Rede von
Horst
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Minister, ich gehe zunächst auf Ihr Angebot einer Zu-
sammenarbeit ein. Was Sie zum Verkehrswegeplanungs-
beschleunigungsgesetz gesagt haben, hat die volle Un-
terstützung der FDP. Diese Unterstützung hätte der
Verkehrsminister schon in der letzten Wahlperiode haben
können. Der Antrag lag nämlich mit der von Ihnen be-
schriebenen Zielsetzung bereits vor; allerdings hat ihn die
rot-grüne Mehrheit damals abgelehnt.
Wenn Sie jetzt schlauer geworden sind, ist es gut. Wir
werden Sie hier in der Hoffnung unterstützen, dass die
Mehrheit von der anderen Seite des Hauses mitzieht.
Aufgrund der Zeitknappheit werde ich mich heute
ausschließlich mit der Bahn befassen, Herr Kollege
Steenblock, und die Zahlen ein bisschen gerade rücken.
Gestern konnte man der „Berliner Zeitung“ entnehmen,
dass die Bahn offensichtlich wieder einmal – zum vierten
Mal hintereinander in der Ära Mehdorn – nicht in der
Lage ist, die ihr zur Verfügung gestellten Gelder tatsäch-
lich zu verbauen. In Regierungskreisen spricht man von
einer dreistelligen Millionenhöhe. Die Bauindustrie redet
von 700 Millionen Euro.
Ihr Sprecher hat gesagt, im letzten Jahr seien 400 Millio-
nen Euro nicht abgeflossen.
– Herr Kollege Schmidt, Sie haben schon mehrfach „Das
ist gelogen!“ dazwischengerufen. Die regierungsamt-
lichen Zahlen waren immer anders als Ihre. Offensichtlich
haben Sie eine eigene Buchführung.
Herr Minister, wenn Sie in Ihrem Haushalt wirklich
Spielräume und Flexibilität erreichen wollen, dann müs-
sen Sie das Problem Bahn in den Griff bekommen. Ande-
renfalls wird sie zum unkalkulierbaren Haushaltsrisiko.
Hinsichtlich der Strecke Köln–Frankfurt, des Knotens
Berlin, der Strecke München–Nürnberg und jetzt bereits
im Vorfeld der neuen Strecke München–Erfurt gibt es nur
ein Thema: Die Baukosten gehen nach oben.
Obwohl man die Mehrkosten auf diesen Strecken noch
nicht in den Griff bekommen hat, fordert Herr Mehdorn
die Erstattung der durch die Flut entstandenen Mehrkos-
ten. Dabei reicht es ihm nicht, dass er die Baukosten be-
kommt. Er möchte auch noch den Umsatzausfall vergütet
bekommen. Das wäre etwas Neues; das gab es in Deutsch-
land noch nicht.
Des Weiteren möchte er den Bundesgrenzschutz kos-
tenlos auf den Bahnhöfen behalten. Über diesen Punkt
kann man noch aus ordnungspolitischen Gründen streiten.
Auch wir sind der Meinung, dass die Herstellung von Si-
cherheit eine hoheitliche Aufgabe ist, für die der Staat in
Vorleistung treten muss.
Das eigentliche Problem ist, dass Herr Mehdorn eine
„Deutsche Bundesbahn AG“ möchte. Er möchte die AG,
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002
Horst Friedrich
wo sie ihm nützt, und er möchte die Staatsbahn, wo
sie ihm hilft. Damit agiert er entgegen den Vorgaben des
Eisenbahnneuordnungsgesetzes. Er konzentriert alle
Macht in der Holding, obwohl im Eisenbahnneuordnungs-
gesetz definitiv steht, dass die Holding nur vorübergehend
zu installieren sei und dann aufgelöst werden müsse. Nur
dann, wenn Sie die Holding auflösen – hier erwarte ich
jetzt ein Machtwort des Verkehrsministers als des Vertre-
ters des Eigentümers Bundesrepublik Deutschland –, wer-
den wir in der Lage sein, wenigstens die Transportbereiche
der Bahn an den Markt zu bringen. Über die Trennung von
Netz und Betrieb will ich mich hier nicht weiter auslassen.
Bedeutsam für einen Haushalt ist auch, dass die Bahn
mittlerweile wieder eine Verschuldung von 18 Milliar-
den Euro erreicht hat, obwohl sie 1994 entschuldet wurde
und seit diesem Zeitpunkt Steuergelder in Höhe von
75 Milliarden Euro in die Investitionen und 45 Millio-
nen Euro in das Bundeseisenbahnvermögen geflossen sind.
Wenn Sie hier nicht die Bremse anziehen, werden Sie das
Problem nicht in den Griff bekommen und deswegen im-
mer Schwierigkeiten mit dem Haushalt haben. Zu dieser
Problematik biete ich Ihnen den offenen Dialog der FDPan.
Hierfür werden Sie die Unterstützung der FDP bekommen.
Ihrem Haushalt können wir jedoch leider nicht zustimmen.
Danke sehr.