Rede von
Dr.
Rainer
Wend
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Wöhrl, es bereitet mir natürlich eine besondere
Genugtuung, dass ich Ihnen mit meinen Bemerkungen
eine Freude machen konnte. In der Sache aber halte ich es
für bezeichnend, dass Sie allein nach Steuersubventionen
Dr. RainerWend
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002
Dr. RainerWend
rufen, wenn ich sage, dass wir die Eigenkapitalbildung in
Deutschland dadurch stärken müssen, dass wir wieder pri-
vates Eigenkapital in den Vordergrund rücken und die al-
ten steuerlichen Regelungen, die die Hereinnahme von
Fremdkapital geradezu begünstigt haben, novellieren.
Auf Dauer werden wir keine niedrigen Steuersätze – wir
wollen den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent senken –
schaffen können, wenn gleichzeitig die steuerlichen Be-
messungsgrundlagen weiter verengt werden. Steuersub-
ventionen werden abgeschafft werden müssen, damit wir
niedrige Steuersätze erreichen können. Daran werden wir
festhalten, Frau Wöhrl.
Ein letztes Instrument, das mir wichtig ist und das wohl
bei uns allen noch nicht so bekannt ist, sind die öffentlich-
privaten Partnerschaften. Was meine ich damit? Wir müs-
sen Haushaltskonsolidierung betreiben. Daran kommen
wir nicht nur wegen Europa nicht vorbei, sondern auch
aus ökonomischen Gründen nicht, weil sich der Staat auf
dem Kapitalmarkt nicht so stark bedienen darf, wenn er
niedrige Zinsen gewährleisten will. Gleichzeitig wollen
wir aber auch öffentliche Investitionen stärken, weil eine
gute Infrastruktur ein besonders wichtiger Standortvorteil
unseres Landes ist und weil wir mithilfe der öffentlichen
Investitionen Beschäftigung generieren wollen. Wie ge-
hen die Stärkung der Investitionen und die Haushaltskon-
solidierung zusammen? – Dazu brauchen wir neue Instru-
mente, die übrigens auch unter dem Ministerpräsidenten
Wolfgang Clement in Nordrhein-Westfalen genutzt wur-
den. Eines dieser Instrumente heißt Public Private Part-
nership. Es bedeutet, Investitionen privat finanzieren und
übrigens auch privat betreiben zu lassen – es ist nicht nur
ein Finanzierungsmodell – und in Kooperation mit priva-
ten Kapitalgebern zu versuchen, die Belange der öffent-
lichen Hand, die öffentliche Daseinsvorsorge sicherzu-
stellen, zu stärken und zugleich Haushaltskonsolidierung
zu betreiben. Meine Bitte an das Ministerium und an die
Fraktionen dieses Hauses lautet, diesem Instrument ver-
stärkte Aufmerksamkeit zuzuwenden, da es, wie Groß-
britannien, Portugal und andere Länder zeigen, ein Ansatz
zur Lösung der Problematik sein kann.
Abschließend erlaube ich mir, auch für die Zuschauer
ein Zitat zu verlesen, das ich richtig zu verstehen bitte.
Der Porsche-Manager Wendelin Wiedeking schrieb ges-
tern in der „FAZ“:
Deshalb ist die Frage schon falsch, ob diese Bundes-
regierung den Standort Deutschland gefährdet. Ge-
fährdet wird er durch eine Haltung der Individual-
interessen, die auf das Gesamtwohl keine Rücksicht
mehr nimmt.
Was will ich damit sagen? Ich will damit nicht sagen,
dass wir, die Koalitionsfraktionen, keine Aufgaben mehr
haben. Das ist weiß Gott nicht so. Ich will damit sagen,
dass Gemeinwohl Modernisierung unseres Landes, Mo-
dernisierung der sozialen Sicherungssysteme und Mo-
dernisierung der Arbeitsmärkte heißt. Gleichzeitig heißt
Gemeinwohl: Sicherheit und Verlässlichkeit für die Men-
schen in unserem Land, die auf dem Weg in die Zukunft
mitgenommen werden müssen. Gemeinwohl heißt also,
beide Richtungen zusammenzuführen. Darum bemühen
wir uns in der nächsten Zeit.