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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 871 A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 871 B b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 871 B c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Fi- nanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 871 B Einzelplan 04 in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag des Abgeordneten Dr. Wolfgang Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die Türkei (Drucksache 15/126) . . . . . . . . . . . . . . . . 871 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 871 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 876 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . 886 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . 889 D Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 896 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 905 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . 908 D Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 910 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 913 A Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 913 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915 B Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 916 B Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 917 C Bernhard Kaster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 918 B Einzelplan 05 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Menschenrechte als Leitlinie der deutschen Politik (Drucksache 15/136) . . . . . . . . . . . . . . 920 B Plenarprotokoll 15/13 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 I n h a l t : b) Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien nicht vergessen (Drucksache 15/64) . . . . . . . . . . . . . . . 920 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 920 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 921 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 923 B Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 924 D Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 928 A Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . 928 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 929 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 930 B Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 932 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 934 A Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 D Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 936 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 937 D Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 939 D Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 D Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 941 B Rainer Eppelmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 942 B Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 944 B Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . 944 C Einzelplan 14 Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 945 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 948 C Verena Wohlleben SPD . . . . . . . . . . . . . . 949 D Alexander Bonde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 950 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 952 B Rainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . 954 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 954 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 957 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 D Helga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 A Dr. Hans-Peter Bartels SPD . . . . . . . . . . . . . 962 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 963 C Einzelplan 23 Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 967 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . 969 D Thilo Hoppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 970 C Markus Löning FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 B Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 974 D Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975 A Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . . . . 975 C Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 975 C Detlef Dzembritzki SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 977 B Einzelplan 06 Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 979 A Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 981 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . 982 B Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 983 A Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984 D Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988 A Dagmar Freitag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989 B Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 990 A Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 C Stephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . 993 A Einzelplan 07 Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 994 B Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 996 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1001 B Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 C Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1005 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 1009 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 871 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Norbert Barthle Berichtigung 12. Sitzung, Seite 744 (B), der letzte Absatz ist wie folgt zu lesen: Wir haben eine Menge getan, um die Eigenkapitalbildung des Mit- telstandes zu erleichtern. Aufgrund unserer Steuerreform ist inzwi- schen die obere Grenzbelastung – 1998 lag sie bei 69 Prozent – auf 51 Prozent gesenkt worden. So etwas haben sie in Ihrer Regierungs- zeit nie zuwege gebracht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 1009 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 04.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 04.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 04.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 04.12.2002 Hartmut Caesar, Cajus CDU/CSU 04.12.2002 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 04.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 04.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 04.12.2002 Großmann, Achim SPD 04.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 04.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 04.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 04.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 04.12.2002* Dr. Lötzsch, Gesine fraktionslos 04.12.2002 Dr. Lucyga, Christine SPD 04.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 04.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 04.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 04.12.2002** Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 04.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michael Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Las-

    sen Sie mich zu einem Thema kommen, das auch die
    Außenpolitik, obgleich es gar nicht mehr dazu gehört, maß-
    geblich mitbestimmt hat, nämlich zu Europa. Europa ist auf
    einem guten Weg. Wir haben große Fortschritte erzielt. Wir
    kommen voran mit einer europäischen Verfassung,


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die gibt es noch nicht!)


    voran mit der Erweiterung, voran auch mit der deutsch-
    französischen Partnerschaft. Daran haben Sozialdemo-
    kratinnen und Sozialdemokraten, die Grünen, und die
    Bundesregierung maßgeblich mitgewirkt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    CDU/CSU sind hier jedoch, wie auch in der Innenpolitik,
    auf dem Holzweg. Ihnen geht es in diesen Tagen nicht um
    Tatsachen; sie betreiben billige Polemik, sie polarisieren.
    Sie gefallen sich in Populismus. Das Schlimmste daran
    ist, dass Sie Ihre eigene Reputation und Ihre eigene Se-
    riosität in der Europapolitik auf dem Altar des Opportu-
    nismus opfern.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wir waren die Einzigen, die ein vollständiges Konzept veröffentlicht haben!)


    Sie sind in dieser Frage in die Regionalliga abgestiegen.
    Sie schaden damit nicht nur sich selbst – das könnte mir
    ja noch egal sein –, Sie schaden vor allem dem Ansehen
    unseres Landes.

    Ich will mich auf Ihren Umgang mit einem möglichen
    EU-Beitritt der Türkei konzentrieren. Sie betreiben hier
    primitive Stimmungsmache. Es ist schon von der Konti-
    nuität gesprochen worden. Seit 1963 ist der Türkei eine
    Perspektive aufgezeigt worden. Natürlich steht ein Inte-
    resse dahinter, das Interesse, der Demokratie, der Rechts-
    staatlichkeit, der Durchsetzung von Menschenrechten,
    dem Laizismus in diesem Land zum Durchbruch zu ver-
    helfen und die demokratischen Strukturen zu stabilisie-
    ren. In dieser Kontinuität stehen wir, dieser Kontinuität
    fühlen wir uns auch verpflichtet.

    Sie sollten uns alle auch einmal hinter die Fassade
    blicken lassen, die Sie mit Ihrem Antrag, dem schäuble-
    schen Antrag, aufgebaut haben und hinter der Sie sich ver-
    stecken. Dann wird klar, dass Sie nicht Frieden geschlos-
    sen haben mit dem Verständnis Europas und der Euro-
    päischen Union, wie es sich jetzt darstellt. Die Europä-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    936


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 937

    ische Union ist eben keine Konfessionsgemeinschaft,
    sondern eine Wertegemeinschaft, die auf Pluralität und
    auf kultureller Vielfalt beruht: Sie hat christliche Wurzeln,
    sie hat jüdische Wurzeln, sie hat aber eben auch islami-
    sche Wurzeln. Sie betreiben im Hinblick auf die Wahlen
    in Hessen und Niedersachsen billigen Wahlkampf. Das
    muss auch in dieser Debatte einmal deutlich angespro-
    chen werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Natürlich ist uns bewusst, dass Beitrittsverhandlungen

    erst dann geführt werden können, wenn klar ist, dass die
    Kopenhagener Kriterien und die wirtschaftlichen Krite-
    rien erfüllt werden. Dann kann der Weg in die Europä-
    ische Union vollendet werden. Wenn wir diesen Weg aber
    jetzt abschneiden würden, würden wir damit zur Destabi-
    lisierung in dieser Region maßgeblich beitragen.

    Ich komme jetzt auf die deutsch-französischen Bezie-
    hungen, auf die der Herr Kollege Müller – wenn er von
    Konsens spricht, dann kann irgendetwas nicht stimmen –
    vorhin bereits hingewiesen hat, zu sprechen. Ich kann mich
    noch an die wohlfeilen Worte des ansonsten geschätzten
    Kollegen Pflüger sowie der Kollegen Altmaier und Hintze
    erinnern. Alle haben in der vergangenen Legislaturperiode
    immer wieder gesagt, wir würden die deutsch-französi-
    schen Beziehungen sturmreif schießen. Ich erinnere daran,
    dass der deutsch-französische Motor läuft: Es gibt eine
    Vielzahl von Initiativen in der Außen- und Sicherheitspoli-
    tik, der Verteidigungspolitik, der Justiz- und Innenpolitik.
    Demnächst stehen gemeinsame Vorschläge zur institutio-
    nellen Reform an. All das sind massive Fortschritte.

    Ich will Sie an etwas erinnern, an das Sie wahrscheinlich
    gar nicht mehr erinnert werden wollen, nämlich an die
    unsägliche Debatte über die Festivitäten anlässlich des
    40. Jahrestages des Élysée-Vertrages, die einzigartige ge-
    meinsame Versammlung des Deutschen Bundestages und
    der Assemblée Nationale am 22. Januar nächsten Jahres.
    Was ist nicht alles an Geschichtsklitterung durch Herrn Glos
    und andere betrieben worden! Wenn das nur der Herr Glos
    gemacht hätte, müsste man es ja nicht ernst nehmen; aber in
    dieser sensiblen Angelegenheit mithilfe der „Bild“-Zeitung
    Stimmungsmache zu betreiben ist unverantwortlich.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Sie haben ja Wahrnehmungsschwierigkeiten! Sie haben Gedächtnisausfälle! Beißen Sie sich nicht in Ihren Finger! Vorsicht!)


    Glücklicherweise gibt es in allen Fraktionen Men-
    schen, die von der französischen Sensibilität in dieser
    Frage ein wenig Ahnung haben. Wer die Franzosen ein
    wenig kennt und weiß, welche Bedeutung Repräsentation
    und Symbolik in diesen Fragen für sie haben, der weiß
    oder kann erahnen, welcher Schaden in der deutsch-fran-
    zösischen Partnerschaft angerichtet worden ist, weil Sie,
    Frau Merkel, und alle anderen Verantwortungsträger ge-
    schwiegen haben und nicht deutlich und klar Stellung zu
    den Vereinbarungen, die zwischen den Europapolitikern
    getroffen wurden, bezogen haben. In der vergangenen Le-
    gislaturperiode haben wir dieses Thema in der Bespre-
    chung der Obleute intensiv beraten. All das hat für Sie auf
    einmal überhaupt keine Rolle mehr gespielt.

    Ich will auf den Konvent zu sprechen kommen, der
    durch die noch engere Zusammenarbeit zwischen Deutsch-

    land und Frankreich neuen Schwung erhalten hat. Nicht nur
    der Außenminister der Bundesrepublik, sondern auch der
    Kollege und Staatsminister für Europa Martin Bury und der
    französische Außenminister de Villepin gehören dem Kon-
    vent an. Ich denke, dass uns auch in Zukunft weitere zu-
    kunftsweisende Empfehlungen unterbreitet werden.

    Ich möchte aber auf die Frage hinweisen, wo das Par-
    lament bleibt und wie wir mit dem Konvent umgehen.
    Wenn wir den Konvent als eine kreative europäische Zu-
    kunftswerkstatt begreifen, dann sollten wir – bei aller
    Wertschätzung für den Außenminister – nicht nur alles an
    die Regierung delegieren, sondern als Bundestag eigen-
    ständig Vorschläge entwickeln, die wir an unsere Dele-
    gierten, sowohl der Regierung als auch des Deutschen
    Bundestages, weiterleiten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Deswegen schlage ich vor, dass wir nicht nur Debatten
    über den Verfassungskonvent und die europäischen Verfas-
    sung führen, sondern uns möglichst auch interfraktionell
    auf einige wesentliche Punkte festlegen, entsprechende An-
    träge beschließen und sie dann in das Handgepäck von
    Joschka Fischer, Martin Bury, Professor Meyer, Peter
    Altmaier und all den anderen, die für und mit uns Verant-
    wortung bei diesem wichtigen Prozess tragen, legen.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Immer die Professoren! Was hält denn der Stiegler von den Professoren?)


    Meine Fraktion lädt alle Kolleginnen und Kollegen
    herzlich zur Mitarbeit ein. Es würde mich sehr freuen,
    wenn die Opposition, vor allem die Union, ihre Strategie
    des „Oppositionismus“ um jeden Preis in europapoliti-
    schen Angelegenheiten beenden würde.


    (Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


    Sie sind damit gescheitert. Wir laden Sie herzlich dazu
    ein, den europäischen Weg der Vernunft wieder einzu-
    schlagen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Nächster Redner ist der Kollege Peter Hintze, CDU/

CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Hintze


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

    Kollege Zöpel hat uns eben mit kräftigen Worten aufge-
    fordert, zu akzeptieren, dass im Wahlkampf alle wichtigen
    Fragen zur Sprache kommen müssen. Ich kann dazu
    nur sagen: Darüber gibt es im Parlament eine breite Übe-
    reinkunft. Die Differenz besteht darin, dass wir der Auf-
    fassung sind, dass im Wahlkampf alle wichtigen Fragen
    wahrheitsgemäß


    (Lachen des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Ludger Michael Roth Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 Peter Hintze Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rote Socken!)


    und sachgemäß beantwortet werden sollten. Dagegen hat
    Rot-Grün in schändlicher Weise verstoßen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Lieber Herr Fischer, wir erleben jetzt, dass die Regie-
    rung kleinlaut versucht, den Preis für den Anti-USA-
    Wahlkampf zu zahlen, in den sie sich selber hineinbug-
    siert hat. Das ist sehr kritisch zu sehen. Deswegen muss
    heute über einige Fragen vom Grundsatz her diskutiert
    werden. Denn unsere Politik muss sich am Interesse und
    am Wohle Deutschlands ausrichten und nicht an den Feh-
    lern, die Rot-Grün im Wahlkampf gemacht hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Der Außenminister kommt uns teuer!)


    Was mich betroffen macht – das will ich vorab sagen –,
    ist, dass uns die Regierung heute, vor einem der vielleicht
    wichtigsten Gipfel der letzten Jahrzehnte, in zentralen
    Fragen der europäischen und internationalen Politik eine
    Auskunft schuldig bleibt.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Hintze!)


    Natürlich finden wir es gut, dass Sie endlich wieder zur
    deutsch-französischen Zusammenarbeit finden. Aber der
    Verweis auf ein Gespräch mit dem französischen Staats-
    präsidenten ist doch keine Rechtfertigung dafür, dem
    Souverän, dem Deutschen Bundestag, vor einem der
    wichtigsten europäischen Gipfel dieses Jahrzehnts, mög-
    licherweise dieses Jahrhunderts, in zentralen Fragen die
    Auskunft zu verweigern.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Lauter, Herr Kollege, ich höre Sie nicht! – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist Politik am Volk vorbei! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Struck [SPD]: So ein Schwachsinn: „Politik am Volk vorbei“!)


    Nun möchte ich zu einem zentralen Thema kommen,
    zur Debatte über die Türkei. Eine der wesentlichen Fra-
    gen der europäischen Politik lautet: Wie können wir den
    Wunsch der Türkei, zu Europa zu gehören, konstruktiv
    aufgreifen, ohne dabei heute Vorfestlegungen zu tref-
    fen, die morgen vielleicht mit unserem Selbstverständ-
    nis in der Europäischen Union kollidieren? Es wäre
    schön, wenn man über diese Frage sachlich sprechen
    könnte.

    Ich finde es schon merkwürdig, dass heute Redner der-
    jenigen Parteien stolz auf die Zollunion als einen der
    wichtigen Schritte im Verhältnis Europas zur Türkei ver-
    weisen, die seinerzeit diejenigen politischen Gruppierun-
    gen darstellten, die im Europäischen Parlament just gegen
    diese Zollunion gestimmt haben. Das lassen wir Ihnen
    nicht durchgehen.

    Wir haben immer gesagt: Wir müssen darauf achten,
    dass es eine gute Partnerschaft und ein privilegiertes Ver-
    hältnis zwischen der Türkei und der EU gibt. Hier war die

    Zollunion in der Tat ein wichtiger Schritt. Das hat Michael
    Glos in der Erklärung deutlich gemacht, die heute wieder
    – wie das oft auch in anderen Zusammenhängen ge-
    schieht – verkürzt zitiert worden ist.


    (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Ein Missverständnis wahrscheinlich!)


    Damals waren es die Sozialdemokraten und die Grünen,
    die sich dieser Zollunion unter dem Aspekt der Men-
    schenrechte – dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt – ver-
    weigert haben.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Claudia Roth!)

    Wenn wir uns heute mit Blick auf die Stellung des Mili-

    tärs im Verfassungsgefüge der Türkei, mit Blick auf die
    Rechte bzw. das Nichtvorhandensein von Rechten der
    Frauen, die Pressefreiheit und die kurdischen Bevöl-
    kerungsgruppen in der Türkei sowie mit Blick auf den
    Umgang mit christlichen Kirchen in der Türkei unmög-
    lich festlegen können und deswegen einen Automatismus,
    der zu einer Vollmitgliedschaft führt, ablehnen, dann
    sollte das Ihre Unterstützung finden und nicht Ihren Wi-
    derstand herausfordern.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn man derart mit Zitaten umgeht, ist auch zu fra-

    gen: Wie ist die jeweilige Situation? Herr Fischer, es gibt
    im Vergleich zu damals zwei wesentliche Unterschiede.
    Erstens gab es den Verfassungskonvent, der jetzt erstma-
    lig die Chance eröffnet, dass aus der Europäischen Union
    tatsächlich eine politische Gemeinschaft, eine echte Wer-
    tegemeinschaft entsteht, noch nicht. Zweitens gab es in
    der Türkei keine islamistische Regierung. Wir können
    nur hoffen, dass die türkische Regierung den radikalen
    Worten ihrer politischen Führer in der Vergangenheit
    nicht entsprechende Taten folgen lässt, sondern dass sie
    tatsächlich den Weg zu Demokratie und Rechtsstaat-
    lichkeit findet. Das wollen wir mit all unseren Kräften un-
    terstützen. Keiner hier im Hause kann heute allerdings sa-
    gen, ob das tatsächlich gelingt. Es wäre doch fatal, wenn
    wir einen Automatismus in Gang setzten, der die Europä-
    ische Union später in ihrem Kern träfe und das, was wir
    mit unserer Verfassung vornehmen, konterkarierte.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht – er

    wurde leider von der unverständigen Mehrheit des Hauses
    abgelehnt –, mit dem wir fordern, bei den Gesprächen mit
    der Türkei den Gedanken mit zu erwägen, ob nicht eine
    Form der privilegierten Partnerschaft eine Alternative sein
    könnte, die weder die Türkei noch die Europäische Union
    überfordert. Wer das von vornherein ausschließt, schadet
    den Interessen des europäischen Integrationsprozesses,
    dem wir uns alle verpflichtet fühlen. Diese Unterschei-
    dung halte ich für bedeutsam.

    Ich möchte noch einmal die Bundesregierung auffor-
    dern, zu diesem Weg zurückzukehren. Wochen- und mo-
    natelang hat der Außenminister intern und öffentlich er-
    klärt, es gebe keinen Kuhhandel mit der Türkei, der
    besagt, dass sie ihr Veto bei der ESVP, also bei der Nut-
    zung der NATO-Fazilitäten für die europäische Sicher-
    heits- und Verteidigungspolitik, zurücknimmt und es


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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 939

    dafür ein Zugeständnis in Form der Absenkung der Krite-
    rien bei der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gibt.
    Das war immer ihre Position. Seit kurzem klingt es zu-
    mindest aus dem Munde des Bundeskanzlers ganz anders:
    Wenn sich bei der ESVP und der Zypern-Frage etwas tut,
    ist das mit den Kriterien nicht mehr so wichtig.

    Meine Damen und Herren, die Demokratiekriterien,
    aber auch die Wirtschaftskriterien sind deshalb so wich-
    tig, weil die Europäische Union eine Schicksalsgemein-
    schaft ist, die nur dann eine gute Zukunft hat, wenn sie auf
    gemeinsamen Werten beruht und feste Regeln gelten.
    Wenn diese verletzt werden, verletzen wir uns damit ein
    Stück weit selbst.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weil alle konkreten Fragen von der Regierung syste-

    matisch ausgelassen wurden, will ich zum Gipfel von
    Kopenhagen noch einen Punkt, ein „ceterum censeo“,
    ansprechen, den wir hier im Plenum schon des öfteren
    erörtert haben. Ich finde es sehr bedenklich, dass über die
    große historische Wirkung der Erweiterung der Europä-
    ischen Union um die jungen Reformdemokratien in Mit-
    tel- und Osteuropa gar nicht mehr gesprochen wird.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


    Wie muss sich eigentlich ein polnischer, ein ungari-
    scher, ein slowakischer oder ein slowenischer Kollege
    fühlen, wenn er den Eindruck gewinnt, dass sich unsere
    Regierung, der Partner, auf den sie Hoffnungen setzen,
    nicht mehr für sie interessiert? Wir aber interessieren uns
    noch für sie. Deswegen möchte ich Sie, Herr Bundes-
    außenminister, von dieser Stelle aus noch einmal auffor-
    dern, die Ungerechtigkeit des Vertrages von Nizza, näm-
    lich den Ungarn und Tschechen weniger EP-Sitze
    einzuräumen, als ihnen nach ihrer Bevölkerungszahl zu-
    steht, in den Beitrittsverträgen zu korrigieren. Das ist eine
    Frage der Fairness und der Partnerschaft mit den Staaten,
    die Demokratie und Freiheit erstritten haben und sich auf
    unser Wort verlassen müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen ferner in Kopenhagen sicherstellen, dass

    die Staaten, die zu uns stoßen und wirtschaftliche Hilfe
    für ihren Entwicklungsprozess brauchen, durch die Fi-
    nanzregeln, die wir in der Europäischen Union haben,
    nicht von Anfang an in die Nettozahlerposition geraten.
    Wir erwarten, dass die Staats- und Regierungschefs in fai-
    rer Weise einen Ausgleichsmechanismus vereinbaren, da-
    mit dieser Start auch wirklich klappt und die Sache gut
    wird.

    Wir lassen uns auf eine jahrzehntelange Partnerschaft,
    auf eine Schicksalsgemeinschaft ein. Dazu gehört, dass
    wir fair miteinander umgehen und gemeinsam die Chan-
    cen nutzen, aus der Erweiterung der Europäischen Union
    ein wirklich großes, historisches und gutes Projekt zu ma-
    chen. Das ist die Aufgabe, der wir uns politisch stellen
    müssen.

    Es hätte mich sehr gefreut, wenn ich dazu heute etwas
    von der Regierung gehört hätte. Es ist nicht die Aufgabe
    der Regierung, die Opposition zu beschimpfen, sondern

    eine ordentliche Politik zu betreiben und sich für die ei-
    genen Fehler zu rechtfertigen. Dahin sollten Sie langsam
    zurückkehren, verehrte Mitglieder der Regierung, ob Sie
    nun auf den Abgeordnetenbänken oder vorne sitzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will diese Debatte aber auch nutzen, um ein Wort

    zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Auswärtigen
    Amt zu sagen. Wir haben Jahre höchster politischer Bri-
    sanz erlebt. Die Europapolitik, die Außenpolitik und die
    internationale Politik haben höchste Anforderungen ge-
    stellt. Ich kann auf jeden Fall sagen – ich glaube, das gilt
    auch für viele Kollegen –, dass wir sowohl in der Ständi-
    gen Vertretung in Brüssel, in Berlin, aber auch in den an-
    deren Botschaften erlebt haben, dass die Mitarbeiterinnen
    und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes über die Maßen
    hinaus eine sehr gute Arbeit leisten. Ich möchte ihnen im
    Namen der Kollegen, die in der internationalen Politik ar-
    beiten, dafür an dieser Stelle, beim Einzelplan 05, einmal
    ausdrücklich danken.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)