Rede von
Albert
Deß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In
meiner Rede hier bei einer Agrardebatte vor gut fünf Mo-
naten sagte ich:
Die Agrarpolitik dieser Bundesregierung hat nichts
mit einer Agrarwende zu tun; sie ist ein chaotischer
Schleuderkurs ...
Dann kam der Wahlkampf. Wie sich heute herausstellt,
waren Schröder, Fischer, Eichel, Künast und Co. dort als
politische Geisterfahrer unterwegs. Dabei haben sie
größtmöglichen innen- und außenpolitischen Schaden an-
gerichtet. Heute merkt die große Mehrheit unserer Bevöl-
kerung, dass Rot-Grün das Schleudertempo erhöht und
den chaotischen Schleuderkurs auf alle Politikbereiche
ausdehnt.
Hätte die gesamte Bevölkerung am 22. September so
gewählt wie die Bäuerinnen und Bauern, wäre die rot-
grüne Schleuderfahrt längst beendet. Laut Infratest hatte
die CDU/CSU bei den Landwirten einen Stimmenanteil
von 79 Prozent.
Auch die FDP hatte noch einen beträchtlichen Anteil, so-
dass für Rot-Grün hier nicht mehr viel übrig blieb.
Es spricht für unsere bäuerliche Bevölkerung, dass sie
den rot-grünen Täuschungsmanövern nicht auf den Leim
gegangen ist. Auch waren es die Bauern, die als Erste be-
merkten, wohin die Politik von Bundeskanzler Schröder
führt. Bereits auf dem Bauerntag in Cottbus im Juli 1999
haben sie ihm ihr letztes Hemd geschenkt.
Andere sind erst heute darauf gekommen.
Die jetzigen haushaltspolitischen Vorschläge werden
dazu führen, dass immer mehr landwirtschaftliche Be-
triebe ihre Hoftore schließen.
Bereits in der letzten Wahlperiode wurde die Wettbe-
werbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft stark einge-
schränkt.
Mit den jetzigen Überlegungen der rot-grünen Koalition
wird die Existenz weiterer Betriebe gefährdet.
Mit der geplanten Senkung der Mehrwertsteuerpau-
schale von 9 auf 7 Prozent und der Anhebung der Vor-
steuer für Futtermittel, Gartenerzeugnisse, Holz und an-
dere Produkte auf 16 Prozent werden Tausende
Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft und, wie
wir heute gehört haben, auch im Gartenbau gefährdet.
Statt Arbeitsplätze zu erhalten bzw. neu zu schaffen, wer-
den mit solchen Maßnahmen Arbeitsplätze vernichtet.
Es ist unerträglich, mit welchen Argumenten die ge-
plante Anhebung der Vorsteuer in der Landwirtschaft auf
16 Prozent begründet wird. Vor einem Millionenpublikum
im deutschen Fernsehen hat Minister Trittin mit einer
falschen Aussage Stimmung gegen die Bauern gemacht.
Bei Sabine Christiansen hat Trittin die im Koalitionsver-
trag vorgesehenen Mehrwertsteuererhöhungen zulasten
der deutschen Bauern damit gerechtfertigt, dass er es für
ein Unding halte, dass auf Chemiedünger nur ein er-
mäßigter Steuersatz zu zahlen sei.
Erstens ist die Bezeichnung Chemiedünger falsch, es
handelt sich um Handelsdünger. Zweitens ist der von
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 865
Trittin angesprochene Dünger schon immer mit dem nor-
malen Mehrwertsteuersatz – er liegt zurzeit bei 16 Pro-
zent – belastet worden. Eine Umsatzsteuerermäßigung
gibt es nach geltendem Recht nur für bestimmte tierische
und pflanzliche Düngemittel. Diese Ermäßigung will Rot-
Grün jetzt abschaffen.
Trittins Verhalten bei Sabine Christiansen macht deut-
lich, dass die Grünen vor keinem Mittel zurückschrecken,
um das Ansehen der deutschen Bäuerinnen und Bauern in
den Dreck zu ziehen.
Wenn Minister Trittin einen Funken Anstand besäße, hätte
er sich für diese verleumderische Äußerung längst öffent-
lich entschuldigt.
Die weitere Erhöhung der so genannten Ökosteuer
führt zu einer weiteren einseitigen nationalen Wettbe-
werbsverzerrung für die deutsche Landwirtschaft und die
mit ihr verbundenen Wirtschaftsbereiche. Rot-Grün
spricht von einer Lenkungswirkung der Ökosteuer. Trittin
ist sehr stolz darauf, dass sich dadurch der Spritverbrauch
in Deutschland verringert haben soll. Dabei besteht die
Lenkungswirkung der Ökosteuer darin, dass immer mehr
LKWs und PKWs zu ausländischen Tankstellen gelenkt
werden. Mit Öko hat das Ganze nichts zu tun.
Frau Künast, beenden Sie Ihren agrar- und ver-
braucherpolitischen Irrweg, bevor es zu spät ist. Erste
Hochrechnungen zum Situationsbericht der deutschen
Landwirtschaft für dieses Jahr ergeben dramatische Ein-
kommensverluste. Mir liegen Zahlen vor, nach denen im
laufenden Wirtschaftsjahr mit einem Einkommensrück-
gang von 12,9 Prozent bei den Haupterwerbsbetrieben zu
rechnen ist. Noch dramatischer wirkt sich die verfehlte
rot-grüne Agrarpolitik auf die Ökobetriebe aus. Dort ist
mit einem Einkommensverlust von 15,2 Prozent für das
Jahr 2002 zu rechnen.