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    7. Austermann,CDU/CSU-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir

    schon Herrn Keynes bemühen, Herr Rexrodt, dann ma-
    chen wir es doch bitte der Ordnung halber im Ganzen und
    bemühen nicht nur den halben Keynes.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen!)


    Sie haben nur den halben Keynes bemüht, indem Sie sag-
    ten, man müsse natürlich in Rezessionsphasen Steuersen-
    kungen anstreben. Die andere Hälfte, die Sie hier ver-
    schwiegen haben, ist, dass man in guten Zeiten vorsorgen
    muss, damit man etwas hat, was man in Rezessionszeiten
    ausgeben kann, um Steuern abzusenken. Das haben Sie
    versäumt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Dr. Günter Rexrodt

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Antje Hermenau
    Das ist exakt das Problem, um das wir heute hier kreisen.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Wenn wir das nicht gemacht hätten, würden Sie hier nicht stehen, Frau Hermenau!)


    Wir haben einen Nachtragshaushalt für 2002 und einen
    Entwurf für 2003. Wir müssen natürlich endlich damit an-
    fangen, uns nicht immer nur einen Haushalt anzugucken,
    sondern wir müssen die Geschichte berücksichtigen, um
    zu sehen, wie es zu diesem Haushalt in einem konkreten
    Jahr gekommen ist, und wir müssen uns fragen, was man
    in der Zukunft unternehmen muss, um da wieder weg zu
    kommen. Das wäre also eine überjährige Betrachtung.
    Wir fordern von Beamten inzwischen, dass sie die Kos-
    ten-Leistungs-Rechnung beherzigen. Daher sollten wir
    im Parlament auch genauso modern diskutieren und nicht
    immer nur auf ein Fiskaljahr gucken, sondern auch über
    Ursachen, Wirkungen und Zukunftspläne diskutieren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Gehen wir einmal in dieser Reihenfolge vor; jeder
    nachfolgende Redner kann dieses Beispiel ja gern adap-
    tieren. Die Strukturprobleme, mit denen wir uns zurzeit
    herumquälen, sind eine Kollektivleistung. Das haben wir
    alle miteinander gut hingekriegt. Natürlich erschöpft sich
    die parlamentarische Debatte immer darin, dass wir uns
    gegenseitig vorwerfen, wer am meisten Schuld daran hat,
    dass etwas nicht gemacht worden ist. Das ist parlamenta-
    rischer Debattenstil. Aber es gibt doch deshalb hier dau-
    ernd emotionale Friktionen, weil keiner zugeben will,
    woran er mitschuldig ist. Alle können sich hinter dieser
    Kollektivschuld verstecken. Sie können hier Schuldzu-
    weisungen machen; wir können welche zurückgeben. Je-
    der hat etwas auf dem Kerbholz. Eigentlich ist es so, wenn
    man den Haushalt und seine Entwicklung betrachtet: Kei-
    ner gibt zu, dass wir uns in Deutschland über Jahre und
    Jahrzehnte hinweg zu viel geleistet haben, dass es eben
    nicht vernünftig war, sich von Lafontaine 1990 ins Bocks-
    horn jagen und dann Waigel einfach alle erforderlichen
    Maßnahmen zur deutschen Einheit über die Sozialsiche-
    rungssysteme finanzieren zu lassen, nur weil Lafontaine
    kurz vor der Wahl gesagt hat, dass Sie es über Steuerer-
    höhungen machen würden.

    Dasselbe Spielchen wird jetzt wieder abgezogen. Jetzt
    sollen eben wir zu irgendwelchen Bekenntnissen ge-
    zwungen werden, ohne vorher genau alles durchdacht und
    hier diskutiert zu haben, und sogar ohne Ihre Einbezie-
    hung. Auch das ist nicht sehr sinnvoll. Es geht eigentlich
    immer nur um dieses parlamentarische Spielchen vor
    Wahlen: Wir zwingen den anderen zu Aussagen, die nach-
    her alle irgendwie nicht funktionieren, und damit haben
    wir die Unregierbarkeit des Landes weiter sichergestellt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer hat euch denn gezwungen?)


    Wenn es nicht immer diese Manöver gäbe, hätten wir es
    geschafft, die Strukturreform eher anzupacken. Die
    CDU/CSU hatte im Maastricht-Jahr 1997, als es mit dem
    Haushalt ziemlich kompliziert war, eine Chance dazu. Im
    Prinzip ist unser struktureller Reformbedarf auch da

    schon deutlich geworden, denn der Rucksack unerledig-
    ter Reformen, den wir mit uns herumschleppen, drückt
    uns immer dann zu Boden, wenn wir in eine schwierige
    Konjunkturphase kommen.

    Genau das passiert jetzt wieder. Wir überschreiten das
    Maastricht-Kriterium in diesem Jahr und kommen bei
    3,8 Prozent an. Das ist wirklich sehr hoch. Maximal 3 Pro-
    zent wären erlaubt. Aber wir kommen dahin mit ungefähr
    2,5 Prozent strukturellem Rucksack, entstanden aus nicht
    gemachten Reformen aus den letzten zwei Jahrzehnten.
    Das alles ging schon vor der deutschen Einheit los. Das ist
    unser eigentliches Problem. Mit einem so schweren Ruck-
    sack kann man natürlich ziemlich schlecht steuern, wenn
    man in konjunkturelle Stürme gerät. Deswegen sind für
    uns nicht nur die Konjunkturprognosen für die nächsten
    Jahre wichtig, sondern für uns ist es auch wichtig, endlich
    die strukturellen Reformen anzugehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das machen wir, entgegen dem, was Sie im Land auf Pla-
    katen verbreiten, und entgegen Ihren Aufrufen zu De-
    monstrationen. Deutschland hat sich wirklich verändert:
    Die Christsozialen rufen zur Demo auf.


    (Lachen bei der SPD)

    Aber unabhängig davon: Wir gehen die Reformen an.

    Hartz wird umgesetzt. Sie dürfen sogar im Vermittlungs-
    ausschuss die Nachbesserungen einbringen, die Sie für
    unverzichtbar halten. Ich nehme an, es wird einen Kom-
    promiss geben. Sie werden also mitgestalten und in dieser
    einen Frage einmal Ihrer nationalen Verantwortung auch
    in der Opposition gerecht werden können.

    Mit der Rürup-Kommission ist der nächste Schritt
    schon vorgezeichnet. Nicht umsonst hat es Streit um den
    Kern ihrer Aufgabe gegeben. Kern der Aufgabe ist, taug-
    liche Vorschläge, die kurzfristig umzusetzen sind, zur
    Senkung der Lohnnebenkosten zu erarbeiten. Das ist der
    Dreh- und Angelpunkt.


    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was sagt der Herr Generalsekretär der SPD dazu?)


    Wir sollten uns jetzt einmal angucken, was alles schon
    erreicht worden ist. Wir haben mit den strukturellen Re-
    formen ja schon begonnen. Ich nenne den Bürokratieab-
    bau, der schon mehrmals erwähnt wurde. Ich nenne die
    Anzahl der Beschäftigten beim Bund. Diese Zahl liegt in-
    zwischen deutlich unter dem Beschäftigungsstand von
    1989, also von vor der deutschen Einheit.

    Oder sehen Sie sich an, dass sich in den letzten Jahren
    die ausländischen Direktinvestitionen deutlich verbessert
    haben, nachdem Sie in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre
    ein Jahr nach dem anderen Tiefststände produziert haben.
    Wir haben die Finanzhilfen des Bundes innerhalb von
    fünf Jahren um über ein Drittel von 11,4 Milliarden auf
    7,8 Milliarden gesenkt. Erzählen Sie uns doch nicht, dass
    wir nicht gespart hätten. Natürlich haben wir das getan.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Punkt ist: Unsere Einsparungen waren eine sanfte
    Annäherung unter anderen Voraussetzungen. Wir haben


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    756


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 757

    gedacht, wir können das etwas langsamer und ruhiger an-
    gehen. Seit dem 11. September des letzten Jahres hat sich
    die Weltlage verändert. Die Weltkonjunktur zwingt uns,
    mit dem Sparkurs schneller voranzuschreiten als bisher.
    Wir hatten in der letzten Legislaturperiode eine zu sanfte
    Gangart. Aber die Zielrichtung und die Maßnahmen ha-
    ben gestimmt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Was ich bei Ihnen von der Opposition vermisse, ist der
    Respekt vor der Aufgabe, die ich hier beschreibe. Dieser
    Respekt ist bei Ihnen überhaupt nicht zu erkennen. Sie er-
    gehen sich hier in Inszenierungen irgendwelcher opposi-
    tioneller Theater


    (Joachim Poß [SPD]: Sehr wahr!)

    und sind dabei der Meinung, dass es sich um eine seriöse
    Meinungsbildung in diesem Land handelt. Ich habe vor-
    hin schon davon gesprochen: Es gibt verletzten Stolz und
    es gibt die Angst, eine kollektive Schuld mit einzugeste-
    hen. Man versteckt sich gerne hinter anderen. Das ist al-
    les richtig. Aber so behebt man das Problem nicht. Ir-
    gendwann werden Ihnen die Menschen auf die Schliche
    kommen. Sie werden merken, dass Sie nichts angeboten
    haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie haben sich erdreistet, den netten, blassen Herrn
    Wulff gestern seine zehn Punkte zur Reform des Arbeits-
    marktes vortragen zu lassen, in denen nichts Neues stand.
    Sie haben damit im Prinzip nur Ihre Verhandlungslinie für
    den Vermittlungsausschuss zum Hartz-Konzept darge-
    legt.


    (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das Schlimme ist doch, dass bei Ihnen jeden Tag was Neues kommt!)


    Und das nennen Sie ein Programm? Überlegen Sie sich
    das einmal! Es hätte natürlich nicht so spektakulär ge-
    klungen, wenn Sie gesagt hätten, dass es sich um Ihre Ver-
    handlungslinie für den Vermittlungsausschuss handelt. Es
    ist peinlich, wenn das die einzigen substanziellen Beiträge
    der Opposition sind.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich habe nicht umsonst auf die Notwendigkeit von Struk-
    turreformen hingewiesen. Ich will es plastischer darstellen:
    Wir reden darüber, dass dieser Haushalt seit Jahren, eigent-
    lich seit Jahrzehnten, dadurch belastet wird – die Belastun-
    gen steigen jedes Jahr weiter an –, dass die Zinslasten und
    die Ausgaben für die Alterssicherung, die inzwischen zum
    großen Teil steuerfinanziert sind, einen immer stärkeren
    Anteil am Bundeshaushalt haben. Es ist richtig: Auch wir
    haben diesen Trend nicht umkehren können. Wir haben
    ihn aber verlangsamt, indem wir die Einnahmen aus der
    UMTS-Versteigerung zur Tilgung eingesetzt und dadurch
    Zinsen eingespart haben. Wir haben versucht, günstige
    Zinskonditionen auszuhandeln. Im Moment laufen einige
    hochverzinsliche Kredite aus. Aber im Kern bleibt dieses
    Problem bestehen und verschärft sich in den nächsten vier

    Jahren noch. Das ist der entscheidende Punkt, den man
    beachten muss, wenn Herr Austermann von Investitions-
    quoten spricht.

    Es wird uns aber nur gelingen, die Investitionen sub-
    stanziell zu steigern – und nicht nur um 1 Milliarde Euro
    wie im nächsten Jahr –, wenn wir den Anteil der Zinslast
    und der Alterssicherungslast unter 50 Prozent drücken.
    Dieser steinige Weg steht uns bevor. Wir kommen nicht
    darum herum. Das ist eine neue Qualität, die nötig ist, um
    den Sparkurs aus der letzten Legislaturperiode in eine
    Kultur der Modernisierung zu überführen. Das ist jetzt
    wichtig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich habe es schon mehrmals gesagt: Es ist schlicht ein
    Akt europäischer Solidarität – da hat Herr Rexrodt gar
    nicht Unrecht –, dass wir uns darum bemühen, die Stabi-
    lität des Euro und die Stärkung der Wirtschaftskraft der
    Europäischen Union nicht daran scheitern zu lassen, dass
    Deutschland seine Hausaufgaben nicht macht. Darin sind
    wir uns einig; das ist überhaupt kein Streitpunkt, Herr
    Rexrodt. Es ist aber sicherlich auch richtig, zu schauen,
    wer wie einen Beitrag dazu leisten kann.

    Dass wir das Maastricht-Kriterium um mindestens
    0,8 Prozentpunkte verfehlt haben – eigentlich sollten wir
    deutlich unter der 3-Prozent-Grenze liegen –, ist ebenfalls
    eine Kollektivleistung. Die Länder haben sich nämlich
    klammheimlich hinter dem Rücken von Hans Eichel ver-
    steckt. Behaupten Sie jetzt nicht, das sei nicht so! Ich habe
    mir die Haushalte der Länder Bayern und Hessen für die-
    ses Jahr angeschaut. Ich unterstelle – ich habe das jeden-
    falls gehört –, dass die Finanzverwaltung im Freistaat
    Bayern fähig ist.


    (Hans Eichel, Bundesminister: In Hessen auch, bitte!)


    Wenn dem so ist, dann hätte die Finanzverwaltung des
    Freistaates Bayern dem Finanzminister Faltlhauser be-
    reits im August oder September sagen müssen: Herr
    Faltlhauser, Sie müssen dringend eine Haushaltssperre
    veranlassen, weil das Geld nicht reicht.


    (Joachim Poß [SPD]: Ja!)

    Theoretisch hätte das so sein müssen. Aber Herr
    Faltlhauser hat erst am Nachmittag, als die Steuerschät-
    zung bekannt wurde, eine Haushaltssperre erlassen. Das
    heißt, er hat sich hinter Hans Eichel versteckt und hat sich
    nicht getraut, im Wahlkampf Bescheid zu geben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Dass der Kanzlerkandidat aus Bayern kam, könnte der
    Grund sein – man wollte vielleicht nicht den Eindruck er-
    wecken, auch in Bayern könnte etwas nicht klappen –,
    dass man verhalten reagiert hat. Dafür habe ich Verständ-
    nis. Es hat ja niemand vor der Wahl die Nichteinhaltung
    des Maastricht-Kriteriums wie eine Monstranz vor sich
    hergetragen, keiner! Sie auch nicht.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS SES 90/DIE GRÜNEN)


    Antje Hermenau

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Antje Hermenau

    Roland Koch aus Hessen ist der Regisseur für das Op-
    positionstheater und hat inzwischen in der Bundestags-
    fraktion der CDU/CSU mehr zu melden als die Vorsit-
    zende.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Joachim Poß [SPD]: Sehr wahr!)


    Wenn ich mir den Haushalt von Hessen anschaue, dann
    muss ich sagen: Der hat ja die Chuzpe gehabt, die Gele-
    genheit zu nutzen und in seinem Haushalt eine mehr als
    doppelt so hohe Neuverschuldung vorzunehmen, als ei-
    gentlich geplant war. Auch er hat sich hinter Hans Eichel
    versteckt und hat das alles – denn er hat im Februar Land-
    tagswahl und muss daher im Jahre 2002 noch ein paar Sa-
    chen auf die Reihe bringen – hinter dem Rücken von Hans
    Eichel gemacht.

    Diese Länderfürsten aber schicken ihre Finanzminister
    schön in den Finanzplanungsrat, wo sie sich gegenseitig
    versichern,


    (Joachim Poß [SPD]: Und sagen: Wir machen solide Finanzpolitik!)


    wie sehr sie sich alle anstrengen werden, die geplante
    Neuverschuldung einzuhalten und das Maastricht-Krite-
    rium nicht zu reißen, und dann gehen die Finanzminister
    in ihre Länderlein zurück, verstecken sich klammheim-
    lich hinter Hans Eichel und lassen ihn den Buhmann spie-
    len. Das ist eine Taktik!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich habe davon gesprochen, dass wir strukturelle Re-
    formen als einen zweiten Schritt, einen qualitativen
    Sprung im Hinblick auf unsere Bemühungen in der letz-
    ten Legislatur, die nicht falsch, sondern richtig gewesen
    sind, angehen müssen. Sie haben die richtige Richtung ge-
    habt. Wir haben vielleicht noch nicht die richtige Energie
    besessen. Wir haben vielleicht zu sanft gespart; das will
    ich gelten lassen. Aber in diesem Land nach vielen Jahren
    überhaupt wieder eine Kultur des Sparens zu etablieren –
    inzwischen gibt es sogar folgende Reklame: „Geiz ist
    geil“; da hat sich doch in der Bevölkerung und, so hoffe
    ich, endlich auch bei allen Politikern etwas geändert; man
    sagt: Sparen macht Sinn –, das hat Rot-Grün in der letz-
    ten Legislatur geschafft. Das ist der Punkt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Der nächste qualitative Schritt wird sein, eine Kultur
    der Modernisierung durchzusetzen, und zwar gegen jed-
    weden Lobbyisten bzw. Oppositionspolitiker. Letztere
    meinen nämlich, sie hätten nicht genug mitzubestimmen,
    und haben die Sorge, dass ihre Stimme nicht gehört wird
    und sie ihre Vorschläge nicht anbringen können.

    Wenn Sie von der Opposition Ihre Vorschläge endlich
    einmal vorbrächten, dann würden wir uns diese anhören.
    Die Lage ist durchaus ernst. Wir sind für Ratschläge
    dankbar. Aber Sie machen keine Vorschläge, sondern ver-
    stecken sich und geben nicht zu, dass Sie in den Ländern
    und zu der Zeit, in der wir noch nicht an der Regierung
    waren, die derzeitige Misere mit verschuldet haben.

    Wir haben diese Misere nicht sofort beenden können.
    Das ist nämlich ein schweres Stück Arbeit. Da braucht
    man sich nicht zu genieren. Vielmehr können wir stolz
    sein und sagen: Wir haben uns angestrengt, aber nicht al-
    les erreicht. Der Weg stimmte. Jetzt kommen die nächsten
    Ziele.

    Wenn es einen Rückschlag gibt, der, wie ich erklärt
    habe, darauf beruht, dass man mit einem großen Rucksack
    an strukturellen Versäumnissen und in einer konjunkturell
    schwierigen Lage marschieren muss, dann meine ich:
    Häme steht Ihnen auf keinen Fall zu.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich werde den weiteren Debattenverlauf mit Interesse
    verfolgen. Vielleicht wird mein Vorschlag aufgenommen,
    einmal darüber zu sprechen, was wir in Zukunft gemein-
    sam beitragen und auf die Reihe bringen können. Wir
    können natürlich weiter Vergangenheitsbewältigung be-
    treiben, so wie Sie von der Opposition das die ganze Zeit
    hier vorgeschlagen haben. Alle Ihre Reden bisher stellten
    nur eine Vergangenheitsbewältigung dar. Sie bleiben da-
    bei sogar emotional stehen und sind nicht in der Lage, zu
    sagen: Jetzt müssen wir da durchmarschieren. – Jetzt
    übernehmen auf einmal Sie die Rolle des Buhmanns, in-
    dem Sie sagen: Die Konjunktur ist sehr schlecht. Man soll
    nichts schönreden und nicht auf Optimismus machen.

    Dabei hatten doch Sie den Optimismus, dass man die
    deutsche Einheit aus der Portokasse bezahlen könnte.


    (Lothar Mark [SPD]: Untersuchungsausschuss „Portokasse“!)


    Wer hatte denn den Optimismus, dass die Konjunktur auf-
    grund der New-Market-Blase nach oben geht? Wer hat
    solche optimistischen Aussagen immer verbreitet? Wenn
    Sie sich davon jetzt völlig abkehren, haben entweder wir
    es geschafft, dass Sie sich unserer Denkweise anpassen,


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Dann ist Deutschland verloren! – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das bitte nicht!)


    oder Sie spielen Theater; das kann natürlich auch sein.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der SPD: Das Letzte ist richtig!)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Dietrich Austermann,

CDU/CSU-Fraktion.

(Peter Dreßen [SPD]: Jetzt kommt wieder ei ner, der alles verdreht!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kol-

    legin Hermenau hat dazu aufgefordert, ihr bei ihren Re-
    formvorschlägen zu folgen. Sie hat allerdings keine ge-
    macht. Sie hat darauf verwiesen, dass Kommissionen
    eingesetzt worden sind. Betrachtet man die Situation des


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    758


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 759

    Bundeshaushalts, dann ist festzustellen: Die Haushalts-
    und Finanzkrise Deutschlands besteht – auch nach ihrer
    letzten Rede – nach wie vor und sie wird sich aufgrund
    der Maßnahmen, die Rot-Grün getroffen hat, eher ver-
    schlechtern.

    Ich möchte konkrete Aussagen dazu machen, wie sich
    aus unserer Sicht die Entwicklung verbessern lässt. Aller-
    dings ist die Art und Weise, wie bisher – auch seitens des
    Finanzministers – debattiert worden ist, nicht dazu geeig-
    net, zu sagen: Jetzt fangen wir ganz neu an und vergessen
    all das, was in der Vergangenheit stattgefunden hat.

    Wir haben Ihnen 1998 die Regierung des Landes bei
    3 Prozent Wachstum, einer drastisch sinkenden Arbeits-
    losigkeit


    (Peter Dreßen [SPD]: Was? Das ist eine Unverschämtheit!)


    und bei beschlossenen Reformen im Gesundheitsbereich,
    bei der Rente und auf dem Arbeitsmarkt überlassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


    Das hat dazu geführt, dass die Krankenkassen Über-
    schüsse erwirtschafteten und die Rente mit der Einbezie-
    hung des demographischen Faktors auf sicherem Wege
    war. Wir haben einen Weg eingeleitet, dessen Erfolge
    Gerhard Schröder im Mai 1998 vorwegnehmen wollte, in-
    dem er sagte, dies sei sein Aufschwung, weil sich alle
    Leute auf das freuten, was nach der Wahl käme.

    Das Ergebnis war: All das, was an positiven Ansätzen
    erreicht worden ist, wurde zunichte gemacht. Die Belas-
    tungen, die die Menschen zu tragen hatten – ich will das
    Bild der Kollegin Hermenau aufnehmen: Der Rucksack
    war 1998 leer –,


    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


    sind in dramatischer Weise vergrößert worden. Um Le-
    gendenbildungen gar nicht erst zuzulassen: Die Kollegin
    Hermenau hat zusammen mit dem Kollegen Metzger und
    den übrigen Grünen Schmiere


    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber hallo!)


    bei den Entwicklungen der letzten vier Jahre gestanden.
    Alle haben alles mitgemacht, jede einzelne Maßnahme ist
    im Haushaltsausschuss beschlossen und von Ihnen abge-
    nickt worden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte ein paar der Vokabeln aufnehmen, die be-

    reits genannt worden sind. Wir debattieren heute über den
    Nachtragshaushalt 2002. Man fragt sich: Warum ma-
    chen wir kurz vor Jahresende einen Nachtragshaushalt?
    Der Nachtragshaushalt ist erforderlich, weil der Bundes-
    finanzminister zusätzliche Kredite in einer Größenord-
    nung von mindestens 13,5 Milliarden Euro braucht. Das
    hat sich in den letzten sechs Wochen herausgestellt, meint
    er. Vorher hat er das nicht gewusst; denn sonst hätte er be-
    reits im Juni, Juli oder August einen Nachtragshaushalts-
    entwurf vorlegen müssen, wozu wir ihn auch aufgefordert
    haben.

    Das grundsätzliche Problem der Finanz- und Haus-
    haltspolitik unter Hans Eichel ist, dass eine solche gestal-
    tende Politik nicht gemacht wird. Jeder normale Mensch
    hat gesehen, dass seit anderthalb Jahren die Zahl der Ar-
    beitslosen strukturbereinigt steigt und das wirtschaftliche
    Wachstum auf Null geht, dass es Warnungen der Sach-
    verständigen gab – Herr Finanzminister, man muss nicht
    nur die Sachverständigenprognosen für das Jahr lesen,
    sondern auch die Ratschläge, die die Sachverständigen
    geben, damit das Ganze ins Laufen kommt –, sodass für
    jedermann erkennbar war, dass es mit der Finanzsituation
    in Deutschland abwärts geht.

    Weshalb hat denn, Herr Eichel, die EU-Kommission
    im Januar dieses Jahres darauf hingewiesen, dass ein
    blauer Brief droht? Mit welchen Maßnahmen haben Sie
    dazu beigetragen, das zu verniedlichen und zu verdrän-
    gen? Nach der Berichterstattung in den Medien vermute
    ich, dass der Bundeskanzler Sie gezwungen hat, das zu
    tun, da er nicht wollte, dass vor der Wahl offenkundig
    wird, was Herr Metzger bestätigt hat, dass nämlich die Fi-
    nanzpolitik gescheitert ist. Nichts anderes ist es doch,
    wenn man dieMaastricht-Kriterien sowohl bei der Ge-
    samtverschuldung als auch bei der Nettoneuverschuldung
    überschreitet. Beide Ziele haben Sie gerissen.

    Das war für jedermann erkennbar und Sie können nicht
    erzählen, die Zahl der Existenzgründungen habe zuge-
    nommen. Gehen Sie einmal in die Verwaltungsräte der
    Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Deutschen Aus-
    gleichsbank. Da werden Sie erfahren, dass das Ganze ein-
    gebrochen ist. Wenn sich Menschen nicht mehr in einem
    neuen Betrieb verantwortlich fühlen wollen, wenn sie
    keine Existenzgründungen vornehmen wollen, dann kann
    man doch daraus den Schluss ziehen, dass ihnen das Ver-
    trauen in die Zukunft fehlt.

    Wenn das Vertrauen in die Zukunft fehlt und die Ar-
    beitslosigkeit und die staatlichen Schulden zunehmen, lässt
    das nur einen Schluss zu: Die Finanzsituation verschlech-
    tert sich. Das führt zu der Schlussfolgerung, die wir schon
    vor der Wahl gezogen haben.

    Damit ganz deutlich wird, wer wem was gesagt hat,
    füge ich hinzu: Wir haben an unsere Kollegen in der Haus-
    haltsgruppe vor der Wahl ein kleines Heftchen verteilt.
    Anfang Juli, als der erste Entwurf des Haushaltsplans für
    das kommende Jahr vorgelegt wurde, haben wir darin ge-
    schrieben:

    Haushaltsentwurf 2003 ist geschönt und ohne Per-
    spektive. Er basiert auf unrealistischen gesamtwirt-
    schaftlichen Annahmen: Wachstum mit 2,5 Prozent
    und Arbeitslosenzahl mit 3,82 Millionen angenom-
    men. Totales Versagen von Rot-Grün bei Bekämp-
    fung der Arbeitslosigkeit. ... Bei Wachstum und
    Staatsdefizit hat Deutschland unter Rot-Grün die rote
    Laterne erhalten und würde sie behalten. Deutliche
    Risiken auf der Ausgabenseite und Einnahmeseite:
    10 Milliarden Euro.

    Das haben wir an alle unsere Wahlkämpfer verteilt. Je-
    der konnte das nachlesen, angefangen vom Kanzlerkandi-
    daten bis hin zu dem letzten Wahlkämpfer, der den Kolle-
    gen geholfen hat. Jeder wusste es, jeder hätte es wissen
    müssen, auch der Bundesfinanzminister. In einem „Stern“-
    Artikel in der letzten Woche wurde unterstellt, dass wir

    Dietrich Austermann

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Dietrich Austermann
    alles, was wir gewusst haben, von dem Staatssekretär
    Overhaus aus dem Bundesministerium der Finanzen be-
    kommen hätten. Auch der muss es dann ja gewusst haben,
    und wenn der Staatssekretär es gewusst hat, dann muss es
    auch der Minister gewusst haben.

    Was uns in der Union von der Bundesregierung unter-
    scheidet, ist, dass wir Fakten eins und eins zusammenge-
    zählt, die Schlussfolgerungen daraus gezogen


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass wir noch viel Geld in der Kasse haben für Wahlgeschenke!)


    und das den Bürgern gesagt haben. Der Finanzminister
    hat gesagt, das sei unseriös, wir verhetzten die Leute, das
    sei schwarze Meckerei, das alles sei unverantwortlich, ob-
    wohl er genau gewusst hat, dass unsere Prognose richtig
    ist. Das war unverantwortlich und das war Wahlbetrug.
    Das rechtfertigt es, Herrn Eichel erneut aufzufordern:
    Nehmen Sie Ihren Hut! Denn Sie haben im Amt versagt
    wie kein anderer Finanzminister vor Ihnen in Deutsch-
    land.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mit einer derart schäbigen Bilanz würde sich kein ande-
    rer Mensch an das Pult hier trauen und dann auch noch
    versuchen, die Zahlen schönzureden.

    Das geht übrigens noch weiter. Wenn gesagt wird, ein
    Untersuchungsausschuss sei nicht sinnvoll, weil das ein
    bereits abgeschlossener Vorgang sei, dann ist dem entge-
    genzuhalten, dass weiter geschwindelt, getäuscht und ge-
    tarnt wird. Ich habe hier den Monatsbericht 11/02 des
    Bundesministeriums für Finanzen. Darin heißt es:

    Aus dem derzeitigen Finanzierungssaldo von
    44,6 Milliarden Euro und der rechnerisch ausgewie-
    senen Nettokreditaufnahme können keine Rück-
    schlüsse auf den weiteren Jahresverlauf gezogen
    werden.

    Inzwischen ist Dezember. Wir haben einen Finanzie-
    rungssaldo von 44,6 Milliarden Euro und das Bundesmi-
    nisterium für Finanzen verkündet nach draußen, daraus
    könne man keine Schlüsse ziehen. Ich nenne Ihnen einen
    Schluss: Die Steuereinnahmen werden in diesem Jahr un-
    ter den Zahlen der Steuerschätzung liegen. Die Nettokre-
    ditaufnahme wird in diesem Jahr deutlich über der An-
    nahme liegen, die Sie im Nachtragshaushalt dafür
    unterstellt haben. Auch diese beiden maßgeblichen Daten,
    Herr Eichel, stimmen also nicht. Sie täten gut daran, das
    in dieser Debatte noch gerade zu rücken, statt wieder zu
    versuchen, das Parlament und damit auch die Bürger zu
    täuschen.

    Sie haben versucht, den Nachweis anzutreten, dass Sie
    den Haushalt konsolidiert hätten. Konsolidierung heißt
    aber doch, dass man sich darum bemüht, die Ausgaben
    einzugrenzen. Schauen wir uns einmal die Ausgaben an.
    Wenn wir dabei von 1998 ausgehen und das mit diesem
    Jahr vergleichen, dann stellen wir fest, dass die Ausgaben
    dramatisch zugenommen haben. Wenn die Ausgaben dra-
    matisch zugenommen haben, dann kann doch nicht ge-
    spart worden sein. Anderenfalls hätte man Geld übrig,
    hätte vielleicht sogar etwas in einer Rücklage, wie es bei

    mancher Gemeinde Gott sei Dank immer noch der Fall ist.
    Es wird also nicht konsolidiert.

    Um den Haushalt für dieses Jahr auszugleichen, er-
    höhen Sie die Neuverschuldung.Auch das ist keine Kon-
    solidierung. Eine um 13,5 Milliarden Euro höhere Neu-
    verschuldung ist keine Konsolidierung.

    Diese Maßnahme, die Sie beim Nachtragshaushalt tref-
    fen – das ist der erste Teil der heutigen Debatte –, ist im
    Übrigen falsch und auch nicht geeignet, die Verfassungs-
    widrigkeit des Nachtragshaushalts zu beheben. Nach
    Art. 115 des Grundgesetzes ist jeder Haushalt verfas-
    sungswidrig, bei dem die Nettokreditaufnahme die Inves-
    titionen übersteigt. Die neuen Schulden übersteigen die
    Investitionen in diesem Jahr um mindestens 10Milliarden
    Euro. Das bedeutet, dass der Haushalt verfassungswidrig
    ist.

    Es gibt davon eine Ausnahme, die ebenfalls in der Ver-
    fassung geregelt ist. Danach ist das, was hier gemacht wird,
    verfassungsrechtlich zulässig, wenn eine Störung des ge-
    samtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt und – jetzt
    kommt die entscheidende Voraussetzung – die Maßnahme
    zur Behebung der Störung des gesamtwirtschaftlichen
    Gleichgewichts geeignet ist. Einfach 13,5 Milliarden Euro
    an Krediten zusätzlich aufzunehmen ist jedoch nicht geeig-
    net, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-
    wichts aufzuheben; vielmehr wird diese Störung dadurch
    geradezu verschärft, weil die Tatsache, dass sich der Staat
    am Kapitalmarkt bedienen muss, dazu führt, dass die Zin-
    sen in die Höhe gehen und die Wirtschaft noch mehr leidet.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht stringent!)


    – Selbstverständlich ist das genau so. Sie sollten sich
    überlegen, in einen anderen Ausschuss zu gehen. Nach
    der in Ihrem Zuruf zum Ausdruck kommenden Sachkunde
    sind Sie jedenfalls für den Haushaltsausschuss nicht ge-
    eignet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben meinen Zuruf akustisch doch gar nicht verstanden!)


    Ich sage es noch einmal: Der Nachtragshaushalt ist ver-
    fassungswidrig und der Haushalt für das Jahr 2003 ist auf
    dem Weg dorthin. Wenn der Bundesfinanzminister sagt,
    man habe richtige Maßnahmen eingeleitet und diese rich-
    tigen Maßnahmen seien geeignet, die Situation zu ver-
    bessern, dann frage ich – und das fragen die Bürger mit
    uns –: Warum unterstellen Sie dann, völlig zu Recht, im
    nächsten Jahr eine steigende Arbeitslosigkeit? Wenn Sie
    eine steigende Arbeitslosigkeit unterstellen, wie können
    Sie dann davon ausgehen, dass sich die Ausgaben für den
    Arbeitsmarkt um 8Milliarden Euro drosseln lassen? In ei-
    nem Jahr 8 Milliarden Euro weniger für den Arbeitsmarkt
    auszugeben, das macht Hartz nicht möglich.

    Das kann doch nur bedeuten, dass Sie den Kurs dieses
    Jahres fortsetzen wollen und dass in den neuen Ländern
    bei Ermessensleistungen drastisch gestrichen wird. Der
    famose Herr Gerster – die Älteren werden sich noch an
    ihn erinnern; er galt bei seiner Einführung ja als Wunder-
    waffe; erst danach kam die Wunderwaffe Hartz; heute ist


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    760


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 761

    von Gerster nichts mehr zu sehen und von Hartz nichts
    mehr übrig – hatte gesagt, man müsse die ABM in den
    neuen Bundesländern einmal etwas aufstocken, dann
    könne man hinterher vielleicht wieder etwas wegnehmen.
    In diesem Jahr sind bereits einige 100 Millionen Euro an
    ABM-Mitteln in den neuen Bundesländern gespart wor-
    den. Wenn das im nächsten Jahr fortgesetzt wird, geht die
    Wirtschaft weiter runter und die Menschen dort gehen to-
    tal auf dem Zahnfleisch.

    Sie wollen aber bei den Arbeitsmarktmaßnahmen,
    insbesondere bei Arbeitslosenhilfeempfängern, im nächs-
    ten Jahr nicht nur einige Hundert Millionen, sondern
    8 Milliarden Euro einsparen, damit Sie überhaupt den
    Haushalt ausgleichen können und mit dem Zuschuss bei
    der Bundesanstalt für Arbeit hinkommen. Es glaubt Ihnen
    kein Mensch, dass das zu schaffen ist. Die Zahlen sind ge-
    schönt. Sie werden auch im nächsten Jahr wieder einen
    verfassungswidrigen Haushalt haben. Damit ist klar, dass
    der Kurs nicht in Richtung Sparmaßnahmen und Verbes-
    serung der Situation geht, sondern dass der Kurs in Rich-
    tung mehr Verschuldung und verfassungswidrige Haus-
    halte geht.

    Das Entscheidende, was die Menschen von der Debatte
    hier im Bundestag erwarten, ist eine Perspektive, die ih-
    nen deutlich macht, dass das, was das Parlament beschäf-
    tigt und beschließt, dazu beiträgt, die Krise, in der sich un-
    ser Land befindet, zu überwinden. Manches von dem, was
    auf der Regierungsbank stattfindet – das sagten viele Bür-
    ger in den letzten 14 Tagen –, ist anarchisch. Die Krise
    dieses Landes muss durch konkrete Entscheidungen be-
    einflusst und überwunden werden.

    Jetzt wird gesagt: Man konnte das ja nicht wissen. Das
    mit den Steuereinnahmen im September kam auf einmal
    wie ein Unwetter über uns. – Herr Eichel, auch diese Aus-
    sage ist falsch und wird Ihnen im Untersuchungsaus-
    schuss vorgehalten werden. Die Steuereinnahmen bis
    September waren sauschlecht, aber im September waren
    sie relativ günstig. Nun zu sagen, die Probleme gebe es,
    weil die Daten aus dem September so schlecht waren, ist
    nicht nur falsch, sondern auch noch gelogen. Werfen Sie
    nicht diese Blendgranaten! Diese täuschen vielleicht die
    Regierung, aber jedenfalls nicht die Menschen in unserem
    Land.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Daneben haben Sie auch falsche Wachstumszahlen

    genannt. Sie werden sich erinnern, Herr Eichel: Vor einem
    Jahr – es war an einem Freitag, bei der dritten Lesung des
    Haushalts für 2002 – haben Sie gesagt, in diesem Jahr
    würden die Schulden sinken. Ich habe Ihnen seinerzeit
    vorgehalten, dass das, was Sie für den Bundeshaushalt
    dieses Jahres unterstellt haben, nämlich 1,25 Prozent
    Wachstum, nicht stimmt. Das haben Sie bestritten, haben
    es als „schwarze Kritik“ und „unseriös“ zurückgewiesen.
    Am nächsten Tag haben wir festgestellt, dass Sie der EU
    in einem Nebensatz ein Alternativszenario gemeldet ha-
    ben, wobei deutlich wurde, dass Sie im Hinterkopf ganz
    andere Zahlen hatten als die, welche Sie dem Parlament
    vorgelegt haben. Ich glaube nicht einmal, Herr Eichel,
    dass Sie das alles nicht gewusst haben. Ich sage: Sie ha-
    ben es den Menschen nicht gesagt, Sie haben die Men-

    schen angelogen. Sie haben es ihnen nicht gesagt und das
    war das Unverantwortliche in der Situation damals.

    Ich rate Ihnen, wenn Sie sich auf den Untersuchungs-
    ausschuss vorbereiten, sich Ihre Rede vom 27. November
    vorigen Jahres vorzunehmen. Ich rate Ihnen weiterhin,
    Herr Eichel: Verweigern Sie Ihren Mitarbeitern nicht das
    Aussagerecht; lassen Sie zu, dass alle, die in den Ministe-
    rien sitzen, vom Staatssekretär über den Abteilungsleiter
    bis zu wem auch immer, ihre Aussagen machen dürfen!
    Kommen Sie nicht damit, Sie müssten Staatsgeheimnisse
    schützen und daher könnten Sie den Leuten nicht die Aus-
    sagegenehmigung erteilen. Sie alle müssen sagen, was sie
    gewusst und was sie Ihnen vor der Wahl auf den Schreib-
    tisch gelegt haben, Sie aber zur Seite gewischt haben.

    Der entscheidende Punkt für den Untersuchungsaus-
    schuss ist aus unserer Sicht – und insofern betrifft das die
    Haushaltsberatung hier –: Ein Verfassungsorgan, die Bun-
    desregierung, hat das Volk, den eigentlichen Souverän,
    getäuscht. Dies ist qualitativ etwas anderes, als wenn Po-
    litiker im Wahlkampf mal eben so etwas sagen. Nein, Sie
    haben einen Eid auf die Verfassung geleistet, sich dafür
    einzusetzen, dass die Mitarbeiter, die Ihnen unterstellt
    sind, das tun, was in diesem Land getan werden muss. Sie
    haben sie daran gehindert, das, was sie wissen und kön-
    nen, an den Souverän, an die Bürger, zu bringen.


    (Joachim Poß [SPD]: Eine infame Unterstellung!)


    Hierin liegt das eigentliche verfassungsrechtliche Pro-
    blem. Sie können doch nicht erwarten, dass wir Ihnen dies
    durchgehen lassen. Von jedem Bürger verlangen wir, dass
    er seiner Versicherung gegenüber ehrlich ist, dass er seine
    Steuererklärung ehrlich abgibt. Dann aber soll es zugelas-
    sen werden, dass diejenigen, die dafür verantwortlich
    sind, wie kassiert wird und welche Gesetze gemacht wer-
    den, die Menschen, von denen sie Ehrlichkeit erwarten,
    schamlos belügen? Dies können wir Ihnen nicht durch-
    lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Wie können Sie solche Unterstellungen äußern?)


    Ich möchte nun unsere Alternative aufzeigen: Wir wol-
    len einen ehrlichen Kassensturz. Der Nachtragshaushalts-
    entwurf und der Haushaltsentwurf 2003 sind noch kein
    ehrlicher Kassensturz. Die Zahlen stimmen wieder nicht.
    Alles, was wir machen müssen, steht unter einem Finanz-
    vorbehalt;


    (Joachim Poß [SPD]: Steuerschätzung!)

    alle neuen Entscheidungen stehen unter einem Finanz-
    vorbehalt.


    (Walter Schöler [SPD]: Das hatten Sie doch auch einmal!)


    – Das ist alles richtig. Es stand übrigens auch in der Über-
    schrift unseres Wahlprogramms.

    Wir wollen eine Entriegelung des Arbeitsmarktes. Herr
    Merz hat dazu einiges gesagt. Ich erinnere an das Drei-
    Säulen-Modell und andere Maßnahmen.

    Wir wollen erreichen, dass Genehmigungsverfahren
    in Deutschland beschleunigt werden. Wenn die Zahl der

    Dietrich Austermann

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Dietrich Austermann
    Anträge auf Wirtschaftsförderungsmaßnahmen im Wirt-
    schaftsministerium unter Herrn Müller – die Älteren wer-
    den sich auch an ihn noch erinnern – um 20 Prozent ge-
    stiegen ist, ohne dass die Summe, die verteilt worden ist,
    erhöht werden konnte, heißt dies doch: Die Bürokratie ist
    ausgeweitet worden.

    Wir wollen wirklich sparen. Wir haben zurzeit die teu-
    erste Regierung aller Zeiten.


    (Joachim Poß [SPD]: Und die billigste Opposition!)


    Man muss ins Internet schauen, um festzustellen, wel-
    che neuen Staatssekretärsstellen und Abteilungsleiterstel-
    len etwa im Forschungsministerium geplant sind. Es gab
    noch nie eine Regierung, die so viele Mitglieder hatte wie
    diese. Es gab noch nie eine, die so teuer war. Es gab auch
    noch nie eine, die für die Menschen in diesem Land so viel
    zu teuer war wie diese Regierung. Hier fängt das Sparen
    nämlich an.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen endlich den Umsatzsteuerbetrug bekämp-

    fen. Wir müssen den Subventionsabbau einleiten. Dafür
    stehen wir immer zur Verfügung. Das haben wir immer
    gesagt. Es gehört zur Ehrlichkeit, zu sagen, dass der Sub-
    ventionsabbau bei der Kohle – gegen Protest – von uns
    eingeleitet worden ist. Sie haben die Menschen auf die
    Straße gejagt – damals noch in Bonn –, als wir den Kohle-
    kompromiss geschlossen haben.

    1982/1983 hatten wir eine vergleichbare Situation. Wir
    müssen die Investitionen stärken und nicht den Konsum
    aufblähen. Sie jedoch senken die Investitionen.


    (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Das stimmt nicht!)

    Wenn Sie sich Ihren eigenen Entwurf ansehen, werden

    Sie feststellen, dass die Forschungsinvestitionen im nächs-
    ten Jahr sinken. Ich bitte Sie, sich noch einmal die letzte
    Fassung Ihres Haushaltsentwurfes nach dem Kabinetts-
    beschluss anzusehen: Die Forschungsausgaben sinken im
    nächsten Jahr. Bereinigt um das, was für die Flutopfer ausge-
    geben wird, sinken die Investitionen.


    (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Die sind gestiegen!)


    Flut ist übrigens ein gutes Stichwort. In der Antwort auf
    meine Anfrage habe ich gelesen, dass Sie in diesem Jahr
    2,5 Milliarden Euro für Fluthilfe gebunkert haben. Dieses
    Geld wurde außerplanmäßig bereitgestellt. Diese 2,5 Mil-
    liarden Euro sind beim Empfänger noch nicht angekom-
    men, also müssen sie zur Seite gelegt worden sein. Warum
    werden sie wohl zur Seite gelegt? – Damit man im nächs-
    ten Jahr dieses Geld nicht aufnehmen muss. Sie – Herr
    Eichel, Herr Overhaus – haben wieder getrickst. Sie versu-
    chen ständig, das Parlament zu umgehen. Sie haben Aus-
    gaben für die Flutopfer in Höhe von 2,5 Milliarden Euro,
    ohne dies im Parlament zu diskutieren, als außerplan-
    mäßige Ausgabe kurz vor der Wahl zur Seite gelegt, damit
    Sie hier und da noch ein Geschenk verteilen können. Dies
    hat etwas mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zu
    tun. Ich finde es unglaublich, was Sie dort machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Unverschämtheit!)


    Nächster Punkt: Wir werden Investitionen beschleuni-
    gen und stärken. Sie beklagen die Situation der Ge-
    meinden. Wer den Gemeinden ständig die Gewerbe-
    steuerumlage erhöht, braucht sich nicht zu wundern, dass
    die Gemeinden immer mehr Schulden machen und immer
    mehr finanzielle Unterstützung von den Ländern brau-
    chen.


    (Joachim Poß [SPD]: Nicht alle Länder!)

    Wir machen eine Steuersenkung.

    Schauen Sie sich einmal die Empfehlung der Sachver-
    ständigen, die 20 Punkte, an. Jeden dieser 20 Punkte wür-
    den wir mit Ihnen sofort machen. Die Sachverständigen
    haben aber auch gesagt: Wenn das, was Sie vorhaben, ge-
    macht wird, wird es im nächsten Jahr noch ein halbes Pro-
    zent weniger Wachstum, wird es also wieder ein Defizit
    geben.

    Manch einer sagt vielleicht: Ihr müsst doch denen jetzt
    die Hand reichen, insbesondere im Bundesrat, und sie bei
    den Maßnahmen, die sie treffen – das sind ein paar Steu-
    ermaßnahmen –, unterstützen. – Dazu merke ich an: Die
    zusätzliche Belastung der Steuerbürger und der Betriebe
    am 1. Januar – deswegen bin ich für die Wahlen in Nie-
    dersachsen wie in Hessen ganz zuversichtlich, Herr Kol-
    lege; Mitte bis Ende Januar kommt nämlich die erste
    Lohnabrechnung – durch das, was Sie beschlossen haben
    und was Sie „Kürzung bei den Ausgaben“ nennen, macht
    15 Milliarden Euro aus. Dazu kommt noch der höhere
    Rentenversicherungsbeitrag. Dazu kommt noch der höhe-
    re Krankenversicherungsbeitrag.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und die Energiepreise!)


    Wenn das, was Sie machen, falsch ist – die Sachverstän-
    digen sagen, dass Steuererhöhungen zum gegenwärtigen
    Zeitpunkt falsch sind –, dann muss es doch richtig sein,
    das zu blockieren. Deswegen lehnen wir das ab. So ein-
    fach ist das. Den Aufschwung schafft man nicht mit zu-
    sätzlichen Belastungen, sondern nur dadurch, dass man
    Bürger und Betriebe, und zwar auch die kleinen und mitt-
    leren und nicht nur die großen, entlastet.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)