Rede von
Hermann
Bachmaier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn
Herr Gehb redet, muss man immer ein wenig Sorge ha-
ben, dass ihm etwas zustößt. Das ist ein größeres Problem.
– Sie dürfen alles. Das haben Sie aber nicht getan.
Lieber Herr Gehb, um es ganz kurz zu machen: Das,
was Sie gesagt haben, hat mit Ihrem Gesetzentwurf prak-
tisch gar nichts zu tun. Das ist das Problem, mit dem Sie
sich herumzuschlagen haben. Dies hier ist schließlich
kein Wahlkampftermin.
Mit dem Kollegen van Essen bin ich einig, wenn er
fragt, warum wir eine solche Debatte innerhalb eines kur-
zen Zeitraumes zum zweiten Mal führen müssen. Offen-
sichtlich haben Sie ein Profilierungsbedürfnis.
Es gibt kaum ein rechtspolitisches Thema, über das wir
im Parlament häufiger diskutiert haben – das muss man
sich einmal überlegen –, als über das der Graffitisprühe-
rei. Erst in der vorletzten Sitzungswoche haben wir über
einen fast gleich lautenden Entwurf der FDP-Fraktion in
erster Lesung beraten. In Kürze werden wir uns mit einem
Entwurf des Bundesrates befassen, der sich allerdings in
einem nicht unwesentlichen Punkt von den beiden uns
vorliegenden Entwürfen unterscheidet. Darin wird näm-
lich vernünftigerweise auf den schillernden und zen-
surähnlichen Begriff der Verunstaltung verzichtet.
Im vergangenen Jahrhundert war Graffiti – darüber
habe ich mich in diesen Tagen von einem kunstsinnigen
Staatssekretär aufklären lassen – eine hoch angesehene
Richtung in der italienischen Malerei.
Heute allerdings ist es ein Ärgernis, wenn – Herr Gehb,
darin sind wir uns einig – bisweilen fast flächendeckend
Häuserwände, Brücken, Busse und Bahnwaggons be-
sprüht werden.
Alle bisherigen Versuche, diese – vorwiegend von Ju-
gendlichen zu verantwortenden – Aktivitäten einzugren-
zen und zu bekämpfen, haben keine allzu großen Erfolge
gezeitigt. Seit Jahren wird uns nunmehr suggeriert, dass
eine Ergänzung des Straftatbestandes der Sachbe-
schädigung – in den 80er-Jahren ging es um das Ord-
nungswidrigkeitenrecht – Abhilfe schaffen könnte. Dabei
sind bereits die weitaus meisten Fälle – das können Sie
nicht bestreiten – mit der geltenden Fassung des § 303 des
StGB zu ahnden.
– Schauen Sie in die Rechtsprechung!
Sie sollten deshalb nicht so tun, als würde eine Ergän-
zung des Sachbeschädigungstatbestandes das Problem
der Graffiti aus der Welt schaffen.
Wir wissen doch alle, dass die größte Schwierigkeit darin
besteht, die Täter überhaupt zu fassen. Das bleibt das
Hauptproblem. Schauen Sie sich doch die Aufklärungs-
rate an! Dann werden Sie ganz schnell merken, dass da-
ran auch ein ergänzter Straftatbestand der Sachbeschädi-
gung nichts ändern wird.