Wir beide wissen, dass diese Anfrage des israelischen
Heeres nicht unbedingt auf dem üblichen, korrekten di-
plomatischen Weg auf den richtigen Schreibtischen gelan-
det ist. Das ist nicht nur unsere Verantwortung, sondern
möglicherweise auch die Verantwortung derer, die Fragen
an die falsche Adresse schicken. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist: Der Bundeskanzler hätte es in der
Situation, in der er Ihnen zugesagt hat, Sie insgesamt über
vorliegende Anfragen zu informieren, aus Ihrer Sicht im-
mer nur falsch machen können. Hat er Sie und die Öf-
fentlichkeit informiert – das hat er getan –, kritisieren Sie
es jetzt. Hätte er nicht darüber informiert, würden Sie
heute sagen: Der Bundeskanzler hat uns wieder einmal
nur halb informiert. Er konnte also tun, was er wollte, bei
Ihrer Absicht, dies parteipolitisch zu instrumentalisieren,
finden Sie immer einen Ansatz, Kritik zu üben.
Ich bleibe dabei: Lassen Sie das bitte bei diesem Thema!
Um alles andere lassen Sie uns miteinander hart ringen und
streiten.
– seien Sie mir nicht böse, aber ich möchte etwas Rück-
sicht auf die Kollegen nehmen, die nach uns noch reden
möchten, und würde jetzt gern zu meinem eigentlichen
Thema, zum Bundeshaushalt, kommen. Ich nehme das
Thema nämlich ernst. Ich möchte das Thema „Lieferun-
gen an Israel“ nicht unnötigerweise weitere vier Wochen
in der öffentlichen Debatte halten und höre deshalb mit
dem heutigen Tag damit auf.
Der vorgelegte Verteidigungsetat ist ein grundsolider
Entwurf. Er zeigt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
nachhaltig angelegter Haushaltskonsolidierung und ge-
staltender Politik auch im Einzelplan 14. Die Bundeswehr
bekommt das, was sie braucht. Die Menschen, die bei der
Bundeswehr arbeiten, können sich darauf verlassen: Sie
haben einen sicheren, einen attraktiven Arbeitsplatz. Es
ist nicht in Ordnung, wenn der Kollege Austermann heute
wieder versucht, ihnen einzureden, sie hätten mit großen
Risiken, Gefährdungen usw. zu rechnen. Nein, die Men-
schen können sich auf die Zusage der Arbeitsplatzsicher-
heit verlassen. Das ist etwas ganz Wichtiges.
Wir setzen mit dem Einzelplan 14 unseren finanzpoli-
tischen Weg konsequent fort. Das Gesamtziel bleibt die
Sanierung unserer Staatsfinanzen. Ich will gar nicht jam-
mern über die Erblast, über das, was Sie uns hinterlassen ha-
ben. Wir stehen dazu: Wir wollten Verantwortung in diesem
Land tragen; wir haben sie übertragen bekommen. Deshalb
sind es heute unsere Probleme und unsere Schulden.
Aber eines lassen wir trotzdem nicht zu: dass Sie auf
beiden Oppositionsbänken, die Sie uns die Kassen leer
geräumt und den Investitionsstau im Verteidigungsetat
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 955
verursacht haben, sich heute hier hinstellen und „Haltet
den Dieb!“ rufen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen;
das ist alles andere als seriös.
Der Verteidigungsetat wird seinen Beitrag zur Konsoli-
dierung leisten müssen. Denn wir wissen, ein Staat wird nur
handlungsfähig bleiben, wenn wir jetzt die notwendigen
Freiräume für Investitionen in der Zukunft schaffen. Eines
muss uns doch auch klar sein: Wir würden der Bundeswehr
keinen Gefallen tun, wenn wir jetzt diese Spielräume völlig
vervespern würden. Die Zuläufe an teurem, aufwändigem
Gerät wird es Ende des Jahrzehnts geben. Das, was wir jetzt
notwendigerweise an nicht immer einfachen Operationen
vornehmen, hat das Ziel, diese notwendigen Beschaffungen
in den nächsten zehn bis 15 Jahren überhaupt erst zu er-
möglichen. Das steckt hinter den strikten Sparkonzepten.
Unter Berücksichtigung des Antiterrorpakets beträgt
der Verteidigungsetat unverändert, also nicht gekürzt,
24,4 Milliarden Euro. Durch die Verstetigung bis zum
Jahr 2006 ist es möglich, die Bundeswehr an die neuen si-
cherheitspolitischen Herausforderungen anzupassen und
gleichzeitig – das ist das Schwierige an diesem Prozess –
die Streitkräfte zu modernisieren und zu reformieren.
Wir sind uns schon bewusst, dass der Plafond durchaus
knapp bemessen ist. Deshalb ist es ganz wichtig, dass zu-
sätzliche Flexibilisierungsinstrumente eingebaut wurden,
die es ermöglichen, auf unvorhergesehene Risiken und Er-
eignisse angemessen zu reagieren und gleichzeitig die Bun-
deswehr mit dem auszustatten, was sie braucht. So wurde
zum Beispiel für die internationalen Einsätze mit insge-
samt 1,3 Milliarden Euro Vorsorge getroffen. Mit diesem
Betrag ist es doch möglich – und das ist es schon in den letz-
ten Jahren gewesen –, das Schutzkonzept, das uns sehr am
Herzen liegt, für die Soldaten, zum Beispiel im Bereich des
Minenschutzes, zu verbessern. Die Soldaten haben moder-
nes Gerät erhalten. Der „Dingo“ steht als Beispiel für ein
mobiles, gut geschütztes Fahrzeug. Sie haben doch auf die-
sem Gebiet jahrelang gar nichts auf die Reihe bekommen.
Mit diesen 1,3 Milliarden Euro ist es möglich, die er-
schwerten Einsatzbedingungen unserer Einsatzkräfte in
Afghanistan zu mildern und sie zu schützen, indem wir ih-
nen bessere, feste Unterkünfte bauen. Ich denke, unsere
Soldatinnen und Soldaten wissen dies in Wirklichkeit
auch. Sie sind in allen Einsatzgebieten gut ausgerüstet.
Daran wird sich nichts ändern, auch wenn Sie – wie übri-
gens auch in anderen Politikfeldern – die materielle Aus-
stattung der Bundeswehr ständig schlecht reden.
Ich frage Sie: Nehmen Sie eigentlich nicht wahr, dass
die Soldaten selbst sagen, sie seien gut ausgestattet,
dass aber vor allen Dingen unsere internationalen Partner
allergrößten Respekt vor den Leistungen der deutschen
Soldatinnen und Soldaten in den Auslandseinsätzen haben?
Wie passt denn dies zusammen? Wenn das Gerät und die
Motivation so schlecht wären, wie Sie dauernd behaup-
ten, könnten sie doch nicht diese gute Leistung erbringen.
Dies passt alles nicht zusammen. Die Soldaten sind davon
überzeugt, dass ihre Aufgabe wichtig und sinnhaft ist.
Sie wissen auch, dass sie sich auf die Bereitstellung der
notwendigen Ausstattung und die gute Ausbildung ver-
lassen können.
Ich bin der Meinung, es ist ein wichtiges Steuerungs-
instrument, dass die Einsparungen, die in Zukunft auch
bei diesen internationalen Einsätzen ein Stück weit mög-
lich sein werden, dem Einzelplan 14 an anderer Stelle zu-
gute kommen. Eines ist doch klar: Die anfänglich hohen
Kosten für den Transport nach Afghanistan werden gerin-
ger. In Mazedonien – wir haben den Antrag vorliegen und
werden ihn beschließen – wird das Personal reduziert.
Auch dort werden Mittel frei. Die Marineeinheiten am
Horn von Afrika werden reduziert. Dies alles führt unter
dem Strich natürlich zu einer nachhaltigen finanziellen
Entlastung anderer Etatposten im Einzelplan 14.
Die Personalausgaben sind auf 12,4 Milliarden Euro
plafondiert. Dadurch sind aber weiterhin alle zugesagten
und bereits eingeleiteten Maßnahmen möglich. Diese wa-
ren überfällig. Die Ungleichgewichte bei der Personal-
und Besoldungsstruktur sind bereits weitgehend abge-
baut. Die gestartete Ausbildungs- und Qualifizierungsof-
fensive macht den Dienst wirklich attraktiver. Es ist auch
ein Märchen – das Sie die ganze Zeit erzählen –, dass wir
keinen Nachwuchs mehr finden. Das stimmt nicht. Die
Bewerber- und Nachwuchslage ist gut, weil die Menschen
sehen, dass die Bundeswehr ihnen eine solide Chance gibt
und es vor allen Dingen hervorragende berufliche Ausbil-
dungslehrgänge gibt.
Wir haben den Beförderungsstau – Herr Austermann,
Sie haben viele Jahre nur darüber geredet – drastisch ab-
gebaut. Wir haben die Besoldung gerade für die unteren
Besoldungsgruppen endlich angehoben. In den letzten
Monaten ist vieles bewegt worden.
Diese Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität kos-
ten viel Geld. Deshalb ist es kein Wunder, wenn der Anteil
des Personaletats am Gesamtetat weiterhin bei 51 Prozent
liegt. Aber Ihre Krokodilstränen sind wirklich nicht glaub-
würdig. Sie sind noch nicht einmal in der Lage, sich von
Ihrem alten Konzept, dass wir angeblich eine Bundeswehr
mit 300000 Mann – die CSU will noch mehr – bräuchten,
zu lösen. Ihr Modell ist sicherheitspolitisch falsch und
überhaupt nicht finanzierbar. Würden wir Ihrer Politik in
diesem Bereich folgen und ein solches Modell verwirkli-
chen, würde den Soldaten die materielle Grundlage, aber
auch die Chance auf eine bessere Ausrüstung genommen.
RainerArnold
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002
RainerArnold
Es bleibt ein Grundproblem: Die Investitionsmittel
müssten steigen. Sie sind noch zu gering. Aber auch hier
haben wir etwas erreicht. Im Vorjahr befand sich der An-
teil der investiven Mittel im Verteidigungsetat mit
24,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit 1991. In diesem
Jahr wird er zur Verbesserung der materiellen Ausstattung
noch um 900 Millionen Euro auf insgesamt 6,1 Milliar-
den Euro erhöht. Damit steigt der prozentuale Anteil auf
über 25 Prozent. Wir bewegen uns wenigstens auf das
30-Prozent-Ziel zu. Sie haben sich viele Jahre davon
wegbewegt. Dies ist ein wesentlicher Unterschied.
Außerdem – der Minister hat es heute schon angekün-
digt und wir als Parlamentarier sind begleitend dabei – wer-
den die Bundeswehrplanung und die Finanzplanung
wieder in Einklang gebracht. Deshalb ist es richtig, heute
alte Rüstungsvorhaben, die zum Teil Sie vor 15 Jahren aufs
Gleis gesetzt haben – aufgrund anderer sicherheitspoliti-
scher Notwendigkeiten; das akzeptieren wir durchaus – zu
korrigieren und anzupassen. Die Stückzahlen müssen lo-
gischerweise auf das operativ notwendige Mindestmaß re-
duziert werden, auch wenn dies für die Rüstungswirtschaft
manchmal schmerzhaft ist.
Eines ist klar: Wir können es uns doch nicht mehr leis-
ten, Überbestände jahrelang in teuren Depots unterzustel-
len, zu warten und die Kosten dafür zu tragen. Das ist auch
nicht mehr notwendig. Heute wurde schon gesagt: Wir se-
hen viele gute Chancen bei einer besseren Kooperation
der europäischen Rüstungsindustrie.
Herr Austermann, Sie reden hier die GEBB so schlecht.
Es war nie das ausschließliche Ziel der GEBB, einfach
Geld zu sparen.
– Lassen Sie mich doch einmal ausreden.
– Ich sage Ihnen gleich etwas dazu. Ich muss auch nicht
alles loben; da haben Sie durchaus Recht.
Wenn es darum geht, eine öffentliche Verwaltung mit
135000 Zivilbeschäftigten zu modernisieren – das ist ein
schwieriger Prozess –, kann man nicht einfach top-down
sagen: Dort geht es lang. Vielmehr – das sehe ich schon
so – muss man tastend vorgehen. Eines sollten Sie also zur
Kenntnis nehmen: Die GEBB ist nicht nur dazu da gewe-
sen, Geld zu sparen. Die GEBB soll diesen Modernisie-
rungsprozess anstoßen.
Es ist doch auch gelungen. Ich nenne zum Beispiel das
Flottenmanagement, das in seiner Einführungsphase ist.
Es geht darum, in den nächsten Jahren die alten Fahr-
zeuge, die wir von Ihnen geerbt haben, vom Hof zu krie-
gen und durch neue, moderne Fahrzeuge zu ersetzen.
Es ist ein Bekleidungsmanagement gelungen.
Ob Sie es sich vorstellen können oder nicht: Über das
ganz schwierige zentrale Thema „Verbesserung der Kom-
munikationstechnik bei der Bundeswehr“
gibt es – Sie wissen das genau –
sehr tief greifende Verhandlungen mit großen und guten
industriellen Partnern. Dieses Projekt gelingt umso
schneller, Herr Austermann – das ist die Erfahrung, die
wir in den letzten Monaten gemacht haben –, je weniger
Sie in Ihrer Funktion im Haushaltsausschuss aus partei-
taktischen Gründen immer wieder Sand in solche Projekte
streuen.
Sie haben das übrigens auch beim Transportflugzeug
A400M getan.
Das Hickhack, das dabei entstanden ist, hat doch nicht nur
etwas mit der Schwierigkeit der Entscheidung zu tun,
sondern auch damit, dass Sie in diesem Bereich ein Jahr
lang Nebelkerzen gezündet haben.