Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2547
(A) (C)
(B) (D)
Randinformationen hinaus durchsetzen. Wir glauben,
dass die veränderte Form internationaler Rechtssetzung
einmal, ob dies nicht der bessere Weg wäre. Dann wä-
ren wir in der Lage, gemeinsame generelle Regeln zu
wollen die Beteiligungsrechte des Parlaments über
Herren von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen noch
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge:
– GATS-Verhandlungen – Bildung als öffent-
liches Gut und kulturelle Vielfalt sichern
– GATS-Verhandlungen – Transparenz und
Flexibilität sichern
(31. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkte 5 bis 7)
Erich G. Fritz (CDU/CSU): Ich spreche zum Koali-
tionsantrag GATS-Verhandlungen – Transparenz und
Flexibilität. Mir liegt als erstes daran, zu sagen, dass wir
einen bestimmten Grundtenor des Antrages teilen. Wir
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Adam, Ulrich CDU/CSU 14.03.2003
Austermann, Dietrich CDU/CSU 14.03.2003
Breuer, Paul CDU/CSU 14.03.2003
Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
14.03.2003
Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 14.03.2003
Hartnagel, Anke SPD 14.03.2003
Laurischk, Sibylle FDP 14.03.2003
Lehn, Waltraud SPD 14.03.2003
Möllemann, Jürgen W. fraktionslos 14.03.2003
Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 14.03.2003
Rühe, Volker CDU/CSU 14.03.2003
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 14.03.2003
Schmidt (Salzgitter),
Wilhelm
SPD 14.03.2003
Schneider, Carsten SPD 14.03.2003
Seib, Marion CDU/CSU 14.03.2003
Volquartz, Angelika CDU/CSU 14.03.2003
Wettig-Danielmeier, Inge SPD 14.03.2003
Wieczorek (Böhlen),
Jürgen
SPD 14.03.2003
Anlagen zum Stenografischen Bericht
über multilaterale Verhandlungen dringend einer stärke-
ren Beteiligung des Parlaments bedarf, wenn der Prozess
der Globalisierung Akzeptanz in den Augen der Bevöl-
kerung finden soll.
Es gibt einen Anspruch der interessierten Öffentlich-
keit auf frühzeitige Information, auf voraussehbare Dis-
kussions- und Beteiligungsformen. Es gibt einen An-
spruch des Parlaments als Gesetzgeber in einer Welt, in
der immer mehr Regeln und Festsetzungen über supra-
nationale und multilaterale Verhandlungen herbeigeführt
werden. Soweit der Antrag von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen dieses Ziel verfolgt, unterstützen wir ihn.
Anlass und Art des Vorgehens der Koalition scheinen
mir aber sehr fragwürdig zu sein, um nicht zu sagen,
falsch: Es ist ein purer Zufall, dass anlässlich der Ab-
gabe der Verhandlungsangebote zu den GATS-Verhand-
lungen durch die Europäische Kommission dieser An-
trag gestellt wird. Es ist auch zufällig, dass gerade die
GATS-Verhandlungen den Anlass für diese Diskussion
und für den Antrag bieten, weil interessierte Abgeord-
nete sich gerade diesen Teil der EU-Angebote ausge-
sucht haben. Wir haben uns nicht mit gleicher Intensität
um andere Offers bzw. um andere Teile der Verhandlun-
gen in den Verhandlungsgruppen der WTO gekümmert.
Im Prinzip habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn
die Koalition ein Exempel gegen die eigene Regierung
statuieren will, um ihr einmal zu zeigen, wie sie sich nach
der Auffassung der Koalition eigentlich verhalten sollte.
Ich gehöre zu denen, die seit Jahren sagen, dass wir andere
Formen der vorbereitenden Beteiligung des Parlaments
brauchen, und bin auch schon lange der Auffassung, dass
die Regierung von sich aus nicht nur eine Information,
sondern eine Beteiligung des Parlaments herbeiführen
soll. Wenn wir die Situation verändern wollen, dann muss
allerdings das ganze Parlament darauf dringen, dass es
fest geregelte, formalisierte Beteiligungsformen gibt, die
bisher nicht existieren und deshalb entwickelt werden
müssen.
Die Vorbereitung von Verhandlungspositionen wie
auch wesentliche Schritte der Verhandlungen selbst müs-
sen transparent sein. Auch insofern folge ich der Inten-
tion des Antrages. Ich glaube, dass der Deutsche Bun-
destag durch sein beharrliches Drängen auf frühzeitige
Information und Öffentlichkeit bereits dazu beigetragen
hat, dass ein großes Maß der früheren Geheimniskräme-
rei aufgehört hat. Jetzt geht es darum, dass über die
Kenntnisnahme der Positionen auch die Abwägung, die
politische Diskussion und die Abschätzung der Folgen in
eine geordnete Bahn gelenkt werden und ein Prozess im
Bundestag vereinbart wird, der die Beteiligung des Par-
laments regelt.
Unter diesem Gesichtspunkt wäre es sicher sinn-
voll, wenn die Koalition ihren Antrag zurückziehen
würde. Vielleicht überlegen Sie, meine Damen und
2548 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
entwickeln, in welcher Form die Bundesregierung in
Zukunft die zuständigen Ausschüsse des Bundestages
bei welcher Gelegenheit und in welchem Umfang und
zu welcher Zeit befassen muss, um eine tatsächliche
Beteiligung des Parlaments zu gewährleisten.
Es darf in Zukunft nicht dem zufälligen Engagement
einiger Abgeordneter und dem guten Willen des Ministe-
riums überlassen bleiben, ob es eine Parlamentsbeteili-
gung gibt oder nicht.
Zum Antrag selbst stelle ich fest, dass man ihm sehr
deutlich anmerkt, dass er mit der heißen Nadel gestrickt
ist. Er ist an einigen Stellen sehr oberflächlich. Er enthält
formulierte Befürchtungen, die nach Kenntnis der Unter-
lagen nicht haltbar sind. Einige Fragen des Antrages sind
nur aufrechtzuerhalten, wenn man beharrlich nicht zur
Kenntnis nimmt wie das GATS konstruiert ist. Damit
kein Irrtum aufkommt: Der Bundestag hat die Pflicht zur
Abschätzung der Folgen von zu erwartenden internatio-
nalen Vereinbarungen. Unklarheiten müssen aufgeklärt
werden. Deshalb ist die vom Wirtschaftsausschuss be-
schlossene Anhörung insbesondere zu Mode 4 des
GATS-Angebotes wichtig und sinnvoll.
Nach unserer Auffassung muss man dazu aber das
Verfahren zwischen Berlin, Brüssel und Genf nicht an-
halten. Der Parlamentsvorbehalt ist deshalb eine über-
triebene Reaktion, die auch nur zufällig an dieser Frage
aufgehängt wird. Wir wissen, dass alle jetzt entwickelten
Verhandlungsangebote veränderbar sind, dass uns nichts
daran hindert, auch im weiteren Verlauf noch Grenzen
einzuziehen, insbesondere dann, wenn es uns gelingt,
das Netzwerk der nationalen Parlamente in Europa wei-
ter zu verstärken.
Manches aus dem Antrag muss man auch gar nicht
verstehen. Heute Morgen wurde in der Debatte zum Zu-
wanderungsgesetz noch für die dort vorgesehene Aufhe-
bung des Anwerbungsstopps geworben. Heute Abend
gibt es große Befürchtungen bei offensichtlich sehr ge-
ringen Öffnungen, die die Bundesregierung nach ihren
eigenen Aussagen auch noch von Arbeitsmarktprüfun-
gen abhängig machen will.
Eines muss man jedoch anerkennen: Die EU-Ange-
bote sind im Vergleich zu dem, was wir von anderen
Ländern fordern, eher bescheiden und lösen bei Ent-
wicklungsländern keinerlei Jubel aus. Wir müssen uns
aber darüber im Klaren sein, dass man auf Dauer nicht
erwarten kann, dass andere ihre Märkte für uns öffnen,
wir selbst aber in Restriktionen und Abschottung erstar-
ren. Sie schreiben, meine Damen und Herren von der
Koalition, mit Recht in Ihrem Antrag, dass der Teil des
Dienstleistungshandels noch weit hinter dem Dienstleis-
tungsanteil an der Wertschöpfung Deutschlands zurück-
steht. Gerade das GATS bietet deshalb große Möglich-
keiten für deutsche Dienstleistungserbringer auf anderen
Märkten. Dazu gehört natürlich auch das Signal, dass
dieser Prozess keine Einbahnstraße ist und wir wissen
aus der Erfahrung der letzten Jahrzehnte, dass nur dann
auf Dauer eine hohe Leistungskraft in bestimmten Bran-
chen erreicht werden kann, wenn sie auch tatsächlich
dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Dann erwecken Sie in Ih-
rem Antrag erneut den Eindruck, es gebe einen Zwang
zur Liberalisierung hoheitlich erbrachter Dienstleistun-
gen, was nach dem Angebot der EU-Kommission in kei-
ner Weise zu erwarten ist. Gerade das GATS ermöglicht
es wie kein anderes Abkommen der WTO, die nationa-
len Sonderheiten auch national zu regeln. Wieviel GATS
jedes Land will, entscheidet es im Prinzip selbst. In dem
Antrag heißt es unter III., die EU-Kommission müsse
die Zeitabläufe der nationalen Parlamente stärker be-
rücksichtigen und auf Vertraulichkeit verzichten. Dem
stimmen wir im Prinzip zu; allerdings muss umgekehrt
auch gesagt werden, dass die nationalen Parlamente die
Zeitabläufe der multilateralen Verhandlungen berück-
sichtigen müssen und dass wir selbst schneller werden
müssen, wenn wir unsere Beteiligungsrechte wahrneh-
men wollen.
Im Übrigen habe ich mich darüber gefreut, dass die
Bundesregierung sich der Forderung nach schnellerer
Öffentlichkeit der Verhandlungsgrundlagen angeschlos-
sen hat und dass Herr Lamy bei seinem Gespräch mit
Mitgliedern des Bundestages auch erklärt hat, dass nach
der Zustimmung des Rates die EU-Position ins Internet
eingestellt würde.
Im Punkt 2 des Kapitels 3 fordern Sie, die betroffenen
Fachausschüsse des Deutschen Bundestages müssten
frühzeitig, regelmäßig, umfassend und detailliert über
den Fortgang der GATS-Verhandlungen informiert wer-
den. Das scheint mir nach allem, was wir in der Vergan-
genheit erfahren haben, zu wenig zu sein. Man kann der
Bundesregierung nicht nachsagen, dass sie ihre, vor al-
len Dingen informellen Informationen gegenüber inter-
essierten Abgeordneten nicht verbessert haben. Jetzt
geht es darum zu überlegen, in welcher Form ein stan-
dardisiertes und formalisiertes Beteiligungsverfahren or-
ganisiert werden kann.
Unter III Punkt 5 formuliert die Koalition einen Par-
lamentsvorbehalt; dieser Position können wir uns nicht
anschließen. Wir sind vielmehr der Meinung, dass wir
damit unserem Land und dem Fortgang des Verhand-
lungsprozesses einen schlechten Dienst erweisen wür-
den. Wie allen bekannt ist, gibt es ohnehin eine Reihe
von Zeitüberschreitungen im Verhandlungsprozess. Wir
sollten nicht dazu beitragen, dass das Verfahren noch
weiter verzögert und erschwert wird.
So kann man im Übrigen nur vorgehen, wenn man
nicht erkannt hat, dass im Zusammenhang mit den
GATS-Verhandlungen es auch um die Durchsetzung von
nationalen Interessen und um die Gefährdung eigener
Vorteile geht.
Diese Position können wir umso leichter einnehmen,
als mittlerweile ja bekannt geworden ist, dass zu sensib-
len Bereichen die Bundesregierung bereits einen aus-
drücklichen Prüfvorbehalt eingelegt hat, sodass auch
nachträgliche Korrekturen noch möglich sind. Ebenso
scheint ja der Vorschlag auf eine Konditionierung durch
eine „wirtschaftliche Bedarfsprüfung“ bei Sektoren mit
erkennbaren Arbeitsmarktproblemen ein Weg zu sein,
der vorhandene Bedenken bereits berücksichtigt.
Wir sind allerdings der Meinung, dass die Bundes-
regierung, auch im Gespräch mit fachkundigen Instituten
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2549
(A) (C)
(B) (D)
und Verbänden, die Zweifelsfälle weiter klären soll, die
auch Gegenstand der Anhörung sein werden, sodass man
sagen kann, dass die Diskussion bereits Ergebnisse ge-
zeitigt hat.
Was ich überhaupt nicht verstehe und was offensicht-
lich nur so zu erklären ist, dass in der SPD-Fraktion jede
Arbeitsgruppe wieder ihr Steckenpferd geritten hat, ohne
allzu viele Kenntnisse über die Zusammenhänge zu ha-
ben, dass auch im Zusammenhang mit GATS nun alle
Themen, die in der WTO überhaupt eine Rolle spielen,
auf die GATS-Verhandlungen draufgesattelt werden sol-
len. Ich glaube, dass wir die Themen, die zusätzlich an-
gesprochen sind, wie Umwelt und Sozialstandards dort
behandeln sollten, wo sie hingehören, nämlich in den je-
weils dafür vorgesehenen Vertragsverhandlungen. Man
kann nicht alle Themen an einer Stelle bearbeiten.
In ihrem Antrag ist unter Ziffer 5 dann eine Frage an-
gesprochen, ob „geltende nationale und EU-weite Anfor-
derungen und Regelungen fortbestehen“, wobei explizit
auch die Frage von Tarifverträgen und Mindestlöhnen
einbezogen sein soll. Ich weiß wirklich nicht, warum
man einen Prüfauftrag vergeben soll für etwas, was aus
dem Text des Verhandlungsangebots der EU so unmiss-
verständlich hervorgeht wie nur irgend möglich. Und im
Übrigen haben sowohl die Bundesregierung als auch der
Handelskommissar Lamy das immer wieder geklärt. Ich
habe den Eindruck, dass Sie ihrer eigenen Regierung
mittlerweile überhaupt nichts mehr glauben.
Weiterhin Klärungsbedarf sehe ich bei den so genann-
ten „independent professionals“. In diesem Bereich gibt
es sehr viel Misstrauen auch von außerhalb des Parla-
ments und ich glaube, dass tatsächlich Definitionen ge-
funden werden müssen, die frühzeitig klären, was sich
dahinter verbirgt. Es hat keinen Sinn, Bereiche zu ver-
handeln, derer Umfang im eigenen Verständnis nicht klar
ist.
Verwundert hat mich, dass in Ihrem Antrag erneut
Sorgen zum Ausdruck kommen über eine Öffnung der
Dienstleistungsmärkte für verschiedene Bereiche aus der
öffentlichen Daseinsfürsorge. Das verwundert deshalb,
weil Sie wissen, dass die Europäische Union dazu über-
haupt keine Angebote gemacht hat und auch nicht beab-
sichtigt zu machen. Übereinstimmen kann ich mit Ihrem
Antrag wieder in der Forderung nach einer klaren Defi-
nition der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das würde si-
cher auch in Zukunft Interpretationsschwierigkeiten ver-
meiden.
Wenn Sie unter Punkt 6 formulieren, dass Flexibili-
tät und Transparenz erhöht werden sollen, und dann
die Forderung erheben, „dies betrifft zum einen die
souveräne Entscheidung der WTO-Mitglieder, welche
Sektoren sie in welchem Ausmaß für ausländische An-
bieter öffnen wollen, zum anderen, welche Sektoren
sie von den GATS-Verpflichtungen ausnehmen wol-
len“, so würde ein solche Formulierung auf uns selbst
zurückfallen und Arbeitsplätze kosten. Bei all dem,
was letztendlich vereinbart wird und was nicht ohne-
hin in der freien Entscheidung der Nationalstaaten
steht, muss das Recht auf Gegenseitigkeit gelten, sonst
machen Abkommen keinen Sinn.
Insgesamt sind wir der Meinung, dass der Antrag in
keiner Weise geeignet ist, um die eigentlich bestehenden
Probleme sachgerecht anzusprechen, und deshalb stim-
men wir ihm nicht zu.
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dass eine funktionierende Dienstleistungswirtschaft, bei-
spielsweise in Sektoren wie der Finanzwirtschaft, der Te-
lekommunikation oder dem Verkehr weltweit von Bedeu-
tung ist und als eine entscheidende Voraussetzung für die
wirtschaftliche Entwicklung gelten kann, wird heute sel-
ten bestritten. Seit jetzt mehr als zehn Jahren entwickelt
sich gerade der Dienstleistungssektor als dynamischster
Bereich der Weltwirtschaft. Fast ein Fünftel des gesamten
Welthandels mit Gütern und Dienstleistungen entfällt auf
den Bereich der Dienstleistungen. Schätzungen gehen da-
von aus, dass im Jahr 2020 der Anteil der Dienstleistun-
gen am grenzüberschreitenden Handel 50 Prozent ausma-
chen wird. Bereits heute entfallen mehr als die Hälfte der
weltweiten ausländischen Direktinvestitionen auf den
Dienstleistungssektor. Also gewinnt dieses Thema ge-
rade auch für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie
die unsere an Bedeutung. Die EU ist sowohl der größte
Importeur als auch der größte Exporteur von Dienstleis-
tungen weltweit. Schon daraus lässt sich ablesen, welche
Bedeutung die Dienstleistungswirtschaft für die gesamte
Wirtschaftsentwicklung der Mitgliedstaaten hat. Dies gilt
mithin auch für Deutschland. So liegt beispielsweise auf
der Hand, dass der Markt für Umweltdienstleistungen in
allen Weltregionen in den kommenden Jahren massiv
wachsen wird. Hieraus ergeben sich erhebliche Poten-
ziale für deutsche Unternehmen.
Andererseits erstreckt sich das Dienstleistungsabkom-
men potenziell auch auf Sektoren, die als äußerst sensi-
bel anzusehen sind, beispielsweise den Bereich der
audiovisuellen Dienstleistungen, der Bildung, der Was-
serversorgung oder der Gesundheitsdienstleistungen,
also auch auf so genannte hoheitliche Aufgaben.
Die GATS-Verhandlungen sind ein Teil der laufenden
Welthandelsrunde. Sie sollen also gemeinsam mit der so
genannten „Entwicklungsagenda“ (Doha Development
Agenda), den Agrarverhandlungen, über die wir heute
ebenfalls im Bundestag diskutieren, und der Präzisierung
des Abkommens zum Schutz des geistigen Eigentums zu
einem ausgewogeneren internationalen Handelssystems
führen.
Aktuell ist unsere Debatte über die GATS-Verhand-
lungen, da die Europäische Kommission derzeit ihr Ver-
handlungsangebot im Rahmen der Welthandelsrunde der
Welthandelsorganisation WTO für das Allgemeine
Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen
(GATS-Abkommen) vorbereitet. Dazu sind die Mitglied-
staaten aufgefordert, bis zum Ende dieses Monats den
Entwurf des Kommissionsvorschlags zu bewerten und in
die Welthandelsorganisation einzubringen.
Sollen die Schulen von McDonald’s übernommen
werden, die Krankenhäuser von Red Bull?, so Verdi und
Attac in einem gemeinsamen Flugblatt über die GATS-
Verhandlungen. Unbewusst oder bewusst werden damit
2550 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
Ängste geschürt gegen die Globalisierung und Liberali-
sierung. Ich halte das nicht für verantwortungsbewusst.
Über Bildung, Gesundheit, Kultur und Warenversorgung,
das hat die EU mit ihrem Verhandlungsangebot klar ge-
macht, wird gar nicht verhandelt. Und niemand – so sind
die Verhandlungsstrukturen – kann die EU dazu zwin-
gen. Für die grüne Fraktion möchte ich erklären, dass
wir es außerordentlich begrüßen, dass die Europäische
Union in ihrer Verhandlungsposition die Bereiche Bil-
dung, Kultur und audiovisuelle Dienstleistungen sowie
Gesundheitsdienstleistungen von den Liberalisierungs-
verhandlungen ausgenommen hat. Gerade hier hat es in
der Öffentlichkeit Einwände und Befürchtungen gege-
ben, die sich im Lichte des EU-Angebots nicht bestäti-
gen werden. Wir erwarten, dass in diesen Bereichen
auch durch die Dynamik der Verhandlungen, an deren
Anfang wir ja erst stehen, von der Kommission keine
weiteren Angebote gemacht werden. Also: Lasst uns
sachlich über die tatsächlichen Verhandlungspunkte zum
Beispiel Modus 4 und die Auswirkungen auf die freien
Berufe wie zum Beispiel Architekten sprechen und da-
bei nicht nur die Gefahren, sondern auch die Chancen
sehen.
Dass die Diskussion über das GATS-Abkommen in
der Öffentlichkeit erhebliche Sorgen und Befürchtungen
ausgelöst hat, ist aber zu einem erheblichen Teil auf ein
zentrales hausgemachtes Problem der Europäischen
Kommission und der WTO-Verhandlungen insgesamt
zurückzuführen: Und das besteht in mangelnder Trans-
parenz.
Ein zentrales Motiv des Koalitionsantrages ist es also,
die Transparenz der laufenden Verhandlungen zu erhö-
hen. Eine transparente, partizipatorische Beteiligung al-
ler WTO-Staaten, der demokratisch legitimierten Parla-
mente und der Zivilgesellschaft ist die Voraussetzung für
den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Gerade
die Parlamente können ein wichtiges Scharnier zwischen
Zivilgesellschaft und Verhandlungen bilden.
Was bei anderen internationalen Verhandlungen gang
und gäbe ist – die Veröffentlichung zentraler Dokumente
im Internet –, muss auch bei diesen Verhandlungen gel-
ten. Daher fordere ich ganz ausdrücklich, die relevanten
Forderungen und Angebote entsprechend zu veröffent-
lichen.
In den bisherigen Parlamentsberatungen wurde mit
Recht beklagt, dass die Zeit nicht ausreicht, sich intensiv
mit den Auswirkungen des GATS-Abkommens zu befas-
sen. Wir Grünen sprechen uns dafür aus, dies in allen re-
levanten Ausschüssen zu tun. Der Wirtschaftsausschuss
wird zu diesem Zweck Anfang April eine Anhörung zum
Thema durchführen.
So gibt es beispielsweise im Bereich der grenzüber-
schreitenden, zeitlich begrenzten Dienstleistungen durch
Personen (so genannter Modus 4) eine Reihe von offe-
nen Fragen, die wir im Parlament mit Vertretern von
Verbänden und Nichtregierungsorganisationen beraten
müssen. Nicht zuletzt deshalb halte ich es für richtig, vor
einem abschließenden, bindenden Votum dem Parlament
die Möglichkeit zu geben, seine geplanten Anhörungen
durchzuführen und die parlamentarische Willensbildung
zügig fortzusetzen.
Entwicklungsländer drängen auf die Ausweitung der
Liberalisierungsverpflichtungen für den grenzüberschrei-
tenden Verkehr natürlicher Personen zur Erbringung von
Dienstleistungen. Obwohl mir bekannt ist, dass es sich
hier teils um sensible Fragen handelt, sollte sich die EU als
einer der Hauptexporteure und -importeure von Dienst-
leistungen gegenüber den Anliegen aus Entwicklungslän-
dern aufgeschlossen zeigen.
Generell gilt, dass wir vor der Übernahme von Ver-
pflichtungen im Rahmen des GATS-Abkommens poli-
tisch und gesellschaftlich transparent über die Folgen auf
die einzelnen Dienstleistungssektoren debattieren müs-
sen. Dabei sollte das Tempo der Verhandlungen nicht zu-
lasten der Gründlichkeit gehen. Schon jetzt zeichnet sich
ab, dass viele Entwicklungsländer von der Vielzahl der
Verhandlungen überfordert sind. Aber auch die gesell-
schaftliche Debatte in den Industrieländern braucht mehr
Zeit.
An dieser Stelle ist mir wichtig, einige Grundanliegen
bezogen auf die GATS-Verhandlungen aufzugreifen. Die
EU sollte selbstverständlich keine Verpflichtungen ein-
gehen, die geltendes EU-Recht unterlaufen oder die Ver-
einbarung hoher Standards und Normen innerhalb der
EU erschweren würde. Die Flexibilität des GATS-Ab-
kommens sollte erhalten bleiben. Dies betrifft vor allem
die souveräne Entscheidung von Staaten über das Aus-
maß der Liberalisierung und das Recht, einzelne Sekto-
ren von den GATS-Verpflichtungen auszunehmen.
Nicht nur die Industrieländer, sondern auch gerade Ent-
wicklungsländer sollten bei der Erbringung von Dienstleis-
tungen in ihrem Hoheitsgebiet, Dienstleistungssektoren im
Einklang mit den nationalen politischen Zielsetzungen
regulieren können. Grünes Ziel ist es, sicherzustellen,
dass die Verhandlungsergebnisse auch zur wirtschaftli-
chen und sozialen Entwicklung in Entwicklungsländern
beitragen.
Das GATS-Abkommen ist ein äußerst komplexes Ab-
kommen, dessen Nuancen und Fallstricke sich nicht im-
mer direkt erschließen. Wir sollten als Parlamentarier
mit Selbstbewusstsein die Zeit einfordern, die eine ange-
messene Befassung mit dem Thema erfordert, denn wir
sind diejenigen, die die Verhandlungsergebnisse in die-
sem Hause ratifizieren müssen.
Gerade bei komplexen internationalen Verhandlungen
hat das Parlament auch die Aufgabe der „Übersetzung“
bzw. Vermittlung neuer internationaler Vereinbarungen
und Verträge in die Gesellschaft. Dem gerecht zu wer-
den, auch das zeigen die GATS-Verhandlungen, ist eine
äußerst schwierige Aufgabe.
Anlage 3
Amtliche Mitteilungen
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2551
(A) (C)
(B) (D)
der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
nachstehenden Vorlagen absieht:
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Finanzplan des Bundes 2002 bis 2006
– Drucksachen 14/9751, 15/345 Nr. 46 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent-
wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes
– Drucksachen 15/151, 15/402 –
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Fortschreibung des Rheumaberichtes der Bundesregie-
rung
– Drucksachen 13/8434, 15/345 Nr. 66 –
Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Nationaler Radverkehrsplan 2002 bis 2012 „FahrRad“ –
Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in
Deutschland
– Drucksachen 14/9504, 15/345 Nr. 70 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Jahresbericht 2002 der Bundesregierung zum Stand der
Deutschen Einheit
– Drucksache 14/9950 –
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Berufsbildungsbericht 2002
– Drucksachen 14/8950, 15/345 Nr. 74 –
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen
zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Eu-
ropäischen Parlaments 2002
– Drucksachen 15/340, 15/389 Nr. 1.3 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Petitionsausschuss
Drucksache 15/173 Nr. 1.9
Drucksache 15/173 Nr.1.10
Finanzausschuss
Drucksache 15/339 Nr. 2.11
Drucksache 15/339 Nr. 2.12
Drucksache 15/339 Nr. 3.1
Haushaltsausschuss
Drucksache 15/392 Nr. 2.45
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Drucksache 15/103 Nr. 2.28
Drucksache 15/173 Nr. 1.3
Drucksache 15/173 Nr. 1.8
Drucksache 15/173 Nr. 1.15
Drucksache 15/173 Nr. 2.5
Drucksache 15/173 Nr. 2.6
Drucksache 15/173 Nr. 2.9
Drucksache 15/173 Nr. 2.10
Drucksache 15/173 Nr. 2.13
Drucksache 15/173 Nr. 2.14
Drucksache 15/173 Nr. 2.17
Drucksache 15/173 Nr. 2.18
Drucksache 15/173 Nr. 2.19
Drucksache 15/173 Nr. 2.21
Drucksache 15/173 Nr. 2.22
Drucksache 15/173 Nr. 2.23
Drucksache 15/173 Nr. 2.29
Drucksache 15/173 Nr. 2.30
Drucksache 15/173 Nr. 2.32
Drucksache 15/173 Nr. 2.35
Drucksache 15/173 Nr. 2.36
Drucksache 15/173 Nr. 2.37
Drucksache 15/173 Nr. 2.40
Drucksache 15/173 Nr. 2.42
Drucksache 15/173 Nr. 2.43
Drucksache 15/173 Nr. 2.47
Drucksache 15/173 Nr. 2.62
Drucksache 15/173 Nr. 2.67
Drucksache 15/173 Nr. 2.71
Drucksache 15/173 Nr. 2.76
Drucksache 15/173 Nr. 2.82
Drucksache 15/173 Nr. 2.83
Drucksache 15/173 Nr. 2.88
Drucksache 15/173 Nr. 2.90
Drucksache 15/268 Nr. 2.25
Drucksache 15/268 Nr. 2.27
Drucksache 15/268 Nr. 2.28
Drucksache 15/268 Nr. 2.31
Drucksache 15/268 Nr. 2.36
Drucksache 15/268 Nr. 2.42
Drucksache 15/268 Nr. 2.43
Drucksache 15/268 Nr. 2.44
Drucksache 15/268 Nr. 2.45
Drucksache 15/268 Nr. 2.46
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Drucksache 15/103 Nr. 2.69
Drucksache 15/103 Nr. 2.111
Drucksache 15/103 Nr. 2.112
Drucksache 15/268 Nr. 2.4
Drucksache 15/268 Nr. 2.8
Drucksache 15/268 Nr. 2.9
Drucksache 15/268 Nr. 2.11
Drucksache 15/268 Nr. 2.13
Drucksache 15/268 Nr. 2.14
Drucksache 15/268 Nr. 2.15
Drucksache 15/268 Nr. 2.16
Drucksache 15/268 Nr. 2.18
Drucksache 15/268 Nr. 2.30
Drucksache 15/339 Nr. 2.30
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Drucksache 15/103 Nr. 2.7
Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung
Drucksache 15/103 Nr. 2.5
Drucksache 15/103 Nr. 2.66
2552 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003
(A) (C)
(B) (D)
Drucksache 15/173 Nr. 2.33
Drucksache 15/173 Nr. 2.53
Drucksache 15/268 Nr. 2.3
Drucksache 15/345 Nr. 67
Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
Drucksache 15/392 Nr. 2.61
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Drucksache 15/103 Nr. 1.9
Drucksache 15/173 Nr. 2.78
Drucksache 15/173 Nr. 2.80
Drucksache 15/173 Nr. 2.81
Drucksache 15/173 Nr. 2.87
Drucksache 15/268 Nr. 2.22
Drucksache 15/268 Nr. 2.34
Drucksache 15/268 Nr. 2.39
Drucksache 15/268 Nr. 2.47
Drucksache 15/339 Nr. 2.9
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Drucksache 15/345 Nr. 73
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 15/339 Nr. 2.25
Drucksache 15/339 Nr. 2.35
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 15/345 Nr. 78
Drucksache 15/345 Nr. 79
Drucksache 15/345 Nr. 80
Drucksache 15/345 Nr. 81
Drucksache 15/345 Nr. 82
Drucksache 15/392 Nr. 1.3
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 15/173 Nr. 1.14
nd 91, 1
22
32. Sitzung
Berlin, Freitag, den 14. März 2003
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3