Frau Ministerin, schon in der PISA-Studie wurde die
duale Ausbildung in Deutschland als vorbildlich gelobt.
Nach den Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit sind
im letzten Jahr etwa 100 000 Schulabgänger ohne eine be-
rufliche Ausbildungsstelle geblieben; in diesem Jahr wer-
den es wahrscheinlich 125 000 sein.
Worauf führen Sie diesen massiven Anstieg der nicht
mit einer beruflichen Ausbildungsstelle versorgten Schul-
abgänger zurück? Was gedenkt die Bundesregierung zu
tun, um die Ausbildungsmotivation und -fähigkeit in den
Betrieben zu stärken?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Offiziell endet das Ausbildungsjahr mit dem 31. Au-
gust. Wir haben aber die Ausbildungsanstrengungen im
letzten und auch schon im vorletzten Jahr auch nach dem
31. August fortgesetzt. Dadurch ist es gelungen, zu einer
ausgeglichenen Ausbildungsbilanz zu kommen. Allen Ju-
gendlichen, die können und wollen, konnte ein Ausbil-
dungsplatz vermittelt werden. Das werden wir auch in
diesem Jahr fortsetzen. Wenn die Situation eintritt, dass
wir bis zum 31. August nicht ausreichend Ausbildungs-
plätze mobilisiert haben, dann setzen wir die Ausbil-
dungsanstrengungen fort.
Die duale Ausbildung beruht auf zwei Säulen. Auf der
einen Seite steht die Ausbildung in den Betrieben und den
Unternehmen. Auf der anderen Seite steht die Ausbildung
in den Berufsschulen. Diesen Weg werden wir fortsetzen.
Mir kommt es darauf an, dass wir den Zusammenhang
zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung auf-
rechterhalten.
Erstens. Wir werden das duale System dadurch stärken,
dass wir die Modernisierung der Ausbildungsberufe fort-
setzen. Ich will nur darauf hinweisen, dass es uns durch
die gute Zusammenarbeit im Bündnis für Arbeit gelungen
ist, eine erhebliche Zahl von Berufen zu modernisieren
und neue Ausbildungsberufe zu schaffen, was im Übrigen
dazu geführt hat, dass viele zusätzliche Ausbildungsplätze
entstanden sind.
Zweitens. Wir werden die Berufsausbildung auch da-
durch stärken – das haben wir angekündigt –, dass wir die
Modellversuche, die wir in den letzten vier Jahren stark
vorangetrieben haben, weiterentwickeln und ausweiten.
Die berufliche Ausbildung soll in den Berufen, in denen
das von der Sache her notwendig ist, mit einer Fachhoch-
schulausbildung verknüpft werden. Beides soll parallel
laufen. Das ist gerade für sehr technikintensive Berufe ein
sehr erfolgreicher Weg, den wir beschritten haben und
weiter beschreiten werden.
Drittens. Wir werden auch unsere Modernisierungsan-
strengungen fortsetzen. Hier haben wir deutliche Erfolge
erzielt. Inzwischen dauert es weniger als ein Jahr, um Be-
rufe zu modernisieren bzw. neue Berufe zu schaffen.
Viertens – das ist mein letzter Punkt –: Jugendlichen,
die besondere Lernschwierigkeiten haben und eine Aus-
bildung, aus welchen Gründen auch immer, nicht ab-
schließen, wird die Möglichkeit gegeben, Ausbildungsab-
schnitte – wir nennen es Ausbildungsbausteine, weil es in
sich geschlossene Bausteine sein sollen – zertifizieren zu
lassen, sodass sie damit eine bessere Chance haben, in den
Arbeitsmarkt zu kommen und einen Job zu finden.