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ID1501000200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung der Präsidenten der Nationalver- sammlung der Republik Korea, Herr Park Kwan Yong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 A Verabschiedung des Abgeordneten Dr. Ingo Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Begrüßung der neuen Abgeordneten Gisela Pilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Wahl der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Monika Griefahn, Michael Roth (Heringen), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Günter Nooke, Annette Widmann-Mauz, Volker Beck und Hans- Joachim Otto (Frankfurt) als Mitglieder des Kuratoriums der „Stiftung Denkmal für die er- mordeten Juden Europas“ . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 531 C Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung: NATO-Gipfel am 21./22. November 2002 in Prag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Schäuble, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die NATO auf die neuen Gefahren ausrichten (Drucksache 15/44) . . . . . . . . . . . . . . . 532 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 532 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 535 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 540 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 540 D Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 D Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 C Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . 544 D Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 545 D Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 547 C Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU 549 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 A Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ver- besserung des Schutzes der Bevölke- rung vor Sexualverbrechen und anderen schweren Straftaten (Drucksache 15/29) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C b) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Sozialtherapeutische Maßnahmen für Sexualstraftäter auf den Prüfstand stellen (Drucksache 15/31) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 554 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 556 D Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 A Plenarprotokoll 15/10 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 I n h a l t : Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 561 B Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 564 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 565 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 566 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 B Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 567 A Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 568 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisung im vereinfachten Verfah- ren Antrag der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Ernst Bahr (Neuruppin), weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Deutschen Musikrat stärken (Drucksache 15/48) . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 D Zusatztagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung ohne Aus- sprache Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsa- che vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BVerfGE 3/02 (Drucksache 15/69) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 A Tagesordnungspunkt 5: Wahlen zu Gremien 5 a) Schriftführer gemäß § 3 der Ge- schäftsordnung (Drucksache 15/50) . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Be- stimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Fraktio- nen im Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) (Drucksache 15/47) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit 5 b) Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- schuss) (Drucksachen 15/51, 15/52, 15/53, 15/54) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 573 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 574 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zur Situation der öffentlichen Haushalte unter Berücksichtigung der zu erwar- tenden aktuellen Steuerschätzung und der damit möglichen Notwendigkeit ei- nes Haushaltssicherungsgesetzes . . . . . . 575 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 575 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . 576 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 578 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 B Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 580 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 D Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 583 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 A Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 C Ortwin Runde SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 D Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 588 A Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 D Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 590 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 591 C Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 B Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- lung der ökologischen Steuerreform (Drucksachen 15/21, 15/71, 15/72) . . . . . 593 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 593 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 595 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 597 A Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 598 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 599 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 601 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002II Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 A Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . 603 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 604 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 605 D Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 606 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 607 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter Götz, Dr. Michael Meister, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz) (Drucksache 15/30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 A Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 B Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 C Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . 614 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 616 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . 617 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 D Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . 619 D Georg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . . . 620 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 623 D Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheber- rechts in der Informationsgesell- schaft (Drucksache 15/38) . . . . . . . . . . . . . . 625 A b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den WIPO-Verträgen vom 20. Dezember 1996 über Urhe- berrecht sowie über Darbietungen und Tonträger (Drucksache 15/15) . . . . . . . . . . . . . . 625 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 625 B Günter Krings CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 626 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 629 A Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Jörg van Essen, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Rechtssi- cherheit für die bewaffneten Einsätze deutscher Streitkräfte schaffen – ein Ge- setz zurMitwirkung des Deutschen Bun- destages bei Auslandseinsätzen der Bun- deswehr einbringen (Drucksache 15/36) . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 C Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 634 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 635 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . 638 B Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 640 A Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 641 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 645 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 531 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Dr. Christoph Zöpel Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 645 (C)(A) Daub, Helga FDP 14.11.2002* Dr. Däubler-Gmelin, SPD 14.11.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.11.2002 Fritz, Erich G. CDU/CSU 14.11.2002 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 14.11.2002 Gradistanac, Renate SPD 14.11.2002 Freiherr von und zu CDU/CSU 14.11.2002 Guttenberg, Karl-Theodor entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.11.2002 Jelena Kubicki, Wolfgang FDP 14.11.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 14.11.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 14.11.2002 Nitzsche, Henry CDU/CSU 14.11.2002 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 14.11.2002* * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwölf

    Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges hat die Welt für
    uns ein anderes Gesicht bekommen. Wo sich früher zwei
    Blöcke in militärischer Konfrontation erstarrt gegenüber-
    standen, sehen wir uns heute mit einer wesentlich kom-
    plexeren weltpolitischen Lage konfrontiert. Auf der einen
    Seite können wir vor allem in Europa enorme Fortschritte
    bei Frieden, Stabilität und Freiheit feststellen. Auf der an-
    deren Seite erfahren wir täglich von neuen regionalen
    Konflikten, sozialen Unruhen oder terroristischen An-
    schlägen.

    Spätestens die Schrecken des 11. September 2001 ha-
    ben uns verdeutlicht, dass wir von diesen Bedrohungen
    direkt betroffen sind. Besonders der Terrorismus richtet
    sich direkt gegen uns alle, die wir in offenen Gesellschaf-
    ten leben.

    Aber auch regionale Konflikte und soziale Probleme
    werden in einer zunehmend globalisierten Welt für uns
    zur immer größeren Gefahr. Unsere Landesgrenzen schüt-
    zen uns vor diesen asymmetrischen Bedrohungen nur sehr
    unzureichend.

    Unser Ziel ist, dass alle Menschen in Sicherheit und
    Freiheit leben können. Terrorismus muss militärisch ent-
    schlossen bekämpft werden. Aber gleichzeitig dürfen wir
    uns nicht darauf beschränken; sonst droht ein Scheitern.
    Wir müssen politische und soziale Konflikte lösen, die
    den Nährboden für die Entstehung der Gewalt und des
    Terrorismus darstellen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Krisenprävention ist genauso wichtig wie Krisenreak-
    tion. Um dies zu erreichen, brauchen wir mehr denn je ein
    System globaler kooperativer Sicherheit. Nur über die
    Zusammenarbeit von Nationen kann dies umfassend ge-
    leistet werden. Nur in multilateralem Rahmen können wir
    auf allen relevanten Ebenen entschlossen gegen das Ge-
    fährdungspotenzial unserer Zeit angehen. Wir müssen
    weg von einer rein militärisch angelegten Reaktion auf
    Konflikte und hin zu einem umfassenden Sicherheitsbe-
    griff. Europa und Amerika stehen vor einer neuen, weit
    über unsere Kontinente hinausreichenden und politisch
    entscheidenden Ordnungsaufgabe.

    Vor diesem Hintergrund treffen sich die 19 NATO-Mit-
    gliedstaaten am kommenden Donnerstag in Prag. Für das
    transatlantische Bündnis und seine Rolle in einem System
    globaler kooperativer Sicherheit beginnt in der tschechi-
    schen Hauptstadt eine neue Ära. In Prag werden sich die
    Fähigkeiten des Bündnisses zeigen, sich an eine wan-
    delnde Welt anzupassen. Die Allianz wird dort einen wei-
    teren Schritt auf dem Weg zur Lösung der großen europä-
    ischen Sicherheitsfragen vollziehen.

    Der Gipfel wird uns nochmals verdeutlichen, dass die
    NATO weit mehr als ein reines Verteidigungsbündnis ist.
    Sie ist eine über den Atlantik reichende Wertegemein-
    schaft, die entscheidend zur Sicherheit und Stabilität in
    der Welt und zur Stärkung von Demokratie und Rechts-
    staatlichkeit ihrer Mitglieder beiträgt.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    532


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Im Mittelpunkt der Diskussionen werden drei zentrale
    Aufgaben stehen: Es geht um die Öffnung derNATO für
    neue Mitgliedstaaten, die Beziehungen der NATO zu
    ihren Partnern und die Anpassung der NATO an neue He-
    rausforderungen. Alle drei Themen sind für die Zukunft
    der Organisation von großer Bedeutung und damit auch
    für die deutsche Außenpolitik entscheidend.

    Zum zweiten Mal nach Ende des Kalten Krieges öffnet
    sich die NATO für neue Mitglieder. Der Konsens der Bünd-
    nisstaaten, sieben weitere Staaten zum Beitritt in die Alli-
    anz einzuladen, wird immer wahrscheinlicher. 13 Jahre
    nach dem Fall der Mauer wird die NATO somit wichtige
    Länder in Süd- und Osteuropa sowie das Baltikum in das
    Bündnis integrieren. Diese anstehende Erweiterung ist so-
    wohl für die Allianz als auch für die Beitrittskandidaten
    selbst ein Erfolg. Sie leistet einen Beitrag zur europäischen
    Stabilität, sie festigt die transatlantischen Beziehungen
    und sie beschleunigt notwendige Reformen in den Mit-
    gliedstaaten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Die nächste Erweiterungsrunde liegt auch in unserem
    Interesse. Daher hat der Bundestag im April dieses Jahres
    dieser Einladung mit überwältigender und fraktionsüber-
    greifender Mehrheit zugestimmt. Diese Einladung erfolgt
    nach gründlicher Evaluierung der Bereitschaft und Fähig-
    keit der Kandidaten, dem Bündnis beitreten zu können.
    Ihr gingen Jahre intensiver Vorbereitung voraus. Deutsch-
    land hat dabei aktiv mitgearbeitet. Mit der Entsendung
    militärischer und ziviler Berater, mit Materialhilfe und
    Ausbildungsunterstützung haben wir dazu einen wichti-
    gen und anerkannten Beitrag leisten können. Zahlreiche
    Experten halten viele der heutigen Beitrittsländer für bes-
    ser vorbereitet als die drei Kandidaten der ersten Erweite-
    rungsrunde 1997.

    Alle Aspiranten haben in den vergangenen drei Jahren
    Reformen durchgeführt und erhebliche Fortschritte ge-
    macht. Ihre Anstrengungen beschränkten sich nicht nur
    auf Strukturreformen im militärischen Bereich. Auch die
    Beilegung interner und externer Konflikte, die Durchset-
    zung von Menschenrechten und die demokratische Kon-
    trolle der Streitkräfte gehörten dazu.

    All diese Vorhaben sind noch nicht ganz abgeschlos-
    sen. Es ist klar, dass auch die Kandidaten, die in Prag ein-
    geladen werden, diese Anstrengungen fortsetzen müssen.
    Die NATO ist keine statische Organisation. Alle ihre Mit-
    gliedstaaten müssen sich fortlaufend neuen Herausforde-
    rungen anpassen. Die Beitrittsstaaten werden sich in einem
    Schreiben an den NATO-Generalsekretär verpflichten,
    ihre Anstrengungen zur Beseitigung noch vorhandener
    Defizite auch nach der Einladung fortzusetzen.

    Aber nicht alle Staaten, die Mitglied der NATO werden
    wollen, können in Prag eingeladen werden. Wir müssen
    daher mit den Ländern, die dieses Mal noch nicht dabei
    sind, in intensivem Kontakt bleiben. Wir werden sie in der
    Erklärung des Prager Gipfels ausdrücklich ermutigen,
    ihre Anstrengungen fortzusetzen. Die NATO muss auch in
    Zukunft weitere Mitglieder aufnehmen können; ihre Tür
    muss offen bleiben. Dies ist für die deutsche Politik von

    großer Bedeutung und darüber besteht auch innerhalb der
    Mitgliedstaaten Konsens.

    Die letzten zehn Jahre haben gezeigt: Die Perspektive
    eines NATO-Beitritts hat – dies ist eines der wichtigsten
    politischen Ergebnisse; das ist sehr schnell und unmittel-
    bar schon im Beitrittsverfahren deutlich geworden – zu
    Konfliktabbau und Konfliktprävention beitragen können.
    Diese Aussicht fördert und dynamisiert den Reformkurs
    der Kandidaten. Sie trägt zur Stabilisierung von Ländern
    und Regionen bei. Eine Erweiterung der Allianz bedeutet
    immer auch eine Erweiterung und Festigung der trans-
    atlantischen Wertegemeinschaft. Zusammen mit der Er-
    weiterung der Europäischen Union ist sie daher eindeutig
    in unserem Interesse.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Es ist offensichtlich, dass die Frage nach den Bezie-
    hungen der NATO zu ihren Partnern außerhalb des
    Bündnisses in direktem Zusammenhang zu ihrer Erweite-
    rung steht. Wir müssen neben der Öffnung des Bündnis-
    ses auch die Kooperation mit den Staaten in der Nachbar-
    schaft der NATO weiterentwickeln. Zunächst ist hierbei
    unsere Zusammenarbeit mit Russland zu nennen. In Prag
    wollen sich die Außenminister im Rahmen des NATO-
    Russland-Rats mit ihrem russischen Kollegen treffen,
    um die Ziele künftiger Zusammenarbeit festzulegen und
    das bislang Erreichte zu bewerten.

    Insgesamt ist die Bilanz erfreulich. Seit dem Gipfel in
    Rom am 28. Mai hat sich unsere Kooperation mit Russ-
    land deutlich verbessert. Vieles beurteilen die Partner
    mittlerweile einheitlich. Besonders bei der Bewertung der
    Lage auf dem Balkan herrscht zunehmend Übereinstim-
    mung mit unseren russischen Partnern. Für gemeinsame
    friedenserhaltende Operationen haben wir ein realisierba-
    res Konzept entwickelt. Diese Schritte zu einer engen Ko-
    operation, für die wir uns immer eingesetzt haben, sind
    – wer die Vergangenheit kennt, weiß das – eine beacht-
    liche Leistung beider Seiten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie sollten uns auch in die Lage versetzen, über Mittel und
    Wege zur gemeinsamen Lösung von Sicherheitsproble-
    men zu reden. Unser Ziel ist dabei, zu übereinstimmenden
    Beurteilungen zu kommen. Beim Tschetschenien-Kon-
    flikt beispielsweise sind wir unverändert der Auffassung,
    dass auf der Basis territorialer Integrität, des Kampfes ge-
    gen den Terrorismus und der Wahrung der Menschen-
    rechte nur eine politische Lösung zum Erfolg führen kann.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Die engen Beziehungen zwischen der NATO und Russ-
    land sind für Stabilität und Sicherheit im euroatlantischen
    Raum von großer Bedeutung. Ihre Intensivierung hat
    letztlich dazu geführt, dass die NATO-Erweiterung für
    Russland kein ernsthaftes Problem mehr darstellt. Dies
    war vor ein paar Jahren noch völlig anders.

    Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger
    NATO-Anrainer und -Partner ist die Ukraine. Auch mit

    Bundesminister Joseph Fischer




    Bundesminister Joseph Fischer
    ihrem Kiewer Kollegen wollen sich die Außenminister
    der Mitgliedstaaten in Prag treffen, um zu diskutieren, wie
    die Ukraine stärker in die euroatlantischen Strukturen ein-
    gebunden werden kann. Wir wollen dabei einen Aktions-
    plan verabschieden, der die Ziele unserer Zusammenar-
    beit klar definiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die
    Intensivierung des politischen Dialogs und die Unterstüt-
    zung der Ukraine bei ihrer Verteidigungsreform.

    Dabei werden allerdings auch kritische Punkte in den
    Beziehungen zwischen der NATO und der Regierung in
    Kiew auf dem Programm stehen. Unsere Zusammenar-
    beit wird gegenwärtig von dem Vorwurf an Kiew über-
    schattet, Waffen in Krisengebiete exportiert und Tech-
    nologie illegal an den Irak geliefert zu haben. Wir
    fordern von unseren Partnern die Einhaltung des inter-
    nationalen Rechts und der Beschlüsse der Vereinten Na-
    tionen ohne Wenn und Aber. Daran darf es keinen Zwei-
    fel geben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


    In Prag wird auch evaluiert, wie die Beziehungen mit
    den anderen Partnern in Nachbarschaft zur NATO prak-
    tischer ausgestaltet werden können. In den letzten Mona-
    ten haben wir gerade mit unseren Partnerländern in Zen-
    tralasien intensiv zusammengearbeitet. Wie wichtig
    deren Rolle als Bindeglied in Bezug auf Asien ist, hat uns
    die Kooperation bei der Krisenbewältigung in Afghanis-
    tan gezeigt. Ähnliches gilt für europäische Partnerländer,
    mit denen wir beispielsweise im Rahmen der SFOR und
    der KFOR ausgezeichnet zusammenarbeiten.

    Schließlich wollen wir auch unseren Dialog mit den
    Mittelmeerländern aufwerten. In Prag sollen Vorschläge
    hierzu vorgelegt werden. Diesem Austausch messen wir
    große Bedeutung bei; denn er kann zur Verbesserung der
    regionalen Stabilität beitragen und gegenseitiges – –


    (Mikrofonausfall – Ute Kumpf [SPD]: Sie sind nicht zu verstehen! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Sollen wir ein Megafon bringen? Das kennen Sie doch auch!)


    – Ich kenne das auch mit Megafon, Herr Kauder. Ich kann
    aber auch ohne Mikrofon oder Megafon reden.


    (Bundesminister Joseph Fischer testet das Mikrofon an der Regierungsbank – Heiterkeit – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das hatte bisher am meisten Substanz!)


    – Das meinen Sie doch nicht im Ernst. Also, substanz-
    reich war die Rede. Das können Sie ja wohl nicht be-
    streiten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich lasse es mir gern gefallen, wenn Sie ein bisschen
    Recht haben; aber da haben Sie wirklich überhaupt nicht
    Recht.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Machen Sie doch mal weiter!)


    – Das freut mich, dass Sie hier mit spitzen Ohren weiter
    lauschen wollen.


    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir wollen es schnell hinter uns haben!)


    Verehrter Kollege, ich komme nun auf das Thema Mit-
    telmeerländer zu sprechen. Das ist ein wichtiges Thema,
    wie mir bei meinem Besuch in Spanien gerade wieder ver-
    mittelt wurde, wo es bezogen auf EU und NATO die große
    Sorge gibt, dass die regionale Erweiterungsausrichtung
    nach Osten und Südosten wirklich zu einer Abwendung
    von den Mittelmeerländern führt. In der EU spielt das eine
    noch größere Rolle; es ist aber auch im NATO-Zusam-
    menhang wichtig. Deswegen hören Sie gut zu!


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Schließlich wollen wir, verehrter Kollege, auch un-
    seren Dialog mit den Mittelmeerländern aufwerten. In
    Prag sollen Vorschläge hierzu vorgelegt werden. Die-
    sem Austausch messen wir aus den Gründen, die ich ge-
    rade schon genannt habe, große Bedeutung bei; denn er
    kann zur Verbesserung der regionalen Stabilität beitra-
    gen und gegenseitiges Verständnis fördern. Allerdings
    ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in diesem Rah-
    men unmittelbar von der Lage im Nahostkonflikt be-
    stimmt.

    In einem dritten großen Themenfeld wollen sich die
    NATO-Mitglieder in Prag damit beschäftigen, dass die
    heutigen Herausforderungen neue Anpassungen notwen-
    dig machen. Nach dem Ende des Kalten Krieges mit Russ-
    land tritt die klassische Territorialverteidigung in den Hin-
    tergrund. Wir werden uns zunehmend fragen müssen: Wie
    reagieren wir in der NATO auf die neuen Bedrohungen?
    Wie können wir zu ihrer Bekämpfung, zu ihrer Eindäm-
    mung und zur Prävention von Krisen und Konflikten
    nachhaltig beitragen?

    Seit dem 11. September 2001, seit den brutalen Ter-
    roranschlägen in Djerba und Bali haben diese Fragen
    eine bedrückende Aktualität. Der Albtraum eines großen
    terroristischen Anschlages ist für uns alle erschreckende
    Wirklichkeit geworden. Diesen neuen Herausforderungen
    muss sich das Bündnis stellen. In Prag muss die NATO da-
    her die notwendigen Prioritäten setzen, um in den
    Dimensionen eines umfassenden Sicherheitsbegriffs pla-
    nen und agieren zu können.

    Zum einen wird es in Prag um Möglichkeiten zur Ver-
    besserung der militärischen Fähigkeiten gehen. Neue Ge-
    fahren erfordern angemessene Reaktionen der NATO-
    Mitglieder. Auf dem Gipfel steht die Initiative des Prague
    Capabilities Commitment zum Beschluss an. Sie setzt
    klare Prioritäten auf den Ausbau der militärischen Fähig-
    keiten der NATO-Mitgliedstaaten, etwa die Stärkung der
    Verteidigungsfähigkeit gegen Angriffe mit Massenver-
    nichtungswaffen oder die Bereitstellung von sicherer mo-
    derner Führungstechnologie, von strategischem Luft-
    transport und von Aufklärungstechnik.

    In diesem Zusammenhang halten wir die amerikanische
    Initiative zur Schaffung einer NATO-Response-Force für


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    534


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    einen konstruktiven Vorschlag. Dieser multinationale An-
    satz kann dazu beitragen, die heutigen Sicherheitsheraus-
    forderungen zu bewältigen und gleichzeitig die integrier-
    ten NATO-Strukturen zu stärken. Daher unterstützen wir
    den Plan, in Prag einen Auftrag zur Ausarbeitung eines
    Konzeptes für diese NATO-Response-Force zu erteilen.
    Wir sind allerdings der Auffassung, dass dafür drei Vor-
    aussetzungen erfüllt sein müssen: Die Entscheidungen
    über Einsätze dieser Truppe müssen dem NATO-Rat vor-
    behalten bleiben; eine deutsche Beteiligung ist aufgrund
    der geltenden Rechtslage nur mit vorheriger Zustimmung
    des Bundestages möglich;


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


    das Vorhaben – das ist ein sehr wichtiger Punkt – muss mit
    dem Aufbau europäischer Krisenreaktionskräfte im Rah-
    men der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspo-
    litik vereinbar sein, Doppelungen sollten ausgeschlossen
    werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    In Prag wird es aber nicht nur um militärische Fähig-
    keiten gehen. Wenn die Staats- und Regierungschefs die
    internationale Lage erörtern, wird es auch darum gehen,
    wie Konflikte besser eingedämmt und Krisen verhütet
    werden können. Eine klugeVerzahnung von Politik und
    Militär – das hat die Erfahrung gerade auch auf dem Bal-
    kan gezeigt – kann hier zum Erfolg führen. Der NATO-
    Einsatz in Mazedonien hat uns bewiesen, dass der recht-
    zeitige, präventive Einsatz von Streitkräften in enger
    Abstimmung mit politischen und diplomatischen Initia-
    tiven helfen kann, Konflikte auf friedliche Art und Weise
    zu lösen, bevor sie gewaltsam eskalieren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir messen der Weiterentwicklung solcher Strategien
    große Bedeutung bei. Vor allem im Rahmen eines umfas-
    senden und effizienten Kampfes gegen den Terrorismus
    halten wir diese enge Verzahnung, gründend auf einem
    umfassenden Sicherheitsbegriff, für unerlässlich für den
    Erfolg.

    Meine Damen und Herren, mit der anstehenden Erwei-
    terung, mit der Intensivierung des Dialogs mit unseren
    Partnern, mit der Anpassung unserer Mittel und Strategien
    an die aktuelle Lage und schließlich mit der Vertiefung
    multilateralen, gemeinsamen Handelns stellt die NATO
    ihre Dynamik, ihre Flexibilität und auch ihren umfassen-
    den Anspruch unter Beweis, eine transatlantische Werte-
    gemeinschaft zu bilden. Die NATO ist das wichtigste Bin-
    deglied für die Beziehungen im nordatlantischen Raum.
    Sie ist Ausdruck der historischen Verbundenheit und des
    gemeinsamen Engagements von Europa und Amerika. Sie
    ist wichtiger Pfeiler in einem System globaler koopera-
    tiver Sicherheit, wie es die Welt heute mehr denn je
    benötigt. Die Bundesregierung wird daher die Vorhaben
    des Gipfels in Prag nachhaltig unterstützen und an ihrer
    Umsetzung engagiert arbeiten.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Tonregie be-

hauptet – ich sage das ganz vorsichtig –, dass das Mikro-
fon wieder geht. Lieber Kollege Schäuble, wollen Sie es
probieren? Wir können nur durch Probieren herausfinden,
ob diese Behauptung stimmt.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Aber kaputtgegangen ist das Mikrofon bei Herrn Fischer! – Joseph Fischer, Bundesminister: Da weiß man wenigstens, wer es war!)


Ich erteile Ihnen also hiermit das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Es hallt ein wenig nach; aber das Mikrofon scheint zu
    funktionieren.

    Die Regierungserklärung, die wir soeben vom Bun-
    desaußenminister vorgetragen bekommen haben, hat we-
    nig Falsches enthalten.


    (Lachen bei der SPD – Ute Kumpf [SPD]: Das ist ein schwäbisches Kompliment!)


    All dem, was Sie zum Thema Erweiterung gesagt haben,
    das in der Planung für Prag ursprünglich das Hauptanlie-
    gen des NATO-Gipfels gewesen ist, stimmen wir zu, auch
    was die Beziehungen zu Russland anbetrifft; ebenso fin-
    det das, was Sie zu Tschetschenien gesagt haben, im
    Grundsätzlichen unsere Zustimmung.


    (Zuruf von der SPD: Warum haben Sie denn dann nicht geklatscht?)


    Unsere Zustimmung findet, Herr Bundesaußenminis-
    ter, auch Ihr Satz, dass der Prager Gipfel angesichts neuer
    Bedrohungen für Frieden und Sicherheit die angemes-
    senen Prioritäten setzen muss. Aber Ihre Regierungs-
    erklärung hat die angemessenen Prioritäten unter diesem
    Gesichtspunkt in keiner Weise gesetzt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Die eigentliche Frage ist – deswegen wird der Prager
    Gipfel wirklich eine entscheidende Bedeutung für die
    weitere Entwicklung der atlantischen Gemeinschaft ha-
    ben –, ob wir in der Lage sind, das transatlantische Ver-
    hältnis so auszubauen und weiterzuentwickeln, dass es
    Frieden und Sicherheit für uns alle in der Zukunft schüt-
    zen kann. Gegen dieses Ziel ist in den vergangenen Mo-
    naten schwer verstoßen worden. Deswegen wird sich auf
    dem Prager Gipfel zeigen, ob es gelingt, die Störungen im
    transatlantischen Verhältnis, für die niemand mehr Ver-
    antwortung trägt als diese Bundesregierung, zu beseiti-
    gen, oder nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Bundesminister Joseph Fischer




    Dr. Wolfgang Schäuble

    Das Wort Irak, Herr Bundesaußenminister, ist in Ihrer
    Regierungserklärung nicht vorgekommen. Ich sage Ihnen
    voraus: Sie werden in Prag auf dem NATO-Gipfel nicht
    darum herumkommen, sich mit der Problematik des Irak
    zu beschäftigen. Deshalb hätten Sie dem Deutschen Bun-
    destag dazu etwas sagen müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich lese heute in einem Interview des Bundeskanzlers

    – darüber muss gesprochen werden –, dass er auf die
    Frage, ob die Deutlichkeit, mit der Ihre Position zu Irak
    artikuliert wurde, eine symbolische Bedeutung gewonnen
    habe und ob das nicht als eine Zäsur im Verhältnis zu den
    USA verstanden worden sei, geantwortet hat: Nein, denn
    das lag in der Konsequenz unserer neuen Außenpolitik.

    Was, bitte, ist diese neue Außenpolitik?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ist diese neue Außenpolitik, dass wir den Menschen in
    Deutschland einreden, Frieden und Sicherheit wären für
    uns in Deutschland nicht mehr bedroht, wenn wir uns nur
    so verhalten, als wären wir in einer Nische und als wür-
    den die Gefahren nur irgendwo anders eintreten? Dann
    müssen Sie aber den Präsidenten des Bundesnachrichten-
    dienstes, Hanning, stoppen, damit er nicht mehr jeden Tag
    neue Meldungen lanciert, dass der nächste terroristische
    Anschlag bei uns in Deutschland drohen kann. Es kann
    nur das eine oder das andere die Wahrheit sein.

    Ich fürchte, Herr Hanning hat mit seiner Lageanalyse
    Recht. Ich fürchte, dass das Tonband, das wir gerade über
    al-Dschasira wahrscheinlich von Bin Laden gehört ha-
    ben, auch bestätigt, dass die Gefahr des internationalen
    Terrorismus viel größer ist, dass wir davon betroffen sind
    und dass wir uns nur durch eine Stärkung der NATO so-
    wie der europäischen und der transatlantischen Zusam-
    menarbeit dagegen schützen können. Dann darf man diese
    Bindungen aber nicht mit „neuer Außenpolitik“
    schwächen. Das ist der falsche Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das sagen wir nicht aus Solidarität mit unseren ameri-

    kanischen Partnern, sondern aus Eigenverantwortung und
    Eigeninteresse im Blick auf die Zukunft unseres Landes
    und die Sicherheit der Menschen, die uns als Politiker ins-
    gesamt und Ihnen als Regierung in besonderer Weise an-
    vertraut sind.

    Das eigentlich Problematische ist Folgendes: Auf-
    grund der Auflösung von staatlichen Strukturen, der viel-
    fältigen Ursachen für Spannungen, die es in der Ge-
    schichte der Menschheit immer gegeben hat und die mit
    den neuen technischen Möglichkeiten noch verstärkt wer-
    den, aufgrund der Tatsache, dass Massenvernichtungs-
    waffen immer mehr verbreitet werden, dass Trägertech-
    nologien in der Lage sind, die Gefahren von jedem Punkt
    der Erde an jeden anderen Punkt zu transportieren, und
    dass die alten Formen von Sicherheit nicht mehr funktio-
    nieren, wird in Amerika über die Frage der nationalen
    Sicherheitsstrategie eine intensive Debatte geführt.

    Sie lassen zu, dass über diese Gefahren, die sich auch
    für uns aus der Kombination von internationalem Terro-

    rismus, Massenvernichtungswaffen und Trägertechnolo-
    gien ergeben, bei uns keine ernsthafte und substanzielle
    Debatte geführt wird. Sie müssen sich auf dem NATO-
    Gipfel in Prag mit diesen Fragen beschäftigen. Das sind
    die eigentlich entscheidenden Fragen für die Zukunft hin-
    sichtlich Frieden, Freiheit und Sicherheit für die Men-
    schen in Deutschland und in Europa.

    Sie haben in den letzten Monaten in einer unverant-
    wortlichen Weise Kriegsangst und Antiamerikanismus
    geschürt und ausgebeutet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


    – Ich habe eine Mappe von entsprechenden Zitaten vor
    mir liegen. Ich kann sie Ihnen vorlesen, wenn Sie sie
    hören wollen. Wir brauchen nicht darüber zu streiten, dass
    es so gewesen ist.

    Indem Sie so gehandelt haben – das will ich Ihnen jetzt
    vorhalten –, haben Sie etwas viel Schlimmeres gemacht:
    Sie haben nämlich verhindert – Sie leisten mit dieser Art
    Regierungserklärung auch einen Beitrag dazu –, dass in
    Deutschland ernsthaft darüber diskutiert wird, worin die
    Gefahren für uns liegen und was wir tun müssen, damit
    wir auf die bestmögliche Weise Vorsorge zur Vermeidung
    dieser Gefahren treffen. Das ist das eigentliche Problem.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie tun so, als wäre das Handeln der Verantwortlichen

    in den Vereinigten Staaten von Amerika, die sehr viel
    mehr Verantwortungsbereitschaft gezeigt und Vorsorge
    getroffen haben, als Sie es in den letzten Monaten getan
    haben und in Ihrer Regierungserklärung zum Ausdruck
    gebracht haben, die eigentliche Gefahr für den Frieden in
    der Zukunft.


    (Zuruf von der SPD)

    – Natürlich, damit wird doch an den Antiamerikanismus
    appelliert.

    Wenn man den Artikel liest, den der frühere Staatsmi-
    nister im Kanzleramt, Herr Naumann, dieser Tage in der
    „Zeit“ veröffentlicht hat, dann erkennt man, dass die po-
    litische Linke einen Generalangriff gegen die Grundlagen
    des Bündnisses zwischen Amerika und Europa führt. Das
    ist offenbar die neue Außenpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist nicht zum Lachen, Herr Bundeskanzler!)


    Sie haben nicht ein einziges Wort zu der Frage gesagt,
    die für eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik ent-
    scheidend ist: Wie können wir angesichts der Bedrohun-
    gen durch Massenvernichtungswaffen, Terrorismus und
    Trägertechnologien in der Zukunft Sicherheit gewährleis-
    ten? Die alte Form der Abschreckung kann dies nicht
    mehr leisten. In Amerika wird über die neue Sicherheits-
    strategie diskutiert. Sie aber weisen das von sich, indem
    Sie davon sprechen, dass jemand Präventivschläge durch-
    führen wolle. Man kann diese Gefahren aber nur vermei-
    den, indem man Anschläge und den Einsatz von Massen-
    vernichtungswaffen verhindert. Mit Vergeltung, also


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    536


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    einem Zweitschlag, schützen Sie unsere Bevölkerung
    nicht. Deswegen muss eine entsprechende Debatte in Prag
    und in Deutschland geführt werden. Dazu haben Sie kein
    Wort gesagt. Das ist das eigentliche Problem.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Bundesministers Joseph Fischer)


    – Damit es alle hören – eigentlich darf er von der Regie-
    rungsbank keine Zurufe machen –, wiederhole ich den
    Zuruf des Außenministers. Er hat mich gefragt, ob ich für
    Präventivschläge sei. Ich frage zurück: Ist das die ganze
    Antwort der Bundesregierung?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Glos [CDU/CSU]: Genau so ist der Fischer! Er hat präventiv mit Pflastersteinen geworfen!)


    Ich frage Sie: Was unternehmen Sie gegen die Bedrohung,
    dass biologische Kampfstoffe demnächst vielleicht einge-
    setzt werden? Wir haben in Deutschland beispielsweise
    noch nicht einmal ausreichend Impfmittel gegen Pocken.
    Was unternehmen Sie gegen die Gefahr, dass schmutzige
    Atomwaffen eingesetzt werden? Was unternehmen Sie
    gegen die Gefahr, dass demnächst mit neuen Raketen, die
    es überall gibt, von irgendeinem Ort Anschläge verübt
    werden? Bin Laden – ich gehe davon aus, dass er auf dem
    Tonband zu hören ist – hat angedroht, dass Deutschland
    demnächst von einem Anschlag betroffen sein könnte.
    Wie wollen Sie im Hinblick darauf Vorsorge treffen? Sie
    aber antworten auf diese Fragen nur mit dem Zuruf, ob ich
    für Präventivschläge bin.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sehr oberflächlich!)


    Das ist zu wenig und reicht hinten und vorne nicht.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Zu dünn und zu dumm!)

    Das ist Ausdruck Ihrer Politik.

    Ich sage es noch einmal: Das Schüren von Antiameri-
    kanismus hat in Wahrheit zur Folge, dass wir eine realis-
    tische Bedrohungsanalyse in Deutschland nicht vorneh-
    men. Damit werden wir unserer Verantwortung für die
    Sicherheit unseres Landes nicht gerecht. Über diese Fra-
    gen muss in Prag gesprochen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Sie haben kein Wort zum Thema Irak gesagt, obwohl
    sich in diesen Tagen erweist, dass diejenigen Recht gehabt
    haben, die in einer Kombination aus Druck und Handeln
    der Vereinten Nationen am ehesten die Chance gesehen
    haben, eine militärische Eskalation zu vermeiden. Des-
    wegen muss man einen Tag, nachdem der Irak die Reso-
    lution des UN-Sicherheitsrates akzeptiert hat – wir wis-
    sen natürlich, dass Saddam Hussein in den nächsten
    Wochen und Monaten sein Spiel weitertreiben wird –, ein-
    mal seinen Dank sagen und Respekt dafür zeigen, dass un-
    ter amerikanischer Führung dieser große Erfolg erreicht
    worden ist, anstatt kein Wort dazu zu sagen. Darauf wer-
    den Sie in Prag eine Antwort geben müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich habe öffentlich darauf hingewiesen – ich habe mich
    dafür eingesetzt; Sie sind ja schließlich die Regierung un-
    seres Landes –, dass Sie mit unserem wichtigsten Ver-
    bündeten vernünftige Beziehungen haben müssen.


    (Uta Zapf [SPD]: Das ist aber nett!)

    Nur, welche Pressearbeit machen Sie im Hinblick auf
    Ihre Hofschranzen!


    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Im Fernsehen war zu se-
    hen, dass der Außenminister bei Colin Powell war. Colin
    Powell hat ihn mit dem seltenen amerikanischen Gruß be-
    grüßt: „Good to see you!“ Bereits daraus ist die Meldung
    gemacht worden: Das war eine Liebeserklärung zwischen
    zwei Außenministern.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Joseph Fischer, Bundesminister: Er hat noch etwas ganz anderes gesagt! Das könnte ich Ihnen sagen! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Seien Sie von der Regierungsbank einmal ruhig! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    – Herr Bundesaußenminister, es wäre schön gewesen,
    wenn Sie uns in Ihrer Regierungserklärung, die Sie zu
    Beginn der heutigen Bundestagssitzung abgegeben ha-
    ben, ein paar substanzielle Auskünfte gegeben hätten, an-
    statt hier ein so nichtssagendes und allgemeines Larifari
    zu verlesen, dass sogar das Mikrofon verzweifelt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Der Verteidigungsminister war jetzt bei Herrn Rumsfeld.
    Es ist in Ordnung, dass die miteinander gesprochen haben.


    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn aber der amerikanische Verteidigungsminister auf
    die Frage, wie die deutsch-amerikanischen Beziehungen
    jetzt seien, mit sarkastischem Lachen sagt: „Unpoisoned!“,
    dann sollten Sie daraus keine großen Erfolgsmeldungen
    machen, sondern begreifen, welchen Substanzverlust Sie
    den deutsch-amerikanischen Beziehungen, der europä-
    ischen Handlungsfähigkeit und damit den Zukunftsinte-
    ressen unseres Landes zugefügt haben.

    Ich sage noch einmal: Ich wünsche mir, dass es or-
    dentliche Beziehungen gibt. Sie sind die Regierung unse-
    res Landes. Sie sollten sich nicht lächerlich machen. Die
    Art, wie Sie sich jetzt in Amerika aufführen, macht Sie
    lächerlich. Ich möchte nicht, dass unser Land eine lächer-
    liche Regierung hat. Sie ist schlecht genug und die Zeiten
    sind sehr ernst.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie werden auf dem Gipfel in Prag nicht darum he-

    rumkommen, auf die neuen politischen Bedrohungen
    Antworten zu geben. Der Verteidigungsminister hat die-
    ser Tage in einer Fernsehsendung – das ist mir berichtet
    worden; ich selber habe sie nicht gesehen – gesagt, er habe
    es satt und er wolle jetzt keine Fragen mehr dahin gehend

    Dr. Wolfgang Schäuble




    Dr. Wolfgang Schäuble
    beantworten, was wäre, wenn. Sie haben einen ganzen
    Wahlkampf damit geführt, dass Sie Fragen beantwortet
    haben, die niemand gestellt hat. Sie haben sich dabei
    ziemlich lächerlich gemacht.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Es geht um die politische Unterstützung der Politik
    der Vereinigten Staaten und des Atlantischen Bündnis-
    ses. Dazu muss in Prag eine klare Auskunft gegeben
    werden. Ansonsten wird der Gipfel in Prag in Bezug auf
    die Entwicklung der atlantischen Gemeinschaft zwar
    eine Weichenstellung darstellen, aber eine zum Schlech-
    teren.

    Wenn Sie jetzt die Entschließung des UNO-Sicher-
    heitsrats begrüßen – das tun Sie ja –, dann müssen Sie fol-
    gende Frage beantworten, und zwar jetzt – das ist keine
    Was-wäre-wenn-Frage, aber das ist eine Frage an die
    Bundesregierung, die weder im Ausschuss noch im Ple-
    num beantwortet worden ist –: Wird die Bundesregierung,
    die den Beschluss des Weltsicherheitsrats unterstützt,
    auch die ernsten Konsequenzen, die der Weltsicherheits-
    rat formuliert hat, unterstützen und mittragen, ja oder
    nein? Sie wollen Ihre eigenen Wähler täuschen; das ist der
    Punkt. Sie müssen diese Frage beantworten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann müssen Sie in Prag noch etwas tun. Sie dürfen

    nicht nur sagen: Wir werden den Auftrag erteilen, eine
    Konzeption für die NATO-Reaction-Force zu entwi-
    ckeln. Wenn – und weil – die technologische Lücke zwi-
    schen beiden Seiten des Atlantiks immer größer wird, be-
    steht die Gefahr, dass die NATO in Zukunft nicht mehr die
    Schutzfunktion für uns leisten kann, wie dies bisher der
    Fall gewesen ist. Dabei gibt es zwei Gefahren:

    Erstens. Die militärischen Fähigkeiten und die techno-
    logische Entwicklung sind so unterschiedlich, dass die
    Zusammenarbeit immer schwerer wird.

    Zweitens. Das größere Problem ist – davon habe ich
    gesprochen –, dass wir zu keiner gemeinsamen Bedro-
    hungsanalyse und zu keiner Klärung der politischen
    Grundlagen dessen, was für die zukünftige Sicherheit not-
    wendig ist, mehr fähig sind.

    Wenn Sie die Lücke in den technologischen Fähigkei-
    ten schließen wollen, dann ist die NATO-Reaction-Force
    ein guter Ansatz. Dann darf man aber nicht sagen: Das
    prüfen wir einmal und dann werden wir sehen, wie wir es
    mit den ESVP-Strukturen kompatibel machen können.
    Das bekommen Sie mit der Art, in der Sie zurzeit Ihre Si-
    cherheitspolitik betreiben, nicht hin. Beides steht nur auf
    dem Papier, dann ist es natürlich auch kompatibel. Beides
    muss aber in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Die
    Helsinki-Komponente müsste schon längst umgesetzt
    worden sein.

    Demnächst führen wir die Haushaltsdebatte. Unsere
    wichtigsten europäischen Verbündeten erhöhen ihren oh-
    nehin höheren Anteil der Verteidigungsausgaben am
    Bruttoinlandsprodukt in den nächsten Jahren. Frankreich
    steigert ihn wesentlich, Großbritannien noch mehr. In
    Deutschland aber sinkt nach dem Stand der Planungen der

    Bundesregierung der Anteil des Verteidigungshaushalts
    am Bruttoinlandsprodukt weiter. Man wird Sie in Prag da-
    nach fragen und wenn Sie keine befriedigende Antwort
    geben können, schwächen Sie die NATO. Das ist der
    falsche Weg; denn wir brauchen die NATO, um auch in
    Zukunft Frieden und Sicherheit zu bewahren.

    Wir müssen mit unseren technologischen Fähigkeiten
    einsteigen. Dazu brauchen wir auch eine Bundeswehr-
    reform. Das Entscheidende aber ist, dass wir den politi-
    schen Willen haben, die Wahrung der Sicherheit auch in
    Zukunft als prioritäre Aufgabe zu begreifen und die wirk-
    lichen Bedrohungen nicht zu verharmlosen oder wegzu-
    reden. Wir müssen sie ernst nehmen und ihnen ins Auge
    schauen, um dann auch das Menschenmögliche an Vor-
    sorge zu treffen. Das ist die Weichenstellung, das ist der
    Auftrag für den NATO-Gipfel in Prag.

    Sie haben dazu kein Wort gesagt und das macht mich
    besorgt. Ich bin während Ihrer Regierungserklärung ganz
    unglücklich geworden. Ich habe Ihnen vor ein paar Wo-
    chen gesagt, dass wir Ihnen nicht den Weg verstellen wer-
    den, wenn Sie nach dem unverantwortlichen Wahlkampf,
    den Sie geführt haben, zu den Grundlinien der Außen-
    und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland,
    die wir über Jahrzehnte gemeinsam formuliert haben,
    zurückkehren wollen. Das können wir gar nicht und das
    wollen wir auch gar nicht, weil uns die Zukunft unseres
    Landes wichtiger ist als kleinliche parteipolitische Aus-
    einandersetzungen.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    – Wenn Sie sich so echauffieren, dann legen Sie doch ein-
    fach einmal die Zeitung weg, dann können wir uns ein
    bisschen auseinander setzen. Es gibt doch ein paar Min-
    destvoraussetzungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dass Sie Zeitung lesen, ist egal, aber dann machen Sie
    auch keine Zwischenrufe. Lassen Sie sich doch beim Zei-
    tunglesen nicht stören!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will Ihnen sagen, was mich wirklich besorgt

    macht: Unser Land befindet sich in einer ungewöhnlich
    schwierigen Lage. Das Problem ist übrigens nicht das
    verantwortungslose Gerede von Bundeskanzler und
    führenden Mitgliedern der Bundesregierung in den letz-
    ten Monaten.


    (Franz Müntefering [SPD]: Das ist doch Phrasendrescherei! Das reicht jetzt aber wirklich!)


    Das Problem, Herr Fraktionsvorsitzender Müntefering,
    ist, dass die Bundesrepublik Deutschland in Amerika und
    in vielen anderen Ländern der Welt als ein Absteigerland
    angesehen wird. Die Kombination von der wirtschaft-
    lichen Lage und den wirtschaftlichen Perspektiven und
    dieser außenpolitischen Unzuverlässigkeit ist das eigent-
    liche Problem für Deutschland. Dabei wird einem angst
    und bange.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    538


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Glauben Sie doch nicht, dass wir Freude daran haben,
    dass diese Regierung von Tag zu Tag immer mehr taumelt
    und nicht die geringste Idee entwickelt!


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schadenfreude! – Zurufe von der SPD)


    Auch wir lesen gelegentlich Zeitung, allerdings nicht
    dann, wenn wir Zwischenrufe im Bundestag machen. Ma-
    chen Sie sich doch nicht lächerlich!


    (Zuruf von der SPD: Zur Sache!)

    – Ich sage doch etwas zur Sache. Dieses Land braucht
    eine Regierung, die wirklich weiß, was sie will, und die
    verstanden hat, was die Stunde geschlagen hat.


    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kriegen nicht einmal Ihre Mehrheit zusammen, wenn Sie Wahlen in Ihrer Partei machen!)


    – Sie haben die Wahl gewonnen, deswegen bilden Sie ja
    auch die Regierung. Ich möchte nur nicht, dass sich die
    Regierung so lächerlich macht, wie sie es in den letzten
    Wochen getan hat.

    Ich möchte, dass die Regierung endlich die eigent-
    lichen Aufgaben in diesem Land annimmt. Deswegen
    sage ich: Ein noch größeres Problem als die außenpoli-
    tische Unzuverlässigkeit der Regierung ist, dass Deutsch-
    land in den Augen anderer in seinen wirtschaftlichen
    Fähigkeiten immer schwächer beurteilt wird. Wir werden
    einen hohen Preis bezahlen; das können wir jeden Tag an
    jedem Punkt sehen. Deswegen ist meine Bitte: Wenn Sie
    schon finanz-, wirtschafts- und sozialpolitisch unfähig
    sind, die Probleme zu lösen, dann kehren Sie doch we-
    nigstens auf dem Prager Gipfel zu den Minimalia einer
    den Zukunftsinteressen unseres Landes entsprechenden
    Außen- und Sicherheitspolitik zurück!

    Die Wahlentscheidung ist getroffen. Wir akzeptieren
    sie: Wir sind in der Opposition, Sie sind an der Regierung.
    Wir möchten aber, dass Sie ein bisschen besser regieren.
    Eine so perspektivlose, konzeptionslose und substanzlose
    Politik hat dieses Land nicht verdient.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)