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ID1500803600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroris- tische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolu- tionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksache 15/37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVG . . . . 379 B Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 380 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 383 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 385 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . 386 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 388 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Drucksache 15/25) . . . . . . . . . . . . . . . 391 A b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Drucksache 15/26) . . . . . . . . . . . . . . . 391 B c) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktivierung kleiner Jobs (Kleine-Jobs-Gesetz) (Drucksache 15/23) . . . . . . . . . . . . . . . 391 B d) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optima- len Fördern und Fordern in Vermitt- lungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/24) . . . . . . . . . . . . . . . 391 C e) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dirk Niebel, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Handeln für mehrArbeit (Drucksache 15/32) . . . . . . . . . . . . . . . 391 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 391 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 397 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 B Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 D Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 406 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 D Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . 411 C Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 413 B Robert Hochbaum CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 415 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 417 B Plenarprotokoll 15/8 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 8. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Erhöhung der Anzahl von Ausschussmitgliedern (Drucksache 15/22) . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 B weitere Beratungen mit Aussprache Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal- tung der Bundesregierung zur Eigen- heimzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 418 C Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 D Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 421 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 C Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 D Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 A Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 425 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 C Klaus-Peter Flosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 428 C Gabriele Frechen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 A Willi Zylajew CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 431 B Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 C Stefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . 433 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 D Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Kran- kenversicherung und in der gesetz- lichen Rentenversicherung (Beitrags- satzsicherungsgesetz – BSSichG) (Drucksache 15/28) . . . . . . . . . . . . . . . 435 B b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Ände- rung des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (Zwölftes SGB V-Ände- rungsgesetz – 12. SGB V ÄndG) (Drucksache 15/27) . . . . . . . . . . . . . . . 435 B Helga Kühn-Mengel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 435 C Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 437 D Birgitt Bender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 440 C Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 B Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 B Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 445 A Bernd Schmidbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . 446 D Daniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . 448 C Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS . . 450 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 452 C Dr. Hans Georg Faust CDU/CSU . . . . . . . . . 453 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der ökologi- schen Steuerreform (Drucksache 15/21) . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . . 455 B Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 457 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 D Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 459 B Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 460 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 461 D Stefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . 463 C Margareta Wolf, Parl. Staatssekretärin BMU . 464 C Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 466 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 467 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 468 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 471 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 379 8. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 470 Berichtigungen 4. Sitzung, Seite 109 (B), zweiter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Der Tschet- schenien-Konflikt reicht in seinen Ursachen Jahrhunderte zurück und ist nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Entstehen der Russischen Föderation durch das Streben der Tschetsche- nen nach Unabhängigkeit in eine neue Dimension eingetreten. Es ist in erster Linie ein lokaler bzw. regionaler Konflikt, den es schon lange vor dem Entstehen des internationalen Terrorismus islamisch-fundamentalistischer Ausprägung gab.“ Seite 109 (C), zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Aus meiner Erfahrung im Rahmen des Europarates und aus vielen Gesprächen komme ich zu dem Schluss, dass der ge- wählte Präsident Tschetscheniens, Aslan Maschadow, eine so einflussreiche Person in der Re- gion ist, dass es ohne Verhandlungen mit ihm keine politische Lösung geben wird.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 471 (C)(A) Altmaier, Peter CDU/CSU 07.11.2002 Bury, Hans Martin SPD 07.11.2002 * Feibel, Albrecht CDU/CSU 07.11.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 07.11.2002 Hoffmann (Chemnitz), SPD 07.11.2002 Jelena Lengsfeld, Vera CDU/CSU 07.11.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 07.11.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Möllemann, Jürgen W. FDP 07.11.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 07.11.2002 Roth (Heringen), SPD 07.11.2002 Michael Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 07.11.2002 DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 07.11.2002 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dagmar G. Wöhrl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar – diese
    Maxime von Ingeborg Bachmann, die Sie bestimmt ken-
    nen, sollte gerade in Krisenzeiten Leitbild der politisch
    Verantwortlichen sein. Man muss den Menschen reinen
    Wein einschenken, denn nur so wird die Notwendigkeit
    von Reformen verstanden und nur so werden vor allen
    Dingen diese auch von ihnen mitgetragen werden.

    Aber wie sieht die Wahrheit aus? Wie sieht die Wahr-
    heit aus, der Herr Schröder, der Sie, Herr Clement und
    Herr Eichel, nicht ins Gesicht schauen wollen? Fast 4 Mil-
    lionen Menschen sind arbeitslos in Deutschland, zusätz-
    lich 1,7 Millionen werden vor der statistischen Arbeitslo-
    sigkeit versteckt, das heißt mit arbeitsmarktpolitischen
    Beruhigungspillen vertröstet. 40 000 Insolvenzanträge
    sind dieses Jahr zu erwarten. Dabei sprechen wir nur von
    Anträgen. Man darf bei der Interpretation dieser Zahl
    nicht vergessen, dass es sich dabei nur um die Anträge
    handelt, die statistisch erfasst sind. Die vielen kleinen Be-
    triebe, die still und leise ihre Türen zuschließen, ohne in
    Statistiken zu erscheinen, sind hier gar nicht aufgeführt.


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Ganz genau!)


    Und was sagen Sie zu den 300 000 Arbeitslosen in die-
    sem Bereich, die wir schon im ersten halben Jahr hatten?
    Im ersten Halbjahr hatten wir ein Wirtschaftswachstum
    unter 0; für das gesamte Jahr rechnen Sie mit einem Wirt-
    schaftswachstum von 0,75 Prozent, für nächstes Jahr
    rechnen Sie mit einer Zunahme um 1,5 Prozent. Aber bei
    einer Beschäftigungsschwelle von 2 Prozent, die wir in
    Deutschland haben, ist das nichts anderes als eine Kapi-
    tulation vor der Massenarbeitslosigkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    406


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Wir wissen alle: Wir sind in einer schwierigen Phase.
    Aber anstatt hier Anreize für mehr Dynamik, mehr
    Wachstum und Optimismus zu schaffen, bringen Sie ein
    Kostenexplosionsprogramm auf den Weg, das Konsu-
    menten und Unternehmer gleichermaßen vor den Kopf
    stößt. Was haben wir denn jetzt? – Jetzt haben wir stei-
    gende Rentenversicherungsbeiträge, steigende Kranken-
    versicherungsbeiträge, eine höhere Ökosteuer und vor al-
    lem ein Aussetzen der Steuerreform gerade für die
    Personengesellschaften bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
    Ich möchte nicht wissen, was nach den Landtagswahlen
    noch alles auf uns zukommt.

    Warum haben Sie die Aussagen Ihrer führenden Wirt-
    schaftsexperten nicht zur Kenntnis genommen? Diese ha-
    ben gesagt, dass Ihre Beschlüsse erstens das Wachstum,
    zweitens den Aufbau von Beschäftigung und drittens eine
    dynamische Wirtschaftsentwicklung behindern. Sie kön-
    nen doch über solche Aussagen nicht einfach hinwegge-
    hen!

    Ihre Bundessozialministerin sagt zu der Anhebung der
    Rentenversicherungsbeiträge auf 19,5 Prozent: Da ha-
    ben wir erst einmal Ruhe. Was ist denn das für eine Aus-
    sage? Was ist denn mit den 20 Milliarden Euro Ökosteuer,
    die zukünftig, auch durch die nächste Erhöhung am 1. Ja-
    nuar, eingenommen werden, wodurch die Rentenversi-
    cherungsbeiträge eigentlich gesenkt werden sollten, wie
    Sie versprochen haben? Jetzt wird gesagt: Da haben wir
    erst einmal Ruhe. – Ja, Ruhe haben wir schon, aber wo
    denn? Wir haben Ruhe in den Betrieben, weil Arbeit und
    Produktion noch teurer werden, wir haben Ruhe im Ein-
    zelhandel, weil noch mehr Kaufzurückhaltung geübt wer-
    den wird, und wir haben Ruhe bei den Reformanstren-
    gungen. Das ist der falsche Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es darf hier nicht um Ruhe gehen, sondern es muss um
    Dynamik und wirtschaftlichen Aufschwung gehen.

    Es darf nicht sein, dass eine Zeitung wie die „Financial
    Times Deutschland“ am vergangenen Dienstag titelt:
    „Exodus des Mittelstandes“ und „Tschüs, Deutschland!“.
    Wenn man dann sieht, dass nach einer Berechnung der
    Boston Consulting Group die Verlagerung eines Betriebes
    aus Deutschland heraus heute nur noch – nehmen wir ein
    Beispiel aus dem Elektronikbereich – sechs Monate dau-
    ert und sie sich für einen Betrieb heute schon nach ein bis
    zwei Jahren rechnet – das waren früher viel längere
    Zeiträume –, dann wird klar, dass wir gefordert sind, dass
    wir handeln müssen, dass uns die Zeit davonrennt.

    Aber Sie hören das alles nicht, Sie nehmen das nicht
    zur Kenntnis. Sie haben nur eine Zauberformel, die aus
    fünf Buchstaben besteht: Hartz.Damit, glauben Sie, wür-
    den alle Probleme der Zukunft gelöst.

    Eigentlich hat sich der Zauber jedoch schon längst ver-
    flüchtigt. Was ist denn mit der Vorgabe der Eins-zu-eins-
    Umsetzung, die der Kanzler gemacht hat? Was heute als
    Gesetzestext vorliegt, ist doch nicht die Eins-zu-eins-Um-
    setzung der Hartz-Vorschläge, sondern unterscheidet sich
    massiv von ihnen.

    Lassen wir einmal beiseite, dass durch die Personal-
    Service-Agenturen wahrscheinlich eine gigantische Be-
    schäftigungsgesellschaft geschaffen wird, dass wir ver-
    mutlich den Weg in einen dritten Arbeitsmarkt gehen und
    dass die Arbeitslosenzahlen zwar sinken werden, aber nur
    auf dem Papier, nämlich in den Statistiken. Ein viel drän-
    genderes Problem wird nicht erkannt, nämlich dass Hartz
    am Kern der Ursachen für die katastrophale Lage am Ar-
    beitsmarkt vorbeigeht. Das ist das Hauptproblem.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man muss bedenken, dass den über 4 Millionen Ar-

    beitslosen 1 Million offene Stellen gegenüberstehen. In-
    zwischen machen nur noch ein Drittel der mittelständi-
    schen Betriebe Gewinn. Vor dem Hintergrund dieser
    Zahlen kann man den Reformeifer doch nicht darauf be-
    schränken, nur zu einer schnelleren und besseren Arbeits-
    vermittlung zu kommen. Wir brauchen etwas ganz ande-
    res. Wir brauchen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze, die
    ohne staatliche Unterstützung auskommen. Wir brauchen
    einen Mittelstand, der wieder erfolgreich am Markt be-
    stehen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen außerdem eine Aufbruchstimmung. Wo ist
    denn diese Aufbruchstimmung? Ich kann draußen im
    Lande nichts davon spüren – im Gegenteil. Ich glaube,
    dass es Ihnen genauso geht.

    Was bis vor kurzem noch als Jobfloater bezeichnet
    wurde, heißt jetzt Kapital für Arbeit. Wenn ein Unter-
    nehmer zukünftig einen Arbeitslosen einstellt, dann hat er
    die Möglichkeit, einen zinsgünstigen Kredit von bis zu
    100 000 Euro mit einem Effektivzins von 5,5 Prozent zu
    bekommen. Dieser Kredit wird aber nur dann gewährt,
    wenn man ein zukunftsfähiges Unternehmen hat; denn
    man bekommt das Geld nicht automatisch, wenn man ei-
    nen Arbeitslosen einstellt, sondern erst dann, wenn man
    positiv geratet wurde.

    Wenn man Zinsen in Höhe der Bundesbankzinsen von
    6,37 Prozent zugrunde legt, dann erkennt man, dass die
    Förderung bei unter 100 Euro im Monat liegt. Dafür soll
    ein Unternehmer einen Arbeitslosen einstellen? Glauben
    Sie wirklich, dass dadurch auch nur ein einziger zusätzli-
    cher Arbeitsplatz geschaffen wird, der auch ohne staatli-
    che Förderung nicht geschaffen würde? Die KfW gibt per
    anno 5 Milliarden Euro aus. Mit dem, was Sie hier auf den
    Weg bringen, betreiben Sie eine versteckte Staatsver-
    schuldung und nichts anderes.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es handelt sich um ein großes Mitnahmeprojekt für

    diejenigen Unternehmen, die sowieso schon ausreichend
    liquide und finanzstark sind. Es ist aber kein Projekt für
    die Existenzgründer, für den finanzschwachen Mittel-
    stand und vor allen Dingen für die Arbeitslosen; denn der
    Unternehmer muss den Arbeitslosen, den er eingestellt
    hat, nicht behalten. Er kann ihn jederzeit entlassen.


    (Zuruf von der SPD: Nein!)

    Trotzdem läuft der Kredit zehn Jahre lang weiter.

    DagmarWöhrl




    DagmarWöhrl

    Ich wollte mit diesem Beispiel zeigen, dass Ihnen,
    meine Damen und Herren von Rot-Grün, der Blick für das
    Ganze fehlt. Ihnen fehlt der Blick für wirtschaftliche Zu-
    sammenhänge. Darin liegt Ihr Problem. Lesen Sie einmal
    die Düsseldorfer Leitsätze zur sozialen Marktwirt-
    schaft aus dem Jahr 1949, die wir oft zitieren. Darin fin-
    det man die Maxime Ludwig Erhards, die überhaupt
    nichts an Aktualität eingebüßt hat:

    Die beste Sozialpolitik nützt nichts, wenn sich nicht
    Wirtschafts- und Sozialordnung wechselseitig ergän-
    zen und fördern.

    Genau das ist der Punkt: Bei uns ergänzen sie sich nicht
    mehr. Die Räder greifen nicht mehr ineinander, sondern
    sie blockieren sich. Deswegen brauchen wir wieder eine
    Wirtschaftspolitik aus einem Guss. Wir brauchen wieder
    den Gleichklang von sozialen Belangen auf der einen
    Seite sowie Markt und Wirtschaft auf der anderen Seite.
    Wir brauchen wieder Eigenverantwortung und unterneh-
    merisches Engagement. Das sind Begriffe, die wieder po-
    sitiv besetzt werden müssen. Dazu gehört auch der Leis-
    tungsgedanke.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht zuletzt muss die Kostenbelastung der Betriebe und
    Haushalte abgebaut werden.

    Der Bundeswirtschaftsminister hat letzte Woche Ein-
    sparmöglichkeiten von 6 Milliarden Euro vorgerechnet.
    Warum wird dieses Geld nicht dazu verwandt, die Ar-
    beitslosenversicherungsbeiträge zu senken? Schon die
    Senkung der Sozialversicherungsbeiträge um 1 Prozent-
    punkt schafft 50 000 bis 100 000 Arbeitsplätze. Das wäre
    der richtige Weg.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr! Das ist der Punkt!)


    Warum spricht keiner von dem riesigen Etat der Bun-
    desanstalt für Arbeit in Höhe von 54 Milliarden Euro?
    Warum spricht keiner von den 21 Milliarden Euro, die für
    die aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben werden? Ich
    bin mir sicher, dass hier immense Spielräume vorhanden
    wären, wenn man kreativ sparen wollte.

    Herr Brandner hat einen weiteren Bereich angespro-
    chen: die Bürokratie. 90 Prozent der von der Bürokratie
    verursachten Kosten tragen die kleinen und mittleren Be-
    triebe. 2 000 Bundesvorschriften und 85 000 Verordnun-
    gen, die zu beachten sind, um überhaupt wirtschaften zu
    können, machen den kleinen Betrieben das Leben schwer.
    Das muss zurückgeführt werden.

    Warum haben Sie unseren Vorschlag einer Entbürokra-
    tisierungstaskforce mit klaren Zielvorgaben und vor allem
    eindeutigen Zeitvorgaben nicht aufgenommen? In Ihrem
    ersten Entwurf einer Koalitionsvereinbarung hatten Sie
    diesen Gedanken doch. Warum ist er jetzt nicht mehr ent-
    halten? Sie sprechen jetzt von einem Masterplan. Was ist
    ein Masterplan?

    Viel wichtiger ist, endlich konkrete Einzelmaßnahmen
    anzugehen und anzupacken. Wir müssen zu einer umfas-
    senden Entriegelung des Niedriglohnsektors kommen.

    In diesem Bereich der geringen Qualifikation gibt es mehr
    als 2 Millionen Menschen ohne Arbeit. Diese brauchen
    wirkliche Perspektiven auf dem ersten Arbeitsmarkt und
    nicht nur im Hinblick auf haushaltsnahe Beschäftigungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unsere Anträge und Forderungen liegen nicht erst seit

    heute, sondern schon seit Wochen auf dem Tisch: die For-
    derung nach einem modernen Kündigungsschutzrecht ge-
    rade für Problemgruppen, nach einer Steuerentlastung,
    nach flexiblen Bündnissen für Arbeit in den Betrieben und
    nach einer Änderung des Günstigkeitsprinzips.

    Es ist ja nicht so, dass nur wir dies fordern. Alle Ex-
    perten schreiben Ihnen dies ins Stammbuch. Die von
    Ihren Fachleuten besetzte Benchmarkinggruppe hat Ihnen
    vor einem Jahr eine wunderbare Reformagenda an die
    Hand gegeben, wonach Sie eigentlich nur hätten handeln
    müssen. Aber was haben Sie getan? – Sie haben nichts ge-
    tan.



Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Frau Kollegin Wöhrl, denken Sie bitte an Ihre Rede-

zeit.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dagmar G. Wöhrl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Ja.
    Ich glaube – auch Sie spüren das –, dass es in unserer

    Gesellschaft eine Reformbereitschaft gibt. Die Men-
    schen sind zu Veränderungen bereit. Aber die Menschen
    wollen auch, dass man ihnen die Wahrheit sagt. Sie haben
    nicht das Gefühl, dass Sie ihnen die Wahrheit sagen.
    Hören Sie endlich auf den Expertenrat der Wirtschaftsin-
    stitute! Setzen Sie sich mit den Vorschlägen Ihrer eigenen
    Fachleute auseinander und werden Sie endlich der großen
    Verantwortung, die Sie als Regierungspartei in unserem
    Land haben, gerecht! Es wird Zeit.

    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)