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ID1501902700

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    Benennung der Abgeordneten Dorothee Mantel für den Stiftungsrat der Stiftung „Hu- manitäre Hilfe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1423 A Erweiterung und Änderung der Tagesordnung 1423 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 1423 D Tagesordnungspunkt 3: a) Vereinbarte Debatte: 40 Jahre Élysée- Vertrag – Zusammenarbeit und ge- meinsame Verantwortung für die Zu- kunft Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424 A b) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Entwurf einer gemeinsamen Erklärung der Franzö- sischen Nationalversammlung und des Deutschen Bundestages zur inter- parlamentarischen Zusammenarbeit (Drucksache 15/295) . . . . . . . . . . . . . . 1424 B c) Antrag der Abgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff, Dr. Friedbert Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: 40 Jahre deutsch-fran- zösischer Freundschaftsvertrag – für eine neue Qualität und Dynamik der deutsch-französischen Beziehungen (Drucksache 15/200) . . . . . . . . . . . . . . 1424 B d) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: 40 Jahre Élysée-Vertrag – Die deutsch-französische Zusammenar- beit fortentwickeln und in gemeinsa- mer Verantwortung für Europa die Zukunft mitgestalten (Drucksache 15/296) . . . . . . . . . . . . . . 1424 C Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1427 A Krista Sager BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1429 C Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 1431 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 1432 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1435 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 1436 D Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1438 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1439 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 1440 C Peter Müller, Ministerpräsident Saarland . . . . 1442 A Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443 C Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . . 1445 A Tagesordnungspunkt 4: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht 2002 derBundesregierung zum Stand der deutschen Einheit (Drucksache 14/9950) . . . . . . . . . . . . . . . . 1446 D Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1447 A Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1449 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1452 C Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 1455 A Siegfried Scheffler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 1456 D Plenarprotokoll 15/19 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 19. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 I n h a l t : Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1459 C Siegfried Scheffler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 1459 D Werner Kuhn (Zingst) CDU/CSU . . . . . . . . . 1460 B Peter Hettlich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1463 A Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1464 C Angelika Krüger-Leißner SPD . . . . . . . . . . . . 1465 C Volkmar Uwe Vogel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1467 A Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutschland wirksam vor Terroristen und Extremisten schützen (Drucksache 15/218) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1468 B Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1468 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 1471 A Gisela Piltz FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1473 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1474 C Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1476 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . . . 1478 B Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1479 D Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1482 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482 C Jürgen Herrmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1483 A Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1484 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1486 B Volker Bouffier, Staatsminister Hessen . . . . . . 1488 B Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1490 C Volker Bouffier, Staatsminister Hessen . . . . . . 1490 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 1491 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1497 B Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 1497 C Clemens Binninger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1498 A Tagesordnungspunkt 18: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Steuer- vergünstigungen und Ausnahmerege- lungen (Steuervergünstigungsabbau- gesetz) (Drucksachen 15/287, 15/312) . . . . . . . 1499 D b) Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät- zung gemäß § 56 a der Geschäftsord- nung: Technikfolgenabschätzung (TA); Beratungskapazität, Technikfolgen- abschätzung beim Deutschen Bun- destag – ein Erfahrungsbericht (Drucksache 14/9919) . . . . . . . . . . . . . 1500 A c) Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Günther Friedrich Nolting, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Ulrich Adam, Ilse Aigner, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Transatlantische Beziehungen stär- ken – Potsdam-Center fördern (Drucksache 15/194) . . . . . . . . . . . . . . 1500 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesfernstraßenfinanzierungs- und Ma- nagementgesellschaft (Bundesfernstraßen- finanzierungs- und Managementgesell- schaftsgesetz) (Drucksache 15/299) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1500 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Daniel Bahr (Münster), wei- teren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechs- ten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Un- terlagen-Gesetzes (6. StU-ÄndG) (Drucksache 15/313) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1500 C Tagesordnungspunkt 19: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men vom 18. Februar 2002 zwischen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003II der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Zusammen- arbeit der Polizeibehörden und der Grenzschutzbehörden in den Grenz- gebieten (Drucksachen 15/11, 15/240) . . . . . . . 1500 C Tagesordnungspunkt 6: Wahlen zu Gremien a) Programmbeirat (Sonderpostwert- zeichen) beim Bundesministerium der Finanzen (Drucksache 15/206) . . . . . . . . . . . . . . 1501 A b) Beirat nach § 39 des Stasi-Unterla- gen-Gesetzes (Drucksache 15/303) . . . . . . . . . . . . . . 1501 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Wahl der vom Deutschen Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundes- republik Deutschland“ (Drucksache 15/304) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1501 A Tagesordnungspunkt 7: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Straßenbaubericht 2001 (Drucksache 14/8754) . . . . . . . . . . . . . . . . 1501 B Petra Weis SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1501 C Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1503 B Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1505 D Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 1507 B Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1508 B Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigenheimerwerb nicht erschwe- ren – weitere Belastungen für Beschäf- tigte und Betriebe der Bauwirtschaft und für Familien vermeiden (Drucksache 15/33) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1509 D Eberhard Otto (Godern) FDP . . . . . . . . . . . . . 1510 D Stephan Hilsberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1511 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . 1511 D Klaus Minkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1512 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1514 C Georg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1516 A Gabriele Groneberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 1517 C Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des in- ternationalen Insolvenzrechts (Drucksachen 15/16, 15/323) . . . . . . . . . . 1520 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Anru- fung des Vermittlungsausschusses zu dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Zwölftes SGB-V-Änderungsgesetz) (Drucksachen 15/27, 15/74, 15/76, 15/120, 15/298) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1520 C Dr. Marlies Volkmer SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1520 D Michael Hennrich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1522 B Petra Selg BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 1524 A Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 1525 B Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: GATS-Verhandlungen – Bil- dung als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern (Drucksache 15/224) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1526 B Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1526 C Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1528 A Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1529 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1530 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 1531 C Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 1532 D Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1534 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 III Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vierzehntes Hauptgutachten der Mono- polkommission 2000/2001 (Drucksachen 14/9903, 14/9904 [Anlagen- band]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1536 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1536 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1537 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1539 C Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1540 C Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA 1541 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1543 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1544 A Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Tech- nikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt: Tourismus in Großschutzgebieten – Wechselwirkungen und Kooperations- möglichkeiten zwischen Naturschutz und regionalem Tourismus (Drucksache 14/9952) . . . . . . . . . . . . . . . . 1545 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1545 C Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1547 B Undine Kurth (Quedlinburg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1548 C Jürgen Klimke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1549 D Tagesordnungspunkt 19: b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung zu dem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau und zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Weiter- geltung von Geschäftsordnungsrecht (Drucksachen 15/2, 15/1, 15/178) . . . . 1551 A Dr. Uwe Küster SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1551 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1552 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1552 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 1553 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des internationalen Insolvenzrechts (Tagesord- nungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1553 A Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1553 B Tanja Gönner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1554 A Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1556 B Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1556 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 1557 A Anlage 3 Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt: Tourismus in Großschutzgebieten – Wech- selwirkungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Naturschutz und regionalem Touris- mus (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . . . . . . . 1557 D Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 1557 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003IV (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 1423 19. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 Beginn: 9.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 1552 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 1553 (C) (D) (A) (B) Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 16.1.2003 Hartnagel, Anke SPD 16.1.2003 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 16.1.2003 Dr. Hoyer, Werner FDP 16.1.2003 Kasparick, Ulrich SPD 16.1.2003 Lenke, Ina FDP 16.1.2003 Michelbach, Hans CDU/CSU 16.1.2003 Möllemann, Jürgen W. FDP 16.1.2003 Reiche, Katherina CDU/CSU 16.1.2003 Straubinger, Max CDU/CSU 16.1.2003 Volquartz, Angelika CDU/CSU 16.1.2003 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des internationalen Insolvenzrechts (Tagesordnungspunkt 10) Dirk Manzewski (SPD):Am heutigen Tag debattieren wir abschließend über den Gesetzentwurf der Bundesre- gierung zur Neuregelung des Internationalen Insolvenz- rechts. Dieser Gesetzesentwurf beruht im Wesentlichen auf einer entsprechenden europäischen Verordnung, mit der das Internationale Insolvenzrecht in der Europäischen Union in seinen wichtigsten Bereichen harmonisiert wor- den ist. Ziel dieser Verordnung ist es insbesondere gewe- sen, Kollisionen zwischen den einzelstaatlichen Rechtsver- ordnungen und Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten besser zu lösen. Die euro- päische Gemeinschaft hat damit eine verlässliche Grund- lage erhalten, wie grenzüberschreitende Insolvenzverfahren abzuwickeln sind. Dies gilt für die Frage der Anerkennung eines ausländischen Insolvenzverfahrens ebenso wie das auf dieses Verfahren anwendbare Recht oder die Befug- nisse eines ausländischen Verwalters. Für die Verordnung gilt dabei – und dies ist wichtig – das Prinzip der so genannten gemäßigten Universalität. Dies bedeutet, dass – soweit keine Beschränkungen durch so genannte Sonderanknüpfungen oder besondere Terri- torialverfahren vorliegen – das in einem Mitgliedstaat eröffnete Insolvenzverfahren vom Grundsatz her univer- sale Wirkung entfaltet. Das gesamte Vermögen des Schuldners wird also hiervon umfasst und zwar unabhän- entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenografischen Bericht gig davon, in welchem Mitgliedstaat es sich befindet. Den Gläubigern bietet dies unter anderem den Vorteil einer stärkeren Gleichbehandlung, da all diejenigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz in einem der EU-Mitgliedsländer haben, ihre Forderungen in je- dem Insolvenzverfahren über das schuldnerische Vermö- gen anmelden können. Der hier debattierte Gesetzesentwurf hat diese europä- ische Verordnung aufgegriffen und durch seinen Art. 1 in das deutsche Recht eingepasst. Zwar gilt eine Verordnung – wie die dem Gesetzesentwurf zugrunde liegende – un- mittelbar in jedem Mitgliedstaat und bedarf von daher ei- gentlich keiner besonderen Umsetzung, doch sind für ihr reibungsloses Funktionieren gewisse Anpassungen im deutschen Recht unerlässlich. Nicht mehr und nicht we- niger will insoweit der Gesetzesentwurf. Als Beispiel seien etwa die Festlegung des im Inland zuständigen Ge- richts oder Bestimmungen über die öffentlichen Bekannt- machungen in Deutschland genannt. Ein weiteres Problem ist, dass durch die Verordnung grenzüberschreitende Insolvenzverfahren nicht abschlie- ßend geregelt werden. So macht die Verordnung zum Bei- spiel keine Aussage zu den Mitwirkungsrechten des In- solvenzverwalters. Dies ist seinerzeit bewusst offen gelassen worden, um den Mitgliedstaaten insoweit eine eigenständige Ausgestaltung zu ermöglichen. Da das au- tonome deutsche Internationale Insolvenzrecht ohnehin bis- lang nur sehr lückenhaft im Einführungsgesetz zur Insol- venzordnung geregelt ist, hat sich ein eigenständiges deutsches Internationales Insolvenzrecht quasi aufgedrängt. Dieses wird im Übrigen schon seit langem gefordert. Der Gesetzesentwurf hat sich dem angenommen und sieht deshalb auch vor, dass in einem neuen elften Teil ein autonomes Internationales Insolvenzrecht in die Insol- venzordnung eingefügt wird. Hierfür hat nicht nur gesprochen, dass es der Rechts- klarheit dient, wenn die wesentlichen Rechtsgrundsätze für grenzüberschreitende Insolvenzen in einem eigenen Teil der Insolvenzordnung niedergelegt sind: Ein globaler Verweis auf die Verordnung würde dem nur unzulänglich gerecht. Zu beachten war auch, dass Regelungen, die für den überschaubaren Wirtschaftraum der EU richtig sein mögen, bei einer weltweiten Anwendung gegebenenfalls zu kurz greifen könnten, und dies nicht nur, weil ein der- art kompliziertes Verfahren, wie es nun einmal ein grenz- überschreitendes Insolvenzverfahren darstellt, auch auf der anderen Seite vergleichbare Regelungen voraussetzen sollte. Es wäre deshalb nicht sachgerecht, die Bestimmungen der Verordnung auch gegenüber Drittstaaten so gelten zu lassen. Um es deutlich zu sagen: Ein innerstaatliches In- ternationales Insolvenzrecht bräuchte – vielleicht sogar sollte – gegenüber Nicht-EU-Staaten weniger kooperati- onsfreundlich sein. Die in Art. 2 des Gesetzesentwurfs enthaltenen Bestimmungen lehnen sich deshalb eng an die EU-Verordnung an, enthalten dementsprechend je- doch Abweichungen, die bei einer weltweiten Anwen- dung zwingend geboten sind. Gleichzeitig wird mit diesen Vorschriften eine Teilum- setzung der Richtlinien über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen respektive Kreditinstituten erreicht. Dies gilt für die Vorschriften der genannten Richt- linien, zu denen korrespondierend im deutschen Recht Bestimmungen geschaffen werden, die nicht nur für Kre- ditinstitute und Versicherungsunternehmen, sondern für alle Unternehmen gleichermaßen gelten. Die Gesetzesinitiative der Bundesregierung wird von mir ausdrücklich begrüßt. Ich hoffe, sie findet auch die Unterstützung der Opposition. Gründe, warum man sie ablehnen könnte, sind für mich nicht ersichtlich. Tanja Gönner (CDU/CSU): Wir diskutieren heute über das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen In- solvenzrechtes. Die Neuregelung wird aufgrund der EG- Verordnung 1346/2000 eingeführt. Zwar gilt die Verord- nung grundsätzlich ohne weiteren Umsetzungsakt inner- halb der EU, allerdings gibt es die Notwendigkeit, einige Anpassungen vorzunehmen. Es geht darum, dass wir in- nerhalb des Wirtschaftsraumes der EU eine einheitliche Regelung haben. Darüber hinaus ist es in Zeiten der im- mer weiter fortschreitenden Internationalisierung und Globalisierung aber auch notwendig, dass Regelungen auch für Beziehungen mit anderen Staaten außerhalb der EU getroffen werden, damit die Insolvenzverfahren rei- bungslos ablaufen können. Deswegen besteht hinsichtlich des Inhalts des Gesetzes grundsätzlich ein Konsens. Aber bereits heute ist klar, dass dies nur der Anfang sein kann. Es muss und wird zu Ergänzungen kommen, da die Regelungen letztlich nur bei Einzelvermögensgegen- ständen und unselbstständigen Niederlassungen greifen. Damit ist ein zentraler Bereich ausgenommen, für den eine Regelung gerade notwendig wäre, nämlich die Ab- wicklung internationaler Konzerne. Kirch, Holzmann, Fairchild Dornier und Babcock Borsig waren im Jahr 2002 die spektakulären Insolvenzen. Dies alle sind große Konzerne mit internationalen Beziehungen und Tochter- firmen im Ausland. Gerade für diese aber gibt es keine Regelungen. Hier haben die Insolvenzverwalter keine Regelung, wie sie mit dem im Ausland vorhandenen Ver- mögen umgehen können und sollen. Hier bewegen sie sich im rechtlich noch ungeklärten Rahmen und haben damit immer auch ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko zu tragen. Wir brauchen daher als nächsten Schritt ganz dringend eine internationale Regelung zur Insolvenz von Konzer- nen. Dies ist eine Herausforderung, weil hier natürlich Widerstände vorhanden sind; aber es ist dringend not- wendig. Hier ist die Bundesregierung gefordert, die Ver- handlungen auf europäischer Ebene anzustoßen und vo- ranzubringen. Allerdings ist auch festzuhalten, dass wir zu diesem zentralen Bereich auch im nationalen Recht noch keine Regelung haben. Zwar sind alle gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen in der Insolvenzordnung enthalten, aber welche Auswirkungen die Insolvenz eines Konzerns auf die verbundenen Tochterunternehmen bzw. die Insolvenz eines Tochterunternehmens auf den Gesamtkonzern hat, haben wir auch noch nicht geregelt. Es ist also noch genü- gend Handlungsbedarf auch und gerade bei uns vorhanden. Wer die Insolvenzzahlen in Europa für die Jahre 2001 und 2002 anschaut, der stellt fest, dass diese angestiegen sind. Das dürfte der Regierung entgegenkommen, da sie sich ja immer darauf beruft, dass es uns wirtschaftlich schlecht geht, weil die Weltwirtschaft nicht wachse; Eu- ropa ist neben den USA der stärkste Faktor für die welt- wirtschaftliche Gesamtentwicklung. Aber die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache. Die Steigerungsrate von 5,94 Prozent im Jahr 2001 in Europa geht zu einem guten Teil darauf zurück, dass der Anstieg in Deutschland bei 18,7 Prozent liegt. Deutschland hat in absoluten Zah- len die mit Abstand höchste Gesamtinsolvenzzahl in Eu- ropa. Wenn man nun bereits weiß, dass der Zuwachs bei den Gesamtinsolvenzverfahren im Jahr 2002 in Deutsch- land bei sage und schreibe 66 Prozent liegt, kann man sich vorstellen, dass wir auch in diesem Jahr diejenigen sein werden, die die Quote in Europa nach oben treiben. Nach den derzeit vorliegenden Zahlen hat sich die Zahl der Fälle in Frankreich um 7 Prozent und in Großbritan- nien um 3,5 Prozent erhöht. Dies sind zwei Volkswirt- schaften, die durchaus auch nicht zu den Kleinen zählen und mit uns vergleichbar sind. Diese Zahlen haben nichts damit zu tun, dass wir bisher kein Internationales Insol- venzrecht hatten. Wir sind der kranke Mann Europas. Nicht die Stim- mung ist schlechter als die Lage, sondern die Lage ist noch viel schlimmer als die Stimmung. Es herrscht De- pression und Resignation. Das will diese rot-grüne Bun- desregierung natürlich nicht nur nicht wahrhaben – sie ist schließlich dafür verantwortlich –, sondern sie behauptet auch noch ständig das Gegenteil. Aber wie weit man den Aussagen dieser Regierung trauen kann, haben die Wähle- rinnen und Wähler ja nach dem 22. September sehr schnell gemerkt. Sie hat jeglichen Realitätsbezug verloren. Früher waren die Worte Insolvenz und Konkurs nur den damit beschäftigten Fachleuten bekannt. Große Teile der Bevölkerung kannten diesen Begriff gar nicht. Heute wird die Entwicklung der Insolvenzraten mit Besorgnis wahrgenommen und es wird darüber gesprochen. Die Menschen haben Angst, dass es demnächst ihren Arbeit- geber und ihren Arbeitsplatz treffen könnte. Wir werden für das Jahr 2002 eine Gesamtzahl von sage und schreibe 82 400 Insolvenzen haben; das ist ein Anstieg von 66 Pro- zent gegenüber 2001. Die Zahl der Unternehmensinsol- venzen liegt bei 41 500 und damit 20 Prozent über dem letzten Jahr. Es sind nicht nur die spektakulären Insolven- zen Kirch, Holzmann, Herlitz, Photo Porst, Fairchild Dornier und Babcock. Es sind die vielen kleinen mittel- ständischen Betriebe, die das Gros ausmachen. Die Ar- beitsplätze gehen zu 65 Prozent in Betrieben mit unter fünf Mitarbeitern verloren. In diesen Zahlen sind im Übrigen all die kleinen mittelständischen Betriebe und Handwerker noch gar nicht enthalten, die still ihre Firmen liquidieren, bevor es zum „worst case“, der Insolvenz, kommt. Der wirtschaftliche Gesamtschaden aufgrund der For- derungsausfälle liegt bei 38,4 Milliarden Euro. Das ist ein höherer Betrag als die schon exorbitant hohe Neuver- schuldung des Bundes im Jahr 2002. Viele Betriebe kom- men aufgrund eines oder mehrerer Forderungsausfälle selber wieder in Schwierigkeiten. Die Zahl der Betriebe, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 20031554 (C) (D) (A) (B) die wegen Forderungsausfällen Dritter insolvent werden, steigt ständig an. Wir drehen uns hier in einer hoch ge- fährlichen Spirale nach oben. Aber dieser Zusammenhang scheint bei der Regierung noch nicht angekommen zu sein. Das alles sind Zahlen, mit denen man wie mit vielen Statistiken umgehen könnte: Zur Kenntnis nehmen und weglegen. Sie werden schon irgendwann wieder besser werden. Das einzig Dumme ist, dass man diese Zahlen nicht schönreden und vertuschen kann wie andere Zahlen, auch wenn diese Regierung gerade darin ja hervorragend ist. Hinter jedem Betrieb stehen Arbeitsplätze, hinter je- dem Arbeitsplatz steht ein Arbeitnehmer und hinter vielen dieser Arbeitnehmer stehen Familien. Im letzten Jahr wa- ren laut Creditreform 590 000 Arbeitsplätze durch die Insolvenzen betroffen. Das ist ein Anstieg von 17,5 Pro- zent gegenüber dem Vorjahr. Im Übrigen belasten diese 590 000 Menschen den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit nicht nur dadurch, dass sie nach der Entlassung Arbeitslosengeld beziehen. Darüber hinaus ist für diese Menschen für bis zu drei Mo- nate der Nettolohn im Rahmen des lnsolvenzgeldes zu zahlen. Allein diese Direktzahlung hat den Haushalt der Bundesanstalt im Jahr 2002 mit 1,93 Milliarden Euro be- lastet; auch hier liegt ein Anstieg von 1,3 Milliarden Euro von 2001 auf 2002, also um 48 Prozent vor. Wir haben im Insolvenzbereich Wachstumszahlen, von denen wir in der Wirtschaft nur träumen können. Von den Ausfällen der Sozialversicherungsbeiträge will ich in diesem Zusam- menhang nicht sprechen, hier hat die Regierung nach ei- genen Aussagen ja alles im Griff. Hier kann nur etwas erreicht werden, wenn die Regie- rung endlich in der Realität ankommt und ihre Wirt- schafts- und Arbeitsmarktpolitik deutlich ändert. Denn nicht nur die Zahlen für die Insolvenzen steigen an, zu- gleich geht die Zahl der Neugründungen ständig zurück. Wer soll eigentlich in Zukunft noch die Arbeitsplätze in diesem Land stellen? Es gibt auch noch einen zweiten Bereich in unserem In- solvenzrecht mit hohen Steigerungsraten. Bei der Ein- führung des Insolvenzgesetzes zum 1. Januar 1999 wurde ein Teil als Kernstück und große Errungenschaft angese- hen, nämlich das so genannte Restschuldbefreiungsver- fahren für Privatpersonen. Man wollte mit diesem Ver- fahren überschuldeten Menschen die Möglichkeit geben, einen Neuanfang zu erreichen. Wenn sie über einen Zeit- raum von sieben Jahren bereit waren, ihren pfändbaren Anteil am Arbeitseinkommen zugunsten der Gläubiger abzuführen, sollten sie nach dieser Zeit eine neue Chance für ihre wirtschaftliche Entwicklung ohne weitere Zwangs- vollstreckungsmaßnahmen erhalten. In Anbetracht von 2,9 Millionen überschuldeten Haushalten in Deutschland war man sich einig, dass hier Handlungsbedarf bestand. Der Gesetzgeber hat aber bereits damals – im Übrigen in Kenntnis dessen, dass es hier Probleme geben wird – zwei Fragebereiche nicht geregelt, nämlich erstens ob hinsicht- lich der Kosten Prozesskostenhilfe gewährt werden soll und zweitens, ob den Gläubigern vonseiten der Schuldner auch eine Lösung vorgelegt werden kann, die keinerlei Zahlungen vorsahen, den so genannten Nullplan. Die erste Frage hat große Auswirkungen auf die Haus- halte der Länder, da Prozesskostenhilfe eine Zahlung des Staates vorsieht, die nur in wenigen Fällen zurückgezahlt werden musste. Der zweite Teil hat Auswirkungen auf die Frage, ob der Schuldner überhaupt noch eine Anstrengung machen muss, um von allen Schulden befreit zu werden, also auch vorbeugend für die Zukunft ist, oder ob das Si- gnal lautet: Konsumiert, ihr könnt ja dann Insolvenz ma- chen und müsst nichts weiter tun, als euch sieben Jahre einzuschränken. Das ist ein fatales Signal und führt im Übrigen dazu, dass die Gläubiger, auf deren Kosten dies geht, den Glauben an den Rechtsstaat verlieren. Die offe- nen Fragen wurden durch die Rechtssprechung geklärt, der Nullplan ist zulässig und in den meisten Ländern wird PKH gewährt. Diese schuldnerfreundliche Rechtssprechung reichte der rot-grünen Bundesregierung aber nicht. Denn die Zah- len derer, die den Weg zu den Gerichten fanden und damit in den Genuss von Restschuldbefreiung kommen könn- ten, erschienen ihr zu niedrig. Das ursprüngliche Verfah- ren stellte einige Anforderungen an die Schuldner, die sel- ber etwas hätten beitragen müssen, damit aber auch ihren guten Willen hätten zeigen können. Also wurde zum 1. Dezember 2001 eine Regelung eingeführt, die es den Schuldnern jetzt ermöglicht, durch einfache Anträge letzt- lich alles zu erledigen und keine Leistung mehr zu erbrin- gen. Die Kosten werden gestundet und wenn er sie nach Ablauf des Verfahrens nicht zahlen kann, erfolgt eine wei- tere Verlängerung der Stundung und schließlich wird die Forderung dann nicht weiter verfolgt. Es reicht der Antrag auf Restschuldbefreiung und die Unterlagen soll sich der Insolvenzverwalter dann selber zusammensuchen. Bei allem sozialen Verständnis dafür, dass man den Menschen, nachdem sie in Teilen unverschuldet in die Verschuldung gelangt sind, helfen muss, damit sie hier wieder eine Chance erhalten, kann es aber nicht sein, dass dafür keine eigenen Anstrengungen vonseiten des Schuldners vorgenommen werden müssen und alles auf Kosten der Steuerzahler und Gläubiger geht. Wie nicht anders zu erwarten stieg die Zahl der Privatinsolvenzen im letzten Jahr exorbitant; wir haben eine Steigerung zwi- schen den Jahren 2001 und 2002 von 162 Prozent. Es sind nicht nur die großkapitalistischen Banken und Gläubiger, die diese Praxis bemängeln. Nein. Die Ge- richte wissen nicht mehr, wie sie den Arbeitsanfall bewäl- tigen sollen. In den namhaften Fachzeitschriften rufen die Insolvenzrichter und -rechtspfleger gemeinsam zur Wie- derherstellung der Funktionsfähigkeit der Insolvenzge- richte und der Insolvenzordnung auf. Wörtlich heißt es darin: „Insolvenzverfahren natürlicher Personen sind in der derzeitigen Ausgestaltung viel zu personalintensiv, teuer, nicht zielführend und gefährden die eingetretenen positiven Entwicklungen des reformierten Insolvenzrech- tes“. Ein vernichtendes Urteil von denen, die tagtäglich mit diesen Regelungen zu tun haben. Immerhin veranlasste dieser Aufruf den Staatssekretär Hartenbach dazu, eine Stellungnahme abzugeben. Er sieht keinen Anlass für einen Rundumschlag, man wolle ledig- lich überprüfen, in welchem Umfang zur Gerichtsentlas- tung Verfahrenserleichterungen im Regelinsolvenzver- fahren eingeführt werden können. Das Problem ist nur, dass diese Stellungnahme an der Realität und der Praxis vorbeigeht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 1555 (C) (D) (A) (B) Die von der Regierung zu verantwortende Fehlent- wicklung führt dazu, dass zwischenzeitlich in den Fach- kreisen bereits darüber diskutiert wird, dass das gesamte Restschuldbefreiungsverfahren ganz abgeschafft werden soll. Immerhin hat das Amtsgericht München zwi- schenzeitlich das Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Frage eingeschaltet, ob denn die Regelungen der Rest- schuldbefreiung mit der grundgesetzlich verankerten Ei- gentumsgarantie vereinbar sind. Wahrhaft ein Phyrussieg für diejenigen, denen man helfen wollte. Ein Konsens, der über die Insolvenzordnung 1999 eingeführt worden war, wurde aus ideologischen Gründen aufgekündigt. Die Regierung hat vor allem eins gezeigt, nämlich dass sie von der Realität und der Praxis des Insolvenzrechtes in diesem Land nicht die geringste Ahnung hat. Hätte man im Vorfeld diejenigen, die die Verfahren abwickeln, be- fragt, dann hätten sie allen von der Neuregelung zum 1. De- zember 2001 abgeraten. Aber die Regierung ist ja so gut, dass sie keine Hilfe braucht und jeder, der nicht ihrer Mei- nung ist, keine Ahnung hat. Ich kann der neuen Justizministerin wärmstens emp- fehlen, die Änderung vom 1. Dezember 2001 rückgängig zu machen. Ich für meinen Teil würde diese begrüßen und sie werden in Fachkreisen auf große Zustimmung treffen. Helfen sie mit, dass die Gerichte wieder arbeitsfähig wer- den und wir ein Insolvenzrecht haben, dass tatsächlich ei- nen Ausgleich zwischen Gläubiger und Schuldner schafft. Die von mir angeführten Zahlen sind erschreckend. Wo immer man in dieser Angelegenheit ansetzt, man trifft verheerende Zahlen an, die zugleich Ausdruck für die de- saströse Wirtschaftspolitik dieser Regierung sind. Sie sollte endlich einsehen, dass sie auf dem Holzweg ist und ihre ideologischen Scheuklappen ablegen. Die Menschen und die Unternehmer in diesem Land brauchen endlich ein positives Zeichen. Der Arbeitsmarkt muss dereguliert werden und den Menschen muss Freiheit zurückgegeben werden, um sich unternehmerisch zu betätigen. Dann werden auch die Insolvenzzahlen wieder zurückgehen. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir er- leben eine fortschreitende europäische Einigung mit ei- nem gemeinsamen Markt, die Transformation der mittel- und osteuropäischen Staaten von der Plan- zur sozialen und Regeln unterworfenen Marktwirtschaft und eine zu- nehmende Liberalisierung des Welthandels in Zeiten der Globalisierung – mit Chancen und gleichzeitig neolibera- len Auswüchsen schlimmster Art. Der internationale Wirt- schaftsverkehr hat in den letzten Jahren neue Dimensionen erreicht. Diese Entwicklung der stärkeren internationalen Wirtschaftsverflechtungen wird sich mit Sicherheit fortset- zen. Nationales wie internationales Wirtschaften brauchen ein gesichertes rechtliches Umfeld. Es muss rechtliche Rahmenbedingungen geben – und es gibt sie –, die es ermöglichen, dass nationales wie grenz- überschreitendes Wirtschaften funktionieren und florie- ren können. Rechtssicherheit ist jedoch nicht nur wichtig und wünschenswert, wenn es darum geht, wirtschaftlich „blühende Landschaften“ ersprießen zu lassen, sondern auch und gerade dann, wenn etwas schief läuft. Konkret bedeutet das: Schutz der finanziell und wirtschaftlich Schwächeren, Schutz ihrer als bevorrechtigt anzusehen- den Rechte und Gewährung einer zweiten Chance in ge- eigneten Fällen. Die Rede ist von Insolvenzfällen. Wie im nationalen gibt es die leider auch im grenzüberschreiten- den Wirtschaftsleben. Dementsprechend stellt sich die Frage, wie mit Insolvenzverfahren mit grenzüberschrei- tendem Bezug zu verfahren ist. In der Europäischen Gemeinschaft war diese Frage lange bekannt. Nach dem Scheitern der Bestrebungen zur Schaffung eines Europäischen Insolvenzübereinkom- mens wurde deshalb schließlich die entsprechende Ver- ordnung Nummer 1346/2000 erlassen. Damit wurde das internationale Insolvenzrecht in der EU in wesentlichen Teilen vereinheitlicht, sodass nun endlich Klarheit herrscht bei Fragen der kollidierenden Zuständigkeit der Gerichte, der Eröffnung des Verfahrens und der Anerkennung aus- ländischer Insolvenzverfahren. Wir begrüßen dies aus- drücklich. Das Gleiche gilt für den Teil des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung der Kollisionsnormen des Internationalen Insolvenzrechts im deutschen Recht. Denn damit wird eine bisher nur lückenhafte Regelung des nationalen Rechts von einem umfassenden Gesetz ab- gelöst. Wir sorgen damit für die nötige Rechtsklarheit auch im nationalen Recht und zudem für ein reibungslo- ses Funktionieren der EG-Verordnung. Wenn wir zusätzlich zu einer EG-Verordnung, die oh- nehin direkte Bindungswirkung in den Mitgliedstaaten entfaltet, ein Gesetz schaffen, dann hat das einen triftigen Grund. Es geht vor allem auch darum, gegenüber Nicht- Mitgliedstaaten der EG nicht in gleicher Weise die Ver- ordnung anwenden zu müssen, sondern erforderlichen- falls die Möglichkeit zu schaffen, im Einzelfall die Rechtsstaatlichkeit und Funktionsfähigkeit der Verfahren in Drittländern prüfen zu können. Ich denke, darüber be- steht Einigkeit. Ich bin froh, dass wir bei einem Thema wie der Neure- gelung des Internationalen Insolvenzrechts an einem Strang ziehen. Das zeigt, dass es möglich ist, sachgerechte und ausgewogene Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. Lassen sie uns das ein Ansporn sein, auch Themen, die man vielleicht nicht als „rein fachpolitischer“ Natur be- zeichnen kann – ich denke da an die anstehende Novelle des Urheberrechts – einer solchen Lösung zuzuführen. Wenn eine größere Bandbreite von verschiedenen Inte- ressen berührt ist, dann sollten diese berücksichtigt und ihr Gewicht vernünftig gegeneinander abgewogen werden. Rainer Funke (FDP):Als wir im Oktober 1994 die In- solvenzordnung alle gemeinsam hier im Parlament verab- schiedet haben, war uns bewusst, dass die Fragen des In- ternationalen Insolvenzrechts nur bruchstückhaft in der Insolvenzordnung geregelt sind, und dass insoweit ge- setzliche Regelungen noch erfolgen müssen. Bewusst ha- ben wir die Entwicklung, insbesondere in Europa, abwar- ten wollen. Eine erste Verordnung der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 liegt nun vor und muss in deut- sches Recht eingefügt werden; auch wenn zuzugeben ist, dass die Verordnung direkt nationales Recht ist. Diese Einfügung in unser deutsches Recht ist dem Bundesjus- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 20031556 (C) (D) (A) (B) tizministerium gut gelungen; wir werden dem Gesetzent- wurf der Bundesregierung zustimmen. Wir sind uns darüber bewusst, dass am Internationalen Insolvenzrecht und dort insbesondere im Internationalen Konzerninsolvenzrecht weiter gearbeitet werden muss. Aufgrund der Globalisierung des gesamten Welthandels ist auch die internationale Konzernverflechtung vorange- schritten. Deswegen müssen durch internationale Verein- barungen, aber auch durch Rechtsvorschriften der Europä- ischen Union, die grenzüberschreitenden Auswirkungen einer Insolvenz eines Konzerns besser als bisher geregelt werden. Solche Dinge benötigen Zeit. Es wäre aber schön, wenn wir noch in dieser Legislaturperiode weitere wichtige No- vellierungen auf dem Gebiet des Internationalen Insol- venzrechts beschließen könnten. Dies gilt sowohl für das materielle Insolvenzrecht als auch für den formellen Be- reich. Es muss nicht nur die Zuständigkeit der einzelnen Insolvenzverfahren, sondern auch über die Abwicklung der Insolvenzverfahren im internationalen Verbund Klar- heit herrschen. Wir werden versuchen, wie im Insolvenz- recht bislang gute Übung, über die Fraktionen hinweg, vernünftige Regelungen zu finden. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz: Das Internationale Insolvenz- recht war bisher in Deutschland ein Stiefkind des Gesetz- gebers. Es ist in Art. 102 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung sehr lückenhaft geregelt. Das ist ange- sichts der vielfältigen grenzüberschreitenden Beziehun- gen deutscher Unternehmen, aber auch der von Privatper- sonen, zu wenig, wie uns nicht zuletzt die Fachkreise immer wieder bestätigen. Ich begrüße es deshalb sehr, dass die EG-Verordnung über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 das Interna- tionale Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten in den zentra- len Bereichen vereinheitlicht. Diese Verordnung ist in al- len Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht. Damit wir sie in Deutschland ohne größere Schwierigkeiten an- wenden können, sind gewisse Anpassungen im deutschen Recht erforderlich, wie etwa die Festlegung des Gerichts, das bei uns für Insolvenzverfahren mit grenzüberschrei- tendem Bezug zuständig sein soll. Diese Anpassungen nehmen wir in Art. 1 des Gesetzentwurfs vor, der Ihnen heute in zweiter und dritter Lesung vorliegt. Wir wollen außerdem unser Internationales Insolvenz- recht über den Kreis der Mitgliedstaaten der EU hinaus auf den Standard der Verordnung bringen. Denn das zu- recht beklagte Defizit im deutschen Internationalen Insol- venzrecht besteht ja auch gegenüber Drittstaaten, mit de- nen wir ebenfalls enge Wirtschaftsbeziehungen haben, wie etwa die USA. Der Gesetzentwurf sieht deshalb in Art. 2 eine eingehende Regelung für unser eigenes – au- tonomes – Internationales Insolvenzrecht vor, die sich weitgehend an das Regelungsprogramm der Verordnung anlehnt. Gewisse Einschränkungen sind hier jedoch vor- gesehen, da bei einer weltweiten Anwendung möglicher- weise auch Verfahren betroffen sind, die sich stärker von unseren insolvenzrechtlichen Vorstellungen unterschei- den, als es bei unseren Partnern in der EU der Fall ist. Dies hat bei den Beratungen im Wirtschaftsausschuss wohl einige Kollegen bewogen, den Grundsatz der Ge- genseitigkeit in unserem autonomen Internationalen In- solvenzrecht festschreiben zu wollen. Danach würden wir das Insolvenzverfahren eines anderen Landes anerken- nen, wenn es unser Verfahren anerkennt. Dieser Weg führt uns in der Praxis nicht weiter und koppelt uns von der Ent- wicklung in vergleichbaren Staaten ab. Ein Beispiel hier- für wäre ein Land, das zwar bereit ist, deutsche Insol- venzverfahren ohne weiteres anzuerkennen, in seinem eigenen Konkursrecht aber Verfahren kennt, die eher ei- ner Enteignung denn einem Insolvenzverfahren gleichen und ausländischen Gläubigern die Verfahrensteilnahme weitgehend verwehren. Die Anerkennung dieses auslän- dischen Verfahrens könnte nicht über den Grundsatz der Gegenseitigkeit abgelehnt werden. Effektive Kontrollen, mit denen solche Verfahren, die unseren Gerechtigkeitsvorstellungen grob zuwider lau- fen, abgewehrt werden können, bietet die Ordre-Public- Klausel, die sich in § 343 Abs. 1 Nr. 2 der Insolvenzord- nung in der Fassung unseres Gesetzentwurfs findet. Die Ordre-Public-Klausel ist das geeignete Mittel, um der Diskriminierung inländischer Gläubiger vorzubeugen und grob ungerechte Verfahren abzublocken. Wir erken- nen ein ausländisches Verfahren nicht deshalb an, weil der betreffende Staat auch deutsche Verfahren akzeptiert, sondern weil wir der Überzeugung sind, dass ein univer- sales Verfahren am Mittelpunkt der wirtschaftlichen In- teressen des Schuldners am besten für die Insolvenzgläu- biger ist. Auf dem Weg dorthin kommen wir mit diesem Gesetz einen großen Schritt weiter. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Berichts: Technikfolgenab- schätzung, hier: TA-Projekt: Tourismus in Groß- schutzgebieten – Wechselwirkungen und Koope- rationsmöglichkeiten zwischen Naturschutz und regionalem Tourismus (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Christian Eberl (FDP): Bereits die Überschrift „Wechselwirkungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Naturschutz und regionalem Tourismus“ weist auf die große Bedeutung der Kooperation zwischen Na- turschützern und Naturnutzern hin. Leider weist aus un- serer Sicht die bisherige Politik dieser Regierung in eine andere Richtung. Das in der letzten Legislaturperiode ver- abschiedete neue Naturschutzgesetz dient gerade nicht diesem Kooperationsprinzip und damit einem nachhalti- gen Interessenausgleich, sondern untergräbt die Akzep- tanz für Maßnahmen des Naturschutzes durch den Vor- rang ordnungsrechtlicher Maßnahmen. Das Resümee des vorliegenden Endberichtes können wir als FDP-Fraktion in vollem Umfang unterstützen und mittragen. Die Erhaltung und der Schutz der Natur einer- seits und die Entwicklung des Tourismus, aufbauend auf diesem natürlichen Kapital, andererseits zeigen auf, dass unsere Naturlandschaften in der Vergangenheit und auch in der Zukunft durch den Menschen geprägt und gestaltet Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2003 1557 (C) (D) (A) (B) wurden und werden. Letztlich zeigt der Bericht, dass es an strategischen Konzepten fehlt und dass es gilt, diese De- fizite anzugehen: Es fehlen regionale, ganzheitliche Ent- wicklungskonzepte, die alle Belange berücksichtigen. Es fehlt ein Marketingkonzept, um Tourismus im und nicht trotz des Großschutzgebietes zu entwickeln. Es fehlt zum Teil auch an der Information und Identifikation der örtli- chen Bevölkerung mit „ihrem“ Großschutzgebiet. Daher sollte der zuständige Umweltbundesminister aus unserer Sicht vorrangig mehr nationale Großschutz- gebiete und deren nachhaltige Entwicklung fördern, als globale Mittel für internationale Fonds – siehe Einzel- plan 16, Titel 687 11, Titelgruppe 01, Seite 24 – bereitzu- stellen. Aus diesen Fonds werden zum Beispiel die Vögel bei ihrem Überflug über der Sahelzone geschützt. Eine konkrete Unterstützung der Entflechtung der Interessen des Tourismus, der regionalen Bevölkerung und des na- tionalen Naturschutzinteresses, zum Beispiel der national bedeutsamen Kranichkolonien im Biosphärenreservat Elbtalauen in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, findet aber – noch – nicht statt. Als FDP-Fraktion werden wir den Bericht zum Anlass nehmen, eine weitere und deutlich verstärkte Förderung insbesondere der Biosphärenreservate anzumahnen, die aus unserer Sicht die besten Voraussetzungen für die Ko- operation zwischen kulturell geprägten Naturlandschaf- ten und sanftem Tourismus bieten. In diesem Sinne unter- stützen wir das Resümee und teilen die Auffassung, dass mehr Großschutzgebiete als Modellregionen entwickelt werden müssen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 20031558 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Ich schließe die Aussprache.
    Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

    Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/
    Die Grünen und der FDPauf Drucksache 15/295 zum Ent-
    wurf einer gemeinsamen Erklärung der Französischen
    Nationalversammlung und des Deutschen Bundestages
    zur interparlamentarischen Zusammenarbeit. Wer stimmt
    für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
    gen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Tagesordnungspunkte 3 c und 3 d: Interfraktionell wird
    Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/200
    und 15/296 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
    schüsse vorgeschlagen. Allerdings sollen diese Vorlagen
    – abweichend von den in der Tagesordnung gemachten
    Angaben – federführend vom Ausschuss für die Angele-
    genheiten der Europäischen Union beraten werden. Sind
    Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
    Überweisungen so beschlossen.

    Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:
    Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
    gierung
    Jahresbericht 2002 der Bundesregierung zum
    Stand der deutschen Einheit
    – Drucksache 14/9950 –
    Überweisungsvorschlag:
    Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

    Innenausschuss
    Sportausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
    Landwirtschaft
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für Kultur und Medien


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1446


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
    Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre
    keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
    minister Manfred Stolpe.

    Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister für Ver-
    kehr, Bau- und Wohnungswesen:

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Her-
    ren! Der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit ist
    noch kein Thema, das Begeisterungsstürme auslösen kann;
    denn harte Fakten fallen zuerst ins Auge: Die jüngsten Ar-
    beitsmarktzahlen weisen im Osten eine Durchschnittsar-
    beitslosigkeit von 18,4 Prozent gegenüber 8,2 Prozent im
    Westen aus. Die Abwanderung vor allem junger Leute dau-
    ert unvermindert an. Der Wohnungsleerstand beträgt an ei-
    nigen Standorten mehr als 20 Prozent und er wächst weiter.
    Diese Liste ließe sich fortsetzen.

    Doch ist auch wahr: Die Wertschöpfung von Unter-
    nehmen, speziell im verarbeitenden Gewerbe, ist seit
    1996 um 30 Prozent gestiegen. Die Zuwachsraten liegen
    über denen Westdeutschlands. Große Unternehmen, zum
    Beispiel der Autoindustrie und der chemischen Industrie,
    haben mit strategischem Blick in Ostdeutschland erheb-
    lich investiert. Im Wissenschafts- und Forschungsbereich
    sind neue und zukunftssichere Arbeitsplätze entstanden.
    Die ostdeutschen Hochschulen und Institute haben welt-
    weit einen guten Ruf. Wirtschaftliche Zentren entwickeln
    sich in erfreulicher Weise. Alle Länder weisen mittler-
    weile starke industrielle Kerne auf.

    Die Zahl der Existenzgründungen, zum Beispiel in
    Sachsen und Brandenburg, liegt, auf die Bevölkerung be-
    zogen, über der in Baden-Württemberg und Nordrhein-
    Westfalen. Die Angebote der Kinderbetreuung sind im
    Osten des Landes hervorragend.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Kampf gegen die Flut und ihre Folgen hat einmal
    mehr die Tatkraft, die Belastbarkeit und die Leistungsfä-
    higkeit der Menschen in Ostdeutschland gezeigt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist eindeutig: Zwölf Jahre deutsch-deutscher Soli-
    darität und tatkräftiger Aufbauarbeit in den neuen Bun-
    desländern haben einen gewaltigen Fortschritt gebracht.
    Weitaus mehr als die Hälfte des Rückstandes ist über-
    wunden. Die Menschen wollen die Angleichung der Le-
    bensverhältnisse durch eigene Leistung mitgestalten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir im Osten Deutschlands wollen nicht mehr länger
    Bremsklotz der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern
    aktive Mitgestalter eines starken und zukunftssicheren
    Deutschlands sein. Das muss unser gemeinsames Inte-
    resse sein.

    Noch müssen wir Überbrückungs- und Stützungsmaß-
    nahmen insbesondere für den Arbeitsmarkt leisten.

    So werden wir bis auf weiteres Arbeitsförderungsmaß-
    nahmen, Strukturanpassungsmaßnahmen und Arbeitsbe-
    schaffungsmaßnahmen finanzieren müssen; denn vorerst
    ist die Zahl der Arbeitswilligen weitaus größer als die
    Zahl der Arbeitsplätze.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das gilt auch für Maßnahmen, die die Bundesregie-

    rung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ergrif-
    fen hat. In den neuen Ländern sind im Jahr 2001 rund
    165 000 junge Menschen unter 25 Jahren durch gesetzli-
    che Maßnahmen gefördert worden. Entsprechend groß
    muss unser Engagement auch sein, wenn es um die Schaf-
    fung von Ausbildungsplätzen geht. Trotz aller Anstren-
    gungen sind wir weiterhin auf öffentlich finanzierte Aus-
    bildungsplätze angewiesen. Im Jahr 2002 waren es fast
    37 000. Auch das JUMP-Plus-Programm ist gegenwärtig
    unverzichtbar.

    All das reicht jedoch nicht. Zusätzlich werden wir uns
    auch alle schon beschlossenen Maßnahmen vornehmen
    müssen, die uns gerade in der Wirtschafts- und Arbeits-
    marktpolitik helfen können. Unsere Konzeption heißt, die
    wichtigsten Hebel entschlossen und beharrlich ansetzen.
    Diese Hebel kennen wir. Wir müssen sie nicht erst ratlos
    suchen. Mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes und der
    Neuordnung des Arbeitsmarktes haben wir einen wichti-
    gen Schritt getan,


    (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das bringt für den Osten gar nichts!)


    zum Beispiel werden „Kapital für Arbeit“ sowie steuerli-
    che Erleichterungen für Existenzgründungen und Kleinst-
    unternehmen auch im Osten Arbeitsplätze schaffen.


    (Manfred Grund [CDU/CSU]: Nicht einen einzigen!)


    Ein wichtiger Hebel wird die Mittelstandsoffensive
    sein; denn der Mittelstand ist das Herz der ostdeutschen
    Wirtschaft. Die Mittelstandsoffensive schreibt die bishe-
    rigen Hilfen fest. Neue Fördermaßnahmen kommen
    hinzu. Wir wollen, dass sich der Mittelstand im industri-
    ellen Dienstleistungsbereich noch besser entwickelt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Gründung einer Mittelstandsbank wird für ganz neue
    Impulse bei Existenzgründern und investitionsbereiten mit-
    telständischen Unternehmen sorgen. Die Mittelstandsbank
    wird Förderwege vereinfachen und beschleunigen. Sie
    wird Möglichkeiten für die Stärkung des Eigenkapitals der
    Unternehmen schaffen. Sie wird zusätzliche Beratungsak-
    tivitäten entwickeln und Unternehmen unterstützen, die
    bisher Schwierigkeiten hatten, eine Hausbank zu finden.

    Wir wollen, dass sich der Mittelstand in den neuen
    Ländern vor Ort entwickelt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Aber natürlich wollen wir auch Unternehmensansied-

    lungen fördern.
    Denn Ostdeutschland ist ein guter Investitionsstandort.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner




    Bundesminister Dr. h. c. Manfred Stolpe
    Die zentrale europäische Lage, die immer besser wer-
    dende Infrastruktur, qualifizierte Arbeitskräfte, in der Re-
    gel schnelle Verwaltungsverfahren und nicht zuletzt gute
    Investitionsförderung sollten wir weltweit stärker heraus-
    stellen. Wie man das macht, zeigt das Industrial Invest-
    ment Council, IIC. Dieses Promotionsbüro, dessen Name
    im Ausland bekannter ist als hierzulande, wurde von Bund
    und Ländern, Wirtschaftsvertretern und der Deutschen
    Ausgleichsbank initiiert. Es dient der Investitionswer-
    bung.

    Seit 1997 hat das IIC 88 Projekte mit einem Investiti-
    onsvolumen von 4,1 Milliarden Euro und rund 19 000 Ar-
    beitsplätzen angeworben. Es soll zunächst bis Ende 2004
    weitergeführt werden. Der Kollege Clement und ich wer-
    ben dafür, dass eine Weiterführung auch über diesen Ter-
    min hinaus möglich wird. Ich nutze die Gelegenheit, um
    auch Sie um Ihre Unterstützung zu bitten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Bundesregierung wird die wirtschaftlichen Rah-
    menbedingungen für die neuen Länder durch eine Viel-
    zahl von Maßnahmen weiter verbessern. Dazu zählt auch
    der Neu- und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, eines
    wichtigen Hebels der Standortentwicklung. Entsprechend
    haben wir die Investitionspolitik in diesem Bereich von
    Beginn an gestaltet. In den Jahren 1999 bis 2002 entfielen
    mehr als die Hälfte der Mittel des Investitionsprogramms
    auf die neuen Länder. So konnten dort 18 Milliarden Euro
    in die Verkehrswege investiert werden. Damit haben wir
    wichtige Projekte wie den Bau der Ostseeautobahn A 20
    vorfristig gesichert. Auch in Zukunft werden die neuen
    Länder bei den Verkehrsinvestitionen besondere Berück-
    sichtigung finden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie sollen einen Schwerpunkt im neuen Verkehrswege-
    plan bilden. Dabei wird es auch um den Neubau wichtiger
    Verkehrsachsen gehen. Ich nenne in diesem Zusammen-
    hang die A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin, die
    A 72 zwischen Leipzig und Chemnitz und die Hochge-
    schwindigkeitsstrecke der Bahn von Nürnberg über Erfurt
    nach Berlin.


    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich an dieser Stelle einfügen: So, wie der

    Aufbau Ost eine Aufgabe im Interesse von ganz Deutsch-
    land ist, werde ich mich auch für den Ausbau West ein-
    setzen. Denn zum Beispiel sind überlastete und verstopfte
    Verkehrswege in westlichen Entwicklungszentren auch
    eine Behinderung wirtschaftlicher Entwicklung für das
    gesamte Land.

    In den neuen Bundesländern gibt es noch erhebliche
    Rückstände in der kommunalen Infrastruktur. Straßen
    und öffentliche Gebäude bedürfen dringend der Instand-
    setzung. Da gibt es noch viel Arbeit und die Attraktivität
    der Städte könnte erheblich verbessert werden. Doch die
    Finanzkraft der Kommunen ist gering. Oft sind sie nicht
    in der Lage, die Kofinanzierung für Bundes- oder Lan-
    desprogramme aufzubringen. Ich setze hierbei dringend
    auf die Kommission Kommunalfinanzen, damit hier Aus-

    wege aufgezeigt werden können. Wenn es aber keine
    schnellen Möglichkeiten zur Verbesserung der Finanzlage
    gibt, sollten Krediterleichterungen ernsthaft geprüft wer-
    den. Das ist jedoch bekanntlich nicht nur Aufgabe des
    Bundes. Lassen Sie es mich noch einmal betonen: In der
    Verbesserung der kommunalen Infrastruktur liegt ein sehr
    wichtiger Hebel für den Aufbau Ost.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben uns vorgenommen, noch in diesem Jahr
    Bauen in Deutschland schneller und einfacher zu machen.
    Auch der Vorschlag, für ostdeutsche Länder entwick-
    lungshemmende Regelungen auszusetzen, sollte ernsthaft
    geprüft werden. Ich jedenfalls meine nicht, dass dieser
    Weg verfassungsrechtlich unmöglich ist.

    Meine Damen und Herren, Sie kennen das Programm
    „Stadtumbau Ost“. Dabei geht es um die Schaffung at-
    traktiver Wohn- und Lebensräume, die von Bürgern und
    potenziellen Investoren gerne angenommen werden. Das
    ist eine direkte Standortpolitik für die neuen Länder, die
    wir massiv weiterführen werden. Die dabei gewonnen Er-
    fahrungen fließen jetzt auch in das Pilotprogramm „West“
    ein.

    Meine Damen und Herren, wir wissen uns in der
    Pflicht, gleichwertige Lebensbedingungen in Ost und
    West zu schaffen. Das ist in vielen Bereichen gelungen.
    Auch die schrittweise Tarifangleichung hat in diesem Zu-
    sammenhang große Bedeutung. Es muss Schluss sein mit
    teilungsbedingten Benachteiligungen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Heute wissen wir, dass die innere Einheit bedeutet,
    nicht Ost und West gleichzumachen, sondern gemein-
    sam nach Perspektiven für unser Land zu suchen. In den
    90er-Jahren überließen Ostdeutsche die großen gesell-
    schaftlichen Diskussionen über die Rolle Deutschlands in
    Europa und der Welt oft dem Westen. In Ostdeutschland
    kümmerte man sich „um die wirklichen Probleme des Le-
    bens“, wie es genannt wurde, nämlich Arbeitslosigkeit
    und Wirtschaft.

    Diese Sicht hat sich geändert; denn die Menschen in
    den neuen Ländern haben sich verändert. Die Ostdeut-
    schen haben begriffen, dass sie ein Teil dieses Landes sind
    und Mitverantwortung tragen: ob es um das gesellschaft-
    liche Zusammenleben in unserem Land geht – ich denke
    dabei zum Beispiel an das Selbstbewusstsein unserer be-
    rufstätigen Frauen – oder ob es um die großen Fragen von
    Globalisierung, Terrorismusbekämpfung oder Erhaltung
    des Friedens geht. Die Menschen in Ostdeutschland mi-
    schen sich ein und werden gehört. Dabei ist es selbstver-
    ständlich, dass auch dort die Meinungen auseinander ge-
    hen und sich mitunter überraschende Allianzen quer
    durch Deutschland bilden.

    Bei anderen Fragen verläuft es entgegengesetzt. Haben
    wir im Osten vor zehn Jahren zum Beispiel in der Bil-
    dungspolitik noch darüber gestritten, welche Westmo-
    delle am besten zu übernehmen seien, gibt es heute ein
    neues Selbstbewusstsein, das durch die Suche nach ge-
    meinsamen Perspektiven gekennzeichnet ist.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1448


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)







    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Cornelia Pieper [FDP]: An uns hat es nicht gelegen!)


    Ostdeutschland ist auf einem guten Wege. Ich hoffe,
    dass die große Herausforderung, aber auch die Chance der
    Osterweiterung der Europäischen Union diesen Weg
    verstärken und nicht gefährden wird. Große Wettbewer-
    ber wachsen heran. Georg Milbradt sprach unlängst von
    einer möglichen Sandwichsituation des Ostens zwischen
    den alten Ländern und den künftigen EU-Mitgliedern. Es
    wird in der Tat darauf ankommen, dass wir im Osten bes-
    ser, effektiver und schneller sind. Innovation, Flexibilität
    und Qualität müssen Merkmale ostdeutscher Wirtschaft
    und Gesellschaft sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich wünsche mir, dass wir im Osten viele gute Beispiele
    für das ganze Deutschland hervorbringen können.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nutze die
    Gelegenheit, Ihnen allen für Ihre Unterstützung auf unse-
    rem schwierigen, aber hoffnungsvollen Weg zu danken,
    und bitte um Ihre weitere konstruktive und kritische Mit-
    arbeit an dem großen Projekt deutsche Einheit.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Der nächste Redner ist der Kollege Arnold Vaatz,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Keine Vorschusslorbeeren!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Arnold Vaatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Das letzte Jahr war ein besonderes Jahr. Es ist si-
    cherlich gerechtfertigt, von diesem Pult aus darauf einzu-
    gehen, wie es im Übrigen auch der Bericht tut. Es gab eine
    Naturkatastrophe, wie wir sie zuvor noch nicht erlebt
    hatten. Dabei haben wir nicht nur festgestellt, dass die
    Flüsse Unmengen von Wasser und Schutt gebracht haben,
    sondern auch eine Botschaft vernommen: Das vereinigte
    Deutschland hat eine neue Belastungsprobe erfolgreich
    überstanden; im Gegensatz zu dem, was diejenigen mei-
    nen, die immer von der Mauer in den Köpfen reden, ist
    Deutschland zusammengewachsen.


    (Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist ein Grund zur Freude. Es ist mir als sächsi-
    schem Abgeordneten ein Bedürfnis, mich von diesem Pult
    aus für das Ausmaß der Hilfe zu bedanken, das uns zu-
    teil geworden ist: 73 000 Einsatzkräfte von Bundeswehr,
    Technischem Hilfswerk, Bundesgrenzschutz, freiwilligen
    Feuerwehren usw. sowie unzählige freiwillige Helfer
    standen uns zur Seite. Ferner gab es eine Lawine der

    Hilfsbereitschaft der deutschen Öffentlichkeit. Auch viele
    Abgeordnete aus diesem Hause haben sich um die Orga-
    nisation von Hilfsgütern verdient gemacht. Auch die Me-
    dien haben dazu beigetragen. Ich möchte mich an dieser
    Stelle ganz besonders herzlich dafür bedanken.


    (Beifall im ganzen Hause – Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Bei der Bundesregierung können Sie sich auch mal bedanken!)


    – Des Weiteren hat die Bundesregierung – das ist richtig –
    an dieser Stelle mit den betroffenen Landesregierungen
    erfolgreich zusammengearbeitet und im Wesentlichen,
    wie ich meine, richtig gehandelt. Auch dafür kann man
    Dank sagen.

    Herr Bundeskanzler, Sie haben uns sogar mit den Wor-
    ten Mut gemacht, es werde niemandem nach der Flut
    schlechter gehen. Ich weiß nicht genau, ob Sie das in
    Kenntnis der wirklichen Sachlage gesagt haben; denn mit
    der Flut ist für viele Menschen weit mehr verschwunden
    als nur Hab und Gut. Aber wahlkampfwirksam war diese
    Aussage. Das muss man Ihnen sicherlich zugestehen. Et-
    liche Zeitungen haben damals insinuiert, dass es die Flut
    gewesen sei, die diese Regierung gerettet habe.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn!)


    Das ist ein Stück weit auch mein Eindruck. Es war in die-
    sen Tagen leider so, dass die Frage nach der wirtschaft-
    lichen und sozialen Zukunft Ostdeutschlands hinter den
    schrecklichen Flutbildern für kurze Zeit zurückgetreten
    ist. Wenn dies nicht geschehen wäre, dann wäre deutlich
    geworden, dass Sie auf diese Frage damals – das gilt auch
    heute – keine vernünftige und akzeptable Antwort gehabt
    haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Das zeigt auch Ihr neuerlicher Bericht zum Stand der
    deutschen Einheit. Wir warten eigentlich seit 1998, also
    seitdem Sie regieren, auf eine in sich geschlossene Ge-
    samtstrategie, die eine Perspektive eröffnet, wie und in wel-
    cher Zeit der Aufholprozess in Ostdeutschland vorangehen
    kann. Dieser Aufholprozess könnte ein Argument dafür lie-
    fern, dass sich Firmen wieder in Ostdeutschland ansiedeln
    und dass junge Menschen in Ostdeutschland bleiben. Aber
    auf eine solche Gesamtstrategie warten wir bis heute ver-
    geblich. Das zeigt auch wieder der neue Bericht.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das liegt nicht an uns, sondern an Ihnen! – Ludwig Stiegler [SPD]: Wenn Sie so schlau sind, dann sagen Sie es doch!)


    – Herr Stiegler, lassen Sie Ihre Kommentare. Hören Sie
    erst einmal zu! Bei Ihnen in Bayern stehen die Dinge
    glücklicherweise noch etwas besser.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Ja, freilich!)

    Wenn Sie aber so weitermachen, dann sieht es bei Ihnen
    in Bayern bald genauso aus wie bei uns.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Sagen Sie uns doch Ihre Weisheit!)


    Bundesminister Dr. h. c. Manfred Stolpe




    Arnold Vaatz
    Das versichere ich Ihnen. Herr Stiegler, alles, was in
    Berlin vergeigt wird, können die Bundesländer nicht he-
    rausreißen.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Sagen Sie das doch dem Edmund!)


    Diesmal liegen uns zum Glück zwei Schriftstücke vor,
    über die wir diskutieren können. Das eine ist der Bericht
    zum Stand der deutschen Einheit und das andere ist das
    Sachverständigengutachten, das ungefähr zur selben Zeit
    erschienen ist. Ein Unterschied ist festzustellen: Der
    Bericht der Bundesregierung erschien am 9. September
    2002, also vor den Bundestagswahlen, und das Sachver-
    ständigengutachten erschien am 13. Dezember 2002, also
    nach den Wahlen. Wenn man den Bericht und das Gut-
    achten vergleicht, dann fühlt man sich sehr stark an Herrn
    Gabriel erinnert, der gesagt hat: Die Wahrheit vor der
    Wahl – das hätten Sie wohl gern.

    Das Sachverständigengutachten, das sich sehr einge-
    hend mit Ostdeutschland beschäftigt und das in der nüch-
    ternen Sprache der Wissenschaftler geschrieben ist, ist
    eigentlich – das stellt man nur fest, wenn man es genau
    liest – eine vernichtende Kritik erstens an der Diagnose-
    fähigkeit der Bundesregierung, zweitens an der Fähigkeit,
    Bilanz zu ziehen, und drittens an der Fähigkeit, Rezepte
    zu entwerfen. Der Kernsatz des Sachverständigengutach-
    tens lautet: Der Konvergenzprozess der neuen Bundes-
    länder ist nach einem schnellen Fortschreiten in den ers-
    ten Jahren der Wiedervereinigung deutlich ins Stocken
    geraten. Deutlicher kann man Ihnen nicht sagen, was
    Chefsache Aufbau Ost für Ostdeutschland wirklich be-
    deutet hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Die längere Zeit von den ersten Jahren haben Sie regiert, Sir!)


    Die Sachverständigen fordern als Therapie ein speziel-
    les Wachstumsprogramm für Ostdeutschland mit teil-
    weise einschneidenden Konsequenzen. Im Übrigen ist das
    derselbe Tenor, der zwar schon seit vielen Jahren von un-
    serer Seite dieses Hauses vorgetragen wird, den Sie aber
    Jahr für Jahr nicht befolgen.

    Entsprechend nimmt das auch schon die Presse auf.
    Vor kurzer Zeit war in einer deutschen Illustrierten vorn
    eine Bildgeschichte abgedruckt – ich weiß nicht, ob Sie es
    gesehen haben –, bei der Herr Minister Stolpe Herrn Mi-
    nisterpräsidenten Steinbrück offenbar etwas Lustiges er-
    zählt. Unter der Rubrik „Prominenten in den Mund ge-
    schoben“ schrieb der „Stern“ dazu wie folgt: Herr Stolpe
    sagt Herrn Steinbrück, er habe dem Bundeskanzler er-
    zählt, der Aufbau Ost komme in diesem Jahr zum Laufen.
    Daraufhin lacht Herr Steinbrück schallend. – Wenn diese
    Worte es wert sind, Prominenten in den Mund geschoben
    zu werden, wenn sie ein Witz sind, wenn die Leute in der
    Tat darüber lachen müssen, dann bedeutet das: Die Öf-
    fentlichkeit weiß schon sehr genau, was wirklich hinter
    den schönfärberischen Berichten steht, die, seit Sie an der
    Regierung sind, regelmäßig zum Stand der deutschen
    Einheit erstattet werden.

    Diese Berichte beinhalten seit 1999 etwa dasselbe, nur
    mit einem Unterschied: Sie sind etwas unehrlicher ge-

    worden. 1999 hieß es im Bericht zum Stand der deutschen
    Einheit noch, dass sich der gesamtwirtschaftliche Auf-
    holprozess der neuen Länder vorerst nicht mehr fortge-
    setzt habe. Weiter haben Sie damals geschrieben: In den
    letzten beiden Jahren hat sich die Schere in der wirt-
    schaftlichen Leistung zwischen neuen und alten Ländern
    sogar wieder leicht geöffnet.

    Im Bericht 2000 hatte die Bundesregierung festgestellt
    – ich muss auch das wieder zitieren, obwohl es eigentlich
    bekannt ist, weil es mir darauf ankommt, diesen beschö-
    nigenden Sprachgebrauch aufzuzeigen –:

    1998 erreichte das gesamtwirtschaftliche Wachstum
    in den neuen Ländern 2,0 Prozent und lag damit er-
    neut leicht unter der westdeutschen Wachstumsrate
    von 2,8 Prozent.

    Damit ist das Wachstum im Osten um fast 30 Prozent
    niedriger gewesen als das im Westen. So weit hatte sich
    die Schere mittlerweile geöffnet. Es spricht Bände, dass
    das für diese Regierung kein Alarmsignal war.

    Im Jahr 2000 betrug das ostdeutsche Wirtschafts-
    wachstum nur noch 1,1 Prozent gegenüber 3,3 Prozent im
    Westen. Im Jahr 2001 sind wir schließlich dahin gekom-
    men, dass die ostdeutsche Wirtschaft geschrumpft ist: ein
    Wachstum von minus 0,1 Prozent.

    Herr Stolpe, Sie haben vorhin davon gesprochen, die
    Menschen in Ostdeutschland wollten nicht mehr länger
    Bremsklotz der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in
    Deutschland sein. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Die
    Menschen in Ostdeutschland waren niemals der Brems-
    klotz der Entwicklung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn es einen Bremsklotz der Entwicklung gab, dann
    war er in Berlin, im Bundeskanzleramt und in den Minis-
    terien.

    Das zu der Bilanz der letzten vier Jahre Ihrer Regie-
    rung.


    (Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Nun warten wir aber mal auf die Konzepte, die Sie vorstellen! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Der einzige Bremsklotz heißt Vaatz!)


    Während der ersten acht Jahre der deutschen Wieder-
    vereinigung war dieser Prozess einmal anders. Da wies
    die Tendenz in die andere Richtung. Es ist klar, dass es nur
    ziemlich quälend und ziemlich langsam ging, aber es war
    zumindest mit einer Perspektive versehen. Nicht hinzu-
    nehmen ist, wenn sich diese Tendenz jetzt umkehrt, wenn
    alles darauf hinweist, dass wir es in Zukunft mit einer
    größeren Lücke zwischen Ost und West zu tun haben wer-
    den als heute. Das werden die Menschen mit gutem Grund
    nicht hinnehmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Kommen wir nun zu einigen Detailproblemen. Die
    Sachverständigen erklären richtigerweise, das Hauptpro-
    blem in Ostdeutschland sei die unbefriedigende Entwick-
    lung auf dem Arbeitsmarkt. Genauso empfindet es auch
    die absolute Mehrzahl der Ostdeutschen. In Ihrem Bericht


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1450


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    müssen Sie offenbaren, dass sich die Anzahl der Arbeits-
    plätze in Ostdeutschland durch Ihre Politik in den vergan-
    genen vier Jahren nicht erhöht, sondern reduziert hat. Das
    können Sie auf der Seite 64 Ihres Berichts nachlesen. Die
    Beschäftigung in Ostdeutschland ist während Ihrer ge-
    samten Regierungszeit zurückgegangen – im ersten Jahr
    ungefähr um 40000, im zweiten Jahr um 110000 und im
    dritten Jahr um 180000. Das ist kein kontinuierlicher, son-
    dern ein progressiver Rückgang. Pro Jahr ist der Rückgang
    der Arbeitsplätze gegenüber dem Vorjahr um 70000 ge-
    stiegen. Stellen Sie sich diese Kurve bitte einmal weiter
    für die nächsten zehn Jahre vor! Dann werden wir den
    Punkt erreichen, dass es in Ostdeutschland überhaupt keine
    Arbeitsplätze mehr gibt. Das ist die Situation; sie lässt
    sich mit diesem Rückgang beschreiben.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Dann gibt es nur noch Sie!)


    – Das ist kein Grund, Witze zu reißen. Herr Stiegler, Sie
    können zwar Witze reißen; aber an dieser Stelle sind sie
    ausnahmsweise einmal am falschen Platz.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Sie sind ein Zweckpessimist, der nichts getan hat! Ein Jammerlappen!)


    Dennoch schreiben Sie in diesem Bericht, dass sich die
    Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern seit 1998 kaum
    geändert hat. Das ist, wie man diesem Bericht entnehmen
    kann, wieder nur die halbe Wahrheit und demzufolge eine
    halbe Lüge. Die Arbeitslosenquote spiegelt das Dilemma
    der Erwerbslosigkeit in Ostdeutschland schon längst nicht
    mehr adäquat wider. Das ist das Problem.

    Die Arbeitslosenquote schnellt nur deshalb nicht in die
    Höhe, weil altersbedingt inzwischen mehr Personen den
    Arbeitsmarkt verlassen als in ihn eintreten, weil die Re-
    gierung die Abwanderung gerade von jungen Leuten aus
    Ostdeutschland fördert – wir haben vorhin vom JUMP-Pro-
    gramm gehört; die Abwanderung der jungen Leute ist
    nämlich auch eine Folge dieses Programms –


    (Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

    und weil Langzeitarbeitslose dann aus der Statistik fallen
    – das ist besonders zynisch –, wenn sie nach der Teil-
    nahme an einem Programm der aktiven Arbeitsmarkt-
    politik erneut arbeitslos werden. Das ist die Realität.

    Sie müssen berücksichtigen, was gerade der letzte Fakt
    bedeutet. Er ist deshalb so schwerwiegend, weil unter den
    Arbeitslosen in Ostdeutschland die Anzahl der Langzeit-
    arbeitslosen – Personen, die länger als ein Jahr ohne Arbeit
    waren – gegenüber 1996 um fast ein Viertel gestiegen ist.

    Was haben Sie denn eigentlich getan – wir haben das
    lange Zeit beobachten können –, um diesen Zustand zu
    verbessern? Ich muss Ihnen sagen: leider nahezu gar
    nichts. Eine Reihe von Gesetzen, die Sie in diesem Hause
    mit Ihrer Mehrheit gegen uns verabschiedet haben, wir-
    ken bis heute asymmetrisch zulasten Ostdeutschlands.

    Im Sachverständigengutachten liest man, dass die Ar-
    beitslosigkeit unter den Geringqualifizierten in Ost-
    deutschland von 31 Prozent in 1991 auf 50 Prozent in
    2001 hochgeschnellt ist. In Ihrem Bericht halten Sie es
    nicht einmal für nötig, wenigstens die Frage zu untersu-

    chen, was Ihr 630-Mark-Gesetz in Bezug auf die Arbeits-
    plätze für Geringqualifizierte in Ostdeutschland bewirkt
    hat. Eine solche Untersuchung kann man doch einmal in
    Auftrag geben! Sie haben es nicht gemacht, weil Sie ganz
    genau wissen, dass dieses Gesetz besonders den Arbeits-
    markt in Ostdeutschland erheblich beschädigt hat.

    Auch auf die Frage, wie sich Ihr Scheinselbstständi-
    gengesetz und Ihr Betriebsverfassungsgesetz auf den Ar-
    beitsmarkt in Ostdeutschland ausgewirkt haben, findet
    man in Ihrem Bericht keinerlei Antwort. Wo, wenn nicht
    in einem solchen Bericht, wollen Sie denn darauf über-
    haupt einmal eingehen? Ich kann daraus nur schlussfol-
    gern, dass Sie darauf deshalb nicht eingehen, weil Sie et-
    was zu verbergen haben und weil Sie nicht zugeben
    wollen, dass diese Gesetzesinitiativen kontraproduktiv
    waren, dass sie die Perspektiven in Ostdeutschland weiter
    beschädigt und den Menschen nicht geholfen haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Disproportionen zwischen Ost und West haben

    sich in den letzten Jahren verschärft. Die Anzahl der Exis-
    tenzgründungen in Ostdeutschland ist schon seit 1999
    rückläufig. Im Jahr 2001 nahm die Anzahl der Neugrün-
    dungen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 9 Prozent
    ab, während der Rückgang im Westen nur bei 5 Prozent
    lag. Die Anzahl der Unternehmensneugründungen im
    Handel ging im gleichen Zeitraum um 12 Prozent zurück,
    während der Rückgang im Westen bei 5 Prozent lag. Ganz
    besonders schlimm ist die Entwicklung bei den EDV-
    Dienstleistungen in Ostdeutschland. Dort ist die Quote
    von 2000 zu 2001 um 18 Prozent gefallen. Das sind die
    traurigen Realitäten der Wirtschaft in Ostdeutschland.


    (Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Dass es aber weltweit eine Krise in dieser Branche gibt, das haben Sie zur Kenntnis genommen, ja?)


    Gerade was die Wachstumsbranchen angeht, auf die wir
    gesetzt haben – sie sind die einzige Hoffnung dafür, dass
    es tatsächlich zu einer Annäherung kommen kann –, ist
    das besonders traurig.

    Die Sachverständigen weisen der Infrastruktur nach
    wie vor eine Schlüsselstellung im Hinblick auf die Wachs-
    tumserwartung in Ostdeutschland zu. In der Tat ist es Ih-
    nen im Infrastrukturbereich an vielen Stellen gelungen,
    wenigstens die langfristigen Ansätze beizubehalten, die
    bereits die Vorgängerregierung geschaffen hatte. Das ver-
    dient Respekt. Nur: Eine wirkliche Weiterentwicklung
    des Infrastrukturprogrammes für Ostdeutschland ist leider
    nicht zu sehen. Im Osten werden zwar technologische
    Neuerungen eingeführt, aber eben in Schanghai und nicht
    in Halle oder Leipzig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war sehr witzig, Herr Vaatz! Der Einzige, der darüber lacht, sind Sie! – Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das war ein schlechter Gag! – Siegfried Scheffler [SPD]: Quatsch! Blödsinn!)


    – Das ist doch so.
    Während noch an den überregionalen Netzen gearbei-

    tet wird, kristallisieren sich inzwischen ganz andere

    Arnold Vaatz




    Arnold Vaatz
    Knackpunkte bei der Infrastrukturentwicklung heraus, die
    Sie in Ihrem Bericht nicht genügend zur Kenntnis neh-
    men. Das betrifft, wie es die Sachverständigen Ihnen in
    ihrem Gutachten sehr deutlich sagen, das gesamte Thema
    der öffentlichen Infrastruktur der Kommunen. Das sieht
    folgendermaßen aus: Die Kommunen sind mittlerweile
    durch Zahlungsverpflichtungen, die sie eigentlich nicht
    mehr bewältigen können, durch Kosten, die auf sie zu-
    kommen, und jetzt mittlerweile auch noch durch Tarifab-
    schlüsse, die sie nicht tragen können, an einem Punkt an-
    gelangt, wo sie ihre investiven Haushaltsanteile immer
    weiter zurückfahren müssen; dabei ist absehbar, dass sie
    nicht einmal mehr mit den Reparaturen der bestehenden
    Straßennetze nachkommen werden. Das ist die Realität.
    Sie sind in Ihrem Bericht gegenüber diesem Umstand lei-
    der völlig blind.

    Meine Damen und Herren, ich könnte noch sehr viel zu
    etlichen Einzelthemen sagen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Lieber nicht! – Ludwig Stiegler [SPD]: Gehen Sie in den Keller und klagen Sie die Wand an!)


    zum Beispiel auch dazu, dass Ihnen überhaupt nicht auf-
    gefallen ist, dass die Themenbereiche Ärztemangel und
    Wegbrechen der hausärztlichen Versorgung in Ihrem Be-
    richt überhaupt nicht erwähnt werden. Die Ärzte schlagen
    Alarm und beklagen, dass Sie dafür überhaupt keine Kon-
    zepte haben.

    Ich möchte mit einer kurzen Bemerkung schließen.
    Hier geht es nicht allein um das Thema Ostdeutschland.
    Vielmehr müssen wir im Kopf haben, dass wir keine für
    Ostdeutschland günstige Entwicklung erwarten können,
    solange in der gesamtdeutschen Wirtschaftspolitik grund-
    sätzlich falsche Weichen gestellt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Hier bitte ich Sie, sich anzuschauen, was Ihnen die
    Sachverständigen ins Stammbuch geschrieben haben,
    nämlich dass Sie endlich einmal Nägel mit Köpfen ma-
    chen sollten. Wenn Ihre Vorschläge sinnvoll sind, wer-
    den Sie die Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion be-
    kommen.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Gehen Sie lieber zur Apotheke! Ein Antidepressivum hilft Ihnen wieder auf die Beine!)


    Aber machen Sie sich eines klar: Unser Land Deutschland
    – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin – ist nicht
    mehr so stark, dass es eine beliebige Zeit lang eine völlig
    unfähige und neben der Mütze stehende Regierung ver-
    tragen könnte. Ostdeutschland ist noch nicht stark genug
    und war noch nie stark genug, als dass es ihm, wenn es
    dem gesamten Deutschland schlecht geht, nicht noch
    schlechter ginge.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Meinen Sie die Regierung Vogel? – Ludwig Stiegler [SPD]: Die sind alle besser als Vaatz-Trauerkloß!)


    Bedenken Sie, dass die Dinge, die in Westdeutschland ne-
    gativ zu Buche schlagen, in Ostdeutschland eine noch viel

    verheerendere und möglicherweise sogar irreparable Wir-
    kung hinterlassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)