Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach diesem flammenden Plädoyer für die deutsche
Tanne, die wir alle natürlich lieben – wir alle sind hei-
matverbunden; in der Eifel haben wir viele Tannen und
bekommen Tannen aus dieser Region; soweit ich weiß,
geht auch nach den Steuergesetzen der Bundesregierung
alles in diesem Bereich geordnet weiter –, will ich auf die
Grundlagen der Umweltpolitik eingehen. Zunächst ein-
mal möchte ich bei dem ansetzen, was der Kollege
Paziorek gefragt bzw. der Kollege Eberl moniert hat: bei
der Zielsetzung und der Zielerreichung. Dabei will ich
kurz den Blick zurückwerfen, bevor ich nach vorn schaue.
Ich glaube, es gibt im Rückblick, aus der Perspektive
des Jahres 2002, kaum einen Bereich im Koalitionsver-
trag von 1998, wo das, was aufgeschrieben worden ist, so
umgesetzt worden ist wie im Umweltbereich. Wir haben
gesagt: Wir machen die ökologische Steuerreform. – Wir
haben sie gemacht. Wir haben gesagt: Wir machen den
Atomausstieg. – Wir haben ihn gemacht.
Wir haben gesagt: Wir fördern die erneuerbaren Energien. –
Wir haben es gemacht. Wir haben gesagt: Wir novellieren
das Bundesnaturschutzgesetz. –Wir haben es gemacht. Wir
haben gesagt: Wir entwickeln ein nationales Klima-
schutzprogramm. – Wir haben es gemacht. Das heißt, bei
uns sind Wort und Tat deckungsgleich. Bei Ihnen ist das mit-
nichten der Fall. Hier besteht ein gewaltiger Unterschied.
800
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 801
Manche Ziele haben wir uns planvoll gesetzt. Andere
sind gewissermaßen im Laufe der Legislaturperiode ent-
standen. Sie waren schon diffus vorhanden, sind aber
durch bestimmte Umstände in den Vordergrund gerückt.
Nehmen wir beispielsweise das Thema Agrarwende.
Natürlich hatten wir klare Vorstellungen davon, dass es in
diesem Bereich in eine andere, in eine naturverträgliche
Richtung gehen muss. Dies war am Anfang äußerst
schleppend; das gebe ich ohne weiteres zu. Als dann aber
die Probleme auftauchten, zum Beispiel BSE, MKS
usw. – Sie erinnern sich noch –, da hatten wir die not-
wendigen Konzepte parat und konnten mit der Agrar-
wende beginnen.
Zur Glaubwürdigkeit gehört eben, dass man die The-
men wirklich vorbereitet und man dann, wenn sie anste-
hen, gute Konzepte hat und sich nicht nur auf Kritik be-
schränkt, wie Sie das tun. Auch hier besteht ein gewaltiger
Unterschied.
Ein weiteres Beispiel ist die Flusspolitik. Hier war es
ganz ähnlich. Wer 1998 oder 1999 gesagt hätte, die Bun-
destagswahl 2002 wird möglicherweise durch die Frage,
wie wir mit unseren Flüssen umgehen, entschieden, der
hätte nur ein müdes Lächeln geerntet. Ich glaube, das ist
jedem klar.
Fakt ist aber, dass die Menschen, als das Thema im Au-
gust dieses Jahres aktuell wurde, erkannt haben: Die rot-
grüne Koalition hat schon bei der Donau und dann schritt-
weise bei der Elbe, der Saale usw. die Weichen in die
richtige Richtung gestellt und hat etwas für den Klima-
schutz getan. Das heißt, wir waren auf Themen vorberei-
tet, die nicht unbedingt oben auf der Agenda standen. Wir
haben unsere Hausaufgaben gemacht. Auch hier besteht
ein gewaltiger Unterschied. Es reicht nicht aus, nur zu kri-
tisieren. Man muss Konzepte anbieten. Das muss man von
der Opposition verlangen.
Genauso sieht es bei der Verpackungsverordnung
aus. Sie schwingen hier andauernd hin und her. Damals,
als die Themen BSE, MKS usw. aktuell wurden, haben
Sie die Diskussion angeführt. Ein Jahr später wollen Sie
in der Agrarpolitik eigentlich nichts ändern.
Die Dose ist ein typisches Beispiel hierfür. Ein Minis-
ter Ihrer Partei hat damals vernünftigerweise das Konzept
einer Verpackungsverordnung entwickelt. Sie wurde
1997 bzw. 1998 novelliert. Als es dann zum Schwur kam,
als sich die Mehrwegquote im freien Fall befand und wir
gefordert haben: „Jetzt müssen wir handeln“, da haben Sie
sich verabschiedet und gesagt: Lasst uns doch eine frei-
willige Selbstverpflichtung machen!
Das passt nicht zusammen. Zu einem glaubwürdigen
Handeln des Staates gehört es, zu sagen: Wir räumen der
Wirtschaft im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflich-
tung ein, das selbst zu entscheiden. Aber wenn ihr die ge-
steckten Ziele systematisch unterschreitet – da sind wir
beim Monitoring –, dann verabschieden wir ein entspre-
chendes Gesetz. – So machen wir es jetzt.
Ich kann vor allen Dingen die Union im Hinblick auf
das Dosenpfand nur davor warnen, auf zivilen Ungehor-
sam zu setzen und bestimmte Praktiken zu kopieren.
Das ist der Weg, den wir nicht gehen können.
Ich will kurz den Blick nach vorne richten. Wir haben
bereits auf die Maßnahmen der letzten Legislaturperiode
hingewiesen; der Minister hat sie beschrieben. In dieser
Legislaturperiode geht es uns ganz klar um die Prinzipien
„Fortsetzung der Energiewende und der Agrarwende“.
Wir wollen auch die Verkehrswende etwas systematischer
angehen. Wir werden beim Bundesverkehrswegeplan se-
hen, wo Sie stehen. Sie werden immer nur mehr und mehr
fordern; da bin ich mir ganz sicher. Wir wollen den Kioto-
Prozess, die Kreislaufwirtschaft, die Flusspolitik und die
Flächenentsiegelung systematisch voranbringen. Das
sind unsere Ziele.
Es wurde hier seitens der Opposition gesagt, es seien
keine Arbeitsplätze geschaffen worden. Das ist natürlich
totaler Blödsinn. Im Bereich der erneuerbaren Energien
arbeiten heute 130 000 Menschen
und im Bereich der Altbausanierung 300 000 Menschen.
Sind das keine Arbeitsplätze? Ich bitte Sie; es ist doch Un-
fug, was Sie hier erzählen.
Sie müssten sich einmal gewissenhaft fragen: Warum
haben all jene, denen die Ökologie so sehr am Herzen liegt,
entweder aus Idealismus oder weil sie ihr strategisches Ge-
schäftsfeld betrifft, eine panische Angst davor gehabt, dass
am 22. September die Mehrheit hätte wechseln können?
Diese Frage sollten Sie sich einmal stellen. Sie werden
auch schnell die Antwort finden: weil Sie nichts anzubie-
ten haben. Das unterscheidet uns fundamental.