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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroris- tische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolu- tionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksache 15/37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVG . . . . 379 B Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 380 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 383 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 385 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . 386 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 388 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Drucksache 15/25) . . . . . . . . . . . . . . . 391 A b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Drucksache 15/26) . . . . . . . . . . . . . . . 391 B c) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktivierung kleiner Jobs (Kleine-Jobs-Gesetz) (Drucksache 15/23) . . . . . . . . . . . . . . . 391 B d) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optima- len Fördern und Fordern in Vermitt- lungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/24) . . . . . . . . . . . . . . . 391 C e) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dirk Niebel, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Handeln für mehrArbeit (Drucksache 15/32) . . . . . . . . . . . . . . . 391 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 391 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 397 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 B Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 D Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 406 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 D Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . 411 C Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 413 B Robert Hochbaum CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 415 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 417 B Plenarprotokoll 15/8 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 8. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Erhöhung der Anzahl von Ausschussmitgliedern (Drucksache 15/22) . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 B weitere Beratungen mit Aussprache Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal- tung der Bundesregierung zur Eigen- heimzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 418 C Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 D Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 421 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 C Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 D Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 A Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 425 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 C Klaus-Peter Flosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 428 C Gabriele Frechen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 A Willi Zylajew CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 431 B Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 C Stefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . 433 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 D Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Kran- kenversicherung und in der gesetz- lichen Rentenversicherung (Beitrags- satzsicherungsgesetz – BSSichG) (Drucksache 15/28) . . . . . . . . . . . . . . . 435 B b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Ände- rung des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (Zwölftes SGB V-Ände- rungsgesetz – 12. SGB V ÄndG) (Drucksache 15/27) . . . . . . . . . . . . . . . 435 B Helga Kühn-Mengel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 435 C Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 437 D Birgitt Bender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 440 C Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 B Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 B Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 445 A Bernd Schmidbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . 446 D Daniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . 448 C Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS . . 450 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 452 C Dr. Hans Georg Faust CDU/CSU . . . . . . . . . 453 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Fortentwicklung der ökologi- schen Steuerreform (Drucksache 15/21) . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . . 455 B Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 457 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 D Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 459 B Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 460 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 461 D Stefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . 463 C Margareta Wolf, Parl. Staatssekretärin BMU . 464 C Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 466 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 467 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 468 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 471 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 379 8. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 470 Berichtigungen 4. Sitzung, Seite 109 (B), zweiter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Der Tschet- schenien-Konflikt reicht in seinen Ursachen Jahrhunderte zurück und ist nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Entstehen der Russischen Föderation durch das Streben der Tschetsche- nen nach Unabhängigkeit in eine neue Dimension eingetreten. Es ist in erster Linie ein lokaler bzw. regionaler Konflikt, den es schon lange vor dem Entstehen des internationalen Terrorismus islamisch-fundamentalistischer Ausprägung gab.“ Seite 109 (C), zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Aus meiner Erfahrung im Rahmen des Europarates und aus vielen Gesprächen komme ich zu dem Schluss, dass der ge- wählte Präsident Tschetscheniens, Aslan Maschadow, eine so einflussreiche Person in der Re- gion ist, dass es ohne Verhandlungen mit ihm keine politische Lösung geben wird.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. November 2002 471 (C)(A) Altmaier, Peter CDU/CSU 07.11.2002 Bury, Hans Martin SPD 07.11.2002 * Feibel, Albrecht CDU/CSU 07.11.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 07.11.2002 Hoffmann (Chemnitz), SPD 07.11.2002 Jelena Lengsfeld, Vera CDU/CSU 07.11.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 07.11.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Möllemann, Jürgen W. FDP 07.11.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 07.11.2002 Roth (Heringen), SPD 07.11.2002 Michael Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 07.11.2002 DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 07.11.2002 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedbert Pflüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Außenminister, Sie haben in Washington in einem

    Pressegespräch gesagt, Sie wollten keine Beteiligung,
    jedenfalls keine aktive Beteiligung. Wir freuen uns über
    die Formulierung „keine aktive Beteiligung“; denn das
    könnte der Einstieg in eine echte Kehrtwende sein.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Nein!)

    Wir wollen diese Kehrtwende. Wir als Union werden
    Ihnen dabei helfen, die Kehrtwende zu vollziehen und Ihre
    Abkoppelung zu beenden. Wir werden Ihnen dabei helfen,
    Ihre Totalverweigerung aufzugeben. Aber Sie müssen
    Ihren Leuten, SPD und Grünen, und den Wählern dann sa-
    gen, dass Sie im Wahlkampf eine andere Sprache gespro-
    chen haben. Der deutsche Weg, den der Kanzler propagiert
    hat, von dem Sie gesagt haben: „Forget it“, ist die eigent-
    liche Gefahr, wenn wir dem Terrorismus begegnen wollen.
    Wir müssen es gemeinsam mit unseren europäischen Part-
    nern und gemeinsam mit der NATO machen und dürfen es
    nicht allein und isoliert als Deutsche tun. Es wäre eine
    katastrophale Position, wenn wir es anders machten.


    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Sie reden Unsinn! Kriegshetzer! Sie sind ein Kriegshetzer!)


    Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile Bundesminister Joseph Fischer das Wort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich be-

    danke mich beim Sprecher der Unionsfraktion für die
    Ankündigung, dass die Unionsfraktion dem Antrag der
    Bundesregierung betreffend Verlängerung des Mandats
    für Enduring Freedom um ein Jahr zustimmen wird. Es ist
    wichtig, dass wir eine breite Unterstützung für den ge-
    fahrvollen Einsatz unserer Soldaten – er ist aus Sicht der
    Bundesregierung alternativlos – finden. Um allerdings
    das, was wir heute diskutieren und nächste Woche ent-
    scheiden werden, in einen Zusammenhang mit dem Be-
    griff der Totalverweigerung zu bringen, reicht meine
    Sprachkompetenz im Deutschen schlicht und einfach
    nicht aus, Herr Kollege Pflüger.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Womit haben wir es zu tun? Jenseits der oberflächli-
    chen Polemik gibt es ganz offensichtlich, zumindest seit
    der gestrigen Ausschussdiskussion, ein hohes Maß an
    Übereinstimmung in der Lageeinschätzung, auch wenn
    ich glaube, dass die platte Totalitarismusdefinition, wie
    Sie sie wählen, eher schädlich als nützlich ist;


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    denn Sie lassen dabei einen entscheidenden Punkt außer
    Acht, nämlich die Frage, was wirklich die Ursachen für
    das Entstehen von Totalitarismen sind. Es sind – das kön-
    nen wir auch an der eigenen Nationalgeschichte sehen –
    in der Regel traumatische nationale oder regionale Kata-
    strophen oder gescheiterte Modernisierungsversuche wie
    bei uns die Revolution von 1848.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wenn das nicht platt ist!)


    – Ich meinte: wie bei uns. Darauf kommt man, wenn man
    auf die Ursachen zurückgeht. – Aus blockierter Moderni-
    sierung entsteht dann ein Nährboden für Totalitarismen.

    Wenn man das so sieht, Kollege Pflüger, dann muss
    man meines Erachtens den umfassenden Sicherheitsbe-
    griff, den der Bundeskanzler in seiner Regierungser-
    klärung dargestellt hat, zur Grundlage des Kampfs gegen
    den Terror machen. Das ist die entscheidende Konse-
    quenz und da liegt meines Erachtens auch der Ansatz-
    punkt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Nach diesem umfassenden Sicherheitsbegriff – das
    kann man am Beispiel Balkan, aber auch am Beispiel
    Afghanistan sehen – geht es um den Einsatz auf allen Ebe-
    nen. Ich möchte den Zuhörerinnen und Zuhörern, aber
    auch den Menschen, die die heutige Debatte im Fernsehen
    mitverfolgen,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Zuhörer sind auch Menschen! So ein Schmarren!)


    klar sagen: Es kommt nicht nur entscheidend darauf an,
    dass wir über Militäreinsätze abstimmen; dies müssen wir
    aus konstitutiven Gründen, aus verfassungsrechtlichen

    Dr. Friedbert Pflüger




    Bundesminister Joseph Fischer
    Gründen tun. Die Einsätze auf dem Balkan, im Kosovo,
    in Mazedonien, in Bosnien, und auch in Afghanistan sind
    allerdings viel umfassender. Über die zivilen Teile müs-
    sen wir jedoch nicht abstimmen. Dazu bedarf es keiner
    konstitutiven Beschlussfassung des Bundestages.

    Wenn wir im Kampf gegen den internationalen Terro-
    rismus über Enduring Freedom entscheiden, dann ent-
    scheiden wir auch darüber, Afghanistan eine Perspektive
    zum Wiederaufbau zu geben,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    dann entscheiden wir über die Umsetzung dessen, was auf
    dem Petersberg beschlossen wurde. Es geht darum, dass
    wir mit der humanitären Hilfe Ernst machen. Wenn wir
    auf die Situation von vor einem Jahr zurückblicken, dann
    stellen wir fest, dass einer der wesentlichen Unterschiede
    darin besteht, dass die humanitäre Hilfe jetzt – bei allen
    Schwierigkeiten, die es gibt – im ganzen Land an die
    Menschen herangebracht werden kann. Dies ist schlicht
    und einfach eine Frage des Überlebens.

    Hierbei sind wichtige Fortschritte erzielt worden. Die
    Lage der Frauen und Mädchen, der Wiederaufbau des Bil-
    dungssystems – bei allen Problemen, die es nach wie vor
    gibt –, etwas mehr an Sicherheit, auch wenn diesbezüg-
    lich noch sehr, sehr große Defizite vorhanden sind, eine
    international kooperierende Regierung, deren Einfluss
    zwar noch im Wesentlichen auf wenige Metropolen, vor
    allem Kabul, begrenzt ist, der Beginn des Wiederaufbaus
    afghanischen Militärs und afghanischer Polizei – bei der
    Polizei engagiert sich die Bundesrepublik Deutschland
    besonders – und der Wiederaufbau des Gesundheitssys-
    tems, alles das sind wichtige Dinge, die man vor einem
    Jahr noch nicht im Bereich des Möglichen gesehen hat
    und die jetzt erreicht wurden. Das entspricht der Umset-
    zung dessen, was wir unter einem umfassenden Sicher-
    heitsbegriff verstehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Vor diesem Hintergrund bedarf es allerdings einer rea-
    listischen Analyse. Wir müssen feststellen, dass die Ge-
    fahr des internationalen Terrorismus, insbesondere die
    Gefahr der Verknüpfung des Terrorismus mit Re-
    gionalkonflikten – Afghanistan stand immer in einem en-
    gen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwi-
    schen den beiden Nachbarn Indien und Pakistan um
    Kaschmir –, mitnichten gebannt ist, und zwar weder in der
    Region des südlichen und des nördlichen Kaukasus noch
    im Nahen Osten. Viele Länder haben große Modernisie-
    rungsprobleme. Es gibt nicht – demokratische Regierun-
    gen, Diktaturen und regionales Hegemonialstreben. Es
    gibt außerdem die Gefahr der Massenvernichtungsmittel.
    Aber, Kollege Pflüger, Sie müssen schon konsequent sein.
    Sie können das, was Sie vorgetragen haben, nicht nur auf
    eine Linie fokussieren. Sie müssen sich dann auch die Fra-
    gen stellen, wo gegenwärtig in dieser Region das ent-
    wickeltste Potenzial bei Trägersystemen liegt und wer
    über das entwickeltste Nuklearprogramm verfügt. Auch
    in anderen Regionen befinden sich solche Trägersysteme
    und Programme in diktatorischen Händen. Ist es dann

    sinnvoll, das internationale Kontrollregime herunterzu-
    fahren sowie die Beschlussfassung über Chemiewaffen-
    und Biowaffenprotokolle zu erschweren, wenn nicht so-
    gar unmöglich zu machen? Brauchten wir nicht vielmehr
    ein wesentlich härteres, international wirksameres Kon-
    trollregime, um Proliferation zu verhindern? Das sind
    doch die entscheidenden Fragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich möchte in diesem Zusammenhang gar nicht an die
    80er-Jahre erinnern. Damals hat nicht Rot-Grün regiert,
    als bestimmte Entwicklungen stattgefunden haben.


    (Zuruf des Abg. Michael Glos [CDU/CSU] – Ja, das ist völlig richtig. In den 80er-Jahren haben wir Opposition gemacht. – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Und wie!)


    Sie können uns heute aber nicht die Schuld an Saddam
    Hussein und seinen Potenzialen an Massenvernichtungs-
    waffen geben. Das wird Ihnen nicht gelingen.

    Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nur eines sagen:
    Wenn Sie sich die Region anschauen, dann müssen auch
    Sie die Frage nach der Prioritätensetzung beantworten.
    Das können Sie doch nicht einfach nach Ihnen gegebenen
    Vorgaben, sondern nur nach einer Bedrohungsanalyse
    tun. Am Ende werden Sie sich sogar fragen lassen müs-
    sen, ob Sie nicht das Gegenteil von dem erreichen, was
    Sie eigentlich wollen. Denn wenn der erste Teil Ihrer Ana-
    lyse richtig ist, wenn also die erste Priorität ist – deshalb
    wollen wir heute die Fortsetzung von Enduring Freedom
    beschließen –, dass der Kampf gegen den internationalen
    Terrorismus geführt werden muss, weil wir unter diesem
    Damoklesschwert, mit den menschenverachtenden An-
    griffen auf so genannte – das ist ein perverser Begriff –
    weiche Ziele, also auf Menschen, die sich nicht vertei-
    digen können, wie zum Beispiel auf Zivilisten und Tou-
    risten egal welchen Alters, welchen Geschlechts und wel-
    cher Herkunft, nicht leben können – Bali ist das letzte
    schlimme Beispiel –, dann werden Sie zumindest die
    Frage erlauben müssen – Sie werden sie auch beantwor-
    ten müssen – , ob eine Verschiebung der Prioritäten, die
    nicht unbedingt in Übereinklang mit dem zu bringen ist,
    was Kampf gegen den Terrorismus bedeutet, letztendlich
    nicht kontraproduktiv ist, Herr Kollege Pflüger. Das ist
    die entscheidende Differenz, mit der wir es hier zu tun ha-
    ben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir wünschen uns seitens der Bundesregierung – wir
    halten es auch für notwendig – eine möglichst breite Un-
    terstützung bei dem Beschluss über die Verlängerung des
    Mandats in seinem ganzen Umfang, so wie wir es vor ei-
    nem Jahr beschlossen haben, und zwar sowohl hinsicht-
    lich des Umfangs der Streitkräfte als auch seines regiona-
    len Umfangs. Es ist in der Tat richtig, dass die Fortschritte
    in Afghanistan dazu geführt haben, dass dem Terrorismus
    seine direkte regionale Basis entzogen wurde. Es gibt kein
    anderes vergleichbares Land, das die frühere Rolle
    Afghanistans bei der Unterstützung der Terrorismus-
    organisation al-Qaida und des internationalen Terroris-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    384


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    mus spielen würde. Dennoch besteht die Gefahr fort. Es
    gab regionale Verlagerungen vor allen Dingen hin zum
    Nahen und Mittleren Osten. Ich erinnere mich in diesem
    Zusammenhang daran, dass es noch vor einem Jahr Zwei-
    fel daran gab, ob der Einsatz der Marine wirklich not-
    wendig ist. Wir können heute, nach dem Terroranschlag
    auf die „USS Cole“, ein Kriegsschiff der Amerikaner, in
    Aden, der vor dem 11. September stattgefunden hat, und
    auch nach dem Angriff auf den französischen Tanker
    „Limburg“ feststellen, dass dieser Einsatz sehr wohl not-
    wendig ist. Nach den vorliegenden Erkenntnissen über die
    Kommunikation zwischen der arabischen Halbinsel und
    dem östlichen Afrika ist das ein weiterer wichtiger Punkt.

    Es ist genauso richtig – auch das ist ein entscheidender
    Punkt – , dass wir die zunehmenden Gefahren auf der ara-
    bischen Halbinsel ernst nehmen. Auch aus diesem Grund
    ist die Aufstellung, wie wir sie vor einem Jahr beschlos-
    sen haben, notwendig, richtig und wichtig.

    Meine Damen und Herren, es gibt doch überhaupt kei-
    nen Zweifel: Die Bundesrepublik Deutschland hat vor ei-
    nem Jahr eine ohne jeden Zweifel schwere Entscheidung
    fällen müssen. An diesem Punkt kann ich Ihnen, Kollege
    Pflüger, nur sagen: Es ist eine schmerzhafte Auseinander-
    setzung gewesen, aber die Mehrheit war vorhanden, das
    wollen wir nicht vergessen. Wenn es in der Frage über
    Krieg und Frieden eine Auseinandersetzung gibt und sie
    immer wieder hinterfragt wird, dann halte ich das nicht für
    kritisierenswert; denn ich meine, dieser Auseinanderset-
    zung muss man sich stellen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie führen die Diskussion gerade so, als ob die Be-
    gründungspflicht, die der Verfassungsgeber wollte, nicht
    existieren würde und als ob die Mehrheit, und zwar so-
    wohl die alte wie die neue, nicht die Kraft dazu gehabt
    hätte, die notwendigen Entscheidungen unter schwierigs-
    ten Bedingungen zu treffen und auch umzusetzen.

    Meine Damen und Herren; wir halten es für notwendig,
    dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus
    unverändert fortgeführt wird, wir halten es aber auch für
    notwendig, dass es hier nicht zu einer aus unserer Sicht
    riskanten, weil in ihren Konsequenzen nicht zu Ende ge-
    dachten und dadurch hoch kontraproduktiven Verschie-
    bung der Prioritäten kommt. Wir haben eine klare Haltung
    und Sie werden mit noch so viel Sophisterei und dem Ver-
    such, Textexegese zu betreiben, um politisch etwas ausei-
    nander zu dividieren, keinen Erfolg haben.

    Der Bundeskanzler hat das in seiner Regierungser-
    klärung in der letzten Woche wiederholt. Auch ich bin in
    meiner Rede noch einmal darauf eingegangen: Wir wer-
    den uns an einer möglichen Irak-Aktion nicht beteiligen.
    Dabei bleibt es. Umso wichtiger ist es, dass wir in der
    Frage der klaren Prioritätensetzung, des Kampfs gegen
    den internationalen Terrorismus unseren Beitrag leisten.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)