Rede von
Dirk
Manzewski
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir de-
battieren hier über einen Gesetzentwurf, der ein Thema
berührt, mit dem wir uns schon kurz am Ende der letzten
Legislaturperiode beschäftigt haben, der Kollege van
Essen hat darauf hingewiesen. Das Grundanliegen, Herr
Kollege, wird dabei von uns geteilt, weil sich in der Ver-
gangenheit – da haben Sie völlig Recht – immer wieder
gezeigt hat, dass hier wohl eine Lücke im Strafgesetzbuch
existiert. Zwar ist im Bereich des Persönlichkeitsrechts
im Strafgesetzbuch einiges geregelt, zum Beispiel die Ver-
letzung des Briefgeheimnisses, das unbefugte Ausspähen
von Daten und einiges Weitere; aber es existiert eben
nichts Vergleichbares, das die Menschen wirksam vor dem
unbefugten Aufnehmen von Bildern und deren Veröffent-
lichung schützt. Allein das Zivilrecht gibt den Betroffenen
bislang die Möglichkeit, sich gegen solches Verhalten zu
wehren. Aber in diesen Fällen geht es – das ist von den
Kollegen schon angedeutet worden – allein um Beseiti-
gung, Unterlassen, Schadenersatz oder Schmerzensgeld.
Sie haben völlig Recht: Nicht zuletzt der bekannte Fall
der noch bekannteren Prinzessin – die immerhin ein ho-
hes Schmerzensgeld bekommen hat, weil unbefugt Fotos
von ihrer Privatsphäre aufgenommen worden sind – hat
die Tendenz der Gerichte gezeigt, dass ein Eingriff in die
Privatsphäre in dieser Form nicht akzeptabel ist.
Sie haben auch Recht, wenn Sie sagen, dass die Verun-
sicherung in der Bevölkerung nicht zuletzt dadurch ver-
stärkt worden ist, dass in den Medien in der Vergangen-
heit immer wieder von Fällen berichtet worden ist, in
denen gegen das Persönlichkeitsrecht in geradezu scham-
loser Weise verstoßen wurde. Insbesondere heimliche
Duschaufnahmen oder Aufnahmen aus anderen persön-
lichen Bereichen, die dann vor allem im Internet übertra-
gen wurden und bei denen die Betroffenen weder von der
Aufnahme noch von deren Verbreitung etwas ahnten, ma-
chen die Problematik deutlich.
Aber nicht nur diese medienwirksamen Fälle geben
meiner Auffassung nach Anlass, tätig zu werden. Gerade
die Entwicklungen in der Videotechnik und im Internet,
die es möglich machen, Bilder unbemerkt aufzunehmen
und weltweit zu verbreiten, zwingen uns, den Schutz der
Bürger zu verstärken. Dazu gehören auch die extrem klei-
nen Kameras, sehr weit reichende Teleobjektive und an-
dere Geräte, die dem Eingriff in die Privatsphäre Tür und
Tor geöffnet haben. Das Medium Internet, das die Mög-
lichkeit der kurzfristigen und weltweiten Verbreitung
eröffnet, hat ein Übriges getan. Sie alle haben völlig
Recht, wenn Sie sagen, dass unsere Bürger einen An-
spruch darauf haben, hiervor geschützt zu werden.
Es ist schon öfter angesprochen worden: Der Bundes-
beauftragte für den Datenschutz hat in seinem letzten
Tätigkeitsbericht festgestellt, dass es in diesem Zusam-
menhang immer öfter zu Eingriffen in die Persönlich-
keitsrechte kommt. Ich teile seine Einschätzung, genau
wie ich Ihre Grundeinschätzung teile, dass es hier einer
gesetzlichen Regelung bedarf. Die unterschiedliche Be-
handlung von heimlichen Tonbandaufnahmen und heim-
lichen Bildaufnahmen ist nicht nachzuvollziehen.
Aber – dazu muss ich noch einiges sagen, Herr Kollege
van Essen – das sieht auch die Bundesregierung so. Be-
reits auf Ihre Anfrage – das ist angesprochen worden – ist
mitgeteilt worden, dass das BMJ an einer entsprechenden
Vorschrift arbeitet, wonach unbefugte Bildaufnahmen
und das unbefugte Beobachten mit einem technischen
Gerät mit Strafe bedroht werden sollen.
– Darauf komme ich jetzt.
Daran hat sich natürlich nichts geändert. Sie und der
Kollege Kauder haben Kritik geübt. Aber bei der Argu-
mentation ist einiges verschwiegen worden. Das BMJ hat
gesagt: Wir schaffen eine entsprechende Regelung, aber
wir halten es nur für sinnvoll, wenn dies in einem großen
Kontext geschieht, weil sich in der Vergangenheit heraus-
gestellt hat, dass in dem einen oder anderen Bereich des
Besonderen Teils des Strafrechts Änderungen notwendig
sind und es eigentlich nicht sinnvoll ist, hier ein be-
stimmtes Einzelproblem herauszunehmen, schon allein
deswegen, weil – das muss man berücksichtigen – Straftat-
bestände häufig ineinander übergehen.
Das Herauslösen oder Vorziehen einzelner Vorschriften
könnte im Nachhinein zu viel größeren Problemen führen,
als wenn man etwas wartet.