesteigert werden – selbstverständlich auf Kosten des Steuerzah- lers. Das wurde doch alles versucht mit der Bahnreform. Die Bahn wurde vor 8 Jahren komplett entschuldet, das Anlagevermögen um 75 Prozent abgewertet und seither wurden über 75 Milliarden Euro Steuergelder für Inves- titionen, Zuschüsse und Bestellerentgelte an die DB ge- zahlt. Dazu kamen weitere 45 Milliarden Euro an das Bundeseisenbahnvermögen. Das Ergebnis im Jahr 2002: Die Bahn schreibt einen Verlust von fast 500 Millionen Euro vor Steuern. Bei einem Cashflow von weniger als 2 Milliarden Euro sind die Schulden auf rund 20 Milliar- den Euro angewachsen. Der Umsatz dagegen stagniert bei 15 Milliarden Euro. Eine Verkehrsverlagerung zur Schiene hat nicht stattgefunden. Der Marktanteil im Güterverkehr ist weiter gesunken, im Personenverkehr stagniert er auf niedrigem Niveau. Was wir Ihnen politisch vorwerfen, ist nicht die Ver- antwortung für dieses unternehmerische Debakel der Bahn, sondern dass Sie tatenlos zugeschaut haben, wie die Strategie des Bahnvorstands sich seit dem Jahr 2000 vom Kurs der Bahnreform abgewendet hat. Die von der EU und vom deutschen Gesetzgeber gewollte Liberali- sierung und Öffnung werden konterkariert. Es ist beschämend, mit welcher Blauäugigkeit Sie auf die falschen Versprechungen und Behauptungen des Bahn- vorstands hereinfallen. Wenn Ihnen Herr Mehdorn er- zählt, inzwischen würden mehr als 200 Eisenbahnen auf dem Netz der DB herumfahren, dann applaudieren Sie begeistert, statt auch nur den geringsten Versuch zu un- ternehmen, derartig lächerliche Zahlen zu hinterfragen. Auskunft darüber, wie viel Wettbewerb auf der Schiene stattfindet, geben nur die Bilanzzahlen des Netzes, die eindeutig belegen, dass das Aufkommen an Trassenge- bühren durch Dritte auf niedrigstem Niveau stagniert. Nichtbundeseigene Eisenbahnen gab es schon immer und nicht die Anzahl ist entscheidend, sondern die Frage, inwieweit Sie sich im echten Wettbewerb zur gro- ßen Bahn befinden. Da ist fast nichts. 2692 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) Sie glauben alles und jedes, was Ihnen von der Bahn an Märchen präsentiert wird. Ein einfacher Blick in die Bilanzen der Bahn, würde Sie eines Besseren belehren. Von einem abzuarbeitenden Investitionsrückstand und einer im Jahr 2000 angelaufenen Investitionsoffensive kann in Wirklichkeit keine Rede sein. Abgesehen davon, dass bereits seit den 70er-Jahren auf konstant hohem Niveau investiert wird, nämlich rund 4 Milliarden Euro (in Preisen von 1995) – hat es eine Investitionsoffensive bei der Bahn seit dem Jahr 2000 nicht gegeben. Die Investitionen der Bahn liegen im Mittel der 90er-Jahre. Es hat lediglich eine Umstellung von Darlehen auf ver- lorenen Baukostenzuschüsse gegeben, die keinen Ab- schreibungsaufwand und keinen Zinsaufwand auslösen – allerdings spätere Bundeshaushalte auf Kosten des Steu- erzahlers belasten werden, weil es keine Rückflüsse aus zinslosen Darlehen gibt, mit denen nach den Vorstellun- gen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes Schie- neninvestitionen eigentlich finanziert werden sollten. Es ist höchste Zeit, zum Konzept der Bahnreform zu- rückzukehren und sich auf die eigentlichen Ziele zu be- sinnen: mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, den Zuschussbedarf zu senken, die Holding überflüssig zu machen, die Wettbewerbsöffnung zu erreichen und schließlich die Verkehrsbereiche der Bahn zu privatisie- ren. Stattdessen finanzieren sie heute mit bedingungslos hingegebenen Milliardenzuwendungen eine Strategie der DB, die aus Angebotsreduzierungen, Machtkonzen- tration bei der Holding, Verhinderung von Wettbewerb und einem Pseudoziel „Kapitalmarktfähigkeit“ besteht. Leider ist das, was Sie Im Bereich des Wohnungsbau- wesen zustande gebracht haben, keinen Deut besser. Obwohl das von Rot-Grün schon in der letzten Legisla- turperiode geplante Tariftreuegesetz – zum Glück – ge- scheitert war, kündigen Sie nun an, diesem Unsinn neues Leben einzuhauchen. Für die ostdeutsche Bauwirtschaft und deren Arbeitnehmer ist dieses Gesetz Gift. Es scha- det dem Wettbewerb in der Bauwirtschaft und führt im Ergebnis zur Verteuerung der Bauaufträge für die Kom- munen. Das ist umso widersinniger, als Sie nun gleich- zeitig ein Konjunkturprogramm auflegen wollen, dass den Kommunen zinsverbilligte Kredite verschaffen soll. Abgesehen davon, dass dies den Kommunen nicht hel- fen wird, weil Sie gar nicht in der Lage sind und es Ihnen großenteils schon durch die Aufsichtsbehörde verboten wurde, weitere Kredite aufzunehmen, würden mögliche Effekte eines solchen Konjunkturprogramms durch das Tariftreuegesetz konterkariert. Weitere Todesstöße ver- passen Sie der Bauwirtschaft mit der Abschaffung der degressiven Gebäudeabschreibung, dem Zusam- menstreichen der Eigenheimzulage und der Begrenzung des Verlustabzuges. Ihnen ist offenbar nicht klar, dass diese Einschnitte bis zu 200 000 Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und in angrenzenden Bereichen kosten würde. Betroffen wären vor allem wieder Klein- und Handwerksbetriebe, aber die scheinen ja niemanden bei Rot-Grün zu interessieren. Wolfgang Spanier (SPD): Die Debatte über den Haushalt ist eine Gelegenheit, die Leitlinien der eigenen Politik darzustellen und zu prüfen, wie weit der Haushalt 2003 einen Beitrag leistet, um diese Leitlinien umzu- setzen. Deshalb werde ich nicht auf einzelne Haushalts- ansätze eingehen. Das fällt mir auch deswegen leicht, weil es uns gelungen ist, trotz der zwingend notwendi- gen Haushaltskonsolidierung die Mittelansätze des Jah- res 2002 zu verstetigen und in einem ganz wichtigen Punkt sogar deutlich aufzustocken, nämlich mit zusätz- lichen 300 Millionen Euro für die Härtefallregelung für von Insolvenz bedrohte Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern. Leitlinie unserer Städtebau- und Wohnungspolitik ist die Nachhaltigkeit. Mit dem Stadtumbauprogramm Ost, dem Programm „Soziale Stadt“, dem Gesetz zur sozialen Wohnraumförderung und den deutlich verbesserten För- derprogrammen zur CO2-Senkung im Wohnungsbestand haben wir die Neuorientierung unserer Städtebau- und Wohnungspolitik eingeleitet. Wir werden dies ergänzen durch das zusätzliche KfW-Programm zur Wohnungs- baumodernisierung mit einem Volumen von 8 Milliarden Euro. Wir konzentrieren uns stärker auf den Woh- nungsbestand und seine Modernisierung, wir verzahnen Städtebau- und Wohnungspolitik, wir fördern integrative Ansätze, die auch die Arbeitsmarktpolitik, die Wirt- schaftsförderung, die Sozialpolitik mit einbeziehen. Wir dezentralisieren die Verantwortung und verlagern sie deutlich stärker auf die Kommunen. Das ist sehr abstrakt. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Beim Stadtumbauprogramm Ost ist Voraussetzung die Erarbeitung von Stadtentwicklungs- konzepten, um eine Förderung zu bekommen. In 270 Ge- meinden hat man sich – in jeder Gemeinde ganz unter- schiedlich – mit den Zukunftsperspektiven der eigenen Stadt auseinander gesetzt und nach einem Fahrplan ge- sucht, wie man den besonders schwierigen Problemen in den ostdeutschen Kommunen entgegenwirken kann. Das erfordert ein Umdenken, das erfordert Kooperation, das erfordert ein ständig neues Nachdenken über die künf- tige Entwicklung der eigenen Stadt. In der Städtebau- und Wohnungspolitik müssen wir langfristige Konzepte entwickeln. Der demographische Wandel, dessen Auswirkungen wir bislang in erster Li- nie bei den sozialen Sicherungssystemen diskutiert ha- ben, hat auch tief greifende Veränderungen in der Städte- bau- und Wohnungspolitik zur Folge. Der Rückgang der Bevölkerung, die Veränderungen im Altersaufbau, ver- änderte Ansprüche an die Qualität des Wohnens müssen rechtzeitig berücksichtigt werden. Wir bauen nicht für vier oder fünf Jahre, sondern für 50 oder gar 100 Jahre. Deshalb gehören auch alle Förderinstrumente auf den Prüfstand. Das gilt auch für das Eigenheimzulagenge- setz, auch wenn es in diesem Haushalt keinen Nieder- schlag findet. Sie haben die fachliche Diskussion schlicht und einfach verweigert. Es wäre ein schwerwie- gender Fehler, wenn wir dieses Gesetz nicht strukturell veränderten. Wir können es uns nicht mehr leisten, fast 11 Milliarden Euro jährlich nach dem Gießkannenprin- zip zu verteilen. Wir können es uns nicht mehr leisten, das obere Drittel der Einkommensschichten üppig mit staatlichem Geld zu subventionieren. Wir können es uns nicht mehr leisten, die Zersiedelung und das Abwandern in das Umland der großen Städte zu fördern, schon gar Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2693 (A) (C) (B) (D) nicht in den neuen Bundesländern, wo wir ein riesiges Leerstandsproblem haben und gleichzeitig durch die Neubauförderung Fehlentwicklungen in den Städten för- dern, worauf der Bericht der Bauministerkonferenz aus- drücklich hinweist. Gebetsmühlenartig haben Sie immer nur wiederholt, die Struktur der Förderung muss bleiben, wie sie ist, diese Subvention darf nicht gekürzt werden, es muss sogar noch draufgesattelt werden. Aber es gibt auch Lichtblicke. Immerhin schlägt der Freistaat Sachsen vor, in den neuen Bundesländern die Neubauförderung zu halbieren und entsprechend die Förderung des Bestandserwerbs aufzustocken. Das belegt, dass wir mit der Veränderung der Bestands- förderung und der Neubauförderung richtig liegen. Entscheidend ist, dass wir uns grundsätzlich darüber ver- ständigen müssen, welche Ziele wir mit dem Eigenheim- zulagengesetz verfolgen. Ganz entscheidend kommt es auf die Städtebau- und wohnungspolitische Zielsetzung an. Eine der Nachhaltigkeit verpflichtete Städtebau- und Wohnungspolitik muss zu strukturellen Änderungen bei diesem Fördergesetz führen. In dieser Debatte haben Sie in den vergangenen Mo- naten kläglich versagt. Wieder besseres fachliches Wis- sen haben Sie in schlichtem Populismus gemacht. Die Beratungen im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss sind noch einmal eine Chance, die fachlich orientierte Debatte über die Umgestaltung der Eigenheimzulage zu führen. Das schlechteste Ergebnis wäre, wenn es einfach bei der jetzt gültigen Regelung bliebe. Wir hätten eine Chance vertan, unseren Regionen, unseren Städten und Gemeinden zu helfen, neue Entwicklungsperspektiven zu entwickeln und Fehlentwicklungen zu vermeiden, aber auch, einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Mit dem Haushalt 2003 haben wir dazu im Einzel- plan 12 einen Beitrag geleistet. Das muss uns auch bei der Eigenheimzulage beim Baugesetzbuch und anderen wichtigen Gesetzesvorlagen gelingen. Arnold Vaatz (CDU/CSU): Vorgelegt hat uns heute der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- sen und Aufbau Ost seine Vorstellungen zur künftigen Gestaltung der Regierungspolitik. Er hat uns auch über die beabsichtigte Verwendung der Mittel in seinem Ge- schäftsbereich und über die wichtigsten Projekte berich- tet, die sein Ressort zu verantworten hat. Um es gleich vorwegzunehmen: Zufrieden sind wir nicht. Kollege Dirk Fischer hat das bereits in seinen Ausführungen deutlich zum Ausdruck gebracht. Gerade zur Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bun- desländern hätte ich mir von einem Insider, wie Sie es sind, Herr Minister Stolpe, etwas mehr „Drive" und kon- krete Vorschläge zum Abbau des Infrastrukturdefizits gewünscht. Stattdessen kamen nur die altbekannten Po- sitionen und Ankündigungen. Lassen Sie mich nur einige wenige Beispiele für die Halbwertzeit Ihrer Ankündigungen bringen: Bei Ihrer Amtsübernahme haben Sie erklärt, der Osten werde im Bundesverkehrswegeplan einen Schwerpunkt bilden. Der neue BVWP liegt noch nicht vor, aber zwei Transra- pidprojekte in den alten Ländern mit erheblichem finan- ziellem Mehrbedarf sind von Ihnen bewilligt. Übrigens: Dass Sie sich für die Transrapidstrecke Hamburg–Berlin stark gemacht hätten, habe ich nicht vernommen. Aber dies hier nur am Rande. In einem Interview der Zeitung „Freies Wort“ kündig- ten Sie Anfang Januar 2003 an, die ICE-Strecke über Er- furt nach Nürnberg in den nächsten zwei Jahren beson- ders vorantreiben zu wollen. Genau einen Monat später musste Ihre Staatssekretärin Frau Gleicke in der gleichen Zeitung richtig stellen, dass die ICE-Trasse erst 2015 fertig wird, weil für einen schnelleren Abschluss das Geld fehlt. Am 24. Dezember letzten Jahres meldeten „Dresdner Neueste Nachrichten“ und „Leipziger Volkszeitung“ zu dem von der Schließung bedrohten sächsischen Bahn- werk Delitzsch an: „Rechtzeitig zum Fest wartete Ver- kehrsminister Stolpe mit einer guten Nachricht auf. Die Deutsche Bahn AG habe ein Einsehen gehabt und sei nun zur langfristigen Sicherung des Bahnwerkes De- litzsch bereit, teilte Manfred Stolpe mit.“ Am 23. Januar 2003 lief die Meldung über den Ti- cker: „Bahnchef Mehdorn sieht für die von der Schlie- ßung bedrohten sächsischen Bahnbetriebswerke keine Zukunft mehr im Konzern.“ Ich sage hier frei nach Goethe: Der Ankündigungen sind genug gehört, lasst uns von nun an Taten sehen! Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Gutachten, wissenschaftlichen Abhandlungen, selbst Berichte der Bundesregierung über die Situation beim Aufbau Ost. Alle, insbesondere auch das Sachverständigengutachten, besagen: Defizite in der Verkehrsinfrastruktur sind Stand- ortdefizite. Standortdefizite müssen abgebaut werden. Leider leitet die Bundesregierung hier keinen erhöhten Handlungsbedarf für sich ab. Das Gegenteil ist der Fall: Der Kosten-Nutzen-Faktor, mit dem Ihr Haus die Bau- würdigkeit von Straßenbauvorhaben bewertet, wurde zu- ungunsten der neuen Länder verändert. Begonnene Pro- jekte werden nicht schnell genug fertig gestellt, weil Planungskapazitäten fehlen oder Geld gespart werden muss. Bestes – oder besser: schlechtes – Beispiel dafür: Bei der Fertigstellung des Projektes 17 VDE (Ostdeutsches Wasserstraßennetz mit Wasserstraßenkreuz Magdeburg – Investitionsvolumen: 2,3 Milliarden Euro, bis Ende 2002 verbaut: circa 1 Milliarden Euro) wird es zu Verzögerun- gen kommen. Zitat aus einem Papier des BMVBW: „Die Realisierung dieses Vorhabens genießt innerhalb des Wasserstraßennetzes höchste Priorität bei der Zuteilung von Haushaltmitteln. Trotzdem wird sich die Fertigstel- lung der Streckenabschnitte östlich und westlich der Elbe aufgrund der Haushaltkonsolidierung und der feh- lenden Planungskapazitäten verschieben.“ Ich appelliere an Sie, Herr Minister: Sorgen Sie dafür, dass die bestehenden Infrastrukturdefizite in den neuen Bundesländern schnellstmöglich abgebaut werden. Es 2694 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) kann nicht sein, dass die Einsparungen der Bundesregie- rung zur Wachstumsbremse in Ostdeutschland werden. Besonders dringlich ist: Der größte, bisher noch auto- bahnfreie Raum in Deutschland (zwischen A 7 Hanno- ver–Hamburg, A 24 Hamburg–Berlin, A 10 Berliner Ring und A 2 Berlin–Hannover muss durch den Bau der A 14 schnellstmöglich erschlossen werden. Dabei muss die Finanzierung auf eine solide Basis gestellt werden und darf sich nicht zum Nachteil für andere Infrastruk- turprojekte in Sachsen-Anhalt auswirken. Eine wichtige Ost-West-Achse ist die A 16 von Leipzig nach Cottbus. Dem Vernehmen nach sollen statt dieser Autobahn zwei Bundesstraßen ausgebaut werden. Ich gebe hier zu be- denken: In den neuen Ländern sind die Wachstumskerne noch in der Entwicklung, die künftigen Verkehrsströme können gegenwärtig nur geschätzt werden. Die Planun- gen müssen aber diese Veränderungen berücksichtigen. Auch die Anbindung der regionalen Infrastruktur an die neuen Autobahnen muss gesichert sein. Die Zubrin- ger müssen in einen guten Zustand versetzt und, wenn nötig, neu gebaut werden. Besonders wichtig sind: Bau der B 178; die die Euroregion Neiße mit der A 4 von Gör- litz nach Dresden verbinden soll; Bau des Autobahnzu- bringers von Leipzig über die B 181 zur A 9 und Zubrin- ger vom thüringischen Altenburg über die B 7 zur A 72 Zubringer zur A 17 als Südumfahrung von Pirna. Überhaupt ist das Thema Finanzierung brisanter, als man ahnen könnte. Die Gesamtkosten für den Bau der A-38 Göttingen–Halle wurde auf circa 1,4 Milliarden Euro veranschlagt. Bis Ende 2002 wurden etwa 0,5 Milliarden Euro verbaut, die Streckenabschnitte in Sachsen-Anhalt und Thüringen sollen aber bis 2005 fer- tig gestellt werden. Auch bei VDE Nr. 9 (Schiene) Leipzig–Dresden und beim eingangs geschilderten VDE 8 (Schiene) Nürn- berg–Erfurt–Halle/Leipzig ist zu beobachten, dass bisher nur Teilsummen verbaut worden sind. Häufigste Gründe: fehlende Planungskapazitäten, spärlich fließende Gelder. Schon im Gemeinschaftsgutachten 1999/2000 der Forschungsinstitute über den infrastrukturellen Nachhol- bedarf in den neuen Bundesländern wurde festgestellt, dass die Defizite in der ostdeutschen Verkehrsinfrastruk- tur die Produktivität der ostdeutschen Betriebe um circa 20 Prozent drücken (Erbringen von Leistungen dauert länger und ist aufwändiger und teurer). Herr Minister Stolpe, die neuen Bundesländer brauchen dringend eine bessere und schneller machende Verkehrsinfrastruktur. Und die Bauwirtschaft in den neuen Ländern braucht Aufträge und Arbeit. Bringen Sie beides zusammen und schaffen Sie in Ostdeutschland Wachstum durch Abbau der Infrastrukturdefizite! Eine Stärkung der Investitionstätigkeit bringt Impulse zum Ankurbeln der wirtschaftlichen Dynamik. Machen Sie das Bauen schneller, indem Sie für die neuen Länder Öffnungsklauseln im bundesdeutschen Regelungs- dickicht zulassen. Deregulierung verbessert die Wachstums- bedingungen. Nicht zu verantworten ist der völlige Stopp aller Ar- beiten an den Wasserstraßen von Elbe und Saale. Gerade Wasserstraßen sind ein sehr umweltfreundlicher Trans- portweg, der bei intelligenter und behutsamer Nutzung die Belastung der Straßen durchaus mildern kann. Auch für die EU-Osterweiterung ist die Verkehrsin- frastruktur noch fit zu machen. Zwar gibt es recht unter- schiedliche Schätzungen zu den erwarteten Verkehrs- strömen (Gütertransporte und Personenverkehre); das ist jedoch kein Grund, abzuwarten und nichts zu tun. Das einzige grenzüberschreitende Projekt Richtung Osteuropa ist bislang die A 17. Darüber hinaus gibt es einige Projekte, die bis zur Staatsgrenze gebaut werden. Wie es hinter der Staatsgrenze weitergeht, bleibt vielfach aber offen. Hier ist die Bundesregierung aufgefordert, bei den Beitrittskandidaten klar zu machen, dass nicht nur die von ihnen geplanten Verkehrsachsen in Nord- Süd-Richtung, sondern auch in Ost-West- bzw. West- Ost-Richtung gebraucht werden. Das ist absolut notwen- dig, soll die EU-Osterweiterung gelingen. Auch die kommunale Infrastruktur weist noch immer erhebliche Lücken auf. Das Sachverständigengutachten weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Rückstände Ur- sache für Wachstumsschwächen sind. Auch hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Sie sollten sich daher als zuständiger Minister für den Aufbau Ost auch dafür einsetzen, dass die Gemein- schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt- schaftsstruktur“ erhalten und weiterentwickelt wird. Für viele Kommunen ist sie ein unverzichtbares Förder- instrument. Herr Minister Stolpe, die Bundesregierung ist zum Handeln gewählt. Ich erwarte, dass Sie die Ankündigun- gen in punkto Aufbau Ost künftig erfüllen. Das sind Sie den Wählern in den neuen Ländern schuldig. Das sind Sie auch den Menschen in den alten Ländern schuldig, die erwarten, dass es im Osten endlich zu ei- nem sich selbst tragenden Aufschwung kommt. Gunter Weißgerber (SPD): Der Einzelplan 12 ist mit seinen rund 26 Milliarden Euro Ausgabevolumen der drittgrößte Einzeletat im Bundeshaushalt. Gleichzei- tig ist der Einzelplan 12 der Investitionshaushalt an sich. Nahezu 50 Prozent der Bundesinvestitionen kommen aus dem Verkehrs- und Bauressort. In Zahlen sind das rund 11,5 Milliarden Euro für den Verkehrsbereich – zum Bereich Bau- und Wohnungswesen wird mein Kollege Uwe Göllner berichten. Natürlich gestaltete sich die Einzelplanberatung schwierig, mitunter sogar schmerzhaft. Aus der globalen Minderausgabe ergab sich für uns Haushälter die Auf- gabe, allein in diesem Einzelplan 151 Millionen Euro einzusparen. Leider ging das nicht ganz ohne die Bean- spruchung von Investitionstiteln ab. Das zur Erklärung der Schmerzen. Die Opposition sollte sich an dieser Stelle ehrlicher- weise zurückhalten. Wer 16 Jahre bedenkenlos auf Ver- schuldung des Bundeshaushaltes fuhr, der ist in der Pflicht, die notwendige Konsolidierung mitzutragen. Und kommen Sie nicht mit dem Märchen der Schulden- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2695 (A) (C) (B) (D) freiheit bei gleichzeitigen Steuersenkungen in den 80er- Jahren. Die sozialliberale Koalition hinterließ 1982 300 Milliarden DM Bundesschulden. 1989, vor der deut- schen Einheit belief sich die Bundesschuld bei Kohl und Waigel bereits auf 600 Milliarden DM. Das war also eine Verdopplung der Schulden in kürzester Zeit! Nach 1990 kamen dann großenteils einheitsbedingt weitere 900 Milliarden DM Schulden hinzu. So geht das aber nicht weiter. Selbst die Opposition, wäre Sie jetzt in Verantwortung, könnte die Bürger nicht mehr zulasten des Staates scheinentlasten. Denn in Wahr- heit haben Sie die Bürger damals nicht wirklich entlastet. Unter der Schuldenlast der öffentlichen Hand leiden seit- dem alle, auch die zuvor steuerlich Begünstigten. Allen fehlen die notwendigen Investitionen und wirtschaftsför- dernden Maßnahmen. Auch Ihnen, der jetzigen Opposi- tion, würde Brüssel heute in die Parade fahren. Auch Sie müssten konsolidieren und Schuldenabbau betreiben und bis 2006 ganz auf neue Schulden verzichten. Also tragen Sie die Aufgabe der Konsolidierung ehrlich mit uns, und dann haben wir auch gemeinsam die Chance, Deutsch- land auf einen besseren Weg zu bringen. Der Karren war 1998 schon im Morast. Das Herausziehen braucht seine Zeit. Machen Sie mit. An den Schwerpunkten im Verkehrshaushalt hat sich über die letzten Jahre nichts geändert. Die größten Bro- cken sind und bleiben die Ausgaben für die Bahn mit rund 10,6 Milliarden Euro, davon für die Investitionen in die Eisenbahnen des Bundes 4,4 Milliarden Euro, in die Bundesfernstraßen rund 5,5 Milliarden Euro davon 4,6 Milliarden Euro für Investitionen, in die Verbesse- rung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden rund 1,7 Milliarden Euro und in die Bundeswasserstraßen rund 1,5 Milliarden Euro (davon rund 700 Millionen Euro für Investitionen). Hinzu kommt mittelfristig, so- weit die Planfeststellungsverfahren in NRW und Bayern die Berechtigung geben, die Finanzierung der beiden ak- tuell in der Diskussion stehenden Transrapidstrecken. Zu einigen Schwerpunkten im Einzelnen: Erstens die Mittel für die Bahn. Wie bereits gesagt, werden 10,6 Milliarden Euro insgesamt und davon 4,4 Milliarden Euro für Investitionen bereitgestellt. Das sind gewaltige Anstrengungen. Dafür wollen wir natür- lich von der Bahn auch Gegenleistungen. Erstens warten wir auf die zugesagten schwarzen Zahlen der nächsten Jahre. Zweitens wollen wir Zugverspätungen, schlechten Service und die jetzigen Mängel des neuen Preissystems nur noch rückblickend diskutieren. Das alles muss schnell der Vergangenheit angehören. Drittens muss die Bahn, mindestens solange sie noch die Hand zum Bund hin aufhalten darf – und das wird bei Schienenwegein- vestitionen noch viele Jahre laufen müssen –, strukturpo- litische Hausaufgaben machen. Es kann nicht sein, dass ein einziges Bundesland so- zusagen stellvertretend für andere Bundesländer seine Bahnwerke flächendeckend einbüßt. Herrn Mehdorn kann ich nur sagen, da gibt es noch viel zu klären. Sich die Musik bezahlen lassen und die Titelfolge allein be- stimmen, läuft nicht. Was so auch nicht mehr laufen kann, ist der jährlich zu erwartende Ausgaberest bei den Mitteln für die Bahn. Wir sehen die Verbesserung der Situation, Noch 2001 stand ein mehrfacher Restbetrag der letztjährigen 150 Millionen Euro zu Buche. Doch auch die 150 Millionen Euro von 2002 hätten verbaut werden müssen, und sei es bei der Straße. Zweitens, die Mittel für die Straße belaufen sich auf 5,5 Milliarden Euro insgesamt. Auch das ist eine große und stetige Anstrengung, die Anerkennung verdient. Ziehen wir die nichtinvestiven Ausgaben ab, so investie- ren wir in diesem Jahr 4,6 Milliarden Euro in die Straße, davon 2,7 Milliarden Euro in die „Oststraßen“: Verkehrsprojekte deutsche Einheit, Erhaltungs- und Erweiterungsbauten, Ortsumgehungen usw. Das sind 60 Prozent der Straßeninvestmittel für Ostdeutschland. Betrachte ich Schiene und Straße gemeinsam, so bitte ich meine Grünen-Kollegin Eichstätt um Verständnis, dass ich es bedauere, dass wir uns nicht auf die gegensei- tige Deckungsfähigkeit von Schienen- und Straßentiteln verständigen konnten. Die eine – die Bahn – lässt Geld liegen und die anderen können nicht investieren. Das schmerzt mich. Wo investiert wird, da wird gearbeitet und findet Wertschöpfung sowie Zukunftssicherung statt. Vielleicht kommen wir da in den nächsten Jahren etwas besser zueinander. Wir steigern ja auch den Rad- wegebau in gemeinsamer Anstrengung. Dritter Schwerpunkt sind die Bundeswasserstraßen. Verkehr und Wasserstraßen – gehören weiterhin zusam- men; auch nach der Flut des letzten Jahres. Doch müssen wir sorgfältiger als bisher mit den Wasserstraßen und den ökologischen Erfordernissen umgehen: Wasser- strassen ja, Flutwellenbegünstigung nein. Der Prüfstand für alle Projekte ist richtig, zum Prellbock muss er dort werden, wo andere Mittel, Wege und Verfahren objektiv nicht greifen. Vierter Schwerpunkt der Transrapid. Der Fortschritt ist eine Schnecke, besonders auf dem ideologisch ver- minten Verkehrsgelände in Deutschland. Viele Argu- mente, die bereits vor ein, zwei Jahrzehnten gegen den ICE-Ausbau verschlissen wurden, werden seit Jahren ge- gen den Transrapid in Stellung gebracht. Etwas mehr Gelassenheit auch in diesen Dingen stünde uns allen bes- ser an. Dabei haben wir doch alle nach der deutschen Einheit eine Riesenchance verpasst. Wir hätten Deutsch- land statt mit dem ebenfalls sehr teuren ICE – ein über 150 Jahre altes Rad-Schiene-System – mit einem welt- weit höchst innovativen Magnetschwebebahnsystem verkehrstechnisch modern gestalten können. Das haben wir leider alle miteinander verpasst und können nun an- deren Ländern hinterher hecheln, obwohl die Innovation ein Kind unserer Wirtschaft ist. Doch wie gesagt, die Schnecke Fortschritt gibt es und sie lebt, wenn auch auf kleinen Strecken. Im Bundes- haushalt 2003 wird erstmals Geld für eine Transrapidin- vestition fließen. 80 Millionen Euro haben wir für das Metrorapidprojekt in NRW eingestellt. Mit Bayern und seinem Transrapid zum Flughafen Erding wird aufgrund des unterschiedlichen Vorlaufs im nächsten Haushalt ein Gleiches passieren, wenn auch in Anbetracht der halben 2696 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) Investitionsgröße lediglich ein Betrag von 40 Millionen Euro. Jetzt liegt es an NRW und Bayern, wie es mit die- ser Technologie weitergeht. Wir stehen zu unserem Wort. Sind die Projekte wirtschaftlich vertretbar, dann werden sie auch gebaut. Allerdings kennen wir die Wirtschaftlichkeit erst, wenn die Planfeststellungen, die wir jetzt bezahlen, dies nachweisen. Also liebe Nordrhein-Westfalen und Bay- ern, der Ball liegt in eurer Spielhäfte. Fünfter Schwerpunkt, die Autobahnmaut. Die Rich- tung stimmt. Alle, die auf unseren Autobahnen nach, in und durch Deutschland fahren, müssen ihren Anteil an den Verkehrsinvestitionen tragen. Die Transporteure, die in Deutschland ihre KFZ-Steuer entrichten, müssen in Deutschland im Gegenzug entlastet werden. Das leisten wir, auch wenn noch immer manches Problem zu klären ist. Reicht die Entlastung? Ist sie in Brüssel akzeptiert? Müssen wir nochmals nachsteuern? Diese Fragen sind wichtig, liegen aber unterhalb der grundsätzlichen Fra- gestellung. Wir wollen die Maut und wollen damit un- sere Verkehrswege verbessern. Diese Grundsatzentschei- dung ist gefallen. Letzte Bemerkung zum Luftverkehr aus Sicht eines Regionalpolitikers: Berlin müht sich seit dem Ende des letzten Jahrtausends um einen neuen Großflughafen. Noch immer erfolglos. Geld hat das natürlich auch schon jede Menge gekostet und wird es noch kosten. Dabei ha- ben die Berliner ihren Großflughafen von Leipzig/Halle. Von Hongkong aus betrachtet, ist Leipzig ein Vorort von Berlin, der ICE Leipzig-Berlin demzufolge mit seinen 45 Minuten Reisezeit die Berliner Vorortbahn. Mit dem Transrapid wären es sogar nur 34 Minuten von Berlin zum Flughafen Leipzig/Halle. Liebe Berliner, denkt bitte mal darüber nach. Volks- wirtschaftlich würde es Sinn machen. Volkswirtschaft- lich macht es jedenfalls keinen Sinn, mit einem neuen milliardenschweren Großflughafen die bereits hervorra- gend funktionierenden Airports in Leipzig und Dresden zu Industriebrachen verkommen zu lassen. Die alte west- deutsche Überflussgesellschaft hat so etwas bedenkenlos getan. Die vereinigte, hochverschuldete Bundesrepublik Deutschland ist dazu nicht mehr in der Lage. Außerdem besitzt der Leipziger Flughafen die 24-Stunden-Flugge- nehmigung, die Schönefeld nie zugestanden wird. Was bleibt, ist der Dank an die Berichterstatter des Einzelplanes 12 sowie an den Minister und seine Mitar- beiter. Wir haben an der Sache entlang engagiert gear- beitet. Unser Ergebnis kann sich sehen lassen. Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Der rot-grü- nen Bundesregierung wird es recht sein, dass der Einzel- plan 12 aufgrund aktueller Ereignisse zu nachtschlafen- der Zeit behandelt wird. Seiner Bedeutung wird eine „Mondscheindebatte“ aber in keiner Weise gerecht! Es handelt sich um den drittgrößten Einzeletat und den größten Investitionshaushalt. Etwa die Hälfte aller Inves- titionen des Bundes werden aus diesem Haushalt geleis- tet. Trotz der späten Stunde ist das rot-grüne Versagen in der Verkehrspolitik aber nicht zu kaschieren: Erstens. Bedarfsgerechte Etatansätze für Ausbau und Unterhalt der Infrastruktur fehlen. Die in den Haushalts- entwurf eingestellten Investitionen in den Bundesfern- straßenbau sind völlig unzureichend. Schon heute ist der Substanzverzehr durch unterlassene Investitionen beim Verkehrsträger Straße größer als der Zuwachs durch In- vestitionen. Deshalb müssen die Einnahmen aus der stre- ckenbezogenen LKW-Maut nach Abzug der Systemkos- ten wieder vollständig zur Verbesserung der Straßen- verkehrsinfrastruktur reinvestiert werden. Die Bedarfs- planmaßnahmen „Bundesautobahnen“ müssen von 1,31277 Milliarden Euro auf 1,67277 Milliarden Euro um 360 Millionen Euro und die Bedarfsplanmaßnahmen „Bundesstraßen“ von 476,006 Millionen Euro auf 758,506 Millionen Euro um 282,5 Millionen Euro erhöht werden. Zudem müssen die Lärmsanierungsmaßnahmen an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bun- des durch eine Erhöhung der Verpflichtungsermächti- gung von 60 Millionen Euro um 93,39 Millionen Euro auf 153,39 Millionen Euro verstärkt werden, und zwar verteilt auf die Jahre 2004, 2005 und 2006 mit jeweils 51,13 Millionen Euro. Zweitens. Wo bleibt der seit Ende 1998 angekündigte neue Bundesverkehrswegeplan mit den dazugehörigen Ausbaugesetzen für die verschiedenen Verkehrsträger, um den gegenwärtigen gesetzlosen Zustand zu beenden, um die Verteilungsgerechtigkeit der Investitionsmittel nach Länderquoten wiederherzustellen und um den Län- dern Planungssicherheit zu geben? Drittens. Die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ kommen nur schleppend voran. Der Osten braucht aber eine zügige Planung und Finanzierung sowie die zeit- nahe Realisierung der für die neuen Bundesländer so wichtigen Verkehrsprojekte. Viertens. Rot-Grün vernichtet das deutsche LKW-Ge- werbe. Unsere überwiegend mittelständischen Trans- portunternehmen brauchen nämlich dringend einen Stopp der immer höheren fiskalischen Belastungen, eine Harmonisierung der EU-Wettbewerbsbedingungen so- wie schützende Übergangsregelungen bei der EU-Oster- weiterung. Fünftens. Der Luftverkehr wird stranguliert, mal durch Eichel mit der Mehrwertsteuer, mal durch Trittin mit überzogenen Vorstellungen für das Fluglärmschutz- gesetz. Es wäre auch verwunderlich, wenn Rot-Grün ei- nen Verkehrszweig ungeschoren davonkommen ließe! Sechstens. Inzwischen blockiert die Regierung Schröder auch die konsequente Durchführung der Bahnreform. Dadurch wird mehr Wettbewerb im Schienenverkehr verhindert und somit auch dort nicht mehr Verkehr abge- wickelt. Die EU-Vorgaben, den Schienenverkehrsbetrieb Institutionell von der Infrastruktur zu trennen oder aber zumindest auf eine neutrale Stelle zu überführen, sind bis heute nicht umgesetzt worden. Für das Ziel „Wettbe- werb“ ist dies kein befriedigendes Ergebnis. Die DB AG ist faktisch Monopolist im Schienenverkehrsmarkt mit Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2697 (A) (C) (B) (D) Marktanteilen im Personenfernverkehr von 99,5 Prozent, im Personennahverkehr von 91,5 Prozent und im Güter- verkehr von 97,2 Prozent. Die Anteile des Schienenpersonenverkehrs am Ge- samtverkehrsmarkt sind um nur 1 Prozent von 7 Prozent auf 8 Prozent zwischen 1994 und 2001 gestiegen. Im Schienengüterverkehr haben sich die Verhältnisse in die- sem Zeitraum sogar von 17 Prozent auf 14 Prozent ver- schlechtert. Im Gegensatz dazu ist der Anteil des Güter- verkehrs auf der Straße von 65 Prozent im Jahre 1994 auf 69 Prozent im Jahre 2001 angestiegen. Heißt das etwa „Mehr Güter auf die Schiene!“? Seit Beginn der Bahnreform sind dem Verkehrsträger Schiene 178 Milliarden Euro an Bundesmitteln zugeflos- sen. Ende 1993 wurden die Altschulden des Unterneh- mens in einer Gesamthöhe von 34 Milliarden Euro auf den Bundeshaushalt übernommen. Mit der zwischenzeit- lich bei der DB AG wieder aufgelaufenen Neuverschul- dung von ca. 18,2 Milliarden Euro beläuft sich die Ge- samtbelastung des Bundes auf deutlich mehr als 196 Mil- liarden Euro bis Ende 2001. Für das Jahr 2002 wird zu- dem ein Verlust von rund 500 Milliarden Euro erwartet. Gescheitert ist auch die Wohnungsbaupolitik der rot- grünen Bundesregierung: Wohnungsbaupolitik gestaltet nicht Minister Stolpe, Wohnungsbaupolitik diktiert Mi- nister Eichel. Das so genannte Steuervergünstigungsab- baugesetz ist ausschließlich fiskalpolitischen Überlegun- gen entsprungen. Rot-Grün fährt seit über vier Jahren auf einem Zickzackkurs: Die Bestandserneuerung wird angeblich gestärkt, aber der Vorkostenabzug als zentra- les Förderinstrument für Sanierung und Modernisierung bei der Eigenheimförderung wird abgeschafft. Die „sozi- ale Stadt“ wird großspurig propagiert, der soziale Woh- nungsbau wird aber auf das gesetzliche Minimum redu- ziert. Die Wohngeldleistungen gehen zwar rauf, aber auf Kosten der „Häuslebauer“. Als rot-grüne Grausamkeiten sind dabei zu nennen: die Einschränkung der Verlustver- rechnung, vermieterfeindliche Regelungen bei der Miet- rechtsreform, wettbewerbsverzerrende Regelungen für die Immobilienbranche bei der Förderung der privaten Altersvorsorge und die Kürzung der Einkommensgren- zen im Eigenheimzulagengesetz um ein Drittel. Energiesparkreditprogramme werden aufgelegt, den Investoren aber über die Ökosteuer das Geld aus der Ta- sche gezogen und das Programm „Stadtumbau Ost“ wird durch Überregulierung und Einsparungen bei der Städte- bauforderung und „Wirtschaftsförderung Ost“ zur Wir- kungslosigkeit verdammt. Wenigstens in diesem Punkt können Sie, meine Damen und Herren Koalitionäre, heute gegensteuern: Stimmen Sie dem vorliegenden Änderungsantrag der CDU/CSU- Bundestagsfraktion zu! Erhöhen Sie mit uns gemeinsam die Investitionen für städtebauliche Maßnahmen! Da- durch lässt sich ein hohes gesamtwirtschaftliches Investi- tionsvolumen auslösen, mit positiven Impulsen für Bau- handwerk und Beschäftigung. Von 1999 bis Ende 2001 hat die Bauwirtschaft bereits über 200 000 Arbeitsplätze abgebaut. Im Jahre 2002 sind im Bauhauptgewerbe nochmals gut 75 000 Arbeitsplätze laut Aussage vom Hauptverband der Bauindustrie ver- nichtet worden. Solange das Damoklesschwert „Steuer- vergünstigungsabbaugesetz“ noch schwebt, bleiben die Aussichten trübe: Die Bundesregierung selbst prognosti- ziert minus 1 Prozent bei den realen Bauinvestitionen, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes sogar minus 2 Prozenz und den Abbau von weiteren 60 000 Ar- beitsplätzen in der Bauwirtschaft zuzüglich 50 000 auf- grund von Einschnitten bei der Eigenheimzulage. Die Liste der Baustellen im Verkehrs- und Baubereich ist lang. Es gibt viel zu tun, fangen Sie an! Norbert Barthle (CDU/CSU): Aller guten Dinge sind drei, also auf eine Neues: Im Einzelplan 12, den wir abschließend beraten, stellt der Bereich Wohnungswesen und Städtebau nur ein ein- ziges Kapitel dar, das Kap. 1225. Die Gesamtausgaben betragen 2003 insgesamt 4,986 Milliarden Euro und da- mit 391 Millionen Euro mehr als 2002. Schaut man je- doch auf den Gesamtetat von etwas über 26 Milliarden Euro, so wird deutlich, dass sich hinter diesem einen Ka- pitel fast ein Fünftel des Haushalts des BMVBW ver- birgt. Aufgrund seines großen Anteils an Zuschüssen und Investitionen ist dieser Bereich für die wirtschaftli- che Entwicklung unseres Landes von großer Bedeutung. Ich betone das deshalb, weil ich hoffe, dass Minister Stolpe sich in Zukunft eben auch als Städte- und Woh- nungsbauminister für ganz Deutschland versteht. Ich biete ihm jedenfalls die konstruktive Zusammenarbeit der CDU/CSU-Fraktion an, wenn es darum geht, im Be- reich des Wohnunqs- und Städtebaus zukunftsfähige Po- litik zu machen. Wenn ich die Beratungen zum Einzelplan 12 in die- sem Zusammenhang Revue passieren lasse, scheint un- sere Unterstützung notwendig zu sein. Es war eine ge- wisse Mut- und Konzeptlosigkeit bei den Vertretern der Regierungsfraktionen nicht zu übersehen, die sich auch in den im Vergleich zu 2002 verringerten Investitionen niederschlägt. Wie ist die Situation, vor allem in den westdeutschen Ballungszentren? Schaut man in Berichte aus den Kom- munen, so ist die Lage häufig dramatisch zu nennen. Die Wohnungsengpässe nehmen zu, die Mieten steigen, für viele Mieterinnen und Mieter gibt es in manchen Groß- städten keinen bezahlbaren Wohnraum mehr, ihnen bleibt als Reaktion nur noch der Wegzug ins Umland. Im letzten Jahr hatte die Bundesregierung die Anre- gungen der Union aufgegriffen und im Bereich der sozi- alen Wohnraumförderung das so genannte „Metropolen- programm“ aufgelegt und mit 70 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet. Diesen Schritt in die richtige Richtung haben wir begrüßt und unterstützt. Inzwischen hat sich die Lage in den Ballungsräumen weiter verschärft, die von mir bereits beschriebenen Pro- bleme haben zugenommen. Was würde eine voraus- schauende und kluge Bundesregierung tun? Sie würde das Metropolenprogramm verstetigen und die Mittelaus- 2698 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) stattung gegebenenfalls verbessern. Was macht Rot- Grün? Herr Stolpe überraschte uns mit dem Vorschlag, die Mitte für die soziale Wohnraumförderung wieder auf das bisherige Minimum von insgesamt 230 Millionen Büro zu reduzieren. Mit langfristig angelegter Politik hat das nichts zu tun. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Fraktion bei den Haushaltsberatungen gefordert, das Metropolenpro- gramm auch in 2003 fortzusetzen und maßvoll aufzusto- cken. Mit insgesamt 100 Millionen Euro – 70 Millionen in den alten und 30 Millionen in den neuen Ländern – hätten deutliche Schritte zum Abbau der Probleme ange- gangen werden können. Leider wurden unsere Anträge abgelehnt. Dennoch begrüße ich Ihre Entscheidung, diese Titel statt um 70 Millionen nur um 20 Millionen Euro zu kürzen. 50 Millionen mehr als in Ihrem Haus- haltsentwurf vorgesehen sind für die Ballungszentren eine gute Botschaft und das ist auch ein Erfolg unseres Einsatzes. Doch die soziale Wohnraumförderung ist ja nicht alles: Meiner Fraktion kommt es zudem darauf an, ange- sichts der überragenden Bedeutung der Investitionen im Bereich des Städtebau- und Wohnungswesens deutliche und spürbare Verbesserungen zu erreichen. Deshalb ha- ben wir gefordert, die Titelgruppe 01, Förderung des Städtebaus, insgesamt um 375 Millionen Euro aufzusto- cken, 200 Millionen Euro für die alten und 175 Millio- nen Euro für die neuen Bundesländer. Mit unseren Vorschlägen, die Sie im Auschuss abge- lehnt haben, wollten wir „die konjunkturelle Entwicklung insbesondere der örtlichen Bauwirtschaft unterstützen und damit zur Stabilisierung des Bausektors beitragen. Dies ist an- gesichts der fragilen konjunkturellen Situation wichtig, denn Maßnahmen im Baubereich sind er- fahrungsgemäß immer mit größeren unmittel- und mittelbaren Beschäftigungs-, Einkommens- und da- mit auch Wachstumswirkungen verbunden." Die letzten beiden Sätze waren wörtliche Zitate aus der Tischvorlage des Bundesfinanzministeriums zur ges- trigen Haushaltsausschusssitzung, Thema: Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und Modernisierungsmaß- nahmen im Wohnungsbestand durch zinsgünstige Darle- hen! Die Bundesregierung sieht also endlich ein, daß der Multiplikatoreffekt jedes einzelnen investierten Euro zu vielfachen zusätzlichen Investitionen im unmittelbaren und mittelbaren Baubereich führt. Nur: Das richtige Ziel erkennen heißt bei Rot-Grün nicht, dass auch der rich- tige Weg zu diesem Ziel eingeschlagen wird. Um es ganz deutlich zu sagen: Ihr jetziger Weg mit dem Wohnraum- Modernisierungsprogramm 2003/2004 ist falsch. Aus meiner Sicht wird ein kreditfinanziertes Strohfeuer ange- facht, das nicht alle Wirkungen erzielen wird, die Sie sich erhoffen. Auf der anderen Seite will die rot-grüne Bundesregierung mit dem so genannten Steuervergünsti- gungsabbaugesetz die Belastung der Immobilienwirt- schaft drastisch erhöhen. Das geht nicht zusammen, das ist ein Zickzackkurs, der von niemandem in Deutschland mehr verstanden wird. Ich bin froh, dass die CDU-Mi- nisterpräsidenten im Bundesrat dieses Mittelstandsab- baugesetz gestoppt haben! Ein weiterer Kritikpunkt, der die Unverständlichkeit der Kanzlerpläne belegt, ist folgender: Sie begründen die Abbaupläne bei der Eigenheimzulage vor allem damit, dass Sie soziale Mitnahmeeffekte vermeiden wollen – obwohl es dort eine Einkommensgrenze gibt. Jetzt legen Sie ein Programm auf, das Mitnahmeeffekten in keiner Weise vorbeugt oder sie verhindert. Fragwürdig ist auch, dass Sie in dem einen Fall den Eigentumserwerb der Bürger erschweren wollen, wäh- rend in dem anderen Fall, eben diesem Modernisierungs- und Sanierungsprogramm, dem, der Immobilienvermö- gen bereits besitzt, hilfreich unter die Arme gegriffen wird. Ich habe aus den Zeiten unserer Regierungsverant- wortung noch Ihre Umverteilungssprüche im Ohr, die ja derzeit zum Beispiel ein Herr Bsirske wieder aufwärmt, diesmal aber Sie meint. Dieses Programm betreibt doch ebenfalls Umverteilung von unten nach oben, finden Sie nicht? Schließlich sehe ich bei Ihrem Programm auch die Gefahr, dass vor allem kommunale und genossenschaft- liche Wohnungsbestände den warmen Geldsegen abbe- kommen. Die übergroße Mehrheit der Wohnungen in Deutschland wird aber von privaten Eigentümern be- wirtschaftet – und die dürfen nicht leer ausgehen. Oder sollte es etwa so sein, dass Ihnen die privaten Woh- nungseigentümer weniger am Herzen liegen als die ge- nossenschaftlichen? An die eigentlichen Ursachen der Probleme gehen Sie ohnehin nicht heran: Der Grund für die fehlende Bereit- schaft, in Immobilien zu investieren bzw. Wohnungsbe- stände zu sanieren, sind nicht zu hohe Zinsen; denn die Darlehens- und Hypothekenzinsen sind seit Monaten auf einem historisch niedrigen Niveau. Wenn trotzdem nicht oder nur wenig investiert wird, liegt das vor allem an den steuerlichen Rahmenbedingungen. Wer Wertzuwächse von Immobilien mit der geplanten Pauschalsteuer stärker besteuern will und die Altbausanierung mit den alten Re- geln zum anschaffungsnahen Aufwand behindert, sorgt selbst für die Zurückhaltung der Investoren. Hier liegen – unabhängig von diesem Haushalt – die wahren Ursa- chen für die schleppende Baukonjunktur. Hier müssen Sie was tun, da helfen keine Strohfeuer-Programme. Noch ein Wort zum Thema Wohngeld. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten Sie aus dem zu niedrigen Mittelansatz in 2002 gelernt, die Erhöhung um 550 Mil- lionen DM erscheint mehr als ausreichend. Zieht man jedoch die 409 Millionen Euro ab, die Sie von den Wohngeldausgaben der Länder als Ausgleich für das Grundsicherungsgesetz im Alter übernehmen, bleibt nur noch eine Erhöhung von 141 Millionen Euro übrig. Ob dies den sich im Verhältnis zu 2002 weiter verschlechter- ten Konjunkturdaten gerecht wird, die mit einem erhöh- ten Berechtigtenkreis korrespondieren, bezweifle ich. Auch in diesem Jahr werden wir wieder mit überplanmä- ßigen Ausgaben in diesem Bereich zu rechnen haben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 2699 (A) (C) (B) (D) Alles in allem gibt das Wohnungs- und Städtebau- kapitel im Einzelplan 12 zu keinen Hoffnungen auf Bes- serung der Lage Anlass. Daher ist Ihnen unsere Ableh- nung gewiss. Dr. Manfred Stolpe, Bundesminister für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen: Die Infrastruktur ist unser stärkster Entwicklungshebel in Ost und West. Daher ist sie auch ein klarer Schwerpunkt der Investitionspolitik der Bundesregierung. Der Einzelplan 12 hat ein Volumen von über 26 Milliarden Euro, davon sind mehr als die Hälfte In- vestitionen. Solch ein Niveau hatten wir bislang noch nicht. 11,5 Milliarden Euro investieren wir in das Ver- kehrssystem. Das ist die Fortführung der Rekordinvesti- tionen des Vorjahres; 1,7 Milliarden Euro setzen wir für Wohnungs- und Städtebau ein und 7 Milliarden Euro wenden wir mit dem Fonds „Aufbauhilfe“ auf für die Beseitigung von Flutschäden in den Kommunen, bei Un- ternehmen und an Privatgebäuden, fast 1 Milliarden Euro davon für die Infrastruktur des Bundes. Politik für eine leistungsfähige Infrastruktur – das ist aktive Wirtschaftspolitik, sie stärkt den Wirtschafts- standort Deutschland und sichert die Zukunft unseres Landes. In der letzten Verkehrsdebatte an dieser Stelle, am 20. Februar, habe ich noch vorsichtig zugesagt, dass wir den Entwurf des neuen BVWP im ersten Halbjahr vorle- gen. Ich kann Ihnen sagen: Den Entwurf des Bundesver- kehrswegeplans 2003 werden wir Ende dieser Woche in die Ressortabstimmung geben. Gleichzeitig versenden wir ihn an die Länder. Die Fraktionen des Deutschen Bundestags bekommen ebenfalls den Entwurf. Mit dem Plan stellen wir aktuelle und belastbare In- formationen über die Perspektiven der deutschen Ver- kehrsinfrastruktur zur Verfügung. Denn wir haben sorg- fältig den Infrastrukturbedarf bis 2015 analysiert. Konkrete Angaben zu Einzelmaßnahmen und Länder- quoten werde ich heute nicht machen. Denn wir wollen ja zunächst noch in den Abstimmungsprozess mit den Ländern. Letztlich werden wir darüber im parlamentari- schen Verfahren beschließen. Dass ich über Einzelheiten gesprächsbereit bin, habe ich Ihnen bereits zugesichert. Aber mir ist wichtig, ei- nige Grundlinien zu erläutern. Denn wir dürfen bei allem verständlichen Für und Wider im Kleinen auf keinen Fall aus dem Blick verlie- ren, was wir mit dem Bundesverkehrswegeplan wollen: unser Land nach vorne bringen, Infrastruktur erhalten und modernisieren und die Mobilitätsadern am Pulsieren halten. Konkret geben wir damit Antwort auf die Herausfor- derungen der Zukunft wie der Osterweiterung der EU und der Globalisierung der Wirtschaft. Für mich persönlich ist ganz wichtig, dass weiterhin gilt: „Aufbau Ost und Ausbau West“ sind untrennbar miteinander verbunden. Wir können unser Land nur ge- meinsam vorwärts bringen. Ein wichtiger Bestandteil des BVWP 2003 werden die Eckpunkte für ein Zukunftsprogramm Mobilität sein, das das Bundeskabinett im März vergangenen Jahres be- schlossen hat. Ich möchte sie erneut kurz aufzählen: erstens. Beseiti- gung von Verkehrsengpässen: Unter anderem werden alle Maßnahmen des Anti-Stau-Programms ebenso wie die Betreibermodelle für den sechsstreifigen Autobahn- ausbau im vordringlichen Bedarf sein; zweitens. Ver- kehrsentlastung und Steigerung der Lebensqualität in Städten und Gemeinden durch den verstärkten Bau von Ortsumgehungen; drittens. Stärkung des maritimen Standortes. Wir machen das mit dem gezielten Ausbau der Hinterlandanbindungen; viertens. Stärkung der Infra- struktur in Ostdeutschland; dazu gehört unter anderem: A 14 Magdeburg-Schwerin; A 72 Leipzig–Chemnitz und Nachholbedarf bei Ortsumgehungen; fünftens: Un- terstützung und Förderung moderner Verkehrstechnolo- gien wie Transrapid oder Galileo. Der Finanzrahmen der BVWP 2003 orientiert sich an dem Spitzenniveau, auf das wir die Verkehrsinvestitio- nen gebracht haben. Dieses Investitionsniveau werden wir dauerhaft verstetigen. Damit ist der BVWP 2003 so- lide finanziert. Der Schwerpunkt der Investitionen muss auf dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur liegen. Das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, aber auch die augenscheinliche Realität. Aber es wird natür- lich auch neu, und ausgebaut. Insgesamt schaffen wir da- mit Planungssicherheit für alle Beteiligten, für die Ver- kehrswirtschaft ebenso wie für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger. Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutsch- land Mut zu Veränderungen. Hier haben wir unsere Kar- ten auf den Tisch gelegt. Arbeit und Wirtschaft sind – darauf hat der Bundeskanzler am letzten Freitag hinge- wiesen – das Herzstück unserer Reform-Agenda. Wir legen dabei deutliche Akzente auf die Bau- und Wohnungswirtschaft. Das freut mich natürlich als ver- antwortlichen Ressortminister besonders. Wir sind da- bei, das Hartz–Konzept umzusetzen, wir öffnen und fle- xibilisieren den Arbeitsmarkt. Ich meine auch unsere Mittelstandsoffensive. Denn ohne den Mittelstand – also auch den Baumittelstand – ist eine erfolgreiche Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung nicht möglich. Wir helfen, die Auftragslage zu verbessern, die Ei- genkapitallage zu stabilisieren und gegen Zahlungsrück- stände wirksamer vorzugehen. Wir packen den Abbau bürokratischer Belastungen an. Auch damit ölen wir den Wachstumsmotor. Und: Mit unserer neuen Außenwirt- schaftsoffensive haben wir kleine und mittlere Unterneh- men im Blick. Meine Damen und Herren, wir alle kennen die volks- wirtschaftliche Bedeutung einer stabilen und zuverlässi- gen Investitionspolitik. Das gilt besonders für wirtschaft- lich schwierige Zeiten, wie wir sie gerade erleben. Die 2700 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung und der Deutsche Bundestag unter- streichen das mit diesem Bundeshaushalt 2003. von rund 15 Milliarden Euro. Diese Programme laufen über die KfW. Die Gemeinden werden darüber hinaus mit der Neu- ordnung der Gemeindefinanzen in den nächsten Jahren um Milliarden entlastet und gewinnen zusätzlichen Spielraum für Investitionen. Außerdem werden wir, meine Damen und Herren, Haushaltsmittel in Höhe von rund 1 Milliarde Euro für die Vergabe zinsverbilligter Kredite zur Verfügung stellen. Damit können für dringend benötigte Investitionen in die kommunale Infrastruktur deutlich verbilligte Kredite gewährt werden. Mit dem gleichen Engagement gehen wir an die Förderung der Wohnungsmodernisierung he- ran. Insgesamt bewegen wir dazu ein Kreditvolumen tere Milliarde Euro für Kommunen vorgesehen, die in besonders strukturschwachen Gebieten liegen, Kommu- nen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit. Für diese Kommunen wird der Zinssatz für drei Jahre noch einmal zusätzlich sehr stark verbilligt. Dieses Maßnahmenbündel ist vernünftige Politik, die den Kommunen, der Bauwirtschaft und natürlich den Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt. Es ist zugleich vorausblickende Politik, weil wir mit Infrastrukturinves- titionen keinen Strohfeueraktionismus auslösen, sondern eine dauerhafte Grundlage bauen, auf der wirtschaftli- ches Wachstum gedeihen kann. den planmäßigen Wiederaufbau fehlt. aufgelegt. Zusätzlich zu diesen 6 Milliarden Euro ist eine wei- Aber wir wissen auch: Für nachhaltiges Wachstum brauchen wir eine moderne, funktionierende Infrastruk- tur. Hier sind vor allem die Kommunen gefordert. Von ihnen kommen zwei Drittel aller öffentlichen Bauinves- titionen. Auch dafür brauchen wir gesunde Finanzen. Dafür brauchen die Kommunen die entsprechenden Mit- tel. Der Bundeskanzler hat das am Freitag deutlich ge- macht: Die Bundesregierung bekennt sich zu ihrer Mit- verantwortung für die Finanzsituation der Kommunen. Deshalb wird sie Maßnahmen zur Verbesserung der kommunalen Einnahmen und zur Förderung notwendi- ger Investitionen ergreifen. Bei der Verbesserung der Einnahmen möchte ich aus- drücklich auf einen wichtigen Punkt hinweisen: Wir wollen die Kommunen von ihrem Beitrag zur Finanzie- rung des Flutopferfonds befreien. Hier geht es um rund 800 Millionen Euro Mehreinnahmen. Wir können das in der Gewissheit tun, dass deshalb kein einziger Euro für Erstens: „KfW-Wohnraum-Modernisierungsprogramm 2003/2004“. Mit diesem bundesweiten Programm wollen wir Anreize für Modernisierungs- und Sanierungsinvesti- tionen an selbstgenutzten und vermieteten Wohngebäuden in ganz Deutschland geben. Für das Programm ist ein Vo- lumen von 8 Milliarden Euro beabsichtigt. Damit sollen ausreichend zinsverbilligte Förderdarlehen vergeben wer- den. Betrachtet man die Erfahrungen mit anderen wohn- wirtschaftlichen Programmen, so ist mit einer Investiti- onssumme von ca. 14 Milliarden Euro zu rechnen. Pro Jahr bedeutet dies die Sicherung von etwa 125 000 Ar- beitsplätzen. Zweitens: der Sonderfonds „Wachstumsimpulse“, der auf dem KfW-Infrastrukturprogramm aufsetzt. Der Son- derfonds richtet sich insbesondere an die Kommunen und deren Eigengesellschaften. Durch die vom Bund getra- gene Zinsverbilligung für diesen Sonderfonds werden sehr günstige Zinskonditionen ermöglicht. Durch die KfW wird ein Kreditvolumen von insgesamt 6 Milliarden Euro 33. Sitzung Berlin, Dienstag, den 18. März 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Schöler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)



    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Der Kollege Austermann hat soeben in der ihm eigenen
    Art – wir sind es ja nicht anders gewohnt – den Pinsel
    tief in schwarze Farbe getaucht und Schwarzmalerei be-
    trieben, wie sie falscher nicht sein kann. Wie gesagt,
    Herr Kollege Austermann, ich bin von Ihnen überhaupt
    nichts anderes gewohnt. Wir alle wissen, dass Sie einer
    der unbegabtesten Propheten in unserem Land sind;
    denn mit einer Fülle falscher Einschätzungen und kaum
    noch zu zählender unsinniger Forderungen nach Nach-
    tragshaushalten in den letzten Jahren haben Sie sich sel-
    ber doch völlig disqualifiziert.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Austermann hat noch am 19. Dezember des letz-
    ten Jahres in diesem Hause vorhergesagt, die Bundes-
    anstalt für Arbeit benötige 2002 einen Bundeszuschuss
    in Höhe von 10 Milliarden Euro. Benötigt hat die
    Bundesanstalt tatsächlich gut 5 Milliarden Euro. Herr
    Austermann, Sie lagen also um gut 50 Prozent daneben.
    Das ist eine satte Quote für eine Fehleinschätzung. Die
    Nettokreditaufnahme haben Sie knapp zwei Wochen vor






    (A) (C)



    (B) (D)


    Walter Schöler
    dem Jahresultimo auf 40 Milliarden Euro geschätzt. Hier
    lagen Sie um 8 Milliarden Euro neben der tatsächlich be-
    nötigten Summe. So sehen Ihre Fähigkeiten der Ein-
    schätzung aus. Sie selbst tragen mit Ihren Fähigkeiten
    zur Disqualifizierung Ihrer Grundaussagen bei, die Sie
    hier gemacht haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Günter Rexrodt [FDP])


    – Herr Rexrodt, das ist die Realität.

    Ich möchte bei der Realität bleiben. Wir verkennen
    keineswegs die schwierige Lage, in der wir alle sind.
    Das hat auch der Bundeskanzler in seiner Rede am letz-
    ten Freitag deutlich gemacht. Wenn man sieht, welch ein
    zerrissenes Bild die Unionsspitze in der Debatte über die
    Regierungserklärung abgegeben hat, dann lässt das er-
    warten, dass es angesichts der unterschiedlichen Mei-
    nungen und Mehrheiten, die es in diesem Hause und im
    Bundesrat gibt, nicht leichter werden wird, in den wich-
    tigen Zukunftsfragen zu den vom Bundeskanzler aufge-
    zeigten Lösungen zu kommen. Aber die Menschen er-
    warten in den wesentlichen Fragen mehr Einvernehmen
    zwischen Regierung und Opposition, zumindest mehr als
    das, was Sie heute Morgen hier gezeigt haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wer die Lösung nur aus seiner Interessenlage betrach-
    tet – Sie haben das eben getan; auch die Stellungnahmen
    der Opposition zur Freitagsrede, die wir alle kennen, die
    schon vorab verkündeten Stellungnahmen zum Haushalt
    2003 sowie die Stellungnahmen von Interessenverbän-
    den, ich nehme da keinen Verband aus, sind dementspre-
    chend –, der liegt absolut falsch. Wir brauchen einen
    strikten Konsolidierungskurs und wir brauchen die
    Stärkung der Zukunftsaufgaben.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Von Konsolidierung können wir hier nichts erkennen! Steuererhöhungen!)


    Das ist die richtige Antwort auf die augenblicklich
    sicherlich schwierige wirtschafts- und finanzpolitische
    Situation. Wir werden der Wirtschaft mit dem vom Bun-
    deskanzler am Freitag vorgestellten Programm zusätz-
    liche kräftige Impulse geben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ärgert Sie natürlich, dass wir sofort handeln. Es är-
    gert Sie, dass wir auch im Haushalt 2003 sofort reagiert
    haben. Das gilt für die Bauwirtschaft, die wir mit einem
    15-Milliarden-Euro-Programm unterstützen. Damit hel-
    fen wir vor allem kleineren Unternehmen, mittelständi-
    schen Betrieben.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das Stroh zündet nicht, Herr Schöler!)


    Außerdem werden wir die Finanzausstattung der Ge-
    meinden in diesem Jahr um annähernd 2 Milliarden Euro
    verbessern. Damit werden kommunale Handlungsspiel-
    räume und die Investitionsmöglichkeiten wieder besser.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Nichts da! Die sind doch hoch verschuldet!)


    Von unseren Konsolidierungsmaßnahmen weichen
    wir deshalb keinen Jota ab.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Diese Maßnahmen sind solide finanziert. Die Nettokre-
    ditaufnahme des Bundes wird deshalb um keinen einzi-
    gen Euro steigen.

    Die Beratungen des Bundeshaushalts 2003 haben sich
    angesichts veränderter Konjunkturentwicklungen und
    auch angesichts der reduzierten Wachstumserwartungen
    schwierig gestaltet. Das geben wir zu. Dabei hatten sich
    die Koalitionsfraktionen das ehrgeizige Ziel gesetzt, die
    im Regierungsentwurf enthaltene globale Minderaus-
    gabe von 1,3 Milliarden Euro durch gezielte Einsparun-
    gen zu einem großen Teil aufzulösen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts ist verändert worden, Herr Kollege!)


    Dieses Ziel haben wir erreicht – Sie haben das nicht für
    möglich gehalten – und das ärgert Sie. Das hat auch der
    Redebeitrag von Herrn Austermann heute gezeigt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Was wir getan haben, war ein schmerzhaftes Unter-
    fangen und sicherlich auch mit einem Lernprozess ver-
    bunden, sogar in den Ministerien. Wir werden uns mit ei-
    ner globalen Minderausgabe dieser Größenordnung im
    Haushaltsausschuss künftig wahrscheinlich nicht mehr
    befassen müssen; denn diejenigen, die im Kabinett für
    eine solche Ausgabe stimmen, werden nicht davon aus-
    gehen können, dass sie verschont bleiben. Das zu erken-
    nen war nun einmal ein schmerzhafter Prozess.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Nettokreditaufnahme ist unverändert!)


    Es ist uns gelungen, die globale Minderausgabe auf
    knapp 400 Millionen Euro zu reduzieren. Das ist ein Be-
    trag, der unserer Meinung nach im Haushaltsvollzug ein-
    gesammelt werden muss.

    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie
    blieben bei den Beratungen im Haushaltsausschuss
    doch jeden Beitrag zur Aufarbeitung der Probleme
    schuldig. An unserer Kernarbeit haben Sie sich doch
    überhaupt nicht beteiligt!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Typisch!)


    Von Ihnen kamen keine konstruktiven Vorschläge. Herr
    Fuchtel, nennen Sie mir einen einzigen! Stattdessen setzen
    Sie auf Miesmacherei und auf populistische Forderungen
    nach ungedeckten Ausgaben. Herr Austermann hat seinen
    Wunschkatalog gerade noch einmal vorgetragen. Sie haben
    im Haushaltsausschuss Ausgabeanträge mit einem Volu-
    men von annähernd 3 Milliarden Euro gestellt, und das
    ohne dafür eine seriöse Deckung anbieten zu können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Walter Schöler
    Umso wichtiger ist das Ergebnis unserer Beratungen:

    Erstens. Es bleibt – das haben Sie gar nicht für mög-
    lich gehalten – bei der Nettokreditaufnahme von
    18,9 Milliarden Euro. Das ist die geringste Neuverschul-
    dung seit der Wiedervereinigung.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das steht doch nur auf dem Papier!)


    Es ist eine Reduzierung gegenüber dem Vorjahr um im-
    merhin 13 Milliarden Euro. Das macht eines klar: Wir
    bleiben auf Konsolidierungskurs.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Dr. Günter Rexrodt [FDP])


    Zweitens. Wir halten am Ziel eines ausgeglichenen
    Haushalts ohne Neuverschuldung bis 2006 fest.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Welches 2006?)


    – Das Jahr 2006, lieber Steffen! Wir werden das bei an-
    derer Gelegenheit sicherlich noch einmal diskutieren
    können.

    Allerdings wissen wir – das muss ich auch sagen –,
    dass der Weg dorthin äußerst steil und auch schwieriger
    geworden ist. Deshalb ist er nur bei strikter Ausgaben-
    disziplin und bei einer wirtschaftlichen Erholung zu
    meistern. Die Ausgaben konnten mit 248,2 Milliarden
    Euro nahezu unverändert auf dem Niveau des Regie-
    rungsentwurfs gehalten werden. Sie liegen damit im Üb-
    rigen um 0,4 Prozent niedriger als 2002. Wenn man zur
    besseren Vergleichbarkeit die Sonderbelastung aus dem
    Hochwasserhilfefonds herausrechnet, dann zeigt sich,
    dass die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr sogar um
    1,9 Prozent gesunken sind. Das ist ein deutlicher Indika-
    tor für Haushaltskonsolidierung.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Steuererhöhung ist das, was Sie da vorlegen!)


    Diese Zahlen werden nicht trügen.

    Das gilt im Übrigen – nächster Punkt – auch für die
    mittelfristige Betrachtung. Der Anteil der Bundesaus-
    gaben am Bruttoinlandsprodukt – er betrug 1999 noch
    12,5 Prozent – ist inzwischen auf 11,3 Prozent gesunken.
    Der Bund hat in diesem Zeitraum den Anteil seiner Aus-
    gaben am Bruttoinlandsprodukt also um 1,2 Prozent-
    punkte zurückgeführt. Das sind fast 30 Milliarden Euro.
    Das widerlegt eindeutig Ihr ständig wiederholtes Gerede
    davon, der Bund konsolidiere nur auf der Einnahmeseite,
    aber er spare nicht. Das ist nicht der Fall.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Auf der Einnahmeseite hatten wir Mindereinnahmen
    zu verkraften. Nach der Korrektur der Wachstumsannah-
    men Anfang des Jahres war eine Neuschätzung der Steu-
    ereinnahmen notwendig. Im Vergleich zur November-
    schätzung 2002 ergeben sich daraus Steuerausfälle von
    rund 1 Milliarde Euro. Außerdem haben wir den Ansatz
    für die Privatisierungserlöse um 700 Millionen Euro ge-
    senkt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer kauft euch noch was ab?)


    Wir halten das für eine reale Haushaltspolitik.

    Diesen Mindereinnahmen stehen aber auch Mehr-
    einnahmen in Höhe von 2,1 Milliarden Euro aus der
    geplanten Kapitalrückholaktion gegenüber. Im Zusam-
    menhang mit der geplanten Neuregelung der Zinsbesteu-
    erung bieten wir denen, die in der Vergangenheit ihre
    steuerlichen Pflichten nicht erfüllt haben – Sie sollten
    einmal kritisieren, in welchem Maß das geschehen ist,
    und zwar in der Zeit, als Sie an der Regierung waren –,


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    die Möglichkeit zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit
    an, allerdings befristet. Bis zum 31. Dezember sind
    25 Prozent und in dem Halbjahr danach 35 Prozent zu
    zahlen.

    Angesichts der riesigen Auslandsguthaben haben
    wir äußerst vorsichtig geschätzt. Davon, dass im Rah-
    men dieser Aktion mindestens 20 Milliarden Euro in
    Deutschland nacherklärt werden, können wir aber zu
    Recht ausgehen. Bei einer pauschalen Abgabe von
    25 Prozent bedeutet das bei diesem Volumen Einnahmen
    von 5 Milliarden Euro. Davon erhält der Bund rund
    2,1 Milliarden Euro, erhalten die Länder 2,1 Milliarden
    Euro und die Gemeinden immerhin 750 Millionen Euro,
    die einen Teil des 2-Milliarden-Paketes ausmachen.

    Während Ihrer Regierungszeit – ich muss es noch ein-
    mal sagen, Herr Fromme – sind diese Milliardenbeträge
    an den Steuerkassen vorbei ins Ausland gewandert.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Diejenigen, die sich daran beteiligt haben, egal ob als In-
    haber des Kapitals oder als Berater – die muss man hier
    auch einmal erwähnen –, sollten – ich kann dazu nur ra-
    ten – die sich ihnen nun bietende Chance der Rückkehr
    in die Steuerehrlichkeit wirklich nutzen.

    Herr Austermann hat die Verfassungsmäßigkeit des
    Haushalts bezweifelt. Dazu kann ich nur feststellen: Der
    Haushalt ist auch verfassungsfest. Die Nettokreditauf-
    nahme liegt mit 18,9 Milliarden Euro


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Auf dem Papier! – Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Auf dem Papier!)


    wesentlich unter dem Investitionsvolumen von
    26,7 Milliarden Euro und damit deutlich unter der Ver-
    schuldungsgrenze, die das Grundgesetz in Art. 115 zieht.

    Mit dem Haushalt leistet der Bund – das haben Sie
    ebenfalls falsch gesagt, Herr Austermann – auch seinen
    Beitrag zur Einhaltung der EU-Stabilitätskriterien. Da-
    bei sind die Arbeitsmarktreform, das Steuervergünsti-
    gungsabbaugesetz und Reformen in der Sozialversiche-
    rung die wesentlichen Bausteine zur Reduzierung des
    deutschen strukturellen Defizits, so wie es die EU fordert.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Walter Schöler
    Auch bei einer Wachstumsannahme von nur noch
    1 Prozent liegen wir noch unterhalb der magischen Drei-
    prozentgrenze, wenn nicht nur der Bund, sondern auch
    die Bundesländer und die Gemeinden einen strikten
    Konsolidierungskurs fahren. Das setzt voraus, dass die
    unionsgeführten Länder bei den Beratungen im Vermitt-
    lungsausschuss die mit dem Steuervergünstigungsabbau-
    gesetz erzielbaren Einsparungen in der Höhe mittragen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Jetzt haben wir also Schuld für Ihre miese Politik!)


    – Steffen Kampeter, wenn das eure einzige Schuld wäre,
    dann ginge es ja noch, aber es gibt noch ganz andere
    Dinge in der Vergangenheit, für die ihr die Verantwor-
    tung zu tragen habt.

    Die CDU/CSU steht in den Ländern auch in erhebli-
    chem Maß in der Mitverantwortung.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


    Was für ein Verhalten wird da an den Tag gelegt? Unser
    Gesetz zur Steuervereinfachung und zum Abbau von un-
    gerechtfertigten Vergünstigungen und Subventionen zu
    kritisieren, die daraus erzielbaren Einnahmen durch die
    Landesfinanzminister in den Länderhaushalten veran-
    schlagen zu lassen


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie wissen, dass das nicht zutrifft, Herr Kollege Schöler!)


    und anschließend im Bundesrat das Gesetz zu blockie-
    ren, das ist Doppelzüngigkeit, die Sie und die von ihnen
    geführten Bundesländer betreiben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Damit – das sage ich Ihnen – werden Sie von der Oppo-
    sition nicht weiterkommen. Ich bin davon überzeugt: Sie
    werden letztlich im Vermittlungsausschuss einer Eini-
    gung – dazu müssen wir kommen – zustimmen.

    Im Übrigen: Unsere Konsolidierung geht nicht, wie
    Sie gesagt haben, zulasten von Wachstum und Beschäfti-
    gung; denn die Investitionen übersteigen in einem erheb-
    lichen Maß – um 1,7 Milliarden Euro – den Ansatz des
    Vorjahres. Wichtige Vorhaben in den Bereichen Familie,
    Infrastruktur, Bildung und Forschung haben wir auf ho-
    hem Niveau verstetigt oder sogar verstärkt. Am Beispiel
    der Forschungstitel, die Sie angesprochen haben – wir
    haben uns eine Zusammenstellung sämtlicher For-
    schungstitel des Bundeshaushalts fertigen lassen –, kön-
    nen wir nachweisen, dass wir diese über alle Einzelpläne
    hinweg seit 1998 von rund 6 auf 7 Milliarden Euro
    erhöht haben. Der Bereich Forschung und Bildung hat
    sogar eine Steigerung von rund 7 auf insgesamt
    10 Milliarden Euro erfahren. Das können Sie im Haus-
    halt nachlesen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Rot-Grün setzt damit seine wachstumsstärkende Re-
    formpolitik fort. Die Bundesregierung will grundlegende
    Reformen, die zur Regierungszeit von CDU/CSU und
    Kanzler Kohl noch Tabus waren. Wir werden diese Refor-
    men durchsetzen. Ich nenne nur die Zusammenlegung von
    Arbeitslosen- und Sozialhilfe und die Reform im Gesund-
    heitswesen. Das sind dringend erforderliche Reformen,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Dass Ihnen das jetzt endlich mal auffällt!)


    die wir jetzt anpacken und in den nächsten Wochen und
    Monaten beraten werden.

    Zentralen Stellenwert hat auch die Gemeindefinanz-
    reform. Sie haben hier gerade das Hohelied des Jam-
    merns der Kommunen vorgetragen. Diese Gemeinde-
    finanzreform gibt den Kommunen wieder eine tragfähige
    Grundlage. Der Bundeskanzler hat mit seiner Rede Klar-
    heit geschaffen, wofür ich sehr dankbar bin. Als ersten
    Schritt erhalten die Gemeinden 2 Milliarden Euro,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Im Haushalt steht nichts!)


    die sich aus der Stornierung des Beitrages für die Flut-
    opferhilfe, dem Steuervergünstigungsabbaugesetz und
    der Auslandskapitalrückholaktion ergeben.


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Wo steht das?)


    – Herr Fuchtel, fuchteln Sie hier nicht so herum! Die Ge-
    setzentwürfe werden eingebracht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der 1. Januar 2004 ist ein unverrückbares Datum für
    diese Gemeindefinanzreform. Es wird eine erneuerte
    Gewerbesteuer geben, die die Einnahmen verstetigt und
    den Gemeinden mehr Eigenverantwortung gibt. Die vor-
    gesehene Ausweitung des Kreises der Steuerpflichtigen
    ist nicht nur geeignet, die Kommunen aus ihrer Abhän-
    gigkeit von nur noch ganz wenigen Steuerzahlern zu be-
    freien. Herr Professor Peffekoven hat hierzu vor einigen
    Tagen ausdrücklich erklärt, dass kommunale Abgaben
    für die Bürger und die örtliche Wirtschaft auch spürbar
    sein müssen, damit diese ihrer Verantwortung für das
    Gemeinwesen gerecht werden.


    (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das ist ja eine tolle Argumentation!)


    – Das hat Professor Peffekoven gesagt. Ich weiß nicht,
    warum Sie ihm widersprechen wollen.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Na! Herr Peffekoven selbst hat aber kein gutes Haar an Ihrer Finanzpolitik gelassen!)


    Im Übrigen werden wir – auch das ist angekündigt –
    die Kommunen ab dem 1. Januar 2004 von der Zahlung
    für die arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger entlasten.

    Sie haben es jahrelang versäumt, eine Gemeindefinanz-
    reform anzupacken. Wir führen diese Reform jetzt durch.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – CarlLudwig Thiele [FDP]: Wann denn? Wie denn? Wo denn? Wer denn?)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Walter Schöler
    Ihre letzte Reform auf diesem Gebiet erfolgte 1970, um
    das einmal in Erinnerung zu rufen. Sie haben es in den
    16 Jahren Ihrer Regierungszeit vollkommen verpasst,
    eine entsprechende Reform anzugehen. Deshalb sage ich
    Ihnen: Konjunkturpessimismus ist nicht angebracht, er
    ist sogar schädlich. Was Sie machen, ist nicht in Ord-
    nung. Sie machen mies, statt mitzumachen. Aber Mitma-
    chen ist jetzt die Devise.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, es ist nicht daran herumzu-
    deuteln: Der im Jahreswirtschaftsbericht 2003 ange-
    nommene Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts im
    Jahresschnitt auf rund 1 Prozent liegt um 1,5 Prozent unter
    den Erwartungen, die wir noch vor einem Dreivierteljahr
    hatten. Das ist ein Wert, der uns prognostiziert worden
    war, den wir uns also nicht selber ausgedacht haben. Des-
    halb hat der Bundesfinanzminister, deshalb hat die Bun-
    desregierung nach ihrem ersten Entwurf im September ge-
    handelt und den Dezemberentwurf korrigieren müssen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wo denn?)


    Dieser Entwurf beinhaltet auch ein umfassendes Paket
    von ausgabenmindernden und einnahmenverbessernden
    Maßnahmen zum Ausgleich der konjunkturbedingten
    Belastungen.

    Ich erinnere an das Hartz-Konzept. Durch dessen
    Umsetzung werden die in der Arbeitsmarktpolitik einge-
    setzten Mittel effizienter verwendet. Mit weniger Mitteln
    wird mehr erreicht, um Voraussetzungen für Mehrbe-
    schäftigung in der Zukunft zu schaffen. Auf dieser Grund-
    lage wollen wir trotz der Verschlechterung am Arbeits-
    markt ohne Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit
    auskommen und den Ansatz für die Arbeitslosenhilfe ein-
    halten. Auch Sie wissen, dass man im Kessel einen gewis-
    sen Druck halten muss, damit Maschinen funktionieren.
    Diesen Druck erzeugen wir mit unseren Maßnahmen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Macht doch gar keinen Haushalt! Das ist am besten!)


    Den zweiten Teil des Konsolidierungspakets im Haus-
    halt bilden Maßnahmen zur Stabilisierung der Steuerein-
    nahmen. Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz
    werden Schlupflöcher und ökonomisch wie ökologisch
    ungerechtfertigte Ausnahmeregelungen beseitigt. Das
    mag Sie zwar stören, weshalb Sie es Steuererhöhungsge-
    setz nennen; wir aber nennen das eine gerechtere und
    transparentere Systematik im Steuerrecht.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihnen letzten Freitag eingefallen!)


    Außerdem wird damit sichergestellt, dass die Steuerein-
    nahmen sich wieder etwa parallel zum Wachstum entwi-
    ckeln und sich nicht weiter davon abkoppeln. Sie zeigen
    hier nur populistische Verweigerungshaltung; das hat Ihr
    Beitrag klar gemacht.

    Im Übrigen: Hätte die Kohl-Regierung rechtzeitig mit
    der Konsolidierung begonnen, statt dies sträflich zu ver-
    säumen,


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das ist ein alter Hut!)


    hätten Sie eine ehrliche, gerechte Lastenverteilung auch
    im Rahmen der Finanzierung der vereinigungsbedingten
    Kosten vorgenommen, so stünden wir heute wesentlich
    besser da.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Hätten wir eine andere Regierung, dann stünden wir besser da! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    – Herr Kampeter, es ist schon sehr erstaunlich, dass Sie
    sich angesichts der hemmungslosen Verschuldungspoli-
    tik während Ihrer Regierungszeit heute als Mahner für
    eine solide Haushaltspolitik profilieren wollen und
    gleichzeitig den Bürgern völlig unsolide, weil nicht fi-
    nanzierbare Versprechen machen. Mit uns und mit Hans
    Eichel ist der Marsch in den Schuldenstaat gestoppt wor-
    den, nicht mit Ihnen, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Im Gegensatz zu Ihren Behauptungen sind unsere An-
    sätze für Investitionsmaßnahmen so hoch wie lange
    nicht mehr. Aus Zeitgründen will ich mir die Einzelhei-
    ten ersparen. Im Übrigen werden die Kolleginnen und
    Kollegen der Fachbereiche zu den verschiedenen Inves-
    titionen noch das Wort ergreifen.

    Ich will nur einen Punkt aus dem Verkehrsbereich
    aufgreifen, Herr Kollege Austermann: Jetzt kritisieren
    Sie, dass der Metrorapid in Nordrhein-Westfalen von
    der Bundesregierung finanziert werden soll.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist eine Straßenbahn!)


    Wir haben dafür eine VE in Höhe von 2,3 Milliarden
    Euro eingestellt. Sie hätten es noch vor einigen Wochen
    doch gar nicht für möglich gehalten, dass wir in diesem
    Jahr vorzeitig und erstmalig Barmittel in Höhe von
    80 Millionen Euro einsetzen.

    Seien Sie im Übrigen bitte vorsichtig: Wir haben auch
    eine Zusage an Bayern gemacht; diese Zusage gilt. Ich
    weiß ganz genau, auch von Mitgliedern der Bayerischen
    Staatsregierung, dass sie es sich nicht mehr erlauben
    werden, in der Weise, wie Sie es hier kritisieren


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist ja eine miese Drohung! – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Soll das eine Drohung sein!)


    – das ist keine Drohung –, auf Nordrhein-Westfalen zu
    zeigen. Alle werden froh und dankbar sein,


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nein, das ist falsch!)


    sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Bayern,
    wenn wir diese Maßnahmen mitfinanzieren.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Walter Schöler Austermann [CDU/CSU]: Eine schnelle S-Bahn!)





    (A) (C)


    (B) (D)


    – Sagen Sie Ihrem Ministerpräsidenten Stoiber, dass es
    eine bessere S-Bahn sei, die zum Münchener Flughafen
    gebaut werden soll!

    Meine Damen und Herren, Sie sehen also: Mit Inves-
    titionen in vielen Bereichen wird Deutschland für die
    Herausforderungen der Zukunft fit gemacht. Bei den an-
    stehenden weitreichenden Strukturreformen scheuen
    wir keine Konflikte mit Interessengruppen. Es geht
    darum, überkommene Strukturen aufzubrechen, die zu
    hohen Effizienzverlusten geführt haben.

    Rot-Grün wird sich bei den anstehenden Reformvor-
    haben auf die Veränderungsbereitschaft der Bürgerinnen
    und Bürger stützen. Wir wissen, dass wir uns auf die Ihre
    nicht stützen können; die Bürgerinnen und Bürger sind
    jedoch zu viel mehr Maßnahmen bereit, als Sie hier sug-
    gerieren wollen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das werden wir dann sehen!)


    Konsolidierung und sinnvolle Reformen der sozialen Si-
    cherungssysteme schaffen Vertrauen in die Zukunft und
    stärken das Wachstumspotenzial unseres Landes. Des-
    halb gibt es zu unserer Politik der Erneuerung auf lange
    Sicht keine Alternative.

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch Gelegen-
    heit nehmen, mich abschließend beim Finanzminister
    und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Hau-
    ses für die Zusammenarbeit zu bedanken, ebenso beim
    Sekretariat des Haushaltsausschusses.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich schließe in diesen Dank alle Mitglieder des Haus-
    haltsausschusses ein, auch wenn das Abstimmungsver-
    halten unterschiedlich war. Mein besonderer Dank gilt
    unserem Vorsitzenden, der sicherlich zu einem positiv
    veränderten Klima bei den Beratungen beigetragen
    hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Wir wissen auch zu schätzen, dass Sie bereit waren, den
    Antrag mitzutragen, die Beratungen des Haushalts, die
    inhaltlich nicht reduziert werden, um einen Tag zu ver-
    kürzen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das Kompliment geben wir gern zurück!)


    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Günter Rexrodt
für die FDP-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Rexrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)



    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
    Kollege Schöler, Sie haben in der Sache den Mund wirk-
    lich sehr voll genommen. Sie haben von Doppelzüngig-
    keit gesprochen. Wer ist denn hier doppelzüngig? Auf
    der einen Seite sprechen Sie vom Festhalten am Konsoli-
    dierungskurs und von Stabilität. Auf der anderen Seite
    knüpft der Herr Bundesfinanzminister das Einhalten der
    Defizitkriterien an Voraussetzungen und Bedingungen,
    von denen wir alle wissen, dass sie nicht einzuhalten
    sind.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Wir brauchen uns in diesem Land nur umzuschauen:
    Wer erwartet in diesem Jahr 1 Prozent Wirtschafts-
    wachstum und keinen signifikanten Anstieg der Arbeits-
    losigkeit? Sie wollen 2,1 Milliarden Euro durch die so
    genannte Steueramnestie einnehmen. Außerdem gehen
    Sie in Ihrem Rechenwerk davon aus, dass rund
    1,6 Milliarden Euro durch das so genannte Steuerver-
    günstigungsabbaugesetz eingespart werden.


    (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das ist lächerlich!)


    Das ist schon an einer Hürde gescheitert und wird bald
    endgültig scheitern.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist auch gut so!)


    Das Rechenwerk ist mit dem Vorlegen des Haushalts
    heute schon Makulatur, Herr Bundesfinanzminister.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Deutschland wird die Defizitkriterien von Maastricht
    wieder nicht einhalten. Wir haben unsere Schularbeiten
    nicht gemacht. Die Finanzpolitik, einstmals das Vorzei-
    geprojekt rot-grüner Politik, ist kläglich gescheitert.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Der Bundeskanzler hat am letzten Freitag in seiner
    spät- und halbeinsichtigen Grundsatzrede wie folgt for-
    muliert:

    Deshalb halten wir am Ziel der Haushaltskonsoli-
    dierung ... fest. Nur: Dieser Pakt darf nicht statisch
    interpretiert werden.


    (Elke Ferner [SPD]: Recht hat er!)


    Er lässt Raum ... für Reaktionen auf unvorhergese-
    hene Ereignisse.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist eine falsche und höchst gefährliche Aussage,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn!)


    abgesehen davon, dass an der wirtschaftlichen Entwick-
    lung hier in Deutschland nichts unvorhergesehen war.
    Wir haben es vielmehr seit langem gewusst und davon
    gesprochen.


    (Lothar Mark [SPD] Aber nichts gemacht!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Günter Rexrodt
    Das Entscheidende, Herr Kollege Mark, ist: Der
    Stabilitäts- und Wachstumspakt lässt keinen anderen
    Spielraum als den des Einsatzes der so genannten auto-
    matischen Stabilisatoren.


    (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


    Das sind bestimmte zinspolitische, fiskalpolitische und
    ausgabenpolitische Maßnahmen


    (Elke Ferner [SPD]: Wir wissen das!)


    mit dem Ziel, die vorgegebenen Defizitkriterien einzu-
    halten, aber nicht zu verletzen, wie Sie das wollen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Es widerspricht dem Geist und den Buchstaben dieses
    Vertrages, hier Raum für Interpretation zu sehen. Das ist
    Mauschelei und ein Zerstören von wichtigen Basisele-
    menten der Wirtschafts- und Finanzpolitik.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    Weil ich hier riesige Gefahren sehe, will ich mit gro-
    ßem Nachdruck sagen, was von Rot-Grün an dieser
    Stelle hineingemogelt wird. Die Bundesbank, eine, wie
    wir wissen, in der Spitze sozialdemokratisch besetzte In-
    stitution, schreibt in einem Papier vom Februar dieses
    Jahres – also ganz aktuell –:

    Nur eine klare finanzpolitische Linie, die eine auf
    Ausgabenbegrenzung ausgerichtete ... Konsolidie-
    rungsperspektive aufweist, kann bei Konsumenten
    und Investoren bestehende Befürchtungen weiterer
    Belastungen seitens der Finanzpolitik ausräumen
    und ... Vertrauen schaffen.


    (Lothar Mark [SPD]: Genau das machen wir!)


    Das klingt ein bisschen wissenschaftlich, aber es trifft
    den Nagel auf den Kopf. Die deutsche Wirtschaft leidet
    unter einer Vertrauenskrise. Die Verbraucher sind verun-
    sichert. Deutschland ist gegenüber seinen Partnerländern
    zurückgefallen.

    Die Realität des Jahres 2003, Herr Eichel, wird darin
    bestehen, dass wir einen Nachtragshaushalt haben wer-
    den, verbunden mit einer signifikanten Erhöhung der
    Nettoneuverschuldung. Das ist so sicher wie das Amen
    in der Kirche.

    Wenn es nach Herrn Fischer ginge, dann würden die
    Kosten für die Aufrüstung in Europa – er begründet das
    europapolitisch – auch noch eingebaut werden. Das kos-
    tet Geld.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


    So sicher wie das Amen in der Kirche werden wir eine
    höhere Nettoneuverschuldung und einen Nachtragshaus-
    halt haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie müssen da gar nicht so erstaunt schauen. Das ha-
    ben wir schon in der letzten Haushaltsdebatte gesagt. Sie
    haben das zurückgewiesen; aber es ist eingetreten und es

    wird wieder eintreten. Wir bedauern das. Einen solchen
    Haushalt unter diesen Bedingungen vorzulegen und
    dann noch davon zu sprechen, die Kriterien einhalten zu
    können, ist einfach eine Täuschung des Parlaments und
    der Öffentlichkeit.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Denken Sie an meine Worte: Es wird kein Jahr dauern,
    Herr Eichel.

    Die Bundesregierung ist im Übrigen nicht nur in der
    Finanzpolitik, ihrem Vorzeigeprojekt, sondern vor allem
    auch – die Finanzpolitik liefert hierfür den rechentechni-
    schen Nachweis – in der Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-
    politik gescheitert.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


    Arbeitsplätze entstehen dann, wenn ausreichend in-
    vestiert wird.


    (Lothar Mark [SPD]: Aber wir können nicht investieren bei den hohen Zinszahlungen! Wir zahlen 40 Milliarden Zinsen!)


    Die Investitionsneigung in unserem Lande ist seit Jahren
    zu niedrig und in letzter Zeit sogar rückläufig. Investitio-
    nen leiden unter Unsicherheit. Sie werden wegen einer
    unsteten, unkalkulierbaren und widersprüchlichen Politik
    verzögert oder unterlassen. Investitionen versprechen zu
    wenig Ertrag. Die Politik der Unstetigkeit geht auf die
    Bundesregierung und die rot-grüne Koalition zurück.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich bin so fair, zu sagen: Sie haben es mit Ihren unseli-
    gen Arbeitsmarktgesetzen – das war 1999 und 2000 –,
    mit Ihrer am Ende als ungerecht und verkorkst wahrge-
    nommenen Steuerreform, mit Ihrer bürokratischen Ren-
    tenreform und mit Ihrem Unvermögen, die Lohnneben-
    kosten, so wie Sie es lauthals angekündigt hatten, zu
    senken – die Aufzählung dieser Versäumnisse ließe sich
    beliebig fortsetzen –, nicht auf diese Unsicherheit ange-
    legt. Aber zu verantworten haben Sie sie.

    Vorhalten lassen müssen Sie sich in diesem Zusam-
    menhang, Herr Kollege Schöler, dass jeder Reforman-
    satz der alten Koalition in der Steuerpolitik, in der Sozi-
    alpolitik und in der Ostförderung – ich gebe zu, da war
    nicht alles Gold, was glänzte – von den Sozialdemokra-
    ten und den Grünen mit demagogischen Argumenten be-
    kämpft und blockiert worden ist. All das, was verändert
    werden sollte, wurde blockiert und mit demagogischen
    Argumenten in die Ecke gestellt. So kann man keine Po-
    litik betreiben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nun muss und will der Bundeskanzler – wir haben
    seine Rede vom Freitag letzter Woche noch im Ohr –
    dieses Land in eine andere Richtung bewegen. Halbher-
    zig muss er das tun. Wir Liberalen haben seit vielen Jah-
    ren davon gesprochen, was zu tun und was zu lassen ist.


    (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Gesprochen“ ist richtig! – Elke Ferner Dr. Günter Rexrodt [SPD]: 16 Jahre lang! – Weiterer Zuruf von der SPD: Was war denn zu Ihrer Regierungszeit?)





    (A) (C)


    (B) (D)


    Sie bewegen sich nun in diese Richtung; das ist der
    Punkt. Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass Sie sich in
    lafontainesche Kategorien begeben? Sie begeben sich in
    Kategorien, die von der anderen Seite des Hauses seit
    Jahren vertreten werden. Nur, Sie tun sich schwer dabei;
    das merken wir.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wie schreibt die Bundesbank: Die hartnäckige Wirt-
    schaftsflaute habe tief greifende gesellschaftspolitische
    Ursachen. Kennzeichnend dafür seien eine niedrige Ge-
    burtenrate


    (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es erst seit Rot-Grün? So ein Quatsch!)


    und überzogenes Anspruchsdenken. Die „verbandsstaat-
    lichen und exekutiv-konsensualen Formen der Politik
    verhindern vielfach notwendige Reformen; die Folgen
    sind Beharrung und Besitzstandsdenken“.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


    Meine Damen und Herren, die Bündnisse für alles
    und jedes waren erklärtermaßen Kernpunkt der Politik in
    der vorigen Legislaturperiode. Diese Bündnisse für alles
    und jedes und damit auch Ihre Politik sind gescheitert.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nun soll alles besser werden, hat der Bundeskanzler
    gesagt;


    (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht hat er!)


    zunächst einmal mit einem Konjunkturprogramm.
    Dies wird – bei der KfW – kreditfinanziert; die dafür
    notwendigen Zinsverbilligungen kommen aus dem
    Haushalt. In Bezug auf den Wohnungsbau wird nichts
    passieren; da wird es Mitnahmeeffekte geben. Bei den
    Kommunen wird deshalb nichts geschehen, weil die
    Kommunen hoch verschuldet sind und diese Kredite gar
    nicht bedienen können.

    Sie sagen – zunächst noch folgerichtig –: Wir wollen
    die Finanzlage der Kommunen verbessern. – Das ist
    schön. Wir waren aber immer der Meinung, dass man die
    Finanzlage der Kommunen dadurch verbessern sollte,
    dass die Gewerbesteuer abgeschafft und den Kommunen
    ein Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer und der
    Körperschaftsteuer eingeräumt wird. Das tun Sie nicht.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie wollen bei der Gewerbesteuer Veränderungen vor-
    nehmen; das wird wieder nach hinten losgehen. Herr Ei-
    chel, ich sage Ihnen: Das ist keine gute Politik.

    Nun zur Bundesanstalt für Arbeit. Die Bundesregie-
    rung geht von 4,1 Millionen Arbeitslosen aus. Leider

    werden wir mehr haben. Zuschüsse aus dem Bundes-
    haushalt sind für die Bundesanstalt nicht vorgesehen.
    Wenn wir uns die Januar- und Februarzahlen dieser Insti-
    tution angucken, dann sehen wir, dass sie aber bereits
    darauf hindeuten: Leider wird es gewaltige Zuschüsse
    geben müssen, Herr Eichel, die Sie nicht in den Haushalt
    eingestellt haben.


    (Walter Schöler [SPD]: Warten Sie es doch erst einmal ab!)


    Dabei würdige ich positiv die Anstrengungen des
    neuen Präsidenten Gerster und seiner Mannschaft,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Na ja!)


    diesen traditionsbelasteten Moloch Bundesanstalt für
    Arbeit mit Organisations- und Führungsmethoden, die
    sich in der Wirtschaft bewährt haben, in einen modernen
    Dienstleistungsbetrieb zu verwandeln. Das Konzept der
    Personal-Service-Agenturen ist prinzipiell richtig. Ich
    glaube auch, dass es bessere Vermittlungserfolge geben
    wird, weil ein neuer Wind weht. Das muss gesagt wer-
    den. Aber eine bessere Bundesanstalt ist das eine, rich-
    tige Weichenstellungen in der Arbeitsmarktpolitik sind
    das andere.


    (Beifall bei der FDP)


    Hier gebietet es wiederum die Fairness, zu sagen, dass
    die Rede des Bundeskanzlers wichtige Vorschläge ent-
    hält, zum Beispiel die Zusammenfassung von Arbeitslo-
    sen- und Sozialhilfe. Es ist richtig, verbesserte Anreize
    für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen vorzuse-
    hen. Auch bei den Vorschlägen zum Kündigungsschutz
    sind erste wichtige Schritte getan worden, aber wie-
    derum nur halbherzige. Das Ganze scheitert daran, dass
    Sie keine Veränderungen im Tarifrecht wollen, die für
    uns Liberale der Kernpunkt für eine Reform des Arbeits-
    markts sind.


    (Beifall bei der FDP)


    Der Flächentarifvertrag schafft eben nicht, wie der Bun-
    deskanzler sagt, gleiche Konkurrenzbedingungen in ei-
    ner Branche. Er bewirkt das Gegenteil und deshalb be-
    darf es gesetzlicher Maßnahmen, um auf betrieblicher
    Ebene zu besseren Vereinbarungen zu kommen. Diese
    gesetzlichen Veränderungen müssen schnell stattfinden.
    Wir haben das immer gefordert. Sie sind der Schlüssel
    zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.


    (Beifall bei der FDP – Walter Schöler [SPD]: Wir machen mit! Wir machen es!)


    Wenn es einen gibt, der mit Herz und Seele dagegen
    arbeitet, dann sind es die Gewerkschaften, eine Institu-
    tion, der Sie seit Jahrzehnten verbunden sind. Sie sind
    mittlerweile eine strukturkonservative Einrichtung.


    (Zuruf von der SPD: In welcher Welt leben Sie eigentlich?)


    Jede Bewegung und jede Veränderung wird von den Ge-
    werkschaften blockiert und das ist die Ursache für die
    Arbeitslosigkeit in diesem Land.


    (Beifall bei der FDP)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Günter Rexrodt
    Noch einige wenige Bemerkungen in Stichworten,
    weil ich nicht mehr Zeit habe: Nichts ist so überfällig
    wie die Reform des Rentensystems. Da sind Sie auf hal-
    ber Strecke stehen geblieben. Im Gesundheitssystem
    sind Sie noch gar nicht voran gekommen. Jetzt verwen-
    det der Bundeskanzler Begriffe,


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wo ist er denn?)


    die wir seit Jahren predigen: Wettbewerb der Kassen,
    Durchforstung der Leistungen, Selbstbehalt und die
    Frage, ob es so viele Kassen geben muss. Das alles sagen
    wir seit Jahrzehnten. Bei Ihnen ist das alles nur halbher-
    zig.


    (Elke Ferner [SPD]: Warum haben Sie denn 16 Jahre lang geruht?)


    Ich bin Liberaler. Wir haben immer dafür gekämpft.


    (Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)


    Wir haben auch in der Union nicht immer den notwendi-
    gen Rückhalt gehabt, aber wir haben es immer gewollt
    und immer dafür gekämpft.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP], an die SPD gewandt: Sie wollen es doch gar nicht! Wo ist denn die Vorlage?)


    Nur ihr habt auf einen Schelm immer anderthalbe ge-
    setzt. Und jetzt geht ihr kleinlaut und halbherzig diesem
    Kurs hinterher. Das ist die Tatsache.


    (Beifall bei der FDP)


    Meine Damen und Herren, dieser Bundesregierung
    sieht man an: Sie sind die Getriebenen, nicht die Trei-
    benden. Das gilt auch für Sie, Herr Eichel, der Sie uns
    ein Rechenwerk vorlegen, an das Sie selbst nicht glau-
    ben können. Das Parlament müsste Ihnen bei diesem
    Haushalt antworten: Thema verfehlt, Wiedervorlage in
    drei Monaten auf realistischer Grundlage.


    (Beifall bei der FDP)


    Wir Freien Demokraten sagen Ihnen das heute, wir
    sagen es Ihnen sehr deutlich


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Es wird auch so kommen!)


    und Sie werden sehen, dass wir leider Recht haben wer-
    den, Herr Eichel, weil Sie mit Ihrer Politik, auch mit Ih-
    rer Finanzpolitik, vor allem aber mit Ihrer Wirtschafts-
    und Arbeitsmarktpolitik, total gescheitert sind. Jetzt sind
    Sie die Getriebenen. Die Menschen im Lande sehen das
    und halten Sie nicht mehr für glaubwürdig.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)