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ID1503201600

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    124. Dank.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/32 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht (31. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkte 5 Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . bis 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2530 D 2534 B 2536 C 2540 C 2542 A 2543 D 2547 B 2547 B 2549 C 2550 D 32. Sit Berlin, Freitag, de I n h a Tagesordnungspunkt 13: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler: Mut zum Frieden und zur Veränderung . . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 2479 A 2479 B 2493 B 2505 A 2511 C 2515 C 2520 D 2528 C zung n 14. März 2003 l t : Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – GATS-Verhandlungen – Bildung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern – GATS-Verhandlungen – Transparenz und Flexibilität sichern 2545 C 2547 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2479 (A) (C) (B) (D) 32. Sit Berlin, Freitag, de Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2547 (A) (C) (B) (D) Randinformationen hinaus durchsetzen. Wir glauben, dass die veränderte Form internationaler Rechtssetzung einmal, ob dies nicht der bessere Weg wäre. Dann wä- ren wir in der Lage, gemeinsame generelle Regeln zu wollen die Beteiligungsrechte des Parlaments über Herren von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen noch Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – GATS-Verhandlungen – Bildung als öffent- liches Gut und kulturelle Vielfalt sichern – GATS-Verhandlungen – Transparenz und Flexibilität sichern (31. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkte 5 bis 7) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Ich spreche zum Koali- tionsantrag GATS-Verhandlungen – Transparenz und Flexibilität. Mir liegt als erstes daran, zu sagen, dass wir einen bestimmten Grundtenor des Antrages teilen. Wir Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 14.03.2003 Austermann, Dietrich CDU/CSU 14.03.2003 Breuer, Paul CDU/CSU 14.03.2003 Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2003 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 14.03.2003 Hartnagel, Anke SPD 14.03.2003 Laurischk, Sibylle FDP 14.03.2003 Lehn, Waltraud SPD 14.03.2003 Möllemann, Jürgen W. fraktionslos 14.03.2003 Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 14.03.2003 Rühe, Volker CDU/CSU 14.03.2003 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 14.03.2003 Schmidt (Salzgitter), Wilhelm SPD 14.03.2003 Schneider, Carsten SPD 14.03.2003 Seib, Marion CDU/CSU 14.03.2003 Volquartz, Angelika CDU/CSU 14.03.2003 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 14.03.2003 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 14.03.2003 Anlagen zum Stenografischen Bericht über multilaterale Verhandlungen dringend einer stärke- ren Beteiligung des Parlaments bedarf, wenn der Prozess der Globalisierung Akzeptanz in den Augen der Bevöl- kerung finden soll. Es gibt einen Anspruch der interessierten Öffentlich- keit auf frühzeitige Information, auf voraussehbare Dis- kussions- und Beteiligungsformen. Es gibt einen An- spruch des Parlaments als Gesetzgeber in einer Welt, in der immer mehr Regeln und Festsetzungen über supra- nationale und multilaterale Verhandlungen herbeigeführt werden. Soweit der Antrag von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen dieses Ziel verfolgt, unterstützen wir ihn. Anlass und Art des Vorgehens der Koalition scheinen mir aber sehr fragwürdig zu sein, um nicht zu sagen, falsch: Es ist ein purer Zufall, dass anlässlich der Ab- gabe der Verhandlungsangebote zu den GATS-Verhand- lungen durch die Europäische Kommission dieser An- trag gestellt wird. Es ist auch zufällig, dass gerade die GATS-Verhandlungen den Anlass für diese Diskussion und für den Antrag bieten, weil interessierte Abgeord- nete sich gerade diesen Teil der EU-Angebote ausge- sucht haben. Wir haben uns nicht mit gleicher Intensität um andere Offers bzw. um andere Teile der Verhandlun- gen in den Verhandlungsgruppen der WTO gekümmert. Im Prinzip habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn die Koalition ein Exempel gegen die eigene Regierung statuieren will, um ihr einmal zu zeigen, wie sie sich nach der Auffassung der Koalition eigentlich verhalten sollte. Ich gehöre zu denen, die seit Jahren sagen, dass wir andere Formen der vorbereitenden Beteiligung des Parlaments brauchen, und bin auch schon lange der Auffassung, dass die Regierung von sich aus nicht nur eine Information, sondern eine Beteiligung des Parlaments herbeiführen soll. Wenn wir die Situation verändern wollen, dann muss allerdings das ganze Parlament darauf dringen, dass es fest geregelte, formalisierte Beteiligungsformen gibt, die bisher nicht existieren und deshalb entwickelt werden müssen. Die Vorbereitung von Verhandlungspositionen wie auch wesentliche Schritte der Verhandlungen selbst müs- sen transparent sein. Auch insofern folge ich der Inten- tion des Antrages. Ich glaube, dass der Deutsche Bun- destag durch sein beharrliches Drängen auf frühzeitige Information und Öffentlichkeit bereits dazu beigetragen hat, dass ein großes Maß der früheren Geheimniskräme- rei aufgehört hat. Jetzt geht es darum, dass über die Kenntnisnahme der Positionen auch die Abwägung, die politische Diskussion und die Abschätzung der Folgen in eine geordnete Bahn gelenkt werden und ein Prozess im Bundestag vereinbart wird, der die Beteiligung des Par- laments regelt. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es sicher sinn- voll, wenn die Koalition ihren Antrag zurückziehen würde. Vielleicht überlegen Sie, meine Damen und 2548 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 (A) (C) (B) (D) entwickeln, in welcher Form die Bundesregierung in Zukunft die zuständigen Ausschüsse des Bundestages bei welcher Gelegenheit und in welchem Umfang und zu welcher Zeit befassen muss, um eine tatsächliche Beteiligung des Parlaments zu gewährleisten. Es darf in Zukunft nicht dem zufälligen Engagement einiger Abgeordneter und dem guten Willen des Ministe- riums überlassen bleiben, ob es eine Parlamentsbeteili- gung gibt oder nicht. Zum Antrag selbst stelle ich fest, dass man ihm sehr deutlich anmerkt, dass er mit der heißen Nadel gestrickt ist. Er ist an einigen Stellen sehr oberflächlich. Er enthält formulierte Befürchtungen, die nach Kenntnis der Unter- lagen nicht haltbar sind. Einige Fragen des Antrages sind nur aufrechtzuerhalten, wenn man beharrlich nicht zur Kenntnis nimmt wie das GATS konstruiert ist. Damit kein Irrtum aufkommt: Der Bundestag hat die Pflicht zur Abschätzung der Folgen von zu erwartenden internatio- nalen Vereinbarungen. Unklarheiten müssen aufgeklärt werden. Deshalb ist die vom Wirtschaftsausschuss be- schlossene Anhörung insbesondere zu Mode 4 des GATS-Angebotes wichtig und sinnvoll. Nach unserer Auffassung muss man dazu aber das Verfahren zwischen Berlin, Brüssel und Genf nicht an- halten. Der Parlamentsvorbehalt ist deshalb eine über- triebene Reaktion, die auch nur zufällig an dieser Frage aufgehängt wird. Wir wissen, dass alle jetzt entwickelten Verhandlungsangebote veränderbar sind, dass uns nichts daran hindert, auch im weiteren Verlauf noch Grenzen einzuziehen, insbesondere dann, wenn es uns gelingt, das Netzwerk der nationalen Parlamente in Europa wei- ter zu verstärken. Manches aus dem Antrag muss man auch gar nicht verstehen. Heute Morgen wurde in der Debatte zum Zu- wanderungsgesetz noch für die dort vorgesehene Aufhe- bung des Anwerbungsstopps geworben. Heute Abend gibt es große Befürchtungen bei offensichtlich sehr ge- ringen Öffnungen, die die Bundesregierung nach ihren eigenen Aussagen auch noch von Arbeitsmarktprüfun- gen abhängig machen will. Eines muss man jedoch anerkennen: Die EU-Ange- bote sind im Vergleich zu dem, was wir von anderen Ländern fordern, eher bescheiden und lösen bei Ent- wicklungsländern keinerlei Jubel aus. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass man auf Dauer nicht erwarten kann, dass andere ihre Märkte für uns öffnen, wir selbst aber in Restriktionen und Abschottung erstar- ren. Sie schreiben, meine Damen und Herren von der Koalition, mit Recht in Ihrem Antrag, dass der Teil des Dienstleistungshandels noch weit hinter dem Dienstleis- tungsanteil an der Wertschöpfung Deutschlands zurück- steht. Gerade das GATS bietet deshalb große Möglich- keiten für deutsche Dienstleistungserbringer auf anderen Märkten. Dazu gehört natürlich auch das Signal, dass dieser Prozess keine Einbahnstraße ist und wir wissen aus der Erfahrung der letzten Jahrzehnte, dass nur dann auf Dauer eine hohe Leistungskraft in bestimmten Bran- chen erreicht werden kann, wenn sie auch tatsächlich dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Dann erwecken Sie in Ih- rem Antrag erneut den Eindruck, es gebe einen Zwang zur Liberalisierung hoheitlich erbrachter Dienstleistun- gen, was nach dem Angebot der EU-Kommission in kei- ner Weise zu erwarten ist. Gerade das GATS ermöglicht es wie kein anderes Abkommen der WTO, die nationa- len Sonderheiten auch national zu regeln. Wieviel GATS jedes Land will, entscheidet es im Prinzip selbst. In dem Antrag heißt es unter III., die EU-Kommission müsse die Zeitabläufe der nationalen Parlamente stärker be- rücksichtigen und auf Vertraulichkeit verzichten. Dem stimmen wir im Prinzip zu; allerdings muss umgekehrt auch gesagt werden, dass die nationalen Parlamente die Zeitabläufe der multilateralen Verhandlungen berück- sichtigen müssen und dass wir selbst schneller werden müssen, wenn wir unsere Beteiligungsrechte wahrneh- men wollen. Im Übrigen habe ich mich darüber gefreut, dass die Bundesregierung sich der Forderung nach schnellerer Öffentlichkeit der Verhandlungsgrundlagen angeschlos- sen hat und dass Herr Lamy bei seinem Gespräch mit Mitgliedern des Bundestages auch erklärt hat, dass nach der Zustimmung des Rates die EU-Position ins Internet eingestellt würde. Im Punkt 2 des Kapitels 3 fordern Sie, die betroffenen Fachausschüsse des Deutschen Bundestages müssten frühzeitig, regelmäßig, umfassend und detailliert über den Fortgang der GATS-Verhandlungen informiert wer- den. Das scheint mir nach allem, was wir in der Vergan- genheit erfahren haben, zu wenig zu sein. Man kann der Bundesregierung nicht nachsagen, dass sie ihre, vor al- len Dingen informellen Informationen gegenüber inter- essierten Abgeordneten nicht verbessert haben. Jetzt geht es darum zu überlegen, in welcher Form ein stan- dardisiertes und formalisiertes Beteiligungsverfahren or- ganisiert werden kann. Unter III Punkt 5 formuliert die Koalition einen Par- lamentsvorbehalt; dieser Position können wir uns nicht anschließen. Wir sind vielmehr der Meinung, dass wir damit unserem Land und dem Fortgang des Verhand- lungsprozesses einen schlechten Dienst erweisen wür- den. Wie allen bekannt ist, gibt es ohnehin eine Reihe von Zeitüberschreitungen im Verhandlungsprozess. Wir sollten nicht dazu beitragen, dass das Verfahren noch weiter verzögert und erschwert wird. So kann man im Übrigen nur vorgehen, wenn man nicht erkannt hat, dass im Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen es auch um die Durchsetzung von nationalen Interessen und um die Gefährdung eigener Vorteile geht. Diese Position können wir umso leichter einnehmen, als mittlerweile ja bekannt geworden ist, dass zu sensib- len Bereichen die Bundesregierung bereits einen aus- drücklichen Prüfvorbehalt eingelegt hat, sodass auch nachträgliche Korrekturen noch möglich sind. Ebenso scheint ja der Vorschlag auf eine Konditionierung durch eine „wirtschaftliche Bedarfsprüfung“ bei Sektoren mit erkennbaren Arbeitsmarktproblemen ein Weg zu sein, der vorhandene Bedenken bereits berücksichtigt. Wir sind allerdings der Meinung, dass die Bundes- regierung, auch im Gespräch mit fachkundigen Instituten Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2549 (A) (C) (B) (D) und Verbänden, die Zweifelsfälle weiter klären soll, die auch Gegenstand der Anhörung sein werden, sodass man sagen kann, dass die Diskussion bereits Ergebnisse ge- zeitigt hat. Was ich überhaupt nicht verstehe und was offensicht- lich nur so zu erklären ist, dass in der SPD-Fraktion jede Arbeitsgruppe wieder ihr Steckenpferd geritten hat, ohne allzu viele Kenntnisse über die Zusammenhänge zu ha- ben, dass auch im Zusammenhang mit GATS nun alle Themen, die in der WTO überhaupt eine Rolle spielen, auf die GATS-Verhandlungen draufgesattelt werden sol- len. Ich glaube, dass wir die Themen, die zusätzlich an- gesprochen sind, wie Umwelt und Sozialstandards dort behandeln sollten, wo sie hingehören, nämlich in den je- weils dafür vorgesehenen Vertragsverhandlungen. Man kann nicht alle Themen an einer Stelle bearbeiten. In ihrem Antrag ist unter Ziffer 5 dann eine Frage an- gesprochen, ob „geltende nationale und EU-weite Anfor- derungen und Regelungen fortbestehen“, wobei explizit auch die Frage von Tarifverträgen und Mindestlöhnen einbezogen sein soll. Ich weiß wirklich nicht, warum man einen Prüfauftrag vergeben soll für etwas, was aus dem Text des Verhandlungsangebots der EU so unmiss- verständlich hervorgeht wie nur irgend möglich. Und im Übrigen haben sowohl die Bundesregierung als auch der Handelskommissar Lamy das immer wieder geklärt. Ich habe den Eindruck, dass Sie ihrer eigenen Regierung mittlerweile überhaupt nichts mehr glauben. Weiterhin Klärungsbedarf sehe ich bei den so genann- ten „independent professionals“. In diesem Bereich gibt es sehr viel Misstrauen auch von außerhalb des Parla- ments und ich glaube, dass tatsächlich Definitionen ge- funden werden müssen, die frühzeitig klären, was sich dahinter verbirgt. Es hat keinen Sinn, Bereiche zu ver- handeln, derer Umfang im eigenen Verständnis nicht klar ist. Verwundert hat mich, dass in Ihrem Antrag erneut Sorgen zum Ausdruck kommen über eine Öffnung der Dienstleistungsmärkte für verschiedene Bereiche aus der öffentlichen Daseinsfürsorge. Das verwundert deshalb, weil Sie wissen, dass die Europäische Union dazu über- haupt keine Angebote gemacht hat und auch nicht beab- sichtigt zu machen. Übereinstimmen kann ich mit Ihrem Antrag wieder in der Forderung nach einer klaren Defi- nition der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das würde si- cher auch in Zukunft Interpretationsschwierigkeiten ver- meiden. Wenn Sie unter Punkt 6 formulieren, dass Flexibili- tät und Transparenz erhöht werden sollen, und dann die Forderung erheben, „dies betrifft zum einen die souveräne Entscheidung der WTO-Mitglieder, welche Sektoren sie in welchem Ausmaß für ausländische An- bieter öffnen wollen, zum anderen, welche Sektoren sie von den GATS-Verpflichtungen ausnehmen wol- len“, so würde ein solche Formulierung auf uns selbst zurückfallen und Arbeitsplätze kosten. Bei all dem, was letztendlich vereinbart wird und was nicht ohne- hin in der freien Entscheidung der Nationalstaaten steht, muss das Recht auf Gegenseitigkeit gelten, sonst machen Abkommen keinen Sinn. Insgesamt sind wir der Meinung, dass der Antrag in keiner Weise geeignet ist, um die eigentlich bestehenden Probleme sachgerecht anzusprechen, und deshalb stim- men wir ihm nicht zu. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass eine funktionierende Dienstleistungswirtschaft, bei- spielsweise in Sektoren wie der Finanzwirtschaft, der Te- lekommunikation oder dem Verkehr weltweit von Bedeu- tung ist und als eine entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung gelten kann, wird heute sel- ten bestritten. Seit jetzt mehr als zehn Jahren entwickelt sich gerade der Dienstleistungssektor als dynamischster Bereich der Weltwirtschaft. Fast ein Fünftel des gesamten Welthandels mit Gütern und Dienstleistungen entfällt auf den Bereich der Dienstleistungen. Schätzungen gehen da- von aus, dass im Jahr 2020 der Anteil der Dienstleistun- gen am grenzüberschreitenden Handel 50 Prozent ausma- chen wird. Bereits heute entfallen mehr als die Hälfte der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen auf den Dienstleistungssektor. Also gewinnt dieses Thema ge- rade auch für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie die unsere an Bedeutung. Die EU ist sowohl der größte Importeur als auch der größte Exporteur von Dienstleis- tungen weltweit. Schon daraus lässt sich ablesen, welche Bedeutung die Dienstleistungswirtschaft für die gesamte Wirtschaftsentwicklung der Mitgliedstaaten hat. Dies gilt mithin auch für Deutschland. So liegt beispielsweise auf der Hand, dass der Markt für Umweltdienstleistungen in allen Weltregionen in den kommenden Jahren massiv wachsen wird. Hieraus ergeben sich erhebliche Poten- ziale für deutsche Unternehmen. Andererseits erstreckt sich das Dienstleistungsabkom- men potenziell auch auf Sektoren, die als äußerst sensi- bel anzusehen sind, beispielsweise den Bereich der audiovisuellen Dienstleistungen, der Bildung, der Was- serversorgung oder der Gesundheitsdienstleistungen, also auch auf so genannte hoheitliche Aufgaben. Die GATS-Verhandlungen sind ein Teil der laufenden Welthandelsrunde. Sie sollen also gemeinsam mit der so genannten „Entwicklungsagenda“ (Doha Development Agenda), den Agrarverhandlungen, über die wir heute ebenfalls im Bundestag diskutieren, und der Präzisierung des Abkommens zum Schutz des geistigen Eigentums zu einem ausgewogeneren internationalen Handelssystems führen. Aktuell ist unsere Debatte über die GATS-Verhand- lungen, da die Europäische Kommission derzeit ihr Ver- handlungsangebot im Rahmen der Welthandelsrunde der Welthandelsorganisation WTO für das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS-Abkommen) vorbereitet. Dazu sind die Mitglied- staaten aufgefordert, bis zum Ende dieses Monats den Entwurf des Kommissionsvorschlags zu bewerten und in die Welthandelsorganisation einzubringen. Sollen die Schulen von McDonald’s übernommen werden, die Krankenhäuser von Red Bull?, so Verdi und Attac in einem gemeinsamen Flugblatt über die GATS- Verhandlungen. Unbewusst oder bewusst werden damit 2550 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 (A) (C) (B) (D) Ängste geschürt gegen die Globalisierung und Liberali- sierung. Ich halte das nicht für verantwortungsbewusst. Über Bildung, Gesundheit, Kultur und Warenversorgung, das hat die EU mit ihrem Verhandlungsangebot klar ge- macht, wird gar nicht verhandelt. Und niemand – so sind die Verhandlungsstrukturen – kann die EU dazu zwin- gen. Für die grüne Fraktion möchte ich erklären, dass wir es außerordentlich begrüßen, dass die Europäische Union in ihrer Verhandlungsposition die Bereiche Bil- dung, Kultur und audiovisuelle Dienstleistungen sowie Gesundheitsdienstleistungen von den Liberalisierungs- verhandlungen ausgenommen hat. Gerade hier hat es in der Öffentlichkeit Einwände und Befürchtungen gege- ben, die sich im Lichte des EU-Angebots nicht bestäti- gen werden. Wir erwarten, dass in diesen Bereichen auch durch die Dynamik der Verhandlungen, an deren Anfang wir ja erst stehen, von der Kommission keine weiteren Angebote gemacht werden. Also: Lasst uns sachlich über die tatsächlichen Verhandlungspunkte zum Beispiel Modus 4 und die Auswirkungen auf die freien Berufe wie zum Beispiel Architekten sprechen und da- bei nicht nur die Gefahren, sondern auch die Chancen sehen. Dass die Diskussion über das GATS-Abkommen in der Öffentlichkeit erhebliche Sorgen und Befürchtungen ausgelöst hat, ist aber zu einem erheblichen Teil auf ein zentrales hausgemachtes Problem der Europäischen Kommission und der WTO-Verhandlungen insgesamt zurückzuführen: Und das besteht in mangelnder Trans- parenz. Ein zentrales Motiv des Koalitionsantrages ist es also, die Transparenz der laufenden Verhandlungen zu erhö- hen. Eine transparente, partizipatorische Beteiligung al- ler WTO-Staaten, der demokratisch legitimierten Parla- mente und der Zivilgesellschaft ist die Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Gerade die Parlamente können ein wichtiges Scharnier zwischen Zivilgesellschaft und Verhandlungen bilden. Was bei anderen internationalen Verhandlungen gang und gäbe ist – die Veröffentlichung zentraler Dokumente im Internet –, muss auch bei diesen Verhandlungen gel- ten. Daher fordere ich ganz ausdrücklich, die relevanten Forderungen und Angebote entsprechend zu veröffent- lichen. In den bisherigen Parlamentsberatungen wurde mit Recht beklagt, dass die Zeit nicht ausreicht, sich intensiv mit den Auswirkungen des GATS-Abkommens zu befas- sen. Wir Grünen sprechen uns dafür aus, dies in allen re- levanten Ausschüssen zu tun. Der Wirtschaftsausschuss wird zu diesem Zweck Anfang April eine Anhörung zum Thema durchführen. So gibt es beispielsweise im Bereich der grenzüber- schreitenden, zeitlich begrenzten Dienstleistungen durch Personen (so genannter Modus 4) eine Reihe von offe- nen Fragen, die wir im Parlament mit Vertretern von Verbänden und Nichtregierungsorganisationen beraten müssen. Nicht zuletzt deshalb halte ich es für richtig, vor einem abschließenden, bindenden Votum dem Parlament die Möglichkeit zu geben, seine geplanten Anhörungen durchzuführen und die parlamentarische Willensbildung zügig fortzusetzen. Entwicklungsländer drängen auf die Ausweitung der Liberalisierungsverpflichtungen für den grenzüberschrei- tenden Verkehr natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen. Obwohl mir bekannt ist, dass es sich hier teils um sensible Fragen handelt, sollte sich die EU als einer der Hauptexporteure und -importeure von Dienst- leistungen gegenüber den Anliegen aus Entwicklungslän- dern aufgeschlossen zeigen. Generell gilt, dass wir vor der Übernahme von Ver- pflichtungen im Rahmen des GATS-Abkommens poli- tisch und gesellschaftlich transparent über die Folgen auf die einzelnen Dienstleistungssektoren debattieren müs- sen. Dabei sollte das Tempo der Verhandlungen nicht zu- lasten der Gründlichkeit gehen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass viele Entwicklungsländer von der Vielzahl der Verhandlungen überfordert sind. Aber auch die gesell- schaftliche Debatte in den Industrieländern braucht mehr Zeit. An dieser Stelle ist mir wichtig, einige Grundanliegen bezogen auf die GATS-Verhandlungen aufzugreifen. Die EU sollte selbstverständlich keine Verpflichtungen ein- gehen, die geltendes EU-Recht unterlaufen oder die Ver- einbarung hoher Standards und Normen innerhalb der EU erschweren würde. Die Flexibilität des GATS-Ab- kommens sollte erhalten bleiben. Dies betrifft vor allem die souveräne Entscheidung von Staaten über das Aus- maß der Liberalisierung und das Recht, einzelne Sekto- ren von den GATS-Verpflichtungen auszunehmen. Nicht nur die Industrieländer, sondern auch gerade Ent- wicklungsländer sollten bei der Erbringung von Dienstleis- tungen in ihrem Hoheitsgebiet, Dienstleistungssektoren im Einklang mit den nationalen politischen Zielsetzungen regulieren können. Grünes Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Verhandlungsergebnisse auch zur wirtschaftli- chen und sozialen Entwicklung in Entwicklungsländern beitragen. Das GATS-Abkommen ist ein äußerst komplexes Ab- kommen, dessen Nuancen und Fallstricke sich nicht im- mer direkt erschließen. Wir sollten als Parlamentarier mit Selbstbewusstsein die Zeit einfordern, die eine ange- messene Befassung mit dem Thema erfordert, denn wir sind diejenigen, die die Verhandlungsergebnisse in die- sem Hause ratifizieren müssen. Gerade bei komplexen internationalen Verhandlungen hat das Parlament auch die Aufgabe der „Übersetzung“ bzw. Vermittlung neuer internationaler Vereinbarungen und Verträge in die Gesellschaft. Dem gerecht zu wer- den, auch das zeigen die GATS-Verhandlungen, ist eine äußerst schwierige Aufgabe. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 2551 (A) (C) (B) (D) der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 2002 bis 2006 – Drucksachen 14/9751, 15/345 Nr. 46 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes – Drucksachen 15/151, 15/402 – Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Fortschreibung des Rheumaberichtes der Bundesregie- rung – Drucksachen 13/8434, 15/345 Nr. 66 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen – Unterrichtung durch die Bundesregierung Nationaler Radverkehrsplan 2002 bis 2012 „FahrRad“ – Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in Deutschland – Drucksachen 14/9504, 15/345 Nr. 70 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht 2002 der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit – Drucksache 14/9950 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Berufsbildungsbericht 2002 – Drucksachen 14/8950, 15/345 Nr. 74 – Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Eu- ropäischen Parlaments 2002 – Drucksachen 15/340, 15/389 Nr. 1.3 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 15/173 Nr. 1.9 Drucksache 15/173 Nr.1.10 Finanzausschuss Drucksache 15/339 Nr. 2.11 Drucksache 15/339 Nr. 2.12 Drucksache 15/339 Nr. 3.1 Haushaltsausschuss Drucksache 15/392 Nr. 2.45 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/103 Nr. 2.28 Drucksache 15/173 Nr. 1.3 Drucksache 15/173 Nr. 1.8 Drucksache 15/173 Nr. 1.15 Drucksache 15/173 Nr. 2.5 Drucksache 15/173 Nr. 2.6 Drucksache 15/173 Nr. 2.9 Drucksache 15/173 Nr. 2.10 Drucksache 15/173 Nr. 2.13 Drucksache 15/173 Nr. 2.14 Drucksache 15/173 Nr. 2.17 Drucksache 15/173 Nr. 2.18 Drucksache 15/173 Nr. 2.19 Drucksache 15/173 Nr. 2.21 Drucksache 15/173 Nr. 2.22 Drucksache 15/173 Nr. 2.23 Drucksache 15/173 Nr. 2.29 Drucksache 15/173 Nr. 2.30 Drucksache 15/173 Nr. 2.32 Drucksache 15/173 Nr. 2.35 Drucksache 15/173 Nr. 2.36 Drucksache 15/173 Nr. 2.37 Drucksache 15/173 Nr. 2.40 Drucksache 15/173 Nr. 2.42 Drucksache 15/173 Nr. 2.43 Drucksache 15/173 Nr. 2.47 Drucksache 15/173 Nr. 2.62 Drucksache 15/173 Nr. 2.67 Drucksache 15/173 Nr. 2.71 Drucksache 15/173 Nr. 2.76 Drucksache 15/173 Nr. 2.82 Drucksache 15/173 Nr. 2.83 Drucksache 15/173 Nr. 2.88 Drucksache 15/173 Nr. 2.90 Drucksache 15/268 Nr. 2.25 Drucksache 15/268 Nr. 2.27 Drucksache 15/268 Nr. 2.28 Drucksache 15/268 Nr. 2.31 Drucksache 15/268 Nr. 2.36 Drucksache 15/268 Nr. 2.42 Drucksache 15/268 Nr. 2.43 Drucksache 15/268 Nr. 2.44 Drucksache 15/268 Nr. 2.45 Drucksache 15/268 Nr. 2.46 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/103 Nr. 2.69 Drucksache 15/103 Nr. 2.111 Drucksache 15/103 Nr. 2.112 Drucksache 15/268 Nr. 2.4 Drucksache 15/268 Nr. 2.8 Drucksache 15/268 Nr. 2.9 Drucksache 15/268 Nr. 2.11 Drucksache 15/268 Nr. 2.13 Drucksache 15/268 Nr. 2.14 Drucksache 15/268 Nr. 2.15 Drucksache 15/268 Nr. 2.16 Drucksache 15/268 Nr. 2.18 Drucksache 15/268 Nr. 2.30 Drucksache 15/339 Nr. 2.30 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 15/103 Nr. 2.7 Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung Drucksache 15/103 Nr. 2.5 Drucksache 15/103 Nr. 2.66 2552 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2003 (A) (C) (B) (D) Drucksache 15/173 Nr. 2.33 Drucksache 15/173 Nr. 2.53 Drucksache 15/268 Nr. 2.3 Drucksache 15/345 Nr. 67 Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen Drucksache 15/392 Nr. 2.61 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/103 Nr. 1.9 Drucksache 15/173 Nr. 2.78 Drucksache 15/173 Nr. 2.80 Drucksache 15/173 Nr. 2.81 Drucksache 15/173 Nr. 2.87 Drucksache 15/268 Nr. 2.22 Drucksache 15/268 Nr. 2.34 Drucksache 15/268 Nr. 2.39 Drucksache 15/268 Nr. 2.47 Drucksache 15/339 Nr. 2.9 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 15/345 Nr. 73 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/339 Nr. 2.25 Drucksache 15/339 Nr. 2.35 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/345 Nr. 78 Drucksache 15/345 Nr. 79 Drucksache 15/345 Nr. 80 Drucksache 15/345 Nr. 81 Drucksache 15/345 Nr. 82 Drucksache 15/392 Nr. 1.3 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 15/173 Nr. 1.14 nd 91, 1 22 32. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. März 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Die heutige Debatte über die Zukunft Deutschlands
    ist überfällig.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mach ein Flasche Champagner auf!)


    Aber sie wird überschattet von der Krise um den Irak. In
    der Außenpolitik sehen wir, dass Säulen, die die Welt-
    ordnung bisher getragen haben und die uns fünf Jahr-
    zehnte lang Frieden und Freiheit gesichert haben, ins
    Wanken geraten. Die UN, die NATO und die Europäi-
    sche Union sind gespalten wie nie zuvor.

    Dafür trägt diese Bundesregierung Mitverantwortung,


    (Hubertus Heil [SPD]: Quatsch!)


    und zwar durch ihre Vorwegfestlegungen und durch die
    Verweigerung des transatlantischen Dialogs. Im deut-
    schen Interesse muss unser gemeinsames Ziel lauten:
    Die Irakfrage darf nicht zu einem dauerhaften Schaden
    führen, nicht für Deutschland, für Europa, für die NATO
    und für die UN.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ich möchte nicht mehr die Differenzierung zwischen
    Kriegswilligen und Friedfertigen aufgreifen, die Sie in
    diesem Zusammenhang in diesem Hause getroffen ha-
    ben. Ich möchte festhalten – das sollte niemand mehr be-
    streiten –: Alle hier in diesem Hause wollen Frieden.
    Niemand will den Krieg. Deshalb sollte man mit diesen
    Dingen sehr vorsichtig sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Krieg ist immer eine Katastrophe,


    (Hubertus Heil [SPD]: Dann muss man auch etwas dagegen tun!)


    wo auch immer auf der Welt. Doch Friedenswille allein
    genügt nicht, um den Frieden zu bewahren.


    (Hubertus Heil [SPD]: Wir tun was gegen den Krieg!)


    Der Friedenswille der Bundesregierung hat den Diktator
    in Bagdad nicht beeindruckt. Es war die amerikanisch-
    britische Entschlossenheit, die zur Wiederaufnahme der
    Inspektionen und zu den diplomatischen Initiativen
    geführt hat. Der deutsche Beitrag dazu war gleich null.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wenn das richtig wäre, hätten wir schon Krieg!)


    Herr Bundeskanzler, Sie halten sich zugute, die In-
    spektionen seien ein wirksames Instrument. Aber Sie
    verschweigen erneut, dass nur die militärische Drohung,
    die Sie abgelehnt haben, den Erfolg der Inspektoren
    überhaupt möglich gemacht hat. Wenn es nach Ihnen ge-
    gangen wäre, wären im Irak keine Inspektoren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Das ist eine dumme Unterstellung!)


    Was Deutschland militärisch leistet, dieser militäri-
    sche Beistand – Überflugrechte,


    (Horst Kubatschka [SPD]: Die wollten Sie verbieten!)


    Schutz amerikanischer Stützpunkte, ABC-Schützenpan-
    zer, Patriot-Raketen und AWACS-Einsätze, Hilfe zur
    See –, trennt uns nicht.


    (Zurufe von der SPD: Ach!)


    Doch außenpolitisch trennen uns Welten, nämlich in-
    folge Ihres Sonderweges seit August letzten Jahres Herr
    Bundeskanzler. Sie haben, statt den Dialog mit unseren
    amerikanischen Freunden zu suchen, eine Mauer des
    Schweigens aufgebaut. Wir müssen schon heute daran
    arbeiten, die Kluft zwischen Amerika und den internatio-
    nalen Bündnissen wieder zu schließen. Deswegen waren
    auch die Reise und die Gespräche der Kollegin Merkel
    so wichtig und notwendig.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ludwig Stiegler [SPD]: Da hat nur noch der Stoiber gefehlt!)


    Die Erfahrung der letzten Monate zeigt doch eindeu-
    tig: Partner mit Einfluss auf die Vereinigten Staaten


    (Hubertus Heil [SPD]: Und Rückgrat!)


    kann nur ein einiges Europa sein. Herr Bundeskanzler,
    Sie haben heute – ich zitiere – ein starkes, geeintes Eu-
    ropa und einen geeinten Kontinent, der Nationalismen
    überwindet, angemahnt. Gegenwärtig erleben wir aber
    eine Renaissance nationalstaatlicher Sonderwege, die
    der deutsche Bundeskanzler mit der Ausrufung des deut-
    schen Weges im August des letzten Jahres eingeleitet
    hat.

    Ihre Vorgänger, insbesondere Helmut Kohl, hätten
    schon im Vorfeld der Krise alles versucht, die Europäer
    zusammenzuhalten. Vor allen Dingen hätte er den Draht
    in die Vereinigten Staaten niemals abreißen lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Er hätte das Scheckbuch gezogen!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber
    Eine solche Spaltung Europas hätte es mit der Union
    nicht gegeben. Dass die kleinen Nationen jetzt einen ei-
    genen Minikonvent stattfinden lassen, um sich gegen be-
    stimmte Maßnahmen, die Sie mit Ihren Kollegen aus den
    großen Ländern erörtern, abzustimmen, halte ich für eine
    Katastrophe für die weitere Integration Europas.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


    Wir haben immer versucht, genau das zu verhindern. Es
    war immer deutsche Außen- und Europapolitik, nie zwi-
    schen großen und kleinen Ländern zu differenzieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Bundeskanzler, nicht nur außenpolitisch steht
    Deutschland in gewisser Weise vor einem Scherbenhau-
    fen. Auch innenpolitisch wissen die Menschen in
    Deutschland nicht mehr, wie es weitergehen soll.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie führen sich rhetorisch auf wie eine Scherbe! – Peter Dreßen [SPD]: Ach Gott, Herr Stoiber!)


    Im Ergebnis haben Sie heute eingeräumt, was Sie im
    vergangenen Jahr noch erbittert bestritten haben.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie führen sich nicht einmal wie ein Scherbenhaufen, sondern nur wie eine einzelne Scherbe auf!)


    Deutschland ist leider ein Sanierungsfall. Sie haben
    heute eingeräumt, dass die Lohnzusatzkosten, die Steu-
    ern und die Staatsabgaben zu hoch sind.


    (Horst Kubatschka [SPD]: Wer hat sie hochgetrieben?)


    In der Analyse kommen Sie langsam in der bitteren Rea-
    lität an, die Ihre Politik letztlich mit verschuldet hat.


    (Peter Dreßen [SPD]: Daran sieht man mal, welch einen Saustall Sie uns hinterlassen haben!)


    Vor dieser ehrlichen Analyse haben Sie sich bis zu den
    Wahlen gedrückt.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


    Die ganze Wahrheit ist jedoch: Nach viereinhalb Jahren
    unter Ihrer Regierung befinden sich Wirtschaft und Ar-
    beitsmarkt in einem steilen Abstieg.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist leider wahr!)


    Sie haben die Probleme nicht gelöst, sondern Probleme
    geschaffen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Machen Sie doch einmal einen Vorschlag!)


    Für Ihre heutigen Ankündigungen gilt: zu wolkig, zu
    orientierungslos, zu wenig und zu spät. So führen Sie un-
    ser Land nicht aus der Krise.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Null Optimismus! – Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie ganz bestimmt nicht! Wenn man Ihnen zuhört, bekommt man Lust, die Füße auf den Tisch zu legen!)


    Wolkig ist Ihre Regierungserklärung, weil Sie wesent-
    liche Positionen im Nebel lassen.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Meine Güte!)


    Was heißt „Wir müssen bestimmen, was künftig zum
    Kernbereich der gesetzlichen Krankenversicherung ge-
    hört und was nicht“? Was heißt „Wir sind dabei, die
    Bundesanstalt für Arbeit so umzubauen, dass sie ihrer ei-
    gentlichen Aufgabe nachkommen kann“?


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Wie lange denn noch?)


    Orientierungslos ist Ihre Regierungserklärung, weil
    Sie noch im Oktober des letzten Jahres in Ihrer damali-
    gen Regierungserklärung kreditfinanzierten Finanzsprit-
    zen eine klare Absage erteilt haben. Sie sagten damals,
    dass solche Finanzspritzen keine Wirkung entfalten wür-
    den. Heute preisen Sie solche Finanzspritzen als Wun-
    dermittel für die Bauwirtschaft und die Kommunen an.
    Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie das heute abstreiten,
    bleibt es richtig: Das ist nichts anderes als ein Strohfeuer
    auf Pump; denn auch die Kreditmittel der KfW sind na-
    türlich staatliche Mittel, weil der Staat für die Schulden
    haftet. Deswegen ist dies nur ein Trick. Sie machen ge-
    nau das, was Sie vor einem halben Jahr von diesem
    Platze aus noch kritisiert haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Orientierungslos ist ebenso, dass Sie hier im Bundes-
    tag neue billige Kredite zur Förderung des Wohnungs-
    baus versprechen, während Sie mit dem Steuervergünsti-
    gungsabbaugesetz, das heute im Bundesrat abgelehnt
    wurde, die Demontage der Eigenheimzulage betreiben.


    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie falsch verstanden! Es geht nicht um den Wohnungsbau!)


    So viel Schizophrenie in der Regierung war in Deutsch-
    land noch nie.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Zu wenig bietet Ihre Regierungserklärung für den
    Mittelstand, der sehnlichst auf umfassende Entbürokrati-
    sierung und spürbare Entlastungen wartet. Ihr „Small
    Act“ für den Mittelstand ist wahrlich zu klein geraten.
    Zu spät kommen Ihre Ankündigungen, der Max-Planck-
    Gesellschaft erst im nächsten Jahr eine Ausgabenerhö-
    hung von 3 Prozent in Aussicht zu stellen, die Sie noch
    vor zwei Monaten verweigert haben, obwohl es früher
    Zusagen gegeben hat, dass man genau in diesem innova-
    torischen Bereich mehr Mittel zur Verfügung stellen
    will. Ihre Klagen über zurückgehende Innovationen nüt-
    zen gar nichts, wenn Ihre Regierung genau das Gegenteil
    von dem tut, was notwendig wäre, um Innovationen zu






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber
    fördern, Wissenschaftler im Land zu halten und vor allen
    Dingen Wissenschaftler ins Land zu holen.

    Zu spät kommt Ihre Regierungserklärung für Hun-
    derttausende von Menschen, die allein in den letzten
    Wochen und Monaten arbeitslos geworden sind oder ihre
    Existenz verloren haben. Wieder einmal versprechen Sie
    Mut zur Veränderung. Viele Regierungserklärungen von
    Ihnen haben dies als Überschrift gehabt. Wenn Sie heute
    tatsächlich mutig gewesen wären, dann hätten Sie Ihre
    Dutzende Steuererhöhungen zurückgezogen, die heute
    im Bundesrat gescheitert sind


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    und auch im Vermittlungsausschuss nicht unsere Zustim-
    mung erhalten werden. Herr Müntefering, Sie können
    sich darauf verlassen: Natürlich gibt es auch innerhalb
    der CDU/CSU eine breite Diskussion.


    (Hubertus Heil [SPD]: Was für eine breite Diskussion?)


    Aber wir arbeiten eng zusammen, was den Erfolg, den
    wir in den letzten Wochen und Monaten erzielt haben,
    begründet hat. Machen Sie sich mehr Sorgen um Ihre als
    um unsere Partei.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Franz Müntefering [SPD]: Blockierer! – Hubertus Heil [SPD]: BlockadeEde!)


    Was sollen die Menschen über folgende Worte den-
    ken: „Die Menschen erwarten, dass wir die Belastungen
    durch Steuern und Abgaben senken“? – Das haben Sie
    heute hier gesagt. Gleichzeitig bürden Sie den Bürgern
    und der Wirtschaft allein in diesem Jahr Belastungen in
    Form von Abgaben und Steuern in Höhe von zusätzlich
    24 Milliarden Euro auf. Mit diesem Vorgehen werden
    Sie mit Sicherheit nicht das Vertrauen der Bürger be-
    kommen. Auf der einen Seite weniger Belastungen für
    die Bürger zu versprechen, auf der anderen Seite
    36 knallharte Steuererhöhungen in Ihrem Steuervergüns-
    tigungsabbaugesetz, das ein Steuererhöhungsgesetz ist,
    vorzulegen, das ist Schizophrenie. Dafür werden Sie bei
    den Bürgerinnen und Bürgern niemals Verständnis fin-
    den.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Franz Müntefering [SPD]: Sie lassen die Städte und die Gemeinden im Stich!)


    Wenn Sie heute tatsächlich mutig gewesen wären,
    dann hätten Sie Ihr Wahlkampfversprechen gehalten.
    Vor einem halben Jahr waren Sie noch der Überzeugung:
    Steuererhöhungen sind ökonomischer Unsinn und scha-
    den Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. –
    Diese Kehrtwende wäre tatsächlich Mut zur Verände-
    rung. Wir alle müssen uns darüber klar werden


    (Franz Müntefering [SPD]: Einsicht ist der beste Weg zur Besserung!)


    und dies auch den Bürgerinnen und Bürgern in unserem
    Land deutlich machen: Deutschland befindet sich in der
    größten Strukturkrise seit 1949. Das Grundübel in
    Deutschland ist die Massenarbeitslosigkeit. Massenar-
    beitslosigkeit zerstört Lebensperspektiven. Sie zerrüttet
    die öffentlichen Haushalte und die Sozialkassen. Es ist
    heute jedem klar: Mehr Arbeitslose bedeuten weniger
    Beitrags- und Steuerzahler. Weniger Beitrags- und Steu-
    erzahler bedeuten weniger Sozialversicherungs- und
    Steuereinnahmen. Arbeitslosigkeit vernichtet das Ein-
    kommen, den Wohlstand und die soziale Sicherheit von
    Millionen Menschen.


    (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Machen Sie einen Vorschlag!)


    Nicht Reformen führen zum sozialen Kahlschlag in
    unserem Land, sondern das Hinnehmen von Massenar-
    beitslosigkeit. Das ist der entscheidende Ansatzpunkt bei
    allen Reformvorschlägen, die wir bisher gemacht haben.


    (Zurufe von der SPD: Welche?)


    – In der letzten und in dieser Legislaturperiode. Von Ih-
    nen wurden sie immer sofort als sozialer Kahlschlag be-
    zeichnet.

    Ich erinnere mich, was Sie auf dem Kongress des
    DGB gesagt haben: Sie haben versprochen, dass es
    selbstverständlich keine Eingriffe in die sozialen Besitz-
    stände gäbe.


    (Ute Kumpf [SPD]: Woher wissen Sie denn das alles?)


    – Ich war einen Tag später da. – Mir ist vorgehalten wor-
    den, dass wir den Kahlschlag planen würden, während
    Sie den sozialen Besitzstand großartig sichern. Man will
    auf Ihrer Seite nicht begreifen, dass sozial ist, was Arbeit
    schafft. Das ist heute unsere primäre soziale Aufgabe.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Unter den 4,7 Millionen Arbeitslosen befinden sich
    nicht nur ältere und gering qualifizierte, sondern auch
    immer mehr junge und gut qualifizierte Menschen.
    Selbst sie finden phasenweise keine Arbeit mehr oder
    verlieren ihre sicher geglaubte Stelle. Weil viele junge
    Menschen keine Perspektive mehr sehen, wandern natür-
    lich auch die Besten ab.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Leo Kirch!)


    Wir verlieren Hunderttausende von jungen, gut ausgebil-
    deten Menschen. Das können wir uns auf Dauer nicht
    leisten. Deswegen sollte man im Zusammenhang mit der
    Debatte über die Zukunft Deutschlands neben der Zu-
    wanderung viel intensiver über die Auswanderung re-
    den.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Deutsche Traditionsunternehmen, die bis vor kurzem
    als krisenfest galten, bauen Tausende Stellen ab oder
    überlegen, ihren Sitz ins Ausland zu verlegen.


    (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Die wandern aus Bayern aus!)


    37 700 Insolvenzen haben im letzten Jahr Kapital in
    Höhe von 50 Milliarden Euro vernichtet.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Bayerische Landesbank! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles bayerische Unternehmen!)


    Der DAX ist im internationalen Vergleich deshalb am
    stärksten abgestürzt, weil in Deutschland die Hoffnung,
    dass sich hier etwas ändert, am geringsten ist. Deutsch-
    land lebt zunehmend von der Substanz; aber auch die
    Substanz ist bald aufgebraucht. Das Wachstum in
    Deutschland bleibt seit Jahren hinter dem Wachstum in
    Europa zurück. Deutschland ist das Schlusslicht.
    Deutschland fällt ab.

    Ursache für den Abstieg ist, dass Deutschland an
    Wettbewerbsfähigkeit verliert. Der Anteil Deutsch-
    lands am Welthandel ist im letzten Jahrzehnt von
    11 Prozent auf 8 Prozent zurückgegangen. Das zeigt:
    Auch wenn der Export nominal gewachsen ist, verlieren
    wir Anteile. Deswegen müssen wir hier darüber reden.
    Derjenige, der darauf hinweist, macht Deutschland nicht
    schlecht. Das Wichtigste für eine Therapie ist die rich-
    tige Analyse.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Deswegen müssen wir uns mit der Frage auseinander
    setzen, auf welchen Gebieten wir verloren haben. Über
    4 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland waren in den
    letzten Jahren im globalen Wettbewerb nicht mehr wett-
    bewerbsfähig.


    (Franz Müntefering [SPD]: Eine schlechte Diagnose führt nicht zu einer richtigen Therapie!)


    Ursache für den Abstieg ist, dass Deutschland den
    Sprung von der Nationalökonomie in die Globalökono-
    mie noch nicht geschafft hat. Diesen alles entscheiden-
    den Sprung werden Sie mit den Strukturkonservativen in
    der SPD und den Gewerkschaften niemals schaffen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Hier wurde Herr Bsirske zitiert, der Ihre wolkige
    Rede auch noch als großen Angriff auf den Sozialstaat
    bezeichnet. Wenn man diese Äußerung hört, kann man
    sich vorstellen, was in solchen Köpfen vorgeht. Sie wol-
    len nicht begreifen, dass unser Land dringend Reformen
    braucht, wenn wir den Wohlstand für unsere Kinder und
    Kindeskinder sichern wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Genau das hat Schröder auch schon gesagt!)


    In Ihrer heutigen Rede hätten Sie etwas mehr über den
    deutschen Tellerrand schauen müssen. Andere Länder
    haben längst ihre Hausaufgaben gemacht. Finnland und
    Norwegen haben in den vergangenen Jahren ihre Staats-
    quote um 10 Prozent gesenkt.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Aber sie liegen noch höher als wir!)


    Schweden, ein Land mit einer ähnlichen Sozialstaatstra-
    dition wie Deutschland, hat durch zahlreiche mutige
    Strukturreformen die Arbeitslosenquote von 8 Prozent
    auf 5 Prozent gesenkt.


    (Franz Müntefering [SPD]: Das sind Sozialdemokraten! Das schaffen wir hier auch!)


    In diesen Ländern gibt es wieder mehr Wachstum, Wohl-
    stand und Arbeitsplätze.


    (Franz Müntefering [SPD]: Es sind die Sozialdemokraten, die das machen, weil die das können! Die können das nämlich besser!)


    – Herr Müntefering, Sie haben vor einigen Wochen fest-
    gestellt: Es macht doch nichts, wenn die anderen Länder
    ein etwas höheres Wachstum haben; dann holen sie im
    Grunde genommen nur auf. Sie müssen aber auch fest-
    stellen, dass die anderen Länder nicht nur aufholen, son-
    dern dass uns die Engländer, Franzosen, Iren und Hol-
    länder überholt haben. Sie überholen uns nicht nur,
    sondern sie haben auch ein höheres Wirtschaftswachs-
    tum. Das ist die Realität, mit der man sich auseinander
    setzen muss.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Franz Müntefering Stoiber ist auch überholt worden!)


    Die Finnen, Norweger und Schweden sind nicht besser
    als die Deutschen, aber sie werden offensichtlich besser
    regiert. Die Folge von Arbeitslosigkeit und Wachstums-
    schwäche ist ein akuter Notstand in den öffentlichen Kas-
    sen. Den deutschen Ländern brechen die Steuereinnah-
    men weg.


    (Franz Müntefering [SPD): Sie wollten doch

    einen Plan vorlegen! Wo bleibt der denn?)

    Werfen Sie einen Blick in die Länderhaushalte! Dort
    fehlen die Mittel für Straßen, Schulen und Krankenhäu-
    ser. Das kostet zusätzliche Arbeitsplätze in der Bauin-
    dustrie. Die rot-grüne Steuerreform hat den Kommunen
    einen Kahlschlag verpasst. Die Verschuldung der
    Kommunen ist allein in den vergangenen eineinhalb
    Jahren um 50 Prozent explodiert, Herr Müntefering.
    Viele Städte sind bereits so stark verschuldet, dass sie
    keine neuen Kredite mehr aufnehmen können und dür-
    fen. Deshalb bringen billige Kredite den meisten Kom-
    munen nichts.

    Längst fordern Länder und Kommunen gemeinsam,
    dass die rot-grüne Erhöhung der Gewerbesteuerumlage
    sofort rückgängig gemacht wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Das würde den Kommunen schneller etwas bringen als
    alles, was Sie heute vorgeschlagen haben.

    Zuerst haben Sie mit der Erhöhung der Gewerbesteu-
    erumlage den Städten mehr als 2 Milliarden Euro pro
    Jahr entzogen. Jetzt bieten Sie ihnen billige Kredite an.
    Es ist doch eine absurde Politik, den Kommunen zuerst
    Geld wegzunehmen, aber dann zu beklagen, dass es ih-
    nen schlecht geht, und ihnen billige Kredite anzubieten.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber

    (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch dem Steuervergünstigungsabbaugesetz zu!)


    Schon heute hangeln sich die Stadtkämmerer mit kurz-
    fristigen Krediten von Monat zu Monat.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Weil der Freistaat so verschuldet ist!)


    Viele Stadthallen verfallen. Städtische Schulen und Bi-
    bliotheken werden geschlossen, Stadttheater und Or-
    chester aufgelöst.

    Angesichts dieser dramatischen Lage sind Ihre heute
    angekündigten Maßnahmen völlig ungenügend. Arbeits-
    losigkeit treibt auch die Sozialversicherungen in den
    Ruin. Die Sozialsysteme stehen vor dem Kollaps. Die
    steigenden Beiträge treiben die Lohnzusatzkosten in die
    Höhe.


    (Hubertus Heil [SPD]: Haben Sie jetzt mal einen Vorschlag?)


    Das macht Arbeit teuer und schadet der Wettbewerbsfä-
    higkeit. Es kostet Arbeitsplätze und führt wiederum zu
    Beitragsausfällen. Das ist der Teufelskreis der deutschen
    Krankheit, den wir durchbrechen müssen.

    Die OECD hat festgestellt, dass die deutsche Arbeits-
    losigkeit, entgegen Ihren ständigen Bekundungen, nicht
    konjunkturelle, sondern zu 85 Prozent strukturelle – also
    hausgemachte – Ursachen hat. Diese Ursachen liegen im
    Arbeitsmarkt. Notwendig sind Reformen, die deutsche
    Arbeit und deutsche Produkte auf den Weltmärkten wett-
    bewerbsfähig machen.

    Sie aber haben Gesetze beschlossen, die das Gegen-
    teil bewirken. Wer den bedeutenden Kosten- und Stand-
    ortfaktor Energie mit der Ökosteuer im nationalen Al-
    leingang verteuert, vernichtet in Deutschland, das im
    Wettbewerb mit anderen Ländern in Europa steht, Ar-
    beitsplätze.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Es bleibt dabei, Herr Müntefering: Wer nach der Fi-
    nanzplanung auch in den nächsten Jahren die Investiti-
    onsausgaben des Staates zusammenstreicht, sodass sie
    ein Rekordtief von 10 Prozent des Haushalts erreichen,
    vernichtet in Deutschland Arbeitsplätze.


    (Franz Müntefering [SPD]: Weshalb lehnen Sie dann das Steuervergünstigungsabbaugesetz ab?)


    Wer den Mittelstand und den Mut junger Existenz-
    gründer durch noch mehr Bürokratie, das verschärfte Be-
    triebsverfassungsgesetz und das Scheinselbstständigen-
    gesetz stranguliert, vernichtet ebenfalls Arbeitsplätze in
    Deutschland.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Auch wer jetzt im Hauruckverfahren den Meisterbrief
    im Handwerk infrage stellt,


    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    und zwar mit einer solch eigenartigen Begründung, der
    vernichtet in Deutschland Arbeitsplätze.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


    Sie werden auf erbitterten Widerstand stoßen, wenn Sie
    den Meisterbrief in der angekündigten Art und Weise
    – darauf läuft es praktisch hinaus – schleifen wollen;
    denn damit zerstören Sie ein wichtiges Strukturelement
    unseres deutschen Mittelstands.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Entbürokratisierung, Herr Stoiber!)


    Wer bei 4,7 Millionen Arbeitslosen mehr Zuwande-
    rung will und den Anwerbestopp aufheben will, der über-
    fordert den deutschen Arbeitsmarkt und bewirkt Einwan-
    derung in die sozialen Sicherungssysteme Deutschlands.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Wer so was sagt, redet Unsinn!)


    Das bleibt das Problem. Hier werden wir uns niemals
    verständigen können, wenn Sie an der Ausweitung der
    Zuwanderung festhalten.

    Herr Bundeskanzler, zu lange haben Sie der Struk-
    turkrise Deutschlands tatenlos zugesehen. So wenig
    politische Führung wie durch die jetzige Regierung war
    noch nie in Deutschland. Zugleich gilt: Eine so kon-
    struktive Opposition war nie in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir, die Opposition, machen konkrete Vorschläge.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Wo?)


    Frau Merkel hat vorhin auf die Entscheidung der CDU/
    CSU-Bundestagsfraktion von Anfang Februar hingewie-
    sen. Wann hat es das zu Ihrer Oppositionszeit gegeben,
    dass man auch schmerzhafte Vorschläge unterbreitet, ob-
    wohl man sich damit einen Schiefer einzieht?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Auch wenn ich hier immer nur Ihr höhnisches Lachen
    höre, sage ich trotzdem: Wir reichen der Bundesregie-
    rung die Hand zu notwendigen Strukturreformen; denn
    Deutschland ist ein Sanierungsfall. Wir als Opposition
    können in der gegenwärtigen Phase – Deutschland befin-
    det sich in der tiefsten Strukturkrise – unsere Mitarbeit
    bei den notwendigen Entscheidungen nicht verweigern.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [SPD]: Sie tun es aber!)


    Ich erinnere mich noch sehr gut an die Debatten in
    den Jahren 1997 und 1998, als Herr Schröder und
    Herr Lafontaine die damalige Steuerreform


    (Zuruf von der SPD: Das war ein Schuldenprogramm!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber
    mutwillig gestoppt haben, um der Regierung Kohl Scha-
    den zuzufügen. Das haben sie zwar erreicht. Aber sie ha-
    ben damit auch Deutschland Schaden zugefügt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer heutigen Regie-
    rungserklärung zum Teil das angekündigt, was Sie da-
    mals bekämpft haben. Sie hätten es heute leichter, wenn
    Sie 1998 bestimmte Veränderungen in unseren sozial-
    staatlichen Sicherungssystemen akzeptiert hätten. Das
    muss man – Sie ringen ja um Glaubwürdigkeit in der Be-
    völkerung – immer wieder deutlich machen.

    Wir müssen in einem ersten Schritt die Weichen neu
    stellen. Wir müssen schnell und wirksam reagieren.
    Dann können wir über die notwendigen und erforderli-
    chen Maßnahmen für den Umbau Deutschlands diskutie-
    ren. Deutschland braucht sofort eine Initiative zur Flexi-
    bilisierung des Arbeitsmarktes, damit sehr schnell neue
    Arbeitsplätze entstehen. Deutschland braucht Ruhe in
    der Steuerpolitik, damit Investoren wieder auf verlässli-
    che Rahmenbedingungen vertrauen können. Deutsch-
    land braucht sofort eine Vereinbarung über die Belas-
    tungsgrenzen in den sozialen Sicherungssystemen, damit
    wettbewerbsfähige Arbeitsplätze entstehen.


    (Hubertus Heil [SPD]: Sehr konkret!)


    Deutschland braucht sofort eine Entlastung der öffentli-
    chen Haushalte, damit Entscheidungsspielräume und
    Luft für Investitionen entstehen. Deutschland braucht so-
    fort eine Stärkung des Vertrauens in die Wirtschaft sowie
    eine Ermutigung des Mittelstands durch Deregulierung,
    damit Anleger und Unternehmer wieder in Deutschland
    investieren.

    Ein Schwerpunkt eines Akutprogramms muss mehr
    Freiheit und Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Herr Stoiber, wir sind hier nicht im Bierzelt! Werden Sie mal konkreter!)


    Wir brauchen – das hat schon Frau Merkel gesagt; wie
    Sie das nennen, ist für mich nicht entscheidend – ein So-
    fortprogramm, mit dem sich wesentliche Dinge sehr
    schnell umsetzen lassen; denn wir benötigen für den
    wirklichen Umbau des Sozialstaates, wenn wir zum Bei-
    spiel das Arbeitsmarktrecht neu regeln und es aus dem
    Richterrecht herauslösen wollen, ein bisschen mehr Zeit.
    Aber so viel Zeit haben wir nicht. Also müssen wir mei-
    nes Erachtens sehr schnell ein Akutprogramm oder ein
    Sofortprogramm vorlegen, mit dem wir die wichtigsten
    Dinge regeln. Darüber gibt es unterschiedliche Meinun-
    gen. Dazu sollten meines Erachtens die Regelungen zum
    Kündigungsschutz nicht für Unternehmen gelten, die
    weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigen.


    (Franz Müntefering [SPD]: Ach ja! – Ludwig Stiegler [SPD]: Das hat Schröder vorgetragen!)


    Ich bin für jede sinnvolle Lösung offen. Das ist gar keine
    Frage. Derzeit gilt der Kündigungsschutz nicht für Be-
    triebe mit maximal fünf Beschäftigten. Das schützt zwar
    die fünf Beschäftigten, verhindert aber in vielen Fällen,
    dass es sechs, sieben, acht, neun oder zehn Beschäftigte
    werden.


    (Widerspruch bei der SPD)


    Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an: Es gibt
    in Deutschland 1,46 Millionen Betriebe mit bis zu fünf
    Beschäftigten, aber nur 260 000 Betriebe mit sechs bis
    neun Beschäftigten. Nur 200 000 Betriebe haben zwi-
    schen zehn und 20 Beschäftigte.


    (Hubertus Heil [SPD]: Warum nicht 100?)


    Dieses Ungleichgewicht zeigt doch ganz eindeutig: Der
    Schwellenwert von fünf Mitarbeitern wirkt durchaus als
    Jobbremse.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Was Sie vorschlagen, ist nicht ehrlich. Sie sagen: Die
    Zeitarbeitsverträge zählen nicht mehr mit. Das ist
    Trick 17.


    (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: So ist es!)


    Das ist keine offene, Vertrauen erweckende Politik. Sie
    trauen sich nicht, weil Sie es in Ihrer Fraktion nicht kön-
    nen, aber Sie wollen trotzdem versuchen, die Notwen-
    digkeiten zu regeln. Also gehen Sie einen unklaren Weg.
    Der führt nicht zum Erfolg, Herr Bundeskanzler.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Clement, für alle Unternehmen sollen bei Neu-
    einstellungen Abfindungsregelungen unter Verzicht auf
    den Kündigungsschutz ermöglicht werden. Die Höhe der
    Abfindung wird gesetzlich geregelt. Unternehmen und
    Betriebsrat sollen ohne Zustimmung der Tarifvertrags-
    parteien selbst betriebliche Bündnisse für Arbeit ab-
    schließen können. Ihr Vorschlag, der dies nur unter dem
    Vorbehalt der Zustimmung der Tarifvertragsparteien zu-
    lässt, wird der dramatischen Situation in unserem Land
    mit 4,7 Millionen Arbeitslosen in keiner Weise gerecht.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie beschreiben in Ihrer Regierungserklärung eigentlich
    nur den Status quo, denn was Sie vorschlagen, geht jetzt
    schon. Das ist aber doch nichts Neues, das führt uns
    nicht weiter.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Der nächste Krisenherd, den wir bereinigen, ist die
    Steuerfront. Bürger und Wirtschaft warten doch sehn-
    lichst auf Ruhe an der Steuerfront. Sie warten sehnlichst
    auf die Botschaft: In Deutschland werden in den nächs-
    ten Jahren die Steuern nicht mehr erhöht.


    (Franz Müntefering [SPD]: Wir senken sie doch! Wer denn sonst?)


    Sie können gar nicht erahnen, wie viel Vertrauen Sie mit
    dem Steuervergünstigungsabbaugesetz verloren haben.

    Die Gemeindefinanzreform, die Sie heute anpreisen
    und die den Kommunen dauerhafte und solide Finanzen
    sichert, muss natürlich umgehend kommen. Aber die ha-
    ben Sie 1998 bereits angekündigt. Sie haben dreieinhalb
    Jahre nichts getan. Sie haben im Sommer des letzten






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber
    Jahres die Kommission eingesetzt. Diese Kommission
    tagt kaum.


    (Zuruf von der SPD: Das ist doch Blödsinn!)


    Prüfen Sie doch einmal nach, wie dort getagt wird. Es ist
    noch gar kein Konzept ersichtlich, was dabei eigentlich
    herauskommen kann.


    (Ute Kumpf [SPD]: Wir sind hier nicht auf dem Nockherberg!)


    Sie kündigen etwas zum 1. Januar 2004 an. Das ist wie-
    der eine Ihrer vielen Ankündigungen, die bei der Ar-
    beitsweise, die Ihre Regierung in diesem Punkt an den
    Tag legt, nicht realistisch sind. Dreieinhalb Jahre haben
    Sie nichts getan und jetzt sagen Sie: Ich mache alles in
    einem halben Jahr.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Was haben Sie gemacht? Gar nichts!)


    Ich glaube, dass wir folgenden Weg gehen sollten:
    Die Lohnzusatzkosten müssen in den nächsten Jahren
    unter 40 Prozent sinken. Darin sind wir uns, glaube ich,
    einig. Das muss meines Erachtens gesetzlich garantiert
    werden. Wenn wir uns nicht selbst binden, werden wir
    nicht die Chance haben, unter 40 Prozent zu kommen.
    Wenn wir nicht unter 40 Prozent kommen, dann haben
    wir keine Chancen mehr.

    Es gibt leider große Unternehmen in Deutschland
    – ich will die Namen nicht nennen; Sie kennen die Un-
    ternehmen, Herr Bundeskanzler –, die interne Anwei-
    sungen haben, keine Erweiterungsinvestitionen mehr in
    Deutschland zu tätigen. Die Verlagerung von Arbeits-
    plätzen findet zuhauf statt. 230 Arbeitnehmer verlieren
    in Passau bei der Firma Siemens ihren Arbeitsplatz. Sie
    verlieren ihn an Griechenland und an Rumänien. Warum
    verlieren sie ihn? – Auf den Vorhalt sagt mir Herr von
    Pierer: Es tut mir Leid, aber die Arbeitnehmer dieser
    Länder haben heute dieselbe Produktivität wie bayeri-
    sche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber sie sind
    billiger. Ich als Vorsitzender einer Aktiengesellschaft
    muss günstig produzieren. Das sind die Probleme, mit
    denen wir es zu tun haben. Dass wir uns heute in einer so
    schwierigen Situation befinden, haben wir uns vor einem
    oder vor zwei Jahren vielleicht nicht vorstellen können.
    Deswegen hätte Ihre heutige Regierungserklärung ein
    größerer Wurf sein müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir müssen über das Arbeitslosengeld reden. In die-
    sem Bereich gibt es verschiedene Vorschläge. Ich habe
    in den vergangenen Tagen eine Befristung der Zahlung
    des Arbeitslosengeldes auf zwölf Monate zur Diskussion
    gestellt.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn die CDU dazu?)


    Ihr heute vorgestelltes Vorhaben geht in die gleiche
    Richtung. Was Einsparungen angeht, können wir sicher-
    lich zu gemeinsamen Lösungen kommen. Außerdem
    sollten meines Erachtens die Haushaltsmittel der Bun-
    desanstalt für Arbeit für Weiterbildungsmaßnahmen hal-
    biert werden. Damit kann der Arbeitslosenversicherungs-
    beitrag sehr schnell um mindestens einen Prozentpunkt
    gesenkt werden.

    Auch wenn das unpopulär ist: Der Abstand zwischen
    Mindestlohn und Sozialhilfe muss dringend vergrößert
    werden. Genauso wie die Sachverständigen schlage ich
    vor, die Sozialhilfe für Arbeitsfähige generell um ein
    Viertel zu senken. Das ist schon heute möglich, wenn ei-
    nem arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger nachgewiesen
    wird, dass er eine Arbeit, die ihm angeboten wird, nicht
    annimmt. Aber wir müssen meines Erachtens ein Stück
    weitergehen. Wer arbeitet, der muss mehr in der Tasche
    haben als jemand, der nicht arbeitet. Das muss ein fester
    Grundsatz sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wenn dieser Grundsatz gelten soll, dann müssen wir
    dafür sorgen, dass alle, die arbeiten können und wollen,
    auch tatsächlich Arbeit erhalten. Dafür zu sorgen ist un-
    sere Aufgabe. Diejenigen, die arbeiten, sollen mehr in
    der Tasche behalten dürfen. Mit Ihrem Vorschlag rennen
    Sie bei uns offene Türen ein. Wenn Sie heute dafür ein-
    treten, dass ein Arbeitslosenhilfe- oder Sozialhilfeemp-
    fänger künftig vom Lohn für eine Arbeit, die er ange-
    nommen hat, mehr behalten soll – gegenwärtig wird ihm
    faktisch fast alles abgezogen –, dann muss ich Sie daran
    erinnern, dass wir schon vor einem Jahr entsprechende
    Vorschläge gemacht haben. Damals sind wir bei Ihnen
    auf Widerspruch gestoßen. Sie und die Gewerkschaften
    haben uns kritisiert. Ich freue mich, dass Sie mittlerweile
    etwas am Baum der Erkenntnis der Union genascht ha-
    ben. Das sollten Sie öfter tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich wiederhole: Mit dem von uns vorgeschlagenen
    Weg ist kein Sozialabbau, sondern der Abbau von
    Schwarzarbeit verbunden. Sozialhilfe ist eine zweite
    Chance; aber sie darf kein Lebensstil sein. Dass sie das
    ist, ist bei uns leider häufig der Fall.

    Deutschland braucht einen Befreiungsschlag zur Stär-
    kung der Wirtschaft und zur Stärkung des Vertrauens in
    die Unternehmen. Ich teile Ihre Meinungen, was die Vor-
    standsvorsitzenden und viele Selbstverpflichtungen der
    Mitarbeiter in den großen Betrieben anbelangt. Das halte
    ich für richtig. Nur durch das, was Sie beschrieben ha-
    ben, kann man Vertrauen aufbauen.

    Wir brauchen zur Stärkung des Vertrauens in Wirt-
    schaft und Unternehmen auch eine stärkere Deregulie-
    rung. Ich meine, dass man ein Kleinbetriebsrecht für
    Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten schaffen sollte.
    Diese Kleinbetriebe können sich keinen Steuerexperten
    und erst recht keine Rechtsabteilung leisten. Unter ande-
    rem schlage ich deshalb vor, dafür zu sorgen, dass das
    Teilzeit- und Befristungsgesetz nur in Betrieben mit
    mehr als 20 Mitarbeitern gilt. Das Arbeitszeitgesetz
    muss für Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern flexibili-
    siert werden. Die geltende Arbeitsstättenverordnung
    muss für Kleinbetriebe mit bis zu 20 Beschäftigten auf-
    gehoben werden. Das wäre ein weiteres Stück Entriege-
    lung unseres komplizierten Arbeitsmarktes und damit






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ministerpräsident (Bayern) Dr. Edmund Stoiber
    eine Hilfe gerade für diejenigen Betriebe, in denen über-
    durchschnittlich viele Arbeitsplätze entstehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Herr Bundeskanzler, alles, was Sie heute wissen, ha-
    ben Sie schon bei Ihrer Regierungserklärung im Oktober
    letzten Jahres gewusst. So lange ist das noch nicht her.
    Alles, was Sie heute wissen, haben Sie auch im Wahl-
    kampf gewusst. Deshalb bietet Ihre heutige Regierungs-
    erklärung eine treffliche Übersicht über die Fehler und
    über die Versäumnisse Ihrer Regierungszeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Was Sie vortragen, das sind zum großen Teil Ankün-
    digungen, Wiederholungen von Ankündigungen, Ap-
    pelle, Drohungen in Richtung Wirtschaft und Be-
    schwichtigungsgesten in Richtung Gewerkschaften.
    Damit werden wir den Sanierungsfall Deutschland nicht
    lösen.



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mehr
als zwei Drittel der Menschen in Deutschland trauen Ih-
nen nicht mehr zu, dieses Land in eine bessere Zukunft
zu führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Hier in diesem Hause haben Sie eine knappe Mehrheit,


(Franz Müntefering [SPD]: Aber eine Mehrheit!)


aber bei der Bevölkerung haben Sie keine Mehrheit
mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen werden Sie es auch nicht schaffen, den Men-
schen Mut zu machen.

Deutschland – da stimme ich Ihnen zu – hat Substanz.
Deutschland hat kreative und engagierte Menschen. Wir
können Deutschland wieder zu einem starken, sozial si-
cheren und zukunftsfähigen Land machen, wenn wir be-
reit sind, Einschnitte in unsere großartigen sozialen Si-
cherungssysteme nicht mehr nur als sozialen Kahlschlag
zu diffamieren, und wenn wir in diesem Hause und darü-
ber hinaus über Einschnitte diskutieren können, damit
der soziale Wohlstand in unserem Lande morgen und
übermorgen erhalten bleibt und unsere Kinder nicht das
Schicksal unserer Eltern haben. Denen ist es schlechter
gegangen als meiner Generation. Ich möchte, dass es
meinen Kindern morgen und übermorgen in diesem
Land mindestens so gut geht wie uns. Das ist in Gefahr.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
reichen wir die Hand, um einiges mitzumachen. Aber
Unsinn werden wir nicht mitmachen.

Herzlichen Dank.


(Lang anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)



    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin darauf
    aufmerksam gemacht worden, dass es im Augenblick
    des Wechsels in der Sitzungsleitung einen Zuruf aus den
    Reihen der Koalition an den Redner gegeben habe, den
    ich nicht gehört habe, den ich aber beanstanden müsste,
    wenn er tatsächlich so gefallen wäre. Wir werden das
    durch Einsicht in das Sitzungsprotokoll klären.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Wer hat denn da gepetzt?)


    Nun erteile ich dem Bundesminister für Wirtschaft
    und Arbeit, Wolfgang Clement, das Wort.


    (Beifall bei der SPD)


    Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
    und Arbeit:

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
    Herren! Gestern war ich in München.


    (Ute Kumpf [SPD]: Ehrlich? Mutig!)


    Ich habe mich dort, Herr Kollege Stoiber, sehr gast-
    freundlich aufgenommen gefühlt. Dafür bin ich natürlich
    dankbar. Als ich aber heute Ihrer Rede zugehört habe,
    musste ich meine ganze Kraft zusammennehmen, um
    nicht meinen Optimismus in Bezug auf Deutschland zu
    verlieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn einem hier Begriffe wie „Sanierungsfall
    Deutschland“, „Ruin“ und „Kollaps“ um die Ohren flie-
    gen, dann können nur noch ganz starke Charaktere dem
    standhalten und nicht in Depressionen verfallen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Kollege Stoiber, wenn wir gemeinsam daran ar-
    beiten wollen, dass sich die Gallup-Umfragen verbes-
    sern, dass in Deutschland wieder gelacht werden darf,
    dann lassen Sie uns anders reden, als Sie es hier getan
    haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Herr Kollege Stoiber, Sie haben gestern sogar
    gesagt – in etwas freundlicherer Tonlage; auch heute ha-
    ben Sie es anklingen lassen –, dass uns andere Volks-
    wirtschaften – Sie haben zum Beispiel Irland, Frankreich
    und England erwähnt – beim Pro-Kopf-Einkommen
    überholt hätten.

    Zu einer wirklich sauberen Analyse, die Sie gefordert
    haben, gehört es, sich endlich wieder in Erinnerung zu
    rufen, dass Deutschland wie keine andere Volkswirt-
    schaft in Europa oder in der Europäischen Union eine
    Leistung vollbringt,


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesminister Wolfgang Clement
    die sich leider im Pro-Kopf-Einkommen niederschlägt.
    Das wollen wir ändern. Ich spreche von der Leistung,
    dass diese Volkswirtschaft Jahr für Jahr immer noch
    4 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für den Aufbau
    Ost, für den Aufbau Ostdeutschlands, aufbringt. Das ist
    gut so und das tun wir gern, aber diese Leistung muss bei
    einer halbwegs vernünftigen Analyse berücksichtigt
    werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Herr Kollege Stoiber, Sie haben dem Bundeskanzler
    abgesprochen, dass er über eine Mehrheit verfüge. Das
    haben Sie jedoch zu Recht eingeschränkt, denn Sie ha-
    ben diese Mehrheit nicht. Hier reden Sie etwas anders
    als in München, jedenfalls wenn ich dabei bin. Herr Kol-
    lege Stoiber, Sie haben die Wahl am 22. September 2002
    nicht gewonnen und können auch hier keinen anderen
    Eindruck erwecken. Deutschland hat Ihnen die zur
    Kanzlerschaft erforderliche Mehrheit nicht gegeben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie werden den Wahlkampf auch im Nachhinein nicht
    mehr gewinnen.

    Vorhin ist mir auf der Regierungsbank etwas zuge-
    flüstert worden. Herr Kollege Westerwelle, wir auf der
    Regierungsbank müssen einen starken Charakter haben.
    Es gehört eine enorme Charakterfestigkeit dazu, auch bei
    einer solchen Kritik von Ihrer Seite ruhig zu bleiben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)