Ich teile Ihre Meinung nicht, dass ich in der falschen
Debatte rede, Herr Kollege.
Traditionell werden die Auseinandersetzungen über den
Haushalt zu einer Grundsatzaussprache über den entspre-
chenden Politikbereich genutzt. Das und nichts anderes
tue ich.
Zu Ihrem zweiten Punkt sage ich Folgendes: Ich
stimme Ihnen zu, dass es eine Ungleichbehandlung zwi-
schen leichtem und schwerem Heizöl einerseits und Erd-
gas andererseits gibt. Ich stimme Ihnen auch zu, dass man
vielleicht langfristig Wege finden muss, um diese Un-
gleichbehandlung aufzuheben. Aber ich widerspreche
dem Automatismus, der offenbar Ihrem Denken zugrunde
liegt, dass es ausschließlich Anpassungen nach oben ge-
ben müsse, um Löcher zu stopfen. Außerdem müssen bei
solchen Anpassungsvorgängen disproportionale Wirkun-
gen, die strukturschwache Gebiete belasten, die mit er-
heblichen Subventionen an das Niveau der Bundesrepu-
blik Deutschland herangeführt werden sollen, vermieden
werden. Aber genau das tun Sie.
Diese Belastung betrifft nicht nur die Haushalte, sondern
auch die Industrie. Die Industrie muss insgesamt 120 Mil-
lionen Euro zusätzlich berappen. Das ist deshalb besonders
schwierig, weil wir in Ostdeutschland im herstellenden
Gewerbe seit einiger Zeit ein leichtes Wachstum ver-
spüren, das allerdings durch andere Wirtschaftszweige im
Saldo nicht erkennbar wird. Das Problem ist: Wenn wir im
herstellenden Gewerbe eine solche zusätzliche Belastung
zulassen, dann verantworten wir gleichzeitig, dass auch
dieses Wachstum zum Erliegen kommt und wir damit die-
sen leisen Konjunkturmotor Ost abwürgen.
Unterm Strich kann ich nur sagen: Das Umweltbewusst-
sein in Ostdeutschland wird bestraft. Derjenige, der eine
ökologisch sinnvolle Heizung eingebaut hat, kann sich
nicht dagegen wehren, dass er in besonderer Weise abge-
zockt wird. Das Resultat dieser disproportionalen Belas-
tung wird sein, dass die Kaufkraft in Ostdeutschland er-
neut leidet und die Konjunktur noch weiter geschwächt
wird. In Zukunft wird es dort noch mehr Pleiten und noch
mehr Abwanderung von Ostdeutschland nach West-
deutschland geben. All das haben Sie zu verantworten,
insbesondere durch Ihre verfehlte Ökopolitik.
Ich komme zu einem anderen Punkt. Der Herr Bundes-
umweltminister hat erfreulicherweise einige Bemerkun-
gen zum Thema Elbeausbau gemacht. Ich begrüße es,
dass er dazu Stellung genommen hat. Was aber jetzt statt-
findet, ist nicht die Überprüfung der Frage, ob sich be-
stimmte Ausbaumaßnahmen angesichts der überstande-
nen Flut wirklich als sinnvoll erweisen. Vielmehr schütten
Sie das Kind mit dem Bade aus. Sie treffen Vorkehrungen,
dass Schifffahrt auf der Elbe in Zukunft so nicht mehr
möglich sein wird, und unterlassen die Pflege des Status
quo. Die Konsequenz wird sein, dass früher oder später
enorme Mehraufwendungen erforderlich werden, um die
Schiffbarkeit der Elbe auf dem gegenwärtigen Niveau zu
halten.
Kein Politiker in Ostdeutschland hat jemals verlangt,
die Elbe zu kanalisieren oder mit Staustufen voll zu
packen.
Die Elbe ist nach wie vor einer der natürlichsten Flüsse in
Deutschland. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, statt
ständig Ihre vielleicht angesichts des Zustands von Mosel
und Rhein berechtigte Kritik anzubringen und diese un-
besehen, ohne Ortskenntnis und ohne den geringsten
Sachverstand auf die Elbe zu transponieren.
Arnold Vaatz
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Arnold Vaatz
Bei der Elbe ist des Weiteren nötig – ich bitte Sie, Herr
Bundesminister, das zu reflektieren –, die Fahrrinne zu
pflegen – das hat mit Hochwasser nichts zu tun –, sie vor
Versatz zu bewahren, Sohlschwellen zu legen, Randbuh-
nen zu pflegen und anderes. Dafür gibt es aber zurzeit
kein Geld. Das ist die Situation.
Nun ist die Elbeschifffahrt aber kein Hobby, das aus-
schließlich Sachsen betrifft.
Wenn wir die Erweiterung der Europäischen Union
wirklich angehen wollen, dann müssen wir bedenken,
dass die Tschechische Republik künftig unser EU-Partner
sein wird. Die Tschechische Republik ist ein Binnenland
und hat einen Anschluss an die Weltmeere, nämlich die
Elbe. Diese wird seit Jahrhunderten für diesen Zweck ge-
nutzt, und zwar ökologisch richtig. Als wirklich über-
zeugter Umweltschützer muss man nach meiner Auffas-
sung über jeden Container froh sein, der nicht auf der
Straße von Prag nach Hamburg transportiert wird, son-
dern auf der Elbe.
Was aber machen Sie? Sie reden irrsinniges Zeug zum
Thema Elbeausbau. Sie wollen den Leuten weismachen,
dass wir die Absicht hätten, die Elbe in einen Betonkanal
zu verwandeln, und verschaffen sich damit das Alibi, die
Elbe verkommen zu lassen. So kann es aber nicht laufen.
Bitte bekennen auch Sie sich zur Elbeschifffahrt und da-
mit zum ökologischen Sachverstand.
Es gibt eine größere Vereinigung von Handwerkskam-
mern, nämlich die Kammerunion Elbe/Oder – dabei han-
delt es sich um einen Zusammenschluss von 30 Industrie-
und Handelskammern aus Tschechien, Deutschland und
Polen –, die auf ihrer diesjährigen Generalversammlung
ihr blankes Entsetzen über Ihre Elbepolitik geäußert ha-
ben. Sie sind – besonders der Mittelstand – von der Elbe-
schifffahrt abhängig. Deshalb bitte ich Sie: Unterlassen
Sie Ihre Experimente mit der Elbe!