Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Auch ich will die Frage nach der intelligenten Poli-
tik stellen, die die Kollegin angesprochen hat. Es wäre si-
cherlich intelligente Politik, wenn wir eine effiziente
Umweltpolitik, die zudem noch nachhaltig sein will,
auch als gute Wirtschaftspolitik betrachten würden. Oder
umgekehrt ausgedrückt: Eine verantwortungsvolle Wirt-
schaftspolitik muss doch auch immer eine gute Umwelt-
politik sein. Das Ziel sollte in jedem Fall sein, dass wir ne-
ben der Umweltpolitik auch die Arbeitsplätze im Auge
haben.
Wenn ich da Bilanz ziehe, Frau Kollegin, dann muss ich
sagen: Bei der Aufgabe, Arbeitsplätze im Umweltbereich
zu schaffen, ist die Politik von Rot-Grün noch meilenweit
von einem Erfolg entfernt.
Ich will ferner sagen: Wir fordern nicht immer mehr
Geld. In dieser Debatte hat keiner von unseren Rednern
von der CDU/CSU mehr Geld gefordert.
Wir bewerten den Haushalt des Bundesumweltministers.
Wir betrachten seine tatsächliche Aufgabenstellung und
seine Zuständigkeit. Sie steht eigentlich im krassen Ge-
gensatz zu den Ansprüchen, die der Umweltminister im-
mer erhebt.
Er schmückt sich gern mit fremden Federn. Er verteilt
massenweise Ökosiegel und begeht damit reihenweise
Etikettenschwindel.
Krassestes Beispiel dafür ist die ökologische Steuerre-
form. Die so genannte Ökosteuer, die weder öko noch lo-
gisch ist, dient ausschließlich dazu, die Löcher in der Ren-
tenkasse und im Bundeshaushalt zu stopfen.
Sie wird ungerechterweise von allen Autofahrern an der
Tankstelle kassiert. Mit dieser Steuer werden keine öko-
logischen Projekte gefördert und wird kein neues ökolo-
gisches Verhalten bewirkt.
In Wirklichkeit verteuert die Ökosteuer nur deutsche Pro-
dukte, erschwert die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Unternehmen und vernichtet somit Arbeitsplätze.
Bis heute ist es Ihnen, Herr Minister, leider nicht gelun-
gen, eine echte Ökosteuer EU-weit gemeinsam mit Ihren
Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten durchzusetzen,
sodass die dramatische Wettbewerbsbenachteiligung un-
serer Wirtschaft abgebaut werden könnte. Der Steue-
rungseffekt Ihrer Ökosteuer liegt einzig und allein darin,
dass die Autos billigere Tankstellen ansteuern – insbeson-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 799
dere im Grenzraum wird im Ausland getankt – und – das
ist das Schlimme dabei – dass deutsche Unternehmen ihre
Betriebe dorthin verlagern, wo die Produktion durch
günstigere Energiekosten wettbewerbsfähiger wird. Des-
halb ist Ihre Ökosteuer ein ökologischer, ein umweltpoli-
tischer Flop.
Auch ihre Marktanreizprogramme für erneuerbare
Energien sollten Sie einmal kritisch überprüfen. Einer-
seits müssen finanzieller Aufwand und ökologischer Nut-
zen gegeneinander abgewogen werden, andererseits sollte
beispielsweise der Aufbau immer neuer Windkraftanla-
gen nicht dazu führen, dass unsere Landschaft so ver-
schandelt wird, dass sie für die Anwohner, aber auch für
die Touristen abstoßend wirkt.
Außerdem mussten wir kürzlich von Umweltschützern
hören, dass die bisher aufgebauten Windkrafträder jähr-
lich etwa 500 000 Vögel töten.
Ein Umweltminister, der auch für den Naturschutz zu-
ständig ist, müsste dieses Signal ernst nehmen und bei
ihm müssten die Alarmglocken läuten. Dass wir uns rich-
tig verstehen, meine Damen und Herren: Die CDU/CSU
ist selbstverständlich für die Nutzung der Windkraft, al-
lerdings muss die Frage erlaubt sein, ob es Sinn hat, mit-
hilfe überzogener Fördersätze solche Anlagen an jeder be-
liebigen Stelle zu errichten. Aber offensichtlich fehlt
Ihnen auch in diesem Bereich das nötige Augenmaß. Des-
halb meine Bitte, Herr Minister: Prüfen Sie doch einmal
landschaftsfreundlichere Alternativen zur Energieerzeu-
gung mit Windkrafträdern. Deren Förderung sollten Sie
ins Auge fassen.
Auch wenn Sie das hier immer wieder erwähnte so ge-
nannte Sparpaket – in Wirklichkeit ist es ein Steuerer-
höhungspaket – Ihres Kabinettskollegen Eichel betrach-
ten, müssten Ihnen die Tränen kommen. Ist Ihnen
eigentlich schon einmal aufgegangen, welches umwelt-
politische Desaster sich hier anbahnt? Ich nenne einige
Beispiele:
Jahrelang haben Sie für umweltfreundliche Energie-
nutzung geworben. Jetzt werden die Menschen zur Kasse
gebeten und enttäuscht. Das Gleiche gilt für Nacht-
speicheröfen.
Ich habe mich vorhin gewundert, dass ein Kollege auf die
50er- und 60er-Jahre Bezug genommen hat. Das war in
den 70er-Jahren, als die Genossen so richtig energiegläu-
big in Richtung Kernenergie geblickt haben.
Da haben die Menschen Nachtspeicheröfen gekauft
und sich darauf verlassen, dass Ihre Politik langfristig
nachhaltig ist. Die Menschen, die das gemacht haben, sind
heute die Betrogenen.
Ich nenne ferner die Holzabfäller die Sie ebenfalls
höher besteuern. Unter Holzabfällen kann sich ein Nor-
malbürger kaum etwas vorstellen. Dahinter verbergen
sich die so genannten Pellets, von der rot-grünen Regie-
rung als neuer Energieträger für die Zukunft bejubelt.
Auch wer sich darauf verlassen hat, zählt heute zu den
Dummen, weil er zusätzlich steuerlich belastet wird.
Dann noch ein Beispiel, das in die Advents- und Weih-
nachtszeit passt:
Sie wollen deutsche Weihnachtsbäume höher besteuern,
während die importierten ungeschoren bleiben.
Darüber können Sie lachen, aber aus Polen und Dänemark
importierte Weihnachtsbäume müssen über weite Strecken
transportiert werden, in der Regel mit LKWs. Wenn das
Ihr ökologisches Verständnis ist, dann weiß ich, warum
Sie den Menschen dieses Geschenk auch noch unter den
Weihnachtsbaum legen.
Der Minister hat offensichtlich im Kabinett nicht den not-
wendigen Mumm oder es ist ihm alles egal, wenn er das,
was Eichel bestimmt, so passieren lässt.
Nun noch kurz ein Blick auf den Einzelplan 16. Er lässt
eigentlich nur einen Schluss zu, nämlich dass Ihr Minis-
terium ganz wesentlich damit beschäftigt ist, sich selbst
zu verwalten.
Dieses Haus ist unter der rot-grünen Regierung zu einer
echten Sich-Selbstverwaltungsbehörde verkommen. Beleg
dafür ist die Tatsache, dass seit der Übernahme des Minis-
teriums durch Herrn Trittin der Verwaltungshaushalt
kontinuierlich gewachsen ist, während der Programm-
haushalt, also die Förderung von Umweltprogrammen
und Umweltaktivitäten, außerordentlich großen Schwan-
kungen unterliegt. Tendenziell geht diese Förderung nach
unten.
Unter der Bundesumweltministerin Merkel betrug der
Verwaltungshaushalt 175 Millionen Euro und der Pro-
grammhaushalt 194 Millionen Euro.
Heute beträgt der Verwaltungshaushalt, die globale Kür-
zung eingerechnet, 222 Millionen Euro. Demgegenüber
steht ein wesentlich niedrigerer Programmhaushalt.
Albrecht Feibel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Albrecht Feibel
Für den gesamten Einzelplan des Bundesumweltminis-
ters ist eine Absenkung um 3 Prozent gegenüber 2002 ge-
plant, während der Gesamthaushalt nur um 1,8 Prozent
abnehmen soll. Der Programmhaushalt wird sogar um
5 Prozent gekürzt. Das ist sicher kein Ausdruck der
Durchsetzungsfähigkeit eines Ministers für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit
und kein Zeichen einer Akzentsetzung für eine angeblich
nachhaltige Umweltpolitik.
Herr Minister, Sie schaffen es nicht einmal, im Kabinett
eine Reduzierung Ihres Einzelplans in der Größenordnung,
wie sie für den Gesamthaushalt vorgesehen ist, durchzu-
setzen.
Außerdem ist es mehr als bedauerlich, dass die meisten
Umweltprogramme federführend von anderen Ministe-
rien betreut werden. Dort werden die großen Summen
ausgegeben, die die Qualität der Umweltpolitik ausma-
chen. Der Minister redet immer sehr viel von Haushalts-
kompetenz, aber er hat sie im Grunde genommen nicht.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit
dieser rot-grünen Politik ein massiver Bedeutungsverlust
für das Umweltministerium verbunden ist.
Abschließend will ich noch ein besonders Problem an-
sprechen. Bürger, Organisationen und Verbände, die sich
größtenteils ehrenamtlich in den Dienst des Umwelt-
schutzes stellen, werden von Ihnen offensichtlich
zunächst einmal auf ihr politisches Wohlverhalten und auf
ihre politische Übereinstimmung mit bündnisgrüner Ideo-
logie überprüft, bevor eine Verbands- oder Projektförde-
rung gewährt wird.
Jüngstes Beispiel ist der Bund für Heimat und Umwelt,
– lachen Sie ruhig! –, der unter seinem Dach 3 Millionen
Mitglieder zählt. Ich denke, diese Zahl kann sich sehen
lassen.
Manche DGB-Gewerkschaft ist nicht so groß.
Der Bund für Heimat und Umwelt bekam im Jahr 2000
noch 184 576 Euro an institutioneller Förderung. 2001 ha-
ben Sie die Förderung auf 138 560 Euro zurückgeführt.
Bis zum Jahr 2005 wird die Förderung auf null zurückge-
führt.
Natürlich ist es richtig, die Frage zu stellen: Was ma-
chen die damit?
Aber diese Frage müssen Sie auch den Verbänden stellen,
die Ihnen besonders nahe stehen. Sie müssen überall kon-
trollieren, was mit dem Geld gemacht wird.
Wenn Sie das, was dieser Verband leistet, einmal ob-
jektiv, unvoreingenommen und unideologisch betrachten,
dann werden Sie feststellen, dass dort eine wichtige Ar-
beit geleistet wird. Ich habe aber den Eindruck, dass das
Wort „Heimat“ den Minister oder die rot-grüne Koalition
arg stört. Deshalb muss dieser Verband abgestraft werden.
Er ist offensichtlich nicht regierungskonform genug. Des-
halb verdient Ihr Vorgehen unsere Kritik.
Aber Kritik ist nicht nur in diesem Punkt, sondern all-
gemein, wie ich es dargelegt habe, angezeigt. Es gibt zu
viel Verwaltung und zu wenig Programm. Deshalb wer-
den wir den Einzelplan 16 ablehnen.