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ID1503100200

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    Plenarprotokoll 15/31 a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 15/420, 15/522) . . . . . . 2316 C b) Unterrichtung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländer- fragen: Bericht über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 14/9883) . . . . . . . . . . . . . 2316 C c) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Dr. Max Stadler, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Frak- DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2325 C Corinna Werwigk-Hertneck, Ministerin (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2327 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . . 2328 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 2328 D Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2329 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2330 D Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 2334 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2336 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 2337 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2337 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2338 D Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 31. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 I n h a l t : Nachruf auf den serbischen Ministerpräsiden- ten Zoran Djindjic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2315 A Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag der Abgeordneten Manfred Carstens (Emstek), Gerd Höfer und Alfred Hartenbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2315 B Benennung der Abgeordneten Marianne Tritz als ordentliches Mitglied und der Abge- ordneten Claudia Roth (Augsburg) als stell- vertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . 2315 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2315 C, 2452 A Tagesordnungspunkt 3: tegration von Unionsbürgern und Aus- ländern (Zuwanderungssteuerungs- und Integrationsgesetz) (Drucksache 15/538) . . . . . . . . . . . . . . 2316 D d) Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Arbeitserlaubnis für ausländische Saisonarbeitskräfte auf sechs Monate ausweiten (Drucksache 15/368) . . . . . . . . . . . . . . 2316 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 2317 A Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 2320 D Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2323 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Be- grenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der In- Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2339 D Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 2342 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2344 D Dr. Lale Akgün SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2346 A Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Regierungs- erklärung durch den Bundes- kanzler zu den Ergebnissen des Europäischen Rates in Kopenha- gen am 12. und 13. Dezember 2002 – zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Gerd Müller, wei- terer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Der Weg für die Osterweiterung ist frei: Ab- schluss der Beitrittsverhandlun- gen auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenber- ger, Daniel Bahr (Münster), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Historischer Erweite- rungsgipfel verstärkt Druck auf innere Reformen der Europä- ischen Union (Drucksachen 15/215, 15/195, 15/216, 15/451) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2348 A b) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Der Europäischen Verfassung Ge- stalt geben – Demokratie stärken, Handlungsfähigkeit erhöhen, Ver- fahren vereinfachen (Drucksache 15/548) . . . . . . . . . . . . . . 2348 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Claudia Winterstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das neue Gesicht Europas: Kernelemente einer europäischen Verfassung (Drucksache 15/577) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2348 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 2348 D Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 2351 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP . . 2353 B Anna Lührmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354 D Peter Altmaier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 2356 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 2358 B Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 2361 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 2362 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 2362 D Dr. Claudia Winterstein FDP . . . . . . . . . . . . 2364 B Hans Martin Bury, Staatsminister AA . . . . . . 2365 C Albert Rupprecht (Weiden) CDU/CSU . . . . . 2367 A Axel Schäfer (Bochum) SPD . . . . . . . . . . . . 2368 B Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . 2369 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2370 D Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2372 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 2372 D Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2373 C Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 A Kurt Bodewig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 2375 B Dr. Georg Nüßlein CDU/CSU . . . . . . . . . . . 2376 B Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verwendung von Verwaltungsdaten für Zwecke der Wirtschaftsstatistiken (Verwaltungs- datenverwendungsgesetz – VwDVG) (Drucksache 15/520) . . . . . . . . . . . . . . 2378 A b) Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Die Kompetenzen des Sports bei Prävention und Rehabilitation bes- ser nutzen (Drucksache 15/474) . . . . . . . . . . . . . . 2378 A Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter (Drucksache 15/411) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2378 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 III Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- derung des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze – Widerruf der Straf- und Straf- restaussetzung – (… StrÄndG) (Drucksache 15/310) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2378 B Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmen- gesetzes (Drucksache 15/536) . . . . . . . . . . . . . . 2378 B b) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Siegfried Kauder (Bad Dürr- heim), Dr. Norbert Röttgen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Privatsphäre (Drucksache 15/533) . . . . . . . . . . . . . . 2378 B Tagesordnungspunkt 19: a) – c) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 19, 20 und 21 zu Petitionen (Drucksachen 15/482, 15/483, 15/484) 2378 C Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Ver- teidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Günther Friedrich Nolting, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Ulrich Adam, Ilse Aigner, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Trans- atlantische Beziehungen stärken – Potsdam Center fördern (Drucksachen 15/194, 15/519) . . . . . . . . . . . . 2378 D Tagesordnungspunkt 5: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünfter Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Ver- einten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) (Drucksache 15/105) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2379 A Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 2379 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 2381 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2383 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2385 A Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . 2386 A Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2387 B Markus Grübel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 2388 C Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2389 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2390 D Kerstin Griese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2391 D Hannelore Roedel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2393 B Tagesordnungspunkt 6: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Verkehrsinfrastruk- turfinanzierungsgesellschaft zur Finan- zierung von Bundesverkehrswegen (Verkehrsinfrastrukturfinanzie- rungsgesellschaftsgesetz – VIFGG) (Drucksache 15/199) . . . . . . . . . . . . . . 2394 C – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der CDU/CSU ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesfernstraßen- finanzierungs- und Managementgesell- schaft (Bundesfernstraßenfinan- zierungs- und Managementgesell- schaftsgesetz – BFFuMGG) (Drucksachen 15/299, 15/416) . . . . . . 2394 D Dr. Margrit Wetzel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 2395 A Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 2396 D Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2398 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . 2399 D Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2400 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 2402 B Tagesordnungspunkt 15: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ver- längerung der Ladenöffnung an Samstagen (Drucksachen 15/396, 15/521) . . . 2404 D IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Aufhebung des Laden- schlussgesetzes (Drucksachen 15/106, 15/591) 2404 D b) Empfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ladenschlussgesetz mo- dernisieren (Drucksachen 15/193, 15/591) . . . . . . 2404 D Wolfgang Grotthaus SPD . . . . . . . . . . . . . . . 2405 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2406 C Hubert Ulrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2409 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2410 C Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 2411 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 2412 D Kurt Segner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 2414 C Tagesordnungspunkt 7: a) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: 59. Tagung der Menschenrechts- kommission der Vereinten Nationen (Drucksache 15/549) . . . . . . . . . . . . . . 2416 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: 6. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den aus- wärtigen Beziehungen und in ande- ren Politikbereichen (Drucksachen 14/9323, 15/171 Nr. 1, 15/397) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Men- schenrechte als Leitlinie der deut- schen Politik (Drucksachen 15/136, 15/495) . . . . . . 2416 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- geordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechts- verletzungen in Tschetschenien nicht vergessen (Drucksachen 15/64, 15/496) . . . . . . . 2416 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Hermann Gröhe, Rainer Eppelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für Men- schenrechte weltweit eintreten – die inter- nationalen Menschenrechtsschutzinstru- mentarien stärken (Drucksache 15/535) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 C Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 D Hermann Gröhe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 2418 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2420 B Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2421 C Christoph Strässer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 2422 D Melanie Oßwald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 2425 A Kerstin Müller, Staatsministerin AA. . . . . . . . 2426 C Holger Haibach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 2427 D Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 15/359) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2429 D Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . 2430 A Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2431 A Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 2432 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2433 C Stefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . 2434 C Florian Pronold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2435 D Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unternehmensfinanzie- rung (Kleinunternehmerförderungsgesetz) (Drucksache 15/537) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2436 C Ingrid Arndt-Brauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . 2436 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2437 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 V Hubert Ulrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2439 B Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 2440 C Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2441 D Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2443 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen sicherstellen (Drucksache 15/466) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2445 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wettbewerbsbedin- gungen bei Vertrieb von Postdienstleistun- gen schaffen (Drucksache 15/579) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2445 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 2445 B Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2447 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . 2448 A Ulrich Kelber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2449 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2450 B Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . 2450 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: GATS-Verhand- lungen – Bildung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern (Drucksachen 15/224, 15/506) . . . . . . . . . . . . 2451 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: GATS- Verhandlungen – Transparenz und Flexibi- lität sichern (Drucksache 15/576) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2451 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: GATS-Verhandlun- gen – Bildung als öffentliches Gut und kul- turelle Vielfalt sichern (Drucksache 15/580) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2451 B Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall-Düren, Michael Müller (Düssel- dorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Rainder Steenblock, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Keine Zustimmung zur Erhöhung der EURATOM-Kreditlinie (Drucksache 15/575) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2451 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EURATOM-Vertrag nicht aufweichen – Keine einseitigen Ein- griffe in die Finanzierung (Drucksache 15/578) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2451 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines nicht förmlichen Disziplinarverfahrens (Drucksache 15/607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2452 A Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Reinhold Hemker, Dr. Sascha Raabe, weiterer Abgeordneter und der Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Für eine nachhal- tige Agrarpolitik und einen gerechten Inte- ressenausgleich bei den laufenden WTO- Verhandlungen (Drucksache 15/550) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2452 B VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Peter Harry Carstensen (Nordstrand), Albert Deß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: WTO-Verhandlungen – Europäisches Landwirtschaftsmodell absichern (Drucksache 15/534) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2452 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2452 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2453 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Matthias Sehling, Wolfgang Zeitlmann, Ilse Aigner, Martin Hohmann, Hartmut Koschyk, Susanne Jaffke, Michael Glos, Dr. Peter Ramsauer, Dorothee Mantel, Norbert Geis, Dr. Ole Schröder, Stephan Mayer (Altöt- ting), Hubert Deittert, Jochen-Konrad Fromme, Albrecht Feibel, Beatrix Philipp, Dr. Michael Luther, Günter Baumann, Arnold Vaatz, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Reinhard Grindel, Dr. Klaus W. Lippold (Of- fenbach), Thomas Strobl (Heilbronn), Dr. Andreas Schockenhoff, Ursula Lietz, Clemens Binninger, Christa Reichard (Dres- den), Georg Brunnhuber, Heinz Seiffert, Patricia Lips, Matthäus Strebl, Barbara Lanzinger, Manfred Grund, Johannes Singhammer, Daniela Raab, Monika Brüning, Klaus Hofbauer, Hannelore Roedel, Christian Schmidt (Fürth), Doris Meyer (Tapfheim), Dr. Georg Nüßlein, Georg Schirmbeck, Peter Weiß (Emmendingen), Marco Wanderwitz, Peter Bleser, Elke Wülfing, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Julia Klöckner, Maria Michalk, Kristina Köhler (Wiesbaden), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Klaus Brähmig, Michaela Noll, Klaus Riegert, Tanja Gönner, Volker Kauder, Henry Nitzsche, Veronika Bellmann, Albert Rupprecht (Weiden), Dr. Hermann Kues, Erwin Marschewski (Recklinghau- sen), Kurt-Dieter Grill, Erika Steinbach, Dr. Peter Gauweiler, Thomas Dörflinger und Helmut Rauber (alle CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Antrag: Der Weg für die Os- terweiterung ist frei: Abschluss der Beitritts- verhandlungen auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen (Tagesordnungspunkt 4 a) . . 2453 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elke Ferner, Bernhard Brinkmann (Hil- desheim), Ulla Burchardt, Peter Dreßen, Klaus Hagemann, Erika Lotz, Lothar Mark, Hilde Mattheis, Dagmar Schmidt (Meschede), Jörg Tauss, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Gernot Erler, Anton Schaaf, Christoph Strässer, Horst Kubatschka, Lothar Binding (Heidelberg), Reinhold Hemker, Willi Brase, Helga Kühn-Mengel, Klaus Barthel (Starn- berg), Florian Pronold, Dr. Ernst Dieter Rossmann, René Röspel, Ottmar Schreiner, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Rüdiger Veit, Dr. Christine Lucyga, Klaus Kirschner, Heidi Wright, Angelika Graf (Rosenheim), Jella Teuchner, Christine Lambrecht, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Marco Bülow, Anette Kramme, Heinz Paula und Frank Hofmann (Volkach) (alle SPD) sowie Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Ladenöffnung an Samsta- gen (Tagesordnungspunkt 15 a) . . . . . . . . . . . 2453 D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ernst Hinsken, Renate Blank und Stephan Mayer (Altötting) (alle CDU/CSU) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Ladenöffnung an Sams- tagen (Tagesordnungspunkt 15 a) . . . . . . . . . 2454 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Fritz Schlösser und Horst Schmidbauer (Nürnberg) (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ver- längerung der Ladenöffnung an Samstagen (Tagesordnungspunkt 15 a) . . . . . . . . . . . . . . 2455 A Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Flächendeckende Versorgung mit Post- dienstleistungen sicherstellen – Wettbewerbsbedingungen bei Vertrieb von Postdienstleistungen schaffen (Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- nungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2455 A Ulrich Kelber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2455 B Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2456 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2457 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 VII (Tagesordnungspunkt 12 und Zusatztagesord- nungspunkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2462 D Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 2462 D Dr. Christel Happach-Kasan FDP . . . . . . . . 2475 C Mathias Berninger, Parl. Staatssekräter BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2476 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – GATS-Verhandlungen – Bildung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern – GATS-Verhandlungen – Transparenz und Flexibilität sichern (Zusatztagesordnungspunkte 5 bis 7) . . . . . . . 2457 D Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2457 D Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 2458 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 2460 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2462 A Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Keine Zustimmung zur Erhöhung der EURATOM-Kreditinie – EURATOM-Vertrag nicht aufweichen – Keine einseitigen Eingriffe in die Finan- zierung Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 2463 D Dr. Rolf Bietmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 2464 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2466 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2467 B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen gerechten Interessenausgleich bei den laufenden WTO-Verhandlungen – WTO-Verhandlungen – Europäisches Landwirtschaftsmodell absichern (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2468 B Dr. Sascha Raabe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 2468 B Reinhold Hemker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 2469 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2470 A Bernhard Schulte-Drüggelte CDU/CSU . . . . 2472 B Thilo Hoppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2474 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2315 (A) (C) (B) (D) 31. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 Beginn: 9.05 Uhr
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    1) Anlage 9 nicht aufweichen – Keine einseitigen Eingriffe in die Finanzierung“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Zustimmung von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord- nung um die Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- schäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines nicht förmlichen Disziplinarverfah- rens zu erweitern und diese jetzt als Zusatzpunkt 10 auf- zurufen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen. Dann rufe ich jetzt Zusatzpunkt 10 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f) Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter H. Carstensen (Nordstrand), Albert Deß, Gerda Hasselfeldt, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU WTO-Verhandlungen – Europäisches Land- wirtschaftsmodell absichern – Drucksache 15/534 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2453 (A) (C) (B) (D) Meyer (Tapfheim), Dr. Georg Nüßlein, Georg Schirmbeck, Peter Weiß (Emmendingen), Marco Wanderwitz, Peter Bleser, Elke Wülfing, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Julia Klöckner, gesordnungspunkt 15 a) Die Mehrheit unserer Fraktion hat sich für die An- nahme des Gesetzentwurfes in der Ausschussfassung Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Matthias Sehling, Wolfgang Zeitlmann, Ilse Aigner, Martin Hohmann, Hartmut Koschyk, Susanne Jaffke, Michael Glos, Dr. Peter Ramsauer, Dorothee Mantel, Norbert Geis, Dr. Ole Schröder, Stephan Mayer (Altötting), Hubert Deittert, Jochen-Konrad Fromme, Albrecht Feibel, Beatrix Philipp, Dr. Michael Luther, Günter Baumann, Arnold Vaatz, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Reinhard Grindel, Dr. Klaus W. Lippold (Of- fenbach), Thomas Strobl (Heilbronn), Dr. Andreas Schockenhoff, Ursula Lietz, Clemens Binninger, Christa Reichard (Dresden), Georg Brunnhuber, Heinz Seiffert, Partricia Lips, Matthäus Strebl, Barbara Lanzinger, Manfred Grund, Johannes Singhammer, Daniela Raab, Monika Brüning, Klaus Hofbauer, Hannelore Roedel, Christian Schmidt (Fürth), Doris Maria Michalk, Kristina Köhler (Wiesbaden), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Klaus Brähmig, Michaela Noll, Klaus Riegert, Tanja Gönner, Volker Kauder, Henry Nitzsche, Veronika Bellmann, Albert Rupprecht (Wei- den), Dr. Hermann Kues, Erwin Marschewski (Recklinghausen), Kurt-Dieter Grill, Erika Steinbach, Dr. Peter Gauweiler, Thomas Dörflinger und Helmut Rauber (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Der Weg für die Osterweiterung ist frei: Abschluss der Bei- trittsverhandlungen auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen (Tagesordnungspunkt 4 a) Dem Beitritt von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakischen Republik, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern in die Eu- ropäische Union stimmen wir mit dem vorliegenden An- trag grundsätzlich zu, denn diese Völker und ihre jungen Demokratien sind eine Bereicherung für die Europäische Union. Wir sind aber enttäuscht, dass bei den Beitritts- verhandlungen die Menschenrechtsstandards des Kopen- hagener Vertrages nicht die notwendige überragende Rolle gespielt haben. In diesem Sinne sind die Entrech- tungsdekrete gegenüber ungarischen und deutschen Ver- triebenen und Flüchtlingen fortwirkendes Unrecht. In die EU gehören aber nur Staaten, die die Menschenrechte umfassend achten. Menschenrechte sind von sich aus universal angelegt. Rechtsakte, die zu diesen im Gegen- satz stehen, gehören aufgehoben. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elke Ferner, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Ulla Burchardt, Peter Dreßen, Klaus Hagemann, Erika Lotz, Lothar Mark, Hilde Mattheis, Dagmar Schmidt (Me- schede), Jörg Tauss, Gert Weisskirchen (Wies- loch), Gernot Erler, Anton Schaaf, Christoph Strässer, Horst Kubatschka, Lothar Binding (Heidelberg), Reinhold Hemker, Willi Brase, Helga Kühn-Mengel, Klaus Barthel (Starn- berg), Florian Pronold, Dr. Ernst Dieter Rossmann, René Röspel, Ottmar Schreiner, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Rüdiger Veit, Dr. Christine Lucyga, Klaus Kirschner, Heidi Wright, Angelika Graf (Rosenheim), Jella Teuchner, Christine Lambrecht, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Marco Bülow, Anette Kramme, Heinz Paula und Frank Hofmann (Volkach) (alle SPD) sowie Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ver- längerung der Ladenöffnung an Samstagen (Ta- Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 13.03.2003 Austermann, Dietrich CDU/CSU 13.03.2003 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 13.03.2003 Göppel, Josef CDU/CSU 13.03.2003 Götz, Peter CDU/CSU 13.03.2003 Lehn, Waltraud SPD 13.03.2003 Möllemann, Jürgen W. Fraktionslos 13.03.2003 Rühe, Volker CDU/CSU 13.03.2003 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 13.03.2003 Schneider, Carsten SPD 13.03.2003 Seib, Marion CDU/CSU 13.03.2003 Volquartz, Angelika CDU/CSU 13.03.2003 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 13.03.2003 Wieczorek (Böhlen), Jürgen SPD 13.03.2003 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 13.03.2003 2454 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) ausgesprochen. Wir akzeptieren diese Mehrheitsent- scheidung, obwohl nach unserer Auffassung gewichtige Gründe gegen eine Änderung der jetzigen Regelung sprechen: Eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten schafft nicht mehr Kaufkraft, sondern forciert den Kon- zentrationsprozess im Einzelhandel. Lediglich Geschäfte in den Innenstädten und Ein- kaufszentren auf der grünen Wiese nutzen die bestehen- den Ladenöffnungszeiten voll aus und werden auch die neuen Öffnungszeiten ausschöpfen. Die Folge ist, dass die Konzentration im Einzelhandel zunimmt und die wohnortnahe Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten, in Wohngebieten und außerhalb der 1a-Lagen abnimmt. Die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten wird die- sen Konzentrationsprozess zulasten kleiner Familien- betriebe, kleiner Filialen und kleiner Einzelhändler weiter forcieren. Für Menschen, die auf eine wohnort- nahe Versorgung angewiesen sind, wird sich die Situa- tion weiter verschlechtern. Der Konsum wird zu ande- ren Zeiten und an anderen Orten stattfinden, sich aber nicht vermehren. Eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten schafft nicht mehr Beschäftigung, sondern reduziert die Voll- zeitarbeitsplätze und verschlechtert die Arbeitszeiten für die Beschäftigten. Die Erfahrungen mit der bisherigen Regelung zeigen, dass die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze abnimmt, die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze und Mini-Jobs zunimmt, die Ar- beitszeiten für die Beschäftigten ungünstiger werden, insbesondere durch den Einsatz von kapazitätsorientier- ter variabler Arbeitszeit, und damit für Eltern, insbeson- dere für Mütter, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zunehmend schwieriger wird. Wir befürchten eine Verstärkung dieser Entwicklung und im Ergebnis einen Verlust von existenzsichernden Arbeitsplätzen im Einzelhandel, eine massive Auswei- tung der Mini-Jobs und damit einhergehend weitere Mindereinnahmen bei Steueraufkommen und bei den Sozialversicherungssystemen. Darüber hinaus wird für viele Beschäftigte im Einzelhandel die Wochenendarbeit zunehmen. Davon sind insbesondere Frauen betroffen, für die es noch schwieriger wird, Vereinbarkeit von Fa- milie und Beruf verwirklichen zu können oder am sozia- len und kulturellen Leben teilhaben zu können. Darüber hinaus entstehen gravierende Nachteile für Beschäftigte, die auf den ÖPNV angewiesen sind. Fazit: Eine weitere Lockerung der Ladenöffnungszei- ten wird weder auf den Arbeitsmarkt noch auf das Um- satzvolumen im Einzelhandel insgesamt positive Auswir- kungen haben. Wir erwarten, dass auch die Unternehmen aufgrund der ernsten Lage am Arbeitsmarkt ihre unterneh- merische Verantwortung wahrnehmen und mit der Locke- rung der Öffnungszeiten nicht einen weiteren Abbau von festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein- leiten. Wir erwarten von der Bundesregierung eine genaue Beobachtung der Entwicklung der Arbeitsmarktsitua- tion und der klein- und mittelständischen Struktur im Einzelhandel, um auf Fehlentwicklungen reagieren zu können. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ernst Hinsken, Renate Blank und Stephan Mayer (Altötting) (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Verlängerung der Ladenöffnung an Samstagen (Tagesordnungspunkt 15 a) Ich werde dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 15/396 mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Samstagen“, dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion auf Drucksache 15/106 mit dem Titel „Entwurf eines Geset- zes zur Aufhebung des Ladenschlussgesetzes“, sowie dem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf Drucksache 15/193 mit dem Titel „Ladenschlussgesetz modernisieren“, nicht zustimmen. Begründung: Die im Jahre 1996 vorgenommene No- vellierung des Ladenschlussgesetzes hat nicht das Er- gebnis gebracht, das man erwartete. So wurden nicht die 50 000 zusätzlichen Arbeitsplätze, wie vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Rexrodt angekündigt, ge- schaffen. Im Gegenteil gab es eine Reduzierung um 133 000 Arbeitsplätze. Bei den Vollzeitarbeitsplätzen ist sogar ein Minus von 175 000 zu verzeichnen. Es soll je- doch nicht verschwiegen werden, dass im Teilzeitbereich eine Steigerung, allerdings nur um 4,4 Prozent, zu ver- zeichnen war. Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich zwischenzeitlich die Einzelhandelsstruktur in der Bun- desrepublik Deutschland für kleinere und mittlere Be- triebe weiter verschlechtert hat. Circa 7 000 Betriebe werden jetzt weniger gezählt als vor sieben Jahren. Eine weitere Ausweitung der Ladenöffnungszeiten bringt mit sich, dass vor allem die Supermärkte auf der grünen Wiese und die Geschäfte in Toplagen positiv be- troffen sind. Alle übrigen Geschäfte profitieren nicht da- von und werden mit zusätzlichen Kosten belastet, die sie gerade in dieser schwierigen Wirtschaftslage nicht so ohne weiteres verkraften können. Sie sind deshalb der Gefahr besonders ausgesetzt, nicht mehr mithalten zu können und somit schließen zu müssen. Insbesondere negativ betroffen sind Geschäftsinhaber in der Fläche, denn durch eine weitere Veränderung der Öffnungszeiten gibt es noch mehr Kaufkraftverlagerung in größere Einkaufszentren. Eine Eröffnungszeit von durchschnittlich 74 Stunden pro Woche ist meiner Mei- nung nach ausreichend. Ich kann es nicht verantworten, dass unter anderem durch eine zusätzliche Verlängerung der Ladenöffnungs- zeiten ein weiterer Rückgang von kleinen und mittleren Geschäften die Folge sein wird. Aus diesen Gründen werde ich keiner der drei Vorlagen zustimmen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2455 (A) (C) (B) (D) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Fritz Schösser und Horst Schmidbauer (Nürnberg) (beide SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Ladenöffnung an Samstagen (Tagesordnungspunkt 15 a) Seit vielen Jahren setzten wir uns dafür ein, dass Menschen sich wohnortnah versorgen können, die In- nenstädte attraktiv bleiben, Familienbetriebe und Einzel- händler eine Zukunftschance haben, sozialversiche- rungspflichtige Vollzeit- und Teilzeitarbeitsplätze erhalten bleiben und nicht einem ständigen Verdrän- gungswettbewerb durch geringfügige Beschäftigungs- verhältnisse zum Opfer fallen, negative Auswirkungen auf die Beschäftigten im Einzelhandel durch eine kapa- zitätsorientierte, variable Arbeitszeit vermieden werden und Eltern Familie und Beruf besser miteinander verein- baren können. Die neuerliche Reform des Ladenschlusses, die eine weitere Verlängerung der Ladenöffnungszeiten vorsieht, geht in die falsche Richtung. Deshalb lehnen wir eine weitere Lockerung der Ladenöffnungszeiten ab. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Flächendeckende Versorgung mit Post- dienstleistungen sicherstellen – Wettbewerbedingungen bei Vertrieb von Postdienstleistungen schaffen (Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- nungspunkt 4) Ulrich Kelber (SPD): Lassen Sie uns zunächst die Gemeinsamkeiten in dieser Frage betonen: Dieses Parla- ment will quer durch alle Fraktionen eine günstige Post, eine kundenfreundliche Post, eine Post mit einem guten Service und vor allem auch eine ortsnahe Postversor- gung. Dies alles war in den letzten Jahren weitgehend der Fall. Dazu haben die Postagenturen viel beigetragen. Deswegen sieht dieses Parlament, sieht die SPD-Bun- destagsfraktion die Debatte über die neuen Verträge für die Postagenturen mit Sorge. Damit das niemand falsch versteht: Wir sind überzeugt, dass die Liberalisierung der Post gute Preise und guten Service bei gleichzeitiger ortsnaher Versorgung erst möglich gemacht hat. Deswe- gen halten wir an der Liberalisierung fest und werden diesen Weg weiter gehen. Es gibt dazu keine seriöse Al- ternative. Die Liberalisierung hat bereits erste Preissenkungen ermöglicht: Im Jahr 2003 wurde in Deutschland erstmals in der Geschichte das Briefporto gesenkt, nachdem die alte Kohl-Regierung 1997 das Porto noch einmal erhöht hatte. Inflationsbereinigt ist das Briefporto seit den 90er- Jahren sogar sehr stark gesunken. Es waren übrigens auch die geringeren Kosten der Postagenturen gegenüber den Postfilialen, die dies möglich gemacht haben. Die Liberalisierung hat zu mehr Service geführt: Durch die Einführung der Postagenturen haben sich in vielen Fällen die Öffnungszeiten erweitert. In vielen Dörfern und kleinen Ortsteilen haben die Postagenturen die örtliche Nahversorgung stabilisiert, weil der Tante- Emma-Laden zusätzliche Kunden und Einnahmen ge- wonnen hat. Die Liberalisierung hat zu mehr Kundenfreundlich- keit geführt: Früher hat die Post vermittelt, es sei eine Gnade, eine Briefmarke kaufen zu dürfen. Jeder hier wird sich an solche Szenen auf den Postämtern noch er- innern. Heute wird man als Kunde ernst genommen, ge- rade auch in den Postagenturen. Das notwendige Gegenstück zur Liberalisierung ist die PUDLV: vorgeschriebene Qualität zu einem ange- messenen und günstigen Preis. Denn der Markt allein kann zum Beispiel nicht dafür sorgen, dass eine ortsnahe Versorgung besteht. Der Markt allein kann auch nicht dafür sorgen, dass Postleistungen auf dem Land genauso preisgünstig angeboten werden wie in der Stadt. Deswe- gen ist die PUDLV notwendig. Die PUDLV, 1999 beschlossen, schreibt der Post AG 12 000 Postfilialen und Postagenturen vor, übrigens 2 000 mehr, als noch die alte Kohl-Regierung wollte. Deswegen wurde die PUDLV 1999 von CDU/CSU und FDP auch abgelehnt. Ich betone das noch einmal: CDU/ CSU und FDP haben 1999 abgelehnt, der Post eine hohe Anzahl von Postfilialen und Postagenturen vorzuschrei- ben. Viele der Postagenturen, über die wir heute spre- chen, gäbe es überhaupt nicht, wenn CDU/CSU und FDP die Mehrheit im Bundestag hätten. Übrigens haben auch die Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und FDP, die sich jetzt dreist zu ver- meintlichen Fürsprechern für die Postagenturen auf- schwingen wollen, damals gegen eine vorgeschriebene Anzahl von Postfilialen und Postagenturen gestimmt. Rainer Funke, FDP, hat am 4. November 1999 ausge- führt: „In diesem Sinne regelt die PUDLV einfach zu viel ... Ob es zweckmäßig ist, der Post AG im Einzelnen vorzuschreiben, wie viele stationäre Einrichtungen – und zwar Poststellen und Tante-Emma-Läden – vorhanden sein müssen, kann tunlichst bezweifelt werden.“ Das Protokoll vermeldet nach diesem Absatz Beifall der FDP und der CDU/CSU. Wäre es nach der Opposition gegangen, dann hätten wir heute überhaupt kein Druckmittel mehr auf die Post AG in der Hand. Wir hätten keine stringente PUDLV. Nur über die PUDLV können wir Einfluss in der Frage der Postagenturen nehmen. Gut, dass wir diese Verordnung haben. Gut, dass wir von dieser Verordnung jetzt auch Gebrauch machen können. Übrigens haben CDU/CSU und FDP in letzter Zeit grundsätzlich einen Eingriff der Bundesregierung in den geschäftlichen Betrieb von Telekom und Post abgelehnt. Das sei schuld am Sturz der Aktienkurse der beiden 2456 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) Unternehmen, hat – wie so häufig glatt wahrheitswidrig – Herr Merz von der CDU behauptet. Er wollte sich bei den Kleinaktionären lieb Kind machen. Die Wahrhaftig- keit ist dabei auf der Strecke geblieben. Heute legt diese CDU/CSU einen Antrag vor, wo die Bundesregierung zum genauen Gegenteil vom dem auf- gefordert wird, was Merz, Merkel und Stoiber noch vor wenigen Wochen wollten, nämlich den direkten Eingriff der Bundesregierung in den geschäftlichen Betrieb der Post AG. Diese Form von Populismus finde ich peinlich. Er hilft den Betreibern der Postagenturen auch überhaupt nicht. Die Betreiber der Postagenturen werden von CDU/CSU missbraucht für Angriffe auf die Bundesre- gierung. Dabei sind es die Postagenturen, um die es hier geht – und nicht die Interessen von CDU/CSU. Die Postagentu- ren benötigen unsere Hilfe. Und die werden Sie auch be- kommen. Diese Hilfe ist schon unterwegs, nämlich in Form von zwei Drehschrauben für die Politik: Erstens prüft das Kartellamt bereits, ob die neuen Verträge ein Missbrauch von Marktmacht darstellen. Dies ist – das sollten wir dann auch dazusagen – keine Vorverurteilung der Deutschen Post AG. Wir fordern die Post AG auf, diese Prüfung abzuwarten. Zweitens haben wir der Deutschen Post AG klar ge- macht, dass wir ohne jeden Abstrich an der Forderung der PUDLV nach 12 000 Postfilialen und Postagenturen festhalten. Würden wirklich reihenweise Postagenturen gekündigt und damit die PUDLV verletzt, dann würden automatisch Strafen fällig. Wir werden da keine Aus- nahme für die Post AG machen. Wir prüfen auch, ob das Strafmaß weiter erhöht werden muss. Wir fordern CDU/CSU und FDP auf, den offensichtli- chen Populismus sofort einzustellen. Helfen Sie den Postkunden und den Betreibern der Postagenturen. Stop- pen Sie ihre plumpen parteipolitischen Spielchen und ziehen Sie mit uns an einem Strang! Ihr Antrag ist über- flüssig. Ihr Antrag ist eine Mischung aus Selbstverständ- lichkeiten und Unsinn. Die wirklich notwendigen Schritte nennt er nicht. An die Adresse der Deutschen Post AG: Ihr müsst die PUDLV jederzeit und im vollen Umfang erfüllen. Ohne leistungsfähige Postagenturen, deren Betrieb sich auch finanziell lohnen muss, wird das nicht möglich sein. Die Post AG sollte ihren Vorteil der ortsnahen Kundenver- sorgung, die sie gegenüber der Konkurrenz hat, nicht mutwillig aufs Spiel setzen. Hubertus Heil (SPD): Im ländlichen Raum, den Kleinstädten und auch in den Stadtteilen von Großstäd- ten müssen die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig ein erreichbares Angebot von Postdienstleistungen in Anspruch nehmen können. Das war immer unsere Posi- tion, das ist unsere Position und das wird auch immer die Position der SPD-Bundestagsfraktion sein. Postdienstleistungen werden in erheblichem Umfang durch Postagenturen erbracht. Sie sichern die Grundver- sorgung dort, wo die Post diese oft nicht mehr über ei- gene Filialen aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen sicherstellt. Die Postagenturen helfen damit, die nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung bestehende Verpflichtung der Deutschen Post AG einzulösen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Postdienstleis- tungen sicherzustellen. Es existieren derzeit etwa 7 800 Agenturen, in denen circa 21 000 Arbeitsplätze entstan- den sind. Zurzeit bemüht sich die Post AG um eine Neuord- nung ihrer Vertragsbeziehung zu den Agenturnehmern. Viele Agenturen und ihre Interessensvertretungen emp- finden die von der Post AG vorgeschlagenen Standard- verträge als „Knebelverträge“. Einige Postagenturen be- klagen sogar, dass sie durch die aus diesen neuen Verträgen resultierenden Umsatzeinbußen in ihrer wirt- schaftlichen Existenz gefährdet seien. Die SPD-Bundestagsfraktion beobachtet diese Ent- wicklung mit großer Sorge und wird darauf dringen, dass die Post AG die Bestimmungen der Verordnung in vol- lem Umfang bis Ende April einhalten wird. Dieses ha- ben uns die Vertreter der Deutschen Post AG gestern in einem Gespräch und heute nochmals schriftlich zuge- sagt. Unsere Gespräche mit der Post AG hatten auch zum Erfolg, dass das Unternehmen zumindest in einigen Bereichen den Agenturen entgegenkommt. So wird in der Übergangsphase der Vertragsumstel- lung den Agenturen im Rahmen eines Verkaufsförde- rungspakets eine Provision für den Verkauf von wert- schöpfenden Produkten angeboten, die über 200 Prozent höher als üblich liegen. Auch wird der Abschluss eines Postbank-Girokontos oder eines Telekom-ISDN-An- schlusses mit 50 Euro statt mit 15 Euro vergütet. Flan- kierend wird diese Maßnahme durch umfangreiche Wer- bekampagnen begleitet. Wir Sozialdemokraten konnten erreichen, dass diese ursprünglich bis September 2003 befristete Aktion für alle Partner der Post AG, die neue Verträge abschließen, auf zwölf Monate ab Vertragsumstellung verlängert wird. Des Weiteren wurden uns zusätzliche Verkaufsför- derungsmaßnahmen zugesichert. Und schließlich sagte uns die Post AG zu, eine regelmäßige Überprüfung der Vergütung im Lichte der Geschäftsentwicklung vorzu- nehmen, um diese gegebenfalls anzupassen. Wir erwarten allerdings über diese Zusagen hinaus von der Post AG, die Neuordnung des Vertragsverhält- nisses mit den Agenturen so lange auszusetzen, bis die Prüfung des Bundeskartellamtes abgeschlossen ist. An den uns vorliegenden Anträgen von CDU/CSU und FDP irritiert uns, dass diese Parteien der von uns verschärften PUDLV damals nicht zugestimmt haben, sich aber heute als Gralshüter dieser Verordnung auf- spielen. Noch mehr irritiert uns, dass der CSU-Kollege Singhammer sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, ei- nen eigenen Antrag zu formulieren. Im Antrag der CDU/ CSU-Fraktion wird wortwörtlich ein Antrag aus einer Sitzung des Beirates der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation wiedergegeben, ohne auf die Urheberschaft hinzuweisen. Dem ist zu entnehmen, dass der neue stellvertretende Vorsitzende des Beirates die- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2457 (A) (C) (B) (D) sem Gremium keine allzu große Durchsetzungsfähigkeit einräumt. Am meisten irritiert uns aber, dass der von CDU/CSU sonst so viel beschworene ordnungspolitische Kompass in dieser Frage vollständig abhanden gekommen zu sein scheint. Im Gegensatz, zu den Bestimmungen des Akti- engesetzes soll nach Vorstellung der Union der Bund als Mehrheitsaktionär einen direkten Einfluss auf betriebs- wirtschaftliche Entscheidungen nehmen. Ist es nicht immer wieder die Union, die in Bezug auf die Deutsche Telekom AG zu Recht das Gegenteil er- wartet? Populistisch durch jeden Wahlkreis zu ziehen und von der Bundesregierung Handeln einzufordern, das weder eine Rechtsgrundlage hat noch der ordnungpolitischen Vernunft entspricht, mag kurzfristig Effekte erzielen, ist aber alles andere als hilfreich, um nicht zu sagen däm- lich. Herr Singhammer macht den Eindruck eines klei- nen Jungen, der am Rande eines Ozeans steht und den Versuch unternimmt, durch das Werfen von Kieselstein- chen den Kurs eines Tankers zu beeinflussen. Lassen Sie uns lieber die rechtlichen Instrumente nut- zen, um einen fairen Interessenausgleich zwischen den berechtigten betriebswirtschaftlichen Interessen der Post-AG und den Agenturen herbeizuführen. Erst wenn sich dann zeigen sollte, dass die vorhande- nen rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung der flä- chendeckenden Umsetzung der Universaldienstverord- nung nicht ausreichen, werden wir neue schaffen. Dazu gehören dann auch gegebenenfalls neue Instrumente der Regulierungsbehörde. Jetzt aber gilt es, die vorhandenen Mittel auszuschöp- fen. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht jeder Mensch chattet im Internet. Ja, es soll sogar Menschen geben, die überhaupt keinen Computer besit- zen und keinen Zugang zum Internet haben. Die Post ist für die Kommunikation immer noch unentbehrlich, wenn die Oma ihrem Enkel ein Päckchen zum Geburts- tag schicken will oder die Schülerin ihrem Brieffreund schreibt oder auch nur – ganz wunderbar altmodisch – ein Liebesbrief geschrieben und abgeschickt werden soll. Die Sicherstellung der flächendeckenden Grundver- sorgung mit Postdienstleistungen gehört zur Daseinsvor- sorge. Gerade die Menschen, die verstärkt auf die Post angewiesen sind, sind zum Teil auch körperlich nicht so mobil, weil sie zum Beispiel noch nicht oder nicht mehr Auto fahren. Deshalb muss die nächste Postdienststelle auch in der Fläche für die Menschen erreichbar sein. Den Umfang dieses Universaldienstes hat die rot- grüne Bundesregierung in der Post-Universaldienstleis- tungsverordnung (PUDLV) festgelegt und damit 1998 den massiven Abbau von Postdiensten gestoppt. Die PUDLV ist das zentrale Instrument zur Sicherung eines Mindestangebots durch die Deutsche Post und deren Wettbewerber. In allen Gemeinden mit mehr als 2000 Ein- wohnern muss eine stationäre Einrichtung vorgehalten werden. In zusammenhängenden bebauten Gebieten muss die Einrichtung in maximal 2000 Metern für die Kunden erreichbar sein. Die Vorgabe der PUDLV in der seit dem Zweiten Ge- setz zur Änderung des Postgesetzes vom 30. Januar 2002 gültigen Fassung wird von der Deutschen Post hinsicht- lich der Anzahl der stationären Einrichtungen erfüllt. Je- doch ist mit Stand November 2002 die neue Vorgabe von zusätzlichen stationären Einrichtungen in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern nur etwa zu 75 Prozent erfüllt und die Verpflichtung zur Schaffung von stationä- ren Einrichtungen aufgrund des Flächenkriteriums von 80 Quadratkilometern ist bislang nur etwa zu 70 Prozent erfüllt. Und es gibt Hinweise, dass Postfilialen, die auf- grund eines Betreiberwechsels oder Personalmangels ge- schlossen wurden, nicht zeitgerecht wieder geöffnet wer- den. Aktuell beschäftigt uns die Debatte, dass die Post den Postagenturen deutlich schlechtere Verträge anbie- tet. Es existieren 7 800 Agenturen, in denen circa 21 000 Arbeitsplätze entstanden sind. Die neuen Verträge sollen den wirtschaftlichen Betrieb der Agenturen gefährden. Und die Post soll ihre Monopolstellung nutzen, um im Vertriebsbereich zulasten der Agenturen Kosten zu spa- ren. Ich sage hier sehr deutlich im Namen der grünen Fraktion: Wie die Post ihre Verpflichtungen erfüllt, ist ihre Sache. Wir werden es dem Unternehmen nicht vor- schreiben. Aber dass sie für die Verbraucher die zwin- gend erforderliche Versorgung bereitstellen muss, ist auch klar. Die Post muss die Vorgaben der PUDLV einhalten. Wir werden aus gegebenem Anlass zudem prüfen, ob die bestehenden rechtlichen Instrumente ausreichen, einer möglichen Gefährdung der flächendeckenden Versor- gung mit Postdienstleistungen entgegenwirken zu kön- nen. Die Post möchte ich auffordern, die Neuordnung der Vertragsverhältnisse mit den Agenturen so lange aus- zusetzen, bis die Prüfung des Bundeskartellamtes abge- schlossen ist. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung der Anträge: – GATS-Verhandlungen – Bildung als öffentli- ches Gut und kulturelle Vielfalt sichern – GATS-Verhandlungen – Transparenz und Flexibilität sichern (Zusatztagesordnungspunkte 5 bis 7) Ulla Burchardt (SPD): Internationale Handelsver- einbarungen wie die um GATS haben Auswirkungen auf nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche und betreffen letztendlich jeden Einzelnen. Von daher ist es nicht ver- wunderlich, dass es eine intensive kritische öffentliche Debatte gibt, in die sich die unterschiedlichsten Gruppen und Institutionen einbringen. Man muss ja nicht alle Beiträge und Forderungen gut und richtig finden, aber für meine Fraktion kann ich 2458 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) sagen: Wir begrüßen diese öffentliche Debatte und hal- ten sie für notwendig. Vor allen Dingen aber halten wir es für geboten, ja geradezu für unseren Auftrag als Ab- geordnete, dass sich der Deutsche Bundestag mehr als in der Vergangenheit in diese Verhandlungsprozesse ein- bringt und positioniert, also der Bundesregierung einen klaren Verhandlungsauftrag mit auf den Weg gibt. Mit der Beschlussfassung über unseren Antrag heute sind wir sozusagen „just in time“: das Angebot der EU- Kommission liegt vor, die Bundesregierung wird wie die anderen Mitgliedstaaten ihre Stellungnahme erarbeiten, so dass das endgültige Angebot am 30. März steht. Mit diesem Antrag liegen wir aber nicht nur im Zeit- plan richtig, sondern auch mit unseren Positionen. Uns ging und geht es darum, Bildung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt zu sichern. Wir sehen keine Notwen- digkeit für weitergehende Liberalisierungen, halten die bisherigen für ausreichend, zumals sie weitergehender sind als die anderer Staaten. Wir wollen mehr Qualitäts- wettbewerb und mehr Internationalisierung, nur ist GATS nicht der zielführende Weg. Die einzelnen Forde- rungen und Begründungen sind in der ersten Lesung und in der Ausschussberatung hinlänglich dargestellt wor- den. Ich kann feststellen, dass der Kommissionsentwurf inhaltlich in Bezug auf Bildung und Kultur unseren Vor- stellungen entspricht, also kein Angebot enthält. Auszu- machen bleibt die überfällige Klarstellung des Begriffs der „governmental services“. Ein weiteres Kernanliegen betrifft das grundsätzliche Verhandlungsverfahren. Wir wollen öffentliche Transpa- renz und die frühzeitige Beteiligung des Bundestages. Und hierzu kann ich feststellen, dass durch die Initiati- ven der Koalitionsfraktionen eine neue Sensibilität und Dynamik für die Parlamentarisierung internationaler Entscheidungsprozesse angestoßen worden ist. Das ist gut so, denn Regelungen mit derart weitreichenden Wir- kungen wie GATS können und dürfen nicht ausschließ- lich Bürokratien überlassen werden. Das wäre geradezu antidemokratisch und es gibt überhaupt keinen Grund, bei internationalen Regelsetzungen prinzipiell anders zu verfahren als bei innerstaatlichen. Darüber hinaus hat EU-Kommissar Lamy dankens- werterweise bei seinem Gespräch mit dem EU-Aus- schuss betont, wie wichtig öffentliche Transparenz und Beteiligungen im Hinblick auf den Verhandlungsprozess seien, um dem Entstehen irrationaler Ängste und Kriti- ken keinen Vorschub zu leisten. Nun noch einige Anmerkungen zur Debatten- und Antragslage. Beim Antrag der FDP-Fraktion handelt es sich um eine Mogelpackung. Mit der Überschrift haben sie wortgleich unsere Position übernommen, ihre Fest- stellungen und Forderungen laufen jedoch genau auf das Gegenteil hinaus. Sie bedeuten nicht Sicherung sondern Gefährdung von Bildung als öffentlichem Gut und kultu- reller Vielfalt. Man findet die altbekannte Variation neo- liberaler Ideologie, in der der Markt zum Mythos wird und Liberalisierung als Zaubermittel für mehr Qualität gilt. Das ist eine Position, die mehr mit Glauben und we- nig mit adäquater Problemlösung zu tun hat. Von der Unionsfraktion liegt – obwohl anders ange- kündigt – bis heute kein Antrag vor. Das ist insofern be- merkenswert, als mindestens die CDU-regierten Länder über die BLK eine Position mitformuliert haben, die mit unserer deckungsgleich ist und auch in den bisherigen Bundestagsberatungen an wesentlichen Stellen Überein- stimmung festzustellen war. Auseinandersetzung mit un- serem Antrag erschöpft sich im Wesentlichen in der Kri- tik, wir redeten „ja nur Gruppen wie attac nach dem Munde“ und hätten „zu einer Überschätzung des Themas in der Öffentlichkeit beigetragen“, deshalb lehnten sie ihn ab. Dieser Schuss geht nach hinten los: die öffentli- che Diskussion gab es bereits Monate bevor der Bundes- tag sich des Themas angenommen hat. Insofern ist Ihre Kritik ein Zeichen dafür, dass Sie dieses Interesse bis heute entweder nicht realisieren oder hartnäckig ignorie- ren. Dem gegenüber haben wir uns ernsthaft mit den vor- liegenden Stellungnahmen fachlich relevanter Institutio- nen und Organisationen befasst, wie denen der Bund- Länder-Kommission und der Hochschulrektorenkonfe- renz, dem Wissenschaftsrat und der Gewerkschaft Erzie- hung und Wissenschaft. Wir haben große Übereinstim- mung erzielt und in Gesprächen großes Lob und Zustimmung gefunden. In der abschließenden Bewertung komme ich zu dem Ergebnis: Die FDP ist mit ihrer Postition völlig isoliert, während die CDU/CSU sich offenkundig aus rein takti- schen Gründen bis heute nicht zu einem Antrag hat durchringen können. Sie haben jetzt die Chance, sich von Ihrer entschiedenen Sowohl-als-auch-Position weg- zubewegen. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Die Europäi- sche Kommission bereitet derzeit ihr Verhandlungsange- bot im Rahmen der Welthandelsrunde WTO für das All- gemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen, GATS, vor. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, bis zum 18. März 2003 ihre Stellungnahme abzugeben, damit die EU-Kommission ihre in der Welt- handelskonferenz von Doha gegebene Zusage, bis zum 31. März 2003 ein Angebot an die WTO zu machen, auch einhalten kann. Das vorläufige Eingangsangebot, Initial Draft Offer, der Kommission wurde am Freitag, dem 7. Februar 2003 unter strikter Vertraulichkeitsauflage den nationalen Par- lamenten zugänglich gemacht. Das bedeutet, dass die Parlamente weder ausreichend Zeit noch die Möglich- keit zur Beratung in den Ausschüssen, zur Diskussion mit den Betroffenen sowie einer breiteren Öffentlichkeit haben. Gerade diese fehlende Transparenz ist angesichts der Bedeutung der GATS-Verhandlungen gesellschaft- lich und politisch nicht hinnehmbar. Der Handel mit Dienstleistungen umfasst bisher etwa ein Fünftel des Welthandels und soll – wenn es nach dem Willen der WTO und vieler Interessierter geht – im kom- menden Jahrzehnt auf 50 Prozent des Welthandelsvolu- mens wachsen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2459 (A) (C) (B) (D) Da das Erbringen von Dienstleistungen in den OECD- Ländern circa 60 bis 70 Prozent zum jeweiligen BSP beiträgt, ist klar, dass der hier begonnene Weg einer deutlichen Ausweitung der Liberalisierung des Dienst- leistungshandels von einschneidender Bedeutung sein wird. Dienstleistungen begleiten uns von der Geburt bis zum Lebensende. Sie sind nicht nur in der staatlichen Organisation und öffentlichen Daseinsvorsorge wichtig, sondern auch einer der wichtigsten Wachstumsbereiche auf den privaten Märkten. Für wen, in welchem Umfang, in welcher Qualität und zu welchem Preis die öffentliche Daseinsvorsorge zur Verfügung steht, bestimmt in hohem Maße Wohl- stand und Lebensqualität, Leben und Gesundheit. Sie prägt auch Chancengleichheit, sozialen Zusammenhalt und zu einem nicht geringen Teil das, was wir als natio- nale Identität, kulturelles Erbe, aber auch Heimat defi- nieren. Beim GATS geht es dabei nicht nur allein um private wirtschaftsnahe Dienstleistungen wie Datenverarbei- tung und Kommunikation, einschließlich Post und Tele- kombereich, Werbung, Bau, Montage und vieles mehr und freie Berufe. Es geht auch um Bildung, medizini- sche und soziale Dienstleistungen vom Krankenhaus bis zur Altenpflege, Umweltdienste von Wasser und Abwas- ser bis hin zur Müllabfuhr, Erholung, Kultur und Sport. Nur die „in Ausübung hoheitlicher Gewalt“ erbrachten Dienstleistungen sind ausgenommen – aber was die sind, darüber gibt es keinen weltweiten Konsens – bis auf ei- nen sehr engen Bereich wie Regierung, Parlament, Rechtssprechung, Militär und innere Sicherheit. Und selbst bei den letzten Bereichen gibt es sichtbare Auf- weichungstendenzen in einer Reihe von Staaten. Bei den Verhandlungen geht es also auch entschei- dend darum, was an Leistungen künftig öffentlich er- bracht wird bzw. erbracht werden darf und welche Krite- rien außer der reinen Gewinnerzielung Geltung haben sollen. Gerade in der Daseinsvorsorge, bei den Leistun- gen, die in unseren Städten und Gemeinden erbracht werden, sind die Fragen existentiell, wie viel Gestal- tungsspielraum die öffentliche Hand noch haben wird, wie viel Zuschüsse noch erlaubt bzw. ob jeder private Anbieter ebenso Anspruch auf öffentliche Subventionen hat wie gemeinnützige Organisationen. Aber es geht beim GATS mit der Gestaltung einer neuen internationalen Marktordnung für Dienstleistun- gen nicht nur um eine neue Ordnung des globalen Ar- beitsmarktes. Es wird auch eine neue globale und soziale Ordnung vorgezeichnet, die tief in die bisher vorhande- nen politischen, sozialen und kulturellen Wertvorstellun- gen und Ordnungssysteme der meisten Nationalstaaten eingreift und ihre Handlungsspielräume für politische Gestaltung in der Vergangenheit eingeschränkt hat und in der Zukunft erheblich einschränken kann. Die Sorge um diese weltweiten Entwicklungstenden- zen, das schrittweise Zurückdrängen des öffentlichen Raums und der demokratischen Entscheidung hat uns Sozialdemokraten zu diesem Entschließungsantrag be- wogen und wir wissen, dass viele Abgeordnete aus ande- ren Fraktionen dieses Hauses unsere Sorgen teilen. Wir wollen deutlich machen: Entscheidungen von solcher Tragweite können und dürfen nicht hinter ver- schlossenen Türen der Bürokratien von nationalen Re- gierungen und der Europäischen Kommission fallen. Volle Transparenz, eine umfassende Information und Diskussion der Betroffenen und der breiteren Öffentlich- keit sind unabweisbar und auch die Anhörung der Be- troffenen. Alles andere widerspricht den demokratischen Tradi- tionen der europäischen Völker. Ich sage es offen: Der Mangel an Demokratie in der Spitze der Europäischen Union und die Arroganz der Brüsseler Bürokratie und ihre Missachtung demokratischer Informations- und Ent- scheidungsprozesse kann und wird so nicht mehr hinge- nommen werden. Die Entscheidung des niederländi- schen Parlaments, heute die des Deutschen Bundestages und morgen des finnischen Parlaments, die harsche Kri- tik im französischen Parlament, im britischen Unterhaus und im Europäischen Parlament machen deutlich, dass die bisherigen Verfahrensweisen nicht mehr akzeptiert werden. Aber es ist nicht nur das Verfahren, das kritisierens- würdig ist, es gibt auch eine Fülle von schwerwiegenden Bedenken von Betroffenen, die berücksichtigt oder aber geklärt werden müssen, bevor die Bundesregierung auf den von uns in der Entschließung genannten Bereichen ihre Zustimmung im 133-er Ausschuss erklären kann. Diese Bedenken wollen wir in einer Anhörung am 7. April zur Kenntnis nehmen, bewerten und dann ent- scheiden. Ich wiederhole: Für die Parlamentsmehrheit ist un- denkbar, dass die Bundesregierung sich vorher festlegt. Da uns vonseiten der Regierung auch immer versichert wurde, dass im Verhandlungsverfahren, das Angebot ständig weiter verändert werden darf, kann es wohl kein Problem sein, unter anderem in den Bereichen keine An- gebote zu machen, beispielsweise bei den grenzüber- schreitenden, zeitlich befristeten Dienstleistungen durch Personen, in denen das Parlament Bedenken hat bzw. Klärungsbedarf sieht. Was ist dabei für uns grundsätzlich wichtig? Erstens. Wir sehen bei der gegenwärtigen und abseh- baren Arbeitsmarktlage in Deutschland und Europa grundsätzlich keinen Bedarf für eine Öffnung der Dienstleistungsmärkte für Personen. Dies gilt nicht nur für die Arbeitnehmer, sondern auch für Selbständige, In- dependent Professionals. Ausnahmen im Bereich von Managern, Geschäftsreisenden, Wissenschaftlern und Forschern sowie bei der Weiterbildung im Akademiker- bereich sind nicht unser Problem. Zweitens. Wir wollen im Rahmen von allen Handels- abkommen soziale, ökologische und Verbraucherstan- dards systematisch einbezogen sehen. Im GATS ist uns das besonders wichtig. Es kann und darf auf keinen Fall – über welche Hintertüre auch immer – ein Zwei- oder Dreiklassensystem von Beschäftigten geben. Das ent- steht aber fast zwangsläufig, wenn nicht von Anfang an 2460 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) klargestellt wird, dass auf unserem Boden das Arbeits- verhältnis mindestens nach deutschem Recht geregelt ist. Wenn im Entsendeland Löhne und Rechte besser sind, will das niemand von uns verwehren. Aber wir wollen keine Heloten zum Beispiel aus Entwicklungsländern in der Europäischen Union und in Deutschland, die unter unsäglichen Arbeitsbedingungen und Minimallöhnen bei uns arbeiten wie in den Golfstaaten. Das, was sich schon heute in Deutschland auf vielen Baustellen abspielt, ist schlimm genug; eine Erweiterung darf es nicht geben. Und die Gefahr ist nicht gering. Denn in Deutschland gibt es keine verbindlichen Mindestlöhne wie in anderen europäischen Ländern und – außer im Baubereich – keine Entsenderichtlinie, die diese Bereiche verbindlich regelt. Drittens. Wir wollen den Bereich der öffentlichen Da- seinsvorsorge im weiteren Sinne nicht in die Liberalisie- rung des Dienstleistungshandels einbeziehen. Deswegen begrüßen wir ausdrücklich, dass die Europäische Kom- mission in den Bereichen Bildung, audiovisuelle Dienst- leistungen, Gesundheit sowie Wasser, um nur einige Be- reiche zu nennen, keine Angebote gemacht hat. Dabei soll es im Laufe des GATS-Verhandlungsprozesses auch verbindlich bleiben. Aber ich möchte ausdrücklich beto- nen, dass wir uns auf Definition der Public Services und der öffentlichen Daseinsvorsorge einigen, um bei Strei- tigkeiten im Rahmen der WTO klarzustellen, dass diese Bereiche allein der politischen Entscheidung der souve- ränen Staaten vorbehalten sind und bleiben. Das schließt auch Umweltdienstleistungen und den Verkehrsbereich mit ein. Für die Entscheidung über Qualität und ihre Si- cherung und die Frage der Gewährung öffentlicher Sub- ventionen muss das Gleiche gelten. Viertens. GATS-Verpflichtungen müssen die Mög- lichkeit einschließen, Modelle zu erproben und spezifi- sche Verpflichtungen zu überprüfen und gegebenenfalls zurückzunehmen, wenn die Erwartungen nicht realisiert werden können. Vor Übernahme weiterer Liberalisie- rungsverpflichtungen müssen Folgeabschätzungen durchgeführt und öffentlich diskutiert werden können. Wir befinden uns als Deutscher Bundestag erst am Anfang der Diskussion darüber, wie wir Globalisierung sozial, ökologisch und fair mitgestalten können. Eine breite Öffentlichkeit erwartet von uns zu Recht, dass wir diese Aufgabe nicht rein passiv zur Kenntnis nehmen oder gar als Notare der Exekutive im abschließenden Ra- tifizierungsverfahren beglaubigen. Das wird von uns noch viel Anstrengung, Zeit und auch eine Änderung un- serer parlamentarischen Arbeitsweise verlangen, damit wir unserem eigenen Anspruch, Politik auf allen Sekto- ren der Globalisierung zu gestalten, gerecht werden. Ein wichtiger Schritt dazu ist heute getan. Günter Nooke (CDU/CSU): Gestern hat das Europä- ische Parlament über die Liberalisierung kultureller Dienstleistungen debattiert. Nach dem die Koalitions- fraktionen das Thema unbedingt noch auf die Tagesord- nung setzen wollten, wäre aus Sicht der CDU/CSU- Fraktion für dieses wichtige Thema auch eine angemes- sene, offene Plenardebatte notwendig gewesen. Festzustellen ist zu Beginn, dass bei der Problematik der GATS-Verhandlungen im Grundsatz bei den Kultur- politikern aller Fraktionen im Deutschen Bundestag Ei- nigkeit besteht. Einigkeit besteht darüber, bei den aktuel- len und künftigen GATS-Verhandlungen „Bildung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt zu sichern“, wie die Überschrift des Antrags der Koalitionsfraktionen for- dert. Die Feststellung der grundsätzlichen Einigkeit ist nicht unwichtig, und sie macht zweierlei deutlich: Ers- tens macht sie deutlich, dass die besondere Bedeutung, aber auch die Problematik, die mit der fortschreitenden Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen ver- bunden ist, vom deutschen Parlament gesehen wird. Zweitens macht sie deutlich, dass das Parlament die Not- wendigkeit sieht, einen eigenen Standpunkt zu den lau- fenden Verhandlungen zu formulieren. Das ist nicht we- nig. Aber es ist eben auch nicht genug. Ich bin zwar sicher, dass der Antrag der Koalition gut gemeint ist, aber das reicht nicht. Denn leider wird der vorliegende Antrag aus einer Reihe von Gründen den einleitend festgestellten Ge- meinsamkeiten nicht gerecht. Beim Thema Bildung ist mir der Antrag viel zu defensiv. Gerade der deutsche Bil- dungsbereich kann etwas Wettbewerb gut gebrauchen. Selbst internationale Qualitätsstandards sind ja, seit wir die Ergebnisse von PISA kennen und wissen, was Ab- schlüsse von Hochschulen aus aller Welt im Vergleich zu vielen deutschen Universitäten inzwischen Wert sind, nicht mehr zu fürchten. Vielleicht kann sogar Wettbe- werb von außen hier zu sinnvollen Strukturveränderun- gen in den Bundesländern führen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Denn Bildung, insbesondere Schulbil- dung, hat immer noch einen sehr regionalen Bezug und steht für Kultur schlechthin. Nähern wir uns allerdings dem GATS-Thema von der Seite der Kultur, liegen die Probleme etwas tiefer und wiegen schwerer. Aus kultur- politischer Sicht liegt das große Manko des vorliegenden Antrages darin, dass der kulturelle Aspekt der GATS- Verhandlungen viel zu kurz kommt. Wie die Bildung entzieht sich die Kultur der reinen Logik des Handels mit Dienstleistungen. Gleichzeitig gilt es, bei den konkreten GATS-Verhandlungen zu be- rücksichtigen, dass Kultur genauso wie Bildung zu den Kernaufgaben einer demokratischen Gemeinschaft ge- hört und damit nicht ausschließlich wirtschaftlichen Ge- sichtspunkten untergeordnet werden kann. Die Struktur der öffentlich subventionierten Kultur in Deutschland darf durch die GATS-Verhandlungen nicht generell zur Disposition gestellt werden. Im Hinblick auf den Bereich der audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen ist es von entscheidender Bedeutung, auf die besondere historisch gewachsene Struktur und die kulturelle Vielfalt in Deutschland und den Regionen Europas hinzuweisen. Aus diesem Grund ist es nicht nur wünschenswert, sondern unserer Meinung nach auch notwendig, ein Ab- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2461 (A) (C) (B) (D) kommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt anzustre- ben, das bei künftigen Liberalisierungsverhandlungen Standard und Referenzpunkt ist. Ob das in Form einer völkerrechtlichen Vereinbarung geschieht, ähnlich zur Biodiversität oder als Klausel „vor der Klammer“ auch künftiger GATS-Vereinbarungen, muss geprüft werden. Vielleicht ist sogar beides sinn- voll. Entscheidend ist vor allem, dass diese Vereinbarung Referenzpunkt für künftige Liberalisierungsangebote im Rahmen der GATS-Verhandlungen ist und bindenden Charakter für die künftigen Stellungnahmen der Betei- ligten an den Verhandlungen hat. Der Antrag stellt in der Überschrift eine Verbindung her zwischen Bildung und Kultur. Das ist der Sache nach völlig richtig. Aber es muss auch begründet werden, sonst ist der Zusammenhang bloß zufallig und die spe- zielle Problematik der Kultur bloß Anhängsel der Pro- blematik bei der Bildung. Leider bleibt im Antrag der Zusammenhang zufällig. Das ist nicht ausreichend und damit für die künftigen Verhandlungen – leider – wert- los. Auf folgenden Sachverhalt ist also dezidiert hinzu- weisen: Erfolgreiche Bildungspolitik trägt auch dazu bei, dass kulturelle Produktion und kulturelle Wertschöpfung in ihren unterschiedlichen Ausprägungen nachgefragt wird und damit ihre Vielfalt erhalten und gesichert wer- den. Das heißt, dass unsere kulturellen Angebote – ich spreche ganz betont nicht von „kulturellen Dienstleistun- gen“! – nur dann auch in kommenden Generationen nachgefragt, verstanden und weitergegeben werden, wenn in den Schulen entsprechende Grundlagen für die Rezeption gelegt werden. In diesem Zusammenhang ist es besonders bedrü- ckend festzustellen, dass an den Schulen in Deutschland immer wieder und als erstes die musisch-kulturellen-Fä- cher nicht gelehrt werden. Wir brauchen hier eine Kehrt- wende, wir müssen die musisch-kulturelle Bildung wie- der in den Vordergrund stellen, vor allem in den Schulen. Und wir müssen dafür sorgen, dass eine künstlerische Ausbildung – in den Kunst- und Musikschulen der Städte und Gemeinden – nicht als Luxus angesehen wird, sondern als Grundlage zum Verständnis unserer Kultur. Eine solche Grundlage bildet übrigens auch der Religionsunterricht. Wenn wir hier nicht zu einem anderen Verständnis, zu einem anderen Stellenwert der Kultur in der Gesellschaft kommen, dann können wir uns künftig die Diskussionen über die GATS-Verhandlungen zumindest im Kulturbe- reich ganz sparen. Soweit ist es noch nicht, die Verhandlungen stehen nicht vor dem Abschluss, sie stehen am Anfang. Aber ih- nen liegt das Prinzip der „fortschreitenden Liberalisie- rung“ zugrunde. Das heißt, dass wir in großen Zeiträu- men denken müssen. Das ist eine Fähigkeit, die bei der Bundesregierung nur sehr rudimentär entwickelt ist. Aber morgen früh werden wir ja durch den Kanzler vom Gegenteil über- zeugt werden, wie man seit über zwei Wochen hört. Der komplizierte Verhandlungsweg der GATS-Run- den sollte uns andererseits aber auch nicht zu Überreak- tionen veranlassen oder zu blankem Aktionismus oder gar blindem Protektionismus führen: Weder das kultu- relle Erbe des „alten Europa“ noch die föderale Verfas- sung Deutschlands und auch nicht die Stadttheater sind in akuter Gefahr, jedenfalls nicht und nicht in erster Li- nie durch die laufenden Verhandlungen zur Liberalisie- rung des Handels mit Dienstleistungen. Allerdings ist die Praxis der Kulturförderung des „al- ten Europa“ nur schwer kompatibel mit anderen Model- len, zum Beispiel in den USA. Im Unterschied zu den USA subventioniert im „alten Europa“ der Staat die Kul- tur. Und im Unterschied zu den USA stehen im „alten Europa“ Theater und Opernhäuser mit 300-jähriger Ge- schichte. Hierüber ist – im Gegensatz zu anderen aktuel- len Fragen – ein Streit mit den USA nötig und richtig. Fazit: Die innere Logik von WTO-Verhandlungen, die immer in Richtung „fortschreitende Liberalisierung“ führt, darf nicht die Identität und die regionalen Zusam- menhalt stiftende Rolle der Kultur zerstören. Zum Schluss: Wir fordern die Bundesregierung auf, bei den GATS-Verhandlungen sicherzustellen, dass die von den Bundesländern wahrgenommene Kulturhoheit durch das GATS-Abkommen nicht beeinträchtigt wird, dass die Regeln zur „Inländerbehandlung“ gemäß Art. XII des GATS-Vertrages nicht so ausgelegt werden, dass eine generelle Verpflichtung zur staatlichen Sub- ventionierung auch privater Anbieter entsteht – die staat- liche Finanzierung von Bildungs- und Kultureinrichtun- gen in Deutschland darf keine Subventionsansprüche ausländischer Anbieter erzwingen – und dass es zu ei- nem völkerrechtlichen Abkommen zum Schutz kulturel- ler Vielfalt als Referenzgröße für weitere Liberalisierun- gen im Dienstleistungssektor kommt. Wir begrüßen, dass die Antwort der Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina Weiss, auf diesen Vor- schlag von uns positiv ist, und damit erheblich weiter geht als der Antrag der Koalition. Wir können dem vorliegenden Antrag aus kulturpoli- tischer Sicht nicht zustimmen, weil er zentrale Forderun- gen zum Schutz der kulturellen Vielfalt – außer, gut ge- meint, im Titel – nicht vorsieht; weil er damit den besonderen Stellenwert der Kultur bei den Verhandlun- gen nicht annähernd berücksichtigt und so keine Hilfe bei künftigen Verhandlungen darstellt; weil die Interes- sen der Kulturverbände und -institutionen nicht ange- messen vertreten werden und weil die Verbindung der Problematik bei den GATS-Verhandlungen von Bildung und Kultur nicht hergestellt wird. Festzuhalten bleibt, dass Mitglieder der CDU/CSU- Fraktion im Deutschen Bundestag die Intention des An- trages im Grundsatz unterstützen und dass wir auch bei künftigen Diskussionen die Bundesregierung unterstüt- zen werden, wenn es darum geht, den Schutz der kultu- rellen Vielfalt einzufordern. Wir wünschen uns eine Bundesregierung und ein Wirtschaftsministerium, die diese Positionen in der EU in den kommenden Verhandlungen offensiv vertreten 2462 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) und nicht etwa den Kulturteil zum Beispiel nur Frank- reich überlassen. Wir wollen wie die Koalitionsfraktio- nen umfassend informiert werden. Wir werden die Re- gierung an den Ergebnissen messen. Ulrike Flach (FDP): Beim Thema „GATS-Abkom- men“ wird die unterschiedliche Grundphilosophie zwi- schen SPD/Grünen sowie Teilen der Union und den Liberalen deutlich: Wir alle wissen, dass unser Bil- dungssystem derzeit für den internationalen Wettbewerb nicht ausreichend gerüstet ist. Sie ziehen daraus den Schluss, einen Schutzzaun zu errichten, um unsere Bil- dungslandschaft vor dem Eindringen ausländischer An- bieter zu schützen. Sie tun allerdings nichts, um die Hochschulen so fit zu machen, dass sie im Wettbewerb bestehen können. Wir dagegen gehen den umgekehrten Weg: Wir wol- len Wettbewerbsdruck erzeugen und damit auch durch- aus ein Signal setzen, dass die Qualität unserer Bil- dungsanbieter nicht ausreicht. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, dass zum Beispiel die Akkreditierung von Studiengängen, Eingangstests für Studierende oder die Überprüfung von Qualitätsstandards als Angebote für eine weitere Liberalisierung eingereicht werden sol- len. Aber wir lassen die Hochschulen im Wettbewerbs- druck nicht allein, sondern wir wollen ihnen auch die Mittel und die rechtlichen Rahmenbedingungen geben, damit sie die Herausforderungen bestehen können. Wir wollen ein entrümpeltes HRG, eine Reform der Profes- sorenbesoldung und ein modernes Wissenschaftstarif- vertragsrecht für eine autonome und leistungsfähige Hochschule. Während Sie Artenschutz betreiben, wollen wir Qua- litätsverbesserung. Und dabei haben wir die Unterstüt- zung des Stifterverbandes für die Wissenschaft, der sich dafür ausspricht, auch ausländischen Hochschulen im Wettbewerb um staatliche Fördermittel eine Chance zu geben, wenn die Studiengänge akkreditiert sind, die Hochschule nach § 70 HRG anerkannt ist und eine Eva- luierung der Qualität, zum Beispiel durch den Wissen- schaftsrat, stattgefunden hat. Jetzt haben Sie vorgestern einen neuen Antrag vorge- legt, der im Grunde nur zwei Aussagen macht: Erstens. Die nationalen Parlamente sind nicht ausrei- chend berücksichtigt worden und es geht alles zu schnell. Zweitens. Sie sehen schwerwiegende Bedenken bei jeder Form der Deregulierung. Ich finde es wirklich erstaunlich, wie sehr Reden und Handeln bei Ihnen auseinander klaffen. Morgen wird der Kanzler in seiner „Ruck-Rede“ für das Aufbrechen von Traditionskartellen, für Entbürokratisierung und Außer- kraftsetzen von überflüssigen Vorschriften sprechen. Hier liegt die rot-grüne Realität vor uns: Sie wollen keine Öffnung der Dienstleistungsmärkte, der Wasser- und Abwasserentsorgung, Sie wollen kein Außer-Kraft- Setzen von Prüfungsvorschriften, Sie wollen kein Auf- brechen von Tarifkartellen, Sie wollen keine Ausnahmen beim Arbeitsrecht für Leih- und Entsendefirmen. Heute Nachmittag erhielt ich eine bemerkenswerte Mail aus dem BMWA. Andere Kollegen, auch aus der Regierungsfraktionen, haben diese Mail auch erhalten. Darin wird völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verabschiedung des Antrages, vor allem der geforderte „Parlamentsvorbehalt“, zu einer „Lähmung der Hand- lungsfähigkeit der Gemeinschaft mit unabsehbar nach- teiligen Auswirkungen auf den Fortgang der gesamten WTO-Verhandlungen“ führen könnte. Die im Antrag im- mer wieder genannten „schwerwiegenden Bedenken“ sind gerade nicht erkennbar. Was ist bei Ihnen eigentlich los? Gibt es denn überhaupt keine Koordination zwi- schen Regierungsebene und Parlamentsfraktionen? Wer hat hier eigentlich die Federführung, die sach- kundigen Experten in den Ministerien oder die Angstma- cher in der Fraktion? Wer so denkt, wer solche Anträge schreibt, der er- weist sich als strukturell unfähig, neue Potenziale zu er- schließen und neue Dienstleistungsmärkte für Arbeits- plätze zu nutzen. Geht es uns denn bei 20 Prozent Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern noch nicht schlecht genug? Wir werden erleben, wie andere Regio- nen dieser Welt auch mithilfe von GATS zu dynami- schen Wirtschaftsräumen werden, während Deutschland in seiner geschützten, staatlich behüteten Behäbigkeit beharrt. Wir lehnen Ihren Antrag ab, denn Sie sehen GATS nur als Bedrohung. Mit Angst in der Hose kann man keine Märkte erobern. Die FDP hat keine Angst, sondern sieht in GATS eine echte Chance für mehr Wettbewerb und bessere Qualität von Dienstleistungen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Keine Zustimmung zur Erhöhung der EURATOM-Kreditinie – EURATOM-Vertrag nicht aufweichen – Keine einseitigen Eingriffe in die Finanzie- rung (Tagesordnungspunkt 12 und Zusatztagesord- nungspunkt 8) Horst Kubatschka (SPD): Der Antrag der Koalition „Keine Zustimmung zur Erhöhung der EURATOM-Kre- ditlinie“ hat zwei klare Ziele: Erstens. Der Anleihehöchstbetrag soll nicht von bis- her 4 auf 6 Milliarden Euro erhöht werden. Zweitens. Der Anwendungsbereich von EURATOM- Darlehen soll nicht erweitert werden. Die Bundesregierung soll darauf drängen, dass die entsprechenden Vorschläge der Kommission in Brüssel im Ecofin-Rat abgelehnt werden. Damit unterstützen wir Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2463 (A) (C) (B) (D) die Linie der Bundesregierung, die im EU-Ministerrat Umwelt am 9. Dezember letzten Jahres erklärt hat, dass eine Erhöhung der EURATOM-Kreditlinie abgelehnt wird. Der EURATOM-Vertrag stammt aus dem Jahre 1957. Er ist geprägt von der unglaublichen Aufbruchstim- mung, die damals in Bezug auf die Kernenergie ge- herrscht hatte. In den 50er- Jahren des letzten Jahrhun- derts war man fest davon überzeugt, dass alle Energieprobleme durch die Kernenergie gelöst werden könnten. Von Entsorgung und seinen Problemen sprach kaum jemand. Dass Endlager erforderlich sind, die für eine Million Jahre das radioaktive Material von der be- lebten Erde abschließen müßten, war damals nicht be- dacht. Vielmehr träumte man vom Schnellen Brüter und von einem Fusionsreaktor, der 1985 funktionieren sollte. Heute wissen wir es besser. Der unglaubliche Opti- mismus ist verflogen. Spätestens seit Tschernobyl sind wir grausam aus den Träumen gerissen worden. Seit 1957 hat sich viel verändert. Nur der EURATOM-Ver- trag ist unverändert geblieben. Er entspricht heute weder der EU-Wirklichkeit, noch den Erfordernissen einer zu- kunftsgewandten Energieversorgung: Erstens. Von 15 Mitgliedstaaten haben sechs nie die Produktion von Kernenergie aufgenommen. Sie können sich glücklich schätzen – sie sind frei von atomaren Alt- lasten. Fünf weitere Staaten haben die strahlende Sack- gasse Kernenergie erkannt und den Ausstieg beschlos- sen. Es bleiben also nur vier Staaten, die zurzeit noch auf Kernenergie setzen. Nur ein Staat – nämlich Finnland – will neue Atomkraftwerke bauen. Bei der Erweiterung der Europäischen Union sollen mehr unsichere Atom- kraftwerke abgerissen als neue errichtet werden. Zweitens Die EU-Wirklichkeit heißt liberalisierter Markt. Zusätzliche verbilligte EURATOM-Kredite deh- nen die erheblichen Wettbewerbsverzerrungen im euro- päischen Strombinnenmarkt aus. Dem Wettbewerbs- kommissar müßten eigentlich alle Haare zu Berge stehen, so groß ist der Sündenfall gegen den liberalisier- ten Markt. Der Deutsche Bundestag hat am 14. Dezember 2001 das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergie- nutzung verabschiedet. Es ist am 27. April 2002 in Kraft getreten. Damit hat die rot-grüne Koalition eine Kehrt- wendung in der Nutzung der Kernenergie vollzogen: statt Förderung Ausstieg. Wir halten das Risiko der Kernenergienutzung nur noch für einen begrenzten Zeit- raum für hinnehmbar. Es wäre aber eine unehrliche Politik, bei uns auf Aus- stieg zu setzen und in den Nachbarländern weiter die Kernenergie zu fördern, also die Risiken dort weiter auf- rechtzuerhalten. Die Risiken der Kernenergie wollen wir unserer Bevölkerung nicht zumuten, folglich können wir auch keine Investitionen fördern, die das Risiko für die Bevölkerung in anderen Staaten erhöhen. Ich sage es noch einmal: Dies wäre inkonsequent und unehrlich! Ich möchte auch auf einen Widerspruch bei den Vor- schlägen der Kommission hinweisen. Es soll die De- montage von Atomreaktoren unterstützt werden. Dies halten wir grundsätzlich für richtig. Die Rückzahlung der EURATOM-Kredite sollen aus den Betriebsgewin- nen der Atomkraftwerke zurückgezahlt werden. Ich habe noch nie gehört, dass beim Rückbau von Atomkraftwer- ken Betriebsgewinne beim Betreiber der Anlage erzielt wurden. Diese Kredite könnten also überhaupt nicht zu- rückgezahlt werden. EURATOM-Kredite sind also das falsche Instrument. Außerdem, es besteht bereits ein Instrument zur Förde- rung der Demontage von Atomreaktoren. Diese Mittel werden über die Osteuropabank verwaltet. Für uns in der Koalition ist klar: Die Vorschläge der Kommission zur Erhöhung der EURATOM-Kreditlinie gehen in die falsche Richtung. Sie zielen nicht auf das Gemeinwohl in einer zukunftsgerichteten Europäischen Union, sie nützen höchstens denjenigen, die von den kerntechnischen Investitionen profitieren. Wir müssen unsere Stromerzeugung auf Nachhaltig- keit umstellen. Das heißt Energie sparen, das heißt Ener- gieeffizienz, das heißt erneuerbare Energien. Daran muss und will sich ja auch die Energiepolitik der Gemein- schaft orientieren. Bloß ist die Meinungsbildung in Eu- ropa und in seinen Mitgliedsstaaten diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. Um es deutlich zu sagen: Die Atompolitik in Europa ist heftig umstritten und entwi- ckelt sich mehr und mehr zu einem Stein auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europa, einem schweren Stein, den wir wegräumen wollen und müssen. Wir wollen ein gemeinsames Europa, ein zukunftsge- richtetes Europa, in dem sich alle Bürgerinnen und Bür- ger sicher und wohl fühlen können. Dies kann mit immer mehr Atomkraftwerken nicht gelingen – und auch nicht mit einer Europäischen Atomgemeinschaft, die seit 1957 unverändert das Ziel hat, „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaf- fen“. Und auch nicht mit immer neuen EURATOM-Kre- diten. Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Seit dem Jahr 1957 ist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, kurz: EURATOM, nahezu unverän- dert geblieben. Horst Kubatschka hat deutlich gemacht, wie sich Energietechnik und Energiewirtschaft seitdem verändert haben – nämlich grundlegend. Das verlangt auch neue Antworten. Ich will noch einmal wiederholen, denn so mancher in diesem Hause scheint einfach nicht zur Kenntnis neh- men zu wollen, was jeder Bürger sehen kann und was je- der Experte ohnehin weiß: Die Energiewelt sieht heute anders aus als vor 50 Jahren. Und sie wird sich in den kommenden 50 Jahren noch einmal grundlegend ändern. Die Zukunft heißt Effizienzrevolution, Einsparen, erneu- erbare Energien. Wie sonst ist zu erklären, dass die FDP in ihrem An- trag erklärt, „der EURATOM-Vertrag ist heute in Inhalt und Aussage aktueller denn je“? Das kann doch nicht wahr sein. Soll der EURATOM-Vertrag etwa unverän- dert wie vor nahezu 50 Jahren das Ziel verfolgen, „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen 2464 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) Kernindustrie zu schaffen, vorbei am europäischen Strombinnenmarkt, vorbei an Wettbewerbs- und Chan- cengleichheit für alle Energieträger, vorbei an den Parla- menten, vorbei an weiten Kreisen der europäischen Zi- vilgesellschaft, die die Atomkraft nicht mehr für verantwortbar halten? Die FDP fordert bei jeder Gelegenheit mehr Markt, mehr Wettbewerb. Wo bleibt ihr Credo hier in ihrem An- trag zu EURATOM? Ich habe den Eindruck: Wenn ihre Klientel in Atomwirtschaft und Atomforschung es will, wischen sie ihr am Sonntag so hoch gehaltenen An- spruch werktags mit einem Federstrich vom Tisch. Zum Glück wird ihr Antrag unbeachtet in den Archiven ver- schwinden. Aber ärgerlich ist er doch. Wir bauen mit Überzeugung und mit Nachdruck an einem gemeinsamen europäischen Haus. Ende diesen Jahres werden wir eine europäische Verfassung haben. In wenigen Jahren wird unser Europa nicht mehr 15, sondern 25 Mitgliedstaaten haben. Das ist eine großar- tige Perspektive, alle Parteien im Deutschen Bundestag wollen eine starke Europäische Union. Aber es ist auch eine große Herausforderung für uns alle, für unsere Ver- antwortung, für unser Verständnis von einer gemeinsa- men Zukunft, jetzt auch die Weichen für mehr Wirt- schafts- und Lebensqualität und für eine moderne Energieversorgung zu stellen. Bis die europäische Ver- fassung steht, bis wir mit dem gemeinsamen Europa ein gutes Stück weitergekommen sind, haben wir noch viele Steine aus dem Weg zu räumen. Sie muss allerdings für die Bürger überzeugend sein. Der Umbau der Energieversorgung sollte im Interesse der Natur, der Dritten Welt, der friedlichen Partnerschaft am besten gemeinsam von allen Parteien im Bundestag angepackt werden. Wir haben unterschiedliche Auffas- sungen zur Kernenergie. Das ist unbestritten. Aber der Koalition zu unterstellen, sie wolle die Verpflichtungen aus dem EURATOM-Vertrag isoliert aufkündigen, wie es die FDP in ihrem Antrag tut, das kündigt die Gemein- samkeit auf. Die Unterstellungen sind schlicht unwahr. Mit unserem Antrag „Keine Zustimmung zur Erhö- hung der EURATOM-Kreditlinie“ sprechen wir uns ge- gen die Vorschläge der Kommission aus, den Höchstbe- trag für EURATOM-Anleihen um 50 Prozent anzuheben und den Anwendungsbereich der Darlehen zu erweitern. Das ist kein Weg in ein modernes Europa, sondern er führt zurück in die Streitigkeiten, die wir in unserer Ge- sellschaft – mit Ausnahme der Oppositionsparteien – überwunden haben. Wir haben unseren Antrag ausführlich begründet. Er entspricht unserer Grundlinie, eine sichere Energiever- sorgung ohne Atomkraft zu organisieren. Wir wollen da- mit den Vertrag ändern. Dieses Vorgehen entspricht gu- ter demokratischer Praxis, wie sie in den Europäischen Verträgen niedergelegt ist. Uns zu unterstellen, wir wür- den die mit dem EURATOM-Vertrag eingegangenen Verpflichtungen einseitig aufkündigen, das verlässt gute demokratische Praxis. Nein, der Antrag entspringt der Überzeugung, dass wir nicht national aussteigen können, aber in der EU dann die Atomkraft unterstützen. Sie würden dieses Verhalten doch – nicht zu Unrecht – als doppelbödig kritisieren. Ich appelliere an Ihr europäisches und demokratisches Gewissen. Lassen Sie solche Unterstellungen, arbeiten Sie mit uns gemeinsam an den Fundamenten des künfti- gen Europas, dessen Demokratie wir stärken und dessen Handlungsfähigkeit wir erhöhen wollen. Auch auf europäischer Ebene gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Bewertung der Kernenergie. Aber dies darf keine Rolle für die Verfassungsgrundla- gen der Europäischen Union spielen. Und dazu gehört nun einmal der EURATOM-Vertrag. Wir müssen in den kommenden Wochen und Monaten eine Lösung für das Verhältnis von EURATOM-Vertrag und europäischer Verfassung finden. Die Vorschläge der Kommission zur EURATOM-Kreditlinie sind dazu Wei- chenstellungen, die nicht hinzunehmen sind. Auch des- halb lehnen wir sie ab. Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU): Mit welcher Ge- schwindigkeit Rot-Grün es schafft, ein über Jahrzehnte aufgebautes internationales Vertrauen und internationale Glaubwürdigkeit zu verspielen, ist schon atemberau- bend. Jüngstes Beispiel ist der gestern von den Regie- rungsfraktionen vorgelegte Antrag zur Ablehnung der geplanten Erhöhung der EURATOM-Anleihen: Rot- Grün stellt damit den EURATOM-Vertrag als eine tra- gende Säule der Europäischen Union zur Disposition. Rot-Grün nimmt die von der EU-Kommission befürwor- tete Aufstockung der EURATOM-Anleihen zum Anlass, den gesamten EURATOM-Vertrag auf den Prüfstand zu stellen, und riskiert damit erneut erheblichen Schaden für Deutschland, und zwar sowohl in wirtschafts- und außen- als auch in sicherheitspolitischer Hinsicht. In sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Fortführung von EURATOM und der Anleihe zur Verbesserung der Sicherheitsstandards in Kernkraftwerken weiterhin un- bedingt erforderlich. Denn was würde geschehen, wenn durch die EURATOM-Darlehen nicht – wie bisher – ins- besondere die osteuropäischen Kernkraftwerke auf den in Westeuropa üblichen Sicherheitsstandard angehoben würden? Diese Frage ist leicht zu beantworten: Die Re- aktoren würden mit der bisherigen veralteten Technik weiterbetrieben werden. Mehr noch: Auch schon im Bau befindliche Kraftwerksneubauten würden nicht die Si- cherheitsausstattung erhalten, die technisch möglich wäre. Daher hat die Europäische Gemeinschaft – nicht zuletzt aus eigenem Sicherheitsinteresse – die Verant- wortung übernommen und den Staaten Osteuropas über die EURATOM-Darlehen eine Möglichkeit gegeben, die Sicherheit ihrer kerntechnischen Anlagen zu erhöhen. Demgegenüber spricht Rot-Grün davon, dass der För- derzweck der EURATOM-Darlehen mit der Zielsetzung des deutschen Atomausstiegs unvereinbar sei. Der Atomausstieg finde mit dem Antrag auch in der Europa- politik seine Umsetzung. Was hat der deutsche Atomaus- stieg mit der Verbesserung der Sicherheitsstandards aus- ländischer Kernkraftwerke zu tun? Gar nichts! Rot-Grün nimmt unter dem Deckmantel des Atomausstiegs einen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2465 (A) (C) (B) (D) Verzicht auf den Ausbau der Sicherheit des europäischen Kraftwerksparks in Kauf. Diese Politik widerspricht den Sicherheitsinteressen Deutschlands. Aber das ist nicht das einzig paradoxe an der rot-grü- nen Kernenergiepolitik. Während in Berlin gebetsmüh- lenartig der Atomausstieg propagiert wird, werden in Düsseldorf durch den grünen Minister Vesper eine Milli- arde Kilowattstunden Atomstrom für die öffentliche Hand, nämlich das Land und seine Behörden, aus dem Ausland importiert. Krasser kann man sich den Wider- spruch zwischen Anspruch und Realität nicht mehr vor Augen führen. Die Liste der Widersprüche lässt sich beim Thema Endlagerung fortführen. Der Bundesumweltminister hat einen Arbeitskreis Endlagerung ins Leben gerufen. Das mit hochrangigen Experten besetzte Gremium hat im Dezember letzten Jahres seinen Abschlussbericht zu die- sem Thema vorgelegt. Danach führt an einem Endlager- konzept kein Weg vorbei. Aber anstatt nun zügig zu han- deln, übt sich der Bundesumweltminister in der „ruhigen Hand“ und will erst einmal eine über Jahre dauernde ge- sellschaftspolitische Diskussion über dieses Thema ab- warten. Über den Atomausstieg wird tatsächlich geredet, aber bei der gleichzeitig zu lösenden Aufgabe der Endla- gerung fehlt jedes Handlungskonzept. Der Versuch, durch die Aufweichung des EURATOM-Vertrages den Rest der Welt mit den eige- nen deutschen Atomausstiegskonzepten zu missionieren, muss scheitern; denn Rot-Grün übersieht die anhalten- den weltweiten Bestrebungen, die Kernenergie weiterhin als eine Quelle für die zukünftige Sicherung der Energie- versorgung zu nutzen. Daher ist der außenpolitische Schaden erheblich, der mit dieser Haltung der Regie- rungsfraktionen einhergeht. Anstatt die mittel- und ost-eu- ropäischen Beitrittsländer bei ihrem wirtschaftlichen Aufbau zu unterstützen, will Rot-Grün künftig offenbar allenfalls die Demontage von Atomreaktoren unterstüt- zen. Dass die EU-Beitrittskandidaten derzeit überwie- gend keine energiepolitische Alternative zur Kernkraft haben, interessiert Rot-Grün nicht. Die Staaten sind auf die Kernkraft angewiesen, nicht zuletzt auch, um die Ziele des Kioto-Protokolls einhalten zu können. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich sehr ge- nau an die erst Ende Januar mit einer Delegation der rus- sischen Staatsduma in Berlin geführten Gespräche. Ge- meinsam mit den russischen Kollegen fand eine Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit sowie Umwelt statt. Zentraler Punkt der Beratungen waren der Klima- schutz und die Ratifizierung des Kioto-Protokolls durch Russland, eine Ratifizierung, die wir alle wünschen. Auf die Frage, wie Russland die nationalen Klimaschutzziele erreichen will, wurde unmissverständlich klar gemacht, dass dies nur durch einen Ausbau der Kernenergie in Russland möglich ist. Gleichwohl wurde Russland bei der Erreichung der Klimaschutzziele von allen Fraktio- nen des Deutschen Bundestages Unterstützung zugesi- chert. Rot-Grün handelt nun aber genau entgegengesetzt. Das Einfrieren der EURATOM-Anleihen träfe vor allem Russland, das zahlenmäßig die meisten Atommeiler mit veralteter sowjetischer Technik betreibt. Durch die EURATOM-Darlehen könnte Russland die Sicherheit und die Effektivität der Kraftwerke steigern und wäre so in der Lage, den Anteil fossiler Energieträger und damit den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren. Wenn Rot-Grün aus EURATOM aussteigen will, hätte dies den russi- schen Vertretern auch mitgeteilt werden müssen. Ver- trauen und Verlässlichkeit gegenüber internationalen Partnern wird damit zulasten zweifelhafter nationaler Alleingänge aufs Spiel gesetzt. Nach dem deutschen Weg in der Außenpolitik droht offenkundig ein deut- scher Alleingang in der Energiepolitik. Dies kann nur zum Schaden des Wirtschaftsstandortes Deutschland sein. Die Zeche dieser Ausstiegspolitik tragen in einem zukünftig liberalisierten Energiemarkt Verbraucher und Unternehmen über international nicht mehr wettbe- werbsfähige Preise. Die hier diskutierte Frage der EURATOM-Anleihen reflektiert damit auch die rot-grüne Wirtschaftspolitik. Nicht übersehen werden sollte, dass es durch die Umrüs- tung der Altanlagen auf moderne Standards auch zu ei- ner Sicherung von deutschen Arbeitsplätzen kommen kann. Denn die deutsche Kraftwerkstechnologie ist in ei- nigen Bereichen immer noch führend und durch den Ex- port von Anlagen werden Arbeitsplätze in Deutschland erhalten. Zugleich kann die weit fortgeschrittene wissen- schaftliche Forschung in Bezug auf die Sicherheit von Kernkraftwerken in Deutschland auf hohem Niveau wei- terbetrieben werden. Der Erhalt und der Ausbau techno- logischen Know-hows ist für Deutschland mehr denn je bedeutsam. Wir sind und bleiben ein rohstoffarmes Land. Wir verdanken unseren Wohlstand zum großen Teil der Innovationskraft der Industrie und der internati- onalen Exportfähigkeit unserer Produkte. Wer dies im Rahmen der Politik völlig ausblendet, kann und wird keine Erfolge bei Wachstum und Beschäftigung erzielen. Von daher ist es auch völlig unvertretbar, aus dem Pro- zess der Kernfusionsforschung aussteigen zu wollen. Anders als bei der Kernspaltung könnte mit der Kernfu- sion eine dauerhaft sichere Energiequelle für die Menschheit entwickelt werden. Auch von daher ist ein deutscher Ausstieg aus der Kernfusionsforschung nicht verantwortbar. Anstatt den Versuch zu starten, Europa über die Hal- tung zu den EURATOM-Anleihen das aktuelle deutsche Verständnis von Energiepolitik aufzwingen zu wollen, wäre Rot-Grün gut beraten, zunächst die Missstände vor der eigenen Haustür zu beseitigen. Durch Ökosteuer, KWK-Abgabe und EEG haben die Stromkosten mittler- weile wieder das Niveau vor der Liberalisierung erreicht. Die durch die Marktöffnung entstandenen Preissenkun- gen gehören durch die Abgabenbelastung und durch die neuerliche Regulierung und Marktabschottung inzwi- schen nach weniger als fünf Jahren wieder der Vergan- genheit an. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Union setzt sich nachhaltig für erneuerbare Energien als ener- giepolitische Alternativen ein. Auch eine angemessene Förderung ist zu sichern. Aber es kann nicht angehen, er- neuerbare Energien um jeden Preis und ohne Rücksicht auf die Wettbewerbs- und Marktfähigkeit zu fördern. Die Förderung der erneuerbaren Energien darf nur befristete 2466 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) Anschubfinanzierung sein. Dauersubventionen schaden dem Standort Deutschland. Sie führen zum Erstarken von Monopolstrukturen, zu mehr Bürokratie und am Ende zu immer höheren Kosten. Der Anteil der Direktinvestitionen aus dem In- und Ausland sinkt in Deutschland nicht nur aufgrund der ho- hen Kosten durch die Sozialsysteme. Ein wesentlicher Punkt sind gerade auch die Energiekosten für die Indus- trie. Der Industriestrompreis hat in Deutschland nach Er- folgen der Liberalisierungspolitik der Union Ende der 90er-Jahre inzwischen nach Irland und Italien wieder ei- nen traurigen Spitzenplatz in Europa erreicht. Aber da- mit nicht genug: Allen Warnungen und Argumenten zum Trotz betreibt Rot-Grün den desaströsen Energiekurs weiter. Die erst im Februar in diesem Hause beratene En- ergiewirtschaftsnovelle führt in der von Rot-Grün be- schlossenen Form zu einer weiteren Verstärkung der Monopolstrukturen. Die Kosten durch das Erneuerbare- Energien-Gesetz für Industrie und Verbraucher steigen durch den zunehmenden Ausbau der installierten Leis- tung insbesondere bei Windkraft derzeit steil an. Allein zwischen 2001 und 2002 ist eine Verdopplung dieser Kosten zu verzeichnen. KWK-Abgabe und Ökosteuer bewirken den Rest. Durch diese Politik werden die Bedingungen für In- vestitionen weiter verschlechtert. Dies verhindert nach- haltig Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Union setzt alles daran, gegen diese für Deutschland schädliche Politik vorzugehen. Die Union lehnt daher auch den jetzigen Antrag, der sich gegen die europäi- schen Verpflichtungen aus dem EURATOM-Vertrag stellt ab, ebenso wie das dahinterstehende energiepoliti- sche Konzept der Regierungskoalition. Die Union tritt für die Einhaltung der in den Europäischen Verträgen übernommenen Verpflichtungen ein. Insbesondere ist der EURATOM-Vertrag kein Auslaufmodell. Er leistet für die Integration der mittel- und osteuropäischen Bei- trittsländer einen wichtigen Beitrag. Nicht zuletzt kann das Ziel der höchstmöglichen Sicherheit der kerntechni- schen Anlagen in unseren europäischen Nachbarstaaten durch den Einsatz auch deutscher Hochtechnologie mit- tels der EURATOM-Anleihen gewährleistet werden. Eine Abkehr – insbesondere von den sicherheitspoliti- schen Interessen – ist unverantwortlich und mit der Union nicht zu machen. Daher lehnen wir den Antrag von SPD und Bündnisgrünen ab und stimmen dem An- trag der FDP zu, der inhaltlich unserer Zielrichtung folgt. Hören Sie im Zeitalter der Globalisierung endlich auf, mit angeblich neuen deutschen Wegen den Standort Deutschland von der internationalen Entwicklung abzu- koppeln! Dieser Weg schadet uns allen. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der heute vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen zur EURATOM-Kreditlinie ist ein klare Ansage: Deutschland wird gegen die Aufstockung und Auswei- tung von EURATOM ein Veto einlegen und dafür auch bei anderen Ländern werben. Da die Entscheidung ein- stimmig zu erfolgen hat, ist klar, dass es nicht zu einer Aufstockung kommen wird. Allerdings wird es auch in dieser Frage keine isolierte deutsche Position geben. Schaut man sich an, wer in Deutschland noch aktiv auf Atomenergie setzt, stellt man schnell fest, wo die Min- derheiten zu finden sind. Und das ist auch gut so! Ich möchte jedoch betonen, dass es mit dieser Initiative nicht darum geht, diesen Ländern unsere Erkenntnisse und Überzeugungen aufzuzwingen. Es wäre allerdings un- glaubwürdig, im eigenen Land aus der Atomenergie aus- zusteigen und gleichzeitig den Ausbau dieser Energieform finanziell den Nachbarländern zu subventionieren. Genau dies wäre der Fall, wenn wir die Aufstockung der EURATOM-Kreditlinie von 4 auf 6 Milliarden Euro zu- stimmen würden. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir mit diesem Antrag eine klare Position benennen und möchte mich ausdrücklich bei der SPD-Fraktion und dem Finanzminister für die konstruktive Zusammenar- beit bedanken. Aus der Opposition höre ich bereits den Vorwurf, wir würden mit diesem Antrag die Sicherheit von Atom- anlagen vor allem in Osteuropa gefährden. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sieht man sich bei der EURATOM-Kreditlinie die Vergabepraxis der vergange- nen Jahre an oder betrachtet man die aktuelle Antrags- lage, fragt man sich schnell, wo denn der substanziell si- cherheitsverbessernde Effekt dieses Instrumentariums bleibt. In Kozloduj 5 und 6 beispielsweise wird an Reak- toren russischer Bauart herumgedoktert, die selbst die Regierung Kohl nach der Wiedervereinigung in Ost- deutschland aus guten Gründen zurückgebaut hat. Auch wenn die bulgarischen Einzelmaßnahmen zur Aufrüs- tung von Teilkompartimenten führt, die Meiler blieben von jedem „TÜV-Sicherheitstempel“ meilenweit ent- fernt. Auf ein anderes Beispiel – die Fertigstellung der beiden ukrainischen Reaktoren K2/R4 – muss ich nicht weiter eingehen, diese Debatte haben wir ja bereits aus- führlich in der letzten Legislaturperiode geführt. Es sollte aber noch erwähnt werden, dass die Ukraine nicht einmal die Mindestsicherheitskriterien der Osteuropabank erfül- len konnte. Aus diesem Grund musste die Ukraine Ende 2001 auf die Teilfinanzierung für K2/R4 durch jenes multitlaterale Finanzinstitut verzichten. EURATOM, das für dieses Projekt mit 680 Millionen Euro weit mehr Geld zur Verfügung stellen will, blieb von dieser Ent- wicklung bislang unbeeindruckt und hält das Geld wei- terhin bereit. Der einzige Antrag auf einen EURATOM-Kredit, der derzeit anhängig ist, ist der Bau des zweiten Reaktors im rumänischen Cernavoda. Ich habe noch nie verstanden, was der Neubau eines Reaktors mit der Verbesserung der nuklearen Sicherheit zu tun haben soll, egal ob er russi- scher Bauart ist oder wie in diesem Fall kanadischer Candu-Reaktor. Was dem Fass aber den Boden ausschlägt, sind die erst kürzlich bekannt gewordenen Pläne, durch EURATOM-Gelder die Fertigstellung von fünf russi- schen Atomreaktoren zu ermöglichen. Unter den ge- nannten Projekten befindet sich auch das AKW Kursk 5, ein Reaktor vom Tschernobyltyp. Ein AKW dieser Bau- art gilt selbst unter Atomhardlinern als „nicht nachrüst- barer Hochrisikoreakor“; darüber hinaus kann er auch für die Produktion von waffenfähigem Plutonium einge- setzt werden. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2467 (A) (C) (B) (D) Was ist von dem Vorschlag zu halten, EURATOM- Gelder auch für die Abschaltung von AKWs zugänglich zu machen? Auch hier wäre es fatal, der EURATOM- Kreditlinie eine heilbringende Wirkung beizumessen. Der Rückbau von AKW ist mit den Statuten der EURATOM-Kreditlinie kaum zu vereinbaren. Außer- dem muss bei dieser Fragestellung das Rad ja nicht neu erfunden werden: Die Osteuropabank verwaltet den ei- gens für diese Zwecke eingerichteten „Decomissioning Fund“, der über ausreichend Gelder verfügt. Sicherheitstechnisch stehen wir ohne die EURATOM- Kreditlinie deutlich besser da. Aber es gibt noch ein zweites Problemfeld, das ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte: den Wettbewerb. Der „neudeutsche“ Begriff des Level Playing Field umschreibt vielleicht am besten die Wunschvorstellung, in einem liberalisierten Energiemarkt gleiche marktwirtschaftliche Bedingungen für die unterschiedlichen Energieanbieter und -formen zu schaffen. Viele staatliche Subventionen wurden des- halb im Zuge der europäischen Liberalisierungsbestre- bungen eingestellt. Dieser Antrag behebt also eine gern übersehene Schieflage: Eine Kreditlinie reserviert für le- diglich eine spezielle Form der Energieerzeugung? Gäbe es ein solches Instrument auf nationaler Ebene, hätte sich der Wettbewerbskommissar dem längst gewidmet. Nur der Sonderstatus des EURATOMvertrages verhinderte in den vergangenen Jahrzehnten hier alle Reformversuche und somit jegliche Anpassung an die Entwicklung der Europäischen Union. Damit muss Schluss sein; eine Son- derwirtschaftszone Atom, finanziert durch den deutschen Steuerzahler, ist das Letzte was wir fortsetzen wollen. Cornelia Pieper (FDP): Die europäischen Volkswirt- schaften, die der künftigen Mitgliedstaaten der Europä- ischen Union und Russlands eingeschlossen, müssen in den nächsten zehn Jahren grundsätzliche Entscheidungen zu ihren Investitionen im Energiebereich treffen. Einer- seits betrifft das den Ersatz und die Steigerung bisheriger Kraftwerkskapazitäten, andererseits, vor dem Hinter- grund eines weltweit wachsenden Energiebedarfs, eine Entscheidung für bestimmte Energieträger. Dass dieser Prozess nicht rein rational verläuft, son- dern von scharfen ideologischen Kämpfen überlagert ist, führt uns der energiepolitische Alleingang der deutschen rot-grünen Bundesregierung zur scheinbaren Lösung der Klima- und Energieprobleme deutlich vor Augen. Ich bin der festen Überzeugung, dieser Weg ist falsch. Auch in unserer heutigen Debatte, in der es schein- bar „nur“ um eine Zustimmung zu einer Erhöhung der EURATOM Kreditlinie geht, kommen wir nicht umhin, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Wenn wir es zulas- sen, dass der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutsch- land in den nächsten Jahren in dem von SPD und Bünd- nis 90/Die Grünen geplanten Tempo vonstatten geht, werden wir ernsthafte Energieprobleme bekommen. Welt- weit wird der Energiebedarf um 40 Prozent bis 2050 stei- gen. Heute wird weltweit der Energiebedarf zu 41 Prozent durch Erdöl, zu 22 Prozent durch Erdgas, zu 16 Prozent durch feste Brennstoffe – Steinkohle und Braunkohle –, zu 15 Prozent durch Kernenergie und zu 6 Prozent durch erneuerbare Energieträger gedeckt. Bei aller Wertschät- zung für erneuerbare Energien teile ich die Auffassung der Wissenschaft: Diese Energien, sei es die gewonnene elektrische Energie aus Windkraftanlagen, aus Fotovol- taikanlagen, aus Biomasseanlagen usw., werden unseren Energieverbrauch auch künftig nicht decken können. Würden wir alle Potenziale ausschöpfen, würden die Menschen unseres Landes 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Energie ausgeben müssen. Ich rede heute einmal nicht über die bisherigen Auswirkungen der so genannten ökologischen Besteuerung von Energie. Wollen Sie von SPD und Grünen die Menschen unse- res Landes ausbluten lassen, um sie dann an den Tropf Ihrer scheinbar sozialen Wohltaten zu hängen? Um allein die Leistung der deutschen Kernkraftwerke von 23,6 Gi- gawatt zu ersetzen, bräuchten wir auf 2,2 Millionen Dä- chern durchschnittlich 20 Quadratmeter Solarmodulflä- chen – Kosten etwa 20 Milliarden Euro – 5 000 Windräder vor den Küsten unseres Landes mit jeweils mindestens 2 Megawatt Leistung, Kosten etwa 15 Milliarden Euro. Allerdings müsste dann immer die Sonne scheinen und Wind wehen. Herr Fell hat es an den Reaktionen auf seinen jüngs- ten Artikel in den „VDI-Nachrichten“ schmerzlich er- fahren müssen: Wer etwas von der Gesamtproblematik versteht, kann den idealistischen Heilsbotschaften von einer Welt der regenerativen Energien nicht folgen. Ich prophezeie bereits heute: Wir werden uns schneller, als es uns lieb ist, erneut Gedanken darüber machen, welche Rolle die Kernenergie bis zur Mitte dieses Jahrhunderts weiter spielen soll, vor allem vor dem Hintergrund der Bekämpfung der globalen Erwärmung, der Versorgungs- sicherheit und der nachhaltigen Entwicklung. Denn bei all der Euphorie verlieren Sie Ihr umweltpolitisches Ziel, die Reduzierung von CO2, einem ausgemachten Klima- killer, aus dem Blickfeld. Weltweit arbeiten derzeit 436 Kernkraftwerke. Auf le- diglich 21 haben Sie im eigenen Lande direkten Zugriff. Die Kernkraftwerke in der europäischen Union decken 35 Prozent unseres Strombedarfs. Da diese Reaktoren, dank besserer Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoff- festigkeit, eine längere Lebensdauer haben als ursprüng- lich erwartet, ist der Kernenergiesektor wettbewerbsfähig geworden und die Betreiber erwirtschaften beachtliche Erlöse. Sie benötigen keine staatlichen Beihilfen mehr und nehmen im Übrigen keine EURATOM-Darlehen mehr in Anspruch. Diese Darlehen werden gegenwärtig zur Modernisierung der Anlagen in den Beitrittsländern Mittel- und Osteuropas eingesetzt und dringend ge- braucht. Hier überzeugt mich die Argumentation des An- trages von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über- haupt nicht. Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass sowohl die Bei- trittsländer Mittel- und Osteuropas als auch Russland auf die Kernenergie zur Sicherung ihres Energiebedarf set- zen und sicherlich in Zukunft auch Elektroenergie aus Kernenergie erzeugen werden. Ich halte die Eröffnung von Kreditlinien für die Modernisierung von Kernkraft- werken in Mittel- und Osteuropa, die hauptsächlich rus- sischer Bauart sind, für außerordentlich wichtig. Hier 2468 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) sollten wir auf keinen Fall einen Rückzug der Europä- ischen Union unterstützen. Das bringen wir auch in un- serem Antrag zum Ausdruck. Vielmehr müssen wir alles daran setzen, dass die osteuropäischen Kernkraftwerke durch den Einsatz deutscher und europäischer Sicher- heitstechnik sicherer werden. Es ist doch ein Treppenwitz der Geschichte, wenn ge- rade Deutschland, was weltweit an der Spitze der Kern- energieforschung und der Kernenergiesicherheitsfor- schung stand und auch die Systemführerschaft für entsprechende Technologien inne hatte, sich von der welt- weiten Entwicklung abkoppelt und nur noch als Zu- schauer den Weg ehemaliger deutscher Höchsttechnologi- eunternehmen auf internationaler Bühne verfolgen kann. Natürlich müssen wir auch unsere übernommenen Verpflichtungen gegenüber diesen Ländern erfüllen. Dass man Reaktoren russischer Bauart sicher machen kann, zeigt uns die Modernisierung der zwei finnischen Reaktoren. Mit dem EURATOM-Vertrag haben die Mit- gliedsländer 1957 eine weitsichtige, von Verantwortung gezeichnete Politik gemacht. Die Zusammenarbeit hat sich bis heute bewährt. Schließlich haben wir über den EURATOM-Vertrag die Normen für den Gesundheits- schutz und den Strahlenschutz für die gesamte Europä- ische Union festgelegt und wir regeln über diesen Ver- trag auch die Verwendung radioaktiver Stoffe in der Medizin, in der Forschung und natürlich auch in der In- dustrie. EURATOM sichert natürlich auch die Glaub- würdigkeit der Europäischen Union im Hinblick auf die Nichtverbreitung von Kernmaterial. Ein wiedererwa- chendes Interesse für den EURATOM-Vertrag und die Tatsache, dass er eine Alternative für die Stromerzeu- gung bietet, sorgen dafür, dass der Vertrag auch in der ge- genwärtigen Lage nichts von seiner Aktualität einbüßt. Das bedeutet für mich auch, dass wir im EU-Konvent über seine künftige Bedeutung und über neue Formen der demokratischen Verantwortung des Europäischen Parla- ments für Fragen der Kernenergie und Kernenergiesi- cherheit nachdenken müssen. Ich appelliere an Sie: Erteilen Sie dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine entschiedene Ab- sage, und unterstützen Sie den von Weitsicht und Verant- wortung gezeichneten Antrag der FDP. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen gerechten Interessenausgleich bei den lau- fenden WTO-Verhandlungen – WTO-Verhandlungen – Europäisches Land- wirtschaftsmodell absichern (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) Dr. Sascha Raabe (SPD): Drei Viertel der Hungern- den und Armen der Welt leben im ländlichen Raum, täg- lich sterben 24 000 Menschen an den Folgen von Hun- ger und Armut. Wenn wir uns das vor Augen führen, dann wird klar, dass es in dieser Debatte nicht nur um Agrarhandel und die Absicherung der europäischen Agrarindustrie geht – so wie die CDU/CSU dies in ihrem Antrag formuliert, sondern es geht auch um Hunger, es geht um Menschenwürde und um Entwicklungschancen für die Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Hohe Exportsubventionen und handelsverzerrende Direktzuschüsse der Industrieländer zerstören die Märkte für Kleinbauern in den Entwicklungsländern. Gleichzei- tig gehen den Entwicklungsländern durch die Importzölle der Industrieländer circa doppelt so viele Einnahmen ver- loren, wie sie durch die öffentliche Entwicklungszusam- menarbeit erhalten. Diese ungerechte Welthandelsord- nung führt zu ländlicher Armut und zum Niedergang der Landwirtschaft in vielen Entwicklungsländern. Es gibt aber noch einen weiteren Effekt: Der Anbau von Coca- und Mohnpflanzen ist für viele Kleinbauern oftmals der einzige Ausweg, um die Familie zu ernäh- ren. Mit dem Drogenhandel werden dann wiederum Guerrilla-, Mafia- und Terrororganisationen finanziert, was zur Destabilisierung ganzer Länder und – wenn ich an Südamerika denke – auch ganzer Kontinente führen kann. Somit fällt die Ungerechtigkeit der Weltmarktord- nung am Ende dann wieder auf uns zurück. Es ist also in unserem eigenen Interesse bei der Reform des Welthan- delssystems auch für die Entwicklungschancen der ar- men und ärmsten Länder einzutreten. Auch die heute Vormittag geführte Debatte über ein Zuwanderungsgesetz und die Frage von Flüchtlingen und armutsbedingter Migration ist nicht von der Frage nach fairen Lebensbedingungen in allen Teilen dieser Welt zu trennen. Deshalb muss die Globalisierung fair gestaltet und die WTO-Runde, wie in Doha angekündigt, tatsächlich zu einer Entwicklungsrunde werden. Wenn wir das Ziel, die Armut bis zum Jahr 2015 zu halbieren, erreichen wollen, müssen wir jetzt handeln. In unserem Antrag haben wir wichtige Vorschläge formuliert, um die Armutsspirale zu stoppen. Exportsub- ventionen und handelsverzerrende Direktzuschüsse der Industrieländer für die Landwirtschaft müssen abgebaut werden. Dadurch werden zum einen wertvolle Mittel für die notwendige Unterstützung einer ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft bei uns frei. Zum anderen können wir mit einem Teil der frei werdenden Mittel auch die Entwicklungsländer in die Lage versetzen, ihre Landwirtschaft nachhaltig zu reformieren. Ziel ist es, nicht die Agrarindustrie, sonder die kleinen und mittle- ren bäuerlichen Betriebe bei uns und in den Entwick- lungsländern zu stärken. Zur besonderen Unterstützung von Kleinbauern in Entwicklungsländern wollen wir den bevorzugten Markt- zugang von Produkten aus fairem Handel erreichen. Allerdings kann eine Ausweitung des Marktanteils fair gehandelter Produkte nur dann gelingen, wenn das Be- wusstsein der Verbraucher für die Problematik hierzu- lande geschärft wird. Deshalb ist es außerordentlich zu Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2469 (A) (C) (B) (D) begrüßen, dass die Bundesregierung öffentlichkeitswirk- same Kampagnen zugunsten des fairen Handels auswei- tet. Ich erinnere zum Beispiel an die vor wenigen Wochen stattgefundene „Transfair goes global“-Kampagne an- lässlich der Einführung des neuen Fair Trade Logos. Neben dem Abbau von Importzöllen insbesondere für weiterverarbeitete Produkte dürfen auch keine neuen nichttarifären Hindernisse für die Entwicklungsländer entstehen. Deshalb müssen wir die Entwicklungsländer durch technische und finanzielle Hilfe aktiv unterstüt- zen, damit sie unsere ökologischen und gesundheitlichen Standards erfüllen können. Mit der Aufnahme einer „development box“ im WTO-Abkommen soll die Ernährungsbasis in den Ent- wicklungsländern gestärkt und die Bedingungen für die Entwicklung des ländlichen Raumes verbessert werden. Hierzu zählt auch, den Entwicklungsländern das Recht zuzugestehen, ihren eigenen Agrarsektor insbesondere im Bereich der Grundnahrungsmittel durch Außenschutz und interne Stützung schützen und fördern zu können. Ich will zum Schluss noch einmal auf die Frage der Kohärenz unserer Politik eingehen. Denn wie die Debatte heute zeigt, dürfen wir nicht durch falsche Weichenstel- lungen in der Handelspolitik die Ziele der Entwicklungs- politik gefährden. Heidemarie Wieczorek-Zeul hat diesen vernetzten Ansatz, wonach alle Ressorts in ihren Ent- scheidungen die Wirkungen für die Entwicklungsländer berücksichtigen sollen, zur Leitlinie unserer Entwick- lungspolitik gemacht. Deshalb haben wir in der Koalition unseren Antrag eng zwischen den Fachleuten für Landwirtschaft und Entwicklungspolitik abgestimmt. Das hätte dem Antrag der Opposition vielleicht auch ganz gut getan. Ich finde nämlich keinen einzigen Namen eines Entwicklungspo- litikers der Union auf diesem Antrag. Es reicht eben nicht, sich nur im Entwicklungsausschuss für die armen Länder stark zu machen, sondern gerade auch in Han- delsfragen entscheidet sich, ob wir die große Kluft zwi- schen Nord und Süd überwinden können. Entwicklungsländer wollen keine Almosen – Nah- rungsmittelhilfe, um Überschüsse loszuwerden, ist meist sogar kontraproduktiv –, sondern sie wollen in der Lage sein, selbstständig ihre Lebensgrundlage zu erwirtschaf- ten. Dies geht nur mit einer gerechten Welthandelsord- nung und einer fairen Ausgestaltung der Globalisierung. Dies ist wiederum nur durch eine kohärente Entwick- lungspolitik zu erreichen. Deshalb bitte ich um Zustim- mung zu diesem Antrag. Reinhold Hemker (SPD): Die Bemühungen Deutsch- lands im Rahmen des Strukturwandels in den ländlichen Regionen sind Teil einer Entwicklung, die zu einem glo- balen Agrarkonzept führen muss. Dabei muss deutlich sein: Die Prinzipien der Kohärenz und Komplementari- tät sind richtungsweisende, globale Elemente einer ge- samtpolitischen Ausrichtung der EU. Dieser Ausrich- tung ist auch Deutschland verpflichtet. Die laufenden WTO-Verhandlungen – nicht nur bezo- gen auf den Agrarteil in Kombination mit der Ernäh- rungswirtschaft – legen wesentliche Bedingungen für diese Entwicklung fest. Und unsere Landwirte und Landwirtinnen leisten in den verschiedenen Regionen Deutschlands schon jetzt mit einer standortgerechten und auch ökologischen Produktionsweise einen Beitrag dazu. Es geht darum, im Sinne des Dreiklangs der Nach- haltigkeitskozeption die ökonomischen Kriterien mit dem Aufbau und Ausbau der Produktion, die ökologi- sche Notwendigkeit für die Bewahrung der Schöpfung und die sozialen Ziele der Sicherung der Lebensverhält- nisse bei der Schaffung und dem Erhalt der Ernährungs- sicherheit zu berücksichtigen. Wenn deutlich ist, dass zum Beispiel durch die Ex- portsubventionierung von Milchpulverprodukten die Entwicklung einheimischer Märkte, wie beispielsweise in Tansania und Jamaika geschehen, behindert wird, dann muss man das im Kontext Ihrer Forderung nach „Beibehaltung der Mengensteuerung bei Milch und Zu- cker als vorhandenes Instrument zur Stabilisierung des Weltmarktes“ bewerten. Dabei ist klar, dass es nicht von heute auf morgen möglich ist, bisherige Regelungen zu beenden. Das Gleiche gilt für den Zuckerbereich, wo natürlich gegenüber dem Harbinson-Entwurf daraufhin gearbeitet werden muss, dass es zu einer Differenzierung etwa zwi- schen „kleinen“ Zuckerproduzenten wie zum Beispiel Mauritius oder auch Kuba und den großen am Zucker- markt beteiligten Ländern wie Brasilien kommen muss. Hier wird es – das sage ich auch mit Blick auf diese For- derung in Ihrem Antrag – natürlich zu Übergangs- und auch Sonderregelungen für besonders schutzbedürftige kleinere, arme Länder kommen müssen, wie es sie in der Vergangenheit bereits gegeben hat. Das gilt auch für den Rindfleischbereich, wobei hier klar sein muss: Deutschland wird sich mit seiner heuti- gen Produktionsweise und den damit verbundenen Men- gen in Zukunft nicht mehr so am Weltmarkt beteiligen können, wie es zurzeit noch geschieht. Welche Wege beschritten und welche Methoden im Übergang praktiziert werden müssen, wird auch im Zu- sammenhang der EU-Agrarreform noch unter quantitati- ven und qualitativen Aspekten zu entscheiden sein. Ich nenne nur Stichworte wie Mutterkuhhaltung, Entkopp- lung und damit Einzelelemente im Rahmen des Struktur- wandels. Dazu gehören sicher auch andere Bewirtschaf- tungsformen auf den Flächen, wo heute noch die Grundlagen für die Zuckerproduktion vorhanden sind. Es geht also auf der einen Seite um eine Neuorientie- rung der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion im Sinne einer nachhaltigen Produktion sowie den damit verbundenen Umwelt- und Qualitätskriterien, die ja auch im CDU-Antrag angesprochen sind, sowie auf der ande- ren Seite um die Förderung der Entwicklungsziele der Entwicklungsländer wozu Sascha Raabe noch etwas sa- gen wird. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung – Frau Ministerin – unter Einbeziehung des europäischen Mo- dells einer flächendeckenden, multifunktionalen und da- mit standortgerechten Landwirtschaft auf einen fairen 2470 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) Ausgleich bei den laufenden WTO-Agrarverhandlungen hinwirken wird. Dann wird es im September in Cancun zu einem angemessenen Ergebnis kommen. Ich freue mich auf die Fachdiskussionen auf der Basis der vorlie- genden Anträge. Albert Deß (CDU/CSU): Laut rot-grüner Koalitions- vereinbarung will sich die Bundesregierung in den lau- fenden WTO-Verhandlungen betont uneigennützig ge- ben: Danach muss die neue Welthandelsrunde zur „Entwicklungsrunde“ werden und die „Einkommen der Entwicklungsländer müssen sich verbessern“. Von den Interessen der deutschen Wirtschaft, geschweige der deutschen Landwirtschaft, ist in dieser Positionsaussage mit keinem Wort die Rede. Auch wir halten eine stärkere Berücksichtigung der Entwicklungsländer, vor allem der ärmsten, für dringend notwendig, fordern aber im Inte- resse der europäischen und deutschen Landwirtschaft eine gerechte Lastenteilung insbesondere unter den ent- wickelten Industrieländern. Wir können nur hoffen, dass diese WTO-Passage in der Koalitionsvereinbarung – wie andere vorher – Makulatur bleibt und die Bundesregie- rung nach ihrer Arbeitsmethode „Versuch und Irrtum“ noch den richtigen Weg findet. Wenig Klarheit zum deutschen Interessenstandpunkt in den WTO-Agrarverhandlungen bringen auch die ent- sprechenden Aussagen im Agrarbericht 2003 der Bun- desregierung vom 5. Februar dieses Jahres. Umso dring- licher ist eine Klärung der deutschen Haltung. Denn Ende März sollen in Genf für die laufende WTO-Runde, die wegen der scharfen Interessengegensätze und des daraus folgenden Disputes in der Öffentlichkeit häufig nur als Agrarverhandlung wahrgenommen wird, wichtige Wei- chen gestellt werden: Die über 140 Teilnehmerstaaten ha- ben sich auf der Ministerkonferenz im November 2001 in Doha/Katar auf einen straffen Zeitplan geeinigt. Danach sollen bis Ende März 2003 die so genannten Modalitäten festgelegt werden, also Grundsätze über Verfahren und Umfang der Verpflichtungen des angestrebten neuen WTO-Agrarübereinkommens. Diese „Modalitäten“ sind der Dreh- und Angelpunkt der WTO-Agrarverhandlungen, weil sie bestimmen, wie das endgültige Ergebnis der aktuellen Agrarhandels- runde aussehen wird. Deswegen ist es so wichtig, dass wir heute über Stand und Perspektiven der WTO-Agrar- verhandlungen und insbesondere über die Vorschläge zu den „Modalitäten“ diskutieren. Der erste Entwurf eines solchen Modalitäten-Papiers, das der Vorsitzende des WTO-Agrarausschusses, Stewart Harbinson, Mitte Februar in Genf vorlegte, kann nur als unausgewogen und einseitig zugunsten von Ländern mit großen Ausfuhrinteressen zurückgewiesen werden. Den Vorteil eines solchen Verhandlungsschemas hätten vor allem die exportorientierten Staaten der Cairns-Gruppe, die USA und weit fortgeschrittene Entwicklungsländer. Die im Kapitel Marktzugang vorgeschlagenen Zoll- senkungsraten von 40 bis 60 Prozent über fünf Jahre würden in der EU bei wichtigen Produkten wie Zucker, Milch und Rindfleisch fast jeglichen Außenschutz weg- nehmen und dort Produktionseinschränkungen erzwingen. Die im EG-Vertrag festgelegte Gemeinschaftspräferenz würde dadurch unterhöhlt. Die EU-Zuckermarktordnung mit ihrem bewährten Quotensystem würde sozusagen durch Druck von außen gekippt. Die Deutsche Gesell- schaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat erst kürzlich in einer Studie festgestellt, dass die ärmsten Länder der Welt bei einer Liberalisierung des Weltzu- ckermarktes zu den größten Verlierern zählen würden. Hingegen würde der EU-Vorschlag einer durchschnittli- chen Zollsenkung um 36 Prozent wie in der Uruguay- Runde zu einer gerechteren Verteilung der Lasten unter den Industrieländern führen und den Zugang von Dritt- ländern zum EU-Markt noch weiter verbessern. Die EU ist ja bereits der weltweit größte Importmarkt von land- wirtschaftlichen Erzeugnissen (2001: 60 Milliarden Dol- lar) und importiert insbesondere aus den Entwicklungs- ländern mit 38 Milliarden Dollar im Jahr 2002 mehr als die USA, Kanada, Australien und Neuseeland zusam- men. Beim verbesserten Marktzugang für Entwicklungs- länder unterscheidet die EU in ihrem Verhandlungsange- bot mit Recht nach dem Grad der Entwicklung und schlägt deshalb für Importe aus den am wenigsten entwi- ckelten Ländern Zollfreiheit vor. Bei den Exportsubventionen hat die EU mit Vorlage ihres WTO-Angebots Ende Januar 2003 einen weitrei- chenden Vorschlag gemacht, nämlich Abbau aller For- men von Ausfuhrsubventionen um 45 Prozent. Demge- genüber sieht das Harbinson-Papier die Reduzierung der Exportsubventionen in einem Zeitraum von fünf bis neun Jahren und schließlich die Abschaffung vor. Der wettbewerbsverzerrende Charakter der anderen Formen der Ausfuhrförderung zum Beispiel der Exportkredite der USA, der Nahrungsmittelhilfe und der Tätigkeit von Staatshandelsunternehmen, die ein Exportmonopol be- treiben, wird vom WTO-Vorschlag kaum ins Visier ge- nommen. Die technischen Eingrenzungsformeln lassen zu viel Schlupflöcher offen, als dass von einer Gleichbe- handlung der EU-Erstattungen und der Exportförde- rungsmaßnahmen anderer WTO-Länder wie zum Bei- spiel der USA gesprochen werden könnte. Die US- Exportkredite müssen aber den gleichen mengen- und wertmäßigen Abbauschritten unterworfen werden wie die EU-Beihilfen. Auch sollte die EU prüfen, ob nicht die interne Men- gensteuerung bei Milch und Zucker mithilfe des Quoten- systems dadurch erhalten werden kann, dass sie gegen- über den WTO-Partnern auf Exportförderung verzichtet und die Produktion auf den EU-Binnenmarkt be- schränkt. Denn Freihandel soll ein Instrument zur Wohl- standssteigerung sein, nicht aber eine Ideologie. Wo die- ses Instrument nicht zu angemessenen Erzeugerpreisen und stabilen Märkten führt, sollten durch die ordnende Hand der großen Welthandelspartner stabilere und ge- rechtere Lösungen gefunden werden. Welch schlimme Auswirkungen die Freihandelsideologie für Millionen von Kleinbauern und Landarbeitern in den Entwick- lungsländern hat, zeigt zum Beispiel der sprunghafte Preisverlauf auf den Weltmärkten für Kaffee, Kakao und Baumwolle. Im Bereich der internen Stützung soll nach dem Mo- dalitäten-Papier von Harbinson die so genannte green Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2471 (A) (C) (B) (D) box grundsätzlich beibehalten werden. Danach wären staatliche Hilfen, die nicht an die Produktion gebunden sind und den Handel nicht verzerren, wie zum Beispiel Ausgleichszahlungen für Umweltauflagen oder für be- nachteiligte Gebiete, weiterhin grundsätzlich erlaubt. Diese Position ist nach der Logik der Handelsliberalisie- rung eine pure Selbstverständlichkeit und kann nicht als großes Entgegenkommen gefeiert werden. Ein Fort- schritt aber ist es, wenn Ausgleichszahlungen für Tier- schutzauflagen ebenfalls in die green box einbezogen werden sollen. Dagegen ist jedoch im bisherigen WTO- Vorschlag zu kritisieren, dass die Ausgleichszahlungen für Agrarumweltprogramme und Tierschutz nur teil- weise als zulässig angesehen werden. Ebenfalls kritisch zu hinterfragen sind die bis jetzt be- kannt gewordenen WTO-Vorschläge im Bereich der bis- lang bedingt erlaubten staatlichen Direktzahlungen, die als so genannte blue-box-Maßnahmen bezeichnet wer- den, und der abzubauenden produktionsgebundenen di- rekten Stützungsmaßnahmen der so genannten yellow box. Die Deckelung des Stützungsniveaus in der blue box auf dem Durchschnittsniveau der Jahre 1999 bis 2001 würde für die EU die Zulässigkeit der Getreideaus- gleichszahlungen ausschließen, die durch die Agenda 2000 hinzukamen. Zu begrüßen ist, dass die staatlichen Zahlungen im Rahmen der so genannte de-minimis-Re- gelung abgebaut werden sollen. Von diesem Schlupfloch haben bislang die USA stark profitiert, da Agrarsubven- tionen von weniger als 5 Prozent des Wertes der Erzeu- gung bei der Berechnung der Senkungsverpflichtungen nicht angerechnet wurden. Über diese Ausnahmerege- lungen zahlen die USA derzeit 8 Milliarden Dollar jähr- lich an wettbewerbsverzerrenden Agrarsubventionen. Deswegen muss die EU ihre Forderung nach Beseiti- gung dieses Schlupfloches mit Nachdruck weiterverfol- gen. Nur so können für alle Industrieländer gleiche Wett- bewerbsbedingungen geschaffen werden. Nicht hinnehmbar in den bisher bekannt gewordenen WTO-Vorschlägen ist schließlich für die EU das fast völ- lige Fehlen ihrer nicht handelsbezogenen Anliegen. Mit Ausnahme der schwachen Berücksichtigung der Aus- gleichszahlungen für Tierschutz fehlt jeglicher Hinweis auf geographische Ursprungsbezeichnungen, das Vorsor- geprinzip im Verbraucherschutz und verbesserte Kenn- zeichnungsmöglichkeiten. Die EU muss ihr volles Ver- handlungsgewicht einsetzen, um Fördermaßnahmen zum Schutz der Umwelt, der traditionellen Landschaften, der Tiere, der biologischen Vielfalt sowie für die ländliche Entwicklung und für die Lebensmittelsicherheit in vol- lem Umfang in die Kategorie der zulässigen öffentlichen Hilfen, das heißt in die green box, zu bringen. Nur so kann es gelingen, das europäische Agrarmodell einer multifunktionalen und wettbewerbsfähigen Landwirt- schaft durchzusetzen. Die europäische Landwirtschaft soll nicht nur Lebensmittel und Rohstoffe produzieren, sondern auch die Kulturlandschaft erhalten und pflegen, Boden, Wasser und Luft schützen sowie die Artenvielfalt bewahren. Die EU-Kommission hat das WTO-Modalitäten-Papier zu Recht als unausgewogen und unzureichend kritisiert. Wir unterstützen diese Kritik, müssen aber hinzufügen, dass die EU-Kommission ihre Verhandlungsposition ins- besondere gegenüber den USA und der Cairns-Gruppe durch die kürzlich vorgestellten Vorschläge für eine wei- tere, die dritte Reform der gemeinsamen Agrarpolitik nach der Reform von 1992 und den Agenda-2000-Be- schlüssen von 1999 selbst schwächt. Sie wiederholt da- mit denselben taktischen Fehler wie in der Uruguay- Runde, wo auch parallel zu den Handelsverhandlungen von der damaligen EU-Kommission eine EU-Agrarre- form betrieben wurde. Zwar hat die EU zu Recht Ende Januar 2003 in Genf ein konkretes Angebot für die WTO-Agrarverhandlungen in den Bereichen Marktzu- gang, Exportförderung und interne Stützung vorgelegt. Damit konnte sie vermeiden, als Bremser in den WTO- Verhandlungen dazustehen, die sich ja auch noch auf an- dere große Sektoren wie den Handel mit gewerblichen Gütern und Dienstleistungen erstrecken. Diese nach au- ßen gerichtete Position wird aber unterhöhlt, wenn man fast zeitgleich intern für die gemeinsame Agrarpolitik eine so tiefgreifende Reform in Angriff nehmen will, wie sie in den Legislativvorschlägen der EU-Kommission vom 22. Januar 2003 enthalten ist. Die internen EU-Re- formvorschläge mit dem Kernstück der „Entkoppelung“ und den über die Agenda-Beschlüsse hinausgehenden Stützpreissenkungen bei Getreide und Milch werden von den WTO-Verhandlungspartnern stillschweigend als vorgezogene Zugeständnisse wahrgenommen, für die sie kaum mehr eine Gegenleistung erbringen wollen. Eine taktisch kluge Verhandlungsführung hätte es bei einem Verhandlungsangebot auf der Grundlage der Agenda- Beschlüsse belassen. Wenn dann im Laufe der Verhand- lungen zusätzliche Zugeständnisse nötig werden sollten, reichte es aus, diese Kompromisse nach Verhandlungs- ende durch eine Anpassung der gemeinsamen Agrarpoli- tik umzusetzen. Dieser Meinung war EU-Kommissar Fischler selbst noch vor einiger Zeit. So erklärte er auf der Konferenz Agra-Europe am 29. Juni 1999 in Brüssel, dass durch die Agenda-Beschlüsse die EU für die weite- ren WTO-Verhandlungen gerüstet und ein Konsens für das europäische Agrarmodell erreicht sei, das nunmehr konsolidiert werden müsse. Ich kann mich nur der massiven Kritik des französi- schen Staatspräsidenten Chirac zu den kürzlich vorge- legten EU-Reformvorschlägen anschließen, der auf der Eröffnung der Internationalen Landwirtschaftsmesse in Paris am 22. Februar dieses Jahres wörtlich erklärte – ich zitiere die Übersetzung in der Zeitschrift „Agra-Eu- rope“: „Ich habe nicht verstanden, warum Kommissar Dr. Fischler mit einer Dickköpfigkeit, die bester Absicht würdig wäre, es für notwendig befunden hat, neue Vor- schläge zu unterbreiten und die Entscheidung des Euro- päischen Rates in beeindruckender Weise zu ignorieren.“ Chirac fuhr dann fort, dass die Initiative der EU-Kom- mission missraten sei, da sie gegen die Brüsseler Gipfel- beschlüsse verstoße, sie sei zugleich vergeblich, da sie keine Chance habe, angenommen zu werden. Die Agenda-Beschlüsse seien auf dem EU-Gipfeltreffen im Oktober 2002 bestätigt worden, sodass jegliche Ände- rung vor 2006 ausgeschlossen sei. Ich hoffe, dass diese deutliche Aussage des französi- schen Staatspräsidenten auch von den WTO-Partnern 2472 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) verstanden wird. Sie sollen sich keine Hoffnung machen, dass die Kommissionsvorschläge zur Reform der ge- meinsamen Agrarpolitik bereits vorgezogene EU-Zuge- ständnisse bedeuten, die nicht mehr durch Gegenleistun- gen honoriert werden müssten. Die europäischen und damit auch die deutschen Landwirte haben also einen Anwalt in Paris. Bei der eigenen rot-grünen Bundesre- gierung sind die Anliegen der deutschen Landwirte we- der bei der Diskussion um die erneute EU-Agrarreform noch bei den laufenden WTO-Verhandlungen gut aufge- hoben. Frau Künast hat an den EU-Reformvorschlägen wenig auszusetzen und begrüßt sie grundsätzlich. In gleicher Weise verkennt die rot-grüne Bundesregierung auch ihre Aufgaben in der derzeitigen WTO-Runde, wie die blutleeren Aussagen zu den WTO-Verhandlungen im rot-grünen Koalitionsvertrag beweisen. Frau Künast, die sich so gern des guten Einverneh- mens mit ihrem französischen Kollegen Gaymard rühmt, sollte dann aber auch dessen gutes Beispiel in der Inter- essenvertretung nachahmen. So reiste der französische Landwirtschaftsminister Gaymard Ende Januar 2003 für zwei Tage nach Washington und traf mit allen amerika- nischen Gesprächspartnern zusammen, die im Agrar- und Handelsbereich wichtig sind, nämlich mit der ameri- kanischen Landwirtschaftsministerin Ann Veneman, dem US-Handelsbeauftragten Robert Zoellick, der für die USA die WTO-Verhandlungen führt, mit dem Präsi- dentenberater für Agrarfragen, Chuck Conner, sowie mit zuständigen Senatoren und Kongressabgeordneten. In diesen Gesprächen konnte er für die Erhaltung des euro- päischen Agrarmodells und die Durchsetzung der nicht handelsbezogenen Aspekte in den WTO-Verhandlungen werben. Leider werden wir bei Frau Künast vergeblich auf einen solchen Einsatz für die europäischen und deut- schen Agrar- und Verbraucherschutzinteressen warten müssen. Denn wer wie Frau Künast – und das auch noch entgegen der ausdrücklichen Bitte des Bundeskanzlers an die Mitglieder seines Kabinetts – auf Demonstratio- nen hinter Transparenten und Schildern herläuft, auf de- nen der amerikanische Präsident diffamiert wird, dürfte sich schon schwer tun, einen Gesprächstermin beim Handelsattaché der amerikanischen Botschaft in Berlin zu bekommen. Die CDU/CSU-Fraktion wird aber nicht ablassen, die deutschen Bauern darüber aufzuklären, dass die Ein- fluss- und Einwirkungsmöglichkeiten der rot-grünen Bundesregierung gegenüber unserem wichtigsten über- seeischen Handelspartner durch grob fahrlässige Brüs- kierung gegen Null tendieren und wer dafür die Verant- wortung trägt. Die Folgen werden leider auch die deutschen Landwirte zu tragen haben. Doch werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft auch in und nach den laufenden WTO-Verhandlungen eine Perspektive zu er- halten. Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU/CSU): Haben Sie schon einmal davon gehört, dass es einen freien Weltmarkt für Kulturlandschaften gibt? Haben Sie schon einmal davon gehört, dass Kulturlandschaften, dass Standards für Umwelt- und Verbraucherschutz an den in- ternationalen Börsen gehandelt werden? Europa steht heute für ein Modell einer umwelt- freundlichen, nachhaltigen multifunktionalen und flä- chendekkenden Landwirtschaft mit hohen Standards in den Bereichen Gesundheits-, Tier- und Umweltschutz. Unsere Landwirtschaft ist es, die den ländlichen Raum seit Jahrhunderten prägt und gestaltet und zu ihrer wirt- schaftlichen und kulturellen Stabilisierung beiträgt. Es liegt an uns, besonders an der Bundesregierung, dieses Modell jetzt und heute zu verteidigen und abzusichern. Seit letztem Monat liegen die Vorschläge des Vorsit- zenden der WTO-Agrarverhandlungsgruppe, Steward Harbinson, in der aktuellen WTO-Runde auf dem Tisch. Dieses Papier hat den Europäern sozusagen die Schuhe ausgezogen. Ein Aufschrei aller Agrarminister durchfuhr Europa. So voller Eintracht hat man die Ministerrunde lange nicht mehr erlebt. Diese Harbinson-Vorschläge kommen den Forderungen der so genannten Cairns- Gruppe und den USA deutlich mehr entgegen als der eu- ropäischen Landwirtschaft. Die Vorschläge sind unaus- gewogen. Sollten sie so durchkommen, geht es um Sein oder Nicht-Sein der europäischen Landwirtschaft. Die WTO-Agrarverhandlungen wurden entsprechend Art. 20 des Übereinkommens über die Landwirtschaft Anfang 2000 aufgenommen. Nach den Beschlüssen der Ministerkonferenz in Doha im November 2001 zum Agrarhändel gab es klare Leitlinien. Die WTO-Mitglie- der waren gehalten, ihre Verhandlungsvorschläge im Agrarbereich bis Ende des Jahres 2002 vorzulegen. Die Kommission ist dieser Verpflichtung im Januar 2003 nachgekommen. Bis Ende März sollen nun die so ge- nannten Modalitäten eines neuen WTO-Agrarüberein- kommens im September 2003 festgelegt werden. Die EU ist der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt. Der Zugang zu internationalen Märkten ist für sie von großer Bedeutung. Der amerikanische Markt für Milch- produkte ist beispielsweise für die Exporte der EU noch verschlossen. Japan lässt noch nicht so viel Schweine- fleisch auf seinen Markt, wie die EU liefern könnte. Die EU-Exporte an verarbeitenden Nahrungsmitteln werden immer noch durch viele hohe Zölle behindert. Der Schutz und die Anerkennung von Produkt- und Her- kunftsangaben sind in der WTO noch unbefriedigend ge- regelt. Die EU hat aber auch Vorleistungen erbracht und in der Vergangenheit selbst den Liberalisierungsprozess durch den Abbau von Zöllen und des Außenschutzes be- sonders unterstützt: Nach den Vereinbarungen der Uru- guay-Runde sind im Zeitraum 1995/96 bis 2000/2001 der Außenschutz von Agrarprodukten um insgesamt 36 Prozent, die subventionierten Exporte mengenmäßig um 21 Prozent, budgetmäßig um 36 Prozent sowie die internen Stützungsmaßnahmen um 20 Prozent zurückge- führt worden. Die EU wird sich nun einer weiteren Öffnung der ei- genen Märkte im Rahmen der laufenden WTO-Verhand- lungen auch nicht verschließen. Die Kommission muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, mit ihrem Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2473 (A) (C) (B) (D) weit gehenden Fischler-Vorschlag an die WTO Herrn Harbinson zu seinen erstaunlichen Thesen ermutigt zu haben. Nach Überlegungen der EU-Kommission sollen – an die Vereinbarung der Uruguay-Runde anknüpfend – die Importzölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse in der laufenden WTO-Runde durchschnittlich um 36 Pro- zent, die Ausgaben für Ausfuhrerstattungen um 45 Pro- zent und die interne handelsverzerrende Agrarstützung um weitere 55 Prozent reduziert werden. Der Vorschlag beinhaltet auch spezifische Maßnah- men, den Entwicklungsländern deutlich bessere Bedin- gungen einzuräumen: zollfreier Zugang aller Agraraus- fuhren ohne Mengenbeschränkung für die ärmsten Länder der Welt. Die Kommission schlägt einen Zollsatz Null für mindestens 50 Prozent aller Agrareinfuhren der Industrieländer aus Entwicklungsländern vor sowie eine so genannte Box Ernährungssicherheit, um eine Förde- rung der Entwicklung zu ermöglichen und die für die Le- bensmittelversorgung wichtigen Anbaukulturen durch besondere Schutzklauseln zu erhalten. Besonders betont der Vorschlag noch einmal die wichtige Rolle nicht han- delsbezogener Anliegen wie Umweltschutz, Entwick- lung des ländlichen Raumes und Tierschutz. Die Vorschläge der Kommission gehen in einigen Be- reichen über die Möglichkeiten der Agenda 2000 hinaus. Die Kommission hat zu früh Verhandlungsspielräume aufgegeben. Es war abzusehen, dass mit diesem konkre- ten Angebot der Kommission die Richtung eines weite- ren Abbaus der Tarife vorgezeichnet war, ohne dass ein nennenswerter Fortschritt bei den nicht handelsbezoge- nen Aspekten als Ausgleich für die vielfältigen, Kosten verursachenden Auflagen, denen die europäischen Bau- ern unterliegen, absehbar war. Zudem scheinen die WTO-Verhandlungspartner die neuen EU-Reformvor- schläge des Kommissars Franz Fischlers zur Landwirt- schaft als gegebene Zugeständnisse hinzunehmen, für die sie keine Gegenleistung erbringen wollen. Der freie Welthandel, Abbau von Zöllen und anderer Handelshemmnisse, die Verflechtung der Weltwirtschaft zur Förderung des Wohlstands in der Welt sind Ziele der Welthandelsorganisation. – Ziele, die es zu unterstützen gilt. Aber ich muss es deutlich sagen: Der Liberalisie- rungsprozess muss unter fairen Bedingungen erfolgen. Ich möchte einige Eckpunkte des Harbinsons-Papiers nennen, die eine Gefahr für unser europäisches Land- wirtschaftsmodell bedeuten würden: Erstens. Kapitel Marktzugang: Der Außenschutz der gemeinsamen Agrarpolitik wird durch das Harbinson- Papier infrage gestellt. So sollen besonders hohe Ein- fuhrzölle in einem rasanten Tempo bis zu 60 Prozent vermindert werden. Hiervon wären insbesondere Zucker, Milch und Rindfleisch betroffen. Ich möchte die Konsequenzen an einem Beispiel deutlich machen: Zucker. Zucker, der nicht aus AKP- Ländern kommt, wird zurzeit von der EU mit einem Wertzoll von rund 180 Prozent belegt und müsste nach dem Harbinson-Vorschlag innerhalb von fünf Jahren auf 72 Prozent vermindert werden. Sollte dieser Vorschlag so realisiert werden, wird von der Zuckermarktordnung in Europa nichts übrig bleiben. Der EU-Vorschlag würde dagegen eine Senkung der Zölle von 36 Prozent bedeu- ten. Dies würde den Zugang von Drittländern zum EU- Markt erleichtern, auf der anderen Seite aber auch zu ei- ner fairen Lastenverteilung der Industrieländer führen. Der Zollabbau darf beim EU-Außenschutz nicht weiter- hin einseitig zulasten der EU gehen. Zweitens. Kapitel Exportsubventionen: Das Harbinson- Papier sieht zunächst eine Reduzierung in einem Zeit- raum von fünf bis neun Jahren vor und schließlich ihre Abschaffung. Bei den Exporthilfen sollten allerdings alle Formen wie Exportkredite, Nahrungsmittelhilfen, Staats- handelsunternehmen gleichwertig mit einbezogen wer- den, um wettbewerbsverzerrende Entwicklungen zu un- terbinden. So müssen zum Beispiel die US-Kredite den gleichen mengen- und wertmäßigen Abbauraten unter- liegen wie die Exportbeihilfen der Europäischen Union. Drittens. Kapitel Interne Stützung: Mit größter Sorge müssen die WTO-Vorschläge zur so genannten Blue Box betrachtet werden. Diese betrifft die Direktbeihilfen der Landwirte der EU. Hier ist ein Abbau um 50 Prozent in- nerhalb von fünf Jahren vorgesehen. Die Folgen für die landwirtschaftlichen Betriebe wäre verheerend. Der Ab- bau der in der Gelben Box zusammengefassten Preisstüt- zungsmaßnahmen um 60 Prozent ist ebenso abzulehnen. Damit wird dem unterschiedlichen Grad an handelsver- zerrender Wirkung nicht ausreichend Rechnung tragen. Völlig unberücksichtigt blieben zudem die von Kommis- sion gemachten jüngsten Reformvorschläge für weitere Getreide- und Milchsenkungen sowie die von der EU verfolgten handelsbezogenen Anliegen wie der Schutz von geographischen Ursprungsbezeichnungen oder die Verankerung des Vorsorgeprinzips im Verbraucherschutz. Der Entwurf stellt, die gemeinsame Agrarpolitik in weiten Bereichen grundsätzlich infrage. Die EU könnte die vorgeschlagenen Senkungsverpflichtungen weder mit der geltenden gemeinsamen Agrarpolitik erbringen noch auf Grundlagen der von der EU-Kommission neu vorgelegten Vorschläge zur Halbzeitbewertung der Agenda 2000. Letztendlich würden die Harbinson-Vor- schläge dazu führen, dass viele Betriebe in der EU nicht mehr existenzfähig wären und aufgeben müssten. Eine flächendeckende Landbewirtschaftung wäre nicht mehr möglich, die ländlichen Räume nicht mehr lebensfähig. Insgesamt würde mit dem Vorschlag von Harbinson die Gestaltung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft, die unter hohen Standards im Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz wirtschaftet, verhindert. Das Harbinson-Papier soll in den folgenden Wochen überarbeitet werden. Es muss daher auf jeden Fall ver- hindert werden, dass sich die Kommission in den Ver- handlungen der folgenden Wochen auf einen Kompro- miss zulasten der Landwirte einläßt. Die Bundesregierung steht hier in einer öffentlichen Verantwortung. Nun ist die Frau Ministerin Künast und ihr Einsatz gefragt. Im Länderbeobachterbericht zum Rat aus Brüssel, wo die Harbinson-Vorschläge zur Diskus- sion standen, konnte man leider folgendes über die deut- sche Ministerin lesen: 2474 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) „Frau Künast, die, wie ihre Vorredner, einige Haupt- kritikpunkte an dem Harbinson-Papier ansprach, gab aber auch (vorsichtig) zu bedenken, die Landwirtschaft sei nur einer von mehreren Bereichen bei den WTO-Ver- handlungen, man müsse eine Balance finden zwischen der Liberalisierung und den berechtigten, mittelfristigen Anliegen der Gesellschaft.“ Eine solche Aussage kann man wohl nicht als verant- wortungsvolles Handeln für die deutsche und europäi- sche Landwirtschaft bezeichnen. Die Franzosen zeigen da einen ganz anderen Einsatz. Der französische Landwirtschaftminister Herve Gaymard wies das Harbinson-Papier als „inakzeptabel und völlig unausgeglichen“ zurück. Das nenne ich einen klaren Standpunkt. Die Landwirtschaft darf in den WTO-Verhandlungen nicht als Wechselgeld für die Interessen anderer Ressorts benutzt werden. Das europäische Landwirtschaftsmodell steht auf dem Spiel. Es ist von größter Dringlichkeit, dass das hohe europäische Niveau des Gesundheits-, Tier- und Umweltschutzes in dem neuen Welthandelsab- kommen integriert wird. Das heißt auch, dass die in die EU importierten Produkte unseren Standards entspre- chen oder verständlich gekennzeichnet werden. Die hö- heren Kosten für strengere europäische Produktions- standards müssen zudem in der WTO ausgleichsfällig werden. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Interessen der Entwicklungsländer verstärkt berücksichtigt werden müssen und ihnen eine Präferenzbehandlung in einer fai- ren Welthandelsordnung zusteht. So muss zum Beispiel garantiert werden, dass die Agrarproduktion in den Ent- wicklungsländern nicht durch subventionierte Agrarex- porte in diese Länder gefährdet wird. Auf der anderen Seite muss der unterschiedliche Entwicklungsgrad ein- zelner Länder berücksichtigt werden. Geschieht dies wie im Harbinson-Papier nicht, werden Schwellenländer mit extrem kostengünstigen Produktionsweisen bevorteilt, die Umwelt-, Tierschutz- und Sozialstandards keine Be- achtung schenken. Ich fordere den Einsatz der Regierung für die Land- wirtschaft und den ländlichen Raum auf internationalem Parkett. Das Engagement für die heimische Landwirtschaft ist ja durchaus begrenzt: Die starken Einkommensrück- gänge in der Landwirtschaft können doch nur als Resul- tat der rot-grünen Politik gewertet werden. Rot Grün beschränkt ihre Politik auf 3 Prozent der Ökobetriebe und plant dann an 97 Prozent der restlichen Landwirtschaft vorbei. Rot- Grün projiziert in der Öf- fentlichkeit Schwarz-Weißgemälde mit Schlagwörtern wie „Klasse statt Masse“ und propagiert damit eine Agrarpolitik, die ausschließlich auf Marktnischen setzt. Sie vernachlässigen damit den Rest der Landwirtschaft und das Problem ihrer internationalen Wettbewerbsfä- higkeit. Im Koalitionsvertrag .wird von einer wettbe- werbsfähigen Landwirtschaft gesprochen. Rot-Grün be- lastet sie dann, aber mit immer mehr Steuern, Auflagen und Bürokratie. So werden Arbeitsplätze und die Exis- tenzen vieler Unternehmen in der Land und Forstwirt- schaft gefährdet. Die rot-grüne Politik der nationalen Al- leingänge verursacht gerade diese Entwicklung. Die deutsche Landwirtschaft ist aber nur dann wettbewerbs- fähig, wenn sie sich auch im Kostenwettbewerb interna- tional behaupten kann. Liberalisierung, Globalisierung sind immer nur Mittel zum Zweck. Der Erhalt unserer Kulturlandschaft und hohe Standards sind aber Werte, die unseren ganzen Ein- satz fordern. Für unsere Kinder soll das Leben und Wirt- schaften auf dem Hof im Dorf, Ackerbau, bestellte Fel- der und Viehzucht nicht zu Bilder aus Büchern vergangener Tage werden. Landwirtschaft wird auch mit agriculture übersetzt. Verantwortungsvolles Händeln ist gefragt: für ein euro- päisches Landwirtschaftsmodell, zur Zukunftssicherung der landwirtschaftlichen Betriebe und für den Erhalt der Kulturlandschaft in Deutschland. Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen): Was wir hier zu nächtlicher Stunde diskutieren, ist kein Randthema sondern betrifft das wichtigste Menschenrecht überhaupt – das Recht auf Leben, auf Überleben, das Recht auf ausreichend Nahrung. Es ist ein Skandal ersten Ranges, dass mehr als 800 Millionen Menschen auf dieser Welt dieses elementare Menschenrecht vorenthalten wird. Mehr als 800 Millio- nen Menschen hungern, nicht etwa weil die Äcker dieses begrenzten Globus nicht mehr hergeben, nicht weil es weltweit zu wenig Nahrungsmittel gibt, sondern weil et- was faul ist im internationalen Agrarhandel, in den Strukturen der Weltwirtschaft, und hinzu kommen kata- strophale Fehlentscheidungen, „bad governance“ einzel- ner Regierungen. Simbabwe ist dafür ein besonders krasses Beispiel. Diese Fehler, die auf das Konto von einigen unfähi- gen Regierungen im Süden gehen, dürfen aber nicht dar- über hinwegtäuschen, dass die meines Erachtens größten Ursachen für den Hunger in der Welt eher bei uns zu su- chen sind. Sie lagen früher im Kolonialismus und sie lie- gen heute in den ungerechten Strukturen der Weltwirt- schaft. Die reicheren Länder dieser Welt, die 27 OECD-Staaten, sub- ventionieren ihre Landwirtschaft jährlich mit weit mehr als 300 Milliarden Dollar. Ich hatte bei meiner Rede im No- vember ein Zahlenspiel mit der subventionierten europä- ischen Kuh angeführt. Ich muss das korrigieren. Meine Zahlen waren nicht korrekt. Die wahren Werte sind noch krasser. Laut Weltbank wurde im letzten Jahr jede Kuh in Europa mit 2,5 Dollar pro Tag subventioniert – wäh- rend die Hälfte der Menschheit mit weniger als 2 Dollar pro Tag auskommen muss. Besonders verheerend für die Entwicklungsländer wirken sich die Exportsubventionen im Agrarbereich aus. Ich will das mit einem Beispiel illustrieren, das mir in Brasilien begegnete: Da gibt es einen Ort mit dem Na- men Withmarsum – ich hätte glauben können, wieder in meiner ostfriesischen Heimat angelangt zu sein – einen Ort, geprägt von deutschen Auswanderern, in dem es Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2475 (A) (C) (B) (D) noch eine gut funktionierende bäuerliche Landwirtschaft gibt – nein gab, muss man jetzt bald sagen. Dort sind schwarzbunte Kühe zu sehen, die eine qualitativ hoch- wertige Milch geben, mit der der regionale Markt be- dient wird. Die Region könnte sich für Renate Künasts Wettbe- werb „Regionen aktiv“ bewerben. Doch in letzter Zeit wird auch in Withmarsum der Markt überschwemmt mit H-Milch – gemixt aus brasilianischem Leitungswasser und Milchpulver aus der Europäischen Union, hoch sub- ventioniert und deshalb extrem billig, sodass die With- marsumer Bauern nicht mehr mithalten können und bald vor dem Ruin stehen. Und ähnliche Vorgänge sind überall in der so genannten Dritten Welt zu sehen. Auch das, was mit Projekten der Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut wird – funktio- nierende ländliche Strukturen, die der Versorgung der Be- völkerung mit Grundnahrungsmitteln dienen –, wird durch Dumping aus Europa oder den USA wieder zerstört. Es gibt – und jetzt werden wir hoffentlich bald sagen können: es gab mit Blick auf die europäische Entwick- lungs- und Agrarpolitik ein erhebliches Kohärenzprob- lem: Was die eine Hand aufbaute, wurde von der anderen wieder eingerissen. Ich bin deshalb sehr froh, dass es gelungen ist, Agrar- und Entwicklungspolitiker an einen Tisch zu bekommen. Der Antrag, der heute eingebracht wird, ist ein Plädoyer für eine nachhaltige Agrarpolitik, die dem Umwelt- und Landschaftsschutz gerecht wird, den Verbraucherschutz berücksichtigt und weltweit zur Ernährungssicherheit, zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung, beiträgt. In der WTO wird ein neues Agrarabkommen verhan- delt. Die Vorschläge, die bisher auf dem Tisch liegen – be- sonders der Vorschlag des WTO-Landwirtschaftssekre- tärs Stuart Harbinson –, gehen in die falsche Richtung, weil sie sowohl die Agrarwende in Europa, den Trend hin zu einer nachhaltigen, umweltgerechten Landwirt- schaft, gefährden – als auch, weil sie den berechtigten Interessen der Entwicklungsländer nicht gerecht werden. Wir wollen, dass sich Deutschland aktiv dafür ein- setzt, dass sich auch die Europäische Kommission bei den WTO-Agrarverhandlungen noch weiter bewegt und einen überzeugenden Beitrag zur Überwindung des Hun- gers leistet. Die Kernforderungen unseres Antrags, bei dem Agrar- und Entwicklungspolitiker an einem Strang ziehen: drastischer Abbau der Agrarexportsubventionen (und zwar mit der Perspektive „auf null“), Schaffung an- derer Förderkulissen, die sich nicht handelsverzerrend auswirken. Wenigstens ein Teil der durch den Wegfall der Agrarexportsubventionen frei werdenden Gelder soll in die Entwicklungszusammenarbeit fließen – und zwar in die Stärkung der Landwirtschaft und die Weiterverar- beitung von Agrarprodukten in den Ländern, die am meisten unter Hunger zu leiden haben. Ja zu einer „deve- lopment box“ für die Entwicklungsländer, damit diese im Hinblick auf die Ernährungssicherung ihre Märkte schützen können vor dumping. Und schließlich: substan- zielle Öffnung unserer Märkte für Agrarprodukte aus den Entwicklungsländern. Wir möchten, dass sich die EU in diesem Sinne enga- giert und mit dazu beiträgt, dass die so genannte Doha- Runde wirklich zu einer Entwicklungsrunde wird. Es geht uns um eine Agrarwende weltweit, die sowohl un- sere Landwirtschaft als auch die Landwirtschaft in den Ländern des Südens auf eine solide Grundlage stellt – die sowohl hier als auch dort die Bauern in die Lage ver- setzt, das „täglich Brot“ zu liefern und die Menschen mit ausreichender und gesunder Nahrung zu versorgen. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Das Ergebnis der WTO-Verhandlungen gestaltet wichtige Bereiche des Agrar-Welthandels für die kommenden Jahre. Die Ver- antwortung aller Teilnehmer ist groß und sollte getragen werden vom gemeinsamen Interesse an einer einer glo- balen Entwicklung, die allen Menschen Zukunftsper- spektiven bietet. Im Interesse einer friedlichen und nachhaltigen Ent- wicklung weltweit wollen wir einerseits erreichen, dass Rahmenbedingungen erhalten werden, die eine flächen- deckende Landwirtschaft in Europa ermöglichen, und andererseits wollen wir den Entwicklungsländern den Zugang zu unseren Märkten öffnen und verhindern, dass in den ärmsten Ländern der Welt die eigenen bäuerlichen Strukturen durch subventionierte Importe zerstört wer- den. Dies ist ein äußerst schwieriger Balanceakt. Wir wollen den Hunger in der Welt mindern, das Recht auf Nahrung verwirklichen helfen, den Entwick- lungsländern mehr Chancen für Entwicklung durch Auf- bau einer eigenen Landwirtschaft geben. Gleichzeitig müssen wir dafür Sorge tragen, dass der Strukturwandel in unserer Landwirtschaft sich nicht weiter beschleunigt und mehr Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen ver- nichtet, als neue in den verschiedenen Wirtschaftsberei- chen geschaffen werden. Die Landwirtschaft wird, mit wenigen Ausnahmen, weltweit subventioniert. Das ist keine Entschuldigung für weitere Subventionen, aber dies muss beachtet wer- den, wenn an die eigene Landwirtschaft die Forderung gerichtet wird, auf staatliche Hilfen völlig zu verzichten. Die WTO-Verhandlungen brauchen einen fairen Aus- gleich der teilweise sehr unterschiedlichen Interessen der 145 WTO-Staaten. Nach Auffassung der FDP sollten folgende Ansätze verfolgt werden: Die Öffnung der Märkte soll einen besseren Wettbewerb ermöglichen und den Entwicklungsländern Zugang zu unseren Märkten verschaffen. Die EU will ihre hohen Standards in der Le- bensmittelsicherheit, im Umweltschutz und im Tier- schutz sichern; die Entwicklungsländer brauchen Schutzräume, um durch Verbesserung ihrer wirtschaftli- chen Strukturen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte zu erhöhen. Dies bedeutet für die WTO-Verhandlungen: Die han- delsverzerrenden Exportsubventionen, Schutzzölle, Marktbeschränkungen müssen sukzessive abgebaut wer- den. Dies muss für alle gelten, auch die von den USA unter dem Deckmantel der „De-Minimis-Regeln“ einge- führte Agrarförderung. Um die Europäischen Interessen durchzusetzen, braucht die EU eine starke Position. Da- 2476 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 (A) (C) (B) (D) her sollten wir bei der Reform der Agenda 2000 keine Vorleistungen erbringen, die bei den WTO-Verhandlun- gen nicht angerechnet werden. Das bedeutet, dass eine Beschlussfassung über die Fischler-Vorschläge erst er- folgen kann, wenn die WTO-Verhandlungen abgeschlos- sen sind. Die Harbinson-Vorschläge sind unausgewogen und daher ungeeignet, bei den WTO-Verhandlungen als Grundlage zu dienen. Ihre Umsetzung wäre das Ende der flächendeckenden, multifunktionalen Landwirtschaft in Europa. Wir brauchen Sonderregelungen für Entwick- lungsländer, die sich an deren Entwicklungsstand orien- tieren. Das Ergebnis der WTO-Verhandlungen wird an die Zukunft der Agrarförderung in Europa besondere Anfor- derungen stellen, denen die Reform der Agenda 2000 gerecht werden muss. Die FDP ist darauf vorbereitet. Wir haben mit unse- rem Modell einer Kulturlandschaftsprämie einen Vor- schlag zur Diskussion gestellt, der die Agrarförderung auf eine neue Grundlage stellt: Die staatliche Förderung der Landwirtschaft wird von der Produktion entkoppelt und vermeidet damit die Nachteile des bestehenden Sys- tems, die Leistungen der Landwirtschaft in der Kultur- landschaftspflege werden honoriert, die hohen europäi- schen Standards in der Lebensmittelsicherheit, im Umweltschutz und im Tierschutz finanziell abgegolten. Die Kulturlandschaftsprämie ist der Grünen Box zuzu- rechnen und unterliegt damit nicht den Abbauverpflich- tungen, die für die Blaue Box gelten. Gleichzeitig ge- winnen Landwirte ein Stück Unabhängigkeit von politischen Entscheidungen – dem größten Risiko, dem landwirtschaftliche Unternehmer heute begegnen müs- sen. Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Die WTO-Agrarverhandlungen sind in eine entscheidende Phase getreten. Bis Ende März 2003 sollen in Genf die Grundsatzentscheidungen über die weiteren Liberalisierungsverpflichtungen im Landwirtschaftsbereich fallen. Die Agrarverhandlungen sind Teil der laufenden Welthandelsrunde. Diese ist ex- plizit als eine so genannte Entwicklungsrunde – Doha Development Agenda – vereinbart worden. Noch ist of- fen, ob sie diesem Anspruch auch gerecht wird. Klar ist allerdings, dass die Agrarverhandlungen als ein Schlüs- selthema für Erfolg oder Misserfolg der gesamten Runde anzusehen sind. Aus meiner Sicht müssen deshalb zwei Ziele gleich- rangig im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen: Zum Einen geht es darum, die internationale Agrarpo- litik und den Agrarhandel kohärent zu den Zielen einer Neuorientierung der Landwirtschaft und der Lebensmit- telproduktion in Europa zu organisieren. Die Ergebnisse dürfen also nicht dem widersprechen, was wir bei uns und in Europa auf den Weg gebracht haben oder bringen wollen. In den Mittelpunkt der deutschen und europäi- schen Agrarpolitik rücken dabei mehr und mehr die ge- sellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft für Tier- und Umweltschutz, für Verbraucherschutz und Qualitätsproduktion sowie für die Entwicklung ländlicher Räume. So ist eine Stärkung des Verbraucherschutzes er- forderlich, ich nenne nur die Stichworte „klare Regeln zum Vorsorgeprinzip“ und „stringente Kennzeichnungs- regeln mit Auskünften über Produktionsprozesse“. Zum Anderen müssen die Ergebnisse der Agrarver- handlungen in Einklang mit den Bemühungen der Staa- ten stehen, ihre Entwicklungsziele zu erreichen. So muss das Recht auf Nahrung sowie das Ziel, die Zahl der Hun- gernden bis zum Jahr 2015 mindestens zu halbieren, durch die Beschlüsse im Rahmen der WTO befördert werden. Die Stichworte, um eine erfolgreiche Verhandlung zu führen, sind hierbei folgende: Das Ergebnis der Verhandlungen muss zu einem ge- rechten Interessenausgleich zwischen Nord und Süd bei- tragen, muss zu einer vermehrten Marktöffnung auch für Agrarprodukte aus Entwicklungsländern führen, um neue Einkommensmöglichkeiten für diese zu schaffen, muss zum Abbau von Agrarexportsubventionen und ver- gleichbaren Förderinstrumenten von Industrieländern beitragen, muss besondere Regeln schaffen zum Schutz des ländlichen Raums in Entwicklungsländern, Stich- wort „Development Box“. Dies gilt vor allem für die ärmsten Entwicklungsländer. Doch auch Schwellenlän- der werden, angesichts gewaltiger Handelsbilanzdefizite zu ihren Ungunsten, hart für ihre Interessen streiten. Wer hier nicht kompromissfähig ist, nimmt in Kauf, das die ganze WTO-Runde zum Scheitern verurteilt ist. Der Bundeskanzler hat in Johannesburg die Bedeu- tung der WTO-Verhandlungen in seiner Rede aufgegrif- fen und Folgendes gesagt: „Mindestens so wichtig wie Finanzmittel ist der freie und ungehinderte Zugang der Entwicklungsländer zu den Weltmärkten. Dazu gehört ausdrücklich auch der Abbau von marktverzerrenden Subventionen im Agrar- bereich.“ Deshalb müssen Exportsubventionierungen der In- dustrieländer zügig reduziert werden mit dem Endziel ei- ner kompletten Abschaffung. Wenn wir eine doppelte Agrardividende erzielen wollen, tun wir gut daran, die frei werdenden Mittel auch für die Förderung ländlicher Entwicklung in Entwicklungsländer einzusetzen. Die Äußerungen des französischen Staatspräsidenten Chirac, der in diesem Zusammenhang auf dem Afrika- Gipfel ausdrücklich auf die Problematik der Exportstüt- zungen der entwickelten Länder, so auch der EU, hinge- wiesen hat, sollten eine Ermunterung sein, dieses Instru- ment ebenso zu verhandeln wie den Abbau von ähnlichen Instrumenten, von den Exportkrediten bis zu problematischen Formen der Nahrungsmittelhilfe. Wir alle wissen, dass Dumping von Agrarprodukten mithilfe unterschiedlicher Instrumente erfolgen kann. Ein EU-Vorschlag auf dem kommenden G-8-Gipfel zur Bekämpfung des Hungers böte hier die Chance einer doppelten Dividende: einerseits der Abbau von Agrarex- porterstattungen und zum Anderen die Stärkung der Ent- wicklungshilfe für die besonders vom Hunger betroffe- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 2477 (A) (C) (B) (D) nen ländlichen Räume in Entwicklungsländern. Wie Kompromisse bei den Agrarverhandlungen aussehen können, steht noch in den Sternen. Der vorliegende Vor- schlag – das so genannte Harbinson-Modalitäten-Papier – ist trotz einiger guter Ansätze jedenfalls nicht ausrei- chend, weder bezogen auf die Landwirtschaft in Ent- wicklungsländern noch auf eine multifunktional ausge- richtete Landwirtschaft in Deutschland und Europa. Der Entwurf wird dem Leitbild einer global nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft nicht gerecht. Er ge- fährdet das europäische Modell einer multifunktionalen, flächendeckenden Landwirtschaft. Die von der EU ver- folgten nicht handelsbezogenen Anliegen werden völlig unzureichend reflektiert, zum Beispiel die Verankerung des Vorsorgeprinzips und der Tierschutz. Der Gedanke, Umweltschutz und moderne Agrarpolitik miteinander zu verknüpfen, fällt hinten runter. Während er auf der einen Seite deutliche Einschnitte bei Zöllen, Exportsubventionen und Stützungsmaßnah- men vorgesehen sind, was unvermeidlich und richtig ist, sind auf der anderen Seite die Forderungen an die USA oder andere Industrieländer mehr als moderat ausgefallen. Die Sonderregelungen für Entwicklungsländern sind grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn sie im Detail noch nicht genügend im Hinblick auf den unterschiedli- chen Entwicklungsgrad der Länder differenziert sind. Bei aller Skepsis gegenüber dem vorliegenden Ent- wurf müssen wir jedoch bedenken, dass es einen Erfolg der gesamten WTO-Runde nur dann geben kann, wenn alle Beteiligten – also auch die EU – im Agrarbereich nicht unerhebliche Zugeständnisse machen. Wir müssen also weiter konstruktiv an einer Einigung arbeiten. Die Bundesregierung setzt sich für einen Erfolg der WTO-Verhandlungen ein. Die Verhandlungen müssen aber zu einem ausgewogenen Ergebnis führen. Am Ende der WTO-Verhandlungen muss eine Balance zwischen Handelsliberalisierung und berechtigten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anliegen aller WTO-Partner ge- funden werden. Wir wollen ein Verhandlungsergebnis erzielen, das unseren gemeinsamen Leitvorstellungen ei- ner global nachhaltig wirtschaftenden Landwirtschaft unter Berücksichtigung aller berechtigten handels- und nicht handelsbezogenen Anliegen gerecht wird. 31. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 13. März 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)



    Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!
    Nach den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen
    hat die Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Frau
    Merkel, die gewachsene Verantwortung – –


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Daraus hätten Sie lernen sollen!)


    – Ich kann noch nicht einmal den ersten Satz zu Ende
    bringen, da reden Sie schon dazwischen, Herr Glos!
    Wenigstens einen halben Satz sollten Sie zur Kenntnis
    nehmen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Frau Merkel hat also die gewachsene Verantwortung
    der unionsregierten Länder im Bundesrat herausgestellt
    und betont, die Union werde mit dem Votum der Wähle-
    rinnen und Wähler achtsam und sorgsam umgehen.
    Wörtlich haben Sie von einer verantwortungsvollen Poli-
    tik gesprochen, die von der Union zu erwarten sei.

    Auch aus den unionsregierten Ländern war Entspre-
    chendes zu hören. Ministerpräsident Koch hat in diesem
    Zusammenhang gesagt, er wolle Kontrolle ausüben statt
    Blockade betreiben. Ministerpräsident Stoiber hat kon-
    struktive Verbesserungsvorschläge zu den Gesetzesvor-
    lagen der Bundesregierung angekündigt.

    Alles dies schien auf eine konstruktive Haltung der
    CDU/CSU-Opposition schließen zu lassen, die dem
    Thema auch angemessen ist. Denn bei allem politischen
    Streit um die richtigen Konzepte dürfen wir eines nicht
    aus den Augen verlieren: Die Neugestaltung der Zuwan-
    derung ist eine Forderung im besonderen, herausgehobe-
    nen Interesse unseres Landes und von hoher Bedeutung
    für den inneren Frieden und die Zukunft unseres Landes.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nun haben wir aber im Bundesrat, der sich im Rah-
    men einer Stellungnahme zunächst mit dem Regierungs-
    entwurf zu befassen hatte, gerade erfahren müssen, dass

    es nicht weit her ist mit der angeblich verantwortungs-
    vollen Politik. Denn das, was wir dort erleben mussten,
    war doch genau das Gegenteil dessen, was von Ihnen an-
    gekündigt worden ist. Von Bayern wurde beispielsweise
    im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates ein Antrag
    vorgelegt, in dem in aller Bräsigkeit verlangt wurde, den
    Gesetzentwurf insgesamt abzulehnen. Auch wenn der
    Antrag dort keine Mehrheit gefunden hat, ist doch zu
    fragen, was damit bezweckt werden sollte.


    (Franz Müntefering [SPD]: Wohl wahr!)


    Das kann doch wohl keine verantwortungsvolle Politik
    gewesen sein.

    Im Innenausschuss des Bundesrates hat die Bayeri-
    sche Staatsregierung Änderungsanträge in einem Um-
    fang von rund 150 Seiten vorgelegt. Garniert wurde das
    Ganze mit plumpen „Grün raus, Schwarz rein“-Forde-
    rungen meines Kollegen Günther Beckstein. Wenn nun
    kein einziger – das ist zu beachten – dieser verschärfen-
    den Änderungsanträge in die Stellungnahme des Bundes-
    rates aufgenommen wurde – beachten Sie das bitte! –, so
    ist dies leider nicht auf Ihre bessere Einsicht zurückzu-
    führen, sondern allein auf die FDP – da will ich die Leis-
    tung der FDP anerkennen; ein Teil der Opposition in Ge-
    stalt der FDP nimmt ihre Verantwortung wahr –, die das
    verhindert hat. Hätten die unionsregierten Länder diese
    Anträge zur Abstimmung kommen lassen, so hätten sie
    eine deutliche Abstimmungsniederlage erlitten. Das wis-
    sen Sie doch. Deshalb haben Sie diese erst gar nicht zur
    Abstimmung gestellt.

    Anstatt dies nun zum Anlass zu nehmen, sich an dem
    Gesetzgebungsverfahren wieder sachorientiert zu betei-
    ligen, hat der Kollege Bosbach gleich am 15. Februar
    dieses Jahres gegenüber der Nachrichtenagentur ddp an-
    gekündigt, seine Fraktion werde sämtliche Änderungs-
    anträge des Bundesrates in die parlamentarischen Bera-
    tungen des Bundestags wieder einbringen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Bosbach ist ein guter Mann!)


    Sieht man sich diese Änderungsanträge genauer an, so
    ist festzustellen, dass es sich nahezu ausnahmslos um
    Anträge handelt, die bereits Gegenstand der Beratungen
    im vorausgegangenen Gesetzgebungsverfahren waren.


    (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das ist doch das gleiche Gesetz!)


    Unter diesen Anträgen befinden sich auch solche, die
    seinerzeit nicht einmal im Plenum des Bundesrates eine
    Mehrheit gefunden hatten, sowie solche, die im Laufe
    des früheren Gesetzgebungsverfahrens bereits in den
    jetzt vorliegenden Gesetzentwurf eingearbeitet worden
    sind.

    Herr Bosbach, mit dieser Flut von Änderungsanträgen
    wird ein Änderungsbedarf suggeriert, der in Wirklichkeit
    überhaupt nicht besteht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie zeigen sich entrüstet darüber, dass wir den Gesetz-
    entwurf inhaltlich unverändert erneut eingebracht haben,






    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesminister Otto Schily
    und versuchen den Anschein zu erwecken, als ob sich
    die Bundesregierung überhaupt nicht bewegt habe, er-
    wähnen aber nicht, dass wir der Union bereits in vielen
    Punkten weit entgegengekommen sind.


    (Rüdiger Veit [SPD]: Zu weit!)


    – Zu weit sind wir nicht entgegengekommen. Das
    stimmt nun wieder nicht, Rüdiger Veit.


    (Heiterkeit bei der SPD)


    Der aktuelle Gesetzentwurf ist aber bereits ein Kompro-
    miss – auch mit Rüdiger Veit; denn wir haben schon im
    ersten Gesetzgebungsverfahren zahlreiche Änderungen
    vorgenommen, mit denen wir – ich wiederhole – den
    Vorstellungen der Opposition weit entgegengekommen
    sind.

    Von der Bayerischen Staatsregierung ist jedoch noch
    eine Reihe neuer Änderungsanträge formuliert worden,
    die das Staatsangehörigkeitsrecht betreffen und darauf
    abzielen, die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts aus
    dem Jahre 1999, die europaweit als historischer Schritt
    gelobt und anerkannt wird, rückgängig zu machen. Das
    werden wir nicht mitmachen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Diese Haltung hat mit dem Zuwanderungsgesetz wahr-
    haft nichts zu tun. Die Diskussion über das Staatsbürger-
    schaftsrecht ist im Jahr 1999 geführt und abgeschlossen
    und dann ist – ich betone – mit breiter Mehrheit ent-
    schieden worden. Jetzt versuchen Sie, die Verhandlungs-
    masse – taktisch ist das vielleicht günstig – zu vergrö-
    ßern, um die Konsensfindung zu erschweren oder gar
    unmöglich zu machen.


    (Hans-Peter Kemper [SPD]: So sind sie!)


    Das kann ja wohl keine verantwortungsvolle Politik
    sein. Man kann sich angesichts dessen des Eindrucks
    kaum erwehren, dass zumindest ein Teil der Union zwar
    nach außen hin von Verantwortung spricht, in Wirklich-
    keit aber Blockade meint.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    In dieses Bild passen auch die Überlegungen, die der
    bayerische Innenminister Beckstein am 6. Februar dieses
    Jahres gegenüber der „Rheinischen Post“ geäußert hat.
    Er hat dabei angekündigt, dass CDU und CSU ihr bishe-
    riges Kompromissangebot aus den gescheiterten Ver-
    handlungen vor einem Jahr zurückziehen werden. Die
    Bundesregierung und die rot-grüne Koalition müssten
    der Union weiter entgegenkommen, als es noch im ver-
    gangenen Jahr erwartet worden sei. Das heißt doch im
    Klartext nichts anderes als Sie wollen partout keinen
    Kompromiss. Das ist die Realität.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich habe bereits im Bundesrat dargelegt, dass wir im
    Streit um das Zuwanderungsgesetz nur dann einen Kom-
    promiss erreichen können, wenn sich in diesem Kom-
    promiss alle politischen Kräfte, die hier vertreten sind,
    wiederfinden können. In diesem Kompromiss müssen

    also auch die Position der Grünen und die Position der
    FDP ausreichend Berücksichtigung finden. Sie glauben
    doch wohl nicht, dass wir hier nur ein irgendwie
    „schwarz angemaltes“ Gesetz zustande bringen können.
    Das kann nicht gehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Noch nicht einmal das! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die kriegen ja gar keines zustande!)


    Glauben Sie mir: Auf eine Taktik, die jenseits von Sach-
    argumenten versucht, die Koalitionspartner gegeneinan-
    der auszuspielen,


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist nicht mehr nötig!)


    werden wir nicht hereinfallen. Ich frage Sie daher, was
    die Union anstrebt: verantwortungsvolle Politik oder
    Blockade? Sie müssen sich zwischen diesen beiden Al-
    ternativen entscheiden.

    Es hat ohnehin den Anschein, dass Sie von der Union
    sich über das, was Sie eigentlich wollen, gar nicht so
    recht einig sind, weil Sie sich nicht mit der Sache ausei-
    nander setzen, sondern nur krampfhaft Vorwände für
    Ihre Verweigerungshaltung suchen. Auch daher wider-
    sprechen Sie sich ständig gegenseitig.

    Ich kann dafür einige Beispiele nennen. Ministerprä-
    sident Stoiber hat in einem „Stern“-Interview vom
    20. Februar 2003 geäußert, dass er nur eine kleine Lö-
    sung mit einem Kompromiss über praktische Verbesse-
    rungen bei der Integration, beim Nachzugsalter von Kin-
    dern und beim wissenschaftlichen Austausch für
    möglich hält. Eine umfassende Regelung komme erst
    dann in Betracht, wenn die Union wieder Regierungsver-
    antwortung trage. Da können Sie lange warten!


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Für Ministerpräsident Müller hingegen, so war am
    24. Februar 2003 in der „Welt“ zu lesen, ist schwer vor-
    stellbar – hören Sie bitte zu! –, dass es Teilkompro-
    misse, etwa über das Nachzugsalter oder über die Zu-
    wanderung in den Arbeitsmarkt, gebe und die übrigen
    Bereiche ungeregelt im Streit verblieben.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)


    Stoiber also auf der einen Seite, Müller auf der anderen.

    Demgegenüber hat Herr Bosbach nach einer Presse-
    meldung der „Stuttgarter Zeitung“ vom 28. Februar 2003
    angekündigt, dass die Union einen eigenen Entwurf für
    ein Integrationsgesetz vorlegen werde, falls die Regie-
    rung dies nicht tun werde, da sie die Differenzen in der
    Zuwanderungsfrage nicht für überwindbar halte. Also ist
    auch er nur für eine kleine Lösung. Dazu hatte Minister-
    präsident Müller in der „Welt“ bereits festgestellt: Auch
    eine von der Zuwanderung losgelöste Einigung über ein
    eigenständiges Integrationsgesetz sei nicht die beste Lö-
    sung; Zuwanderung und Integration gehörten zusammen.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesminister Otto Schily
    Dem kann ich nur zustimmen. Wir sind doch einver-
    nehmlich der Meinung, dass die Zuwanderung nach
    Deutschland derzeit weitgehend ungesteuert verläuft und
    dass wir eine qualitative Änderung benötigen. Ohne
    Neugestaltung des Zuwanderungsrechts bliebe es beim
    gegenwärtigen Rechtszustand und in bestimmten Berei-
    chen bei einer Zuwanderung, die wir in dieser Form und
    Qualität nicht wollen. Würden wir tatsächlich nur ein In-
    tegrationsgesetz verabschieden, hätte dies zur Folge,
    dass letztlich auch diejenigen an den mit hohem finanzi-
    ellen Aufwand getragenen Integrationsmaßnahmen
    partizipieren würden, deren Zuzug nach Deutschland wir
    eigentlich unterbinden wollen. Ohne Umsteuerung
    bliebe es außerdem bei dem unvermittelten Zuzug in die
    Sozialsysteme, der doch gerade von Ihnen ständig be-
    klagt wird. Sie beklagen einen Zustand, wollen ihn aber
    nicht verändern. Das ist die Realität, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Darauf hat dankenswerterweise auch die Frau Kolle-
    gin Werwigk-Hertneck hingewiesen. Sie hat in diesem
    Zusammenhang deutlich gemacht, dass die Union min-
    destens eine erhebliche Mitverantwortung für den ge-
    genwärtigen Rechtszustand habe.

    Wollen wir diese negative Entwicklung künftig ver-
    meiden, so müssen wir den Zuzug nach Deutschland
    qualitativ verändern und zugleich die Zuwanderer umge-
    hend in unsere Gesellschaft integrieren. Deshalb ist der
    so oft wiederholte Satz richtig: Zuwanderung und Inte-
    gration sind zwei Seiten einer Medaille. Wir müssen das
    eine tun und dürfen das andere nicht lassen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Beides ist erforderlich: Es bedarf sowohl einer Neuge-
    staltung des Zuwanderungsrechts als auch des Aufbaus
    einer umfassenden Integrationsförderung.

    Dass der Bedarf nach einer grundlegenden Moderni-
    sierung des Zuwanderungsrechts besteht, darüber dürfte
    nicht nur unter den Fachleuten uneingeschränkte Einig-
    keit bestehen. Das gilt aber auch für die wesentlichen In-
    halte einer modernisierten Zuwanderungskonzeption,
    wie die eingehende Diskussion der vergangenen zwei
    Jahre bewiesen hat. Dies bestätigen in gleicher Weise die
    Ergebnisse der Süssmuth-Kommission und der Müller-
    Kommission, die von den Parteien vorgelegten Konzepte
    und die zahlreichen Äußerungen von der Wirtschaft über
    die Gewerkschaften bis hin zu den Kirchen.

    Auch Ministerpräsident Müller – um ihn noch einmal
    zu zitieren – hat im „Focus“ vom 13. Januar dieses Jah-
    res erneut betont, dass wir dringend eine Reform der Zu-
    wanderung brauchen. Er hat warnend hinzugefügt: „Eine
    Strategie, die Kompromisse ausschließt, ist verantwor-
    tungslos.“


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    In dem Gesetzentwurf, den die Bundesregierung vor-
    gelegt hat, sind – ich will das noch einmal wiederholen –
    die Vorstellungen der Union bereits in einem großen

    Umfang berücksichtigt. Die Unterschiede in den stritti-
    gen Punkten sind daher bei weitem nicht so groß, wie sie
    manchmal dargestellt werden. Ich will das an einigen
    Punkten illustrieren, die von Ihnen, von der Union, mit
    steter Regelmäßigkeit aufgegriffen werden.

    Es wird permanent behauptet, dass in § 1 zwar die
    Begrifflichkeit der Zuwanderung enthalten sei, diese
    aber nicht im gesamten Gesetzentwurf konsequent
    durchgehalten werde. Das gelte vor allem für die Zuwan-
    derung zum Arbeitsmarkt. Wir haben in dem Gesetzent-
    wurf den Zugang für ausländische Arbeitskräfte in syste-
    matischer und nicht nur in quantitativer Hinsicht völlig
    neu gestaltet, weg von einem sehr komplizierten Verfah-
    ren, das uns behindert, hin zu einer marktwirtschaftli-
    chen Systematik, die strikt am Bedarf orientiert ist; das
    betone ich. Hierzu war es erforderlich, den so genannten
    Anwerbestopp in Teilen aufzuheben.

    Zu behaupten, dass damit eine Gefährdung des hiesi-
    gen Arbeitsmarktes verbunden sei, ist schlicht unwahr –
    um nicht eine härtere Formulierung zu verwenden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    An dieser Stelle will ich einen Satz von Frau Rita
    Süssmuth zitieren. Sie hat gesagt, sie habe in ihrem gan-
    zen politischen Leben noch nie ein so hohes Maß an
    Desinformation erlebt, wie es von Ihnen, der Unions-
    fraktion, über das Zuwanderungsgesetz verbreitet werde.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das schreiben Sie sich einmal hinter die Ohren!


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Erstens ist der so genannte Anwerbestopp bereits im
    geltenden Recht durch zahlreiche Ausnahmen aufge-
    weicht. Ich empfehle einen Blick in die Anwerbestopp-
    ausnahmeverordnung. Das neue System befreit lediglich
    davon, diese Verordnung permanent zu ändern, wenn sich
    am Arbeitsmarkt veränderte Mangellagen herausbilden.

    Zweitens haben wir den Anwerbestopp für nicht oder
    nur gering Qualifizierte bewusst aufrechterhalten. Das
    ist ein Bereich, dem ein großer Teil unserer inländischen
    Arbeitslosen zuzuordnen ist, sodass entsprechende Ar-
    beitsplätze grundsätzlich aus dem vorhandenen Arbeits-
    kräftepotenzial besetzt werden können.

    Drittens ist sichergestellt, dass Zuwanderung in den
    deutschen Arbeitsmarkt nur dann – und nur dann – statt-
    finden kann, wenn alle vorhandenen Möglichkeiten
    ausgenutzt worden sind, die zur Verfügung stehenden
    Arbeitsplätze mit denjenigen zu besetzen, die in
    Deutschland ohne Arbeit sind.

    Ich glaube, Sie haben das inzwischen auch eingesehen;
    denn Sie haben die Aufrechterhaltung des Anwerbe-
    stopps in Ihrer Göttinger Erklärung vom 11. Januar 2003
    nicht mehr erwähnt, sondern formuliert – ich zitiere –:

    Zuwanderung kann es nur für Fachkräfte geben, die
    am deutschen Arbeitsmarkt nicht in ausreichender
    Zahl zur Verfügung stehen.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesminister Otto Schily
    Das ist der Inhalt unseres Gesetzes.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben das, was Sie formulieren, bereits in unser Ge-
    setz geschrieben.

    Nun führen Sie dagegen immer wieder an, dass die
    uneingeschränkte Geltung des Vorrangprinzips nicht zu-
    treffen, weil es beim Punktesystem auf ein konkretes
    Arbeitsplatzangebot gar nicht ankomme. Das stimmt,
    weil es sich bei dieser Variante um ein angebotsorientier-
    tes Verfahren handelt, das allerdings nur in Kraft treten
    kann, wenn Bundesrat und Bundestag zustimmen.

    Ich muss Sie aber erinnern: Sie haben das selbst ge-
    wollt. Vielleicht ist Ihnen das gar nicht mehr in Erinne-
    rung, aber im Beschluss des Bundesausschusses der
    CDU Deutschlands, Ihrem so genannten kleinen Partei-
    tag, vom 7. Juni 2001, der auf der Grundlage der Ergeb-
    nisse der Müller-Kommission gefasst wurde, heißt es:

    Der vorhandene Bedarf an Fachkräften wird unter
    Beachtung des Vorrangs von Ausbildung und Qua-
    lifikation jährlich festgestellt. Dadurch entfällt die
    Notwendigkeit einer Subsidiaritätsprüfung im kon-
    kreten Einzelfall.

    Das ist doch das Punktesystem, das Sie hier beschreiben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist nichts anderes als die Festsetzung einer jähr-
    lichen Höchstzahl.

    Ich zitiere weiter:

    Die Auswahl der betreffenden Personen erfolgt so-
    dann auf der Basis eines Punktesystems,

    – Sie haben gerade protestiert, es sei kein Punktesystem;
    hier steht es aber –

    das nach Alter, Schulausbildung, Beruf, Sprach-
    kenntnissen, Berufserfahrung … differenziert.

    Das entspricht auch unserem Punktesystem, das wir im
    Gesetz festgelegt haben.


    (Franz Müntefering [SPD]: Ihr müsst das lesen! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir haben es vorgeschlagen, wir müssen es nicht lesen!)


    Auch andere Einwände, die Sie erheben, sind weit
    hergeholt und dienen nur dazu, das Gesetzgebungsver-
    fahren zu verhindern. – Ich blicke auf die Uhr und sehe,
    dass ich nicht alle Punkte ansprechen kann.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)


    – So ist es. Wenn Sie mir noch mehr Redezeit geben
    wollen, können Sie das gern tun. Sie können diese Zeit
    dann von Ihrer Redezeit abziehen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Der Herr Schmidt macht das!)


    Wir stehen jetzt vor der Wahl, ob wir es bei dem ge-
    genwärtigen Rechtszustand belassen oder nicht. Das ist

    die eigentliche Frage. Sie müssen wissen, was Sie tun
    und was Sie lassen.


    (Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])


    Bei allem Streit um das richtige Zuwanderungsgesetz
    sollten wir uns immer die Fragen stellen: Was passiert,
    wenn wir keinen Konsens erreichen?


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Was haben Sie dafür getan?)


    Ist der Kompromissvorschlag, den wir hier vorlegen,
    nicht doch sehr viel besser als der gegenwärtige Rechts-
    zustand? Ohne Konsens bliebe alles beim Alten. Ich will
    Ihnen sagen, was das hieße: keine Steuerung und Quali-
    fizierung der Zuwanderung – das ist der gegenwärtige
    Rechtszustand –, keine Begrenzungsmechanismen, kei-
    ne Berücksichtigung unserer eigenen wirtschaftlichen
    Interessen, unverminderter Zuzug in die Sozialsysteme,
    keine Straffung und Beschleunigung der Asylverfahren,
    keine Instrumente zur effektiven Durchsetzung der Aus-
    reise gegenüber ausreisepflichtigen Personen, keine Ver-
    einfachung und Entbürokratisierung des Ausländer-
    rechtes, keine Bündelung der Behördenorganisation,
    keine Regelungen für Selbstständige in Deutschland,
    die Arbeitsplätze schaffen würden, keine Bleibemög-
    lichkeiten für qualifizierte und in Deutschland bestens
    integrierte ausländische Studienabsolventen, keine För-
    derung des Wissenschaftstransfers und des Studien-
    standorts Deutschland, ungelöste Integrationsprobleme,
    ein Kindernachzugsalter von 16 Jahren usw. All das läge
    in Ihrer Verantwortung, wenn der Zustand, den Sie sel-
    ber beklagen, so bliebe. Das müssten Sie dann vor den
    Wählerinnen und Wählern vertreten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich biete Ihnen nach wie vor einen vernünftigen Kom-
    promiss an. Nach meinen bisherigen Erfahrungen bin ich
    aber leider nicht sehr zuversichtlich, dass es uns in den
    Beratungen des Bundestages gelingt, einen Kompromiss
    zu finden. Aber vielleicht ist es Ihnen im stillen Käm-
    merlein des Vermittlungsausschusses möglich, Ihre Vor-
    behalte zu überwinden und die Vernunft wieder zu ent-
    decken, die man in der Politik braucht. In dem Sinne
    bleibe ich ein Optimist.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


Ich erteile das Wort dem Kollegen Wolfgang
Bosbach, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Bosbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)



    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debat-
    tieren heute über die Wiederauflage eines Gesetzent-
    wurfs der Bundesregierung zur völligen Umgestaltung






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wolfgang Bosbach
    des geltenden Ausländerrechts mit dem Ziel, Deutsch-
    land zu einem klassischen, zu einem multikulturellen
    Einwanderungsland zu machen. Wir wollen keine multi-
    kulturelle Gesellschaft. Wir wollen nicht mehr Zuwan-
    derung, sondern mehr Integration. Wir wollen gerne der
    uns zugewachsenen größeren Verantwortung gerecht
    werden. Deshalb lehnen wir das Gesetz ab.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Deutschland ist kein klassisches Einwanderungsland.
    Wir können es aufgrund unserer historischen, geographi-
    schen und gesellschaftlichen Gegebenheiten auch nicht
    werden. Dabei geht es nicht um die Frage: Zuwanderung
    ja oder nein? Diese Frage wäre einigermaßen albern. Wir
    hatten in der Vergangenheit Zuwanderung und wir haben
    sie zurzeit. Wir hatten nach dem Zweiten Weltkrieg Zu-
    wanderung wie kein anderes Land auf dieser Erde. Wir
    werden sie auch in Zukunft aufgrund der EU-Freizügig-
    keit, der Möglichkeit des Familiennachzugs oder aus hu-
    manitären Gründen haben. Es geht darum, ob die mit
    diesem Gesetz geplante erhebliche Ausweitung der Zu-
    wanderung nach Deutschland dem Interesse unseres
    Landes dient. Genau das ist nicht der Fall.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie da erzählen! – Rüdiger Veit [SPD]: Sie reden wider besseres Wissen!)


    Wir haben keinen Mangel an Zuwanderung, sondern
    wir haben einen erkennbaren Mangel an Integration.
    Deshalb ist nicht mehr Zuwanderung, sondern mehr In-
    tegration das Gebot der Stunde.


    (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wo waren denn Ihre Bemühungen?)


    Bei der Zuwanderung gehen Sie zu weit und bei der Inte-
    gration bei weitem nicht weit genug.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die Regierung weiß genau, dass und warum die
    Union dieses Gesetz ablehnt. Wenn Sie es dennoch wort-
    wörtlich wieder einbringen, dann ist das der schlagende
    Beweis dafür, dass es Ihnen im Gegensatz zu allen öf-
    fentlichen Erklärungen nicht um einen Kompromiss mit
    der Union, sondern um Konfrontation geht,


    (Widerspruch bei der SPD)


    weil Sie offensichtlich darauf spekulieren, im Bundesrat
    die unionsgeführten Bundesländer auseinander dividie-
    ren zu können.


    (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


    Dieses Bemühen wird ebenso scheitern wie der unappe-
    titliche Versuch, mithilfe eines vorsätzlichen, eines
    wohlkalkulierten Verfassungsbruchs das Gesetz durch
    den Bundesrat zu peitschen.


    (Widerspruch bei der SPD)


    Das ist auch gut so.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dieses Gesetz würde die Zuwanderung nicht besser
    steuern, als es derzeit möglich ist. Es gibt nämlich über-
    haupt keine Beschränkung. Jeder, der nach geltendem
    Recht kommen kann, könnte auch nach dem neuen
    Recht kommen. Herr Schily hat von dieser Stelle aus
    kein einziges Beispiel dafür genannt, welche Gruppe zu-
    künftig nicht mehr oder nicht in dem Umfang, wie es
    derzeit möglich ist, kommen kann. Er kann ein solches
    Beispiel auch nicht nennen, weil er weiß, dass das, was
    er gesagt hat, in weiten Teilen nicht das ist, was im Ge-
    setz steht. Das lassen wir ihm nicht durchgehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    Dieses Gesetz gibt Steuerungsinstrumente auf. Es wird
    die Steuerung nicht erleichtern, sondern erschweren.

    Das beliebteste Argument für das Gesetz – auch heute
    wieder vorgetragen – lautet: Alle gesellschaftlich rele-
    vanten Gruppen sind dafür: die Kirchen, die Arbeitge-
    ber, der DGB und Frau Süssmuth.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Unanständig!)


    Bei dieser Aufzählung fehlt allerdings eine gesellschaft-
    lich relevante Gruppe, die für die Union eine große Be-
    deutung hat. Das ist die Bevölkerung der Bundesrepu-
    blik Deutschland.


    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    80 Prozent – –


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Nicht die Bevölkerung, sondern das deutsche Volk! – Zurufe von der SPD)


    – Herr Schily, wäre ich in punkto Zwischenrufe – ge-
    nauer gesagt: in punkto Pöbelei – nur halb so empfind-
    lich, wie Sie zu Beginn Ihrer Rede waren, dann müsste
    ich hier schon längst explodiert sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Weil die Regierung genau weiß, welche Haltung die
    Bevölkerung hat


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, das deutsche Volk! – Michael Glos [CDU/CSU]: Warum sprichst du nicht vom deutschen Volk?)


    – über 80 Prozent der Bevölkerung wollen nicht mehr
    Zuwanderung –, versucht sie, fälschlicherweise den Ein-
    druck zu erwecken, als würde die Zuwanderung durch
    dieses Gesetz reduziert.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Lüge!)


    Nur ein Beispiel aus dem berüchtigten Desinformations-
    blatt der Bundesregierung:

    Weniger Zuwanderung

    Das Gesetz wird die Zahl der Zuwanderer deutlich
    verringern. Als Zuwanderer werden nur noch Men-
    schen kommen, die in Deutschland eine Perspektive
    haben und Chancen als qualifizierte Arbeitskräfte
    geboten bekommen.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wolfgang Bosbach
    Das ist die glatte Unwahrheit; das wissen Sie.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Immerhin hat die damalige Staatssekretärin des In-
    nenministers, die Kollegin Sonntag-Wolgast, zugegeben,
    dass diese Aussage falsch ist; allerdings ist sie jetzt keine
    Staatssekretärin mehr.


    (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Was?)


    – In der Sendung „Münchener Runde“ am 25. März
    2002 haben Sie vor dem deutschen Fernsehpublikum ge-
    sagt, die Zuwanderung werde sich ausweiten, wenn auch
    nicht gravierend. Das ist das Gegenteil dessen, was in
    dieser Broschüre steht und wofür der deutsche Steuer-
    zahler 2,6 Millionen Euro bezahlen musste.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Erneut soll die Bevölkerung über die gesellschaftli-
    chen Folgen eines Gesetzes getäuscht werden – wie
    beim Staatsangehörigkeitsrecht auch. Sie haben es ge-
    rade selbst erwähnt. Herr Schily, Sie haben in der De-
    batte im Mai 1999 gesagt:

    Weil Sie das Thema Doppelpass angesprochen ha-
    ben: Ich darf Sie bitten – das meine ich sehr ernst –,
    zur Kenntnis zu nehmen, dass es mir wahrlich nicht
    um die Herbeiführung möglichst vieler doppelter
    Staatsbürgerschaften geht. Das ist nicht unser Ziel.
    Ich bin sogar der Meinung, dass doppelte Staatsbür-
    gerschaften vermieden werden sollten.

    Der Kollege Westerwelle – es tut mir Leid, Herr
    Westerwelle, dass ich dies hier ansprechen muss; Sie ha-
    ben Jürgen Möllemann am Bein und das ist die politi-
    sche Höchststrafe für jeden Liberalen –


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)


    hat in derselben Debatte wortwörtlich gesagt: „Der Dop-
    pelpass ist vom Tisch.“ Von wegen vom Tisch! Ihr Ge-
    setz zur Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts war
    ein Konjunkturprogramm für doppelte Staatsangehörig-
    keiten. Vor dem Gesetz wurden etwa 14 Prozent der
    Ausländer unter Hinnahme der doppelten Staatsangehö-
    rigkeit eingebürgert. Jetzt sind es knapp 50 Prozent. Ge-
    nau das Gegenteil dessen, was Herr Schily hier zu den
    Folgen des Gesetzes gesagt hat, ist in der Wirklichkeit
    eingetreten.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit! Wie halten Sie es denn mit der Wahrheit, Herr Bundesminister?)


    Dieselbe Masche wird jetzt bei der Zuwanderung aus-
    probiert.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    In der Gesetzesbegründung – warum haben Sie diesen
    Schlüsselsatz hier nicht zitiert, warum steht er nicht in
    der Broschüre der Bundesregierung? – heißt es:

    Zu den öffentlichen Interessen gehört im Gegensatz
    zum geltenden Ausländergesetz nicht länger eine
    übergeordnete ausländerpolitische Grundentschei-
    dung der Zuwanderungsbegrenzung oder der An-
    werbestopp.

    Im Klartext: Im Gegensatz zum geltenden Recht soll die
    Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland kein
    politisches Ziel mehr sein. Sie darf also auch nicht bei
    Ermessensentscheidungen von der Verwaltung berück-
    sichtigt werden. Außerdem wollen Sie den Anwerbe-
    stopp im Gegensatz zu dem, was Sie hier vor zehn Minu-
    ten gesagt haben, nicht teilweise, sondern generell
    aufheben, womit Sie den deutschen Arbeitsmarkt weit
    über das geltende Recht hinaus für ausländische Arbeit-
    nehmer öffneten.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Falsch!)


    Ihre Begründung lautet, wir müssten uns am weltwei-
    ten Wettbewerb um die klügsten Köpfe beteiligen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Die gehen inzwischen aus Deutschland weg!)


    Natürlich müssen wir dies tun. Wir machten geradezu ei-
    nen Fehler, wenn wir uns nicht auch international um
    Spitzenkräfte bemühten. Aber darum geht es nur in einer
    einzigen Vorschrift des Gesetzes.


    (Jörg Tauss [SPD]: Gegen die sind Sie auch!)


    – Diese Vorschrift ist im Grundsatz nicht umstritten.

    Die Behauptung, der deutsche Arbeitsmarkt sei für
    ausländische Arbeitnehmer faktisch verriegelt, ist ange-
    sichts der EU-Freizügigkeit sowie der Tatsache, dass wir
    im vorvergangenen Jahr 342 000 Arbeitserlaubnisse an
    ausländische Arbeitnehmer erteilt haben – 235 000 für
    Saisonbeschäftigung und 107 000 für Dauerarbeitsver-
    hältnisse –, grober Unfug.

    Es gibt ein weiteres populäres Argument: Wir bemü-
    hen uns um die Anwerbung von Pflegekräften. Richtig.
    Das ist nach geltendem Recht aber ohne weiteres mög-
    lich.


    (Otto Schily, Bundesminister: Nein, nein!)


    Warum erwecken Sie dann den Eindruck, dass das nur
    mit dem neuen Recht möglich ist?

    Das beste Argument für unsere Haltung in dieser
    Frage ist die Erfahrung mit der Greencard-Initiative.
    Vor gut drei Jahren gab es hier ein gewaltiges Tamtam
    unter großer öffentlicher Anteilnahme. Es hieß, wir
    müssten weltweit IT-Spezialisten gewinnen.


    (Otto Schily, Bundesminister: Ja, genau! – Zuruf von der CDU/CSU: 100 000!)


    Das Ergebnis war: An einem einzigen Tag wurde, je
    nach Form der Vertreter der Wirtschaft, ein Bedarf von
    40 000, 50 000 oder 100 000 solcher Fachkräfte ange-
    meldet. Die Verordnung sieht eine Beschränkung auf
    20 000 vor.

    Nach mehr als zweieinhalb Jahren hat es lediglich
    13 700 Zusicherungen gegeben


    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist ein Erfolg! Freuen Sie sich doch mal!)


    und es sind noch nicht einmal 11 000 gekommen. Und,
    Herr Tauss, Überraschung: Vier Bundesländer wenden






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wolfgang Bosbach
    diese Rechtsverordnung nicht an; sie haben landesrecht-
    liche Regelungen auf der Basis des alten Rechts.
    12 Bundesländer wenden die neue Bundes-IT-Verord-
    nung an. Mehr IT-Spezialisten sind in die vier Bundes-
    länder gegangen, die das alte Recht anwenden, als in die
    12 Bundesländer, die das neue Recht anwenden.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Von nichts Ahnung, aber wirklich von nichts! – Weitere Zurufe von der SPD: Keine Ahnung! – So ein Blödsinn!)


    Das ist ein klarer Beweis dafür, dass es mit dem gelten-
    den Recht offensichtlich besser geht, international Spit-
    zenkräfte anzuwerben, als mit der Bundes-IT-Verord-
    nung.

    Sie wollen sicherlich wissen, welche Auswirkungen
    die Greencard-Verordnung auf dem deutschen Arbeits-
    markt hatte. Dazu zeige ich Ihnen anhand eines Dia-
    gramms einmal die Entwicklung der Zahl der inländi-
    schen arbeitslosen IT-Fachkräfte. Die Zahl hat sich in
    den letzten zweieinhalb Jahren fast verdreifacht.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


    Alles das, was Sie in punkto Greencard erzählt haben, ist
    nicht eingetreten.


    (Beifall bei der CDU/CSU)