Wir sind mit Ihnen einer Meinung, dass die EU-Basis-
verordnung zu diesem Thema endlich umgesetzt werden
muss. Das war nämlich im Vermittlungsausschuss unser
Vorschlag zu diesem Thema. Dann hätten wir das Pro-
blem heute überhaupt nicht. Darüber hinaus kann das
nicht auf einzelne Anfragen zurückgehen; denn wenn Sie
sich die Listen im Internet einmal genau anschauen wür-
den, dann würden Sie erkennen, dass man sich offenbar
Hersteller und Produkte exakt herausgesucht hat. Das leh-
nen wir ab, weil wir das nicht in Ordnung finden. Sie sel-
ber haben hier im Deutschen Bundestag gesagt, dass Sie
es ebenfalls nicht tun wollen.
Aber sind wir uns darin einig – das hat die Diskussion
über Acrylamid gezeigt –, dass die Aufklärung der Ver-
braucher verstärkt werden muss. Deshalb ist es gut und
richtig, dass das Ministerium dafür im Haushalt jetzt
8 Millionen Euro mehr vorsieht. Aber das Geld sollte
tatsächlich in Kampagnen investiert werden, die den Ver-
braucher aufklären. Das Geld wäre in solchen Kampa-
gnen sicherlich sinnvoller angelegt als beispielsweise in
Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, die Sie in diesem Sommer zur
Legehennenverordnung gemacht haben. Sie haben – das
muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –
diesen Sommer für ein einziges Plakat am Checkpoint
Charlie 26 000 Euro ausgegeben.
Zu sehen war auf diesem Plakat – das war auch Gegen-
stand einer Kleinen Anfrage – ein Hühnerei, über dem
ganz pathetisch „Freiheit“ stand.
Nicht nur dass es sich hierbei um eine besonders krasse
Form von Geldverschwendung handelt, nein, ich finde es
auch eine echte Geschmacklosigkeit, gerade an diesem
Ort, am Checkpoint Charlie, ein solches Plakat auf-
zuhängen. Dafür sollten Sie sich hier rechtfertigen.
Es ist tatsächlich nicht nachvollziehbar, für welche
Projekte die Regierung Geld zur Verfügung stellt. Kam-
pagnen zu Legehennenverordnung und Biosiegel waren
Ihrem Hause 8,5 Millionen Euro wert. Andere, für die
Verbraucher dagegen wirklich wichtige Einrichtungen,
sind chronisch unterfinanziert. Ich nenne beispielsweise
die Stiftung Warentest. Sie soll im Jahr 2003 6,5 Milli-
onen Euro bekommen. Noch einmal der Vergleich: Kam-
pagne für Legehennenverordnung und Biosiegel 8,5 Mil-
lionen Euro, also 2 Millionen Euro mehr. Die Stiftung
Warentest dagegen würde gerne richtig unabhängig wer-
den und braucht dafür ein Stiftungskapital von 50 Mil-
lionen Euro.
Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen. Es ist nun
an der Zeit, dass Sie das tatsächlich umsetzen.
Die Kollegin Hiller-Ohm hat von den Verbraucherzen-
tralen gesprochen. Sie sind gut und wichtig und machen
eine gute Arbeit. Das stimmt. Der Bundesverband Ver-
braucherzentralen und Verbraucherverbände bemüht sich
seit Jahren um vernünftige Formen der Finanzierung, bei-
spielsweise über Werbeabgaben von Unternehmen, mit
dem Ziel, alles in ein Stiftungskapital zu überführen, da-
mit die Verbraucherberatung in möglichst allen Regionen
sichergestellt werden kann.
Ansonsten droht nämlich die Schließung von bestimmten
Verbraucherzentralen wie derzeit in Mecklenburg-Vor-
pommern oder – wenn ich richtig informiert bin – in
Braunschweig. Von einer starken regionalen Verbreitung
der Verbraucherzentralen kann leider keine Rede mehr
sein.
Ich möchte Sie noch einmal bitten, zu überlegen, ob Sie
ihre Mittel für Kampagnen verwenden oder ob Sie sie
nicht lieber in die Verbraucheraufklärung investieren und
die Verbraucherzentralen ordentlich ausstatten.
Der Bundesverband Verbraucherzentralen und Verbrau-
cherverbände hat einen Zuschuss in Höhe von 9,2 Mil-
lionen Euro beantragt. Wir meinen, dass Sie ihm diesen
Zuschuss gewähren sollten. Ich schlage vor, die Mittel aus
dem Budget für Kampagnen herauszunehmen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Bereich anspre-
chen: die Forschung. 1 Million Euro mehr als im Vorjahr
sind für die Forschung vorgesehen. Das ist auch gut so.
Was wir aber nicht nachvollziehen können, ist,
dass 750 000 Euro davon auf das Budget für Sachverstän-
dige entfallen. Dem Ministerium unterstehen zwar zehn
Bundesforschungsanstalten, die auch finanziert werden
müssen, aber Sie brauchen zusätzlich 750 000 Euro für
Sachverständige. Meinen Sie nicht, dass die Bundesfor-
schungsanstalten Ihnen auch „spezielle Fachfragen im
Zusammenhang mit gesetzgeberischen oder sonstigen
Maßnahmen“, wie Sie es im Einzelplan begründet haben,
Frau Künast, beantworten können? Warum zusätzlich
Sachverständige in einem solchen Umfang notwendig
sind, können wir nicht nachvollziehen.
Ein weiteres Thema ist die Reorganisation von
Behörden. In einer Zeit, in der alle Welt von einer größe-
ren Effizienz, einem schlanken Staat und ähnlichen Ziel-
setzungen spricht, ist es Ihnen getreu dem Motto „Mehr
ist weniger“ gelungen, eine Aufblähung des Apparates zu
erreichen. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: Das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi-
cherheit ist die zuständige nationale Behörde für die Zu-
lassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland. Die
hierfür notwendige vorherige Bewertung ist Aufgabe der
Bewertungsbehörden Biologische Bundesanstalt für
Land- und Forstwirtschaft, Bundesinstitut für Risikobe-
wertung und Umweltbundesamt. Nun gibt es also drei
statt vorher zwei Bewertungsbehörden. Noch dazu hat die
Bewertung des Umweltbundesamtes Vorrang vor den Be-
wertungen der für den Gesundheitsschutz zuständigen
Behörden. Das alles müssen Sie uns erklären, vor allem
im Hinblick darauf, was das alles mit Verbraucherschutz
zu tun hat.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 857
Liebe Frau Künast, Sie haben angekündigt, dass Sie ei-
nen Aktionsplan für den wirtschaftlichen Verbraucher-
schutz vorlegen wollen. Ich meine, es ist an der Zeit, dass
Sie das tatsächlich tun. Sie kündigen alles Mögliche an
und führen teure Kampagnen durch, aber um die wirkli-
chen Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher
kümmern Sie sich nicht.