Rede von
Katherina
Reiche
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich sage Ihnen, was Ihr Problem ist, Herr Tauss. Sie
von der Koalition und auch die Bundesregierung denken
in optimistischer Schätzung
in Zeiträumen von Legislaturperioden. Forschung muss
aber länger denken und planen. UMTS lässt grüßen.
Sie haben es bislang nicht verstanden, ein umfassendes
Konzept vorzulegen,
eine langfristige Planung für die Forschungseinrichtun-
gen darzulegen.
Ich habe gerade ausgeführt, dass die Helmholtz-Ge-
meinschaft bereits Projekte bewilligt hat, deren Mittel
jetzt gestrichen werden.
Diese Forschungseinrichtungen wissen nicht, wie sie mit
diesen Kürzungen klarkommen sollen.
Herr Tauss, noch einmal: Forschung braucht langen
Atem,
Katherina Reiche
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Katherina Reiche
Fünf- bzw. Zehnjahresrhythmen. Genau das machen Sie
nicht. Sie kürzen.
Das bringt mich dazu, Sie einmal zu fragen, was unsere
ausländischen Partner, zum Beispiel die Vereinigten Staa-
ten, gemacht haben. Am 20. November, am Tag der Haus-
haltsentscheidung im deutschen Kabinett Schröder, hat
der amerikanische Kongress beschlossen, die Mittel für
die National Science Foundation, also das Pendant der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, für die nächsten
fünf Jahre zu verdoppeln. Das nenne ich nachhaltige und
strategisch vernünftige Forschungspolitik.
Die Bundesregierung setzt mit den beschlossenen
Haushaltskürzungen in Bildung und Forschung die Zu-
kunftsfähigkeit Deutschlands aufs Spiel. Wo sind denn die
beschlossenen Prioritäten, die Sie noch in Ihrer Regie-
rungserklärung angemahnt haben?
Sie kürzen mal eben alles gleichermaßen. Zum Beispiel in
der Biotechnologie und der molekularen Medizin sind
größere Anstrengungen geboten, wenn wir international
mithalten wollen.
Angesichts der Einschnitte bei den Forschungsausga-
ben wird der wissenschaftliche Nachwuchs in den Hoch-
schulen stecken bleiben. Durch Ihre Finanz-, Steuer- und
Forschungspolitik setzen Sie die Freiheit von Forschung
und Lehre aufs Spiel. Anstatt zu flexibilisieren, setzen Sie
immer mehr auf Reglementierung und auf Staat. Auch
für ausländische Nachwuchswissenschaftler, von Frau
Bulmahn heftig umworben, wird Deutschland immer un-
attraktiver.
Der sich anbahnende Fachkräftemangel wird so nicht
aufgehalten werden.
Im Jahr 2004 werden die Kürzungen noch dramati-
scher sein, weil dann die auf drei Jahre befristeten UMTS-
Mittel wegfallen werden. So viel, Herr Tauss, zur lang-
fristigen Planung.
Statt einer Verstetigung der Fördermittel droht in den ent-
scheidenden Bereichen wie der Genomforschung und
auch der Ostförderung ein massiver Einbruch.
Forschung und Innovation brauchen – ich sage es noch
einmal – einen langen Atem. Sie haben das bis heute nicht
realisiert.